Bilderreise durch die Mysterienreligionen

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Bilderreise durch die Mysterienreligionen Von Ursula Kampmann, © MoneyMuseum Ähnlich wie heute, wo die offiziellen Kirchen immer mehr Mitglieder verlieren und esoterische oder christliche Sekten steten Zulauf finden, war es auch zur Zeit des Römischen Reiches: Viele Menschen nämlich – von alters her gewohnt, in inniger Beziehung mit ihrer Götterwelt zu leben – waren von der römischen Religion enttäuscht und wandten sich zunehmend den Mysterienkulten zu. Erst in ihnen fanden sie den Halt und die Verbundenheit, nach denen sie sich sehnten. Der Einfluss dieser Kulte aufs Christentum ist unverkennbar – und doch symbolisieren sie eine ganz andere und eigene Welt ...

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Wie erfährt man Gott?

Gnadenstuhl. Medaille des Hans Reinhart, 1544

Zu allen Zeiten hatten Menschen den Drang, die Nähe des Göttlichen erfahrbar zu machen. Wenn sich heute Christen zum Gottesdienst versammeln und im Ritual Sterben und Auferstehen Christi nachvollziehen, stehen sie in der Tradition der antiken Mysterienreligionen. Nur dem Getauften, dem Eingeweihten, ist die Teilnahme erlaubt. Nur dem, der sich mit der Lehre beschäftigt hat, ist das Ritual verständlich. Würde ein Aussenstehender die Medaille betrachten, so sähe er einen alten Mann mit einem grossen Kreuz, an dem ein junger Mann hängt. Was hätte der Beschauer daraus über das Christentum gelernt? Hätte er verstanden, dass seit 2000 Jahren Menschen in diesem Glauben Zuversicht finden, dass Menschen dafür starben und töteten? Würde er begreifen, dass das Christentum unsere Kultur durchdringt? In einer ähnlichen Situation sind wir in Hinsicht auf die antiken Mysterienreligionen. Wir haben einzelne Bilder, einzelne Geschichten, doch wir können nie mehr die Intensität rekonstruieren, mit der ihre Botschaft in das Leben der Menschen eingriff.

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Eleusis – Mutter aller Mysterien

Ähre. Nomos aus Metapont (Lukanien), 530-­‐500 v. Chr.

Ein unerklärliches Mysterium war für die Griechen das, was mit dem Weizenkorn geschieht, das in der Erde begraben wird und dort zu neuem Leben erwacht. Dieses einfache Geheimnis war das Zentrum des Mysterienkultes von Eleusis bei Athen. Dort wurde ein erklärender Mythos mit dem Werden und Vergehen des Samenkorns verbunden: die Geschichte von Demeter und ihrer Tochter Persephone.

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Der Raub der Persephone

Persephone, ihre Tochter suchend. Bronzemünze aus Kelenderis (Kilikien), 222-­‐218 v. Chr.

Hades, der Gott der Unterwelt, raubt die schöne Persephone. Ihre Mutter Demeter macht sich auf die Suche nach ihr. Im Schlangenwagen sucht sie die ganze Welt ab und kann ihre Tochter nicht finden. Endlich erfährt sie, dass Hades ihr Kind in die Unterwelt entführte. Voll Trauer lässt Demeter die Felder verdorren. Hungersnot breitet sich unter den Menschen aus. Da befielt Zeus dem Hades, die entführte Tochter der Mutter zurückzugeben. Doch Hades gibt Persephone zuvor zu essen, sodass das Mädchen einen Teil der Unterwelt in sich aufnimmt und dadurch selbst Teil des dunklen Reiches wird. Persephones Rückkehr ist nicht von Dauer. Im Frühling, wenn alles grünt und blüht, darf sie ihre Mutter besuchen. Im Winter aber, wenn die Natur abstirbt, muss sie zurück in die Unterwelt.

