Polis Magazine

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PO LiS Bergmannstrasse

FEBRUAR 2014 STREET MAGAZINE

ISSUE 00




editorial

DIE BERGMANNSTRAßE IST WIE EINE ALTE FRAU, DIE SICH IMMER WIEDER NEU IN SCHALE SCHMEIßT. ICH FINDE DIE VIELFALT HIER COOL! Uwe K. (48) Bewohner


easy going. H

ier in dieser Stadt, die von schicker Schmuddeligkeit und zelebriertem Anderssein beherrscht ist, gibt es zwei sich äußerst alternativ gebärdende Touristenboulevards, Flaniermeilen, Straßenzüge, die sich kreativ lasziv zwischen Häuserschluchten räkeln. Und doch, trotz internationalem Selbstvertrauen, ist weder die eine noch die andere tatsächlich alternativ. So ist die eine die Simon-Dach und die Schinkenstraße dieser Stadt, der Ballermann, das El Arenal, wo sich, unabhängig von Geschlecht und Nation, die Völker der Welt gehenlassen, sich sorglos machen, ausufernde Freude aus der Luft pflückend, und sich zu guter Letzt in Hauseingängen entleeren, entweder oben- oder untenrum. Ziemlich unerheblich also. Die andere Promenade, in der man promeniert ohne eigener Prominenz, hat bisher alles richtig gemacht: Die Bergmannstraße. Ein Berg, ein Mann, eine Straße- kein Thema für triviale Poesie oder einen Hirtenroman, sondern Stoff für ein großartiges Drama einer Metropole. Ja, natürlich wird sie teurer, auch banaler, ein wenig und hat mit Kreuzberg schon nicht mehr viel zu tun. Die Bergmannstraße. Es gibt noch ein paar wenige kleine Geschäfte wie früher, Überbleibsel vergangener Jahre, die sich eher schüchtern an den Häuserfronten herumdrücken, hippiesk, heilsteinig, eso hier, eso da, Gerümpel, Zeugs und Tralala, aber natürlich auch viel Gastronomie: Der unvermeidliche Vietnamese mit Pho Kokos Curry, Sauer Scharf und Sommer Rolle an der Ecke, der noble Süddeutsche mit seiner Lammkeule und dem Rostbraten für 20 Euro nebenan, der obligatorische Inder mit seinem undefinierbaren Konglomerat, ja vielleicht schon Sammelsurium aus Allerlei für einen Fünfer das Häufchen ein

paar Meter weiter, Original Berliner Currywurst dann gleich an der nächsten Ecke - original ist ja allet, egal wat, wie, wo. Auch die Prenzlauerbergisierung greift um sich mit, sich endlos aneinanderreihenden Latte Macchiatos, korrekter wären ja Latti Macchiati aber wir sind ja nicht auf der Via di Corso in Bella Roma, sondern im beschaulich- malerischem Berlin mit Milchschaum hier, Zimtflavour dort, Amarettini, draußen bei schönem Wetter immer voll, ein Gewusel, ein Gedusel, aber selten stressig. Die flockige Atmosphäre von früher eingefangen, das „easy going“ hat man gerettet, irgendwie konserviert wie im Marmeladeglas, auch wenn wahrscheinlich keiner mehr aus den 90ern hier wohnt, denn teuer sieht es aus, gerade Richtung Chamisso- Platz: Altbauten, Stuck, konservativ restauriert, großbürgerlich fast und nicht so kunterbunt durchgeknallt wie im hippen Bionadeland im Norden. Gediegen, wer hier wohnt hat es geschafft, ist tendenziell reich. Das sieht man auch. Das darf man auch.


content

04 EDITORIAL Die Polis-Redaktion über Touristenboulevard und Wohlfühlmeile

12 SANIEREN UND FLANIEREN

08 VOR 150 JAHREN - GESCHICHTE DER BERGMANNSTRAßE

Kreuzberg kämpft 14 Contra gegen die Aufwertung

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Gastronomie ersetzt einzelhandel


24 CEMETERY WALK Melancholischer Spaziergang über die Friedhöfe an der Bergmannstraße

18 INTERVIEWS in 18 Atlantic-Rauschen Kreuzberg

22 Lampen und Fellpantoffeln

28 SCHATZSUCHE Auf Shoppingjagd mit Modebloggerin Leonie durch das COLOURS Berlin


vor jahren GESTATTEN SIE, DASS WIR SIE ZU EINEM STREIFZUG DURCH DIE BERLINER VERGANGENHEIT EINLADEN.

