Ausgabe 4/2013 JUNI – AUGUST 2013 www.crescendo.de www.crescendo.de
Mariss Jansons
Mit dem Dirigenten auf Tour in seiner Heimatstadt St. Petersburg
Andrés Orozco-Estrada Den Kolumbianer zieht es nach Frankfurt
Reise
Cellist Johannes Moser über „sein“ New York
Andreas Ottensamer „Wenn ich Musik mache, dann nur auf höchstem Niveau!“ 15 Jahre Class Aktuell! Die Vereinigung der IndependentLabels auf 32 Extraseiten. B47837 Jahrgang 16 / 04_2013
First Position – Ballett ist ihr Leben
Kinostart bundesweit 4. Juli 2013 Der preisgekrönte Dokumentarfilm blickt hinter die Kulissen der Ballettwelt und zeigt den Weg zum großen Traum vom Tanzen.
26.06 – 28.07
2013 Alle Informationen Ăźber die Audi Sommerkonzerte 2013 unter: www.sommerkonzerte.de Audi ArtExperience
p r o l o g
Stabschefs!
Fotos: Anatol Kotte / Mercury Classics / DG; 2013 Ascot Elite Filmverleih GmbH; Ullrich Knapp
winfried hanuschik Herausgeber
Liebe Leser, als ich letzten Herbst Mariss Jansons fragte, ob wir ihn in seine Heimatstadt St. Petersburg begleiten dürfen, um ihm anlässlich seines 70. Geburtstages ein Porträt zu widmen, meinte er nur: Man solle um ihn nicht so viel Brimborium machen, die Musik sei viel wichtiger. Und er hätte doch schon alles gesagt, es gäbe da ein Interview, das vor fünf Jahren in einer großen Tageszeitung erschienen sei. Er möchte die Menschen nicht mit Wiederholungen langweilen. Das wollten wir auch nicht. Deshalb zeigen wir Ihnen den Maestro, wie Sie ihn noch nicht gesehen haben. Chefredakteur Robert Kittel reiste mit nach Russland und dokumentierte vor allem die Minuten vor und nach Jansons‘ Auftritt hinter der Bühne. Seine Reportage finden Sie auf Seite 12. Dem „Mythos Maestro“ nähern wir uns in dieser Ausgabe, indem wir noch zwei weitere Dirigenten mit sehr unterschiedlichen Idealen zu Wort kommen lassen. Helmuth Rilling, 80 Jahre jung, möchte am liebsten gemeinsam mit Musikern und Publikum über Bachs Musik nachdenken (Seite 30) und der aufsteigende Pultstar Andrés Orozco-Estrada wird in Zukunft das Frankfurter Publikum
mit seiner besonderen Mischung aus kolumbianischem Temperament und großer Disziplin verzaubern. Beeindruckt hat mich in dieser Ausgabe auch Bernd Dinter, in einem früheren Leben Regie-Student, heute erfolgreicher Banker. Er hat sich eine Auszeit genommen und verbringt nun den Sommer in Salzburg, um ein besonderes Komponistenprojekt zu realisieren, von dem er auf Seite 6 erzählt. Apropos Salzburg: Die Vergütung von Künstlern ist nicht nur bei den dortigen Festspielen ein heikles Thema. Per facebook entwickelte sich in den vergangenen Monaten eine große Gruppe vor allem freischaffender Künstler, die sich unter dem Namen „Die traurigsten & unverschämtesten Künstler-Gagen & Auditionerlebnisse“ zusammengetan hat. Durch die Unterstützung der Sängerin Elisabeth Kulman erreichte die Welle nun die gesamte Medienlandschaft. In der Diskussion meldeten sich auch persönlich angegriffene Intendanten wie Alexander Pereira zu Wort. Wir haben das Geschehen der vergangenen Monate verfolgt und fassen es auf Seite 34 zusammen. Falls Sie in den nächsten Monaten einmal die Lust verspüren, nach New York zu reisen, kann ich Ihnen nur unsere Reisegeschichte (Seite 38) empfehlen. Cellist und Wahl-New Yorker Johannes Moser verrät darin wirklich spannende Tipps, die einen Aufenthalt im Big Apple zu einem echten Erlebnis werden lassen. Viel Spaß beim Lesen, herzlichst
Ihre Abo-CD? In der Premium-Ausgabe dieser Zeitschrift finden Sie an dieser Stelle die crescendo Abo-CD – eine exklusive Leistung unseres crescendo Premium-Abonnements. Darauf hören Sie die Musik zu den Artikeln, die im Heft rot gekennzeichnet sind. Eine Inspiration für Ihre Ohren! Mittlerweile ist bereits die 43. CD in dieser Premium-Edition erschienen. Haben wir Sie neugierig gemacht? Dann testen Sie crescendo Premium! Die erste Ausgabe schicken wir Ihnen kostenlos. Dazu die crescendo Abo-CD. Ganz ohne Kaufverpflichtung. Bestellen Sie per Telefon: +49-(0)89-85853 548, auf www.crescendo.de/abo. Info auf Seite 30.
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Juni - Augus t 2013
Winfried Hanuschik
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Die Pianisten der Welt beflügeln Europas neue Metropole:
P r o g r a mm
Klavier-Festival Ruhr Seit 25 Jahren: Hören, was Freude macht!
4. Mai - 19. Juli 2013 Info | Ticket: 01805-500 80 3* www.klavierfestival.de
Pierre-Laurent Aimard | Martha Argerich | Kit Armstrong & Adrian Brendel | Emanuel Ax & Frank Peter Zimmermann | Elena Bashkirova | Boris Bloch | Alfred Brendel (Vortrag) | Khatia Buniatishvili | Till Brönner & Quintett | Michel Camilo | Chick Corea & „The Vigil” | Leon Fleisher | Hélène Grimaud | Marc-André Hamelin | Evgeny Kissin | Michael Korstick | Katia & Marielle Labèque | Igor Levit | Paul Lewis | Oleg Maisenberg, Gidon Kremer & Giedre Dirvanauskaite | Gabriela Montero | Murray Perahia | Maria João Pires | Olga Scheps | András Schiff | Grigory Sokolov | Andreas Staier | Yaara Tal & Andreas Groethuysen | Nikolai Tokarev | Daniil Trifonov | Yundi | Krystian Zimerman u.v.a.
18 Nachruf Sir Colin Davis Er galt als Autodidakt am Pult und wurde dennoch zum großen Maestro.
10 Andreas Ottensamer Der Klarinettist über Familie, Fußball und sein neues Album.
25 Byron Janis Als Horowitz-Nachfolger gehandelt, wurde Janis einer der tragischsten Pianisten.
STandards
Künstler
hören & Sehen
03.... Prolog Der Herausgeber stellt die Ausgabe vor. 06.... Ouvertüre u.a. mit der Playlist von Jan Lisiecki 18..... Personalia Fazil Say, Gustav Kuhn & ein Nachruf auf Sir Colin Davis. 21..... Impressum 32.... R ätsel des Alltags 50.... Die Letzte Seite Daniel Hope über Benjamin Britten.
08..... M assimo Giordano Der Tenor über sein neues Album „Liebe und Schmerz“. 10..... N EWCOMER Klarinettist Andreas Ottensamer veröffentlicht sein erstes Solo-Album. 12..... Mariss Jansons Mit dem Dirigenten des Sinfonieorchesters des BR auf Konzertreise. 16..... A ndrés OrozcoEstrada Das „Wunder von Wien“ wechselt nach Frankfurt und Houston.
19..... DIE WICHTIGSTEN EMPFEHLUNGEN DER REDAKTION 20.... Attilas Auswahl Die wichtigsten CDs unseres Kolumnisten. 25.... Byron Janis CD-Box: Ein tragischer Held des Klavieres 30.... Helmuth Rilling Unser Autor reiste als Sänger mit dem Maestro und BachSpezialisten. Eine Hommage.
Exklusiv nur in crescendo Premium Ensemble Mit unseren Autoren hinter den Kulisssen. Blickfang Mariinsky II und seine prominenten Gäste. Ouvertüre Ein Vergleich „aneckender“ Intendanten.
Exklusiv nur in crescendo Premium Ein Kaffee mit ... Enoch zu Guttenberg. Claudio AbBado Der italienische Maestro mit Gefühl wird 80.
Exklusiv nur in crescendo Premium Dobrinka Tabakova Komponistenporträt Akustik Die High-EndNeuheiten der Saison.
Das kulturelle Leitprojekt des
Kulturpartner Medienpartner
Kommunikationspartner Medienpartner
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Juni – Augus t 2013
Fotos: Matt Stuart; Anatol Kotte / Mercury Classics / DG; RCA Sony Music Entertainment
*(0,14 €/Min. aus dem dt. Festnetz; Mobil max. 0,42 €/Min.)
36 Play Me, I‘m yours Fabio Tedde will auf allen Straßenklavieren der Welt spielen. Wir spielten mit ihm sein 330.
38 Live vom Big Apple Die besten Tipps und Tricks für einen Besuch in New York – von Cellist Johannes Moser.
44 First Position Der Ballett-Dokumentarfilm porträtiert Jugendliche, die für Ballett an Grenzen gehen.
gesellschaft
Lebensart
erleben
Fotos: privat; Bob Coat; 2013 Ascot Elite Filmverleih GmbH
34.... Revolution 2.0 Die Künstler gehen für bessere Arbeitsbedingungen nicht auf die Straße, sondern melden sich über das Internet zu Wort! 36.... Pianopilger Fabio Tedde aus Italien möchte alle „Play me, I’m yours“-Klaviere bespielen – weltweit. Exklusiv nur in crescendo Premium Weltspiegel Fünf Momentaufnahmen der klassischen Musik aus Nahost, China, Ost-Europa und Korea. Woher kommt Eigentlich ...? ... das Lied von Carlos Santana: „Love of my life“?
38.... Reise Cellist Johannes Moser über seine Wahlheimat New York City. Exklusiv nur in crescendo Premium Reisenews Die internationalen Termine und ein spannendes Privatkonzert von Martha Argerich Weinkolumne Dirigent John Axelrod über den leckeren SuperSommerwein Malbec
42.... Bachchor Die Mainzer widmen sich dem 100. Geburtstag von Benjamin Britten und seinem „War Requiem“. 44.... Ballettfilm Was steckt hinter dem preisgekrönten Dokumentarfilm „First Position“, der im Juli ins Kino kommt. 46.... Vorschau Die wichtigsten Termine des Sommers. Exklusiv nur in crescendo Premium Mozarts Reise 250 Jahre Wunderkindreise – ein Fest in 19 Städten.
Exklusiv für Abonnenten Hören Sie die Musik zu u nseren Texten auf der crescendo Abo-CD – exklusiv für Abonnenten. Infos auf den Seiten 3 & 33.
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ou v er t ü re
„Jedem Komponisten eine Aufgabe“ nicht eine Verbindung zur Musikstadt Salzburg finden kann. Herr Dinter, wobei stören wir Sie gerade? Ich plane gerade eine Reise nach Salzburg – unser KomUnd so haben Sie 12 Komponisten zum Komponieren ponistenprojekt soll nämlich nach New York geholt aufgefordert. Durften die sich jeweils eine Skulptur auswerden, deswegen treffe ich mich in Salzburg suchen? mit dem Manager der New York PhilharmoNein. Wir haben bewusst die Skulpturen zugeteilt. Matnic. thias Pintscher kuratiert, um jedem Komponisten eine echte „Aufgabe“ zu geben, in der sie sich authentisch Ihr Komponistenprojekt – genau darüber und individuell mit der jeweiligen Skulptur auseinanwollen wir mit Ihnen reden. Um was für dersetzen können. ein Projekt handelt es sich? Wir verbinden 12 Skulpturen, die durch In einem Konzert bringen Sie dann Musik und die Salzburg Foundation in den letzten Skulpturen zusammen? Jahren in Salzburg installiert wurden, mit Ja, wir wollten nicht draußen vor den Skulpturen 12 zeitgenössischen Kompositionen, die spielen – das würde den Kunstwerken nicht gerecht die Stiftung eigens für dieses Projekt in werden. Deswegen veranstalten wir im Rahmen der Auftrag gegeben hat. Diese Stiftung hat Salzburger Festspiele ein Konzert im Mozarteum, es sich zum Ziel gesetzt, zeitgenössische bei dem übrigens auch die Kunstwerke visualisiert Kunst in den öffentlichen Raum Salzburgs und für den Zuschauer greifbar gemacht werden. zu bringen. Wie, verrate ich aber noch nicht. Das sind Skulpturen, die das Stadtbild Welche Komponisten konnten Sie für das Projekt von Salzburg sehr verändern und mit degewinnen? nen einige Bewohner auch angeeckt sind … Alexander Pereira sagt: „Es ist die Crème de la Crème der zeitgenössischen Musik.“ Zeitgenössische Kunst sollte immer den Anspruch haben, New York hat für das Projekt zu irritieren. Ob sie aneckt schon angefragt? Bernd Dinter (54) fuhr für seine Regie-Ausbildung beim Beroder beglückt, das ist dem BeJa, es wird im MOMA nochmals liner Ensemble von 1986–89 jeden Tag über die Grenze nach trachter überlassen. Es gibt, aufgeführt. Es soll eine runde, abOst-Berlin. Heute ist er Direktor für Kunst und Kultur beim glaube ich, keine Stadt der geschlossene Sache werden. So Bankhaus Sal. Oppenheim, daneben freier Kulturschaffender. Welt, die eine solche Dichte wird es auch eine App geben, auf von Skulpturen dieser Qualider die Kompositionen eingespielt tät hat. Mit diesem Hintergrund haben der Kurator dieses Skulp- sind. Man kann also zu den Skulpturen wandeln und sich dort die turenparks, Walter Smerling, und ich uns die Frage gestellt, ob man neu geschaffene Musik anhören.
1. Rachmaninov: Piano Concerto No. 3, Op. 30 – Martha Argerich
Playlist Welche Werke hört Pianist Jan Lisiecki auf seinem iPod? Und vor allem, warum?
„Ein unglaublich inspirierendes Stück, in jeder Hinsicht.“ 2. Have A Cigar – Pink Floyd
„Die Texte des Liedes passen gerade sehr zu meiner derzeitigen Lebenssituation.“ 2. It’s a Beautiful Day – Queen
„Bringt mich zum Lachen, auch wenn es gar nicht soo schön draußen ist.“ 3. Non, je ne regrette rien – Edith Piaf
„Ich liebe das Leben und bereue ebenfalls nichts.“ 5. Offramp – Pat Metheny Group 6. In Praise Of Dreams – Jan Garbarek
Beide Stücke sind optimal, wenn man gerade auf Reisen ist. Lisieckis neues Album „Chopin Etudes“ ist soeben bei Universal erschienen.
7. Orawa – Wojciech Kilar
Meine liebste zeitgenössische Komposition! Man kann sich die Schönheit der Berge und Hügel vorstellen.
+++ So geht Musikwissenschaft heute: Schluss mit langer Blätterei in dicken Wälzern in der Bibiothek. Die Akademie der Wissenschaften und Literatur Mainz macht die Gesamtausgabe der Werke Christoph Willibald Glucks online verfügbar – mit bequemer Werk-Suchmaschine und den nötigen Daten zur Entstehung, Uraufführung, Erstausgabe sowie Rezeption. ++ James Levine zurück an der MET: Fast zwei Jahre ist sein letztes Dirigat her, wegen Krankheit musste er alle Produktionen absagen. Im Mai dirigierte der 69-Jährige, der seit 1973 Chefdirigent des Orchesters der Metropolitan Opera ist, erstmals wieder Konzerte mit seinem Klangkörper. Die Opernproduktionen „Falstaff“, „Così fan tutte“ und „Wozzeck“ sind noch geplant.
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Juni – Augus t 2013
Foto: privat
Ein Anruf bei ... Bernd Dinter, der in Salzburg gerade ein Projekt mit zwölf Auftragskompositionen verwirklicht – im richtigen Leben aber bei einer Bank arbeitet.
S potlight Music alproduktion G mbH & Manfred Her tlein Veranstaltungs G mbH präsentieren
SIE KOMMT NACH MÜNCHEN!
k ü n s t l e r
„Totale Freiheit“ Auf seinem neuen Album singt der italienische Tenor Massimo Giordano über „Liebe und Schmerz“. Hat er sich damit einen Traum erfüllt? v o n A n to i n e tt e S c h m e lt e r d e Es c oba r
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Foto: Marisa Crawford
musst, musst du weitermachen!’“ Was in Gespräch unter vier darauf folgte, war einerseits eine VerAugen trotz 650 Kilomekettung „glücklicher Fügungen“, andetern Entfernung? Dank rerseits das Ergebnis von viel „Schweiß Skype wäre das kein Pround Opfern“: Nach der Aufnahme blem – wenn Massimo in die Gesangsklasse, bei der er sich Giordano seine Pläne nicht geändert ohne Vorbereitung gegen annähernd hätte. Denn statt mit Laptop in Flo100 Konkurrenten durchsetzte, absolrenz zu weilen, wo der italienische vierte Giordano sein Studium genauso Tenor am Vorabend des Interviews ambitioniert wie Gesangswettbewerbe, beim Maggio Musicale Verdis „Don die mit ersten Engagements belohnt Carlo“ unter dem Dirigat von Zubin wurden und ihn Schritt für Schritt ein Mehta gesungen hat, ist er nach der Repertoire vor allem im Belcanto-Fach Vorstellung kurzentschlossen zu seierarbeiten ließ, das er jetzt zum ersten ner Familie nach Triest gefahren. Zum Mal auf einer CD unter Beweis stellt. ausgemachten Gesprächstermin steht „Amore e Tormento“ heißt sein er einen Dreivierteltag später schon Debutalbum mit Arien der italieniwieder mit gepackten Koffern auf der schen Komponisten Cilea, Puccini, Straße, um zum nächsten Auftritt im Verdi, Giordano und Ponchielli. „Die Florentiner Teatro Comunale zurück14 ausgewählten Stücke aus Werken zufahren. „Häufige Ortswechsel sind Buongiorno Giordano: von ‚Manon Lescaut’ über ‚Tosca’ und notwendiger Teil meiner Arbeit“, komder Tenor in seiner ‚Simon Boccanegra’ bis ‚Turandot’ solmentiert deshalb via Mobiltelefon der Heimat Italien. len in einer Art dramatischen Entzweifache Vater, der unter diesem Spawicklung zeigen, welche Gefühle die gat zwischen Beruf und Privatleben zugegebenermaßen leidet. Und sich freut, wenn die Distanz „nur ein Liebe von Eifersucht über Rache bis Verrücktheit begleiten“, erklärt paar Stunden innerhalb Italiens“ beträgt, „weil man sich ansonsten Giordano sein künstlerisches Konzept, das er in „totaler Freiheit“ leicht wie ein Seefahrer fühlt, der dauernd weit von zu Hause weg habe entwickeln können und das sich bewusst auf „Italianità“ konist, während die Kinder ohne seine Anwesenheit immer größer wer- zentriere, weil er sich nicht von der ihm so wichtigen Tradition und den“. Verzichten möchte er auf seine rund 40 bis 60 Auftritte pro Jahr, seinen Wurzeln entfernen wollte. Sowohl inhaltlich als auch stimmzu denen ihn seine Frau Alexandrina und seine beiden Sprösslinge lich ist dabei eine Bandbreite herausgekommen, in der sich Giordano nur in Ausnahmefällen begleiten, aber auf keinen Fall. Dafür ist seine sichtlich wohl fühlt. Und mit der er auch ein anderes als sein gewohnBegeisterung viel zu groß, endlich an jenem Ort brillieren zu kön- tes Publikum erreichen will, das ihm rund um den Globus an den Lippen hängt. „Dolce notte misteriosa“ heißt der Bonus-Track über die nen, der ihm früher „unerreichbar“ schien: auf der Opernbühne. „Mein Vater hat leidenschaftlich gerne neapolitanische Volkslie- schöne Marcella aus der gleichnamigen Oper seines Namensvetters der gesungen. Das war alles, was ich in meiner Familie aus bescheide- Giordano, die Regisseurin Marisa Crawford an der Amalfi-Küste nahe nen Verhältnissen als musikalische Basis mitbekommen habe“, erin- Neapel verfilmt hat. „Mit diesem Video geht es mir um einen frischen nert sich Giordano, 1971 in Pompeji bei Neapel geboren. Eine „neue Zugang zur Oper, der mich anders zeigen soll als in der Rolle eines Welt“ habe sich ihm erst eröffnet, als Giordano Senior seine Stelle klassischen Tenors“, erklärt Giordano, der mit gepflegtem Dreitagebart und zurückgegelten, halblangen als Steinmetz in einer süditalienischen Haaren in Schwarz-Weiß-Bildern und Marmor-Fabrik aufgab und HausmeisMassimo Giordano Live: 50er-Jahre-Ambiente von einer verter am Conservatorio di Musica Giuführerischen Bellezza träumt und mit seppe Tartini in Triest wurde. Weil 19. und 21.6.2013 Berlin, Deutsche Oper Berlin ihr aufs Meer hinaus und am Schluss dort im Fach Flöte Plätze frei waren, Attila in „Foresto“ zusammen auf einer Vespa davonlernte Massimo zunächst das BlasTickets unter www.ticket-deutscheoperberlin.de fährt. instrument. Und zufällig entdeckte 3./6./9.9.2013 Wien, Wiener Staatsoper Respekt hat er nur vor seinem er dann mit 18 sein wahres Talent: Alfredo in „La Traviata“ wichtigsten Kapital, seiner Stimme: „Ein befreundeter tschechischer Tickets unter www.culturall.com „Wir sind unser eigenes Instrument Pianist ermunterte mich, meine und somit sehr fragil“. Festes VorhaStimme mit seiner Klavierbeglei„Amore e Tormento“ Massimo Giordano (BMG) ben ist insofern, gut für sich und sein tung auszuprobieren. Dessen einTrack 3 auf der crescendo Abo-CD: „O inferno! ... Ausnahme-Organ zu sorgen. ziger Kommentar war: ‚Das musst, n Sento avvampar“ aus: „Simon Boccanegra“ von Verdi 8
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AKTUELLE NEUHEITEN VON SONY MUSIC WIENER PHILHARMONIKER SOMMERNACHTS KONZERT 2013 VOLODOS PLAYS MOMPOU Arcadi Volodos präsentiert auf seiner langerwarteten neuen CD einen Querschnitt durch das Klavierwerk des spanischen Komponisten Frederic Mompou – kleine, farbenreiche Stücke voller magischer Schönheit. „Klar wie kleine Glasperlenspiele. Brillant!“ Interpretation & Klang ★★★★★ Fono Forum www.volodos.com
Das Sommernachtskonzert ist neben dem Neujahrskonzert eines der zwei Konzert-Highlights in Wien. Im stimmungsvollen Ambiente des Schlosses Schönbrunn werden die Wiener Philharmoniker ein unvergessliches Programm mit Werken von den diesjährigen Jubiläumskomponisten Giuseppe Verdi und Richard Wagner, wie der„Triumphmarsch“ aus Aida, Ouvertüren aus Otello und Luisa Miller, die„Gralserzählung“ aus Tristan und Isolde und dem Wiener Blut von Johann Strauss, präsentieren. Ab 07.06. erhältlich
XAVIER DE MAISTRE MOZART BOBBY McFERRIN SPIRITYOUALL Der 10-fache Grammy-Gewinner mit der einzigartigen Stimme kehrt zurück zu der Musik, mit der er aufgewachsen ist: Spirituals & Gospels. McFerrin erfindet sie jedoch völlig neu und verbindet sie gekonnt mit Jazz-, Klassik- und Blueselementen. Es ist Musik, die direkt aus dem Herzen kommt und einfach nur gute Laune macht. www.bobbymcferrin.com
Auf seiner neuen CD widmet sich der französische Harfenist Xavier de Maistre einem der großen klassischen Hauptwerke für Harfe: dem Doppelkonzert für Flöte und Harfe. Zusammen mit dem renommierten Mozarteum Orchester Salzburg unter Ivor Bolton und Flötistin Magali Mosnier hat er außerdem bekannte Mozart-Werke wie das Klavierkonzert in F-Dur und die Sonate in C-Dur eingespielt, die in Adaption für Harfe eine völlig neue Hörerfahrung bieten. Ab 19.07. erhältlich www.xavierdemaistre.com
BRUNO WALTER THE EDITION
LEON FLEISHER THE COMPLETE ALBUM COLLECTION Diese Sammleredition umfasst alle Einspielungen Leon Fleishers in Originaloptik der damaligen LPs auf 23 CDs. Die Gesamtaufnahmen zeichnen die persönlichen und musikalischen Eckpunkte seines Lebens nach und lassen legendäre Konzerte von Beethoven, Brahms, Mozart, Schumann und Grieg mit George Szell und dem Cleveland Orchestra sowie hochgelobte Soloaufnahmen erneut erklingen. Späte Aufnahmen von Klavierabenden für die linke Hand und sein beidhändiges Comeback erzählen von der schicksalsreichen Karriere des virtuosen Pianisten. Ab 07.06. erhältlich
Diese hochwertige und limitierte Sonderedition im LP-Format enthält auf 39 CDs Bruno Walters späte Studioaufnahmen, die in den letzten 20 Jahren seines Lebens mit dem Columbia Symphony Orchestra und dem New York Philharmonic entstanden sind, sowie ein großformatiges Begleitbuch mit ausführlichem Essay und vielen Bildern. Mit den kompletten Sinfonien-Zyklen von Beethoven und Brahms sowie weiteren Sinfonien von Bruckner, Mahler, Mozart u.a.
www.sonymusicclassical.de
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Meine Familie & ich
Klarinettist Ottensamer: „Wenn, dann auf höchstem Niveau.“
crescendo: Ihre Mutter ist Cellistin, Ihr Vater und Ihr Bruder sind Klarinettisten bei den Wiener Philharmonikern. Das klingt nach viel Musikthemen beim Abendessen ... Andreas Ottensamer: Im Gegenteil, wir waren gar nicht so fixiert auf dieses eine Thema. Alle sind vielschichtig interessiert, ich war immer perplex, wenn in anderen Familien nur über Musik gesprochen wurde. Musik war für uns das Natürlichste auf der Welt. Sie fingen mit dem Klavier an, spielten dann Cello und griffen erst später zur Klarinette. Auf der Klarinette kam ich sehr schnell voran. Sich allerdings beruflich dafür zu entscheiden, war eine andere Sache. Schließlich muss man die Chancen bedenken, ob drei aus einer Familie mit demselben Instrument erfolgreich sein können. Aber wenn man einmal Feuer gefangen hat, kommt man nicht davon los. Es ist eine einzigartige Konstellation. Alle Logik spricht dagegen. Die 10
Foto: Anatol Kotte/Mercury Classics/DG
Vater und Bruder sind Klarinettisten bei den Wiener Philharmonikern, er selbst darf nun sein erstes Soloalbum veröffentlichen. Andreas Ottensamer über Konkurrenz im eigenen Haus und Parallelen zum Sport.
