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Überall existieren Muster

„Überall existieren Muster“, stellte das paranoide Mathematik-Genie Maximillian Cohen im US-amerikanischen Filmklassiker „Pi“ aus dem Jahre 1998 fest. Tatsächlich sind Muster, Normen und modulare Strukturen in unserer Welt allgegenwärtig.

autor: robert korec

Bienenwaben sind natürliche, modulare Strukturen. Die Sechsecke sind so exakt, dass der Astronom Kepler Bienen einen Verstand für Mathematik zuschrieb.

Industrie 4.0 basierend auf MTP-Standard stellt die Spitze der aktuellen Entwicklung in mehreren Bereichen der industriellen Produktion dar. Auch wenn sich die gesamte Welt nicht auf – wie in dem im Vorspann zitierten Film – ein Muster, eine Weltformel oder ein Weltenteilchen reduzieren lässt, begegnen uns gleichförmige, modulare Elemente, die nach gewissen Normen und Gesetzmäßigkeiten in der Summe etwas Ganzes ergeben, an allen Ecken und Enden. Beispiele in der Natur wären etwa der exakt geometrische Aufbau von Honigbienenwaben in einem Stock oder der Aufbau von Molekülen und Zellen. Der Mensch hat sich immer wieder in seinem Schaffen an der Natur orientiert. Einerseits hat er es geschafft, vieles in seinen Erfindungen zu kopieren, andererseits waren natürliche Konstanten auch jene Einschränkungen, an denen sich Erfinder abarbeiten konnten, um so kreative, technische Lösungen zu schaffen und diese für die Menschheit nutzbar zu machen.

SCHUB FÜR INNOVATIONEN

Von Menschen geschaffene Normen und Standardisierungen haben dabei immer wieder die Entwicklung beschleunigt

und die Interaktion, die Zusammenarbeit aber auch den überregionalen Handel erleichtert bzw. erst ermöglicht – denken wir etwa an die Einführung des metrischen Systems 1793, aus dem 1960 das SI entstanden ist. Ein Leben ohne Normen erscheint uns heute nahezu undenkbar. Staatliche Gesetzgebung, soziales Verhalten, Sicherheit in vielen Bereichen, professioneller Sport: Praktisch alle Bereiche unterliegen Regeln, die sich auf Einzelelemente reduzieren lassen, um Größeres zu ermöglichen. Selbst die menschliche Sprache basiert auf Normen wie der Orthografie und Grammatik. Mark Clemens schlägt in seiner Kolumne auf Seite 23 eine sehr anschauliche Brücke zwischen menschlicher und maschineller Kommunikation.

FUNDAMENT IN EINER DYNAMISCHEN WELT

Für COPA-DATA Gründer und CEO Thomas Punzenberger sind Standards das verlässliche Fundament, um in einer dynamischen Welt flexibel zu bleiben: „Standards sind unverzichtbar für das reibungslose Funktionieren von einzelnen Komponenten miteinander. Nur bei einer gewährleisteten Funktionalität über Herstellergrenzen hinweg können dynamische Neuerungen auch marktfähig werden. Stellen Sie sich vor, normale Netzstecker wären nicht genormt. Bevor ich meinen Rasierapparat verwenden kann, muss ich erst einen neuen Stecker montieren, der in meinem Haus passt. Wenn ich auf Reisen gehe, kann ich ihn gar nicht mehr verwenden, weil ich nie weiß, welcher Stecker gerade in meinem Hotel verwendet wird.“ Das Gleiche gelte auch in der Industrie. Hier beschleunigen Standards Innovationen und machen diese erst möglich.

ENERGY: INTEROPERABILITÄT STATT EIGENER SÜPPCHEN

Standards im Energy-Bereich wirken sich auf viele Lebensbereiche aus, ohne dass wir dies als Endverbraucher unmittelbar bemerken. Auch wenn Sicherheitsstandards im Energiebereich schon seit der Nutzbarmachung von Elektrizität notwendig gewesen sind, haben, wie EnergyIndustry-Manager Jürgen Resch weiß, die Hersteller zunächst versucht, ihre eigenen Süppchen zu kochen und viel Information in sogenannten privaten Bereichen einzubauen: „Über die Jahre und mit der intensiven Beschäftigung der Anwender mit dem Thema, haben es einige geschafft, den Spieß umzudrehen. So konnten sie die Hersteller dazu zwingen, die Spezifikationen des Betreibers zu verwenden. Dadurch wurde die herstellerunabhängige Interoperabilität zumindest zum Teil erreicht.“ Lesen Sie das vollständige Interview mit Jürgen Resch ab Seite 51.

F&B-INDUSTRIE IM UMBRUCH

Auch in der F&B-Branche findet derzeit ein digitaler Umbruch statt. Standards sind der Schlüssel für den Industrieexperten Andreas Grün dabei der Schlüssel zu Themen wie Industrie 4.0 und Industrial Internet of Things: „Ich würde sogar so weit gehen zu behaupten, ohne Standardisierung ist ein Industrial Internet of Things nicht realisierbar, da jede mögliche Kommunikationsschnittstelle extra definiert und programmiert werden müsste.“

„Ohne Standardisierung ist ein Industrial Internet of Things nicht realisierbar.“