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as Gebiet südlich des Halleschen Tors war schon JWD, „janz weit draußen“ also. Es war im wesentlichen landwirtschaftlich genutzte Fläche, zu der auch das Weinanbaugebiet am Tempelhofer Berg gehörte, über dessen berüchtigte Produkte schon an anderem Ort berichtet wurde. So erhielt die Bergmannstraße (ursprünglich Bergemannstraße) erst 1837 ihren heutigen Namen, benannt nach der Grundeignerin Marie Louise Bergemann, deren Besitz sich von der heutigen Heimstraße bis zum Tempelhofer Berg erstreckte. Davor hieß die Straße schlicht der Weinbergsweg. Hierhin wurden Landpartien unternommen, aber auch die Gräber der Angehörigen auf den aus dem Stadtgebiet ausgelagerten Friedhöfen besucht. Zu dem siedelten sich in diesem Bereich schon sehr früh viele Ausflugskneipen an. Zudem klopfte die industrielle Revolution an die Tore Berlins. Die Stadt, eng bebaut, bot kaum Flächen für neue Produktionsstätten. Diese wurden vor die Stadttore verlegt, auch vor das Hallesche Tor. Die neuen Arbeitsplätze zogen immer mehr Menschen nach Berlin, das sich rasant vergrößerte. Zwischen 1840 und 1865 wuchs die Stadt um 320 000 Einwohner. 1861 wurde die Tempelhofer Vorstadt, das Gebiet südlich des Landwehrkanals, nach Berlin eingemeindet und wurde in den von dem Baurat James Hobrecht entwickelten Bebauungsplan einbezogen. Das Bauernland wurde zu Bauerwartungsland, dessen Besitzer sich reichlichen Gewinn ausmalen konnten.

SEIT 1809 WAR DIE BERGMANNSTRAßE IM BESITZ DER FAMILIE BERGMANN. AM 20.04.1837 WURDE SIE NACH MARIE LOUISE BERGMANN BENANNT. ALS ÖFFENTLICHE STRAßE WIRD SIE SEIT 1861 AUSGEWIESEN.


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Man sprach von den Tempelhofer Millionenbauern. Baugesellschaften und reiche Kaufleute erwarben die Grundstücke und viele Grundstücke wechselten, innerhalb kurzer Zeit und mit gehörigem Profit, mehrmals den Besitzer. Es entstand eine einheitliche Wohnbebauung mit wenigen Hinterhöfen, bedingt durch die Unebenheit des Geländes. So war auch die Anzahl der um diese Zeit üblichen Hinterhofbetriebe im Gegensatz zu anderen Berliner Bezirken wesentlich geringer. Aber auch den Kirchen und der Religion wandten sich viele Menschen zu. Die 1888 errichtete Heilig-Kreuz-Kirche musste bis zu fünf Gottesdienste an den Sonntagen abhalten, mit jeweils über 1000 Besuchern und trotzdem blieben Menschen noch vor der Tür. Um diesen Ansturm genüge zu leisten wurde zusätzlich im Jahre 1905 die Passionskirche am Marheinekeplatz gebaut. 1920 wurde der Verwaltungsbezirk Kreuzberg gebildet, zu dem die Tempelhofer Vorstadt, die südliche und äußere Friedrichstadt und die Luisenstadt gehörten. Aber das änderte an den Problemen der ärmeren Bevölkerung wenig. Inflation und Weltwirtschaftkrise trafen die Bevölkerung im Bereich Kreuzberg südlich der Hochbahnlinie hart. Die Zahl der Arbeitslosen stieg in den Jahren von 1928 bis 1932 um d-as Dreifache. Dass in diesem Gebiet bei Wahlen die KPD und SPD immer die Stimmenmehrheit hatten, versteht sich von selbst. Bei den kaum mehr als frei zu bezeichnenden letzten Wahlen im März 1933 erhielten diese beiden Parteien fast 50%. Auch die Nationalsozialisten hatten ihre festen Plätze, wie etwa die Kneipe „Hochburg“ in der Gneisenaustraße Ecke Solmsstraße. Sie war als Treffpunkt der SA sowie als Ausgangspunkt für viele ihrer Übergriffe berüchtigt. Die Bombenangriffe hatte die Tempelhofer Vorstadt recht gut überstanden, was unter anderem darauf zurückzuführen ist, dass sie sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum Flughafen Tempelhof befand, den die Alliierten möglichst unzerstört später für sich selbst nutzen wollten. In Mitleidenschaft gezogen wurde das Gebiet östlich des Marheinekeplatzes.


Die Markthalle wurde zerstört und die Passionskirche von einem Bombentreffer stark beschädigt.Erst in den späten 50er Jahren ging es wieder aufwärts, wenn auch nicht in demselben Tempo wie in anderen Berliner Bezirken oder den Großstädten Westdeutschlands. Schon Ende der siebziger Jahre trat wieder eine Stagnation ein und die Wohnqualität rund um die Bergmannstraße ließ wegen ausbleibender Instandhaltungsarbeiten deutlich nach. Viele Häuser standen trotz des großen Wohnungsbedarfs leer. Spekulanten rechneten mit guten Gewinnen. Erst durch den Druck der Hausbesetzerszene Anfang der 80er Jahre und die Arbeit vieler politischer Gruppen und Initiativen wurde ein Sanierungskonzept durchgesetzt, das sich an den Bedürfnissen der Bevölkerung vor Ort orientierte und teilweise bis heute weiterwirkt.

DIE MARHEINEKE MARKTHALLE WURDE AM 15. MÄRZ 1892 ALS ELFTE VON 15 BERLINER MARKTHALLEN IN BETRIEB GENOMMEN UND IST HEUTE NOCH EINE VON VIER HISTORISCHEN HALLEN, IN DENEN NACH WIE VOR LEBENSMITTEL VERKAUFT WERDEN.