Entscheidung, Musik zu machen, ist aber erst vor etwa vier Jahren gefallen. Was gab den Ausschlag? Dass ich die Stelle bei den Berliner Philharmonikern bekommen habe. Eines wusste ich: Wenn ich Musik mache, dann nur auf höchstem Niveau. Ich wollte keinen Kompromiss eingehen. In einer Familie wie der meinigen liegt die Latte hoch. Gibt es einen großen Unterschied zwischen der Klarinettenspielkultur der Wiener Philharmoniker und den Berlinern? Die Wiener Klarinette mit ihrem etwas dunkleren, voluminösen Klang, der dort sehr gepflegt wird, hat schon längst den Einzug bei den Berlinern gehalten, mit Leuten wie Alois Brandhofer und Wenzel Fuchs, dem aktuellen Soloklarinettisten, der gemeinsam mit meinem Vater in Wien studiert hat. Auf Fußball wollten Sie dennoch nicht verzichten, Sie gründeten www.crescendo.de
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mit Ihrem Bruder und Freunden 2007 ein Fußballteam. Wo stehen Sie? Im Tor? Oder sind Sie der Libero? Nein, ich bin im zentralen Mittelfeld. Der Spielmacher … … und im Klarinettentrio „The Clarinotts“, in dem Sie mit Ihrem Vater und Ihrem Bruder Daniel spielen? (Lachen) Da habe ich mir als Jüngster den Respekt erspielt! Glauben Sie mir: Die Proben sind bei uns nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen und auch nicht gerade unsere Stärke. Tausend Sachen laufen schief, aber wir regen uns gar nicht darüber auf, weil wir wissen, dass es beim nächsten Mal wieder gut geht. Haben Sie Parallelen zwischen der Musik und dem Sport finden können? Absolut. Ganz maßgeblich ist es eben, wenn man als Kind schon in Berührung mit einer gewissen Disziplin kommt. Man gewinnt eine ganz besondere Einstellung. Man lernt, sich einer Sache voll hinzugeben. Wenn man lernt, die Dinge sprichwörtlich unter einem sportlichen Aspekt zu betrachten, dann hilft einem das sehr. Auch in der Musik. Höher, weiter, schneller – sprich besser, heißt es doch im Sport. Ist das auch gut in der Musik? Nein, auf die Interpretation ist dies nicht unbedingt zu übertragen. Eher auf die mentale Einstellung im Hinblick auf die Kunst und die Arbeit, die hinter jeder Interpretation steckt. Ich bewundere jeden Hochleistungssportler, wie er seinen Körper mit seinem Geist antreibt. Dazu gehört Willenskraft und Motivation, um dem Körper diese Leistungen abzugewinnen. Und damit meine ich, dass man diese Qualitäten und Charaktereigenschaften überall in seinem Leben anwenden kann, und somit auch beim Klarinettenspiel. Musik hat natürlich nichts mit Leistungssport zu tun. Im Februar nahm Sie die Deutsche Grammophon unter Vertrag, als ersten Soloklarinettisten in der über hundertjährigen Geschichte des Labels. Warum ist Ihr Instrument so wenig populär? Ich verstehe die Frage. Klarinette ist vielleicht kein so vordergründig populäres In-strument geworden wie die Geige oder das Klavier, für die es natürlich ein unglaublich umfangreiches Repertoire gibt. Aber wenn man die Holzbläsergruppe anschaut, dann ist die Klarinette das einzige Instrument, für das romantische Konzertliteratur geschrieben wurde. Denken Sie an Carl Maria von Weber, Louis Spohr, und in der Klassik besonders an Mozart. Dann die französische Schule um Poulenc 11
sant zu sehen, welchen Einfluss das auf sein Klarinettenkonzert hat. Ich Lasziv quietscht sie in Gershwins Prelude Nr.1, gleitet wollte den lyrischen Charakter herdurch Cimarosas sinnliche „Siciliana“ und schwingt ausheben in diesem technisch sehr sich durch die Tanzrhythmen im zweiten Satz von anspruchsvollen Konzert, das auch Coplands Klarinettenkonzert. Unterschiedlicher seine dramatischen Effekte hat. Das könnte das Repertoire, könnten die Spieltechniken ist ja schön und gut, aber irgendwie nicht sein, mit denen der Klarinettist Andreas Otmuss die Klangqualität auch da sein. tensamer sich hier vorstellt. Er hat sich Das ist mir sehr wichtig. Dieses Kondem Wiener Klangstil verschrieben, dunkel warm in den Farben bei sparzert steht leider oft im Schatten des samem Einsatz des Vibratos. Klarinettenkonzerts von Carl Maria von Weber. „Portraits“ Andreas Ottensamer (DG) Und last but not least: das Klarinettenkonzert von Aaron Copland. Das machte am meisten Spaß! Das geht so und Debussy bis hin zum Jazz. Und nicht richtig ab! Mit den Jazzrhythmen. Es harzu vergessen: die Kammermusik, Brahms moniert aber wunderbar mit dem restlichen etc. Das sind großartige und unglaubliche Repertoire. Werke. Also wir haben schon zu tun. Bevor wir hier enden, noch eine persönAuf Ihrer jetzt erscheinenden CD „Porliche Frage: Im Internet kursieren Bilder traits“ … von Ihnen als Unterwäschemodel … … spiele ich ein Konzert von Domenico Naja, betrachten wir es unter diesem Cimarosa, der eigentlich ein Komponist Aspekt: Ich war jung und brauchte das komischer Opern war, ein Zeitgenosse Geld! (lacht). Mozarts. Er hat um 1780 Klaviersonaten komponiert, und daraus hat Arthur Ben Interview: Teresa Pieschacón Raphael jamin 1942 ein Konzert für Klarinette und Streicher arrangiert. Es klingt wie eine Arie Termine: So., 21.07.2013 Schloss Johannisberg und wie eine Ouvertüre, das war wunderHändel, Mozart, Strauss, Takáks u.a., bar für mich, der ich aus Wien komme. The Clarinotts, Rheingau Musik Festival Und dann ist noch das KlarinettenkonSo., 21.7.2013 Würzburg, Mainfranken Theater, zert Nr. 1. von Louis Spohr von 1808. The Clarinotts Spohr musste sein. Er war ja eigentlich Do., 5.9.2013 Traunstein, Klosterkirche Geigenvirtuose, und es ist sehr interes-
Wie ist sein neues album?
Jonas Kaufmann
Vesselina Kasarova
Sir Simon Rattle
Entdecken Sie Luxemburg durch die Musik Saison 2013/14
Philharmonie Luxembourg & Orchestre Philharmonique du Luxembourg Ticketing (+352) 26 32 26 32 www.philharmonie.lu
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Valery Gergiev
Als würde er den Raum vermessen: Mariss Jansons in Konzentration versunken, ein paar Minuten vor dem Konzert in der St. Petersburger Philharmonie.
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In Russland mit Mariss Jansons Als der 70-Jährige Dirigent crescendo einlud, ihn zum Abschluss seiner Konzertreise mit dem BR-Symphonieorchester in seine Heimat St. Petersburg zu begleiten, sagten wir natürlich zu.
Sankt Petersburg, Philharmonie, 18.50 Uhr, zehn Minuten vor dem Konzert. Jemand hat vergessen, die Tür des Dirigentenzimmers zu schließen. Ein Blick von hoher Exklusivität, denn man darf sie selten sehen, die Konzentrationsphase eines großen Dirigenten vor seinem Auftritt. Mariss Jansons, 70 Jahre, geboren in Riga, aufgewachsen in St. Petersburg, wandert in diesen letzten Minuten vor dem Konzert sein Zimmer ab, als müsste er es vermessen. Drei Meter nach links, drei Meter nach rechts. Dann wieder nach links, dann wieder zurück. 15 Minuten immer der gleiche Weg, der gleiche Gang, der gleiche Blick. Seine Augen fixieren den Boden, die rechte Hand hält den Dirigierstab, als wolle er jemanden damit lynchen. Und die Unterlippe liegt vor lauter Anspannung über der Oberlippe, ein oft zu sehendes Merkmal bei Jansons. Draußen, nur sechs Meter entfernt, füllen sich die Plätze der St. Petersburger Philharmonie, einem Konzerthaus der alten Schule: Säulen wie im griechischen Tempel, der knarzende Boden mit dickem Teppich verlegt, einzelne Stühle im Parkett und ein Balkon, von dem die Hälfte der Gäste nicht viel sehen wird. In wenigen Augenblicken beginnt das Konzert, die letzte Station der Konzertreise des BR-Symphonieorchesters, das Jansons seit dem Jahr 2003 leitet. Luzern, Amsterdam, Brüssel, Moskau, St. Petersburg. Alle zwei Tage eine andere Stadt. Anders als sein Orchester war der Dirigent zusammen mit Ehefrau Irina mit dem Nachtzug von Moskau angereist. Er werde zwar nicht schlafen, hatte er bereits zuvor wissen lassen, aber das Fliegen und Warten in grauen Abfertigungshallen bereite ihm mehr Stress als die gemütliche Eisenbahn, die er schon seit seiner Jugend kennt. Jansons ist zwar Lette, war im Alter von 13 Jahren aber von Riga nach St. Petersburg gezogen, als sein Vater, der Dirigent Arvĩds Jansons, Assistent des großen Jewgeni Mrawinski geworden war. Im offenen Dirigentenzimmer noch immer das gleiche Bild: Mariss Jansons bleibt in seiner Wanderpose. Selbst Fotos, die man nun von ihm schießt, und ein umstürzender Fernseher vor dem Zimmer können ihn nicht aus seiner Konzentration lösen. Ob er in St. Petersburg, wo er noch immer seinen Hauptwohnsitz hat, besonders aufgeregt sei, wollte man tagsüber wissen, und Jansons hatte nur kurz gelächelt und gerne zugegeben, dass das wohl so sein wird und er sich dagegen auch nicht wehren könne. Sein Ziel war und ist, das perfekte Konzert zu geben, vor allem unter den Augen und Ohren vieler ihm bekannter Gesichter. „Wenn ich in St. Petersburg bin, muss ich den Leuten doch zeigen, dass es stimmt, was sie immer über mich lesen.“ Vor allem im Jahr seines Jubiläums: Jansons wurde im Januar 70 Jahre alt. Eine große Feier
gab es nicht, aber Glückwunscharien, so wie für einen großen Politiker. Die gesamte Klassikszene gratulierte, aber auch gesellschaftliche Riesen wie die niederländische Königin Beatrix – zu dieser Zeit noch in Amt und Würden. Jansons leitet schließlich neben dem BR-Symphonieorchester auch das Königliche Concertgebouw-Orchester in Amsterdam. Als ein Assistent den Maestro um 19.05 Uhr aus seiner Kammer holt und auf die Bühne geleitet, entspringt er seinem Konzen-trationskokon und schreitet schnellen Fußes in die Arena. Sein Credo ist der perfekte Ablauf. Man könnte ihm in dieser Situation ein Bein stellen, er würde es nicht merken. Wenn Jansons auf die Bühne will, hält ihn nichts und niemand mehr davon ab. Jansons ist keiner, der halbe Sachen macht. Schon in seiner Kindheit in Lettland geht er diszipliniert an das Lernen von Instrumenten. Mit sechs Jahren gehört er unter den Geigern zu den besten seines Alters. Mit neun entpuppt sich der Junior als guter Fußballer, der Trainer in Riga hält ihn für so talentiert, dass er die Eltern zuhause aufsucht und sie bittet, den kleinen Mariss auf ein Sportinternat zu schicken. Jansons sagt dazu, seine musikalischen Eltern – Mutter Iraida ist Opernsängerin – seien von dieser Idee eher „entsetzt“ gewesen. Sie gehörten zur intellektuellen Bildungsschicht, zum Dinner kamen Poeten und Schriftsteller – Fußballer spielten in einer anderen Liga. Er verbringt die Nachmittage und Wochenenden fortan im Opernhaus und nimmt die klassische Musik als Hintergrundgeräusch wahr. Auf dem Nachhauseweg summt er Schostakowitsch, in seiner Freizeit baut er sich eine Phantasiephilharmonie aus Nadeln und Knöpfen. Als Mariss Jansons im Jahr 1956 zusammen mit seiner Mutter nach St. Petersburg zieht, bekommt er von den Eltern als wichtigstes „Geschenk“ eine Privatlehrerin, die ihm nicht nur die russische Sprache beibringt, sondern ihn auch in dieser Sprache unterrichtet. Er lernt Violine, Klavier und Dirigieren am bekannten Leningrader Konservatorium und findet trotz Reiseverbot im Jahr 1969 einen Weg, seine Ausblildung bei Hans Swarowsky und Herbert von Karajan im fernen Wien fortzusetzen (die Russen boten den Österreichern einen Tausch an – Ballerinen gegen Dirigenten). 1979 macht ihn das Oslo Philharmonic Orchestra im Alter von nur 36 Jahren zum Chefdirigenten. Jansons war auf dem internationalen Parkett angekommen. Zurück in den Konzertsaal, St. Petersburg: Jansons dirigiert als erstes Stück Beethovens berühmte 5. Sinfonie. Sie gleitet gefühlvoll wie ein ruhiger Fluss in die hintersten Winkel des Saales. Mit13
Foto: Bob Coat
von Robert Kittel
k ü n s t l e r
glieder des BR-Symphonieorchesters sagen, Jansons Dirigat habe etwas Magisches, aber sie könnten auch jetzt – nach zehn Jahren – nicht genau sagen, warum. Nach der Pause: Berlioz’ „Symphonie fantastique – Episode de la vie d’un artiste op. 14“ und als Zugaben Haydns Serenade und Schostakowitsch: Entr’acte aus „Lady Macbeth von Mzensk“. Einige weibliche Konzertgäste bekommen bei Berlioz feuchte Augen – vor allem die Damen auf den günstigen Plätzen. Es sind die Stühle, von denen man keinen Blick auf das Orchester und den Dirigenten hat. Sie sind stolz und wehmütig zugleich: Warum kann Jansons, ein Mann, der hier aufgewachsen ist, nicht öfters in St. Petersburg dirigieren? Als das Konzert vorbei ist, klatschen die Menschen minutenlang, die große „standing ovations“-Arie aber bleibt aus. Das Publikum in St. Petersburg ist verhaltener, es wirkt wie ein Nachbar, der in den vergangenen 20 Jahren eine harte Zeit durchlebte und erst wieder neues Selbstvertrauen tanken muss. Jansons zieht sich schnell in sein Privatzimmer zurück und gewährt ein paar Bekannten die übliche After-Show-Audienz. Viele wollen Erinnerungsfotos, prominente Lokalpolitiker suchen seine Nähe und drängen sich in den Vordergrund. Es wird jetzt erstmals hektisch, und ein paar Assistenten sind bemüht, den Dirigenten vor dem Trubel zu schützen. Klar, auch Mariss Jansons mag das Lob und die Anerkennung nach dem Konzert, die große Show aber liebt er 14
nicht. Er lässt sich nicht in einem Maybach zum Konzertsaal fahren, sondern in einer unauffälligen E-Klasse. Als sein Vater – privilegiert durch seine Prominenz als Dirigent – als einer der ersten in St. Petersburg ein Auto fährt, lässt er sich ein paar hundert Meter vor der Schule absetzen, damit ihn niemand sieht. Er ist keiner, der sich in den Vordergrund drängt. Etwas anders sieht es mit dem Eigengebrauch eines Autos aus. „Ich liebe schnelle Autos“, erzählt Jansons gerne. „Vor allem aus Deutschland!“ Ob dies ein Grund sei, warum er ein Engagement in Deutschland hat, möchte man natürlich wissen. Bei solchen Fragen taut Jansons aber richtig auf und kontert, dass man in Russland schon auch schnell fahren könne – man müsse halt bezahlen, wenn man erwischt wird. Danach grinst er wie ein Lausbub. Sein Verhältnis zu Russland aber ist nicht frei von Kratzern: Als sein Vater Arvĩd 1984 auf Auslandstournee in Manchester nach einem Herzinfarkt stirbt, transportiert Jansons Junior die Asche auf dem Landweg zurück nach Russland. Bei der Einreise durchsuchen die Grenzer die Urne auf verbotene Substanzen und wühlen in der Asche seines Vaters herum. Menschen, die ihn lange begleiten, erzählen, eine solche Aktion hinterlasse tiefe Spuren bei Jansons, und sie sei nicht unbedingt vorteilhaft gewesen für die Beziehung mit Russland. Auch die Ein- und Ausreisebedingungen, die der damals junge Dirigent bis zum Fall der Sowjetunion berücksichtigen musste, hatten seine Arbeit und vor allem seine Ausbildung speziell in Wien bei Swarowsky und Karajan lange behindert. Wenn er darüber spricht, tut er dies jedoch immer mit positivem Unterton: Ja, es sei schwierig gewesen, aber man sei eben auch kreativ geworden, in Sachen Ausreisegenehmigung. Er ist keiner, der sich beklagt. Nach dem Konzert lädt Jansons das Orchester in eine Residenz, die wohl nur wenige Bürger der Stadt für ein Fest mieten dürfen. Im schlossähnlichen Anwesen möchte er sich für die Tournee bedanken. Es gibt russisches Buffett, ein Jugendfreund von Jansons ist mit seiner Jazz-Combo angereist und spielt auf einer Elektro-Geige. Jansons nimmt sich das Mikrofon, er ist jetzt das erste Mal frei von Anspannung, die Gesichtszüge haben sich gelockert. Er sagt die üblichen Dankesfloskeln und animiert zum Trinken des Wodkas, der großzügig auf den Tischen verteilt steht. Für die Musiker ist dieser Moment ein sehr seltener. Obwohl Jansons seit zehn Jahren das BR-Orchester leitet, haben sie ihn selten persönlich kennenlernen dürfen. Wenn der Maestro zur Probe erscheint und die Musiker im Gang trifft, grüßt er weder den Geiger noch den Trompeter. Hier das Orchester, da der Dirigent. Er gehört da zur Alten Schule. Die meisten haben kein Problem damit, sind aber positiv überrascht, wenn sie einen Jungstar wie Daniel Harding oder Andriss Nelsons zu Gast haben, der im Anschluss die Frage stellt, wo man denn noch gemeinsam ein Bierchen trinken könne. www.crescendo.de
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Juni – Augus t 2013
Fotos: Bob Coat
Volle Energie am Pult: Jansons in seiner Heimat St. Petersburg.
Virtuose Vielfalt. Jansons ist nicht der Typ „Gemeinsames Bierchen“. Spätestens seit seinem zweiten Herzinfarkt muss er ohnehin auf seine Gesundheit achten. Umso erstaunlicher, dass er an diesem Abend bis zwei Uhr morgens auf der Feier bleibt. Ein Musiker sagt: „Immerhin haben wir keine Angst: Seine Frau Irina ist ja Ärztin.“ Halt: Was er denn noch für Träume in naher Zukunft habe, möchte man natürlich noch wissen, und Jansons sagt, er habe in seinem Leben wohl zu wenig Oper gemacht, was ihm nun etwas fehle und was er sehr gerne nachholen würde. Ein Opernorchester dirigieren, ja, das wolle er. Und: mehr mit dem Nachwuchs arbeiten, ein Orchester mit jungen Musikern leiten, sie aufbauen und an ihnen feilen. Wenn man bedenkt, dass er der Hälfte seines eigenen Orchesters noch nicht mal die Hand geschüttelt hat, ist das zwar ein provokativer Wunsch, aber wer Jansons kennt, weiß: Er wird es machen. Jetzt bekommt er erst einmal den Ernst von Siemens Musikpreis – die wahrscheinlich höchste Auszeichnung für einen Dirigenten. Er sagt: „Ich freue mich darüber“, und man erkennt: Ein neuer Konzertsaal in München wäre diesem Dirigenten am Ende wichtiger. n
Mariss Jansons LIVE 2. Juni 2013, 19 Uhr / München Sonderkonzert: Mariss Jansons dirigiert Orchesternachwuchs Bayerisches Landesjugendorchester / Akademie des Symphonieorchesters 6. Juni & Freitag, 7. Juni 2013, 20 Uhr / München Als Gast: Yo-Yo Ma Werke von Schumann und Tschaikowsky 2. August 2013, 20 Uhr / Saarbrücken Gastkonzert: Mariss Jansons & der Chor des BR Gustav Mahler: Sinfonie Nr. 2
Ehefrau Irina ist bei jedem Konzert „Ansprechpartnerin“.
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Klassische Musik an historischen Spielstätten oder mitreißende Jam-Sessions in den Weinbergen. Mit fast 150 Konzerten ist das Rheingau Musik Festival eine der facettenreichsten Konzertreihen in Europa. Renommierte nationale und internationale Künstler finden hier ebenso ihr Publikum wie Nachwuchstalente. Große musikalische Leistung zieht Besucher aus nah und fern in eine einzigartige Landschaft. Diese kulturelle Vielfalt unserer Region gilt es zu erhalten – dafür setzen wir uns ein.
Aktiv für die Region. Fraport. The Airport Manager. www.aktivfuerdieregion.fraport.de
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Romantik aus Medellín
Fotos: Werner Kmetitsch
Tänzer am Pult, Pragmatiker bei der Wahl des Wohnortes und privat träumerischer Denker. Als Chefdirigent des Tonkünstler-Orchesters Niederösterreich mischte Andrés OrozcoEstrada Österreich auf, jetzt wechselt er nach Frankfurt und Houston. v o n A n n a N o v á k
Man liest ihm jede Emotion vom Gesicht ab: Andrés Orozco-Estrada im Konzert.
