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Gr enze B a hn hof St. Joh a n n Lot hr inger pl at z V olta st r a sse W est V olta pl at z
Inhalt Einsichten
4 Vorworte 6 Einstieg 10 «Im hässlichen Niemandsland da hinten bei der Grenze» 12 R andexi am Bahnhof St. Johann 22 Das alte Bierdepot und seine neuen Bewohner 24 Ein Musterquartier verga 32 Zusammenspiel im Musikerhaus 36 Mittler zwischen zwei Welten 40 «Vielleicht kommen ja bald ne solchen Platz» 50 Schlussbaustein Voltamatte 54 Keltische Öfen und jede Menge Rückspiegel 58 Ku in die Stadt ausschwärmen: Neue Ideen für den Hafen St. Johann 68 Die langsame Eroberung eines neuen das untere Kleinbasel 76 Die Nordtangente ist fertig – die Debatte geht weiter 80 Wegmarken des bür 84 «Man sieht hier immer mehr Leute spazieren» 86 Von Bierteig, Bauschlucht und Begrünung: Gespräch 96 Der rätselhafte Turm 100 Schwebender Stahl im Wiesenkreisel 102 Ein Lällekönigspaar gegen d
Technik
106 Die Nordtangente – eine Prüfung für Bevölkerung, Politik und Verwaltung 108 Aufgaben der Bauh prüfung 118 Ein Querschnitt durch die Geschichte 122 Tagbauweise und Deckelbauweise 126 Bau 134 Gewässerschutz während der Bauzeit 136 Die Dreirosenbrücke 140 Bauen unter Verkehr 14 Sicherheitsausrüstung 148 Nordtangente: Die Bedeutung für die städtische Verkehrspolitik und Mobil 156 Aufwertung von Freiflächen nach Zwischennutzungen 158 Gestaltung neuer öffentlicher Räum 164 vogesenplatz: von der idee zur wirklichkeit 166 Die Nordtangente Als Motor der Stadtentwicklu 176 Abbildungen 177 Impressum
V olta st r a sse Ost Dr eirosenbrück e Hor burgst r a sse Er l enm at t W iesenk r eisel
14 Elegante Verbindungen zum Untergrund 18 Gründerzeit angener und aktueller Modernität 28 «Hier machen wir keine Stückelei» eue Kunden» 42 Vier Mal täglich auf der Nordtangente 46 «Jede Stadt hat einen unsttangente: atmosphärische Akzente 60 Produktives Wohlbefinden 64 Die Tauben werden n Lebensraums 72 Schmelztiegel und Oase: auf der neuen Dreirosenanlage trifft sich rgerlichen Basel im Arbeiter- und Einwandererquartier 82 Wohnanlage mit Innenleben he rund um den Horburgplatz 92 Ein neues Quartier entsteht 94 Vom Kommen und Gehen
istenz Rosenau
das Grau
114 Herausforderung für das Basler Baugewerbe 116 Umweltverträglichkeits- ugrubenabschlüsse und Bohrpfähle 128 Bergmännischer Tunnelbau 132 Ereignismanagement 42 Gleisbau in allen Variationen 144 Strassenbautechnik ‹Boulevard› 146 Betriebs- und litätsplanung 152 Grundkonzept Boulevard 154 Bäume im öffentlichen Raum me 160 Umgang mit Verkehrsrestflächen 162 Komplexe Verhältnisse unter dem Vogesenplatz ung 170 Werkberichte 172 Chronologie Nordtangente 174 Buch.Macher.innen
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Vorworte Bundesrat Moritz Leuenberger
— Eidgenössisches Departe-
ment für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation
Eine fa s t s chon n achh a lt ige Au t ob a hn Als ich in Basel zur Schule ging, war der Unterschied zwischen Kleinbasel und Grossbasel der grösste aller möglichen Kulturunterschiede im Kosmos, grösser noch als der zwischen Basel und Zürich oder dem ‹grossen Kanton› im Norden. Der Lällekönig, der Kleinbasel stets die Zunge herausstreckte, und der Vogel Gryff, der Grossbasel konsequent nur das Hinterteil zeigte, waren Kult. Nur der FC Basel konnte uns im Geist vereinen. Heute leben wir in einem neuen Jahrtausend. Die beiden Stadtteile sind zusammengerückt, Lällekönig und Vogel Gryff nur noch Folklore. Ein wichtiger Motor dieser neuen Harmonie war – man glaubt es kaum – ein Stück Autobahn. Was die Menschen an anderen Orten sonst eher trennt, hat hier ein neues, rheinübergreifendes Quartier mit hoher Lebensqualität geschaffen: Basel Nord. Zwischen dem Bahnhof St. Johann und dem Badischen Bahnhof, wo sich früher Blechlawinen zwischen den Häusern hindurchwälzten, gibt es heute gute Luft, attraktiven Wohnraum, Baumalleen, Fussgängerboulevards, Freizeithallen und Grünflächen mit einer hohen Artenvielfalt. Natürlich ist der Bund ein wenig stolz darauf, dass er durch die Mitfinanzierung der Nordtangente an diesem städtebaulichen Quantensprung beteiligt war. Aber dennoch gebührt das eigentliche Lob dem Kanton Basel-Stadt. Schon während des Baus wurden Teams ausgezeichnet, welche die Anwohner am besten vor Lärm und Gestank geschützt haben. Damit haben die Verantwortlichen gezeigt, dass Strassenbau und Rücksichtnahme kein Gegensatz sein müssen. Mit dem Projekt ‹Kunsttangente› haben die Verantwortlichen der nüchternen unterirdischen Verbindung schon früh ein verspieltes städtebauliches Gesicht gegeben. Diesen nachhaltigen Weg geht der Regierungsrat mit der konsequenten Aufwertung eines urbanen Lebens- und Arbeitsraumes seither weiter. Durch die Beteiligung am öffentlichen Verkehr trägt der Bund dazu bei, dass auch die Mobilität im Quartier nachhaltiger wird. Das vorliegende Buch verleiht Basel Nord auch ein literarisches Gesicht und bildet somit eine weitere Brücke zwischen Grossund Kleinbasel.