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Die Verbreitung der Mysterien von Eleusis

Demeter, mit Weizenähren und Fackeln auf einer Kista Mystika sitzend. Dupondius des römischen Kaisers Hadrian (117-­‐138 n. Chr.), geprägt für seine Gattin Sabina

Dieser einfache Mythos war offen für unterschiedliche Interpretationen. Sprach er von der Entstehung des Getreides oder vom Werden und Vergehen menschlichen Lebens? Schenkte Demeter ihrem Eingeweihten das tägliche Brot oder die Unsterblichkeit? Der Kult von Eleusis gehörte zu den beliebtesten Mysterien und hatte hochgestellte Anhänger. Kaiser Hadrian z. B. liess sich in Eleusis einweihen und stellte die Demeter auf Münzen mit dem Bild seiner Frau dar.

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Die Mysterien des Dionysos

Kopf des Dionysos/Trunkener Satyr. Tetradrachme aus Naxos (Sizilien), um 460 v. Chr.

Auch Dionysos wurde in Mysterien verehrt. Wir reden heute von Ekstase (aus sich heraustreten), von Enthusiasmus (erfüllt sein mit dem Göttlichen) und von Manie (Rasen, Wahnsinn). All diese Worte stammen aus den Ritualen, die zu Ehren des Dionysos durchgeführt wurden. In der dionysischen Raserei empfanden sich die Gläubigen als Teil der Natur, herausgerissen aus der Begrenztheit ihres Alltags. Während die olympischen Götter sich immer gleich blieben, besass Dionysos – wie alle «Helden» von Mysterienreligionen – eine Biografie, die vom Leiden des Gottes berichtete. In seinem Leiden wurde der Gott dem Menschen ähnlich. So kann der Mensch stets hoffen, durch Teilhabe am göttlichen Wesen über das eigene Leid zu triumphieren.

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Der erschlagene Dionysos

Pan, mit dem Kind Dionysos spielend. Grossbronze aus Pergamon (Mysien), 161-­‐180 n. Chr.

Von Dionysos erzählte man, dass er der Liebling seines Vaters Zeus war. Nur er durfte auf dem Thron des Göttervaters sitzen und mit dem Blitz spielen. Hera, die Gemahlin des Zeus, fürchtete das Kind und stiftete deshalb die Titanen zu einem schrecklichen Frevel an: Sie locken das Dionysoskind mit Spielzeug und töten es. In sieben Stücke zerteilen sie seinen Leichnam und essen davon. Zeus vertreibt die Titanen, als er ihrer Untat gewahr wird, die Göttermutter Rhea setzt die Teile des Dionysos wieder zusammen und belebt das Kind von neuem.

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Der Triumphzug des Dionysos

Dionysos mit Thyrsos in einer von Panthern gezogenen Biga. Bronzemünze aus Sebaste (Phrygien), 222-­‐235 n. Chr.

Dionysos wurde zu einem mächtigen Gott, der mit seinen Anhängern die Welt durchstreifte. Wer sich ihm in den Weg stellte und sich weigerte, Dionysos zu verehren, den strafte der Gott mit Wahnsinn. In einer Pantherbiga zog Dionysos den mit wild wucherndem Efeu bekränzten Mänaden und Satyrn voraus. In der Hand hielten sie den Thyrsos, einen Stab mit einem Pinienzapfen, Symbol für die Unsterblichkeit der Gläubigen.

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Der Anteil am Wesen des Gottes

Kista Mystika, darauf Maske von Silen, darum Schlangen, sich um die Kista windend. Bronzemünze aus Laodikeia (Phrygien), 138-­‐180 n. Chr.

Um Anteil am Wesen des Gottes zu gewinnen, zogen die Gläubigen in die Wälder, verkleidet als Mänaden und Satyrn. In einer verschlossenen Kiste trugen sie die kultischen Gegenstände, die nur Eingeweihte sehen durften. Im heiligen Wahnsinn zerrissen sie ein Tier, das auf wunderbare Weise zum Dionysos wurde, und verschlangen es roh; zumindest soll es so in der Frühzeit gewesen sein. Im 2. Jahrhundert n. Chr. kauten die Gläubigen Efeublätter als Symbol des Dionysos und nahmen so einen Teil des Gottes in sich auf.