Wiener Musikverein. Andrés Orozco-Estrada betritt die Bühne mit schnellen, zielgerichteten Schritten. Ein begrüßender Blick zum applaudierenden Publikum, eine kleine, fast unmerkliche Geste mit der linken Hand. Und noch während er sich zum Orchester umdreht – wenige Sekunden ist er erst auf der Bühne – gibt er den Orchestereinsatz zu Mozarts g-Moll-Sinfonie. Ein Überraschungsmoment für Publikum und das Tonkünstler-Orchester Niederösterreich, das spontan und aufmerksam reagiert – die Musiker kennen ihren südamerikanischen Chefdirigenten gut, das merkt man. Orozco-Estrada hat diese besondere Energie am Dirigentenpult. Sein Dirigat und seine Mimik erzählen die Geschichte der Musik mit. Er tanzt dort oben. Und sein Orchester tanzt mit. crescendo: Gerade spielten Sie im Wiener Musikverein ein Mozart-Programm. Einen sehr modernen, völlig entstaubten, entschlackten Mozart konnten wir dort erleben. Was war die Idee hinter der Dramaturgie des Abends? Andrés Orozco-Estrada: Der wichtigste Ansatz war: wieder Mozart zu spielen. Ich habe den Eindruck, dass mittlerweile in vielen Orchestern, besonders in den groß besetzten Sinfonieorchestern, immer weniger klassisches Repertoire gespielt wird. Das ist auch bei uns so, und das ist schade. Denn wir wissen: Diese Musik ist die Basis des Orchesterspiels und die wirklich detaillierte Arbeit. Diese Musik auf höchstem Niveau zu spielen, ist fast das Schwierigste, das es gibt. Weil ich nicht in einer riesengroßen Sinfonieorchesterbesetzung spielen wollte, kam mir die Idee, das Orchester in zwei Hälften zu teilen – und mit jeder Hälfte einen anderen Teil des Mozartprogramms zu erarbeiten. Sie sagten kürzlich, Ihr Ziel wäre es, für das Tonkünstler-Orchester Niederösterreich einen unverwechselbaren Klang zu prägen. Wie klingt er denn, ihr Optimalklang? Ich wünsche mir eine deutliche Aussprache. Dass man durch klare Artikulation, Phrasierungen und Dynamik die Musik versteht. Dass Motive und Thematiken ihren Platz haben und die Struktur deutlich wird. Auf der anderen Seite ist mir wichtig, bei aller Lebendigkeit, Energie und schnellen Tempi doch einen runden Klang zu bewahren. Man kann vital und artikuliert spielen, ohne dass es hart klingt. Lassen Sie sich in Ihrer Ästhetik von den Kollegen beeinflussen? Haben Sie eine dirigentische Prägung? Am Ende sind es eher Kombinationen, die mich inspirieren. Je nach 16
Stilrichtung. In der Wiener Klassik interessiert mich die „neue“ Art, dieses Repertoire zu spielen. Sei es Harnoncourt oder Gardiner. Ich habe alle Bücher Harnoncourts gelesen und eigene Recherchen gemacht – die Schulen von Leopold Mozart und Quantz gelesen. Ich bin kein Spezialist in einem bestimmten Repertoire, aber ich möchte alles wissen, was mir möglich ist zu wissen. Im Grunde habe ich aber, unabhängig vom Dirigenten, eine eigene Klang-Vorstellung. Wenn ich ein neues Stück erarbeite, höre ich viele Aufnahmen an und versuche daraus für mich die Passagen zu ziehen, die am nächsten an meiner eigenen Interpretation des Stücks liegen. Manchmal ist es nur ein Takt einer Aufnahme – mal ein ganzer Satz. So entsteht eine Art Collage. Für mich ist klar geworden, dass ich nicht meine eigenen Ideale verliere, wenn ich mich von Aufnahmen inspirieren lasse. Ich bin ein Mensch des 21. Jahrhunderts, da wäre es doch sinnlos, wenn ich die bestehenden Aufnahmen nicht anhören würde. Sprechen wir über Ihre dirigentischen Anfänge: Schon mit 19 Jahren verließen Sie Ihre kolumbianische Heimat und zogen nach Wien. Warum ausgerechnet Wien? Wien, bedeutete für mich: Tradition, Schule und eine besondere Geschichte des Landes. Das hat mich sehr interessiert. In der Musikschule in Medellín, die ich besuchte, hatten wir Musikgeschichte und hörten von Wien als Zentrum des musikalischen Geschehens – wir sprechen vom Wien der 60er Jahre. Damals gab es mit Hans Swarowsky noch den einen Lehrer, der viele Dirigenten dieser Generation formte: Zubin Mehta, Claudio Abbado, Mariss Jansons. Ich dachte mir: Dort muss wirklich etwas Besonderes unterrichtet werden! Swarowsky habe ich dort nicht mehr erlebt, aber mein Lehrer hat seine Tradition weitergegeben. Mittlerweile sind Sie seit 15 Jahren in Wien. Haben Sie Heimweh nach Kolumbien und werden eines Tages dorthin zurückkehren? In meinen Idealen – sei es musikalisch oder privat – bin ich romantisch, aber ein Teil von mir ist auch ein sehr pragmatischer Mensch. Meine Möglichkeiten hier sind wesentlich größer als in Kolumbien, außerdem habe ich mittlerweile meine Familie hier. Für mich ist es aufgrund meiner musikalischen Verträge im Moment undenkbar, nach Kolumbien zurückzukehren – aber ich versuche jedes Jahr mindestens einmal dorthin zu fliegen. Sie haben kürzlich zwei neue große Engagements an Land gezogen: Sie werden Chefdirigent des hr-Sinfonieorchesters in Frankwww.crescendo.de
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Juni – Augus t 2013
Historische Kuranlagen &
Goethe-Theater Bad Lauchstädt furt und des Houston Symphony Orchestra in den USA. Ja – zufällig liegen die beiden Städte logistisch sogar ganz gut: Von Wien komme ich problemlos nach Frankfurt und von Frankfurt fliegt zweimal am Tag ein Direktflug nach Houston – und das sogar mit diesem ganz großen A380! (lacht) Das ist bestimmt beim ersten mal lustig, aber bald wird es anstrengend sein, zwanzig mal im Jahr hin und her zu fliegen. Da kommt wieder der romantische Teil in mir zum Vorschein: Meine Motivation ist so groß, nun auch in Amerika einen neuen Teil meines musikalischen Ichs zu entdecken, dass ich das in Kauf nehme. Freuen Sie sich auf die neuen Herausforderungen? Auf jeden Fall! Es sind ganz unterschiedliche Herausforderungen, die auf mich zukommen: In Amerika treffe ich auf eine ganz andere Kultur. Dort ist man neben seinen musikalischen Aufgaben als „Musical Director“ auch das Gesicht des Orchesters und mit für Sponsoring verantwortlich. In Frankfurt übernehme ich ein Orchester auf sehr hohem Niveau. Hier muss man ein bisschen mehr Probenzeit einplanen, um an Details zu feilen – denn oft sind Konzerte mit Radio-Aufnahmen verbunden, da ist alles, was man spielt, für immer und ewig festgehalten. Die Orchester sind eigene Universen! Kann es dann passieren, dass sich Ihre musikalische Ausrichtung, je nach Orchester, unterschiedlich entwickelt? Das kann passieren. Das hr-Sinfonieorchester hat einen sehr schönen Streicherklang, sehr präzise, kompakt, kraftvoll – aber mittlerweile auch sehr flexibel in der Spielkultur. Die Holzbläser sind in absoluter Bestform – man kann viel herausholen! In Houston ist man pragmatischer, vielleicht etwas konkreter und noch kompakter. Dort entwickelt sich, auch durch die straffer organisierte Probenarbeit, bei der man schnell ans Ziel kommen muss, ein anderer Klang. Am Ende auch eine andere Art, Musik zu empfinden und an das Publikum weiterzugeben. Die Mentalität in Amerika ist etwas extrovertierter, besonders von Publikumsseite aus. Hätten Sie rückblickend gern etwas anders gemacht? Nein, gar nichts! Ich weiß: was ich tue, hat eine Basis, ein Verständnis. Das verdanke ich auch dieser Kombination: Ich komme aus Kolumbien. Ich bin Südamerikaner, kann spontan sein und lustig (lacht) – aber ich habe hier schon mit 19 Jahren eine völlig neue Sprache und neue Kultur kennengelernt. Wenn Sie nicht Dirigent geworden wären, dann...? (lacht) Es hätte zwei Alternativen gegeben. Zum einen: Fußballer. Ich habe viel Fußball gespielt in Kolumbien – aber ich bezweifle, dass ich so erfolgreich gewesen wäre, dass ich es nach Europa geschafft hätte! n
Thomas Quasthoff
Don Giovanni
Foto: Harald Hoffmann
Foto: Nilz Böhme
Martha oder Der Markt zu Richmond Foto: Peter Wölk
GOETHES SÄCHSISCHES ARKADIEN
Theatersommer 2013
31. März - 27. Oktober | Goethe-Theater Bad Lauchstädt OPER 2. Juni | 6./14. Juli | Weber DER FREISCHÜTZ | Oper Halle
Wie ist sein neues Album? Berlioz vielschichtige „Symphonie fantastique“ erklingt in strahlender Durchsichtigkeit, wach und lebendig, kontrastreich geschichtenerzählend, mal aufbrausend, mal geheimnisvoll. Das Tonkünstler-Orchester Niederösterreich und Chefdirigent Orozco-Estrada bilden eine kongeniale Symbiose. Bravo!
Hector Berlioz: „Symphonie fantastique“ Tonkünstler-Orchester Niederösterreich, Andrés Orozco-Estrada (Oehms Classics) Track 2 auf der crescendo Abo-CD: „II. Un Bal.“ aus „Symphonie fantastique, op. 14“ von Hector Berlioz
29. Juni | Rossini DER BARBIER VON SEVILLA | Bühnen der Stadt Gera 7./13. Juli | Mozart DIE HOCHZEIT DES FIGARO | Oper Halle 14. September | Händel XERXES | Lautten Compagney Berlin 15./29. September | 5. Oktober | Flotow MARTHA oder DER MARKT ZU RICHMOND | Oper Halle 22. September | 20. Oktober | Mozart DON GIOVANNI | Theater Magdeburg 13. Oktober | Wagner DER RING DES NIBELUNGEN | Theater Waidspeicher und Theater Erfurt
KONZERTE
Termine: Fr, 14.6.Hamburg, Kampnagel, NDR Sinfonieorchester Sa, 15.6.Neubrandenburg, Konzertkirche; Fr, 21.6.Grafenegg, Sommernachtsgala; Mi, 26.6.Stuttgart, Liederhalle; Fr, 28.6.Stuttgart, Liederhalle; Sa, 13.7. Grafenegg, Tonkünstler-Orchester Fr, 16.8. / So. 25.8. / So. 8.9. Grafenegg Festival 2013 Sa, 24.8. Villach, Congress Center
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23. Juni | DIE SCHÖNE MAGELONE Bariton: Sebastian Noack | Sprecher: Thomas Quasthoff | Klavier: Manuel Lange 28. Juli | JAN VOGLER & MARTIN STADTFELD 23. August | RAGNA SCHIRMER | Programm: Goldberg-Variationen
Eintrittskarten: Das ganze Programm: www.goethe-theater.com Besucherzentrum: Tel. 034635 905472 | besucher@goethe-theater.com
Historische Kuranlagen und Goethe-Theater Bad Lauchstädt GmbH Parkstraße 18 | 06246 Goethestadt Bad Lauchstädt
p e r s o n a l i e n
Foto: Atilla Eren Gokturk
Fazil Say
Wohl nie wurde um ein Gerichtsurteil in der klassischen Musikszene so viel diskutiert wie über die Verurteilung des türkischen Pianisten Fazil Say. Der 43-Jährige war im April wegen Beleidigung des Islam zu einer zehnmonatigen Haftstrafe verurteilt worden, die zur Bewährung ausgesetzt wurde – allerdings unter der Bedingung, dass Say ab sofort fünf Jahre lang keinerlei ähnlich blasphemische Bemerkungen äußern dürfe. Say hatte im Internetdienst Twitter eine Mitteilung gepostet, die laut türkischem Gericht die „religiösen Werte eines Teils der Bevölkerung“ herabsetze. Im Internet war bereits bei Says Anklage eine Welle der Solidaritätsbekundung für den Künstler losgebrochen. Nun ruderte das Gericht jedoch zurück und hob nachträglich das Urteil auf. Ein von Says Anwalt zusammengerufenes Tribunal begründete die Entscheidung
mit „Verfahrensfehlern“ in einer niedrigen Instanz, berichtete die Nachrichtenagentur. Ein Termin für die Wiederaufnahme des Prozesses ist noch nicht bekannt. Fazil Say hatte in der Vergangenheit bereits mehrfach angekündigt, er wolle aus der Türkei auswandern.
Gustav Kuhn
Euro päis c h e r K ult urp re is Ende Mai wird in Leipzig feierlich der Europäische Kulturpreis verliehen. In diesem Jahr ist der Preis eng mit Richard Wagner verknüpft, der Fokus liegt passend zum Wagner-Jahr auf der Bewahrung und Weiterführung des Komponisten. Damit ist diese Veranstaltung einer der Höhepunkte der Wagner-Festwoche und steht als Zeichen für eine Verbindung zwischen den Menschen und Kulturen, die durch Musik
Foto: Tom Benz
Fa z il S ay
möglich ist. In einer großen Gala werden die diesjährigen Preisträger geehrt. Über den Europäischen Kulturpreis für Musik dürfen sich Heldentenor Klaus Florian Vogt und die Mezzosopranistin Angelika Kirchschlager freuen. Mit dem Europäischen Dirigentenpreis wird Gustav Kuhn geehrt, der in der vergangenen Saison mit der Einweihung seines neuen Festspielhauses im Tiroler Ort Erl für Furore sorgte. Multitalent Armin Müller-Stahl erhält den Europäischen Kulturpreis Pro Arte. Der Europäische Orchester- und Chorpreis geht an das MDR Sinfonieorchester unter der Leitung seines Chefdirigenten Kristjan Järvi. Alle Preisträger, unter anderem Iris Berben und Karl Lagerfeld, werden für herausragende Dienste in und für Europa ausge-
zeichnet. Traditionell stehen die Europäischen Kulturpreisverleihungen unter dem Patronat der Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung des Europarats, des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission. Der Preis ist undotiert.
G e s t o r b e n
S ir Coli n Davi s
Foto: Alberto Venzago
seine uneitle Art auf. Seinen Klemperer in „Don Giovanni“ machten ihn Schwerpunkt legte er auf die weit über England hinaus bekannt. 1967 sorgfältige Probenarbeit. Sein wurde er Chefdirigent des BBC Symphony Repertoire reichte von Mozart, Orchestra. Kaum vier Jahre später berief ihn dessen Musik er liebte, über das Londoner Royal Opera House als Nachdie britischen Komponisten folger von Georg Solti. Er blieb dem Haus bis hin zu einer Vorliebe für jahrelang als Musikdirektor erhalten. Sibelius und eine Gesamtein- Sir Colin Davis dirigierte als erster Englänspielung des Werks von Hec- der 1977 in Bayreuth die furiose Tannhäutor Berlioz. ser-Inszenierung von Götz Friedrich, bevor Davis galt als dirigentischer er 1987 zum Chefdirigenten des SymphoAutodidakt. Nachdem er nieorchesters des Bayerischen Rundfunks zunächst ein Klarinettenstu- berufen wurde. Neun Jahre lang prägte er dium begonnen hatte und ihm aufgrund das bayerische Spitzenorchester maßgebfehlender Klavierkenntnisse der Eintritt lich. Seine vielleicht wichtigste Station war in die Dirigier-Klasse des Royal College of das London Symphony Orchestra, das er Music verwehrt wurde, debütierte er den- bis 2007 leitete. noch mit 22 Jahren am Pult. Einige glück- Mit 85 Jahren ist Sir Colin Davis nun im liche Einspringer-Dirigate wie das für Otto April verstorben.
Er war ein Mensch des Understatement – und das trotz Erhebung in den Ritterstand, trotz weltweiten Erfolgen in der klassischen Musikszene und trotz aller Ehren, allen Jubels. Am Pult wie im Leben. Sir Colin Davis, 1927 geboren, fiel durch 18
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Juni – Augus t 2013
hören & sehen •
Die besten CDs & DVDs des Monats von Oper über Jazz bis Tanz Plus: Attila Csampai über seine neuen Favoriten (Seite 20) Zum 80. Geburtstag von Helmut Rilling (Seite 30)
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Piotr Beczala
Er hat eine der momentan mit Abstand schönsten Tenorstimmen und widmet sich auf seinem Album nun überraschenderweise einer Gattung, die in der Klassikszene etwas stiefmütterlich behandelt – ja manchmal gar belächelt wird: der Operette. Piotr Beczala präsentiert auf „Mein ganzes Herz“ Operettenarien, die einst Richard Tauber bekannt machten: Arien von Léhar und Stolz. Als kleines i-Tüpfelchen gibt’s noch ein Stück mit Anna Netrebko dazu. Zugegeben: Diese Stücke liegen – besonders in der orchestralen Begleitung – eng an der Schwelle zum Kitsch. Aber Beczalas Interpretation klingt erstaunlich frisch und macht diese Musik zu einem Hörgenuss. Denn die ernst gemeinte Beschäftigung mit Operette macht Freude. Und macht man sich klar, dass es hier um keine RichardTauber-Kopie geht, sondern um eine Hommage an das Wirken dieses Sängers, dann kann man Beczalas stimmschöne Operetten-Interpretation auch in ihrer Besonderheit und eigenen Ausprägung genießen. CN
„Mein ganzes Herz“ Piotr Beczala, Royal Philharmonic Orchestra, Lukasz Borowicz (Deutsche Grammophon)
Foto: Ania Frers/DG
Frisch und ernst gemeint
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h ö r e n & s e h e n
Die wichtigsten CDs des Monats, ausgewählt von Attila Csampai
Frischzellenkuren Heiligtümer der Wiener Klassik und vergessene Pretiosen der Romantik stehen im Mittelpunkt der Mai-Empfehlungen unseres Chefrezensenten. Viele Avantgardisten des 20. Jahrhunderts klingen heute älter und abgestandener als die ewig junge, niemals alternde Musik der drei großen Wiener Klassiker. Sie erschafft sich, sie erfindet sich mit jeder Generation auf wundersame Weise neu. Joseph Haydn: „Klaviersonaten Vol. 5“ Jean-Efflam Bavouzet (Chandos)
Für Haydn braucht man einen klaren Kopf und Humor, aber nicht unbedingt ein historisches Instrument: Für seine Gesamteinspielung des Haydnschen Sonatenwerks verwendete Jean-Efflam Bavouzet von Beginn an einen großen Yamaha-Flügel, den er fast ohne Pedal und sehr punktgenau-trocken spielte. Auch in der aktuellen Folge 5, in der er zwei unbekannte frühe Sonaten mit den drei nur scheinbar harmlosen zweisätzigen Arbeiten aus dem Jahr 1784 kombiniert, verpasst der 51-jährige Klavier-Intellektuelle dem Wiener Klassiker einen speziellen „French touch“, also ein radikal aufklärerisches Profil der Klarheit und Prägnanz, das alle deutsche Innerlichkeit, aber auch alles burgenländisch-bodenständige kühl beiseite schiebt, um sich ganz auf das kühne Formexperiment des stillen Revolutionärs aus Esterháza zu konzentrieren. Gleichwohl gelingt es Bavouzet, Haydns musikalische Logik ungemein frisch, lebendig, ja unwiderstehlich klingen zu lassen, immer auch den Schalk und den Erfinder hervorzukehren: Sein freimütiges Bekenntnis, einige seiner besten Fingersätze bei Chico Marx abgeguckt zu haben, ist ein weiteres Indiz seiner charmanten Souveränität. Wolfgang Amadeus Mozart: „Klavierkonzerte F-dur KV 459 und A-dur KV 488“ Ronald Brautigam; Kölner Akademie, Michael A. Willens (BIS)
Eine Synthese aus historischer Klangvorstellung und aktuellem Interpretationsansatz verfolgt auch der holländische Fortepiano-Virtuose Ronald Brautigam bei den Klavierkonzerten Mozarts – dies allerdings auf einer exzellenten Kopie eines historischen Ham20
merflügels aus der Werkstatt von Paul McNulty. Zudem hat der 5 5-jährige Amsterdamer in der 25-köpfigen Kölner Akademie und ihrem Chef Michael A. Willens hochmotivierte Partner gefunden, die mit ihm den dramatischen Lebenspuls von Mozarts Musik neu entfachen wollen, so auch in der aktuellen Folge vier in den Konzerten KV 459 und KV 488. Es geht hier nicht nur um die opernähnliche, menschliche Interaktion von gleichwertigen Individuen, sondern alle Beteiligten tragen eine tickende Uhr am Handgelenk, die ihnen ein neues Bewusstsein des Zeitlichen vermittelt: Die Welt, die Musik, das menschliche Leben wird hier neu vermessen, und wir werden Zeugen dieser neuen Bewegungsfreiheit, dieser Revolution der Gefühle. Auf dieser quicklebendigen Mozart-Bühne gibt es keine Fräcke, keine glattpolierten Flächen, keinen Mief und keinen Dünkel, alle rennen in Jeans herum, und die Fenster sind weit geöffnet: So muss Mozart heute klingen. Ludwig van Beethoven: „Sinfonien Nr. 4 und Nr. 7“ Academy of St Martin-in-the-Fields, Joshua Bell (Sony)
Frische musikalische Impulse verspricht sich auch die Londoner Academy of St Martin-in-theFields durch die Verpflichtung des amerikanischen Stargeigers Joshua Bell als neuem künstlerischem Leiter. Der 45-jährige New Yorker versteht sich als echter „primus inter pares“ und leitet die stark verjüngte Truppe vom Pult des Konzertmeisters aus – wie seine Vorgänger Neville Marriner und Fiona Brown. Wie gut das auf Anhieb klappt, kann man auf ihrer ersten CD an Beethovens rhythmisch bewegten Sinfonien Nr. 4 und Nr. 7 studieren: Mit sehr drängenden Tempi versteht es Bell glänzend, die virtuose Spielfreude des heute deutlich „historisch orientierter“ klingenden Kollektivs wieder neu zu entfachen und ihre alten Tugenden, wie druckvolles Spiel, Temperament und schlanke Präzision, wiederzubeleben, nunmehr aber „geschärft“ mit dem Erfahrungsschatz der historischen Aufführungspraxis. Bells jugendlicher Elan aber verleiht Beethovens rhythmischer Penetranz auch einen Hauch „swingender“ Nonchalance, sodass die lebensbejahenden Aspekte dieser Musik deutlich Oberhand gewinnen gegenüber aller „deutschen“ Schroffheit. www.crescendo.de
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Juni – Augus t 2013
I m p r ess u m Felix Mendelssohn: „Sinfonie Nr. 2 ‚Lobgesang‘“ Wanroij, Baumans, Henckens, Consensus Vocalis, Netherlands Symphony Orchestra, Jan Willem de Vriend (Challenge)
Im Vergleich zu Beethoven ist Felix Mendelssohn bis heute ein vernachlässigtes Genie. Ich kann mich nicht entsinnen, etwa seine mächtige zweite Sinfonie jemals öffentlich gehört zu haben. Dabei ist es die grandioseste Sinfonie-Kantate in der Nachfolge von Beethovens Neunter und ein christliches Manifest der Aufklärung, überquellend vor musikalischen Schönheiten, formal wunderbar gerahmt durch das mehrfach wiederkehrende Choral-Motto „Alles was Odem hat, lobe den Herrn“. Nach seinem eindrucksvollen Beethoven-Zyklus hat Jan Willem de Vriend seinen Ansatz jetzt auf Mendelssohns „Lobgesang“-Sinfonie ausgeweitet und sein Netherlands Symphony Orchestra zu einer einerseits drängenden, andererseits romantischbewegten Aufführung des 12-teiligen Opus motiviert, unterstützt durch drei junge holländische Vokal-Solisten, die mit kontrolliertem Gestus auch den zarten dramatischen Subtext, den Seelenmotor von Mendelssohns christlichem Appell spüren lassen. Franz Ignaz Danzi: „Der Berggeist“ Balzer, Ochoa, Harmsen, Wegener u.a., Kammerchor Stuttgart, Hofkapelle Stuttgart, Frieder Bernius (Carus) - Track 4 auf der crescendo Abo-CD: „Schlaf nicht so lang“
Wer Erholung sucht vom diesjährigen Wagner-Hype, dem empfehle ich die vergessene „Rübezahl“-Oper des Mannheimer Hofcellisten Franz Danzi (1763– 1826), die Frieder Bernius jetzt mit seiner Stuttgarter Hofkapelle und exzellenten jungen Vokalsolisten überzeugend wiederbelebt hat: „Der Berggeist“ von 1813 ist das Bindeglied zwischen Mozarts Singspielen und Webers „Freischütz“, wobei Danzi die Feen- und Geisterwelt des Märchens geschickt mit der vermeintlich „heilen“ Biedermeieridylle deutscher Kleinbürger verwob und in den Hauptpartien großartige Charaktere entwarf: Sie sind hier mit dem kanadischen Tenor Colin Balzer und der britisch-deutschen Sopranistin Sarah Wegener perfekt besetzt. Man spürt in jedem Takt dieser spannenden Live-Aufführung die hohe Motivation und den Herzenseinsatz aller Beteiligten, sodass Bernius hier weit über seine archäologische Pflicht hinaus eine „Weltersteinspielung“ von bestechendem interpretatorischem Niveau abgeliefert hat. Gustav Mahler: „Sinfonien Nr. 2, 4, 7, 9, Das Lied von der Erde“ Schwarzkopf, Ludwig, Wunderlich, Philharmonia Chorus, (New) Philharmonia Orchestra, Otto Klemperer (EMI)
Otto Klemperers Mahler-Kompetenz bedarf keiner langen Begründung: Er spielte ihm schon 1907 in Wien einen eigenhändigen Klavierauszug seiner zweiten Sinfonie vor. Neben Bruno Walter war er der bedeutendste Mahler-Dirigent der ersten Generation, blieb aber sein Leben lang ein kritischer und selektiver Mahlerianer. So hatte er nur fünf Sinfonien Mahlers im Repertoire, die er gegen Ende seiner langen Karriere in London komplett für die Stereo-Schallplatte dirigierte, unter der Aufsicht des EMI-Produzenten Walter Legge. Diese späten, ungemein strengen und nachhaltigen Modellaufführungen der Sinfonien II, IV, VII, IX und des Lieds von der Erde aus den Jahren 1961–1968 sind jetzt in einer 6-CD-Box vereint, und sie bündeln in besonderer Dichte die Wirkungsmacht und unerbittliche, eherne Archaik seines gemeißelten Musizierstils. Zudem hatte der erklärte „Immoralist“ Klemperer im Lied von der Erde mit Fritz Wunderlich und Christa Ludwig die denkbar besten Protagonisten.
