DIE OFFENE TÜR TEXTE VON JUGENDLICHEN
CHRISTOPH MERIAN VERLAG
DIE OFFENE TÜR TEXTE VON JUGENDLICHEN
DIE OFFENE TÜR TEXTE VON JUGENDLICHEN CHRISTOPH MERIAN VERLAG
Trägerschaft Verein Schreibwettbewerb ‹Die Basler Eule› Sennheimerstrasse 20, 4054 Basel www.baslereule.ch Gegründet wurde der Schreibwettbewerb von der Basler Jugendschriftenkommission und dem Basler Buchhändler- und Verlegerverein. Wettbewerbsjury 2021 Kat. I: Elodie Kolb, Johanna Veszeli, Franca Hess Kat. II: Selina Meier, Marie-Madeleine Biner, Livia Immoos, Laura Biner Kat. III: Esther Kiefer, Hanspeter Kiefer, Christina Markiewicz, Liselotte Kurth Juryklassen 2021 Kat. I, Jahrgänge 2001–2005: Klasse 1b, Gymnasium Leonhard, Basel Kat. II, Jahrgänge 2006–2008: Klasse 1a, Gymnasium Leonhard, Basel Kat. III, Jahrgänge 2009–2011: Klasse 5c, Primarstufe Theodor, Basel Herausgeberin Linda Harzenmoser Um die Ausdrucksform der jungen Autor:innen unverfälscht zu erhalten, wurde darauf verzichtet, die Texte mehr als erforderlich zu redigieren. Korrigiert wurden jedoch die Zeitenfolge und die Rechtschreibung.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2022 Christoph Merian Verlag Alle Rechte vorbehalten; kein Teil dieses Werkes darf in irgendeiner Form ohne vorherige schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Lektorat: Jörg Bertsch, Basel Gestaltung: weishaupt design, Sybil Weishaupt, Basel Illustration: Manuel Guldimann Druck: Steudler Press AG, Basel Bindung: Buchbinderei Grollimund AG, Reinach Papier Inhalt: Munken Lynx 100 g/m2 ISBN 978-3-85616-972-5 www.merianverlag.ch
INHALT VORWORT / DANK
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KATEGORIE I Jahrgänge 2001 – 2005 TRANSPARENT Leander Ermel, 2002
14
EINFACH SO Yannah Kleiber, 2005
18
FEE Adriana Tarr Thaler, 2003
20
KATEGORIE II Jahrgänge 2006 – 2008 REPETITION Luca Bertrand, 2007
28
DIE FLUCHT DER WÄCHTER Lili Kamilla Fehérvàry, 2007
34
DIE OFFENE TÜR Victoria Gaul, 2007
42
DIE TÜR IM FELD Vivien Haldimann, 2008
48
DIE OFFENE TÜR Nils Liem, 2008
56
UDO UND DIE OFFENE TÜR Shana Maria Löhle, 2006
60
DIE TÜRE, DIE SICH VON SELBST ÖFFNET Paola Preyer, 2007
68
DUNKLE ZIMMER Maria Piedad Reimann, 2008
72
KAFFEE UND KUCHEN Clara Schäfert, 2008
80
DIE OFFENE TÜR Aaliyah Schneider, 2006
84
DIE OFFENE TÜR Runa Schüpbach, 2007
90
DIE OFFENE TÜR Matilde Smrekar, 2007
94
KATEGORIE III Jahrgänge 2009 – 2011 DIE REISE INS INTERNET Dominic Brusil, 2010
100
DIE GESCHLOSSENE TÜR Noam Burkart, 2009
104
HUNIBERT, DIE TÜRKLINKE Felicitas Dathe, 2009
112
DIE OFFENE TÜRE Félicia Demierre, 2009
120
DAS AMULETT DER 1001 WÜNSCHE Louis Ellenberger, 2009
128
DIE OFFENE TÜR Felix Frizberg, 2010
136
DAS NACHBARSHAUS Henri Häberle, 2011
138
LIEBE ZWISCHEN DEN WELTEN Lorine Martin, 2009
142
DIE OFFENE TÜR Priyanka Rajan, 2010
154
DIE MAGISCHE WELTREISE Marion Siegrist, 2010
158
DER REGENBOGEN Yvonne Traud, 2009
164
MUSIK DURCH DIE TÜR Raphael Wolffers, 2010
170
