Claudius Pompe Exposé Vorabzug

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1. Zusammenhang

Problem:

Der Wohnungsmarkt in Deutschlands Großstädten hat sich im letzten Jahrzehnt stark angespannt. Wo der Quadratmeterpreis für Miete 2012 noch bei 6,65€/m² lag, wird heute durchschnittlich 14,93 gezahlt, Tendenz weiter steigend 1 . Das ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, betrifft jedoch vor allem Geringverdiener, junge Menschen und Zugezogene, die einen immer größer werdenden Anteil ihres Einkommens monatlich für das Grundbedürfnis Wohnen blechen müssen. Viele nehmen hin, dass für eigene wenige thermisch unsanierte Quadratmeter Wohnraum jeden Tag über zwei Stunden gependelt werden muss. Zeit, die stattdessen für Freunden, Familie und Hobbies genutzt werden könnte. Die Wohnungskrise ist eine Krise der Lebensqualität, die tief in die Gesellschaft hineinschneidet und alle Lebensbereiche beeinflusst. Eine Erfahrung, die ich selbst auch machen musste.

Bemühungen der Politik und Wirtschaft, dem im großen Stil entgegenzuwirken, sind bisher weitgehend fehlgeschlagen. Jahr um Jahr werden Ziele im Sozialwohnungsbau weit verfehlt. Fachkräftemangel, steigende Boden- und Ressourcenpreise und bürokratische Hürden machen Neubauten für die Wirtschaft nur lukrativ, wenn mit einem hohem Quadratmetermietpreis gerechnet werden kann.

Zeitgleich verändert sich die Welt der Büroarbeit momentan enorm. Vor allem seit der Coronapandemie haben viele Büroarbeitenden die Vorzüge des Homeoffice für sich entdeckt. Die große Mehrheit bevorzugt die Arbeit von zu Hause und nennt u.a. Gründe wie: kein pendeln, komfortables Umfeld, Nähe zur Familie und Kosteneinsparungen. Mittlerweile verbringen daher viele die Mehrheit ihrer Arbeitstage zu Hause statt im Büro, wo viele Plätze nahezu dauerhaft unbesetzt sind. 2 Das ist sowohl finanziell als auch ökologisch unsinnig, da für Bau, Betrieb und Instanthaltung hohe Ressourcen aufgewendet werden. Arbeitgebende sind dennoch zögerlich mit dem Downsizing, da in wenigen Ausnahmefällen die gesamte Belegschaft anwesend sein muss.

In einer Zeit, in der jeder Neubau klimabedingt kritisch hinterfragt werden muss 3, ist die Ineffizienz der Situation unverkennbar. Die hohe Nachfrage an Wohnraum und der Leerstand von Büroflächen sind wie zwei Puzzleteile, die fast ineinanderpassen.

1 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/535119/umfrage/mietpreise-auf-dem-wohnungsmarkt-in-berlin/

2 https://www.focus.de/finanzen/news/rueckkehr-ins-buero-jeder-dritte-schreibtisch-weltweit-bleibt-einfachleer_id_202712179.html

3 https://www.quarks.de/umwelt/darum-brauchen-wir-eine-bauwende/

Konzept:

Die Idee der Thesis ist, dass mit dem richtigen, zukunftsfähigen Arbeitskonzept und einer dazu passenden Architektur Büroflächen künftig einen wesentlich kleineren Anteil der Gebäudeflächen einnehmen und damit Flächen für Wohnnutzung freiwerden können. Dabei soll der Trend hin zum Homeoffice als Chance gesehen werden, um eine Entwicklung zu schaffen, aus der Angestellte, Arbeitgebende und die Gesellschaft profitieren.

Speziell soll ein Coworking-Konzept entwickelt werden, das auf die Bedürfnisse mittlerer und größerer Unternehmen zugeschnitten ist, bei denen der Großteil der Belegschaft die meiste Zeit im Homeoffice verbringt. Es soll über Büro-, Freizeit- und Unterkunftsflächen verfügen und programmatisch und architektonisch auf Minimierung von Leerstand getrimmt sein.

Standort:

Aus Konzept- und Nachhaltigkeitsgründen eignet sich ein gerastertes Bestands-Bürogebäude in zentraler Lage insbesondere als Standort. Außerordentlich geeignet erscheint der moderne Büroturm des Europacenters in Berlin-Charlottenburg, in direkter Umgebung des Breitscheidplatzes und der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Er ist Teil eines größeren Komplexes mit, u.a. einem Einkaufszentrum, und ist mit 21 Etagen, 103m Höhe und 13.000m² Fläche ein Hochhaus mittlerer Größe. Eine besondere Herausforderung besteht darin, dass der gesamte Komplex heute unter Denkmalschutz steht. 4

Zu seiner Fertigstellung in den frühen 1960er Jahren war es zwischenzeitlich das höchste Gebäude Berlins und war als zweites Bürohochhaus Deutschlands nach amerikanischem Stil ein hochmoderner Vorreiter einer neuen Arbeitswelt Im historischen Kontext von Kriegszerstörung und Blockkonflikt war er architekturgewordenes Hoffnungssymbol des Lebenswillens Westberlins und fungierte bald darauf als Vorbild weiterer ähnlicher Objekte in Deutschland – eine Rolle, die sich das Thesisprojekt aneignen möchte

Zusätzliche Relevanz hat der Ort zuletzt durch Pläne erhalten, in seiner direkten Nähe einen 300m hohen Büroneubau zu errichten, der den Commerzbank Tower in Frankfurt in den Schatten stellen soll. 5 Ein Ort, der reif für einen Gegenentwurf ist.