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Autoren Tobias Haberl, Teresa Pieschacón Raphael (TPR), Christoph Schlüren (CS)
Kolumnisten Pascal Morché, Attila Csampai, Daniel Hope, John Axelrod
Mitarbeiter dieser Ausgabe Martin Morgenstern (MM), Antoinette Schmelter de Escobar (SDE), Angelika Rahm (AR), Uwe Schneider (US), Klaus Härtel (HÄ), Stefanie Paul, Götz Bühler (GB), Rainer Aschemeier, Julia Decker, Virginia Tutila, Wonhee Bae, Lucy Cheung, Maximilian Stössel (STÖ), Carla Neumann, Julia Hartel (JH), Katharina Weigert (KW), Michael Sellger, Stefan Sell & Bob Coat.
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Das nächste crescendo erscheint Am 06.09.2013
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h ö r e n & s e h e n
Arcadi Volodos
Solo
Spanischer Satie? Federico Mompou y Dencausse – besser bekannt als Frédéric Mompou – wird oft und gern als „spanischer Satie“ tituliert. Das ist verständlich, aber dumm: Erstens hat Mompou sein musikalisch-kreatives Leben überwiegend in Frankreich verbracht, sodass er sich dem damals grassierenden Stil Saties und der Groupe des Six gar nicht entziehen konnte. Als Komponist ist er also mehr „Wahlfranzose“ als Spanier. Zweitens ist seine Musik nicht so mysteriös-verklärt, wie uns das viele Musiklexika und auch das Booklet dieser neuen Sony-CD wieder weismachen wollen. Es gibt vielmehr andere Komponisten, deren Stil dem Mompous näher liegt, als ausgerechnet Satie. Man denke etwa an das rätselhafte, karg klingende Klavierwerk von Mompous Zeitgenossen Joaquín Rodrigo oder an die häufig eigenbrötlerische Klaviermusik von Charles Koechlin. Mompou schrieb fast ausschließlich Klavierminiaturen, an denen er nicht selten über Jahrzehnte arbeitete. Einige dieser Stücke sind nun in einer neuen Einspielung von Arcadi Volodos herausgekommen. Der russische Pianist hat sich in den letzten Jahren viel mit der Musik Skrjabins und Ravels beschäftigt. Da wirkt seine Mompou-CD wie ein logischer nächster Schritt. Das ist auch interpretatorisch so gemeint: Unter Volodos’ Händen bleibt Mompou zwar ein enigmatischer Einzelgänger, aber einer, der sich vorher ausführlich bei Ravel umgehört hat. Auch Parallelen zu Debussys Etüden sind bei ihm unüberhörbar. Fazit: Wenn man das Mystiker-Getue mal beiseite lässt, bleibt hier eine Volodos-typisch blitzsauber eingespielte CD mit reizvoller Klaviermusik des 20. Jahrhunderts, die Fans von z. B. Rodrigo, Ravel oder Koechlin gut gefallen wird. Dank der Aufnahme in den Berliner Teldex-Studios ist der CD-Klang schön räumlich und natürlich ausgefallen und enttäuscht auch anspruchsvolle Hifi-Liebhaber sicher nicht. RA
„Volodos plays Mompou“ Arcadi Volodos (Sony)
Elisaveta Blumina
Kitschmusik ohne Ironie Die vorzügliche russische Pianistin Elisaveta Blumina, Meisterin eines höchst fragil verfeinerten, farbenreich differenzierten Klangs, spielt Miniaturen des Ukrainers Valentin Silvestrov (geb. 1937), der zu den eigentümlichsten und unbestechlichsten Komponisten unserer Zeit gehört. Höchste handwerkliche Meisterschaft wird hier in den Dienst retrospektiv staunender Einfachheit gestellt, und dies, ohne in Klischees abzugleiten. Silvestrov kann es sich sogar leisten, einen Zyklus „Kitschmusik“ zu nennen, ohne damit eine billige ironische Brechung zu meinen. Alles fließt ganz offen – Schumann, Chopin oder Brahms –, wird feinster agogischer Verästelung unterzogen und nimmt zeitlos fluktuierende Gestalt an. Diese Musik ist nichts weiter als festgeschriebene Improvisation, die stets auch so klingen soll wie Improvisation, und dies hier in hinreißender Weise tut. Musik jenseits der etablierten ästhetischen Kriterien. CS
Valentin Silvestrov: „Piano Works“ Elisaveta Blumina (Grand Piano)
ERTS D N U H R H A J S 21. E D A M R O N E DI
BELLINI
A M R NO Bartoli Cecilia
LIMITIERTE HARDCOVER DELUXE EDITION Cecilia Bartoli Sumi Jo Il Giardino Armonico Giovanni Antonini
www.ceciliabartoli.de
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Leonard Elschenbroich
Rámon Vargas
Fast könnte man ja schon vergessen haben, wie volle, kräftige Tenorstimmen im italienischen Fach klingen. Die Mischung aus hochgezüchteten Baritonstimmen und ins Dramatische drängenden lyrischen, die derzeit en vogue sind, haben eine ganze Traditionslinie in den Hintergrund gestellt. Da kommt Rámon Vargas’ Recital mit Arienklassikern des italienischen und französischen Fachs gerade recht. Er demonstriert, wie Verdi und Verismo, aber auch Gounod und Massenet klingen, wenn der Stimmkern mit tenoraler Kraft gespeist ist, wenn die Attacke überwältigen kann und wenn die exponierten Töne tatsächlich strahlen. Auch wenn ihm die ganz große Karriere versagt blieb, so ist Vargas doch seit seinem legendären Einspringen für Pavarotti an der Met Anfang der 90er- Jahre, auf den großen Opernbühnen unterwegs. 2001 wurde er als „bester Sänger” mit dem „Echo Klassik” ausgezeichnet. Dieses souveräne Arien-Album, von Riccardo Frizza und dem Budapester Symphony Orchestra ebenso stilsicher wie diskret begleitet, zeigt einen Tenor der alten Schule, im besten Sinne des Wortes. US
„Opera Arias“ Ramón Vergas, Budapest Symphony Orchestra, Riccardo Frizza (Capriccio) Track 1 auf der crescendo Abo-CD: „Pourquoi me réveiller“ aus „Werther“ Christine Hoock
Phönix aus der Asche Der Kontrabass führt als Soloinstrument heutzutage ein Schattendasein. Früher war das anders: Im Barock war die Bassgambe – ein Vorläufer des Kontrabasses – als Soloinstrument sehr gefragt. Christine Hoock, Professorin für Kontrabass am Salzburger Mozarteum, lässt auf dieser CD des Münchner NEOS-Labels ihr Instrument facettenreich erklingen, von „minimalistisch“ bis „hoch virtuos“. Dabei überschreitet sie munter Stilgrenzen, lässt Antonio Vivaldi auf Philip Glass treffen und Johann Sebastian Bach auf Arvo Pärt. Ihre Mitstreiter sind u.a. drei weitere Kontrabassisten, die beim barocken Konzert „Le Phénix“ von Michel Corette ein atemberaubend vollmundig tönendes Ensemble bilden. Da das Album auch klanglich hochwertig produziert ist, bietet es HifiFans ein Festival der tiefen Töne mit herrlich satten Passagen, bei denen sich Gänsehautfeeling einstellt. Es enthält Transkriptionen und Originalwerke. RA
Man will eigentlich ausschalten und kann nicht – das gibt es nicht oft bei einer CD. Leonard Elschenbroich spielt die Bratschensonate op. 147 von Dimitri Schostakowitsch (in der Bearbeitung für Cello von Daniil Shafran) so eindringlich, als wollte er sagen: „Hör mir zu!“ Der Komponist schrieb das Werk quasi auf dem Totenbett, und doch hat es nichts von einem würdevollen Abschied – eher von Ernüchterung und Kälte. Die persönliche Faszination Elschenbroichs für Schostakowitsch spricht aus der Tiefe des Ausdrucks, mit der er jede einzelne Note dieses, wie er selbst sagt, „deprimierenden“ Stücks spielt. Was die technische Seite betrifft, sei nur auf die Liste von Auszeichnungen verwiesen, über die der 1983 geborene Weltstar bereits verfügt. Eingerahmt wird die Schostakowitsch-Sonate von zwei „versöhnlicher“ wirkenden Werken Sergej Rachmaninovs: der Cellosonate in g-Moll op. 19 sowie der Vocalise op. 34 Nr. 14 (am Klavier, ebenfalls hervorragend: Alexei Grynyuk). JH
„Schostakowitsch & Rachmaninov“ Leonard Elschenbroich, Alexei Grynyuk (Onyx) Track 6 auf der crescendo Abo-CD: „Vocalise op. 34, Nr. 34“
K R E F E L D
„Le Phénix – Solokontrabass in Barock und Moderne“ C. Hoock, T. Martin, T. Jauch, S. Bauer, B. Nussbaum, F. Birsak (NEOS)
02.-03.11.2013
Arabella Steinbacher
analog ist Genuss
Fast zu elegant Im Inlay ihres neuen Albums sieht man Arabella Steinbacher im violetten Kleid am Tisch eines Salons – ein Schauplatz für Arabella Steinbachers Stradivari. Eleganz, das kann man ganz sicherlich von Arabella Steinbacher erwarten. Nicht umsonst wird der Klassikstar für den silbrigen Ton und eigenständigen Stil geschätzt. Auf dem Album interpretiert Arabella Steinbacher neben Ernest Chaussons Poème für Violine und Orchester zwei „dicke Schinken“ der Violinlitertaur: das Violinkonzert in D-Dur von Erich Wolfgang Korngold sowie Max Bruchs Violinkonzert in g-Moll. Ihre Noblesse aber kommt ihr in dieser Aufnahme nicht immer zugute. Ein bisschen zu fein, vielleicht auch vornehm zurückgehalten, erklingt vor allem Bruchs Violinkonzert, ein Werk, geschrieben, um an großen Emotionen zu zerbersten. Ebenso könnte Korngolds Violinkonzert, das durchweg Themen seiner Filmpartituren aufgreift, mehr Hollywood-Sound vertragen. Bei Ernest Chaussons Poème für Violine kann Steinbacher allerdings mit allen Facetten ihres Feingefühls brillieren. Mit magischem Ton zaubert die Künstlerin Musik, beseelt von ihrer natürlichen Persönlichkeit. KW
Sa 10-18 Uhr; So 11-18 Uhr. Mercure Krefeld-Traar Elfrather Weg 5 47802 Krefeld Traar Eintritt frei
„Arabella Steinbacher: Bruch, Korngold, Chausson“ (Pentatone Classics) 23
Infos: www.aaanalog.de
Foto: Kaupo Kikkas
Hör mir zu!
Tenor mit Strahlkraft
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Marc-André Hamelin
Entwaffnend schön
Alte Musik
Haydns Klavierkonzerte sind weit weniger populär als etwa die von Wolfgang Amadeus Mozart. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Unsicherheiten in Bezug auf diese Werke groß sind: Der Name Haydn war schon immer auch eine Art „Qualitätsmarke“. Daher gab es einst ganze Rudel skrupelloser Komponisten, die ihre Werke als Haydn-Stücke ausgaben und meistbietend an ebenso skrupellose Verlage verkauften. Der kanadische Ausnahmepianist Marc-André Hamelin hat sich auf seiner neuen CD darauf konzentriert, ausschließlich die Konzerte aufzunehmen, deren Herkunft aus der Hand Haydns als gesichert gilt. Das Kammerorchester Les Violons du Roy spielt unter Leitung seines Gründers Bernard Labadie auf modernen Instrumenten – ebenso, wie Hamelin auf einem modernen Flügel spielt und zu durchaus zeitgenössischen Kadenzen greift. Der Gesamteindruck: entwaffnend schöne Musik, aber nicht gerade ein Album für Puristen der historischen Aufführungspraxis. RA
Nachts im Salon Thomas Albertus Irnberger wurde in Salzburg geboren, legte eine ähnliche Hochbegabtenfrühkarriere hin wie ein berühmter Salzburger vor ihm, spielte Klavier, studierte Geige am Mozarteum, lernte in Paris bei Ivry Gitlis, seit einigen Jahren singt er auch noch –ë und hat eine
Neu: „Musikinstrumentenbauer in Österreich“ Bisher erschienen in der Reihe „Musikinstrumentenbauer in Mitteleuropa“:
dER TRAdITIoN vERpflIchTET
MUSIK INSTRUMENTEN BAUER
„Hidden Handel“ Ann Hallenberg, Il Complesso Barocco, Alan Curtis (Naïve) Track 8 auf der crescendo Abo-CD: „Farò così più bella“ aus: „Admeto“
entsprechend achtunggebietende Menge an CDs vorgelegt. Die neue Sammlung an Kabinett- und Virtuosenstückchen, von Massenet über Chopin bis hin zu Saint-Saëns und Lalo, die der begnadete Geiger nun aufgenommen hat, entführt die Hörer ins Paris des Fin de Siècle. In seinen „Salon de Paris“ holt sich Irnberger den Pianisten Jörg Demus und bei einigen Stücken auch die Sopranistin Christine Ornetsmüller hinzu. Ein Live-Mitschnitt dieses intimen Repertoires wäre vielleicht noch überzeugender gewesen – die Stimmung im halligen Aufnahmeraum evoziert eher einen Salon nach Mitternacht, in dem die Gäste schon gegangen sind. Schade, denn: Bleiben hätte sich (musikalisch) gelohnt! CN
„Salon de Paris“ T. A. Irnberger, J. Demus, C. Ornetsmüller (Gramola) Track 7 auf der crescendo Abo-CD: „Méditation“ aus: „Thaïs“ von Jules Massenet
Kammermusik
G Berlin G Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen G Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein G NRW, Rheinland-Pfalz, Hessen, Saarland G Baden-Württemberg G Bayern G Schweiz ÖSTERREIch
Versteckt und neu entdeckt
So besonders wie das Cover dieses Albums, auf dem kurzerhand im Christo-Stil einige Giraffen verhüllt wurden, ist das Repertoire auf diesem Album. Neun von zwölf der hier zu findenden Händel-Arien sind gar erstmals als Aufnahme festgehalten. Meist sind es sogenannte „arie aggiunte“, also Arien, die wegen der Möglichkeiten einer neuen Sängerbesetzung nachträglich noch in die Opern integriert wurden. Die schwedische Mezzosopranistin Ann Hallenberg ist etablierte Spezialistin auf diesem musikalischen Gebiet: Da sitzt jede Koloratur, da stimmt das Zusammenspiel mit Il Complesso Barocco und Alan Curtis, da möchte man vom ersten bis zum letzten Ton andächtig lauschen, denn Händel steht ihrer reifen, weich-dunkel timbrierten Stimme ausgezeichnet. Und das Besondere: Ab und an geschehen musikalische Momente, die man nicht erwartet hatte, die besonders jugendlich frisch herausscheinen. Hidden Hallenberg in Hidden Händel. Ein sehr gelungenes Album! AN
Joseph Haydn: „Klavierkonzerte Nr. 3, 4 & 11“ Marc-André Hamelin, Les Violons du Roy, Bernard Labadie (Hyperion) Track 5 auf der crescendo Abo-CD: II. „Largo cantabile“ aus: „Klavierkonzert in F-Dur Hob XVIII:3“
Irnberger, Demus, Ornetsmüller
Ann Hallenberg
Linus Roth, José Gallardo
Der tragische Weinberg
Auf 128 Seiten detaillierte Informationen über Instrumentenbauer in den Bereichen Streich-, Zupf-, Tasten-, Holz- und Blechblas-, Balg-, Orgel- und Percussionsinstrumente Zu erwerben über den Buchhandel (ISBN-Nr. 978-3-940311-20-7) und über den Verlag direkt Preis: 5 Euro zzgl. Porto Tel.: +49-(0)30-293 71 403 info@dakapo-pressebuero.de www.dakapo-pressebuero.de Weitere Infos auch unter: www.instrumenten-scout.de
Mieczysław Weinberg (1919–1996) wird wiederentdeckt: Labels wie Chandos, Naxos, NEOS und Grand Piano widmen seiner Musik derzeit ganze Editionsprojekte, veröffentlichen z. B. sämtliche Sinfonien oder die komplette Klaviermusik. Nun liegt bei Challenge Classics eine Gesamteinspielung der Weinberg-Sonaten für Violine und Klavier vor. Auch sie macht deutlich, was für einen großartigen Komponisten wir hier jahrzehntelang ignoriert haben. Der polnischstämmige Russe, der einen tragischen Lebensweg hatte, entwickelte sich vom Spätromantiker über die Station als Expressionist im Bartók- und Schostakowitsch-Fahrwasser hin zu einem verbitterten, sperrigen Komponistengreis, der zum Schluss aus Tragik und Trotz in seiner ureigenen musikalischen Welt lebte und einen faszinierend unnachahmlichen Personalstil kreierte. Linus Roth und José Gallardo spielen seine Musik mit viel Verve, Leidenschaft und Begeisterung. RA
Mieczysław Weinberg: „Complete sonatas and works“ Linus Roth, José Gallardo (Challenge) 24
www.crescendo.de
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Juni – August 2013
EntdEckEn
h ö r e n & s e h e n
Byron Janis – zum 85. Geburtstag
250 Jahre
Ein tragischer Held
Foto: RCA / Sony Music Entertainment
Byron Janis, der 1928 als Sohn polnischrussischer Emigranten in Pennsylvania geboren wurde, entpuppte sich schon früh als herausragendes pianistisches Talent: Mit zehn spielte er bereits Rachmaninows c-Moll-Konzert öffentlich, und als ihn sechs Jahre später Vladimir Horowitz mit demselben Konzert hörte (unter der Leitung des 14-jährigen Lorin Maazel), beschloss er, ihn persönlich zu unterrichten – als seinen ersten Schüler überhaupt. Bereits 1947 nahm ihn die RCA unter Vertrag und machte Janis bald weltbekannt. Als der sechs Jahre jüngere Van Cliburn ihn bei RCA zu verdrängen begann, wechselte Janis zu Mercury und produzierte für „Living Presence“ einige legendäre Konzertaufnahmen, darunter auch die berühmten Moskauer Mitschnitte des 3. Prokofjew- und des 1. Rachmaninow-Konzerts unter Kondraschin im Jahr 1962. Mit seiner makellosen Technik, seiner aberwitzigen Virtuosität, seiner glasklaren Prägnanz hätte Janis gewiss der berufene „Nachfolger“ von Horowitz werden können, hätte nicht eine chronische Arthritis-Erkrankung, die sich bereits zu Beginn der 1970er-Jahre bemerkbar machte, das Virtuosendasein mehr und mehr zu einer unendlichen Qual gemacht. Gleichwohl gab er das Klavierspielen nie ganz auf und unterrichtete an der Manhattan School of Music. Zu seinem 85. Geburtstag an 24. März veröffentlichte Sony jetzt zum ersten Mal alle von Janis für die RCA eingespielten Aufnahmen aus den Jahren 1947–1959. Auf zehn den Original-LPs exakt nachempfundenen CDs kann man jetzt die ersten Jahre seiner Karriere bestaunen. Was Janis am meisten mit Horowitz verband, war der innere Überdruck, der den wahren Virtuosen vom reinen Techniker unterscheidet. Man spürt dies vor allem in seinen Paradestücken, den Rachmaninow-Konzerten Nr. 1 und Nr. 3 oder dem „Totentanz“ von Liszt, die fluchtartige Tempi mit einer Klarheit und energischen Prägnanz kombinieren, dass einem schwindlig wird. Und dennoch bleibt alle Bravour bei ihm nur Mittel, um Zusammenhang zu stiften, das Ganze als Sprache, als Drama, als große Steigerung, kenntlich zu machen. Nicht weniger faszinierend ist der kaum bekannte Solo-Interpret Janis, der schon auf seinem ersten Album mit Beethovens Sturm-Sonate und Schuberts Es-Dur Impromptu seine hohe gestalterische Intelligenz dokumentiert: Er hätte ein ganz großer Beethoven-Interpret werden können, wie ein weiteres Beethoven-Album mit der sinistren „Waldstein“-Sonate und der abgeklärten op. 109 belegt. Seine besondere Affinität zu Chopin zeigt sich in der überaus strengen, gemeißelten b-Moll-Sonate von 1956 und einer hochexpressiven g-Moll-Ballade von 1952. Den stärksten Eindruck aber hinterlässt die 1958 in New York entstandene Brachial-Version des „Bilder“-Zyklus von Mussorgsky, die zuvor nie veröffentlicht wurde und die mit archaischer Energie und höchster gestalterischer Raffinesse den ur-russischen Charakter jenes Meisterwerks freilegt. Die vorbildliche Edition wird ergänzt durch ein einfühlsames Filmporträt des Künstlers von Peter Rosen. Attila Csampai
Wunderkind reise Mit den Mozarts durch 18 deutsche Städte
www.mozartgesellschaft.de
Konzerte, Ausstellungen, Führungen und Vorträge an authentischen Orten der Wunderkindreise von 1763 Salzburg 7. Juni WaSSerburg 10. Juni – 11. Juni München 12. Juni – 21. Juni augSburg22. Juni – 7. Juli ulM 6. Juli – 7. Juli ludWigSburg 11. Juli bruchSal 12. Juli – 14. Juli SchWetzingen 14. Juli – 29. Juli MannheiM 20. Juli – 31. Juli heidelberg 25. Juli WorMS 2. August FrankFurt a. M. 13. August – 31. August Mainz 14. September WieSbaden 15. September koblenz 18. September bonn 27. September brühl 28. September köln 29. September aachen 2. Oktober
„Byron Janis – The Complete RCA Album Collection (Aufnahmen: 1947-1959)“ diverse Dirigenten und Orchester (Sony)
25
u.a. mit Ensemble 1765, bayerische kammerphilharmonie, Reinhard Goebel, Weimarer Bläserquintett, concerto köln, Martin Sandhoff, L‘arpa festante, Michael Quast, Michael Günther, Herbert Schuch, Staatsorchester Rheinische Philharmonie, Enrico delamboye, Schuppanzigh-Quartett, L‘arte del mondo, Werner Erhardt, Valer Barna-Sabdus
h ö r e n & s e h e n
Oper
Peter von Winter
DIXIT DOMINUS
Der Zauberflöte zweiter Teil 2012 jährte sich der Todestag des großen Theatermannes Emanuel Schikaneder zum 200. Mal. Deshalb zeigten die Salzburger Festspiele neben Mozarts „Zauberflöte“ auch deren unmittelbar anknüpfende, sieben Jahre später uraufgeführte Fortsetzung „Das Labyrinth“. Eine echte Rarität. Für beide Opern schrieb Schikaneder das Libretto, musste sich aber nach Mozarts Tod einen anderen Komponisten für sein „Labyrinth“ suchen und fand ihn im Münchner Hofkapellmeister Peter von Winter. Dass sich dieser hörbar von Mozarts Vorlage inspirieren ließ, kann man dank des Aufführungsmitschnitts ebenso vergnüglich entdecken wie weitere Facetten der aus dem ersten Teil vertrauten Figuren. Wer ahnte da, dass Papageno noch Eltern und Geschwister hat? Schade, dass das Originellste an der Inszenierung die Kostüme sind, dafür entschädigt das musikalische Niveau und vor allem der junge österreichische Papageno Thomas Tatzl. AR
HÄNDEL | VIVALDI
„Das Labyrinth“ Peter von Winter (Arthaus)
Foto: Hans Jörg Michel
SACD HMU 807587
© Marco Borggreve
© Graeme Robertson
Papageno im zweiten Teil der Zauberflöte
La Nuova Musica Lucy Crowe, Sopran David Bates, Leitung Unter der Leitung von David Bates spielt La Nuova Musica zwei gegensätzliche Vertonungen des 109. Psalms. Händel schrieb sein meisterhaftes und ambitioniertes HWV 282 1707 als junger Mann während seines Italienaufenthalts. Das lebensvolle und prägnante RV 807 von Vivaldi (sein drittes Dixit Dominus) wurde lange fälschlich Baldassare Galuppi zugeschrieben; es entstand wahrscheinlich in den frühen 1730er Jahren. Das Programm wird abgerundet durch Vivaldis glanzvolle Solomotette In furore iustissimae irae mit der Sopranistin Lucy Crowe.