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ie geschichtsträchtige Prachtmeile ohne Pracht- hier zählen vor allem innere Werte- ist noch immer in aller Munde. Immer öfter allerdings wegen steigender Mieten und weniger wegen neu entdeckter Goldgruben. Menschliches und institutionelles Urgestein wird aus der Bergmannstraße gefegt wie bei einem plötzlich um sich greifenden Frühjahrsputz, während Gastronomie und schnieke Familien sich gegenseitig die Klinke in die Hand drücken und den Bergmannkiez mit Zepter und Krone zu ihrem Territorium erklären.


&

sanieren flanieren


proteste

muss dit sein?

CONTRA KREUZBERG KÄMPFT GEGEN DIE AUFWERTUNG - VERGEBLICH. DIE BERÜHMTE KREUZBERGER MISCHUNG GIBT ES VERMUTLICH BALD NICHT MEHR

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m Kiezkessel brodelt es mal wieder und Kreuzberg macht seinem nach Taten drängenden Ruf alle Ehre: Aktivisten und Betroffene verhindern Zwangsräumungen, Flüchtlinge reklamieren den öffentlichen Raum am Oranienplatz für sich, Mieterinnen und Mieter treiben dem rot- schwarzen Senat mehr Schweißperlen auf die Stirn als die Grünen, Linken, Piraten zusammen. Ein Sturm zieht auf, möchte man da beinahe sagen, wenn er nicht schon längst über den kreuzberg´schen Köpfen toben würde. In Zeiten des Immobilienbooms zeigt Kreuzberg wieder Zähne doch wie lange darf es wohl noch die Krallen gegen Samtpfoten eintauschen? Die Kreuzberger Mischung war einst im wahrsten Sinne des Wortes und nicht bloß dahergefloskelt: Dieses Mit- und Nebeneinander von Spießern und

Migranten, Punks und Studenten, Intellektuellen und Proletariat, Gewinnern und Glücksrittern war der allgegenwärtige Beweis dafür, dass Berlin für jeden Platz hat - auch in der Innenstadt. Doch dieses Kreuzberg des Multikulti ist einem Kreuzberg der zahlreichen Parallelgesellschaften gewichen. Den Yuppies gehört die Bergmannstraße, den Ökos der Wrangelkiez, den Armen das Kottbusser Tor. Die hohen Mieten haben die solide Kreuzberger Mischung pulverisiert und in alle Winde verstreut. Ende der neunziger Jahre zog eine Bekannte aus der Wrangelstraße weg. Sie konnte den Uringestank im Treppenhaus nicht mehr ertragen. Der Wrangelkiez galt damals als sozialer Brennpunkt, als obskure Gegend, in der man nur etwas zu suchen hatte wenn man musste. Würde sie heute in ihr altes Haus


zurückkehren wollen, wäre sie mit einer horrenden Miete konfrontiert. Es stinkt nicht mehr in den Treppenhäusern. Günstige Mieten? Das ist nur noch verblassende Erinnerung. Der Druck im Kessel steigt. Das hat vor allem mit den besser verdienenden Zuzüglern zu tun, die die Mietpreise in Windeseile nach oben schnellen ließen. Wer vor einigen Jahren noch dort Kinder bekam, zog in der Regel spätestens vor der Einschulung weg. Inzwischen bleiben die Neuen und schicken ihre Kinder auf die Schulen vor Ort. Kleine Inseln entstehen wie kleine Mikrokosmi und sie werden immer größer. So begann es auch in Prenzlauer Berg bis die Inseln schließlich keine Inseln mehr waren und sich eine Parallelgesellschaft gegenüber den anderen durchsetzte. Nun erklären ja manche die Migranten zu den Rettern Kreuzbergs, die es vor einem ähnlichen Schicksal bewahren würden, zu einer Bastion,

DEN YUPPIES GEHÖRT DIE BERGMANNSTRASSE, DEN ÖKOS DER WRANGELKIEZ, DEN ARMEN DAS KOTTBUSSER TOR.

die man nicht leicht zu Fall bringen kann. Eine Art Gegengift zum Bionade- Biedermeier. Doch Hoffnung adieu: Im Bergmannkiez und am Lausitzer Platz war dieses Gegengift jedenfalls wirkungslos. Und die Aktivisten und Betroffenen von Kotti und Co.? Die machen keine Stellvertreterpolitik mehr wie früher, sondern kämpfen ums eigene Überleben. Das ist berechtigt doch nicht weniger dramatisch. Es könnte ihr letztes Gefecht sein in Kreuzberg.

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gastronomie ersetzt einzelhandel FÜR BENITA VON BEHR IST ES GERADE DIESE UMTRIEBIGKEIT, DIE IHR DAS WOHNEN DIREKT AN DER BERGMANNSTRASSE SO LEBENSWERT MACHT.

