Die NS-Herrschaft I
Kennzeichen Regressive/paradoxe Modernisierung Polykratie und Radikalisierung „Führermythos“ und Konsens
Regressive/paradoxe Modernisierung
Elemente der Modernisierung (Bsp.)
Trennung Kirche – Staat • Eheschließung unabhängig von Kirche • Möglichkeit der Wiederverheiratung • Einführung von Standesämtern
Frauen • größere rechtliche Unabhängigkeit • tlw. kriegsbedingte Erwerbschancen • NSV, NS-Frauenschaft, BdM
Utopie einer spezifischen Konsumgesellschaft
Regressive/paradoxe Modernisierung ď Ž
Technisierung und Rationalisierung: die technisierte Landwirtschaft
Regressive/paradoxe Modernisierung
Antimoderne Elemente
Quasireligiöse Elemente der NS-Ideologie • Germanenkult • Neuer Feiertagskatalog (Julfeiern, etc.)
Frauen • Mutterkult
Vernichtungspolitik • Alte Feindbilder – modernste Vernichtungsmaschinerie - Raub
Regressive/paradoxe Modernisierung ď Ž
Der traditionelle Bauer: die Bindung an die Scholle
Polykratie und Radikalisierung
Polykratie Herrschaftssystem kein monolithischer Block Überschneidung von Kompetenzen Konkurrenzkampf zwischen Institutionen Der „Führer“ als letzte Entscheidungsinstanz
Polykratie und Radikalisierung
Entscheidungsfindung im NSHerrschaftssystem Impuls von oben Spektrum an Umsetzungsmöglichkeiten Konkurrenzkampf fördert Radikalisierung Direkter Zugang zu Hitler wesentlich Korruption und Cliquenwirtschaft
„Führermythos“ und Konsens
„Führermythos“ und Konsens
Elemente des Führermythos Form von Glauben „Führer“ steht über den Dingen Grundlagen
• Innen- und außenpolitische Erfolge • Propaganda – Hitler als „Marke“
„Führermythos“ und Konsens
Konjunkturen des „Führermythos“ Aufbau und Höhepunkt (-1940/41) Zehren vom Mythos (-1944)
• „Wenn das der Führer wüßte“
Der Mythos bröckelt (1944/45) Nachwehen
• „Der Führer hat uns im Stich gelassen“ • „Der Führer hatte an allem Schuld“
„Führermythos“ und Konsens
Suche nach Konsens mit arischer Bevölkerung • Lage- und Stimmungsberichte • Demonstrative „Säuberung“ der Partei
Mythos Gestapo 1942: 2.000 Beamte in Österreich Denunziation
„Führermythos“ und Konsens
Österreichische Beteiligung am NS
8% der Bevölkerung 10% der Partei • Partei der Jugend • Freie Berufe • 36% Frauen
14% SS Täter: Seyß-Inquart, Eichmann, Kaltenbrunner, Globocnik Pogrome nach dem Anschluß „Reichskristallnacht“ 10. 11. 1938
Pogrome nach dem „Anschluß“ Wien im März 1938: Juden werden gezwungen den Gehsteig zu säubern
„Führermythos“ und Konsens Konzentrationslager und Bevölkerung: Gauleiter Eigruber (Oberdonau): „Wir Oberösterreicher erhalten aber noch eine andere, besondere Auszeichnung für unsere Leistungen während der Kampfzeit. Nach Oberösterreich kommt das Konzentrationslager für die Volksverräter von ganz Österreich“
NS als Bevölkerungspolitik
„Volkskörper“ Volk als Grundlage des Gemeinwesens „Volkskörper“ analog zum menschlichen Körper Metaphern: jung – alt, sauber – verunreinigt Nicht spezifisch nationalsozialistisch
NS als Bevölkerungspolitik
Vererbungslehre Weitreichende Determination des Menschen durch Vererbung Selektive Übertragung Darwinscher Theorien Traditionen seit dem 19. Jahrhundert Internationaler Trend
NS als Bevölkerungspolitik
Verknüpfung Vererbungslehre – „Volkskörper“ Beibehaltung oder Förderung negativer Vererbungselemente schädigen „Volkskörper“ V. a. gegen Jüdinnen/Juden, Roma, Sinti, aber auch: Kriminelle, Alkoholiker, Prostituierte
NS als Bevölkerungspolitik
„Sozialtechnologie“ Utopie der umfassenden Planbarkeit ExpertInnen der Bevölkerungspolitik