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Die Kabiren von Samothrake

Die Kabiren von Samothrake, beide einen mit Lorbeer bekränzten Pilos (Hut ohne Krempe) tragend. Bronze des skythischen Königs Charaspes, 2. Jh. n. Chr.

Die antiken Mysterien schlossen sich gegenseitig nicht aus. Je mehr Einweihungen der Gläubige hinter sich hatte, umso sicherer fühlte er sich, da alle Kulte Hilfe versprachen. Einige waren besonders spezialisiert: In Samothrake garantierten die Kabiren, kleine vorgriechische Gottheiten, sicheren Schutz vor Schiffbruch.

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Die Grosse Mutter Kybele

Kybele mit Mauerkrone, Patera und Tympanon thronend, vor ihr Attis mit dem Hirtenstab, sich gegen eine Pinie lehnend. Grossbronze aus Anchialos (Thrakien), 238-­‐244 n. Chr.

Viele Mysterienkulte kamen aus den Randgebieten der damals bekannten Welt. Kybele war als Fruchtbarkeitsgottheit aus Anatolien Zentrum eines orgiastischen Kultes. Folgendes erzählte man sich über Kybele: Die Göttin verliebt sich in Attis. Der König von Pessinus aber will den Jüngling mit seiner Tochter vermählen. Kybele sieht Unheil voraus und will dies verhindern. Doch sie kommt zu spät. Attis ist von einer anderen eifersüchtigen Göttin mit Wahnsinn geschlagen worden. Er hat sich unter einer Pinie selbst entmannt und ist gestorben. Kybele birgt die abgeschnittenen Genitalien und begräbt sie. Sie betrauert den Geliebten und richtet ihm zu Ehren ein Ritual ein, das von Priestern durchgeführt wird, die sich in Raserei ebenfalls selbst entmannen.

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Kybele in Rom

Kopf der Kybele mit Mauerkrone. Römischer Denar, 84 v. Chr.

All dies wussten die römischen Stadtväter wohl nicht, als sie im Zuge der Bedrohung durch Hannibal 204 v. Chr. Kybele nach Rom holten, um ihre Hilfe gegen die Punier zu gewinnen. Die Stadt Pessinus schickte ihr Heiligtum, den Stein, in dem sich Kybele manifestierte, nach Rom. Der tat seinen Zweck. Im folgenden Jahr verliess Hannibal Italien. 191 v. Chr. bauten die Römer der Kybele auf dem Palatin einen eigenen Tempel. Ihren Kult aber versteckten sie. Nur Ausländer durften ihr als Priester dienen, da die Kastration in Rom unter Strafe stand. Erst im Verlauf des 1. Jahrhunderts n. Chr. änderte sich die römische Einstellung. Die Mysterien der Kybele wurden zu einem wichtigen römischen Fest, das in den staatlichen Kalender aufgenommen wurde.

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Der Mittelmeerraum wird zur Oikumene

Das Römische Reich 220 n. Chr.

Überhaupt verbreiteten sich seit dem 1. Jahrhundert n. Chr. die kulturellen und religiösen Vorstellungen aus entlegenen Gebieten des Reiches immer schneller in allen Provinzen. Gerade der Osten und Ägypten lieferten neue Kulte, die über Rom in die ganze damals bekannten Welt eindrangen.

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Isis und Osiris

Tempel der Isis. Bronzedrachme aus Ägypten, 111/112 n. Chr.

Einer der bekanntesten war der ägyptische Kult der Isis und ihres ermordeten Gemahls Osiris. Der Mythos war alt, er stammte bereits aus der Zeit der Pharaonen: Isis ist Schwester und Gemahlin des Osiris, der als göttlicher Pharao Ägypten den Anbau der Feldfrüchte lehrt. Sein Bruder Seth hasst ihn und lässt ihn durch List töten. Seth zerstückelt den Leichnam und versteckt die Teile in ganz Ägypten. Als Isis vom Tode ihres Gemahles erfährt, beginnt sie zu weinen, so heftig, dass der Nil anschwillt. Das betrachteten die Ägypter als den Ursprung der jährlichen Nilflut. Isis macht sich auf die Suche nach dem Körper des Osiris, findet die einzelnen Teile, setzt sie zusammen und belebt sie. Postum empfängt sie von Osiris den Horus, den neuen Pharao als lebenden Herrscher über Ägypten.