Andreas Grün, Industry Specialist Food & Beverage

LIFE SCIENCES: PAPIERLOS NICHT OHNE STANDARDISIERUNG

Für die Pharma-and-Life-Science-Industrie ist der Übergang zu papierlosen Abläufen eines der großen Themen in der Produktion dieser Zeit. Dabei hat es einige Hindernisse gegeben, die zu einem Anstieg der Kosten für die Einführung von EBR-Systemen geführt haben. Einen Grund dafür sieht Giuseppe Menin, Life Sciences & Process Industry Manager, in der ungenügenden Einbeziehung von Standards: „Wenn wir diese Schwierigkeiten überwinden wollen, müssen wir den Bedarf an maßgeschneiderten Softwarelösungen, die die Flexibilität einschränken, verringern. Um den Mangel an Standards bei der Integration von Maschinen und IT-Systemen zu beheben und zu einem Plug&ProduceAnsatz zu gelangen, definieren Arbeitsgruppen wie ISPE Pharma 4.0, Namur MTP und BioPhorum neue Standards und Richtlinien.“ (siehe Seite 44)

AUTOMOTIVE: LUFT FÜR INNOVATION

Standardisierung ist auch in der Automobilindustrie seit geraumer Zeit ein wichtiges Thema, wie Bernd Wimmer, Automotive-Industriemanager bei COPA-DATA aus seiner langjährigen Erfahrung weiß: „In der Regel gibt es dort Firmenstandards – bekannte Namen: VASS (= Volkswagen Audi Seat Skoda) oder INTEGRA bei Mercedes. Getrieben sind diese Standards häufig hardwareseitig von der SPS. Das heißt, ein Modul ist ein Bauteil einer Anlage, z. B. Rollenbahn oder Roboter, die durch einen Funktionsbaustein in der SPS und durch StandardHardware mit eigener Bestellnummer beim Hersteller oder Lieferanten entsprechen. Alle diese Module sind im Standard in der Regel als übergreifendes Dokument mit Bibliotheken für SPS oder HMI beschrieben. Orchestriert wird durch den Anlagenplaner: Er oder sie konstruiert die Anlage basierend auf den Standard-Komponenten.

Davon leitet sich dann der Elektroplan, die Stückliste, das SPS-Programm und die HMI ab.“

Dass bestimmte Normen auf übergeordnete Industriestandards zurückgreifen, ist für Wimmer ein erheblicher Vorteil, weil dadurch einiges an Aufwand entfällt, etwa bei der Inbetriebnahme, da bereits Komponenten verwendet werden, die gängigen Normen entsprechen: „Durch die Normung wird weniger die Innovation vorangetrieben, sondern eher ein Aufwand bei Basisaufgaben optimiert bzw. dieser kann entfallen, z. B. bei elektrischen Prüfungen von Komponenten / CEKennzeichen / Security Vorschriften etc.“

„Durch die Normung wird der Aufwand bei Basisaufgaben optimiert.“

Bernd Wimmer, Automotive Industry Manager

Aus kartellrechtlichen Gründen gebe es, so Wimmer, wenig direkten Informationsaustausch zwischen den Automarken. Der Trend der letzten Jahre gehe daher verstärkt in Richtung OPC UA: „Das ist nicht nur ein Kommunikationsprotokoll, sondern erlaubt auch eine Beschreibung der Anlage in einem Informationsmodell. Da OPC UA herstellerneutral auftritt, erhoffen sich einige Vorteile dadurch.“

STANDARDS SIND DIE GRUNDLAGE, UM VISIONEN ZU VERWIRKLICHEN

Für das Vorantreiben der Entwicklungen in allen Industriebereichen sind Standardisierung und Modularisierung essentiell. „Nur, wenn man sich auf Standards verlassen kann, kann man auch Neues entwickeln. Sonst verliert man den Hauptteil der Energie, um Interfaces und Schnittstellen zu entwickeln und zu definieren“, so CEO Thomas Punzenberger. „Auf Standards kann man sich verlassen und die Energie in Innovationen stecken. Modularisierung bietet die Möglichkeit, die Aufgaben in Blöcke zu zerteilen und diese dann wieder getrennt voneinander weiterzuentwickeln. Dies bietet eine tolle Möglichkeit der Parallelisierung und macht schnellere Innovationen möglich.“

„Nur bei einer gewährleisteten Funktionalität über Herstellergrenzen hinweg können dynamische Neuerungen auch marktfähig werden.“

Thomas Punzenberger, Gründer und CEO von COPA-DATA

SECURITY: 100% SIND EINE ILLUSION

Welche Bedeutung organisationsübergreifenden Standards zukommt, wird beim Thema Security deutlich, wo es darum geht, Mindestanforderungen zu definieren und so Vertrauen zu schaffen. Für Reinhard Mayr, Security-Manager bei COPA-DATA, sind Normen abhängig von Thema ein sehr gutes Mittel, um zumindest eine grundlegende Kompatibilität in z. B. der Kommunikation sicherzustellen. Dabei solle jedem bewusst sein, dass kein Standard 100 Prozent abzudecken vermag: „Es gibt immer einen Freiraum, einen Interpretationsspielraum für individuelle Anpassungen. Eine 100-prozentige Kompatibilität ist also nicht immer garantiert.“

„Es gibt immer einen Freiraum, einen Interpretationsspielraum für individuelle Anpassungen.“

Reinhard Mayr, Security-Manager

Der Modularisierung von Anlagen kann Mayr aus Security-Sicht nur positive Aspekte abgewinnen: „Eine Modularisierung der Anwendung kann eingesetzt werden, um Sicherheitszonen zielgerichteter umsetzen zu können. So kann man zum Beispiel das Engineering von der Laufzeitumgebung trennen, die (Kommunikations-) Übergänge zwischen den zenon gezielt schützen bzw. überwachen. Dasselbe gilt auf Anwendungsebene.“

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