• Interdisziplinärer Ansatz • Wissenschaftsförderung • Logistik: Lochkartenmaschinen • Praktische Umsetzung: Fürsorge, statistische Erfassung, Bevölkerungs- und Raumplanung, Generalpläne • Traditionen der Zwischenkriegszeit
NS als Bevölkerungspolitik
Traditionen Vererbungslehre Rassenlehre Praktische Wissenschaft Zwangssterilisation von Behinderten
• Waadt 1928 • Dänemark 1929 • Deutschland 1933 • Schweden/Finnland 1935
NS als Bevölkerungspolitik Radikale Umsetzung bevölkerungspolitischer Maßnahmen ab 1933 Pronatalistische Maßnahmen Antinatalistische Maßnahmen
Pronatalistische Maßnahmen familie.jpg
Förderung des „guten Erbguts“ „arische“ Frauen als Adressatinnen Erleichterung der Eheschließung Wiederverheiratung nach Scheidung Finanzielle Förderungen z. B. Ehestandsdarlehen
Pronatalistische Maßnahmen
Symbolische Angebote „Mutterkreuz“ (ab 1938) Förderung des „Muttertags“ Geringer Erfolg
Antinatalistische Maßnahmen
Breites Spektrum Spezifisch für den NS „Fremdrassige“ und „Kranke“ von der Fortpflanzung ausschließen Eheverbote „Aufvolkung“
Antinatalistische Maßnahmen
Sexueller Umgang mit Zwangsarbeitern wird verboten und geächtet
Antinatalistische Maßnahmen
Ausdehnung auf immer breitere Kreise
„nichtarische Rassen“ Behinderte Homosexuelle „Arbeitsscheue“ „Asoziale“ „Alkoholiker“ „Kriminelle“ (1933 Androhung Kastration v. „Gewohnheitsverbrechern“) Österreich ca. 5.000 – 10.000 Zwangssterilisationen
Antinatalistische Maßnahmen
NS-Planungen
Innenminister Frick 1933: • Jährlich 300.000 Geburten mehr • 12 Mio. Menschen an Fortpflanzung hindern
20% der deutschen Bevölkerung „erbbiologisch geschädigt“ Ein Viertel der Wiener Bevölkerung als „asozial“ eingestuft
Antinatalistische Maßnahmen
Zunehmend radikalere Maßnahmen 1933: Möglichkeit Zwangssterilisation und Zwangskastration 1939: Meldepflicht für Ärzte bei Behinderungen „Völkische Neuordnung“ Europas
• Umsiedlung „slawischer Untermenschen“ • Madagaskarplan • „Aufvolkung“ des Ostens (z. B. Südtiroler)
Antinatalistische Maßnahmen
Systematischer Völkermord
Österreichische Jüdinnen/Juden • 1938: ca. 200.000 Personen als Jüdinnen/Juden kategorisiert • ca. 2/3 Flucht, ca. 1/3 ermordet
Österreichische Roma und Sinti • 1938: ca. 11.000 Personen als „Zigeuner“ kategorisiert • ca. ¾ überleben den NS nicht
Das NS-Lagersystem auf österreichischem Gebiet
Euthanasieanstalt Hartheim
Euthanasie ab 1939 ca. 20.000 Kranke ermordet
Nebenlager KZ Dachau KZ Mauthausen
gegründet August 1938 49 Nebenlager gesamt ca. 335.000 Häftlinge davon ca. 120.000 ermordet
Das NS-Lagersystem auf รถsterreichischem Gebiet
Krieg als Bevölkerungspolitik
Konzeption als Terrorkrieg Osten als Fokus Krieg gegen Völker
Ca. 20% der polnischen Bevölkerung überlebt den Krieg nicht Warschau 1939: 1,3 Mio. EinwohnerInnen Warschau 1945: 160.000 EinwohnerInnen Ca. 200.000 polnische Kinder nach Deutschland verschleppt
Krieg gegen die Sowjetunion
Propaganda 1942 Sowjetunion Objekt völkischer und räumlicher Neuordnung 1941: Plan, 30 Mio. Russen verhungern zu lassen
Krieg gegen die Sowjetunion
Ideologischer Krieg „Rassenkampf“ Slawische „Untermenschen“ Bolschewismus als Ideologie der „Untermenschen“ „Jüdischer Charakter“ des Bolschewismus „Verteidigung Europas“ Waffen-SS
Fazit Kriegsgefangene 1941-1945 3 Mio. deutsche Soldaten in sowjetischer Gefangenschaft Ca. 1/3 kam nicht lebend zurück 5,7 Mio. sowjetische Soldaten gefangen Ca ½ kam nicht lebend zurück