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Die Mutter Isis

Isis, ihrem Sohn Horus die Krone Ägyptens auf den Kopf setzend. Bronzedrachme aus Ägypten, 113/114 n. Chr.

Isis setzt ihren Sohn Horus zum Herrscher über Ägypten ein und schützt ihn vor allen Angriffen des Seth. Zum Mann herangereift, kämpft Horus gegen seinen bösen Onkel und tötet Seth oder sorgt – nach späteren Versionen – dafür, dass dieser vor dem Göttergericht zur Rechenschaft gezogen wird. Im Kult von Isis und Osiris sahen die Ägypter das Wechselspiel von Gut und Böse, Wüste und Fruchtbarkeit, Leben und Tod. In der Wiederbelebung des Osiris erblickten sie ein Vorbild für die eigene Unsterblichkeit, gewährt von der grossen Allmutter Isis.

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Unsterblichkeit im Namen von Osiris

Antinoos als neuer Dionysos mit der kleinen Hem-­‐Hem-­‐Krone auf der Stirn. Bronzedrachme aus Ägypten, 136/137 n. Chr.

Der Kult der Isis verbreitete sich rasch in der gesamten römischen Oikumene. Er profitierte davon, dass Alexandria ein wichtiges Handelszentrum war, das Menschen von nah und fern anzog. Sie lernten in der ägyptischen Metropole die tröstenden Lehren von Isis kennen, wurden zu Eingeweihten und brachten ihren neuen Glauben in ihre Heimat zurück. Auch die römischen Herrscher waren fasziniert von der Vorstellung, nach dem Tode weiter zu leben, in der Gestalt eines neuen Osiris die Unsterblichkeit zu erreichen. Kein Wunder also, dass Hadrian nach dem mysteriösen Tod seines Geliebten Antinoos diesen auf Münzen als neuen Osiris mit der kleinen Krone der ägyptischen Pharaonen darstellen liess.

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Isis und die Schiffahrt

Isis, ihr Gewand als Segel vor sich breitend, im Hintergrund der Leuchtturm von Alexandria, Pharos. Bronzedrachme aus Ägypten, 133/134 n. Chr.

Doch nicht nur im Jenseits konnte Isis zur Beschützerin werden. Im Diesseits wurde sie vor allem als Patronin der Seefahrt verehrt. Ihre Gemeinde zog jedes Jahr am 5. März in einer prächtigen Prozession vom Tempel zum Hafen und übergab dort dem Meer ein geschmücktes Schiff, beladen mit kostbaren Gütern. Dieses Opfer sollte Isis dazu verpflichten, ihrerseits den Schiffen eine sichere Überfahrt zu gewähren. Mit diesem Fest wurde offiziell die Schiffahrt, die im Winter wegen des unsicheren Wetters geruht hatte, wieder eröffnet.

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Der persische Gott Mithras

Mithras, im mythischen Opfer den Stier tötend. Silbermedaillon in antiker Fassung

Eine anderer, höchst erfolgreicher Kult war der des persischen Gottes Mithras. Mithras war der Lichtbringer. Sein Fest wurde am Tag der Wintersonnwende gefeiert, da seine Geburt das Licht in die Welt gebracht hatte. Seine grösste Tat war die Tötung des Urstieres, Quelle aller Fruchtbarkeit. Mithras ist im Opfer immer gleich dargestellt: auf dem Rücken des Stieres, das Gesicht dem Betrachter zugewendet. Man hat seine mitleidige und gleichzeitig leidende Miene damit erklären wollen, dass Mithras Opfernder und Opfer zugleich ist. Darin war er Christus zu ähnlich, als dass dessen Anhänger gleichgültig auf den Mithraskult hätten reagieren können. Wir wissen von wütenden Angriffen christlicher Schriftsteller und von brutal zerstörten Heiligtümern des Mithras, die sich unter frühchristlichen Kirchen finden. Viele Elemente des Mithraskultes haben ihren Niederschlag im Christentum gefunden – u. a. die Festlegung der Geburt Christi auf die Zeit der Wintersonnwende.