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Grundheber & Meier
Expressionistische Wucht Fast 20 Jahre ist diese Produktion nun alt und immer noch packend und frisch wie am ersten Tag. Patrice Chéreaus Inszenierung auf der zwischen Leere und Expressionismus schwebenden Bühne ignoriert die naturalistischen Vorgaben und gewinnt so große Spannungsverhältnisse zwischen den Akteuren, dass Intensität und Ausdruck stärker als jeglicher Naturalismus werden. Mit Franz Grundheber steht ein entwurzelter Außenseiter als Wozzeck auf der Bühne, dessen vokale Wandlungsfähigkeit und Existenzialität ihn für lange Zeit zum führenden Interpreten dieser Partie machten. Waltraud Meiers kühle, doch stets alerte Marie steht ihm an Dominanz in nichts nach. Graham Clark spielt die Gefühlsfremde des Hauptmanns bis in feinste Nuancen aus, Günter von Kannens sadistischer Doktor ist darstellerisch überzeugender als stimmlich. Fundament der Faszination an dieser Produktion ist freilich das dunkel gleißende, expressive Spiel der Staatskapelle Berlin unter ihrem damals noch relativ neuen Chef Daniel Barenboim. Hier gelingt der Spagat zwischen emotionaler Überwältigung und entlarvender Sektion mit musikalischer Wucht. US
Alban Berg: „Wozzek“ Grundheber, Meier, Baker, Clark, Wottrich, von Kannen, Staatsopernchor der Staatsoper Unter den Linden, Staatskapelle Berlin, Daniel Barenboim (EuroArts) 26
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Juni – Augus t 2013
Bis 15.8. bewerben!
h ö r e n & s e h e n
La Nuova Musica
Brillanz und Emotion Erneut gelingt dem jungen Instrumental- und Vokalensemble La Nuova Musica aus England eine überzeugende CD. Zwei Dixit-Dominus-Vertonungen stehen im Mittelpunkt. Eine in Italien verfasste des jungen Händel und eine erst 2005 wiederentdeckte von Vivaldi. Im kammermusikalischen Rahmen sind das ebenso lebendige wie wohlklingende Interpretationen, die mit ihrem ausgewogenen, runden Klang eine Alternative zu den bewusst robuster und energetischer angegangenen Lesarten italienischer Provenienz der letzten Jahre sind. Soli werden aus dem achtköpfigen Chor heraus gesungen. Der orchestrale Part besticht durch polyphone Präzision und ein weites Spektrum an Klangfarben mit klarer Basslinie, dialogisierenden Bläsern oder pulsierenden Pizzicati. Dazwischen steht eine vom Orchester mit opernhaftem Gestus aufgeladene Solomotette Vivaldis, die Lucy Crowe mit ihrem lichten Sopran koloraturgewandt und dramatisch Sakrale beherzt angeht und mit einem emotional atemMusik losen und technisch brillant gesungenen AllelujaSatz krönt. US
Händel / Vivaldi: „Dixit Dominus“, Lucy Crowe, La Nuova Musica, David Bates (Harmonia Mundi)
_Kulturmarke _Trendmarke _Stadtmarke _Kulturinvestor _Kulturmanager _Förderverein des Jahres Bewerbungsunterlagen & Infos: www.kulturmarken.de
kultur20 marken13 award Der Wettbewerb für Kulturmanagement, -marketing und -investments im deutschsprachigen Raum.
Sabine Meyer
Ich bin kein Star! „Was brauchte Sabine Meyer wirklich zum Glücklichsein? Musiker, mit denen sie auf einer Wellenlänge zusammenspielen konnte, ein gutes Repertoire, angenehme und einladende Orte und Menschen, die sich begeistern ließen.“ Die Erkenntnis reifte in der – damals noch – Studentin Sabine Meyer während eines spontanen Ausbruchs aus dem Alltag in Richtung Italien. „Weltstar mit Herz“ heißt ihre Biographie, in der sich dieses Credo wie eine Art roter Faden erkennen lässt. Das betrifft etwa die ersten Schritte, die Ausbildung bei Hans Deinzer, ihr Engagement mit dem Trio di Clarone und auch ihr hartes Jahr bei den Berliner Philharmonikern. Ein Thema übrigens, zu dem Sabine Meyer keine Stellung bezieht. Die „Akte Karajan“ öffnet die Autorin Margarete Zander mittels anderer Quellen. Insgesamt kommen Meyers Weggefährten angenehm zahlreich zu Wort, wie natürlich sie selbst. Sabine Meyer erscheint menschlich, familiär, nachdenklich aber auch zielstrebig. Ein Kapitel heißt übrigens „Ich bin kein Star!“ Sondern „Ein Weltstar mit Herz“. HÄ
„Sabine Meyer. Ein Weltstar mit Herz“ Margarete Zander (Edel)
Buch
Veranstalter:
Förderer:
causales 24./25.Oktober
im Verlagsgebäude des Tagesspiegel in Berlin Anmeldung: www.kulturinvest.de Frühbucherrabatt bis zum 30.6.
kultur20 invest13 kongress
Foto: Thomas Rabsch
Der Branchentreff für Kulturanbieter und Kulturinvestoren im deutschsprachigen Raum.
Veranstalter:
causales Premiumpartner:
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Presentingpartner:
h ö r e n & s e h e n
John Scofield
Jazz
Arne Jansen
Julia Hülsmann Quartet
Unverkrampft und unverkopft
Stromgitarristische Energiebrocken
Klingt nach echtem Leben
Elf Jahre und zwölf Alben nach seinem ersten „Überjam“ legt John Scofield einen würdigen Nachfolger auf. Mit einer jungen Band um Bassist Andy Heiss, Rhythmusgitarrist Avi Bortnick und Schlagzeuger Louis Cato, als Gast immerhin John Medeski an der Orgel und dem Drummer/Produzenten Andy Deitch spielte der 61-jährige Gitarrist dieses unverkrampfte, unverkopfte und unbedingt zeitgemäße Album ein. Dabei geht es vornehmlich um große Melodien, guten Groove und alles, was Spaß macht: von Soul über Reggae bis Afrobeat und OldSchool-R&B. Die Songtitel sind Programm: „Al Green Song“ könnte mit seinem subtilen Soul-Groove direkt aus dem Repertoire des Predigers aus Memphis stammen, „Dub Dub“ blubbert jamaikanisch vor sich hin. Dazu kommen Afrobeat-Jams wie „Camelus“ und „Snake Dance“, ein Soul-Cover oder das jazzrockende „Boogie Stupid“. Liest man, wie dieser Rezensent, den Albumtitel „Deux“ zuerst fälschlich als „Deluxe“, liegt man thematisch trotzdem richtig. GB
Wenn die Vernunft schläft, erwacht die Vorstellungskraft – so oder ähnlich ist der Titel dieses Album zu verstehen, der auf ein Zitat des spanischen Malers Francisco de Goya zurückgeht. „Mich fasziniert an Goya, dass er im Laufe seines Lebens immer mehr bei der Essenz dessen ankommt, was für ihn Menschsein bedeutet“, erklärt der Gitarrist Arne Jansen. Der gebürtige Flensburger hat sich etwa von Goyas „Schrecken des Krieges“ im Prado in Madrid zu den Kompositionen dieses Albums inspirieren lassen. Dazu kommen nicht minder inspirierte Coverversionen, etwa von „Brothers In Arms“, dem Dire Straits-Hit von Mark Knopfler. Jansen erschafft hier einen frischen, sehr eindringlichen und breitleinwandigen Sound mit oft atemberaubend hymnischen Qualitäten. Einige wenige akustische Interludien wirken dabei wie Verschnaufpausen zwischen stromgitarristischen Energiebrocken wie „Pilgrimage“ oder „Tauromaquia“. Großes Kopfkino. GB
„Dunkel“ heißt eine der Eigenkompositionen von Julia Hülsmann auf ihrem neuen Album; es könnte auch als Albumtitel passen. Allerdings sind es hauptsächlich begehrenswerte Dunkelheiten, die hier „In Full View“ vertont werden. Ihr langjähriges Trio durch den Trompeter Tom Arthurs zum Quartett erweitert, präsentiert die Berliner Pianistin dreizehn Tonpoeme voll meditativer und melancholischer Kraft. Nie klagend oder verzweifelt, von abstrakt bis sanft swingend, immer im Vollbesitz ihrer musikalischen Mittel erspielen uns diese vier Musiker eine Nachtwelt der großen Melodien und Emotionen. Das klingt gerne trügerisch einfach im besten Sinne, sprich: geordnet, schnörkellos, essentiell. Ob als Soundtrack zur Nachtfahrt durch Wälder oder Städte, als Ouvertüre zur Einkehr in die eigenen Schattenseiten, „In Full View“ klingt nach echtem Leben – und ist nicht nur wegen der gelungenen Coverversion eines Hits von Feist ebenso zeitloser wie moderner Jazz. GB
„The Sleep Of Reason – Ode to Goya“ Arne Jansen (ACT)
„In Full View“ Julia Hülsmann Quartet (ECM)
„Überjam Deux“ John Scofield (Emarcy)
Yaron Zilberman
Emotionales Spätwerk
Art21
Der Ring in sieben Stunden
Vertane Chance
Normalerweise wird der „Ring des Nibelungen“ mit einer Gesamtlänge von etwa 16 Stunden an vier Abenden aufgeführt. Der kompakte „Colón Ring“, den die argentinische Regisseurin Valentina Carrasco und der österreichische Dirigent Roberto Paternostro im Herbst des vergangenen Jahres auf die Bühne des Teatro Colón brachten, dauerte „nur“ sieben Stunden. Und die TV-Dokumentation der Deutschen Welle bringt es dann auf 93 Minuten. Und diese Dokumentation zeigt eindrucksvoll, mit welchen Schwierigkeiten alle Beteiligten zu kämpfen hatten, doch mit welchem Enthusiasmus sie diese Mammutaufgabe angehen – und wahrhaft meisterlich bewältigen. Diese Produktion kommt bemerkenswerterweise völlig ohne Kommentar aus und zeigt die Protagonisten und deren Erwartungen und Erfolge visuell anspruchsvoll und unterhaltsam. Das Ergebnis ist zwar eigentlich bekannt – aber spannend ist wirklich jede der 93 Minuten. HÄ
Sehr aufsehenerregend beginnt die neue Arthaus-Serie ‚Art 21’ mit einem Triple-Porträt dreier weltweit hochangesehener Künstler aus USA, Ghana und China. Freilich können dies nicht mehr als Streiflichter sein, denn bei einer Gesamtdauer von 55 Minuten springen pro Person nicht mal 20 Minuten raus. Das Gute daran: Wer über diese Künstler nichts oder sehr wenig weiß, wird hier brauchbar informiert, sieht ihre Kunst, kann ihnen ins Gesicht sehen, während sie über sich und ihr Schaffen reflektieren. Der Nachteil: Die Chance, auch nur ein wenig mehr in die Tiefe zu gehen, wurde vertan zugunsten von kurzen Info-Formaten, die zwischendurch im Fernsehen angemessen wären, jedoch hier die Anschaffung eigentlich nur für Snobs, andere Angeber und bedingungslose Alles-Sammler lohnen. Dabei ist der Blick auf die Sache durchaus zwangsläufig authentisch. Was hat die Macher bloß geritten, uns alles Weitere vorzuenthalten? CS
Film
Es ist eins der aufwühlendsten und berührendsten Werke Beethovens: sein 14. Streichquartett in cis-Moll, das sich intensiv mit der Vergänglichkeit des Lebens auseinandersetzt. Dieses Werk allein bietet genug dramatisches Futter für einen Kinofilm – umso mehr, wenn man es mit den Schicksalen eines Streichquartetts verknüpft. Kurz vor der Konzerttournee bekommt Cellist Peter (stark: Christopher Walken) die karrierebeendende ParkinsonDiagnose. Seine Streicherkollegen verarbeiten diese Nachricht auf unterschiedliche Weise. Der erste Geiger wird selbstherrlich, zweiter Geige und Bratsche verspielen ihre Ehe. Ein Film über Freundschaft, Moral und Musik, der gut gemacht und weitgehend glaubwürdig daherkommt. Der von einem Dokumentarfilm über das Guarneri Quartet inspirierte Streifen hat Realitätsbezug und trifft emotional mit kleinen Gesten tief. Auch dank dieses 14. Streichquartetts Ludwig van Beethovens, hier eingespielt vom Brentano String Quartett. CN
„Saiten des Lebens“ Yaron Zilberman (Regie), deutschlandweit im Kino (Senator Film) 28
Deutsche Welle
„Der Colón Ring“ Dokumentarfilm (Deutsche Welle/CMajor)
„Art 21: Change“ Ai Weiwei, El Anatsui, Catherine Opie (Arthaus)
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h ö r e n & s e h e n
Doku
Hartmut Haenchen
Die verstanden noch zu feiern!
Johann David Heinichen: „La Gara Degli Dei“ Hartmut Haenchen, Kammerorchester Carl Philipp Emanuel Bach (Berlin Classics) Track 9 auf der crescendo Abo-CD: „In mezzo al‘acque“
Wagners Erben: Wolfgangs Töchter Eva und Katharina Wagner.
Foto: SoloMusica
August der Starke wollte die Vermählung seines Sohnes Friedrich August II. mit Maria Josepha von Österreich angemessen feiern. Das hieß damals: fast einen Monat lang dauerte die Riesenparty! 330 Salutschüsse für das Paar, danach ein Galadiner, von der Hofkapelle festlich umspielt, am Abend eine Oper. Dann ein Ball (mit 94 Musikern!), Schauspiel, Schauwettkämpfe, wilde Tiere, Pferdeballett und weitere Sensationen. Den Höhepunkt aber bildete eine neu komponierte Oper von Johann David Heinichen: „Der Wettstreit der Götter“ ist ein musikalisches Feuerwerk. Der Live-Mitschnitt aus dem Berliner Konzerthaus ist nicht perfekt – und trotzdem eine Erweckung. Das Kammerorchester Carl Philipp Emanuel Bach: kristallklar und anmutig. Solistisch ragen Annette Markert und Simone Nold hervor. Um mit den Schlussworten des Chors zu sagen: „Hier möge man für immer das Vergnügen seine Herrschaft übernehmen sehen.“ Diesen Geist atmet die CD. MM
Zum Wagnerjahr
Erinnerungen aus Bayreuth Anlässlich des Wagner-Jahrs erscheint bei Solo Musica der Mitschnitt eines Gala-Abends vom 7. Oktober 1995 im Grand Théâtre Luxembourg. Im Rahmen des von dem Musikjournalisten Raymond Tholl moderierten Podiumsgesprächs erinnerten sich damals Wolfgang Wagner, der Dirigent Jack Martin Händler, die Sänger Birgit Nilsson und Theo Adam, der frühere FestspielAssistent Hans-Peter Lehmann und Erna Pitz, die Witwe des Chormeisters Wilhelm Pitz, an wichtige Momente in der Geschichte des „Grünen Hügels“. Gesprochen wird u.a. über den Aufbau des Festspielchors nach dem Krieg, aber auch über ihre ganz persönlichen Erlebnisse in und mit Bayreuth wissen die Prominenten in oft humorvoller Weise zu berichten. Auszüge aus Wagner-Opern – darunter eine Interpretation von „Isoldes Liebestod“ durch den Pianisten Cyprien Katsaris – runden das Doppelalbum ab. Ein Muss für das CD-Regal eines jeden Wagner-Fans! JH
„Bayreuth Erlebt: Erinnerungen an Wolfgang Wagner (1919-2010)“ (Solo Musica)
Musik in der Frauenkirche 2013 Stiftung Frauenkirche Dresden Ticketservice Georg-Treu-Platz 3 | Besucherzentrum Frauenkirche Weiße Gasse 8/Ecke Wilsdruffer Straße Telefon 0351.65606-701 | www.frauenkirche-dresden.de
h ö r e n & s e h e n
Zum 80. Geburtstag von Helmuth Rilling
Stille Feste Unser Autor Maximilian Stössel durfte als Sänger drei Wochen mit dem Dirigenten die Matthäus-Passion proben und schildert nun seine Erlebnisse mit dem Jubilar.
„Oh Haupt voll Blut und Wunden, voll Schmerz und voller Hohn“ – mit einem warmen, weichen Klang erheben sich die Stimmen des Chores und der Instrumente. Sie erzählen von Qual, Hass und Folter. Klangvolle Klage erfüllt den Raum, Dissonanzen und Vorhalte bohren sich in die Seele. Doch die Spannungen und Reibungen lösen sich immer wieder in Wohlklang auf. Es ist genug, vollbracht – und gut. Es schwingt mehr mit als Leid: In all die innige Trauer mischt sich berührende Würde, andächtige Ruhe und ein liebevoller Trost. Eine Liebe, die so groß ist, dass sie den ganzen Weltschmerz lindern kann. Wie geht das nur, dass so etwas in wenigen Choralzeilen, vordergründig schlicht und in feiner Transparenz, erklingt? Die Musik ist vertraut. Bach, Matthäus-Passion. Kaum ein Kirchenchor, der diesen Choral noch nie gesungen hat. Ungefähr 100 junge MusikerInnen sitzen dicht an dicht in einem großen, hellen Probensaal im obersten Stockwerk der Stuttgarter Musikhochschule über den Dächern der Innenstadt. Die Rückwand des Raumes bildet eine große Fensterfläche, durch die man auf das gegenüberliegende Opernhaus und den danebenliegenden Baden-Württembergischen Landtag schauen kann. Trüb und kalt ist es an diesem Märztag in der Passionszeit. Sogar etwas Schnee fällt vom grauen Himmel herab. Für manche MusikerInnen im Saal ist es schwer, sich davon nicht ablenken zu lassen: Sie sehen 30
Foto: Holger Schneider
Dirigent Helmuth Rilling, geboren 1933 in Stuttgart.
das erste Mal in ihrem Leben Schnee. Aber jetzt wird geprobt. Vor allem die schwierige Aussprache ist für viele SängerInnen aus Ländern wie Sri Lanka, Uruguay oder Taiwan eine echte Herausforderung. Und die Vokalfarben müssen perfekt sein, wenn „er“ später die Proben übernimmt. „He wants to look into your eyes! Don’t stare into the score!“ – Blickkontakt, nicht in die Noten starren! Die Ansagen sind klar. Alle im Raum wissen, wer mit „he“ gemeint ist. Helmuth Rilling gilt als einer der bedeutendsten Bach-Experten weltweit. Millionen verkaufte Tonträger dokumentieren sein Lebenswerk. Auf 172 CDs entstand unter seiner Leitung die erste Gesamtaufnahme des Werkes von Johann Sebastian Bach überhaupt. Im Laufe seiner Karriere hat er zahlreiche bedeutende Auszeichnungen erhalten – darunter ECHO, Grammy und Unesco Musikpreis – es gibt sogar eine Spezial-Edition des iPod mit Rillings Aufnahmen, den „Bachpod“. Er gründete auch die Internationale Bachakademie Stuttgart, die alljährlich die Bachwoche Stuttgart veranstaltet. Ein Festival, das „typisch Rilling“ ist: das Verbinden von „Nachdenken über Musik“ und Praxis. Die Gesprächskonzerte unter seiner Leitung sind berühmt. Rilling hat sich dieses Konzertformat von seinem Lehrer Leonard Bernstein „abgeschaut“, in Europa eingeführt und meisterhaft gepflegt. „Liebe Bach-Freunde! Ich freue mich, dass wir uns heute wieder im Namen Bachs versammelt haben, um www.crescendo.de
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auch schön, wenn sie mir ihre Gedanken zur gemeinsam über seine Musik und Botschaft Interpretation dann sagen!“ Die MusikerInnachzudenken. Denn es ist doch so: Wenn nen des Ensembles danken ihm diese herzliman jemanden sehr schätzt, dann will man che und uneitle Haltung mit Höchstleistunihn ganz genau kennenlernen.“ Er predigt gen. Die Aussprache saß letzten Endes in eine liebevolle, tiefgehende Auseinanderder Tat perfekt – und sogar der Ehrgeiz, setzung mit Bach und seinen Kompositidie Passion so gut wie auswendig zu sinonen. Schon an der Sprache merkt man gen, war geweckt. Rilling rückblickend: dem leidenschaftlichen Kirchenmusi„Das war toll! Ich bin davon ja auch sehr ker und Musikpädagogen an, dass er aus abhängig! Man muss natürlich alles gut einer Schulmusiker- und Theologenfamiproben und können. Man muss den Text lie stammt. Aber er sagt bewusst „im Namen können, man muss die Noten können, man Bachs“, will kein Missionar sein. Das Werk muss eine gute Balance haben und so weiter. steht für den Dirigenten im Mittelpunkt. „Man Aber das ist nicht alles. Es ist auch sehr wichmuss kein gläubiger Christ sein, wenn man die tig, dass man nachfragt und sich überlegt, Werke Bachs gerne musiziert oder hört. Das warum denn ein Stück so komponiert ist, Recht hat natürlich jeder. Aber man muss den wie es komponiert ist und man es verstehen christlichen Glauben schon zu verstehen will! Dass man Bach dann in einer tieferen versuchen, ihn nachempfindend studieNeuerscheinungen Weise genießen kann, haben wir gemeinsam ren. Das ganz bestimmt.“ So spricht der „Personal Edition“ Helmuth Rilling erfahren. Deswegen sind die Gesprächskoncharismatische Dirigent im schwäbisch Bei Hänssler Classics außerdem erschienen: zerte, gerade auch für die Musiker, so wicheingefärbten Plauderton, im Ausland auch u.a. Mendelssohn „Paulus“, Haydn „Die tig: damit alle im Moment der Aufführung in fließendem Spanisch oder Englisch, Schöpfung“, Bach: „Sämtliche Orgelwerke nicht nur technisch gleich musizieren, sonbei seinen Gesprächskonzerten mit dem (Edition Bachakademie)“ und „Brandenburdern auch gleich denken. Aber darauf aufPublikum über Theologie, musikwissengische Konzerte“, Dvořák: „Stabat Mater“ bauend schätze ich es über die Maßen, wenn schaftliche Analysen und seine Einsichten ein Ensemble einen guten Kontakt zu mir in kompositorische IdeenwelMit dem Musikwissenschaftler in den Aufführungen hat. Wenn man dann ten. „Darum geht es dem KomHanspeter Krellmann hat sich immer im Moment auch noch was gestalponisten hierbei, höre da mal Helmuth Rilling über sein Leben ten und verändern kann, das man so nicht ganz genau hin!“, sagt er, dreht als Musiker unterhalten. Herausgeprobt hat.“ Für eine ganz besondere musisich zu seinem Ensemble, hebt gekommen ist eine Biographie in kalische Überraschung hat der junge Rilling den Taktstock – und das PubliDialogen, der man anmerkt, dass einmal unbekümmert als Student in Rom die beiden Gesprächspartner kum hört die Musik auf einmal sich seit vielen Jahrzehnten vergesorgt. „Ich hatte mal meinen damaligen mit anderen, wissenderen, feinetraut sind. Offen, persönlich und Orgel-Lehrer im Petersdom zu vertreten in ren Ohren. Und lässt sich gerne herzlich spricht Rilling über sein einer Messe und hab dann in der Improvisamitnehmen in diese Musikwelt. Privatleben, aber den allergrößtion des Nachspiels den Luther-Choral „Eine Das Ganze hat etwas von einem ten Anteil des Buches bilden anfeste Burg“ eingestreut. Ich dachte, ich hätte „So-habe-ich-ihn-mir-immerregende Gespräche über die Musik, den Weg das ganz verdeckt getan und niemand hätte gewünscht“-Musikunterricht in familiärer zum Berufsmusiker, die Musikausbildung in es gehört, aber es wurde doch gehört – und Atmosphäre. Der Dirigent von Weltrang Deutschland, Nachwuchsförderung, das Levon meinem damaligen Orgel-Lehrer sehr wird zum nahbaren „Lieblingslehrer“. ben als Dirigent und, natürlich, Bach. Krellkritisiert.“ Wie der bescheidene Protestant So geht es auch den hochbegabten mann verfolgt die Themen fachkundig und wohl damals reagiert hätte, wenn man ihm NachwuchsmusikerInnen aus über 20 insistierend, Helmuth Rilling antwortet kurzgesagt hätte, dass ihn später viele Menschen Nationen, die sich bei Probespielen für die weilig und verständlich. So wird aus den bio„Bach-Papst“ nennen werden? heißbegehrten Plätze im Orchester und graphischen Gesprächen gleichzeitig ein FachAuf jeden Fall kam er später auf EinChor des Jungen Stuttgarter Bach Ensembuch für Konzertpublikum und Musiker. ladung gerne wieder in den Petersdom. Als bles qualifiziert haben. Drei Wochen lang „Ein Leben mit Bach. Helmuth Rilling“ Gespräche mit Dirigent. Konzerte, Konzerte, Konzerte! Matthäus-Passion mit Helmuth Rilling. Hanspeter Krellman (Bärenreiter) Auch während der Matthäus-Passion-KonInklusive Auftritte beim Bachfest Stuttzertreise studiert Rilling schon die Noten gart, Fernsehaufnahmen und Südamerika-Konzertreise. Rilling hat schon Orchester dirigiert wie die für das nächste Projekt, die Uraufführung des Werkes „Stille Feste“, Berliner und die New Yorker Philharmoniker und ist professionel- das der Komponist Wolfgang Rihm ihm zum Geburtstag gewidles Top-Niveau gewohnt. Seine letzte Matthäus-Passion als künst- met hat. Allerdings bleibt dem begehrten Musiker wenig Zeit lerischer Leiter der Bachakademie – 2013 wird Hans-Christoph zum Feiern oder „einfach mal nix tun – und im Garten mit einem Rademann die Nachfolge antreten – hätte er auch mit „seinen“ per- kleinen Zigarillo entspannen“, denn sein Terminkalender ist voll. fekt eingespielten und routinierten Ensembles, der Gächinger Kan- Auch für die Zeit nach der Bachakademie stehen schon unzähtorei und dem Bach-Collegium, aufführen können. Aber hier zeigt lige Gast-Dirigate im Konzertkalender. „Das bin ich so gewohnt. sich ein weiteres zentrales Anliegen des Dirigenten. „Es macht mir Ich mach das gerne. Es liegt immer was vor mir, das als Nächstes große Freude mit jungen Leuten zu arbeiten. Das, was man liebt kommt. Das plane ich selbst und weiß genau, wie viel Zeit zur ,mit anderen, gerade mit jungen Menschen, zu teilen und es nicht Vorbereitung dazwischen liegt. Wenn ich schöne neue Aufgaben für sich zu behalten, ist ja eigentlich das Schönste! Und dabei auch habe, dann will ich sie auch gut erfüllen.“ Dafür und zum Geburtstag wünschen wir Helmuth Rilling andere, neue Sichten zu hören. Ich finde es spannend und interessant, wenn junge Musiker über Musik nachdenken und finde es herzlich alles Gute! n Track 10 auf der crescendo Abo-CD: „I. Te Deum laudamus“ aus: „Te Deum WAB 45“ von Anton Bruckner
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r e s o n a n z
Rätsel des klassischen alltags Was verbirgt sich hinter diesem Text?