Regierungsrat Hans-Peter Wessels
— Bau- und
Verkehrsdepartement des Kantons Basel-Stadt
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Die Nordtangente als Stadtautobahn repräsentiert ein beträchtliches Stück modernes Basel. Die neue, doppelstöckige Dreirosenbrücke, 2004 in Betrieb genommen, ist gar ein neues Wahrzeichen unserer Stadt. Gleichzeitig ist sie auch das ‹Aushängeschild› dieser Stadtautobahn, deren Stammlinie vom Riehenring bis kurz vor dem Autobahnzoll nach Frankreich aus Rücksicht auf unsere Stadt unterirdisch verläuft. Zwei Volksabstimmungen waren notwendig, bis am 1. September 1994 mit dem Bau dieses politisch heiss umstrittenen Grossprojektes auf Kleinbasler Seite (Horburg) begonnen werden konnte. Eugen Keller, von 1976 bis 1992 Vorsteher des Baudepartementes, erklärt dazu: «Ich musste mich immer wieder beharrlich gegen Verhinderungsinitiativen und Budgetkürzungen zur Wehr setzen. Man wollte nicht wahrhaben, dass eine Nordtangente die betroffenen Quartiere vom Durchgangsverkehr entlasten werde, dass die Wohnqualität signifikant verbessert wird. Heute darf ich mit grosser Genugtuung feststellen, dass die versprochenen Veränderungen zu 100 Prozent eingetreten sind.» Der Nachfolger Christoph Stutz, von 1992 bis 1997 Baudirektor, bestätigt das: Die Akzeptanz in politischen Kreisen wie auch bei Teilen der Bevölkerung für den Bau der Nordtangente als «letztes Teilstück der Stadtautobahn» habe gefehlt. Christoph Stutz: «Darum war es mein Ziel, das während Jahrzehnten geplante Projekt aus der Planungsphase in die Realisierung zu überführen.» Und weiter: «Dies erforderte eine tragfähige Mehrheit in der Regierung, schwierige Beratungen und viel Überzeugungsarbeit – sowohl im Grossen Rat wie auch bei der Bevölkerung in den beiden betroffenen Quartieren Horburg und St. Johann.» Barbara Schneider, Baudirektorin von 1997 bis 2009: «Nach dem definitiven Entscheid für die Variante Dreirosen-Tief setzte ich mich ohne Abstriche für eine unterbruchslose Bauzeit, die konsequente Durchsetzung der versprochenen Entlastung für die Wohnquartiere und die quartiergerechte Gestaltung der Stadtstrassen und -plätze ein.» Und weiter: «Das Horburg- und das St. Johann-Quartier sollten nach dem Bau der Nordtangente sicht-
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Dr. Roger Reinauer — Kantonsingenieur Fritz Schumacher — Kantonsbaumeister
und erlebbar aufgewertet werden und für die Bevölkerung, das Gewerbe und die Industrie als attraktive Quartiere in Basel Nord gelten.» Als Vorsteher des Bau- und Verkehrsdepartementes seit Februar 2009 erlebe ich nun die Auswirkungen dieser Stadtautobahn. Wie Verkehrszählungen im Jahre 2008 ergeben haben, hat sich der Verkehr auf der Nordtangentenautobahn als Hauptverkehrsachse – mit der vollen Inbetriebnahme – gegenüber dem Jahre 2004 mehr als verdoppelt, auf der Dreirosenbrücke auf knapp 50’000 Fahrzeuge pro Tag. Gleichzeitig hat der Verkehr auf der Lokalstrassenebene der Dreirosenbrücke um drei Viertel des früheren Volumens abgenommen und beläuft sich noch auf rund 22’500 Fahrzeuge. Das Ziel einer Kanalisierung des Verkehrs auf die Nordtangente ist damit voll erreicht worden. Selbstverständlich löst die Nordtangente nicht alle Verkehrsprobleme. Das von politischer Seite gegenüber der betroffenen Bevölkerung während der 15-jährigen Bauzeit immer wieder abgegebene Versprechen, in Basel Nord werde dank der Nordtangente die Wohn- und Lebensqualität stark verbessert, ist aber erfüllt worden. Die täglichen Blechlawinen in der Volta- und Horburgstrasse gehören der Vergangenheit an. Entscheidend zum guten Gelingen der Nordtangente beigetragen haben die flankierenden Massnahmen. Es ist gelungen, zeitgerecht und parallel zum Nordtangentenbau auch die Strassen und Plätze auf Allmend umzubauen und zusammen mit privaten Investoren verschiedene Hochbauten zu verwirklichen – mit Hunderten von neuen Wohnungen und viel Gewerbefläche. Der neue Vogesenplatz vor dem Bahnhof St. Johann wird zur Drehscheibe des öffentlichen Verkehrs. Was bleibt, ist zu danken – mit den Worten von Barbara Schneider: «Dieser Bevölkerung gebührt Respekt und Dank für die jahrelange Geduld und Nachsicht mit den grossen Unannehmlichkeiten, die die Grossbaustelle der Nordtangente mit sich gebracht hat.» Auch mein Dank gilt der Bevölkerung – aber auch allen am guten Gelingen dieses Grossprojektes Beteiligten. Viel Vergnügen bei der Lektüre unseres Buches!
Da s Z iel is t erreicht w orden Grossprojekte wie die Nationalstrasse Nordtangente mit einer Linienführung in Tunnels und über Brücken, der Umgestaltung von Strassen und Plätzen sowie der Erstellung von Hochbauten privater Investoren in ganzen Stadtteilen verlangen sorgfältigste Planung. Sie setzen visionäre Kraft, Weitsicht, Risikobereitschaft, Durchhaltewillen und Flexibilität voraus. Eine erhebliche Robustheit und schliesslich auch Mut waren notwendig, um suboptimale Lösungen in der Planungs- und Ausführungsphase im Interesse des Ganzen nochmals zu verbessern. Ursprünglich als Hochleistungsstrasse in Hochlage geplant, wurde erkannt, dass eine zeitgemässe Stadtautobahn für die berührten Quartiere nur als Tunnelausführung städtebaulich akzeptabel und für die betroffene Quartierbevölkerung zumutbar ist. Die Idee einer Art ‹Schwebebahn› mit den darunterliegenden Unorten wurde glücklicherweise bald verworfen. Auch im Bereich Sicherheit und Technik, wo es wegen der tragischen Unfälle im Montblanc-Tunnel und in der Gotthardröhre während des Baus neue, strengere Vorschriften des Bundes gab, war Anpassungsbereitschaft gefragt. Im Laufe der Jahre ist die Erkenntnis gewachsen, dass es bei einer Stadtautobahn wie der Nordtangente nicht nur um die Umsetzung des Konzepts ‹Kanalisierung des Verkehrs auf Hochleistungsstrassen› und verkehrsmässige Kapazitätserweiterung gehen kann. Vielmehr müssen Technik, flankierende Massnahmen und die Anliegen der Bevölkerung unter einen Hut gebracht werden. Dies bedingt ein uneingeschränktes, vorbehaltloses Zusammenarbeiten aller Beteiligten – der Planenden, Projektierenden und Ausführenden. Neben dem Fachwissen auf Verwaltungs- und Planungsebene brauchte es letztlich auch leistungsfähige Firmen, welche die anforderungsreichen Aufträge erfüllen konnten. Die Hartnäckigkeit und Geradlinigkeit beim Bau der Autobahnund Stadtstrassenebene haben sich gelohnt: Das Ziel einer Verkehrskanalisierung auf der Nordtangentenautobahn und einer markanten Aufwertung der Wohn- und Lebensqualität ist erreicht worden.
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Roger Ehret — Redaktionsleiter ‹Einsichten› andré frauchiger — Redaktionsleiter ‹Technik›
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hofstra sse en Titel dieses Buches darf man durchaus wörtlich nehhtc e a Ru hl men: Es führt in einer Wanderung über die Nordtangente i è r e Sc – in zwei Teilen und aus unterschiedlichsten Perspektitven. Nicht nur oberirdisch und unter Tage, sondern auch aus den Blickwinkeln von Anwohnerinnen und Ingenieuren, Tunnelbauern und Journalistinnen, Architekten und Archäologinnen, Stadtplanern und Kulturschaffenden. Flu gh Der erste Teil ‹Einsichten› wandert den Wegmarken der Nordafe ns tr tangente entlang von der französischen Grenze über die Dreia rosenbrücke bis zum Wiesenkreisel. Die Texte und Bilder dieses Spaziergangs dokumentieren, wie sich Orte, Strassen und Gebäude verändert haben und ganze Quartiere neu entstanden sind, wie die Menschen mit diesen Veränderungen umgehen und welche Spuren der Bau der Nordtangente hinterlassen hat. rs se Zehn Journalistinnen und Journalisten waren vor Ort, habent r a s ras -St se - B r. nk e ring W Gespräche geführt und kritisch nachgefragt; zwei Fotografen rner Luze haben ihre Eindrücke mit der Kamera festgehalten. Diese Berichte halten positive und gelungene Entwicklungen ebenso fest Hauingen Rümmingen Lachenstr. se as r . wie Nachdenkliches und Kritisches. r t es Rosenau rst Binzen Eimeldingen Se Haagen n ng ofe pt gh Bu er Der zweite Teil ‹Technik› behandelt die Planungs- und Baugeldi st a r. W schichte der Nordtangente. Fachleute der beteiligten techni- M Märkt ich elb Ötlingen Neuweg ach schen, ingenieurwissenschaftlichen und gestalterischen DisziHaltingen ers Lörrach tra s Village-Neuf se plinen beschreiben die Herausforderungen bei der Realisierung Zie st ge r. l des Bauwerks und ihre Lösungen und geben Einblick in die Enter Weil am Rhein n h e eim Inzlingen wicklungen, welche diese Stadtautobahn in Basel Nord ausgeHuningue Heg ers tras se B löst hat. u Fe l s Saint-Louis rg plat f e l Riehen ten Hésingue stra Veränderungen, wie sie die Nordtangente gebracht hat, sind de R o g in sse gen rbur ihren Gesamtauswirkungen immer umstritten. Dies soll auch gstr. Ha Hégenheim ge Basel nBettingen in diesem Buch zum Ausdruck kommen. Was bleibt, ist die str Allschwil as t se Erfahrung, dass es nicht nur möglich war, auch in einem komBirsfelden alerstr plexen direktdemokratischen Staatswesen ein Grossprojekt zu as se Binningen verwirklichen, sondern dass im Interesse der betroffenen MenB l o t z - h e i m e r s t r. Muttenz H K schen in der Ausführungsphase noch Vieles optimiert werden ege Bottmingen w em n h e Pratteln Münchenstein e i m e eg bser s as r t konnte. So gesehen ist die Nordtangente auch in dieser Hinsicht r s str mer . zhei Blot zukunftsweisend. Oberwil erstr
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«Im hässlichen Niemandsl and da hinten bei der Grenze» Wer von der französischen Autobahn A35 her auf die Nordtangente fährt, sieht von Basel zunächst bloss die Schlachthofbrücke, die beiden rotweiss markierten Kamine der Kehrichtverbrennungsanlage und vielleicht den roten Kubus des Casinos – und schon geht es hinunter in den ersten Tunnel der Nordtangente, dieser Stadtautobahn, die streng genommen anders heissen müsste.