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ls es mir sehr schlecht ging, habe ich gerne in meinem Erker gesessen. Ich war alleine und war es doch nicht, weil auf der Straße so viel los war.“ Die Verlagsleiterin lebt seit 2001 in dem, wie sie sagt, „Harmoniekiez“. Seitdem habe sich viel verändert, auch in ihrem Haus. „Es hat zweimal den Eigentümer gewechselt. Der Neue will uns noch nicht mal seinen Namen verraten.“ Nachdem die alte Hausbesitzerin im Hochparterre gestorben war, wurden die Räume an eine Firma vermietet, die sich einen repräsentativen Aufgang wünschte.„Das Treppenhaus wurde renoviert – aber nur anderthalb Stockwerke hinauf. Darüber ist es so wie früher. Wir Altmieter haben nur den Kopf geschüttelt. Aber um ehrlich zu sein: mir gefällt unser altes Treppenhaus. Es hat Patina.“ Auch im Erdgeschoss habe ein für den Kiez typischer Wechsel stattgefunden: „Die alten Geschäfte, darunter ein etwas „schnödeliger“ Klamottenladen, sind raus, ersetzt durch einen Imbiss und ein Restaurant“, sagt Benita von Behr. Sie findet es schade, dass die „bodenständige Struktur“ wegbreche, aber das Umfeld sei ihr immer noch bunt und nett genug, um dort wohnen zu bleiben. „Und wenn ich umziehen wollte, könnte ich wegen den Mieten sowieso nicht im Kiez bleiben.


„fressmeile

schleuse touristen ku´damm

kreuzbergs

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ressmeile“, „Touristenschleuse“ und „Ku´damm Kreuzbergs“ wird die Bergmannstraße deshalb abfällig von denen genannt, die ihren Wandel beklagen. Dabei ist eigentlich nicht der Wandel verwunderlich, sondern die Tatsache, dass er erst so spät stattfindet. Es stimmt natürlich: Vor einigen Jahren gab es mehr Trödler und mehr arabische Imbisse, und die Cafés sahen mehrheitlich so aus, wie das Turandot, dessen Gäste noch immer wirken als würden sie – Tabaksbeutel neben dem Bierglas, die Lederjacken mit dem Körper verwachsen – mit sentimentalem Blick seit den achtziger Jahren hier hocken. Heute dominieren Cafés mit Coffee-toGo- und WLan-Service, thailändische und vietnamesische Schnellrestaurants mit spartanischer Zen-Möblierung und trendige Läden für Umhängetaschen und tief sitzende Hosen. Im letzten Jahr wurde außerdem das große Gesundheitszentrum in der Bergmann 5 eröffnet, in dessen Erdgeschoss ein Erlebnis- Kaiser’s werktags bis 24 Uhr die Bevölkerung mit Nahrungsmitteln versorgt. Parallel dazu hat sich die dänische Immobilienfirma Taekker in Monopoly- Manier einmal durch den Kiez gekauft und die Mieten sind auf 9 Euro pro Quadratmeter gestiegen.

DIE MEISTEN LÄDEN IN DEN SEITENSTRAßEN KÄMPFEN UMS ÜBERLEBEN...

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Man kann also sagen, die Mittisierung der Bergmannstraße ist so gut wie abgeschlossen. Nach dem Handelsindex 2009/2010 des Berliner Unternehmens „Grupe- Die Einzelhandelsmakler“ weist das Einzugsgebiet der Bergmannstraße mit einem Kaufkraftindex von 111 eine hohe Kaufkraft auf. Erwähnen sollte man allerdings auch, dass das Einzugsgebiet manchmal kaum dreißig Meter reicht. Die meisten Läden in den Seitenstraßen kämpfen ums Überleben. Der Wandel ist also nicht zu bestreiten. Nicht zu bestreiten ist allerdings auch, dass die Klage über die Kommerzialisierung des Kiezes zur Bergmannstraßen- Folklore gehört, wie die Knoblauchzöpfe an der Markise des Feinkostladens Knofi. Selbst die Bergmannstraßenbeschimpfungen sogenannter Bergmannstraßen-Originale schlagen früher oder später in ein Lob um – zumindest in das gegrummelte Eingeständnis, dass sich das Besondere des Kiezes erstaunlicherweise trotz des neuen Oberflächendesigns erhalten hat. Die Bergmannstraße ist noch immer Kreuzbergs Wohlfühlstraße. Das mag vor allem an der sich Jahrzehnte lang gebildeten Bevölkerungsmischung liegen. Im pittoresken Chamissokiez (wo schon Rudolf Thome und Jodie Foster Filme drehten) wohnen noch immer viele Lehrer und Professoren und in den Straßen nördlich der Bergmannstraße viele Ausländer, die selbst immer mehr Läden eröffnen, keine Trödelgeschäfte, sondern Cafés und 18 Stunden geöffnete „Wir-haben-alles-Shops“.


atlantic rauschen in krzbg EIN INTERVIEW MIT DEM KULTCAFE, BAR, RESTAURANT- „ATLANTIC“

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m Herzen Kreuzbergs lässt sich das alteingesessene doch auf keinen Fall tattrige Café Atlantic finden, das genauso zum Inventar der Bergmannstraße zu gehören scheint wie die schön fassadigen Altbauten und das berliner Kopfsteinpflaster. Wer sich in die Nähe dieser frischen Meeresbrise begibt, trifft immer noch auf illustres Volk bei Speis und Trank, auf Hallodris und Herumtreiber, auf Hipster und Halunken, doch nur im besten Sinne. Da stille Gewässer ja bekanntlich tief sind, begeben wir uns auf den Grund der Dinge und befrage Jochen Ziegenhals (Inhaber) und Jutta Albrecht (Geschäftsführerin) nach dem Werdegang dieses niemals, havarierenden Schiffes.