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Die Mysten des Mithras

Löwe, ein Blitzbündel im Maul. As des römischen Kaisers Caracalla (198-­‐217 n. Chr.), 217 n. Chr.

Während die meisten Mysterien sich aus älteren Wurzeln entwickelten, scheint der Mithraskult die systematische Schöpfung eines Religionsstifters zu sein. Besonders der hierarchische Aufbau der Einweihungsgrade spricht für diese Theorie. Während andere Mysterienkulte nur Eingeweihte und Nichteingeweihte kannten, gab es im Mithraskult sieben Stufen der Einweihung. Der Gläubige wurde schrittweise mit den Glaubensinhalten bekannt gemacht. Nach jedem Wissensabschnitt folgte eine Initiation. Danach erhielt der Myste, d. h. der neu Eingeweihte, eine neue Tracht und neue Aufgaben im Gottesdienst. Wer den vierten Grad der Einweihung besass, wurde als Löwe bezeichnet. Während seiner Initiation erhielt er die Waffe des Jupiter, den Donnerkeil, um damit in einer Art Mysteriendrama die Giganten aufs Neue zu erschlagen. Danach reinigte man den Mysten, indem man seine Hände mit Honig bestrich, ehe man ihm die Maske eines Löwen verlieh.

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Mithras und Sol

Der Kaiser, von einer Viktoria bekränzt, dem Sonnengott opfernd, der in seiner Quadriga herangaloppiert. Darunter sind die Flussgötter Euphrat und Tigris gelagert. Medaillon des römischen Kaisers Gordian III. (238-­‐ 244 n. Chr.)

Der zweithöchste Grad, den ein Mithrasjünger erreichen konnte, war der des Heliodromos, des Sonnenläufers. Damit wurde der Myste dem Sonnengott gleich, der Mithras den richtigen Zeitpunkt für das Stieropfer verraten hatte. Gerade durch die wichtige Stellung des Sonnengottes Sol wurden die Mysterien des Mithras im 3. Jahrhundert n. Chr. eine der beliebtesten Religionen der zivilen und militärischen Funktionäre des Römischen Reiches. Sol etwa stieg gleichzeitig von einer untergeordneten Gottheit im römischen Pantheon zum besonderen Schützer des Kaisers auf. Seine Verehrung war Pflicht aller, denen das Wohl Roms am Herzen lag. So wurde die Teilnahme an den Mysterien des Mithras zu einem beliebten Mittel, die eigene Loyalität gegenüber dem Römischen Reich zu betonen.

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Mysterien und Christentum

Gnadenstuhl auf der Medaille des Hans Reinhart, 1544

Zu Beginn des letzten Jahrhunderts stellte Rudolf Steiner die Theorie auf, das Christentum sei nichts anderes gewesen als Erbe und Nachfolger der Mysterienreligionen. Dies ist sicher nicht der Fall. Das Christentum war von seinem Wesen her etwas völlig Neues. Doch dieses Neue wäre nicht verstanden worden, hätten seine Verkünder es nicht in Worte gepackt, die ein Angehöriger der Mittelmeerwelt zu verstehen gewohnt war. So nahm der christliche Gottesdienst viele Züge der damaligen Mysterienkulte in sich auf. Wenn Christen heute ihr Abendmahl feiern, dann stehen sie in der Tradition antiker Mysterienkulte, deren Zeremonien geprägt waren vom Schauen und Tun, vom Wissen um die Wirklichkeit, an die die Gläubigen durch symbolische Handlungen erinnert werden sollen.

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