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—Roger Ehret—
ei einem Gespräch über die Geschichte der Nordtangente wird die Schlachthofbrücke erwähnt. Wo liegt sie? Jemand zeigt mit der Hand Richtung Flughafen und meint: «Im hässlichen Niemandsland da hinten bei der Grenze». Tatsächlich gehört die Gegend bei der Schlachthofbrücke – übrigens das erste Bauwerk der Nordtangente, in Betrieb genommen bereits 1997 – nicht gerade zu den romantischsten im Stadtkanton. Dort, wo bis 1994 der Sportplatz Friedmatt lag, ein idyllisches Rasenfeld mit drei grossen Kastanien und einem kleinen Clublokal, dominieren heute Strassen und Brücken, Beton und Asphalt. Aber es gibt auch Menschen, die solche städtischen Randzonen irgendwie mögen. «Hässlich» – ähnlich wie beim Rheinhafen ist der Begriff auch hier Ansichts- oder besser: Aussichtssache. Wer sich im Dreieck zwischen Flughafenstrasse, Schlachthofbrücke und Neudorfstrasse tatsächlich einmal umsieht, stösst dort eher überraschend auf einen kleinen Weiher und entdeckt auf einer Strasse weisse Kreuze, die zweifellos etwas mit der Landesgrenze zu tun haben. Kunst, die zum Nachdenken über Grenzen anregt, indem sie in der Realität sichtbar macht, was sonst nur auf Schweizer Landeskarten zu sehen ist? Nein, die Zeichen haben keinen spielerischen, sondern einen sehr ernsten Hintergrund. Sie sollen verhindern, dass noch einmal eine Basler Polizeipatrouille im Einsatz auf französisches Hoheitsgebiet gelangt. So wie damals in einer Augustnacht 2001, als Basler Polizisten nicht weit von der Schlachthofbrücke entfernt, in der Nähe der Burgfelder Grenze, einen flüchtigen Mann erschossen, den sie bis über die Staatsgrenze hinaus verfolgt hatten. Einige der weissen Kreuze, die nach diesem tragischen Vorfall aufgemalt wurden, haben ihre klaren Konturen inzwischen bereits verloren – immerhin verkehren hier viele grosse und schwere Fahrzeuge. Entsprechend stark ist manchmal auch der Lärm. Wer genug von ihm hat, findet auf der anderen Seite der Flughafenstrasse eine Grünfläche, die überraschend viel Ruhe bietet: den öffentlich zugänglichen Park der Universitären Psychiatrischen Kliniken UPK mit alten Bäumen, Teichen und einem kleinen Café. Dies alles liegt nur wenige Meter von der Nordtangente entfernt, die eigentlich gar keine Tangente ist – eine Tangente berührt
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einen Kreis bloss. Eine Gerade, die das Rund schneidet, bezeichnet man in der Geometrie dagegen als Sekante. Die Stadtautobahn müsste also Nordsekante heissen. Denn sie führt auch durch Wohngebiete, berührt also die Stadt nicht nur am äussersten Rand, sondern geht durch sie hindurch, wenn auch unterirdisch, in zwei langen Tunnels. Der unterirdische Verlauf war übrigens nicht von Anfang an geplant, aus technischen und finanziellen Gründen dachten die Fachleute längere Zeit an eine oberirdische, ‹aufgeständerte› Bauweise. Doch politisch war die einschneidende Tangente nur in Tieflage zu haben.
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R andexistenz Rosenau An den Rändern der Städte ist häufig das Ungewohnte, Ungeliebte, Unfertige angesiedelt: Schlachthöfe, Notwohnungen, Zwischenlagerungen. Aber es ist auch Platz für kreative und offene Wohn- und Lebensformen, wie das Beispiel der ‹Villa Rosenau› zeigt.
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Die Sozialsiedlung Rosenau circa 1947 Am Rande der Stadt: die Rosenau 2009
—Dominique Spirgi—
nwohner, die sich von den rasend schnellen und nicht eben leisen Beats der Punkbands und vom Treiben des jungen Publikums gestört fühlen könnten, sind weit und breit keine zu erblicken. In der ‹Villa Rosenau› an der äussersten Nordwestecke der Stadt und des Landes kann eine Punkparty also ohne Störung der Nachbarschaft über die Bühne gehen. Im Begriff ‹Villa› dürfte in diesem Fall ein gutes Stück Ironie stecken. Denn der Flecken Land könnte als Sinnbild schlechthin für einen Unort stehen: Eingeschlossen in einem Dreieck mit dem wuchtigen Schlachthof, dem wie ein überdimensionaler roter Klotz schimmernden Grand Casino samt Airport-Hotel und der Autobahn mit Zollanlage liegt ein zweigeschossiges Haus, umgeben von Gemüsebeeten, verwildertem Grün und einem leicht verwahrlosten Kiesvorplatz. Die graue Holzfassade ist, wo sie nicht von Efeuranken bewachsen ist, übersät mit Graffiti, mit Parolen wie «Freiheit für alle Gefangenen» und diversen Bildern. Die ‹Villa Rosenau› ist der Überrest der ehemaligen Sozialsiedlung ‹In der Rosenau›. Die in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts erstellten rund 50 Notwohnungen mussten 1995 der Nordtangente weichen; nur eines der langgezogenen zweigeschossigen Häuser mit Satteldach wurde stehen gelassen: als Zwischennutzung für den Grenztierarzt, das Baubüro und als Präsentationsraum für das Autobahnprojekt. Am 2. September 2004 wurde dieses Haus – übrigens bereits aus dem Grundbuch gestrichen und somit offiziell inexistent – von Aktivistinnen aus der linksautonomen Bewegung Basels besetzt. Zehn bis fünfzehn Menschen wohnen laut der Selbstbeschreibung auf http://villarosenau. blogspot.de in der ‹Villa›, die aber als eine Art autonomes Kulturzentrum auch Besuchern offensteht. Ein bis zwei Mal pro Monat finden entweder auf dem Vorplatz oder im Gemeinschaftsraum Konzerte statt, Filme werden gezeigt und politische Widerstandsaktionen zum Beispiel gegen das World Economic Forum WEF in Davos geplant – die ‹Wochenzeitung› nannte die ‹Villa Rosenau› eine «Bastion des Lebendigen». Ende September 2009 wurde der fünfte Jahrestag der Besetzung gefeiert. Dies war überhaupt nur möglich, weil das Haus seit Sommer 2008 nicht
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mehr eigentlich besetzt ist, sondern mit Duldung der öffentlichen Hand genutzt wird. Ende Juni, als die Besetzer auf die angekündigte polizeiliche Räumung warteten, flatterte ein Brief des Basler Regierungsrates in ihren elektronischen Briefkasten: «Der Regierungsrat duldet bis auf Weiteres Ihren Verbleib in der Villa Rosenau.» Die damals bereits erfüllte Bedingung war, dass die Rechnungen für Strom und Wasser bezahlt werden. Die ‹Villa Rosenau› bleibt somit neben Casino und Schlachthof vorläufig das Erste, was die Menschen, die im Auto oder Lastwagen von Frankreich her nach Basel fahren, sehen, bevor sie der Nordtangentenuntergrund verschluckt. Wie es nun mit dem Gelände am Rand der Stadt weitergeht, ist noch nicht ganz klar. Das Haus sollte ursprünglich einer Ersatzgrünfläche weichen, die aufgrund des Baus der Nordtangente rechtlich nötig wurde. Jetzt wird geprüft, ob die Grünanlage um die ‹Villa Rosenau› herumgebettet werden könnte. Ein linksautonomes Wohn- und Kulturzentrum mitten in einer gepflegten Parkanlage? Unorte, wo immer man sie findet, haben zumindest einen gemeinsamen Nenner: Sie sprengen den gewohnten Rahmen.