19 ICH WÜRDE GERNE WISSEN, WANN DAS CAFE ATLANTIC DENN GEGRÜNDET WURDE UND VOR WELCHEM HINTERGRUND? Also uns gibt es jetzt seit 1989. Wir werden dieses Jahr 25, kurz vorm Mauerfall also! Aber ich bin erst seit 18 Jahren dabei. Mein Mann Jochen hat sich damals einfach mit einem Freund zusammengetan und wollte einen Laden aufmachen. Damals stand das hier glücklicherweise noch zur Verfügung, da war er schon 40 Jahre alt. Aber wir waren Punks, durch und durch, und da machte das nichts! Die Bergmannstraße war ja früher so ein bisschen „freakiger“, jetzt ist kaum noch was davon zu erkennen. Heute ist fast nur noch die Gastro hier vertreten aber früher waren hier viel mehr Trödelläden und Secondhandläden. Ich persönlich kaufe ja sehr gerne Secondhandklamotten und dann geht man natürlich auch gerne in so eine Straße wo so ein paar Läden hintereinander sind und man stöbern kann und es ist natürlich auch cool, wenn man damit seine Pausen verbringen kann (zwinkert verschmitzt).

WAR DAS DANN SOZUSAGEN EIN RICHTIGES „SZENELOKAL“, ALSO AUCH Z.B. FÜR PUNKS? Ja, das war hier schon viel rockiger damals, das war mehr so 80er, mehr metal, mehr Blautöne also schon viel wilder. Damals hatte uns auch zeitweise die Polizei auf dem Kieker, der Tresen war immer rappelvoll und wir standen hier in Dreierreihen, alle mit ´ner Kippe im Mund (lacht). Jetzt ist es alles insgesamt etwas „gediegener“ geworden, obwohl das Atlantic schon immer dafür bekannt war, dass es eine breite Palette an

Leuten anzieht- auf der einen Seite hatte man die Türken, die in der Ecke Schach gespielt haben mit ´ner Tasse Kaffee; dann die kopftuchtragenden Mütter, die mit Kinderwagen hereinrauschten und zwischendurch auch vereinzelt ein Vater mit seinen drei Gören. Naja, und so ein paar Punks ab und zu eben auch... es war einfach viel bunter gemischt als heute und das fand ich persönlich auch schon immer toll. Und heute ist es hier für meinen Geschmack leider einfach nur noch eine Tourimeile. Wenn ich nicht hier arbeiten würde und nochmal neu in diese Straße käme, würde ich, denke ich, nicht nochmal herziehen wollen! Das hat sich dann leider mit der Zeit hier so entwickelt, wie in Schöneberg, da kenn ich das auch schon so. In der Ecke Görtsstraße gab´s früher nur besetzte Häuser, da waren die Punks und jetzt heißt es „Vater- MutterKind- Eigentumswohnung“ und die Mieten sind gelinde gesagt... nun ja… immens!


ALSO KANN MAN DAVON AUSGEHEN, DASS SICH ÜBER DIE JAHRE AUCH DER MIETSPIEGEL VERÄNDERT HAT? Ja, absolut! Ich meine, man kann sagen, es ist ja in ganz Berlin extrem geworden. Doch ich denke, hier in der Bergmannstraße hat es tatsächlich angefangen, d. h. die Leute, die den Kiez geprägt haben, können sich die Mieten hier schon lange nicht mehr leisten. Das ist schon irgendwie tragisch...

WOHNST DU DENN SELBER AUCH HIER IM BERGMANNKIEZ? Ich wohne jetzt schon seit 30 Jahren in der Golfstraße aber dort hat man die Veränderung auch mitbekommen. Eine zeitlang war da Halli Galli, man konnte gar nicht aus dem Haus gehen, weil ständig irgendwelche Polizisten herumstanden oder irgendwo ein Auto gebrannt hat. Heute kann man dort gemütlich mit seinem Hund Gassi gehen ohne einer Menschenseele überm´ Weg zu laufen...

UND VOM PUBLIKUM HER, BESTEHT EURE KUNDSCHAFT JETZT AUSSCHLIESSLICH AUS TOURISTEN ODER HABT IHR AUCH NOCH STAMMKUNDEN? Ja, also größtenteils natürlich schon Touristen, aber wir sind doch froh noch unsere Stammkunden hier zu haben. Gott sei Dank! (lacht) Ich finde das coole am Atlantic ist, dass die Girls, die hier arbeiten, schon alle 15 Jahre bei uns sind , das finden viele unserer Kunden toll, das macht alles sehr familiär und manche kommen z.B. auch nur montags, weil sie wissen, dass die und die dann arbeitet und die wiederum freuen sich über den Wiedererkennungswert... das ist dann so ein bisschen wie Heimat!

INWIEFERN HABT IHR DEN WANDEL AM EIGENEN LEIB GESPÜRT ? Hier sind massenhaft Läden ein- und wieder ausgezogen. Ungefähr vor 10 Jahren bin ich hier von

Laden zu Ladengegangen und habe mit den Leuten Briefe entworfen, die dann an den Bürgermeister gehen sollten, damit er hier keine Gastronomie mehr zulässt. Du kannst einen Kiez damit auch kaputt machen! Der Charme geht verloren. Wenn eine Straße nur aus Gastronomie besteht, ist sie tot! Die Leute möchten ja auch mal was einkaufen und stöbern- die Vielfalt macht´s eben, das was die Leute eben anlockt.

