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KOLUMNE

Spielende für Spiele ohne Mitspielende haben, eigentlich keinen echten Einfluss auf den Verlauf nehmen zu können. Oder mit Sadisten – aber das macht keiStelzners KOLUMNE Foto: Verena Meier

oder Spielende für Spiele ohne Spielende!

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Manchmal spielt das Leben einem aber auch so richtig in die digitalen Solitärkarten! Ich sitze auch dem Sofa, spiele dieses Online-Kartenspiel, welches früher bei uns noch Ommis-Kartenspiel und eben Patience hieß, damals, als man die Regeln für echte Spiele noch von echten Vorfahren vermittelt bekam und als die Karten noch aus echtem Papier und nach zwei Wochen Großeltern-Kartenspiel-Trainigslager auch komplett runtergerockt waren, und das Telefon klingelt, also das Handy, mit dem ich gerade das Spiel spiele! Und ich denke: „Verdammt! Nur noch diese Runde!“ Aber es scheint wichtig zu sein, denn es klingelt noch mal und noch mal … und ... Bis ich mich endlich von meiner Zockerei lösen kann und ran gehe. Und wer ist dran? Der Franz! Und der Franz fragt: „Wie siehts aus? Krieg ich noch ´ne Kolumne?“ „ Wie? ´Ne Kolumne, wann?“ „Na, jetzt!“ „Thema?“ „Spielen!“ Na ja, und ich sitze im Wohnzimmer in Timmerlah, nicht allein, sondern umgeben von 3/5 meiner direkten Familienangehörigen und alle spielen, aber keiner mit mir - jeder für sich! Was für ein grausiger Anblick! Dafür ist Spielen doch nicht erfunden worden! Spielen, das soll doch, das muss doch, das war doch immer ein gemeinschaftliches Erlebnis! Dafür hab ich doch Kinder gezeugt, damit ich immer wen zum Spielen habe und jetzt dieses Szenario! Soll denn alles umsonst gewesen sein? Ich antworte nur: „Geht klar!“ , beende das Telefonat, schmeiße mein Handy auf das Sofakissen und rufe in die Runde: „Jemand Lust auf „Mensch ärgere dich nicht!“? Selbstredend springen nicht sofort alle Familienmitglieder auf und rufen begeistert: „Tolle Idee! Würfeln bis der Tennisarm schwillt und die Sehnenscheide quietscht!“ Nein, bei „Mensch ärgere dich nicht!“ nicht! „Mensch ärgere dich nicht!“ kann man auch nur mit Menschen spielen, die sich tatsächlich nicht wirklich ärgern oder die sogar etwas masochistisch veranlagt sind, die Spaß an der Verzweiflung nen Spaß! Also mir nicht!

Ich will Kampf ohne Krampf, Fight ohne Leid, Vergnügen und Verzweiflung... aber Spaß muss es machen (allen). Ich will, wenn die letzte Figur zum dritten Mal in Folge kurz vor dem Ziel rausgekanntet wird, in die lächelnden Augen meines Gegners sehen und sagen: „Egal, nochamal! Play it again!“ Und das geht mit meiner Tochter! Und die war sofort zur Stelle! Nur, diese Tochter ist für das normale Leben und für das normale Spielen nicht zu haben. Leicht extremistisch veranlagt spielt sie mit mir „Mensch ärgere dich nicht!“ nur in der Hard-Core-Variante! Das bedeutet: die Rückseite! Und jeder drei Farben! Sprich: jeder 12 Figuren und ein verschärftes Reglement - mit Blockade, mit Rückwärtsschlagen und mit Schlagzwang und weil ja jeder drei Teams spielt, gilt das auch für die eigenen Figuren! Also kann der Gegner selbstverständlich noch mehr Freude haben, wenn man selbst derjenige ist, der seine eigene Figur kurz vor dem Ziel noch raushauen muss! Dafür braucht man Zeit, viel Zeit! Denn schon das erste Würfeln, kann sich zuweilen, falls beide bei 18 Würfen keine 6 würfeln, ein bisschen hinziehen! Und das ist nur der Start. Das Ende darf man gar nicht im Auge haben. Das liegt in so weiter Ferne, dass alle Planungen für den Tag, die Nacht, die nächste Woche eigentlich erledigt sind. Der gute Franz bekam die Kolumne dann auch erst im nächsten Monat. Und mein Handy habe ich auch nur noch benutzt, um den Spielstand abzulichten, falls einer von uns für irgendwelche Nebentätigkeiten mal den Raum verlassen musste. Aber trotz Arbeit und Studium haben wir es doch - nach knapp drei Wochen - zu Ende gespielt bekommen! Das ist Spielen in Vollendung! So geht das! Spielen ohne Spielende - einfach weil‘s Spaß macht! Probiert‘s mal aus! Getreu dem Motto: Das Würfeln soll gefallen! Und die Zeit dafür, die spart man sich locker zusammen, wenn man das elende vereinsamende Online-Gezocke einfach mal für ne Weile bleiben lässt! In diesem Sinne: Lasst die Spiele beginnen!

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