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Eine Au voller Rosen? eh. «So bald der Tag beginnt zu grauen, beleuchten sich die Rosenauen», schrieb der deutsche Barockdichter Johann von Besser einmal. Wo immer er seine Inspiration fand – sicher nicht im Nordwesten Basels. Einen Fluss gab es dort nie und somit auch keine Auen. Man mag finden, die Verantwortlichen, die der Sozialsiedlung am Stadtrand zu einem romantisch-schönen Namen verhalfen, seien ein bisschen weit gegangen. Dabei waren sie doch ganz in der Nähe fündig geworden. Nur sieben Kilometer von der Neudorfstrasse entfernt liegt am Rhein eine elsässische Gemeinde, die ihren Namen auf Seerosen und die Flussinsel «Rosenowe» zurückführt: Rosenau.
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Elegante Verbindungen zum Untergrund An der Neudorfstrasse stehen mehrere grosse Gebäude aus Beton ohne Fenster. Da fallen zwei kleine Häuschen, die zwar ebenfalls aus Beton bestehen, aber auch aus viel Glas, natürlich sofort auf. Doch man muss nicht unbedingt an den Stadtrand spazieren, um diese sorgfältig und elegant gestalteten Kleingebäude anzuschauen. Es gibt – verteilt auf die gesamte Strecke der Nordtangente bis hinüber ins Kleinbasel – gleich mehrere davon.
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—Roger Ehret—
s ist noch nicht lange her, da hätte man um die Gestaltung von Notausstiegen einer Stadtautobahn wohl kaum viel Aufhebens gemacht, sondern wäre nach dem Motto «Hauptsache, sie erfüllen ihren Zweck und halten bis in alle Ewigkeit» vorgegangen. Nach diesem Prinzip wurden in den 60er- und 70er-Jahren in der Schweiz ebenso wie in anderen Ländern Autobahn- und Eisenbahnbrücken, Fussgängerunterführungen und Parkhäuser gebaut, die aus heutiger Sicht eher massiv geraten sind und manchmal fast an Bunkerbauten erinnern. Im Fall der Notausgänge der Basler Nordtangente ging es zunächst um pragmatische Aspekte. «Die Ausstiege dienen in erster Linie dazu, im Ereignisfall Menschen aus der Gefahrenzone hinauszubringen», sagt Peter Altherr, Leiter Nationalstrassen im Basler Tiefbauamt. «Sollte sich in den Röhren der Nordtangente ein Unfall ereignen, könnten Menschen den Tunnel durch die leicht zu öffnenden Türen, die im Abstand von rund 300 Metern angebracht sind, verlassen und nach oben entkommen. Im Treppenhaus herrscht ein leichter Überdruck, so dass kein Rauch eindringen kann.» Doch der Gesamtprojektleiter der Nordtangente, von Haus aus Bauingenieur, ist keineswegs ohne Sinn für gestalterische Fragen: «Die Häuschen, die eine Verbindung von den Tunnels zur Oberfläche herstellen, sehen gut aus, die Ästhetik ist gut geraten», findet er. Tatsächlich: Nicht nur am Stadtrand, inmitten von Industriebauten, sehen die Häuschen gut aus, sondern auch dort, wo sie neben Wohnhäusern oder auf Plätzen stehen, wie etwa an der Horburgstrasse. Der Weg bis zur heutigen Lösung war lange. Ursprünglich waren die Notausstiege nur als Treppenhäuser ohne Überdachung und ohne Überdruck vorgesehen, und so wurden sie auch ausgeführt. Doch dann gab es Probleme mit Abfällen, die auf die Treppen geworfen wurden. «Einmal lag in einem der Ausgänge sogar ein Einkaufswagen aus einem Supermarkt und blockierte die Türe, so dass die Sicherheit nicht mehr gewährleistet war», erinnert sich Thomas Grieder, Projektleiter Stadtstrassen Nordtangente im Bau- und Verkehrsdepartement des Kantons Basel-Stadt. «Da wurde uns klar, dass Überdachungen hermussten.» In der Folge kam es zu einer intensiven und letztlich auch erfolgreichen Zusammenarbeit von
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Fachleuten aus verschiedenen Abteilungen der Kantonalen Verwaltung und externen Experten. Die Nordtangente verfügt über 25 Notausstiege. Acht davon sind in Brückenköpfen, Rampen und Widerlagergebäuden eingebaut, zwei weitere in den Überbauungen VoltaMitte und VoltaZentrum; ein Ausgang mündet in den Pavillon der Dreirosenanlage, und auch der geplante Pavillon auf der Voltamatte soll einen Ausstieg aufnehmen. Die restlichen 13 Ausstiege stehen frei und sind heute überdacht. Der Ausstieg beim Gebäude VoltaWest wurde architektonisch in dessen Gesamtkonzept integriert; bei den andern zwölf kam eine Systemlösung zum Zug, welche von der ‹element gmbh› entworfen wurde, einem Team von Gestaltern im Bereich Architektur, Innenarchitektur und Ausstellungsgestaltung in Basel. Deren Konzept führte zu einer einheitlichen Gestaltung aller Ausstiege, ermöglichte jedoch auch kleine Anpassungen an den jeweiligen Standorten an der Nord- und der Osttangente. Im November 2005 formulierte der Designer Roger Aeschbach einen Kerngedanken des Entwurfs: «Ein Betonband überdeckt den bestehenden Treppenabgang und bildet die Rückwand, das Dach und die Stütze. Die Materialisierung in Sichtbeton stellt eine selbstverständliche Verbindung zu der Autobahn im Untergrund her.» Ergänzt wurden die Gebäude nach ihrer Fertigstellung noch durch ‹Rucksäcke›, welche in den meisten Fällen die Aggregate enthalten, die den Überdruck in den Treppenhäusern sicherstellen. Diese Elemente waren eine Folge der Brandunfälle im Gotthard-, Montblanc- und Tauerntunnel, bei denen 1999 und 2001 über 60 Menschen ums Leben kamen. Die bauliche Anpassung der Ausstiege der Nordtangente an die neuen Sicherheitsnormen erfolgte 2008. Für die Gestaltung war wiederum die ‹element gmbh› verantwortlich. Dieses Team hat übrigens noch weitere Objekte entworfen, die im öffentlichen Raum der Stadt zu sehen sind: Baumschutzrabatten und -systeme aus Stahl, die bei der Bevölkerung gut ankommen, oder auch die neuen Kulturplakatträger der Allgemeinen Plakatgesellschaft.
Gestaltete Funktionalität aus Beton und Glas Notausstieg Neudorfstrasse Notausstieg Riehenring
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Gründerzeit am Bahnhof St. Johann Beim Bahnhof St. Johann am neuen Vogesenplatz überkreuzen sich die Verkehrswege und Verkehrsepochen. Der Güterbahnhof von 1902 dient in Zukunft nur noch minimal dem Schienenverkehr und wird zu einem Begegnungszentrum mit Raum für Jungunternehmer umgebaut. Während der Motorfahrzeugverkehr unterirdisch und über das LuzernerringViadukt rollt, wird am Vogesenplatz der städtische Schienennahverkehr mit dem SBB-Netz verknüpft.