HABT IHR HIER EIGENTLICH ZWECKS WANDEL FÜR DAS PUBLIKUM DENN AUCH UMGERÜSTET, Z.B. AUF BIO ODER ÄHNLICHES? Wir haben auf jeden Fall jetzt spanische, französische und englische Speisekarten und dänisches Frühstück. Das hatten wir früher natürlich nicht. Aber ich denke, da kommt man auch nicht mehr drum rum. Wir haben auch viel mehr vegetarische Gerichte als früher, das ist ja auch so ein Trend. Vegan jetzt nicht unbedingt, aber ehrlich gesagt überlegen wir momentan, ob wir das nicht auch noch mit aufnehmen, das gehört ja schon fast zum Standard. Die Anschaffung ist halt nicht unbedingt kostengünstig und das Angebot begrenzt, aber die Nachfrage ist durchaus da. Sowas wie frischen Ingwer und frische Minze hatten wir früher auch nicht. Aber wenn die Gäste vermehrt danach fragen, klar muss man es dann anbieten, gerade wegen der großen Konkurrenz hier! Man muss sich dem Publikum schon ein wenig mehr anpassen als früher, das stimmt schon.

GIBT ES BESONDERE EREIGNISSE, DIE IHR MIT DER STRASSE VERBINDET? Es gibt ja hier dieses Jazzfest, das fand ich am Anfang noch wirklich großartig, ganz toll, da spielten immer coole Bands, in jeder ecke war eine große Bühne... das hat jetzt aber leider auch nachgelassen. Jetzt ist das irgendwie ein bisschen mehr Rummel mit Caipirinha aus der Dose. Die Qualität hat ganz einfach insgesamt nachgelassen, das ist eigentlich so schade daran.


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wohnen im kiez

lampen & fellpantoffeln LEOPOLD, 21, BARKEEPER UND ZÜNFTIGER BAYERNSPROSS , LEBT AUF 30 QM IN EINER EIN- ZIMMER- ALTBAUWOHNUNG IM BERGMÄNNISCHEN KIEZ.

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r erfüllt so gar nicht das etablierte Klischee einer hippen dreibis fünfköpfigen Familie mit der berlintypischen Prise Vitalität und coolem Spießertum, die fast den gesamten Bergmannkiez inzwischen in Besitz genommen haben. Der ausgezogene Jüngling, das Abenteuer suchend, hat, bevor er Berlin verfiel, ein Jahr in Kanada gelebt und würde seine neue Heimat nicht mehr gegen eine andere eintauschen wollen. Die Brücke zwischen alter und neuer Tendenz, zwischen altem Kiez, der Abenteurern noch Nährboden bot, und neuem Kiez, der Bio, Familien und Kulinarischem den Vorzug gibt, wollten wir uns mal genauer anschauen.


23 WANN BIST DU NACH BERLIN GEKOMMEN UND WELCHE BEWEGGRÜNDE HATTEST DU? Also eigentlich bin ich Ende 2012 nach Berlin gekommen wegen des RUM TRADER´s. Das ist eine sehr gute Cocktailbar und eine wirklich schöne noch dazu! Die kleinste und älteste Bar Berlins! Und ich wollte dort auch den Chef kennenlernen. Im Endeffekt bin ich eigentlich her ohne den Job zu haben, das war alles sehr spontan. Zuerst wollte er mich auch wegschicken aber ich konnte mich glücklicherweise durchsetzen! Ist schon alles ziemlich gut verlaufen! Jetzt bin ich dort Barkeeper. Ich hatte vorher auch nie vor nach Berlin zu ziehen, das stand für mich gar nicht zur Debatte. Für mich war das eher ein Klischee dieses „Berlin- Muss“, jeder muss irgendwie mal nach Berlin gehen- das ist ja Blödsinn, dachte ich mir und letzendlich bin ich dann doch hier gelandet (schmunzelt)!

WENN DU HIER IN DER UMGEBUNG ETWAS UNTERNIMMST, WO GEHST DU DANN AM LIEBSTEN HIN? Wenn ich in der Bergmannstraße bin, dann auf jeden Fall nur tagsüber... ich arbeite ja auch eigentlich immer so bis 3.00 Uhr Nachts, ist eigentlich auch ganz angenehm. In den Seitenflügeln wohnen 30-40 Familien und ich habe dann tagsüber meine Ruhe. Allerdings, wenn ich ehrlich bin, ist mir der Bergmannkiez größtenteils zu gesättigt. Mittlerweile habe ich da nur noch meine Lieblingsreinigung und wenn die Schlange mal nicht so lang ist, gehe ich auch gern zu Mustafas

Gemüsekebab! In die Marheinike- Halle auch manchmal... oder auf den Flomarkt, da habe ich meine Lampe her (lächelt), der ist jeden Samstag und echt sehr schön. Mit dem Lampenverkäufer verstehe ich mich sehr gut... da laufe ich dann gern mal vorbei und wir philosophieren stundenlang über Qualität und Massenproduktion, Lampen oder auch schon mal über Fellpantoffeln. (lacht) In letzter Zeit war ich oft auch gern am Greafekiez, weil das dort ein bisschen alternativer und lustiger ist, habe ich das Gefühl… Dort ist auch die Minibar, meine persönliche Lieblingsbar.