Wollen wir an dieser Stelle einmal den großen Moritz Gottlieb Saphir zitieren, den berühmten österreichischen Feuilletonisten, Satiriker und Kritiker. Denn dann wird nicht nur dem geneigten Leser das ganze Problem ersichtlich. Nun denn: „Du hältst dich für den Ersten, für den Einzigen. Bist du der Einzige, wie kannst du der Erste sein? Bist du der Erste, wie kannst du der Einzige sein?“ Frappierend. Was soll man dazu noch viel sagen? Recht hat er. Erster kann man nur dann sein, wenn es noch genügend viele andere gibt, die hinter oder neben einem stehen, sitzen, laufen oder spielen. Ein Erster ist oftmals doch nicht viel mehr als ein Primus inter pares. Und etwas anderes ist dieses Geschöpf ja auch ohnehin nicht. Darauf weist der Name schon ausdrücklich hin. Nach einer Eins muss logischerweise eine Zwei kommen. Gut, vielleicht gibt es hier und da noch ein kleines Solo. Aber was soll’s. Wir wollen mal nicht so kleinlich sein. Kein Grund für ein derart übersteigertes Selbstbewusstsein. Hier macht doch jeder nur seinen Job. Und ein bisschen Solo macht noch lange keinen Star. Also kein Grund zur Überheblichkeit. Wichtig ist, wenn es keine anderen gibt, kann man so lange Erster sein, wie man will. Es interessiert dann nur eben nieman-
den. Und auf Dauer als Erster allein zu sein, macht doch auch ziemlich einsam. Und man kann noch so lange und beharrlich allein in der ersten Reihe sitzen, dadurch wird es auch nicht besser. Denn wenn es keine Reihen drumherum gibt, dann ist die erste Reihe keinen Pfennig wert. Die Einsicht ist hart: Man wird im Prinzip nur durch die anderen zu dem, was man ist. Und das Image ist, offen gesagt, nicht gerade positiv besetzt. Das wird nicht zuletzt daran deutlich: Dieses Erster-Sein hat im Laufe der Zeit den Weg heraus aus der Musik und hinein in unsere Alltagssprache gefunden. Allerdings als oftmals wenig schmeichelhafte Floskel. Ehrgeiz wird damit verbunden, in gewisser Weise auch Egoismus und ein dringender Hang, im Mittelpunkt des Interesses zu stehen. Doch ganz so schlimm ist der oder die Erste nun auch wieder nicht. Schließlich hat dieser Job auch etwas mit Verantwortung zu tun. Nicht nur für sich, sondern für das ganze Orchester. Denn der Erste hält alles zusammen. Er gibt im wahrsten Sinne des Wortes den Ton an. Und sagt, wo es langgeht. Wenn er aufsteht, tun es die anderen ihm nach. Vorteil des Jobs: besondere Armund Beinfreiheit. Und freie Sicht ins Publikum.
rätsel lösen – und „RenéE Fleming-DVD“ gewinnen Wenn Sie die Antwort kennen, dann schreiben Sie Ihre Lösung unter dem Stichwort „Alltags-Rätsel“ an die crescendo- Redaktion, Senefelderstraße 14, 80336 München oder per E-Mail an redaktion@crescendo.de. Unter allen richtigen Einsendungen verlosenwir die Arthaus-DVD-Box „Renée Fleming - Live at the Opera National de Paris“. Einsendeschluss: 15. Juli 2013. Viel Glück! Der Gewinner unseres letzten Alltagsrätsels ist Inge Rottler aus Siegen. Die richtige Lösung war „Paukist“.
Leserbriefe Diesmal: Loriots korrekte Zimmernummer und andere Feinheiten Betreff: Loriots Zimmer
Betreff: „Schmuck für die Wand“ (Akustik)
Sehr geehrte Frau Pieschacon Raphael, in Ihrem Artikel erwähnen Sie auch Loriot, der immer wieder längere Zeit dort ein durch ihn „berühmtes“ Zimmer bewohnt hatte, indem er über seine Sketche u. a. m. sinnierte: Es wundert mich, das Herr Müller-Elmau nun die Nummer „219“ nannte, wobei mir als „Schloss-Fan“ seit vielen Jahren das Zimmer Nr. 118 als LoriotZimmer bekannt war. Vielleicht können Sie ja den Widerspruch für mich aufklären!?
Leider entspricht der Artikel über Elektrostaten nicht den wirklichen Gegebenheiten (...). Elektrostaten brauchen hinter sich viel Platz, mindestens einen Meter, um ihre außerordentliche Räumlichkeit und den losgelösten Klang zu unterstützen. Die recht schmale Klangabstrahlung ist bei den „Audio Exclusiv“-Elektrostaten fast „Tradition“, wenn auch verbessert. Die Aussage stimmt aber grundsätzlich nicht mehr, seitdem es die genial gerundete neue Flächenstrahlergeneration von „Martin Logan“ gibt! Ich bin glücklicher Besitzer der „SUMMIT“. Hier kann die ganze Familie ohne Einbußen Musik hören.
Christine Drandarevski, per E-Mail Anm. d. Red: Liebe Frau Drandarevski: Der Fehler liegt im Feuer: Nach dem Brand im Jahr 2005 haben sich die Zimmernummern geändert – es ist also beides richtig.
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Richtigstellung In unserer vergangenen Ausgabe schrieben wir auf der Seite 79, in der Ankündigung der T ournee der New Yorker Philharmoniker, dass die Verantwortlichen über einen Rückzug aus der Avery Fisher Hall in die Carnegie Hall diskutierten. Dies war ein Missverständnis unsererseits und ist so nicht richtig. Wir bitten den Irrtum und die daraus resultierende Falschmeldung zu entschuldigen.
Dieter Lang, per E-Mail
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Juni – Augus t 2013
»Ich lese crescendo« Jan Vogler, Cellist
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g e s e l l s c h af t
„Ein Affe verdient mehr pro Tag“
Foto: Stefan A. Schuhbauer von Jena
Die Arbeits- und Verdienst-Bedingungen für Musiker, Tänzer und Schauspieler aus der zweiten und dritten Reihe sind schlecht. Seit Kurzem hat das Revolutionsvolk dank Facebook eine prominente Stimme – die Frage ist, wie lange sich das Thema noch halten wird.
Es gibt Themen, die treffen einfach immer ins Schwarze: so Künstler, der über Wochen eine Rolle probt und im Anschluss die titelt die BILD-Zeitung konstant in jedem Jahr: „Der große Gehalts- Aufführung wegen Krankheit absagen muss, keinen Cent bekommt. Die Reaktionen auf Kulmans Eintrag sind immens. Sie selbst report – wer verdient wie viel!“ Neben den Krankenpflegern und „kleinen“ Angestellten gehört auch die Gruppe der freischaffenden wird zur Jeanne d'Arc der Bewegung, das Thema landet auf dem Künstler zu den Berufsgruppen, die jährlich über zu wenig Lohn großen Parkett der Leitmedien (siehe Timeline nebenan). Nur wohin führt ein Aufschrei, wie ihn in diesem Jahr bereits und unwürdige Arbeitsbedingungen klagen. Dank des neuen virtuellen Stammtischs „Facebook“ entwickelte das Thema „Künstlerga- eine Stern-Redakteurin mit dem Politiker Rainer Brüderle und dem gen“ nun eine bisher ungekannte Form der Eigendynamik. Neu ist daraus folgenden Thema „Sexismus“ schaffte? Immerhin, angegriffene Persönlichkeiten wie der Intendant der Salzburvor allem, dass sich die klassischen Medien wie ger Festspiele Alexander Pereira haben sich zum Thema die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, die Südbereits geäußert und auch das Thema der Generalprodeutsche Zeitung“, die „Salzburger Nachrichten“ ben-Bezahlung erklärt. Jeder Einzelne werde gefragt, ob und auch der „ORF“ in sehr prominenter Weise er mitmacht. Und er kenne keinen Sänger, der bei der einem Thema widmen, weil es zuerst im Internet Generalprobe vor einem leeren Saal singen wolle, so der hochgekocht ist. Intendant. Im Februar 2013 hatte der Musical-ProAuch Ioan Holender, ehemaliger Direkduzent Johannes Maria Schatz tor der Wiener Staatsoper, meldete sich per eine Facebook-Gruppe gegrünGastkommentar in der Zeitung „Die Welt“. det, die den etwas sperrigen Namen Sein Grundsatz: „Dass die Sänger, die sich „Die traurigsten & unverschämtesten Künstler-Gagen und Auditionerlebnisse“ trägt. Das „Revolutionsführerin“ jetzt öffentlich über den von ihnen selbst hervorgeThema dieses virtuellen Stammtischs, an dem jeder, der Kulman: Via facebook rufenen Zustand beklagen, ist neu und unbegründet. Holender wirft den Ball sogar den Künstlern selbst einen Facebook-Account besitzt, Platz nehmen durfte: kam die „Art but zurück: Jeder Sänger versuche aufgrund der vielen menschliche Arbeitsbedingungen, faire Gagen und Fair“-Welle. neuen Festspiele „so schnell wie möglich aus einem Anerkennung der Leistung im Kulturbetrieb. Schnell wird das Forum zur Klagemauer schlecht bezahlter Künstler, einige Festvertrag wegzukommen und als Freischaffender zu wirken, um schreiben offen über ihre Erlebnisse mit prominenten Intendanten. keine der sich bietenden Auftrittsmöglichkeiten zu versäumen. An Im März erscheint auf der Pinnwand des Forums ein Ein- einem organischen, langfristigen, gefestigten Aufbau seiner Existrag der österreichischen Mezzosopranistin Elisabeth Kulman. Der tenz und am Erlernen eines für seine Stimme vorteilhaften ReperTenor ihrer kurzen Rede ist eindeutig: Friede den Hütten, Krieg den toires ist weder der Sänger noch dessen Arbeitgeber – sprich der Palästen! Sie beklagt vor allem den Umstand, dass selbst Stars des Intendant – interessiert.“ Ob das Thema den Sommer überleben wird? Die SexismusGewerbes nur für die Aufführung bezahlt werden, aber nicht für die Proben. Kulman macht noch einmal darauf aufmerksam, dass ein Debatte zerbrach bereits nach wenigen Wochen. n 34
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Juni – Augus t 2013
Die Chronologie der „Revolution der Künstler“: 8. Dezember 2012 Gegenüber Zeit im Bild und ORF bestätigt der Generalmusikdirektor der Wiener Staatsoper, Franz Welser-Möst, dass er den Da-Ponte-Zyklus bei den Salzburger Festspielen nicht dirigieren wird. Grund dafür seien Unstimmigkeiten zwischen ihm und dem Intendanten Alexander Pereira. Franz Welser-Möst hatte „aus dem gedruckten Programm“ der Salzburger Festspiele erfahren, dass alle drei Vorstellungen von Così fan tutte „innerhalb von weniger als fünf Tagen angesetzt“ wurden.
19. Februar 2013 Auf Facebook wird die Seite „Die traurigsten & unverschämtesten Künstler-Gagen & Auditionerlebnisse“ (Abkürzung FBGagen) gegründet. Initiator der „Revolution der Künstler“ ist der katholische Theologe, Rechtswissenschaftler, Kultur- und Medienmanager Johannes Maria Schatz. Der erste Facebook-Eintrag lautet: „Es reicht! Hier sammeln wir die traurigsten und unverschämtesten Künstler-Gagen-Angebote, die Deutschlands Bühnenlandschaft zu bieten hat. Immer kleinere Gagen, immer häufiger lediglich „Gewinn“-Beteiligungen, immer seltener bezahlte Probenzeiten. Es muss sich endlich etwas ändern! Wer also von euch peinliche, traurige, unverschämte oder einfach nur lächerliche Gagen-Angebote erhält, darf sie gerne hier posten.“ Innerhalb von drei Tagen drücken rund 1800 Benutzer „gefällt mir“. Es folgen Einträge wie diese: „Im Krankenhaus konnte man nicht glauben, dass ich mir keine private Krankenversicherung leisten kann und man wusste nicht recht wo man mich hinstecken sollte“ (ein Opernsänger). „Selbst der Kantinenwirt im Theater in München, der wirklich jeden Tag mit uns Sängern zu tun hat, glaubte uns nicht, als wir ihm unser Gehalt sagten!“
chen. Aber wer will nicht bei den Salzburger Festspielen dabei sein ,dürfen’? So akzeptiert man halt diesen Vertrag.“ Das Thema wird dank Kulmans Prominenz in der österreichischen Presse aufgegriffen. „Salzburger Nachrichten“, „Kurier“, und „Wiener Zeitung“ berichten prominent, da die Feuilleton-Redakteure Elisabeth Kulmans Facebook-Account verfolgen – die „Klagemauer der Künstler“ ist ein Thema. Die Salzburger Nachrichten führen nun ein Interview mit Festspielintendant Alexander Pereira in London. Kein Geld für Proben? „Das ist international so üblich, ich mache das seit 15 Jahren“, erklärt Pereira. Er habe das in Salzburg abgeschafft und „zahle lieber für Vorstellungen mehr“. Und der von Kulman angesprochene Ausfall? „Wer krank wird, kriegt nix“, sagt Pereira. „In einzelnen Härtefällen kann man über eine kleine Pauschale reden.“ Die unbezahlte Generalprobe? „Das ist immer für einen guten Zweck. Jeder Einzelne wird gefragt, ob er mitmacht. Und ich kenne keinen Sänger, der bei der Generalprobe vor einem leeren Saal singen will.“ Wozu sich also aufregen, passt eh alles. (Salzburger Nachrichten, „Facebook als Klagemauer für Künstler“, Ernst P. Strobl, 13.3.2013) In Zusammenarbeit mit Johannes Maria Schatz entwickelt Kulman die ersten konkreten Ziele der Revolution. Ein Verhaltenskodex für Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Bereich Kultur und Mindestgagen steht auf der Tagesordnung sowie ein Logo („Art but Fair“), das auf Programmheften oder Konzertkarten abgedruckt werden soll. Ganz nach dem Prinzip „Fair Trade“, signalisiere dieses Gütesiegel faire Arbeitsbedingungen.
25. Februar 2013
14. März 2013
Die Frankfurter Rundschau veröffentlicht einen Artikel zum Thema: Zitat: „Ein Affe verdient mehr pro Drehtag, als ein ausgebildeter Darsteller: Die Autorin (Birgit Walter) nimmt mit diesem furiosen Vergleich Stellung zur „Revolution der Künstler“. Im Artikel kritisiert sie unter anderem die „Berliner Oper“, welche Spitzengagen bis zu 15.000 Euro pro Abend aus dem Etat herauskitzelt. Die Folge: Kleindarsteller müssen sich auf den Brettern der Welt, in diesem Fall Berlin, mit einer verhältnismäßig sehr geringen „Aufwandsentschädigung“ abfinden.
Die amerikanische Sopranistin Laura Aikin schaltet sich ein. Im „Arts Journal“ äußert sie sich kritisch zu den Arbeitsbedingungen bei den Salzburger Festspielen. (Zitat von Laura Aikin, „A singer takes issue with Salzburg’s rehearsal policies“, erschienen in Arts Journal, 14.03.2013). Einen Tag später ruft Elisabeth Kulman die Künstler über Facebook auf, das Schweigen zu brechen, um sich Gehör zu verschaffen. Immer mehr TVSendungen und Zeitungen bringen Gespräche mit Frau Kulman.
11. März 2013 Im englischen „Arts Journal“ meldet sich der Kritiker Norman Lebrecht mit seinem Artikel „Slave Labour“ zu Wort. Lobend befürwortet er die Facebook-Seite und macht das englische Publikum auf den Fall aufmerksam. Gleichzeitig bekommt der Protest nun eine prominente Stimme: Die Sängerin Elisabeth Kulman spricht Tacheles und verwandelt sich zur „Jeanne d’Arc“ der Revolutionsbewegung. Mit ihrer Stellungnahme zu den Künstlerverträgen bei den Salzburger Festspielen riskiert sie nicht nur ihren Kopf, sondern auch ihr Engagement bei eben diesem Festspiel. Das Problem ist nur, die prominente Sängerin verdient gut und ist bereits ein Star der Klassik-Szene. Angesichts dieser Tatsache fragen sich einige: Ist sie die richtige Symbolfigur für das Leid und die Ungerechtigkeit, das vor allem dem „durchschnittlichen“ Künstler widerfährt?
13. März 2013 Elisabeth Kulman legt nach. Sie schreibt: „Die Salzburger Festspiele zahlen seit Alexander Pereira keine Probenpauschale mehr, sondern nur die Abendvorstellungen. Die Öffentliche Generalprobe (mit teuer verkauften Karten) gilt übrigens nicht als ,Vorstellung’, sondern als ,Probe’ und wird somit nicht vergütet. Hotelkosten werden keine übernommen, es gibt eine kleine Reisekostenpauschale. Wenn ich also nach den sechs Wochen Proben krank bin und keine einzige Vorstellung singen kann, gibt es nicht nur keine Gage, sondern ein dickes Minus zu verbu-
28./29.03.2013 Versammlung in Hamburg: Beim Welttheatertag in Hamburg wird bei einem zweitägigen Treffen über die „Krise“ im Theater gesprochen. Darunter auch die Initiatoren von FBGagen – man müsse über das weitere Vorgehen diskutieren. Am gleichen Tag verspricht Johannes Maria Schatz in einem Interview in BR Klassik, der Klassikwelle des Bayerischen Rundfunks konkrete Probleme anzupacken.
1. April 2013 Der Generalmusikdirektor der Wiener Staatsoper Franz Welser-Möst, bricht Sonntagabend während einer Aufführung von Richard Wagners „Parsifal“ zusammen. Am Vorabend erlitt der Dirigent einen Hexenschuss. Die Schmerzen führen in Folge zu einem Kreislaufkollaps. Damit wird Welser-Möst ungewollt zum Symbol der Revolutionsbewegung und des Kollapses in der Opern-Branche.
1. MAi 2013 Die Verkündung: Am ersten Mai ist es so weit. Der Protest hat sich zu einem Interessensverband geformt. Als „art but fair e.V.“ fordern Künstler nun ganz offiziell mehr Rechte und fairere Bedingungen in der Kulturbranche. Schauplatz des Aufmarsches ist Wien, mit dabei das Bayerische Fernsehen. Noch am gleichen Tag geht auch die Seite des Interessenverbands online. (www.artbutfair.org)
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g e s e l l s c h a f t
Der Pianopilger
Fotos: Fabio Tedde; privat
Fabio Tedde reist um die Welt. Sein Ziel: Er will auf allen Play me, I'm yours*Klavieren spielen. Wir haben ihn bei seiner Entdeckungsreise getroffen und mit ihm sein 330. Straßenklavier gespielt. v o n A n n a N o v á k
*Das Projekt „Play me, I‘m yours“ (www.streetpianos.com) wurde im Jahr 2008 vom britischen Künstler Luke Jerram ins Leben gerufen.
Überall auf der Welt werden bunte Klaviere aufgestellt, die von Passanten wie auch Künstlern bespielt werden sollen. Auf den Bildern: Fabio Tedde auf seinen Reisen mit „Play me, I‘m yours“-Klavieren in London, Cambridge, München, Belfast und Genf.