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Alter Raum für neue Nutzungen
—Christof Wamister—
er Bahnhof St. Johann strahlt einen ganz eigenen, nüchternen Charme aus und steht in attraktivem Kontrast zu den Neubauten VoltaWest und VoltaZentrum. Das Gebäude von 1902, ein schmuckloser, dreiteiliger Baukörper, war nie etwas anderes als ein Güterbahnhof, was auch durch die lange Reihe von Lagerschuppen deutlich wird. Heute hätte er das Zeug zum Personenbahnhof, doch das ist wegen der Distanz zu den Personenzugsgeleisen nicht möglich. St. Johann ist für SBB Cargo immer noch ein ‹Bedienpunkt›: Güterwagen für die Bahnkunden, die im St. Johann ansässigen Unternehmen mit Anschlussgeleisen, werden mehrmals täglich zugestellt und wieder abgeholt. Das Bahnhofsgebäude beherbergt heute vor allem noch die Stromversorgung für das dortige Stellwerk. «Ich habe mich immer mehr begeistert für diesen Ort.» Das sagt Olivier Wyss, Projektleiter für die Umnutzung des Güterbahnhofs St. Johann. Der Prozess begann 2006: Die SBB als Eigentümerin, das Basler Baudepartement und die bei der Christoph Merian Stiftung domizilierte Jacqueline Spengler Stiftung begannen sich Gedanken über die Zukunft dieses Bahnhofsgebäudes zu machen. Noch ein Kultur- oder Musikzentrum? Olivier Wyss, angehender Betriebsökonom, wurde beauftragt, die Idee zu prüfen – und kam zu einem negativen Befund. «Es braucht keinen weiteren Ort, der von einer Gruppe von Leuten in Beschlag genommen wird, die dann einfach dableiben.» Was es aber braucht, sind Räume für Jungunternehmerinnen und -unternehmer aus der Kreativszene (Mode, Gestaltung), ein sogenanntes Gründerzentrum. Dafür ist laut Wyss der Bahnhof mit seinen grosszügigen Räumen nach einer sanften Renovation hervorragend geeignet. In der Stadt gebe es schon jede Menge von solchen Kleinunternehmen, betrieben von jungen Leuten, die sich daneben mit einem Brotjob über Wasser halten. Und jedes Jahr verlassen 400 Absolventen die Hochschule für Gestaltung – die dann zum grossen Teil nach Zürich gehen, weil sie in Basel kein Betätigungsfeld finden. Ihnen soll geholfen werden. Der zu diesem Zweck gegründete Verein Stellwerk mietet die Räumlichkeiten von den SBB für 20 Jahre. Im Mai 2010 soll es losgehen.
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Unterstützt werden die Jungunternehmer vor allem mit einer Subventionierung des Mietzinses, der nach den Vorstellungen von Wyss gestaffelt wird. Die Neuen erhalten am meisten Subventionen; wer schon länger da ist und langsam kommerziellen Erfolg hat, dem wird der Mietzins schrittweise auf ein marktübliches Niveau erhöht, so dass er mit der Zeit einen Wechsel ins Auge fassen wird. Ergänzt wird das Angebot durch einen Shop, wo die Produkte der Junggestalter am Ort gekauft werden können. Kombiniert mit dem Shop wird ein Bistro eingerichtet: ein Bahnhofbuffet, wo es nie eines gegeben hat. Das wird dem neuen Vogesenplatz zweifellos guttun. Ein türkisches Bad und ein Yoga- oder Tanzstudio werden das Angebot im Bahnhofsgebäude abrunden. Wie wird das Publikum für dieses Zentrum im Bahnhof St. Johann aussehen? Olivier Wyss, der selber im St. Johann gewohnt hat, ist überzeugt, dass das Quartier auch nach Fertigstellung der Neubauten durchmischt sein wird. Es gebe viele Spekulationen rund um dieses Thema, auch Befürchtungen. Aber die Aufwertung werde nicht zu einem völligen Umbruch führen. «Es entsteht hier ein neuer Trendort, der aber seine St. Johann-Quartiermerkmale behalten wird.» S chnit t punk t der V erk ehrs wege Beim Güterbahnhof St. Johann überkreuzen sich auf merkwürdige Weise die Verkehrsarten und -epochen. Von der Nordtangente ist nichts zu sehen, nur die Sprünge und Risse im Treppenhaus des alten Bahnhofsgebäudes erinnern an die massiven Erschütterungen, welche die Bausubstanz des Quartiers während den Bauarbeiten aushalten musste. Am westlichen Ende der Vogesenstrasse, am neuen Vogesenplatz, lässt sich die Verkehrsgeschichte der letzten 150 Jahre ablesen. Die Vogesenstrasse wurde ab 1872 angelegt und bebaut. Es handelte sich um nichts anderes als das alte Trassee der Elsässerbahn, deren Bahnhof bis 1860 an der Spitalstrasse stand. Nach seiner Verlegung in den Centralbahnhof vor dem Elisabethenbollwerk führte die Linie der Elsässerbahn via das neu erbaute Viadukt, den Steinenring, den Spalenring und die Kannenfeldstrasse. Diese Linienführung mit Niveauübergängen befriedigte aber auf Dauer nicht. Zu Ende des 19. Jahrhunderts entschied man sich für die Tieferlegung der Bahnlinie ins Elsass und baute sie dort neu, wo sie heute noch liegt: parallel zum Morgartenring und in einem Tunnel unter der Strassburgerallee zum Bahnareal St. Johann. In diesem Zusammenhang entstand auch der 1902 eröffnete Güterbahnhof St. Jo- Das Sankt Johann alias Santihans eh. Der Bahnhof St. Johann hat viele Namensverwandte im Quartier: den hann. Entlang der Grenze war ein neues Industrieareal gewachsen, das St. Johanns-Ring, die Johanniterbrücke oder auch das St. Johanns-Tor. für zunehmenden Güterumschlag sorgte. Die Schweizerischen CentralSie alle verdanken ihren Namen dem Ritterorden der Johanniter, der im bahnen, die einen Tag nach der Eröffnung des Bahnhofs St. Johann in die Mittelalter auch in Basel eine Niederlassung, eine sogenannte KomSBB übergingen, hatten sich aus betrieblich-technischen Gründen dage- mende, hatte: das Johanniterhaus, das in der Nähe des heutigen St. gen gewehrt, im St. Johann einen Personenbahnhof einzurichten. Johanns-Tors stand. Bis hier reichte das alte Stadtquartier St. Johann, «Unten Autos, oben Leben»: Über die Proportionen im heutigen Verkehr das in Basel ‹Santihans› genannt wurde. Dieser Name übertrug sich darf man sich keinen Illusionen hingeben. In der Schweiz beträgt das später auch auf die neuen Quartierteile; heute ist er nur noch selten zu Verhältnis zwischen privatem Strassenverkehr und öffentlichem Verkehr, hören. Die meisten sprechen und schreiben lieber vom ‹Sankt Johann›.
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der sogenannte Modal Split, in Personenkilometern gemessen 77 zu 23 Prozent. Mit anderen Worten: Der öffentliche Verkehr erbringt weniger als ein Viertel der Verkehrsleistung. Basel-Stadt steht mit 37 Prozent immerhin um einiges besser da. Aber im grenzüberschreitenden Verkehr nähert man sich schnell wieder dem Verhältnis drei zu eins. Die totale Untertunnelung der Nordtangente verdeckt letztlich die wahren Gewichtungen. Der vor seiner Umnutzung stehende Güterbahnhof St. Johann und der seit 1997 bestehende Personenbahnhof gleichen Namens lassen sie dagegen erahnen. Ein moderner Geisterbahnhof im Niemandsland, mit einem schwierig zu lesenden Fahrplan. Im Jahr 2009 steigen hier nicht mehr als 300 Personen pro Tag ein und aus. Und das über das Bahnareal führende Luzernerring-Viadukt, das seit 1900 anstelle einer Unterführung geplant war, aber erst 1965 gebaut wurde, wird auch in Zukunft die städtebauliche Situation prägen und den Strassenverkehr vom neuen Vogesenplatz fernhalten. Interessanterweise führt die Luzernerring-Achse nicht in gerader Linie auf den Voltaplatz zu, sondern auf die Hüningerstrasse, die heute ihr Ende im Novartis-Areal findet. Diese merkwürdige Krümmung gehe auf einen Planungsfehler aus der Zeit vor 1900 zurück, schreibt Hans Adolf Vögelin in seiner Chronik der «Entwicklung des Äusseren St. Johann-Quartiers» (146. Basler Neujahrsblatt, 1968). Doch abgesehen davon soll alles anders und besser werden. Die Tramhaltestelle vor dem St. Johann-Bahnhof markiert, wo der neue Schwerpunkt liegt. Die Tramlinie 1 führt jetzt nicht mehr durch die Gasstrasse, sondern erschliesst das neue Wohngebiet VoltaWest und rund um den Vogesenplatz. Und die neue Linie 21 verbindet seit diesem Jahr den Badischen Bahnhof mit dem Bahnhof St. Johann. Hier ist der öffentliche Verkehr mehr als nur ein Feigenblatt. Die Berufspendler werden dank einem erneuerten und mit einem Lift ausgestatteten Treppenturm vom Bahnhofsplatz aus bequemer und direkter von den Zügen in die Trams kommen und umgekehrt. Dadurch werden die Fahrzeiten ins St. Johann-Quartier und ins untere Kleinbasel künftig kürzer sein, als wenn man am Centralbahnplatz ins Tram steigen würde, heisst es bei den SBB. Man hofft deshalb auf höhere Frequenzen, vor allem wenn mit dem Ausbau des Novartis Campus noch mehr Arbeitsplätze geschaffen werden.