UND WAS WÄRE DEIN FAZIT? WAS GEFÄLLT DIR BESONDERS UND WAS NICHT? Ich muss sagen, die Gegend hier ist schon echt schön mit dem Tempelhofer Feld um die Ecke wo man sehr gut laufen gehen kann und die ruhige Atmosphäre ... das schätze ich schon sehr. Aber wenn ich nochmal umziehen sollte, dann würde ich wahrscheinlich eher Südost 36 wählen aber schon noch in Kreuzberg bleiben wollen. Und ich würde gerne nochmal eine WG haben wollen denn die Leute hier sind schon toll und ich persönlich finde es gar nicht so touristenüberfüllt wie alle sagen. Ich finde sogar, dass sind so ein bisschen die Öko- Nazis, die hier vorherrschend sind mit ihren Ökosupermärkten an jeder Ecke…



cemetery walk

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er sich für Berliner Geschichte, Politik, Wissenschaften und Kultur interessiert, sollte unbedingt die Friedhöfe in der Bergmannstraße besuchen. Zwischen Marheinekeplatz und Südstern liegen vier Friedhöfe. Wie aus einem Berliner Geschichts-buch lesen sich die Namen der Verstorbenen auf den Grabsteinen. Berühmte Berliner aus dem Bereich Politik, Wissenschaften und Kultur fanden hier ihre letzte Ruhe. Eine angenehme Stille herrscht, sobald man die Friedhöfe betritt. Während man läuft, merkt man gar nicht, dass man bereits einen anderen Friedhof betreten hat, denn die Mauern, die die Friedhöfe abgrenzen, sind zugleich auch Begräbnisstätten.


ceme tery walk V

ersteckt und beinahe unbekannt schmiegen sich vier nebeneinanderliegende Kirchhöfe an die Bergmannstraße. Auf ihnen begraben ist eine großzügige Auswahl verblasster Prominenz, bewacht und behütet von Engeln und Heiligen aus Stein. Wer diesen geweihten Boden betritt, ist sich deren wachenden Augen sicher. Die Friedhöfe sind die der Dreifaltigkeitsgemeinde, der Friedrich-Werderschen Gemeinde, der Jerusalems- und Neuen Kirche und der Luisenstädtische Friedhof. Gesäumt werden sie von einer ca. 600 m langen Mauer an der Bergmannstraße, die auch die nördliche Grenze des 21 Hektar großen Gesamtkomplexes bildet. Auch wenn Friedhöfe dem ein oder anderen schauerlich anmuten und ein sorgloses Schländern zwischen kalten Gräbern morbide scheint, so lohnt sich doch durchaus ein Besuch dieser kleinen Stadt der Verblichenen. Zwischen imposanten in Stein gemeißelten Statuen mit sanftem oder strengem Gesicht, mit Schwingen oder umrahmt von Ästen, kann der Besucher in angenehmer Stille die Melancholie dieses Ortes auf sich wirken lassen. Besonders in der sommerlichen Abendsonne oder im Herbst, wenn die Wege dicht von Laub bedeckt sind und den Klang der Schritte schluckt, kommt eine romantische Atmosphäre auf, die ihresgleichen sucht. Wir beginnen unseren melancholischen Spaziergang mit der ältesten Begräbnisstätte, der 1825 angelegte und durch Friedrich Schleiermacher eingeweihte Friedhof der Dreifaltigkeitsgemeinde. Hier befinden sich die Gräber der Architekten Martin Gropius und Georg Klingenberg, sowie das durch eine Bronzebüste


HIER BEFINDEN SICH DIE GRÄBER DER ARCHITEKTEN MARTIN GROPIUS (1824-80) UND GEORG KLINGENBERG (1870-1925)

von R. Begas gezierte Familiengrab von Adolph Menzel. Auch der Dichter Ludwig Tieck, der Historiker Theodor Mommsen und der Philosoph Friedrich Schleiermacher haben sich hier zur ewigen Ruhe betten lassen. Nu, bei so vielen Toten, darf man die Bedürfnisse der Lebenden nicht vergessen. Wie wäre es also mit einer kleinen Rast bei mitgebrachten Tee und Gebäck auf einer der vielen Bänke. Denn die Friedhöfe sind mit reichlich Grün und Baum bepflanzt, sodass die Natur hier üppig Einzug gehalten hat und sich bestaunen lässt. Ausgeruht führt uns der Weg weiter zum Friedhof der FriedrichWerderschen Gemeinde. 1844 wurde diese Ruhestätte eingeweiht und steht seinem Vorgänger in nichts nach. An der westlichen Mauer befinden sich zahlreiche Jugendstilgräber, die sehr schön anzusehen sind und der aus der Jahrhundertmitte stammende Mausoleums- Bau der Familie Seeger. Im hinteren Teil lässt sich von Interessierten ein Ehrenfeld mit den Opfern des II. Weltkriegs besuchen. Weiter unter Bäumen und reichlich Vogelgezwitscher geht es auf den 1831 angelegten Luisenstädtischen Friedhof. Dieser wurde mehrfach erweitert und nimmt daher fast die Hälfte der Gesamtfläche des Friedhof- Komplexes ein und ist damit der größte historische Gemeindefriedhof Berlins. Auch dieser brilliert mit bekannten vergangenen Persönlichkeiten jedweder Couleur. Rechts vom Eingang liegt beispielsweise die 1908 von Walter und Carl Koeppen erbaute Kapelle und gleich hinter dem Glockenturm, der 1928 nach einem Entwurf von Heinrich Stammer errichtet wurde, befindet sich ein Rondell mit der Statue eines Auferstehungsengels. In einem dahinter liegenden Rondell befindet sich das monumentale Mausoleum der Familie Löblich, geziert von einer Trauerfigur aus Zinkguß, die den neugierigen Besucher strengen Blickes Willkommen heißt. Auch Gustav Stresemann hat hier seine letzte Ruhestätte gefunden; seine Grabstätte bildet eine Kalksteinfront mit dazugehöriger Scheintür. Auch auf diesem Friedhof sind eine Reihe majestätischer Jugendstilgräber angelegt. So auch das Marmordenkmal für Gustav Eltschig, das von Hähnen mit Pfauenschwänzen gekrönt und von Seitenbänken eingerahmt wird. Der Friedhof der Jerusalems- und Neuen Kirche wurde zu guter Letzt 1852 als einer der vier Friedhöfe eingeweiht und ist zugleich der kleinste der Friedhöfe. Das Grab des Architekten Hermann von der Hude ist hier zu sehen und präsentiert sich im schicken Stil der Renaissance. Das von Bruno Schmitz und Franz Metzner 1907 entworfene Grabdenkmal für Max Krause, eine blockhafte Kalksteinanlage mit dreifachen Treppen, Seitenmauern und einem Mausoleum mit bronzener Tür, ist eines der schönsten Berliner Jugendstilgräber, lohnt in jedem Fall einen genaueren Blick oder zwei und bildet einen gelungenen Abschluss unseres melancholischen berliner „cemetery walks“.