VORWORT Der Schreibwettbewerb ‹Die Basler Eule› wurde 1993 von der Basler Jugendschriftenkommission und dem Basler Buchhändler- und Verlegerverein lanciert. Sein Ziel ist es, Kinder und Jugendliche zu animieren, sich mit Sprache und Literatur auseinanderzusetzen. Das vorliegende 27. Buch erscheint wie seine Vorgänger im Christoph Merian Verlag und enthält die 27 besten der rund 400 im Wettbewerbsjahr 2021 eingereichten Texte. Der Wettbewerb beginnt jeweils mit seiner Ausschreibung in der Region Basel und schliesst mit der Preisverleihung. Die Wettbewerbsbeiträge werden in drei Alterskategorien eingeteilt und durchlaufen eine zweistufige Jurierung: Zuerst trifft die Jury eine Auswahl von Texten, die sie als preiswürdig erachtet. Diese werden dann einer Schulklasse der jeweiligen Alters kategorie zur Bewertung und zur Bestimmung des Hauptpreises vorgelegt. Das Wettbewerbsthema ‹Die offene Tür› folgte dem Vorschlag der Klasse 3b der Sekundarschule Theobald Baerwart. Auf den folgenden Seiten gewähren die prämierten Kinder und Jugendlichen Einblick in ihre ganz eigene Welt und schildern ihre persönliche Sicht auf die Dinge, welche sie zum Staunen bringen, aber auch zum Denken anregen. Die vielen Autor:innen haben das Thema aufgenommen, reflektiert und zu etwas Eigenem geformt. Entstanden ist ein Werk mit dem Gedankengut einer jungen Generation, die uns einlädt, innezuhalten und uns auf ihre einzigartige Perspektive einzulassen.
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Wir danken den jungen Schriftsteller:innen herzlich für den Mut, Einblick in ihre ganz persönliche Welt zu gewähren. Ihnen ist mit diesem Buch die Plattform gewidmet, die sie verdienen. Ihnen, liebe Leser:innen, wünschen wir viel Vergnügen bei der Lektüre! Linda Harzenmoser
10
DANK Der Schreibwettbewerb kann nur dank finanzieller und ideeller Unterstützung realisiert werden. Den folgenden Institutionen gebührt – oft zum wiederholten Male – grosser Dank für das Vertrauen und die Grosszügigkeit: Basler Kantonalbank Christoph Merian Stiftung Erziehungsdepartement Basel-Stadt Forlen Stiftung Gemeinde Allschwil Gemeinde Riehen Gesellschaft für das Gute und Gemeinnützige (GGG) Migros Kulturprozent Orell Füssli, Basel Scheidegger-Thommen-Stiftung Schweizer Bücherbon Swisslos-Fonds Basel-Landschaft
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FÖRDERER, UNTERSTÜTZER UND SPONSOREN
KATEGORIE I Jahrgänge 2001–2005
LEANDER ERMEL, 2002
TRANSPARENT
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Er liegt auf seinem Bett. Nimmt die Nadel von der Platte. Die Platte läuft weiter. Er dreht sich um. Das Balkongeländer ist heute besonders schmutzig. Die Pflanzen müsste man mal wieder giessen. Er liegt in seinem Bett. Starrt an die Decke. Getöse von draussen. Balkontüre zu. Er wirft einen kurzen Blick nach draussen: «Était-ce une erreur ?» Die Nadel hat wieder Kontakt. Hände hinter den Kopf. Noch ungefähr zehn Minuten. Der Lärm verstummt. Am Stehpult schreibt er – will schreiben. Schreibt nichts. Tanzt zur Musik. Tanzt vor dem Spiegel. Wenn ihn jetzt jemand sähe … Es wäre ihm egal. Noch ungefähr fünfzehn Minuten. Ist ja nicht so, als hätte er Zeug zu erledigen. So geht die Zeit. Verlässt ihn. So geht der Tag. Ist seiner. Er steht in seiner Wohnung. Hat angefangen aufzuräumen. Noch ungefähr fünf Minuten. Vergisst, was er wollte. Er wurde abgelenkt. Setzt sich auf die Bettkante. Nichts Besonderes. Langsam ist der ganze Raum von Rauch