Bereit für Pendlerströme
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Das alte Bierdepot und seine neuen Bewohner Eine Behindertenorganisation mit Spürsinn: Schon ein Jahr vor der Fertigstellung des Vogesenplatzes installierte sie im ehemaligen Salmen-Restaurant eine Förderstätte mit Kulturzentrum.
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— Christof Wamister —
as Eckhaus Vogesenstrasse/Entenweidstrasse muss jedem Liebhaber des Jugendstils sofort auffallen. Der geschweifte Giebel wird von zwei orientalisch wirkenden Türmchen flankiert. Im Erker über dem Eingang sind zwei Wappen eingemeisselt: links der Baslerstab, rechts die Sterne von Rheinfelden. Auf der Mauer an der Entenweidstrasse findet sich ein kurioses Gemälde des Liestaler Malers Otto Plattner, das Aufschluss gibt über die frühere Funktion des Hauses: Ein riesiger Lachs, gehalten von einem Fischer, speit schäumendes Bier in einen dargereichten Humpen. Es handelt sich um das 1901 errichtete Bierdepot mit Restaurant der heute nicht mehr bestehenden Brauerei Salmen. Architekt war Karl Moser, Schöpfer bedeutender Jugendstilbauten in der Stadt, des Badischen Bahnhofs und der Antoniuskirche. Seit dem Oktober 2008 hat der Verein Gesellschaft zur Förderung geistig Behinderter (GFG), der in Zukunft ‹abilia – begleiten wohnen leben› heissen wird, in diesem pittoresken Haus die ‹Förderstätte und Kulturzentrum Vogesen› eingerichtet. Pedro Soares, Leiter des Tagesheims, ist stolz darauf, dass er diesen Standort selber entdeckt und vorgeschlagen hat. In den hell renovierten Räumen beschäftigen sich heute Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung mit Malen, Kunsthandwerk und weiteren Ausdrucksformen. In einer kleinen Galerie mit Shop kann man die Erzeugnisse betrachten und auch kaufen. Die Standortwahl ist nicht zufällig, denn der Verein hat zwei seiner Wohnhäuser in den Basler Norden verlegt: an die Amerbachstrasse im Kleinbasel und auf den 1. Oktober in das neue Wohnhaus VoltaWest gleich gegenüber. Pedro Soares freut sich auf einen fussgänger- und behindertenfreundlichen Platz mit neuer Baumbepflanzung, der leicht erreichbar ist. Denn die Vogesenstrasse und die Entenweidstrasse werden zu Sackgassen. Der direkte Anschluss an das öffentliche Verkehrsmittel ist für behinderte Menschen wichtig; immerhin 20 Prozent der Bewohner kommen mit dem Tram. Dies liegt ganz auf der Linie der GFG: Die Behinderten sollen befähigt werden, ihr Leben selbstständiger zu leben und sich im Alltag zurechtzufinden.
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Beschäftigungsangebote in der neuen Förderstätte Der Lachs an der Hausmauer
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Ein Musterquartier vergangener und aktueller Modernität Gasstrasse – und Fabrik-, Volta-, Watt-, Kohlen-, Licht-, Kraftstrasse. Die Strassennamen des unteren St. Johann sind ein Echo der Zeit, als das Quartier entstand. Die industrielle Revolution des 19. Jahrhunderts hat es so sehr geprägt, dass sie sogar dessen Vorgeschichte in Beschlag nimmt. ‹Basel-Gasfabrik› heisst die wichtigste archäologische Fundstätte in Nordwestbasel, ein über 2100 Jahre alter keltischer Handelsplatz. Dies versteht, wer die jüngsten 150 Jahre des Basler ‹Westends› kennt.
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—André Salvisberg—
och Mitte des 19. Jahrhunderts war das Gelände nördlich der Grossbasler Stadtmauern ein Unort. Die vom Rhein geformten, eher unfruchtbaren Kiesterrassen dienten vor allem dem Weidgang von Hausvieh und dem Verscharren von Tierkadavern. Die Gegend hatte viel von einer Wildnis an sich; noch aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert wird berichtet, dass sich Wolfsrudel in strengen Wintern bis nahe an die Stadt gewagt hätten. Menschen hielten sich hier nicht auf. Die Nähe des Elsass ist an den vielen Strassennamen abzulesen, die auf französische Nachbarorte hinweisen. Dass allerdings das ferne Lothringen (mit Lothringer- und Metzerstrasse) vorkommt, erklärt sich aus den politischen Bedingungen um 1900, als viele dieser Strassennamen vergeben wurden. Das ‹Reichsland Elsass-Lothringen› gehörte damals und bis 1918 zu Deutschland, als Teil der Eroberungen aus dem deutsch-französischen Krieg von 1870/71. Zur Keimzelle des neuen Quartiers wurde der 1844 eröffnete erste Basler Bahnhof auf dem Schällemätteli-Areal. Östlich des Bahntrassees Basel– St-Louis (heute die Vogesenstrasse) prägten von Anfang an Verkehr und Industrie das noch unbebaute untere St. Johann, wo grosse Parzellen für grosse Anlagen zur Verfügung standen. 1860 nahmen die Gasfabrik, auf deren Gelände 1911 die Keltensiedlung entdeckt werden sollte, und die erste chemische Fabrik den Betrieb auf. Dank Eisenbahn und Rhein profitierte die Industrie von einem idealen Verkehrsanschluss und während Jahrzehnten von einer einfachen Abwässer- und Abfallentsorgung stromabwärts. Ab 1897 erschloss der Tramverkehr das Quartier mit Endstationen in St-Louis (bis 1961) und Hüningen (bis 1957), auch der erste Basler Rheinhafen entstand 1904 im St. Johann. Tram und Eisenbahn zwangen wegen der möglichst gleichmässigen Streckenführung zu massiven Geländebewegungen, wodurch die Geländeterrassen und Erhebungen (wie
Ecke Mülhauserstrasse/Lothringerstrasse Der Gemüsemann aus dem Elsass Der St. Johanns-Park, eine beliebte Grünfläche
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beispielsweise der Lysbüchel) stark oder ganz eingeebnet wurden. Bevor die erste Dreirosenbrücke 1934 gebaut wurde, war die Schlachthausfähre für den Verkehr enorm wichtig: Sie transportierte zum Beispiel 1920 über eine halbe Million Passagiere. Je weiter die Quartiererschliessung voranschritt, desto ökonomischer wurde die Parzellierung: Die Strassengevierte erhielten die quartiertypische Blockrandbebauung, bei der sich die Häuser um einen Innenhof anordnen. Bis in die 1940er-Jahre waren fast alle Freiflächen geschlossen und im unteren St. Johann ein Industrie- und Arbeiterquartier mit Grossanlagen nördlich der Voltastrasse sowie stadteinwärts liegenden Wohnbauten entstanden. Die Innenhöfe waren oft mit Gewerbebauten, manchmal auch mit weiteren Mietwohnungen in Hinterhäusern zugestellt; Familienmietwohnungen verfügten in der Regel über nur zwei bis drei Zimmer, die Toiletten befanden sich auf der Zwischenetage, ein Bad fehlte. (In Ermangelung dessen ging man in die öffentlichen Brausebäder, deren letztes erst 1983 schloss.) Immerhin, je näher die Wohnungen am alten Stadtkern lagen, desto höher war ihr Ausbaustandard. Die industrielle Revolution war eine aggressive Zeit: In den Fabriken trieben Kohlefeuer die Kraftmaschinen an, die den Menschen ihren Arbeitsrhythmus aufzwangen. Künstliches Licht aus Gaslaternen vertrieb die Nacht. Ampere, Watt und Volt wiesen den Weg weit in die Zukunft und als Strassennamen durch die Stadt. Doch der Zeitgeschmack verlangte nach Bauten, die historische Stile nachahmten. So sah beispielsweise die 1870 eröffnete Schlachtanstalt im heutigen St. Johanns-Park wie ein direkter Abkömmling des mittelalterlichen St. Johanns-Tors aus. Hinter der Beschaulichkeit solcher Fassaden verbarg sich ein rigoroser Wandel, der die Menschen oft überforderte. ‹Neurasthenie› (heute würde man von ‹Burn-out› sprechen) wurde massenhaft diagnostiziert. Die Arbeit der Welt, so schien es, würde hauptsächlich von Nervenkanken verrichtet. Es hatte eine innere Logik, dass 1886 die Psychiatrie des Bürgerspitals ins westliche obere St. Johann – in Sichtweite der Fabriken – verlegt wurde. Dort war die Bautätigkeit allerdings noch während Jahrzehnten gering. Erst spät im 20. Jahrhundert entstand im Gegensatz zum verdichteten Industrie-, Zuwanderer- und Arbeiterquartier des unteren St. Johann ein beschaulicher Stadtteil mit Reihen-Einfamilienhäusern, breiten Strassen und viel Grün. Das Quartier zeigt diverse Gesichter: oberes und unteres St. Johann, Stadtnähe und Grenznähe, gründerzeitlicher Backsteindekor und wenig gefällige Investorenarchitektur des 20. Jahrhunderts. Ende des 20. Jahrhunderts wurde entlang und nördlich der Voltastrasse eine radikale Modernisierung unter den Vorzeichen höchster Mobilität und globaler Wirtschaftsvernetzung begonnen. Die aktuellen Neu- und Umbauten bestätigen den fundamentalen Quartiercharakter. Das St. Johann besteht seit jeher aus auffälliger Verschiedenartigkeit und Wandel.