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al ehrlich! Als Modemetropole wurde das zwanglose Berlin ja fast noch nie betitelt. Hochgelobt dagegen nat체rlich die weltst채dtischen Diven Paris, Mailand, New York mit ihrem unendlich modischen Selbst- und Stilbewusstsein. Doch Berlin als Schlusslicht- das darf nicht sein, das kann nicht sein, das wird nicht sein! Denn wer hier bummeln war, weitab von den Einkaufsmeilen und Arkaden, und sich den versteckten Fundgruben voll mit Sch채tzen widmet, der sieht: Berlin ist eine Fashionista, eine, die ihren Pomp und Prunk aber eben nicht jedem unter die Nase reiben muss. Und seien wir mal ehrlich, das hat echt Stil!


Schatsuche

schatz suche GROß, BUNT, BELIEBT: COLOURS BERLIN AUF STREIFEZUG MIT MODEBLOGGERIN LEONIE (27) DURCH DEN SECONDHAND URGESTEIN AUF DER BERGMANNSTRAßE

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n keiner Stadt Deutschlands schlägt der Puls der Modewelt lauter & schneller als in Berlin. Neben zahlreichen Designerläden, den weltweit bekannten Messen „Berlin Fashion Week“ und die „Bread & Butter“ sind es auch die vielen berliner Secondhandläden, die der Hauptstadt den Ruf als Modemetropole sichern. Mode aus Secondhandläden gilt schon längst nicht mehr als schmuddelig, sondern ist voll im Trend. Stars und Stilikonen fast weltweit, aber auch StreetstyleBlogs wie „Stil in Berlin“ zeigen, wie man die gebrauchten Kleidungsstücke cool oder edel, sexy oder ausgefallen kombiniert. Wer diesen Look nachstylen will, findet dafür in Berlin eine riesige Auswahl! Von Läden mit kaum getragenen Designer- Vintage-Stücken, die aus Filmproduktionen stammen, über Shops mit echten Raritäten aus Island und den USA, bis hin zum gemütlichen Kiez-Laden mit 1-Euro- Schnäppchen ist hier in dieser Stadt wirklich alles vertreten.


Um Berlins größtes Shoppingvergnügen in Sachen Secondhand zu erleben, muss man allerdings ein paar kleine Mühen und Wegschlenker auf sich nehmen: Versteckt auf einem Hinterhof mitten im Kreuzberger Kiez befindet sich im ersten Obergeschoß das Coulors. Doch letztlich wird das Suchen und Treppensteigen mit einer riesigen Angebotspalette aus Vintagemode der 60er, 70er, 80er, Schuhen, sowie trendigen Taschen mehr als belohnt. Mit über 1000 qm und insgesamt über 30.000 verschiedenen Artikeln zum Kilopreis, steht das Colours für eine der interessantesten und vielfältigsten Secondhand- Adressen in Berlin und auch zu einem der ältesten denn es gibt Ihn mittlerweile seit über 20 Jahren. Während der Suche durch die Massen von Klamotten, fand Leonie weit mehr als sie tragen konnte doch das hat eine wahre Stoff- und Stilbegeisterte ja noch nie aufgehalten! Wir danken Ihr und dem COLOURS BERLIN für diesen spaßigen und beutereichen Nachmittag!

EIN AUSRUF DER FREUDE ERTÖNT ALS LEONIE EINEN ANTIKEN MANTEL AUS WILDLEDER ENTDECKT. STOLZ WIRD DER GEBORGENE SCHATZ UM DIE SCHULTERN GEWORFEN UND- NATÜRLICH- WEITER GESUCHT


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ALINA SIEBERT CHIARA GIOMBETTI

FEBRUAR 2014


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