erfüllt. Hin und wieder fällt ein wenig Asche in die Schale. Er mag den Duft. Für einen kurzen Moment kein einziger Gedanke. Die Reste von gestern sind noch gut. Trotzdem keine gute Entscheidung. Er muss sich übergeben. Kann gerade nichts essen. Vielleicht der Anflug einer Grippe. Er starrt aus dem Fenster. Träumt. Grübelt. Sinkt. Die Sporteinheit bricht er wieder ab. Doch sie hat ihn gerettet. Sogar das Zimmer ist jetzt wieder ordentlich. Der Reis ist inzwischen wahrscheinlich angebrannt. Jetzt merkt er es, springt auf. Geht aber noch. Bisschen knusprig unten. Er hätte jetzt gar keinen Appetit. Ist ja auch nicht für heute. Er kann sich nicht vorstellen, dass er jemals wieder Lust auf Reis haben könne. Er wacht wieder auf, weiss nicht, wie lange er geschlafen hat. Auf jeden Fall hat es nichts geholfen. Er muss sich erst mal sammeln. Wusste für einen Moment nicht, wo er war. Nun muss er aber schreiben. Wieder nichts. Kopfschmerzen. Balkontüre auf. Viel zu lang gewartet. Das Räucherstäbchen hat seine Aufgabe erfüllt. Mehr als das. Jetzt muss er Globuli nehmen. Wie oft hat er die Platte jetzt schon umgedreht? Zu oft. Aber er kann nicht aufhören. Ärgert sich über sich 15
selbst. Muss raus. Sitzt auf dem Balkon. Noch ungefähr dreissig Minuten. Durch den Spalt der durchsichtigen Tür dringt immer noch Musik. Sein Kopf ist schwer. Seine Mutter hat er schon lang nicht mehr gesehen. Seltsame Mischung aus Chaos und Demut. Weshalb nur hat er alles aufgegeben? Für sich selbst. Für sich selbst? Draussen wird der gelbe Schriftzug entfernt. Er hat jetzt eine Idee. Will sie aber noch ein wenig reifen lassen. Es ist eigentlich gar nicht so schwer. Er denkt an seinen Freund. Demut. Übermorgen wird er abreisen. Überlegt, wen er mitnehmen kann. Oder ob er allein gehen soll. Er wird unruhig. Eine Nervosität macht sich breit. Alle Gefühle gleichzeitig. Schon das dritte Mal. Eine Panikattacke? Er lässt es passieren. Es müsste einen Grund haben. Manchmal haben die Dinge keinen Grund. Oder er ist verborgen. Versteckt in einer anderen Sprache. Er wird eine andere Sprache sprechen. Er steht noch am Anfang. Muss an sie denken. Fragt sich, was das Leben ist. Fragt sich, was er soll. Zweite Runde Globuli. Sind die Kopfschmerzen überhaupt noch da? Er kann es nicht sagen. Ihr konnte er es auch nicht sagen. Wieso nur konnte er es ihr nicht sagen? Balkontüre zu. Ein wenig Deo. Besser. Aber bisschen künstlich. Er wird sich dran gewöhnen. Ein letztes Mal am Stehpult: «Était-ce une erreur ?» Mehr nicht. Unterhosen, Socken, Hosen, Oberteile, Jacke. Zwei Paar Schuhe, Portemonnaie … Kopfhörer. Sein Koffer ist gepackt.
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YANNAH KLEIBER, 2005
EINFACH SO
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Ein Korridor. Auf beiden Seiten Türen ins Unendliche. Ein Mann kommt. Ein Mann – und eine Tür öffnet sich. Einfach so. Er ist weiss und eine weitere Tür schwingt auf. Einfach so. Er lebt in Westeuropa. Eine Tür geht auf. Er hat Geld. Die Nächste. Er ist cis, er ist heterosexuell und die Türen ermöglichen ihm Zutritt. Einfach so. Und so geht es weiter. Bis ins Unendliche.
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