„Ich saß in der U-Bahn und habe eine winzig kleine Anzeige in der Zeitung gesehen. Da ging es um Klaviere, die auf der Straße aufgestellt werden sollten. Und ich dachte mir: Wieso hab ich davon bloß noch nichts gehört?“ Mit dieser Anzeige für ein Kunstprojekt namens „Play me, I'm yours“ begann eine besondere Liebesgeschichte zu einem Projekt, das gerade um die Welt tourt. Und so begann der Italiener Fabio Tedde, ein Teil des Projektes zu werden. Fabio ist 36, Pianist aus Sardinien, lebt in London und arbeitet dort als Straßenmusiker. „Für mich gibt es keinen besseren Ort zu spielen als auf der Straße“, sagt der Mann mit den langen schwarzen Haaren, die er zum Zopf zusammengebunden hat. „Näher kann man dem Publikum nicht sein, hier gibt es kein Gefälle zwischen Künstler und Zuhörer.“ Schon als er das erste Mal von den „Streetpianos“ des britischen Künstlers Luke Jerram liest, reißt ihn die Idee mit: In einer Stadt sollen an verschiedenen öffentlichen Plätzen Klaviere aufgestellt werden. Jedes Klavier ein Unikat, unterschiedlich angemalt, beklebt oder besprüht. Und jeder darf darauf spielen. Das Projekt startet 2008 in Birmingham, noch im gleichen Jahr wird es auch in São Paulo realisiert. 2009 in London, Sydney, Bristol und Bury St. Edmunds. 2010 stehen Straßenklaviere in zehn Städten – unter anderem am New Yorker Times Square. Die Bilder des gelben Klaviers, das inmitten der Hektik und der Lichter der 36
Großstadt gespielt wird, gehen um die Welt. Neben vielen europäischen Städten machen auch kanadische und australische Städte mit. 2012 sogar das chinesische Hangzhou. In diesem Jahr gibt es „Play me, I'm yours“ in mindestens sieben Städten. Nach Monterey nun München, wo der Verein „Musik mit Kindern“ mit viel Herzblut und Energie für das Projekt gekämpft hat. Insgesamt sind 14 gestaltete Klaviere aufgestellt. Fabio Tedde ist den Klavieren hinterhergereist. Er spielte unter anderem in Los Angeles, in Holland, in Genf, in Belfast, in Cambridge. Am Londoner Bahnhof King's Cross steht ein fest installiertes PMIY-Klavier. Das ist mittlerweile furchtbar verstimmt, aber Fabio spielt es fast jeden Tag. Als er das erste Mal an einem Londoner Piano saß, traf er zufällig Luke Jerram – die beiden kannten sich nicht, aber Fabio deutete es als Zeichen. Mittlerweile treffen sich Künstler und der „Piano-Pilger“ an Klavieren auf der ganzen Welt – wenn Jerram das Projekt vorstellt und Fabio darauf spielen will. In München wartet sein 330. Straßenklavier auf ihn. „Jede Stadt ist anders. Die Menschen verhalten sich ganz unterschiedlich, die Klaviere sind an anderen Orten aufgestellt, der Charakter des Projekts variiert schon je nach Stadt und Land“, erklärt Fabio. Er zögert, dann lächelt er. „Aber weißt du was? Es gibt eine Gemeinsamkeit: An allen Klavieren passiert etwas Magisches.“ www.crescendo.de
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Juni – Augus t 2013
Wie recht er hat, stellen wir fest, als wir ihn einen Tag in München begleiten: Wir starten an einem der weniger zentral gelegenen Klaviere, am Kulturhaus in Neuperlach. Das Klavier ist kunterbunt bemalt, steht überdacht. „Das ist das allerbeste Klavier, das ich bisher beim PMIY gespielt habe“, freut sich Fabio. „Ich will es mitnehmen! Geht das?“ Er lacht. Leider fehlt dem Klavier der Klavierhocker. Macht nichts. Spielt er eben im Stehen. Eine Eigenkomposition. „Manchmal improvisiere ich auch einfach stundenlang.“ Noten kann er nicht, er spielt und komponiert stattdessen einfach das, was harmonisch aus seinem Herzen kommt. Manchmal klingt das ein bisschen nach Ludovico Einaudi und seiner Filmmusik. Wenige Minuten später kommt ein Jugendlicher mit Rastalocken auf dem Fahrrad angefahren. „Spielst du auch?“ fragt ihn Fabio. Er nickt. „Dann lass uns was zusammenspielen!“ Die beiden spielen fast 30 Minuten. „Ich bin übrigens Sebastian“, sagt der Junge dann. Beide lachen. Fabio: „Das passiert total oft. Man spielt stundenlang miteinander und stellt irgendwann fest: Hey, wir haben uns ja noch nicht einmal vorgestellt.“ Genau diesen Effekt hat sich PMIY-Erfinder Luke Jerram gewünscht. Die Idee zum Projekt kam ihm übrigens in einem Waschsalon. „Jeden Sonntag ging ich in den gleichen Waschsalon und dort waren immer die gleichen Menschen – aber niemand redete miteinander! Genauso passiert das jeden Tag tausendfach an Bushaltestellen. Die Leute warten alle gemeinsam auf den Bus, aber Kommunikation findet gar nicht statt. Aber wenn man einfach so ein Klavier aufstellt, bricht es plötzlich das Eis.“ Wir fahren mit der Bahn zum Kulturbahnhof in Giesing. Keiner da. „Das ist das 331. Straßenklavier, das ich spiele“, freut sich Fabio. „Los, wir spielen was zusammen!“ Wir versuchen es mit Pachelbels Kanon in D-Dur – mit kleinen Startschwierigkeiten. „Die Überwindung ist am Anfang schwer. Es gehört schon ein bisschen Mut dazu.“ Unser Klavierspiel wird vom Applaus zweier älterer Damen unterbrochen. „Wir haben Sie schon in Neuperlach gesehen und sind Ihnen hinterhergefahren!“ Am Abend treffen wir Fabio wieder. Er hat nun eine Jamsession zusammengetrommelt. Eine Boogie-Woogie-Band, die er am Klavier an der Universität kennengelernt hat, einen jungen Spanier, den er über das Internet kennt und zwei Mädels, die ihm mehrere Stunden beim Spielen zugesehen haben. „Es wird magisch“, verspricht Fabio. Zwei Stunden später hat sich noch eine Geigerin dazugesellt, jemand spielt Tambourin, die Jungs bearbeiten vierhändig das Piano. Im Hintergrund tanzt ein junges Pärchen albern Rock'n'Roll dazu. Die beiden haben sich erst an diesem Abend kennengelernt. Eine russische Mädchenreisegruppe kommt vorbei. „Könnt ihr spielen?“, fragt der Boogie-Woogie-Pianist. Die Mädels schütteln den Kopf. „Aber wir können singen“, und die Gruppe stimmt ein russisches Volkslied an. Zwei Tage später, Königsplatz. Der Weltpianist sitzt schon wieder am Klavier. „Heute hat mich ein Freund aus Brasilien angerufen und gesagt: Fabio, du bist berühmt! Du bist überall im Internet mit den Münchner Klavieren!“ Ein Chor singt spontan „Can you feel the love tonight“, der ganze Königsplatz trällert mit. Fabio: „Mit vielen Leuten, die ich auf der Reise kennengelernt habe, habe ich noch immer Kontakt. Wie sehr uns die Musik verbindet, zeigen diese Klaviere!“ Bis zum Morgengrauen spielt er an diesem Abend. Zeit für Nostalgie bleibt nicht, denn seine „Play me, I'm yours“-Tour geht weiter: Der nächste Stopp ist Paris, da stehen im Juni 80 Klaviere, die er alle spielen möchte. Und immer dabei: seine Kamera. Überall, wo er ist, macht er Fotos und Videos. „Ich möchte gerne einen Film über meine Reisen drehen, daher nehme ich so viel von der Stimmung mit, wie ich kann.“ In München hat er auch in dieser Hinsicht einen eigenen Rekord aufgestellt: „Wir haben am Max-Joseph-Platz vor der Oper ein Gruppenfoto mit fast 100 Leuten gemacht – so viele hatte ich vorher noch nie auf einem Foto!“
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l e b e n s a r t
New York ... aus der Sicht eines Musikers
Foto: Bob Coat aus dem Helicopter.
Der Cellist Johannes Moser zog vor zwei Jahren der Liebe wegen in die Stadt, die angeblich niemals schläft. Dass dies kein Klischee ist, sondern pure Realität, schrieb er uns persönlich auf und verrät in seiner Reportage derart geheime Tipps, dass selbst Big-Apple-Kenner noch Neues entdecken werden.
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Juni – Augus t 2013
Foto: Karolina Doleviczenyi / sounding images
Johannes Moser in der New Yorker Subway
N
einer Vorstellung vermittlet typisches NY-Feeling der kulturellen ew York City ist seit 2011 mein Zuhause – wobei Upperclass. Ein Besuch ist meines Erachtens für jeden Klassikin„Zuhause“ bei mehr als 280 Reisetagen naturgemäß teressierten Pflicht, auch wenn die Ticketpreise durchaus stolz sind. eher theoretischer Natur ist. Umso mehr genieße Mein Tipp: Auch wenn man bei den billigeren Plätzen in den obeich meine Zeit in vollen Zügen, wenn ich in der ren Rängen nicht alle Details auf der Bühne erkennen kann, ist Stadt bin. New York ist leider nicht mit besonders komfortablen Flug- man dort akustisch am besten platziert. Im Lincoln Center befindet sich außerdem die New York Performing Arts Library, ein wahhäfen gesegnet. Durch die penible Kontrolle der Einreisebehörden res Mekka für Kulturenthusiasten: CDs, DVDs und natürlich Noten kann man schon mal zwei Stunden anstehen, bis man an die Reihe über Noten. Ich habe selbst dort einige obskure Ausgaben gefunden. kommt. Nachdem man die Koffer abgeholt und den Zoll passiert Gleich gegenüber der MET ist eine der wichtigsten Ausbilhat, kann es auch passieren, dass man bis zu einer Stunde für ein dungsinstitutionen der klassischen Musik: die Juilliard School. Taxi ansteht. Deshalb hier gleich mein erster Tipp: Ich umgehe das gerne, indem ich bei Carmel (www.carmellimo.com) oder High- Neben den Vortragsabenden der Musikklassen lohnt sich vor allem ein Besuch der Theaterabteilung. Und vor oder nach dem Konbridge (212-927-4600) ein Taxi vorbestelle. Das ist übrigens auch online möglich. Ist zwar marginal teurer, aber man spart sich ein- zert kann man in der Bar im Empire Hotel bei einem Martini über die Musik sinnieren. Kulinarisch hat die Gegend fach die lästige Warterei. Überhaupt muss man sich um das Lincoln Center viel zu bieten, besonders in NYC nicht nur in der Hauptsaison auf Anstehen mag ich Fiorello's (es gibt sensationelle hauchund Wartezeiten einstellen, sei es im Restaurant, dünne Pizza und tolle Vorspeisen) und Rosa Mexider U-Bahn oder eben am Flughafen. Das ist New cano (am Tisch zubereitete Guacamole, sowie sehr York und es gehört irgendwie einfach dazu! leckere Tacos). Verkehrsmäßig sollte man sich zu 90 Prozent Washington Heights ist seit 2011 meine Heimit der U-Bahn bewegen. Sie ist inzwischen wirkmat. Wer es nicht kennt: Noch bis vor wenigen Jahlich sehr sicher und sauber. Mein zweiter Tipp: Auf ren war der Bezirk, der im Norden von Manhattan jeden Fall lohnt sich die Wochenkarte, Vorsicht um die 181. Strasse liegt, vor allem den Puertoriaber mit dem Magnetstreifen, der bei zu langer canern und Studenten der Yeshiva-Universität vorBerührung mit einem Telefon schon mal kaputt Das Motto des New Yorker behalten. Heute zieht es wegen der relativ modegehen kann – das weiß ich sozusagen aus erster Clubs Le Poisson Rouge. raten Wohnungs-Mietpreise Künstler und junge Hand. Familien in den Bezirk. Durch seine Nähe zum Fort Tryon Park Nach einem langen Flug und der stressigen Ankunft lohnt sich ein Besuch im Salon de Tokyo (www.salondetokyo-ny.com), kann man sich hier durchaus wohlfühlen. Musiker wie die Pianisgleich gegenüber der Carnegie Hall: Hier bekommt man bei japani- ten Orion Weiss und Benjamin Hochman sowie die Geigerin Jennischem Ambiente (Schuhe aus!) eine wohltuende Shiatsu-Massage. fer Koh trifft man entweder beim Joggen entlang des Hudson, beim Ich bestelle mir gerne eine Massage, bei der die Masseure auf mei- sehr netten und leckeren Italiener Saggio‘s (besonders empfehle ich den Kale Caesar Salad und Pasta Limone), oder zu jeder Tages- und nem Rücken herumlaufen. Schön ist das natürlich erst, wenn der Nachtzeit bei Jin's, einem winzigen Supermarkt, der so gut wie alles Schmerz im Anschluss nachlässt. anbietet – 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche. Die Carnegie Hall ist sicher der berühmteste Musiktempel Ein weiterer Musikertreffpunkt ist Henry's Restaurant mit Amerikas. Im großen Saal (Stern Auditorium) gastieren die besten guter amerikanischer Küche (mit dem Burger macht man nichts Orchester und Solisten der Welt, Kammermusik hört man in der Zankel Hall oder Weill Hall. Interessanterweise liegen die New Yor- falsch). Mit etwas Glück landet man hier in einem „Songbook evening“ mit Gesangsstudenten der Juilliard School, die ein Klavier in ker Philharmoniker mit der Carnegie Hall aber im Clinch, sodass die Mitte des Restaurants schieben und drauflos klimpern. das Orchester nicht oder nur ganz selten in diesem Konzerthaus Für mich liegt der besondere Reiz von New Yorks Musikszene gastiert. Die Carnegie Hall war übrigens vom Abriss bedroht, und jenseits der großen Institutionen. Die von außen schön angeranzte nur eine Initiative des Violinisten Isaac Stern konnte sie retten. Das New York Philharmonic Orchestra mit seinem Chefdi- Bar Barbes hat im hinteren Teil einen kleinen Raum mit einem Klavier, wo man einen bunten Mix aus klassischer und experimentelrigenten Alan Gilbert hört man im Lincoln Center. Leider ist die ler Musik hören kann (www.barbesbrooklyn.com). Ich habe hier Avery Fischer Hall akustisch eine Katastrophe, was ich bei meinem Debut 2009 mit dem Orchester (Tschaikowskis Rokoko-Variatio- schon das eine oder andere Programm ausprobiert. Die Rockefeller University bietet kostenlose Recitals zur Mittagszeit an (Tri-Noon nen unter Lorin Maazel) selbst erfahren musste. Nebenan liegt die recital series). Es lohnt sich, im Vorfeld eines Besuchs, den Newslegendäre Metropolitan Opera, kurz MET. Das Chaos am Abend 39
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letter der Serie zu abonnieren (www. von Musikbüchern gefunden, hauptrockefeller.edu/artists). sächlich gebraucht und bei Amazon Schon zur etablierten Garde der nicht zu finden. Off-Musikszene gehört das Le PoisEinmal im Jahr findet der son Rouge (www.lepoissonrouge.com). Bang on A Can Marathon statt, desNeben richtigen Record Release Parties sen Mitglieder ein Mammutkonund experimentellen Konzerten gibt es zert auf die Beine stellen. Im Somdort einen schönen Mix an Rockigem mer der Treffpunkt für die New Yorund Klassischem. Besonders schön ker Musiker- und Komponistenszene finde ich Barge Music, am Wasser gele(www.bangonacan.org). gen (www.bargemusic.org). In der Bar Für Nachteulen und Jazz-EnthuThe Living Room gibt der in den USA siasten empfehle ich die ZINC Bar im sehr berühmte Blue-Grass-Virtuose West Village, wo man bis spät in die Die Juilliard School in Uptown Manhattan Chris Thile mit seinen Punch Brothers Nacht richtig guten Jazz zusammen die Bingo Night Konzerte (www.livingroomny.com/artist/punch- mit Hochprozentigem bekommt. Großes NY-Feeling! (www.zincbrothers). bar.com) Mittags kaufe ich mir in Hells Kitchen ein Sandwich oder ein Den Abend lasse ich gerne in einem SpeakEasy ausklingen, Hot Dog zum Mitnehmen und sehe der Alvin Ailey Dance Com- einer in NYC seit den Tagen der Prohibition etablierten Institution: pany beim Proben zu – das Tanzstudio hat große Fenster zur Straße. Man muss morgens versuchen einen Tisch reservieren, da man im Aber nicht nur Manhattan bietet Kultur der Extraklasse: Die Speakeasy nicht stehen darf. Da es sich ursprünglich um geheime BAM (Brooklyn Academy of Music) lohnt sich sehr, ich habe in die- Bars handelte, die der Prohibition zu entgehen suchten, sind einige sem Jahr dort eine fantastische Oper von Lully gesehen. Und das Speakeasies nur durch Geheimtüren zu erreichen, wie zum Beineue Wythe Hotel in Williamsburg (Stadtteil von Brooklyn) sollte spiel der Rückwand einer Telefonzelle (http://pdtnyc.com) oder man buchen, wenn man auf authentische alte Backsteinarchitektur der Tapetentüre eines chinesischen Restaurants. Ich empfehle den steht. Von der Terrasse dieses neuen Designhotels hat man einen Experimental Cocktail Club mit tollen DJs am Wochenende und sagenhaften Blick auf Manhattan. intimer Atmospäre unter der Woche (www.chinatownecc.com). Unbedingt empfehlenswert: Eine der vielen Broadway Shows, Wer dann noch Hunger hat, dem empfehle ich Korean Barbedie im Theatre District laufen. Besonders gefallen hat mir Rent cue auf der 32. Straße bei Kunjip (www.kunjip.net). Der Laden hat (läuft off broadway), Tod eines Handlungsreisenden mit Phillip 24 Stunden geöffnet und ist eine meiner Lieblingsadressen. BesonSeymour Hoffman und natürlich Porgy and Bess mit Audra McDo- ders um vier Uhr morgens! nald in der Hauptrolle. Mein Tipp für Kurzentschlossene: TKTS am Time Square bietet günstige Restkarten zu allen Broadway Shows an. Wer in die Nähe des Union Square kommt, sollte unbedingt in TV-TIPP: Die Sendung „Ein Tag im Leben des Cellisten Johannes Moser“ den Strand Bookstore schauen. Ich habe dort sehr schöne Ausgaben wird am Sonntag, 2. Juni 2013 um 17.05 Uhr auf ARTE ausgestrahlt.
New York Tipps & Tricks Die wichtigsten Reiseinformationen rund um den Big Apple
Konzerte:
Spezielle Konzerte: Die Termine der von Johannes Moser empfohlenen Reihe „Bang on a Can Marathon“ (1) findet man unter www.bangonacan.org. Die Livemusik-Bar „Le Poisson Rouge“ ist Ecke Bleecker/Thompson Street. Die Bar Barbes (2) liegt in Brooklyn (9th Street/6th Avenue).
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Wo übernachten?
Günstig (ca. 150 Euro): das Aloft in Harlem. Infos unter www.aloftharlem.com Neu und ebenfalls leistbar (ca. 200 Euro): The Strand. Infos unter www.thestrandnyc. com oder The Mave Hotel. Infos unter www. themavehotel. Spektakulär (ca. 300 Euro): The Wythe Hotel (3). Infos unter www.wythehotel.com. Klassisch & luxuriös (ca. 500 Euro): The Lowell (hier wohnt Yo-Yo Ma, wenn er in New York ist). Infos unter www.lowellhotel.com
Hinkommen: New York City ist über die drei Flughäfen John F. Kennedy, La Guardia und Newark erreichbar. Eine der besten Verbindungen ist die von München nach Newark mit Lufthansa (ab 480 Euro). Ein Taxi von Newark ist nach Manhattan auch nicht so teuer wie von John F. Kennedy. Wer in Brooklyn übernachtet, sollte allerdings nach JFK oder La Guardia fliegen.
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Fotos: PR, The Wythe Hotel; Bob Coat;
Das Programm der Metropolitan Opera findet man am besten über die offizielle Webseite www.metoperafamily.org. Das der Carnegie Hall unter www.carnegiehall.org. Für Besucher, die vor allem wegen dieser beiden Häuser nach New York reisen, empfiehlt es sich, ein Hotel im Norden am Central Park zu nehmen, da beide Häuser – wie auch die Juillard School – z wischen der 57. und 64. Straße liegen.
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Der Bachchor Mainz und der Chor der Hochschule für Musik Mainz beim Konzert im hr-Sendesaal
Vitalität und Farbkraft Seit 27 Jahren schon arbeitet Ralf Otto als künstlerischer Leiter des Bachchor Mainz – mit spannenden Programmen fesselt er Sänger und Publikum. Ab Juli widmet er sich dem Jubilar Benjamin Britten und seinem wohl größten Werk, dem „War Requiem“. Vo n A n n a N ová k
Es gibt diese Gesangsensembles, da hört man von der ersten Zugang zur Musik zu entwickeln, das braucht einfach Zeit. In unseSekunde an, dass dieser Chor nicht nur zusammen singt. Da hört rer heutigen Zeit ist es absolut ungewöhnlich, dass ein Chef einem man, dass die Musiker sich kennen, dass sie intensiv miteinander Ensemble über so viele Jahre verbunden bleibt. Dabei lohnt es sich: arbeiten und dass das, was letztlich für alle zählt, das gemeinsame Simon Rattle war jahrelang erfolgreich in Birmingham. Und mein geschätzter Lehrer Eric Ericsson, der mich sehr inspiriert hat, hatte Musik-Erleben ist. Ein solcher Chor ist der Bachchor Mainz. 1955 gegründet, darf dieser Chor auf eine beachtliche Tradi- 1980 noch Leute in seinem Rundfunkchor dabei, die seit der Grüntion zurückblicken: Die Choristen sangen sich einmal quer durch dung 1956 in diesem Chor geblieben sind.“ Über solche Sängerdie Oratoriengeschichte, konzertierten mit großen Orchestern, bei Koryphäen kann sich auch der Bachchor freuen, denn einige Chorenommierten Musikfestivals. Zahlreiche Konzertreisen führten risten sind seit 50 Jahren (!) Mitglied in diesem Ensemble. „Bei einer den Bachchor Mainz ins europäische und internationale Ausland: solchen Kontinuität entsteht mit der Zeit ein blindes Verständnis“, Sie reisten nach Frankreich, nach Israel, tourten entlang des Jakobs- so Otto, „und das führt zu einer besonderen Ausdruckskraft.“ Was den Klang des Bachchors Mainz ansonsten ausmacht? Pilgerwegs in Spanien und absolvierten in 2003 und 2006 zwei große Südamerikatourneen mit Bachs h-Moll Messe, Beethovens Missa „Vitalität und Farbkraft!“ Das kommt sofort und ohne Zögern. Ralf Solemnis und bedeutenden Werken von Mozart. Dirigent Profes- Otto kennt sein Ensemble wie kein anderer, und dass er seine Sänger so lange an den Konzertchor binden sor Ralf Otto ist diesem Chor seit langer Zeit kann, liegt auch an seiner klugen und verbunden. Seit 27 Jahren leitet er das EnsemBachchor Mainz durchdachten Programmatik – mit dem ble und an einen Wechsel hat er – trotz einiger Benjamin Britten: War Requiem 5.7. Trier, Mosel Musikfestival Hang zum Besonderen. verlockender Angebote anderer Chöre – nicht 18.7. Kloster Eberbach, Rheingau Musikfestival Denn Ralf Otto ist ein musikaliwirklich gedacht. „Mich hat schon immer 21.11. L‘ Arsenal, Metz scher Schatzsucher. Gerne widmet er sich interessiert: Welche künstlerischen Resul22.11. Industriekathedrale, St. Ingbert Werken, die in der Musikgeschichte eher tate kann man auf der Basis von langfristiger 23.11. Mainz, Christuskirche stiefmütterlich behandelt wurden. Das gemeinsamer Arbeit entwickeln?“, sagt Otto. www.bachchormainz.de Tel. +49-(0)700-22 24 24 67 macht es auch für seine Bachchor-Sänger „Die klangliche Prägung und den intuitiven 42
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Juni – Augus t 2013
DE_2013_Anzeigen_Crescendo_90x126 08.05.13 10:23 Seite 1
DONAUESCHINGER MUSIKTAGE
Clinamen Speicher Kecke Beserl
18.–20.10.2013
TEMPS HÉTÉROGÈNES URAUFFÜHRUNGEN VON Fotos: Alexander Sell; Ullrich Knapp
Georges Aperghis Raphaël Cendo Bernhard Lang Philippe Manoury Bruno Mantovani Georg Nussbaumer Enno Poppe Alberto Posadas Kirsten Reese Walter Zimmermann
Professor Ralf Otto
Details und Karten unter: www.swr.de/donaueschingen gefördert durch die
immer wieder neu und spannend. „Natürlich erreicht man durch eine außergewöhnliche Programmatik ein besonderes Interesse bei den Sängern, und ich freue mich, dass viele so kontinuierlich dabei bleiben und sich immer wieder für neue Musik begeistern lassen.“ Daraus entstehen dann auch mal ungewöhnliche Konzertabende: Im vergangenen Jahr kombinierte Otto das „Deutsche Requiem“ von Johannes Brahms mit den zwischen 1938 und 1941 entstandenen antifaschistischen „Canti di prigionia“, den „Gesängen der Gefangenschaft“ von Luigi Dallapiccola. Ein besonderer Höhepunkt der letzten Saison. Im Britten-Jahr steht für den Chor neben vielen anderen interessanten Projekten ein besonders wichtiges Ereignis an: Gleich fünfmal – unter anderem als Eröffnungskonzert des Mosel Musikfestivals und beim Rheingau Musikfestival – wird Brittens „War Requiem“ in diesem Jahr noch aufgeführt, gemeinsam mit dem Chor der Hochschule für Musik Mainz, den Knabenstimmen des Mainzer Domchores, der Deutschen Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern, sowie den Solisten Susanne Bernhard, Christoph Prégardien und Thomas E. Bauer.. Es ist ein Werk, dem neben dem Text der Totenmesse die ergreifenden pazifistischen Gedichte des im Ersten Weltkrieg gefallenen 25-jährigen Dichters W. Owen beigestellt sind. „Das ‚War Requiem‘ legt den Fokus ganz stark auf den Aspekt der Versöhnung. Das Stück bleibt ständig in einem Zustand innerer Vibration und findet nur an wenigen Stellen erlösende Momente. Wir sind sehr dankbar, dass wir dieses auch von seinen besetzungstechnischen Anforderungen her monumentale Programm gleich fünfmal aufführen können – ist doch die verhandelte Thematik eine eher nachdenkliche, deren Realisation veranstalterischen Mut braucht.“ Die weltpolitischen Ereignisse zeigen, dass unser Zusammenleben nach wie vor der geistigen Botschaft des „War Requiem“ bedarf. „Es ist ein so emotionales und tief berührendes Werk, das zum respektvoll mitfühlenden Umgang miteinander auffordert. Dass wir es in Metz, was ja geschichtlich auch durch deutsch-französische Auseinandersetzungen vorbelastet ist, präsentieren werden, freut mich besonders.“ n
HORI ZONTE 4. RUSSISCHES
KAMMERMUSIKFEST HAMBURG 28. AUGUST BIS 25. SEPTEMBER 2013 9 KONZERTE LAEISZHALLE HAMBURG KULTURKIRCHE ALTONA MIRALLES SAAL
IM FOKUS: MIECZYSŁAW WEINBERG (1919-1996) KARTEN UND INFOS: TEL. 040. 390 84 81 www.russisches-kammermusikfest.de gefördert durch:
Kulturpartner:
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Schwereloser Tanz
Rebecca – die Spannung steigt vor dem großen Auftritt
Ballett extrem Bess Kargmans preisgekrönter Dokumentarfilm „First Position“ kommt im Juli ins Kino. Eine faszinierende, berührende, erschütternde und erheiternde Geschichte über das Tanzen. Von Rainer Aschemeier
„Ich drehte den Film, den ich schon immer sehen wollte, denn ich nert sich die Regisseurin, „aber ich habe mich dazu gezwungen, war es leid, darauf zu warten, dass es jemand anderes macht.“ So sie zu überhören.“ Was treibt eine etablierte Journalistin, die für die Washington lautete die selbstbewusste Grundidee, die am Beginn der Dreh arbeiten des Films „First Position“ von Bess Kargman stand. Post und das National Public Radio arbeitet, dazu, ihre Karriere Gegen alle Widerstände realisierte die amerikanische Journalistin ein Jahr lang „auf Eis“ zu legen, um Fundraising für eine Film eine Dokumentation, in der es um zwei Dinge geht: ums Tanzen dokumentation zu betreiben, von der ihr eigentlich jeder, den sie fragt, erst einmal abrät? und um kompromisslose Ehrlichkeit! Die Antwort auf diese Frage lautet: ein elfjähriges Mädchen! Nur eine verschwindend geringe Anzahl von Dokumentati Bess Kargman erzählt: „Eines Tages ging ich in Manhattan onsfilmen schafft es, ins Kino vorzudringen. Die meisten bleiben reine Archivprodukte, kommen oft noch nicht einmal ins Fern an einer Gruppe Ballett-Tänzer vorbei, die gerade darauf warte ten, in die letzte Runde des ‚Youth Ame sehen. Man kann sich also vorstellen, wie rica Grand Prix‘-Wettbewerbs zu kom viele „gute Ratschläge“ Bess Kargman erteilt First Position men. Die Veranstaltung war ausverkauft, wurden, als sie – die niemals in ihrer bisheri – Ballett ist ihr Leben also schlich ich mich hinein und saß in gen Karriere auch nur ansatzweise etwas mit Ein Film von Bess Kargman den hinteren Reihen. Ein elf Jahre altes dem Medium Film zu tun gehabt hatte – ihre Kinostart: 4. Juli 2013 Mädchen kam auf die Bühne, deren Vision vorstellte, den in ihren Augen ultimati www.first-position-film.de zweiminütige Aufführung von solch ven Tanzfilm zu realisieren. „Diese Ratschläge www.facebook.com/FirstPositionFilm einer Kunstfertigkeit, Grazie und Stärke habe ich über die Zeit nicht vergessen“, erin 44
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Juni – Augus t 2013
Aufwärmen an der Stange
strotzte, dass ich aufstand, aus dem Theater ging und wusste: Das ist MEIN Film.“ Kargman recherchierte weiter und erfuhr, dass der „Youth America Grand Prix“ einer der renommiertesten Tanzwettbe werbe der Welt ist. Jedes Jahr bewerben sich 5000 Tanzbegeisterte für einen Auftritt im Rahmen des Grand Prix. Wer diese Chance erhält, hat exakt 300 Sekunden Zeit, um die Jury mit seiner Tanz performance für sich einzunehmen. Gelingt das, winkt die Chance auf eine Anstellung an den besten Dance Companies weltweit. Es eröffnet sich eine Karriere, von der viele träumen – und die für nicht wenige schließlich zum Alptraum mutiert. Was geht in diesen Tänzerinnen und Tänzern vor, die für den Wettbewerb trainieren? Wer und was brachte sie dorthin? Was passiert mit den Wettbewerbsgewinnern und was mit denen, die scheitern? Bess Kargman hat ihren Film, der diese Fragen aufgreift, „First Position“ getauft – nach der Tanzposition, die am Anfang jeglicher Tanzambitionen steht, nach der tänzerischen Grundver bindlichkeit, die nicht selten schon dreijährige Mini-Ballerinen lernen. Die Beine junger Tänzerinnen, die in der „ersten Position“ jene elegante Raute ergeben, die auf Tausenden von Büchern und CDs zum Thema Ballettmusik zu sehen ist, scheint als Bild kli scheehaft zu sein. Doch Bess Kargman hat sich vorgenommen, eben einmal keine Stereotypen zu bedienen, „denn nicht alle dünnen Balleri nen sind magersüchtig, nicht alle männlichen Ballett-Tänzer sind
Joan Sebastian – kein Blick für die Skyline
Tänzerin Miko – bereit für die Bühne
Fotos: 2013 Ascot Elite Filmverleih GmbH
Perfektion bis in die Spitzen über den Dächern der Stadt
schwul und nicht alle Bühnenmütter sind wahnsinnig“, wie die Filmemacherin erläutert. „Kompromisslos ehrlich“ sollte ihr Film werden. Er zeigt auch, wie die Tänzerinnen und Tänzer ihren Körper ruinieren. Wie erschreckend hoch ihre Schmerzschwelle liegt und mit welcher Selbstaufgabe sie sich das Leiden für die Kunst antrai niert haben. „First Position“ ist ein Film, der Fragen aufwirft. Zum Bei spiel die Frage, wie es so weit kommen konnte, dass eine Gesell schaft den Kunstgenuss, das ästhetische Vergnügen so hoch stellt, dass sie dafür gerissene Sehnen und gebrochene Knochen in Kauf nimmt. Doch es steht auch die Frage im Raum, ob es nicht gerade die Leidenschaften sind, die Passionen mit Falltiefe, die unser Leben erst lebenswert machen. Bess Kargmans Film hat demzufolge kein „Ende“. Wir wis sen, das Leben der gezeigten Personen geht weiter. Es ist ein reales Leben. Daher ist es so faszinierend, berührend, erschütternd und erheiternd. Letztendlich fällt es Kargman vielleicht auch deswegen so erstaunlich leicht, ihr Publikum eindrucksvoll am Schicksal ihrer Film-Charaktere teilhaben zu lassen, weil sie und ihr Film ja in einer ganz ähnlichen Situation sind: Unter Tausenden von Doku mentationen hat es „First Position“ ins Kino geschafft. Dieser Film ist für seine Regisseurin nun die große Chance. Wir sehen: Die Regisseurin und ihr „Filmstoff “ haben einiges gemeinsam. n 45
e r l e b e n
Juni – August Diese Termine sollten Sie nicht versäumen 5. bis 21. Juli, Nibelungen-Festspiele Worms
Nibelungen-Neuauflage
Premieren 1.6.