2. Ziel & Leitfragen:

Ziel:

Das Ziel der Thesis ist, zunächst ein gutes Verständnis zu folgenden Themen zu entwickeln:

- Hintergründe zur Wohnungsknappheit allgemein und Berlin speziell

- Stand und Trends in der Welt von Homeofficearbeit, Remote-Work, Coworking & Office-Sharing und deren Effekte auf die Arbeitswelt

- Bedürfnisse und Bedenken von Arbeitgebern und -nehmern dazu

- Geschichte des Europacenters

4 https://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/ueber-den-bezirk/gebaeude-und-anlagen/geschaeftshaeuser/artikel.158764.php

5 https://www.tagesspiegel.de/berlin/bezirke/eigentumer-plant-300-meter-turm-auf-dem-grundstuck-des-europa-centers-soll-berlins-grosstes-hochhaus-entstehen-9515732.html

Auf diesen Kenntnissen soll ein Entwurf für den Umbau entstehen, der folgende Punkte beinhaltet:

- Coworkingkonzept, welches Trends berücksichtigt, Leerstand minimiert, Downsizing von Unternehmen ermöglicht und positive Effekte auf Gesellschaft hat

- Raumprogramm, welches den Bedürfnissen aller Parteien gerecht wird.

- Minimalinvasiver Umbau des Bestands unter Berücksichtigung der Bausubstanz und Nachhaltigkeitsaspekten

Leitfragen:

I. Was sind die Hintergründe der Wohnmietpreissteigerungen Berlins, insbesondere in den letzten zehn Jahren?

II. Wie hat sich die Welt der Büroarbeit in Hinblick auf Remote-Work seit der Coronapandemie verändert?

III. Welche Effekte haben diese Trends und wie werden Sie von verschiedenen Beteiligten wahrgenommen?

IV. Was sind Trends und der Stand im Bereich von Coworking und Office-Sharing?

V. Welche Effekte haben Coworkingspaces auf ihre Umgebung?

VI. Wie kann ein Konzept aussehen, das möglichst positive Effekte auf Gesellschaft und Umgebung hat?

VII. Wie kann Leerstand in einem Coworkingspace möglichst minimiert werden?

VIII. Wie kann standortgerecht und nachhaltig in den Bestand des Europacenters eingegriffen werden?

3. Methodik & Gliederung:

Recherche:

I. Wohnungsnot und seine Hintergründe

II. Homeoffice: Stand, Entwicklung, Wahrnehmung und Vorbehalte

III. Coworking: Stand, Entwicklung, Effekte und Vorbehalte

IV. Europacenter: Analyse von Bestand, Geschichte und Möglichkeiten

Entwurf:

I. Konzeptentwicklung:

- auf Bedürfnisse zugeschnitten

- ermöglicht Downsizing

- leerstandminimiert

- Analyse von Effekten

II. Umbau:

- Maßstab 1:1000 – 1:20

- Grundrisse, Schnitte, Ansichten

- Minimalinvasiv, Denkmalschutz berücksichtigt

- Energetische Sanierung berücksichtigt

4. Zeitplan:

Rücksprache Christof Ernst ggf. Rücksprache Felix Wellnitz; Umgang Bestand

KW Zeitraum Teil Inhalt

0 R Planbeschaffung

1 30.09.2024 - 06.10.2024 R Hintergründe Wohnungsnot

2 07.10.2024 - 13.10.2024 R Homeoffice: Trends & Wahrnehmung

3 14.10.2024 - 20.10.2024 R "

4 21.10.2024 - 27.10.2024 R Coworking: Trends & Effekte

5 28.10.2024 - 03.11.2024 R "

6 04.11.2024 - 10.11.2024 R Europacenter: Analyse, Besichtigung, städtebauliches Modell

7 11.11.2024 - 17.11.2024 R "

8 18.11.2024 - 24.11.2024 E Konzeptentwicklung

9 25.11.2024 - 01.12.2024 E "

10 02.12.2024 - 08.12.2024 E Vorentwurf, 1:1000 - 1:200 Pläne

11 09.12.2024 - 15.12.2024 E "

12 16.12.2024 - 22.12.2024 E "

13 23.12.2024 - 29.12.2024 E Planung, 1:50, Regelgeschoss rot-gelb

14 30.12.2024 - 05.01.2025 E "

15 06.01.2025 - 12.01.2025 E Fassadenschnitt 1:20, rot-gelb

16 13.01.2025 - 19.01.2025 E "

17 20.01.2025 - 26.01.2025 E Überarbeitung, Darstellung, ggf. Einsatzmodell

18 27.01.2025 - 02.02.2025 E "

19 03.02.2025 - 09.02.2025 E "

5. Literatur:

Voigtländer, Michael. Luxusgut Wohnen: warum unsere Städte immer teurer werden und was jetzt zu tun ist. Wiesbaden: Springer, 2019.

Adelmann von A., Quirin von; König, Stefan (1974-). Das neue Büro nach Covid-19: Immobilien, Homeoffice und Metaverse als neue Realität. Wiesbaden: Springer Gabler, 2022.

Krüger, Madlen Anna. Flexibilisierung von Arbeitswelten in der digitalen Transformation und der Covid-19Pandemie: eine konfigurationstheoretische Analyse der funktionalen Umsetzung von Homeoffice. Wiesbaden: Springer Gabler, 2023.

Mittag, Luisa. Coworking und Coworking Spaces im Wandel durch Covid19. Wiesbaden: Springer Vieweg, 2023.

Hanke-Förster, Ursula. Berlin, Galerie Europa, Europacenter (1969). Berlin: Petau. Mäckler, Christoph; Schäche, Wolfgang: Breitscheidplatz: Verträglichkeitsstudie zum Platz und seiner Umgebung. Berlin, 1998.

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