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«Hier machen wir keine Stückelei» Beim Bahnhof St. Johann ist über der Nordtangente ein ganzes Stadtgebiet neu entstanden: Wo einst Lagerhallen und heruntergekommene Mietshäuser ihr Dasein fristeten, fällt heute der Blick auf zwei moderne Wohn- und Geschäftshäuser, auf neue Strassen, eine Grünanlage und einen zentralen Platz samt Tramhaltestelle. Was ist da entstanden? Was löst das noch aus? Fragen an den Zürcher Architekturkritiker Benedikt Loderer, der sich das neue Bahnhofgebiet gegen Ende der Bauphase genau angesehen hat.
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—Anita Vonmont—
ie Besichtigung beginnt im Lothringer-Kreisel, wo alle Neubauten über dem Nordtangentenabschnitt ‹St. Johann› zusammenkommen. Die westliche Voltastrasse flankierend lenken VoltaWest und VoltaZentrum den Blick zum Bahnhof. Auf der anderen Seite, gegen den Voltaplatz, wächst VoltaMitte in die Höhe. Durch den Kreisel fahren ein paar Autos. Herr Loderer, wir stehen nun fast direkt über der Nordtangente. Merken Sie etwas davon? Nein, ich habe mich schon vorher gefragt, wo sie ist. Da war früher ja eine riesige Baustelle, man sah den Strassenverlauf schon von weitem. Jetzt ist die Orientierung schwierig geworden. Mit den Häusern ringsum ergibt sich ein ganz anderes Bild. Was für ein Bild sehen Sie denn, wenn Sie sich umblicken? Ich sehe viel Fragmentarisches. Direkt vor uns haben wir den Neubau VoltaWest, der auch vom Material her eine hanseatische Strenge ausstrahlt. Dann folgt im Uhrzeigersinn ein zurückversetztes Haus aus der Zwischenkriegszeit mit einer provisorisch wirkenden Tankstelle davor. Eine Strasse weiter haben wir die Baustelle von VoltaMitte. Danach folgen wieder alte Überbauungen, mit Eingriffen aus der Hochkonjunktur. Nochmals eine Strasse weiter steht ein abgerundeter Bau wohl aus den 30er-Jahren, dann folgt die Luzernerring-Rampe und gleich daneben steht nochmals ein Neubau, das noch eingerüstete VoltaZentrum. – Einmal drehen im Kreisel, und wir haben die ganze Stadtentwicklung der letzten 70 Jahre beisammen! Eine rege Bautätigkeit prägt diese Gegend ganz offensichtlich schon lange. Doch jetzt geht es erstmals um Quartierentwicklung. Spricht Sie das aufgewertete Bahnhofgebiet an? Was hier entsteht, ist durchaus attraktiv. Allerdings weiss ich noch nicht recht, ob mir die Umgebung, das äussere St. Johann, zusagt. Ich bin zum Beispiel auf Anhieb auf keine Beiz gestossen, in die es mich gerade hineingezogen hätte. Doch das kann sich noch ändern. Warten wir erst mal zehn Jahre ab.
Und losgelöst von der Umgebung: Würden Sie im VoltaZentrum einziehen, in ein so zentral gelegenes Gebäude mit Strassen ringsum? Ich als diplomierter Stadthocker würde hier einziehen, warum auch nicht. Die Strassen stören mich nicht. Die gehören zur Stadt. Wo liegt die Qualität dieses Baus der jungen Architekten Buchner Bründler? Er schafft guten Wohnraum in einer schwierigen Umgebung. Schwierig ist schon das Grundstück, ein Dreieck. Das ergibt in den Wohnungen gegen den Bahnhof zu sehr tiefe Grundrisse, mit weit auseinanderliegenden Hausfassaden. Die hohe Ausnutzung schränkt die Architekten weiter ein. Trotzdem sind die Wohnungen von einem Zuschnitt, der die ‹upward moving people› ansprechen könnte, die hier nun gefragt sind, seien das Forscher vom Novartis Campus oder andere junge Aufsteiger, die vielleicht auch nur drei Jahre hier leben und wieder weiterziehen. Die Wohnungen haben jeweils einen Anteil auf die Strasse und einen Anteil auf einen Innenhof, und auch die Z-Grundrisse – die Versetzung innerhalb der Wohnung – gefallen mir, soweit ich sie von den Wettbewerbsunterlagen her noch im Kopf habe. Alle ProVolta-Bauten sind relativ stark auf Novartis-Campus-Forschende ausgerichtet. Birgt dies nicht die Gefahr, dass hier eine Art Novartis-Wohncampus entsteht – schön, aber auch uniform, mit wenig Bezug zur Stadt? Das denke ich nicht. So gross sind die neuen Überbauungen nicht, dass sie zu einem Quartier im Kleinen würden, welches kaum noch etwas mit der Umgebung zu tun hätte. Und in den Neubauten ziehen ja nicht nur mobile Forscher ein, sondern auch Leute aus anderen Berufen, Familien oder in den unteren Geschossen Gewerbetreibende und Dienstleister. VoltaWest von Degelo Architekten ist als einziger der drei Neubauten ohne Architekturwettbewerb entstanden.Fällt er architektonisch ab? Nein, finde ich nicht. Dieser Bau deklariert unmissverständlich: «Ich bin ein grossstädtisches Gebäude. Jetzt fangen wir beim Bahnhof im St. Johann-Quartier neu an und stellen ein entsprechendes Gebäude hin. Wir geben zu, dass das eine Grossüberbauung ist, und machen
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Architektur vom Feinsten: VoltaWest und VoltaZentrum
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keine künstliche Stückelei.» Ich finde den Bau überraschend gut. Sein Trick sind die drei übereinanderliegenden Kurven, welche die zurückversetzten Attikageschosse bilden. Ihre Staffelung und ihr Zusammenfliessen gegen den Lothringerplatz hin – darin liegt das gewisse Etwas. Der Bau erinnert mich an die Backsteinbauten von Fritz Schumacher. Fritz Schumacher – aber nicht der Kantonsbaumeister von Basel? Nein, Fritz Schumacher, der frühere Stadtbaumeister von Hamburg. Er baute dort in der Zeit von etwa 1900 bis 1930 überall Häuser mit Klinkerfassaden. Das Basler Klinkerhaus hat auf der Hofseite eine öffentliche Grünanlage. Wie wirkt die auf Sie? Gross! Das ist nicht nur ein Gärtchen mit Bänkchen und Rabättchen. Hier kann man atmen. Für das dicht bebaute St. Johann sicher eine Bereicherung. Am Voge senpl at z VoltaWest und VoltaZentrum, die Voltastrasse und die SaintLouis-Strasse sind so angelegt, dass vor dem Hauptgebäude des Bahnhofs St. Johann ein Platz entsteht. Dieser von Westpol Landschaftsarchitekten gestaltete Ort ist geprägt durch ein Wasserspiel, Bäume und Sitzgelegenheiten, aber auch durch Verkehrsinfrastruktur: eine Tramhaltestelle, eine unterirdische Velostation oder Treppen beim LuzernerringViadukt. Der Vogesenplatz soll zum neuen urbanen Zentrum im Norden von Basel werden. Wird er mit seiner Lage und Gestaltung diesem Anspruch gerecht? Von der Lage her, direkt bei einem Bahnhof, hat er dazu ideale Voraussetzungen. Doch müssen an diesem Bahnhof massiv mehr Personenzüge ankommen und abfahren als heute! Ich wäre gern mit dem Zug vom SBB- zum St. Johann-Bahnhof gefahren. Am Ende habe ich aber das Tram genommen, weil es pro Stunde gerade mal eine S-Bahn gab ... Ebenfalls entscheidend ist, dass im Erdgeschoss der umliegenden Gebäude Betriebe einziehen, die viel Publikumsverkehr generieren. Also keine Informatikbude mit Angestellten, die den ganzen Tag vor dem Computer sitzen, das belebt einen Platz nicht. Aber eine Kulturbeiz oder ein Hamam schon? Solche Einrichtungen sind im Bahnhofhauptgebäude geplant. Das wird umgenutzt ... Benedikt Loderer läuft unvermittelt weg, fasziniert von einem Baudetail: Schauen Sie mal. Hier im freigelegten Fundament des Bahnhofbaus sieht man lauter grosse Gesteinsbrocken – Bruchstein. Darüber kommt dann später wieder massiver Granit. Man meint, das halte für die Ewigkeit, dabei steht es sozusagen auf tönernen Füssen!
Vielleicht ist das symbolisch für die künftige Nutzung des Bahnhofs: Junge Kreative, die sich im Beruf noch nicht fest etabliert haben, sollen hier arbeiten. Wie wichtig sind die in der aufgewerteten Stadt? Die sind natürlich wichtig. Denn sie können Nutzungen anbieten, die nicht gleichermassen rentieren müssen wie jene in den Neubauten. Die Schweizer Bahnhöfe haben ja den Vorteil, dass sie über hundertjährig sind und dem Bund gehören. Die Bauten sind also schon abbezahlt. Das gibt den Leuten hier Freiraum, Neues auszuprobieren, und gerade das macht einen Ort ja auch spannend. Sie möchten den Bahnhof also stehen lassen – trotz seiner tönernen Füsse? Ich möchte das Hauptgebäude stehen lassen. Doch den langgezogenen Holzschuppen daneben – den würde ich abreissen und durch einen Neubau ersetzen, gleich hoch wie die beiden anderen Neubauten hier. So liesse sich hier nochmals ein Akzent setzen. Und es würde klar, wo die Voltastrasse eigentlich hinführt. Jetzt hört diese breite Strasse einfach irgendwo an einer Holzwand auf. Könnte nicht auch der Vogesenplatz grosszügiger konzipiert sein? Er wirkt etwas eng, und das Luzernerring-Viadukt verstellt einem die Sicht. Ein Platz braucht nicht unbedingt weit und gross zu sein, um als solcher zu funktionieren. Es gibt keine Idealform für einen gelungenen Platz, aber viele Idealvorstellungen: Wir erinnern uns an Italien – als wir abends um sieben auf dem Corso waren, an belebten Plätzen vorbeiflanierten – und wir blenden aus, dass die gleichen Plätze nachmittags um drei leer sind. Projizieren wir keine falschen Bilder auf unsere Plätze, schauen wir einfach mal, was passiert! Zum Luzernerring-Viadukt: Die verstellte Sicht stört mich nicht. Ein Problem dünkt mich eher, dass wir hier eigentlich zwei Plätze haben. Die Diagonale des Viadukts trennt die eine, bewusst gestaltete Seite vor dem Bahnhof ziemlich radikal ab von der anderen, weiter südlich gelegenen Seite, die einfach so ‹geworden› ist. Es ist nicht klar, ob der Platz nun bis zum Viadukt geht oder noch weiter. Das könnte sich ändern: Südlich des Viadukts planen die SBB neue Hochbauten. Nehmen wir an, das neue St. Johann wächst weiter: Welche Chancen und Risiken sehen Sie fürs Quartier? Die hängen eng mit der Wirtschaftslage zusammen. Wenn die Krise anhält, ist das Risiko grösser, dass es schlechten Städtebau gibt. In diesem Fall sind die Investoren am Drücker und ziehen sich einfach zurück, wenn Ihnen eine Auflage nicht passt. In wirtschaftlich günstigen Zeiten wollen alle investieren, und die Chance ist grösser, dass die Stadt durchdachte Gesamtlösungen durchsetzen kann. Blicken wir noch auf einen Ort, wo von Gesamtlösung nichts zu spüren ist.
V olta st r a sse Ost Dr eirosen brück e Hor burgst r a sse Er l enm at t W iesenk r eisel
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Auf dem Indus t rie a re a l nord we s t lich de s B a hnhof s Das Areal mit einem bunten Durcheinander an Geleisen, Schöpfen, Hallen und Werkstattgebäuden liegt zwischen der SBBPersonenzugslinie nach Frankreich, der Schlachthof- und der Elsässerstrasse. Im Süden grenzt es an die Saint-Louis-Strasse und alte Wohnblöcke hinter VoltaWest. Rund die Hälfte des Bodens gehört den SBB und ihren Baurechtnehmern, der Rest Coop-Immobilien und der Brenntag AG. Könnte das neue St. Johann dereinst bis hierher vorstossen und zu einem boomenden Gebiet wie ‹Zürich West› werden? Wenn vorne der Bahnhof als ‹Pendlerpumpe› funktioniert und ringsum die Bodenpreise steigen, kann es schon sein, dass sich die SBB hier irgendwann einmal überlegen, Geld zu verdienen statt Gütergeleise zu betreiben. Doch zurzeit sieht es hier noch sehr betriebsam aus. Das ist ein wesentlicher Unterschied zu ‹Zürich West›. Jenes Gebiet konnte sich in den letzten 30 Jahren nur so stark verändern, weil die dortige Maschinenindustrie sich aufgelöst hatte und grosse Industrieflächen frei wurden. Bevor im Industriegebiet St. Johann dagegen Neues entstehen kann, müssen Firmen wegziehen, und da sehe ich auch räumlich gewisse Grenzen: Auf und neben diesem Areal haben wir die chemische Industrie, und dass die von Basel wegzieht, hofft vermutlich niemand! Basel stösst überall an Grenzen. Auch die (landes)grenzübergreifende Planung – wichtig für Basel Nord – hat desillusionierend viele Hürden. Wie prioritär sollen wir die heute einstufen? Die Stadt Basel hat wirklich Leidensdruck, die andern nicht. Die Nachbarn können abwarten oder sind von Deutschland oder Frankreich her gesehen Randgebiete. Basel kriegt keine Luft mehr, aber rundherum kann man immer noch recht gut atmen. Anders herum: Die Prioritäten der Stadt sind nicht die der Nachbarn. Die Hürden sind also nur auf den ersten Blick administrativ, näher besehen entpuppen sie sich als Interessenkonflikte. Das merkt man immer dann, wenn’s ums Geld geht. Nur die Lippenbekenntnisse sind gratis.
Der ‹Stadtwanderer› vo. Benedikt Loderer, geboren 1945 in Bern, bildete sich an der ETH Zürich zum Architekten aus. Als ‹Stadtwanderer› wurde er durch seine Kolumnen im ‹TagesAnzeiger› bekannt. Unter dem gleichen Namen schreibt er heute in der Zeitschrift für Architektur und Design ‹Hochparterre›, die er 1988 gründete und lange leitete. Daneben ist er auch anderweitig publizistisch tätig. Loderer ist Träger des Zürcher Journalistenpreises. Er lebt und arbeitet in Zürich.