17.8. Berlin/Waldbühne Die Csárdásfürstin/E. Kálmán (Operette)
Braunschweig/Theater
Salome/R. Strauss 1.6.
Chemnitz/Theater
Berlin/Neuköllner Oper
Berlin/Deutsche Oper
Bad Lauchstädt/Goethetheater: Festspiel der Deutschen
6.9.
Un ballo in maschera/G. Verdi 6.6.
22.8.
Himmelsmechanik - Eine Entortung/ M. Kagel, C. Steinhäuser
München/Prinzregententheater Der Präsident/F. Cerha (UA) 2.6. Heidelberg/Theater 1.6.
München/Nationaltheater
Kiel/Rathausplatz
Tosca/G. Puccini
Parsifal/R. Wagner
3.6.
18.8.
Sprache (UA)
Simon Boccanegra/G. Verdi
Konzerte
AiRossini/G. Rossini, K. Goyós, D. Dimopoulos & A. Efklidis (UA) (1832) 3. Satz/R. Schumann (UA) 8.6.
Essen/Aalto Theater
8.6.
Hannover/Opernhaus Die
8.6.
Nürnberg/Staatstheater
9.6.
Mainz/Staatstheater
Foto: Rudolf Uhrig
Die Räuber/G. Verdi
Meistersinger von Nürnberg/Wagner
Platée/J.-P. Rameau 9.6. Halle/Oper Almira, Königin von Kastilien/G. F. Händel
Cosma Shiva Hagen, Dieter Wedel, Susanne Uhlen und Markus Majowski
Macbeth/G. Verdi
9.6. Köln/Palladium Die Entführung aus dem Serail/W. A. Mozart 11.6.
Ein internationaler Starregisseur, eine Riege hochkarätiger Schauspieler, Feuer- und Magie-Effekte, fantastische Kostüme und spektakuläre Bühnenbilder! Die Rede ist nicht vom aktuellsten Hollywood-Blockbuster, sondern von den Zutaten der Nibelungen Festspiele Worms. Seit vier Jahren wird bei den Nibelungen Festspielen erstmals wieder der Originalstoff gezeigt und die Nibelungen werden am Originalschauplatz der großen deutschen Heldensage wieder lebendig. Festspiel-Intendant Dieter Wedel bringt ein Fantasy-Märchen mit vielen Stars auf die große Bühne vor dem Wormser Kaiserdom. „Hebbels Nibelungen – born to die“ ist eine Geschichte voll bizarrer Komik, düsterer Poesie, voll imposanter Kämpfe und unstillbarer
München/Gasteig
Eine Operncollage: Orpheus - Variationen über Liebe und Tod 14.6. Kaiserslautern/Pfalztheater Tod in Venedig/B. Britten 14.6. Leipzig/Oper Das Nibelun-
genlied/M. Schröder (Ballett)
14.6.
Schwerin/Open Air
15.6.
Bielefeld/Stadttheater
15.6.
Dresden/Semperoper
15.6.
Passau/Stadttheater
16.6.
Frankfurt/Oper
Die Fledermaus/J. Strauß
Orlando/Vito Žuraj, Martin Grütter und Michael Langemann (UA) Der fliegende Holländer/R. Wagner Rigoletto/G. Verdi
Die sizilianische Vesper/G. Verdi 21.6.
Hamburg/Opera Stabile
21.6.
Landshut/Stadttheater
21.6.
St.Gallen/Klosterhof (CH)
Leidenschaft. Wedel setzt auf prominente Namen: Als Siegfried wird Vinzenz Kiefer zu erleben sein, Kriemhild wird von Cosma Shiva Hagen gespielt, und die Schauspielerin Susanne Uhlen gibt die Königin Ute. Der aus Comedy-Sendungen bekannte Markus Majowski und der frühere „Tatort“-Kommissar Bernd Michael Lade gehören mit zum Ensemble. Wedel inszeniert das erste Mal den Klassiker von Friedrich Hebbel und meint in einem Interview dazu: „Diesmal versuchen wir, uns nur weit genug in die Zukunft vorzutasten, um vielleicht in der Vergangenheit anzukommen, übrigens ein Satz des Physikers Kurt Gödel“. „Hebbels Nibelungen – born to die“, Worms 5.7. (Premiere) bis 21.7. www.nibelungenfestspiele.de
Seven Angels/L. Bedford (Dt. EA) Rigoletto/G. Verdi Attila/G. Verdi 21.6.
Neustrelitz/Schlossgarten
Gräfin Mariza/E. Kálmán 21.6.
Andechs/Florianstadl
Die Bernauerin/C. Orff (WA)
Ludwigshafen/Theater im Pfalzbau Wozzeck/A. Berg 25.6. Straubing/Theater am Hagen Rigoletto/G. Verdi 26.6. -1.7. München/versch. Orte 25.6.
46
1.6.
Dresden/Frauenkirche
2.6.
Essen/Philharmonie
4.6.
Bonn/Beethovenhaus
6.6.
Berlin/Konzerthaus
6.6.
Hamburg/Laeiszhalle
6.6.
Weimar/Weimarhalle
City of Birmingham Symphony Orchestra and Chorus, Mädchenchor Hannover, Ltg: Andris Nelsons; Kristine Opolais; Mark Padmore; Hanno Müller-Brachmann: B. Britten
Zwickau/Konzert- und Ballhaus Neue Welt: Sinfonie g-Moll
7.6.
Samstag aus Licht/Karlheinz Stockhausen (deutsche EA)) 27.6.
München/Nationaltheater
Il Trovatore/G. Verdi
28.6. Sondershausen/Schlosshof Der fliegende Holländer/Wagner 29.6. Augsburg/Freilichtbühne
Hair/G. MacDermot (Musical) 4.7.
Gera/Johanniskirche
5.7.
Dessau/Anhaltisches Thea-
Noahs Flut/B. Britten
ter Der Liebestrank/G. Donizetti
Meiningen/Südthüringisches Staatstheater I Puritani/V.
ter The turn of the screw/B. Britten 16.7. Bonn/Opernhaus Ein Deut-
Karlsruhe/Badisches Staatstheater Peter Grimes/B.
18.7.
Andechs/Florianstadl
23.7.
München/Nationaltheater
25.7.
Wunsiedel/Luisenburg
28.7.
Erl/Festspielhaus (A)
5.7.
Bellini
6.7.
Britten
St. Ingbert/Industriekathedrale Alte Schmelz Christus am
7.7.
Ölberg als getanztes Oratorium/ Beethoven (Weltpremiere) 11.7.
Mörbisch/Seebühne
12.7.
Mannheim/Nationalthea-
Der Bettelstudent/C. Millöcker
sches Requiem/J. Brahms (Ballett)
Carmina Burana/C. Orff
Written on Skin/G. Benjamin (Dt. EA) Jean Paul - Jetzt/W. Fritsch (UA) Klangwege/G. Wimberger (UA) 5.8.
Bad Hersfeld/Stiftsruine
Carmen/G. Bizet
Mahler Chamber Orchestra, Ltg: Daniel Harding; Rafal Blechacz: H. W. Henze & R. Schumann 3.6. Schweinfurt/Theater Bamberger Symphoniker, Ltg & Klavier: Rudolf Buchbinder: Mozart, Beethoven Kit Armstrong: Bach, Beethoven, Schönberg & Schubert Konzerthausorchester Berlin, Ltg: Anu Tali; Viviane Hagner: E.-S. Tüür, M. Bruch & J. Sibelius NDR Sinfonieorchester & NDR Chor, Ltg: Thomas Hengelbrock; Mojca Erdmann: J. Brahms & J. Strauß Staatskapelle Weimar, Ltg: Marek Janowski: R. Schumann München/AllerheiligenHofkirche Anna Gurari: Bach & Chopin 7.6. Darmstadt/Jazzinstitut 7.6.
David Margaryan solo (Jazz) 8.6.
Dresden/Frauenkirche
8.6.
Bad Reichenhall/Theater
Dresdner Philharmonie, Ltg: Ingo Metzmacher: A. Bruckner Bad Reichenhaller Philharmonie, Ltg: Christoph Adt; Martina & Kristina Bauer: Redmann, Poulenc, Beethoven 9.6. Baden-Baden/Festspielhaus Patricia Kopatchinskaja, Sol
Gabetta, Mihaela Ursuleasa: F. Schubert & D. Schostakowitsch 9.6. Frankfurt/Alte Oper Kinderkonzert: Ritter, Reigen, Kettenrasseln 9.6. Köln/Philharmonie Gürzenich-Orchester Köln, Ltg: Carlo Rizzi; Emmanuel Pahud: L. Boccherini/L. Berio, C. Nielsen & O. Respighi 9.6. Leipzig/Gewandhaus Christian Funke & Michael Schönheit: Beethoven, Schubert & Brahms
www.crescendo.de
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Juni – Augus t 2013
11.6.
Hamburg/Laeiszhalle
Ensemble Resonanz & Isabelle Faust: Action Passion Illusion 11.6.
Salzburg/Mozarteum (A)
Cameron Carpenter: Bach, Carpenter, Mozart, Ives & Wagner 12.6.
Jena/Volkshaus
Jenaer Philharmonie, Ltg: Arie van Beek; Johannes Moser: K. Saariaho, D. Schostakowitsch & I. Strawinsky 12.6.
München/Künstlerhaus
Julla von Landsberg; Michael Günther: galla wegen dem antoni fest – Tänze und Musik um 1760 13.6.
München/Hubertussaal
Opernstudio der Bayerischen Staatsoper, Orchesterakademie des Bayerischen Staatsorchesters, Junge Münchner Philharmonie: Prima la musica, poi le parole 13.6. Fürth/Stadttheater Daniel Hope & Sebastian Knauer: Brahms, Schumann, Mendelssohn Bartholdy, Joachim & Grieg 14.6.
19.6.
Heidelberg/Stadthalle
20.6.
Dessau/Anhaltisches The-
Philharmonisches Orchester Heidelberg, Ltg: Yordan Kamdzhalov; Stella Doufexis: R. Wagner & A. Bruckner ater Anhaltische Philharmonie, Ltg:
GMD Antony Hermus; Martina Filjak: Auf in die Sonne 2 21.6.
22.6.
22.6.
Berlin/Philharmonie
Ltg: Andrey Boreyko; Nikolai Lugansky: Rachmaninow & Beethoven
Bonn/Beethovenhalle
23.6.
Beethoven Orchester Bonn, Ltg: Stefan Blunier; Lise de la Salle: W. A. Mozart & A. Bruckner 14.6. Frankfurt (Oder)/Konzerthalle Brandenburgisches
Staatsorchester Frankfurt, Ltg: Howard Griffiths; Matthias Buchheim; Regina Yantian: M. Wettstein, M. Kagel & C. Saint-Saëns 15.6. Potsdam/Nikolaisaal Kammerakademie Potsdam, Ltg: Nathalie Stutzmann; Carolin Widmann: Mendelssohn Bartholdy & Mozart Aachen/Eurogress
Sinfonieorchester Aachen, Kammerchor Aachen, Madrigalchor Aachen, Junger Chor Aachen, Carmina Mundi, Ltg: Kazem Abdullah: C. Debussy, A. Schönberg & R. Wagner 16.6.
Bayreuth/Festplatz
Andrea Bocelli
Saarbrücken/Congress-
halle Orchestre National de Belgique,
22.6.
16.6.
Berlin/Waldbühne
Berliner Philharmoniker, Rundfunkchor Berlin, Ltg: Sir Simon Rattle; Christian Tetzlaff; Camilla Tilling; Nathalie Stutzmann; Joseph Kaiser; Dimitry Ivashchenko: F. Mendelssohn Bartholdy & L. van Beethoven
Berliner Philharmoniker, Rundfunkchor Berlin & Staats- und Domchor Berlin, Ltg: Sir Simon Rattle; Emily Megee; John Mark Ainsley; Matthias Goerne: B. Britten 14.6.
Dresden/Semperoper
Staatskapelle Dresden, Ltg: Herbert Blomstedt: R. Wagner, I. Lidholm & L. van Beethoven 21.6. Düsseldorf/Tonhalle Düsseldorfer Symphoniker, Ltg: GMD Andrey Boreyko; Colin Currie: R. Wagner & C. Rouse
Altenburg/Landestheater
Philharmonisches Orchester AltenburgGera, Der Film Richard Wagner 14.6.
C. Schumann & R. Schumann
Dresden/Frauenkirche
Philharmonisches Orchester Altenburg-Gera, Chor der Frauenkirche, Ltg: Matthias Grünert; Jana Büchner: G. Verdi & C. Franck Duisburg/Mercatorhalle
WDR Sinfonieorchester Köln, Ltg: Kazuki Yamada; Elisabeth Leonskaja: E. Grieg & P. I. Tschaikowsky 23.6.
Hildesheim/Theater
23.6.
Frankfurt/Alte Oper
Zwischen Nähe und Distanz zum Meister: K. Goldmark & A. Bruckner Frankfurter Opern- und Museumsorchester, Ltg: Sebastian Weigle; Frank Peter Zimmermann: L. van Beethoven & D. Schostakowitsch 24.6. Berlin/Konzerthaus Fauré Quartett & Arno Lücker: B. Martinú
Oratorienchor der Stadt Bielefeld, Bielefelder Opernchor, Extrachor des Theaters Bielefeld, Ltg: Alexander Kalajdzic; Cornelie Isenbürger; Melanie Forgeron; Michael Pflumm; Daniel Billings: Ligeti, Bach & Fauré 28.6. Germering/Stadthalle Trio Armstrong-Bielow-Brendel: L. van Beethoven, F. Liszt & K. Armstrong
Ludwigshafen/Theater im Pfalzbau Deutsche Staatsphilhar29.6.
monie Rheinland-Pfalz & Bachchor Mainz, Ltg: Karl-Heinz Steffens; Sophie Klussmann; Julia Faylenbogen; Christian Elsner; Michael Dries: L. van Beethoven
Unterschleißheim/Hotel Dolce Munich Anna Maria Kauf29.6.
mann: The Sound of Musical & Classic 30.6. Bonn/Beethovenhalle Beethoven Orchester Bonn, Ltg: Stefan Blunier; Alice Sara Ott: Sibelius, Grieg 30.6.
Weimar/Weimarhalle
30.6.
Zürich/Tonhalle (CH)
30.6.
Augsburg/Goldener Saal
Staatskapelle Weimar, Ltg: Sebastian Weigle; Marc Trenel: H. Rott, A. Jolivet & A. Bruckner András Schiff: W. A. Mozart, F. Mendelssohn Bartholdy, J. Haydn, R. Schumann & L. van Beethoven Leopold Mozart Kammerorchester, Ltg: Heinz Schwamm; Katharina Schwamm; Sophia Schwamm: Die Mozarts in Augsburg – 1763 1.7.
sches Orchester der Stadt Trier, Ltg: GMD Victor Puhl; R. Wagner
Augsburg/Hotel Drei Mohren Weimarer Bläserquintett, 25.6.
4.7.
Ludwigsburg/Residenzschloss Madeleine Przybyl & Kers-
11.7.
tin Mörk: Mozart auf Europareise
12.7. München/Brunnenhof der Residenz Bad Reichenhaller Phil-
harmonie, Arcis Vocalisten München, Großer Chor & Kinderchor des Pestalozzi-Gymnasiums München, Ltg: Thomas Gropper: Orff, Mozart, Lorzting & Verdi
13.7.
München/Philharmonie
13.7.
Karlsruhe/Tollhaus
Freiberg/Nikolaikirche
Weimar-Jerusalem, Ltg: Michael Sanderling: B. Goldschmidt, P. B. Haim & R. Schumann 2.8. Saarbrücken/E-Werk Symphonieorchester/Chor d. Bayerischen Rundfunks, Ltg. Mariss Jansons: Mahlers Auferstehungssymphonie Worms/Aula der LucieKölsch Jugendmusikschule Jos-
2.8.
hua Epstein; Jone Kaliunaite; Manuel Fischer-Dieskau; Uwe Brandt: Mozarts Divertimento 3.8.
Amerang/Schloss
Kammerphilharmonie dacapo, Ltg: Franz Schottky; Antonio Amenduni: 12 Streicher unterm Sternenhimmel 13.8. Frankfurt a. Main/Goethe-Haus Pleyel Quartett Köln:
Mozart in Frankfurt 16.8.
Brandenburg/Theater
Brandenburger Operngala
Münchner Philharmoniker, Ltg: Herbert Blomstedt: Beethoven, Berlioz Wynton Marsalis & Jazz at Lincoln Center Orchestra 14.7. Bruchsal/Schloss Wandelkonzert Bruchsaler Ensembles mit Werken von Mozart Ruhla/St.-Concordia-Kirche Thorsten Pech & Weimarer
15.7.
Bach-Trompeten-Ensemble: Licht und Klang über das Tal (UA) 18.7.
Schwetzingen/Schloss
München/Philharmonie
Mittelsächsische Philharmonie, Ltg: Jan Michael Horstmann 6.7. Leipzig/Arena mdr Sinfonie-
sche Akademie des NationaltheaterOrchesters Mannheim, Ltg: Dan Ettinger; Dorothea Röschmann: Berlioz
Staatskapelle Dresden, Ltg: Andris Nelsons: Haydn & Schostakowitsch 10.7. Gera/Konzertsaal Philharmonisches Orchester Altenburg-Gera, Ltg: N. N.; Lars Karlin: Odyssee
20.7. Mannheim/Nationaltheater Temistocle/J. C. Bach 25.7. Heidelberg/Heiliggeistkirche Barockorchester L’arpa festan-
Florian Kreis: Mit den Mozartes zu
Mannheim/Congress Center Rosengarten Musikali-
24.6.
Dresden/Semperoper
7.7.
Darmstadt/Staatstheater
Staatsorchester Darmstadt, Ltg: Martin Lukas Meister: A. Hovhaness & A. Bruckner 1.7. Kassel/Stadthalle hr-Sinfonieorchester, Ltg: Paavo Järvi: Mahler 2.7.
orchester, Ltg: Kristjan Järvi: Wagner Reloaded 7.7. Aachen/Eurogress Sinfonieorchester Aachen, Klavier & Ltg: Lars Vogt: Haydn, Mozart, Beethoven
Kurfürstliche Festakademie: Concerto Köln; Ltg: Martin Sandhoff 19.7. Bonn/Beethovenhalle Beethoven Orchester Bonn & WDR Rundfunkchor Köln, Ltg: Stefan Blunier; Hilary Hahn: Vieuxtemps, Ravel 20.7. Losheim/Stausee Open Air Klassik am See
Münchner Symphoniker, Ltg: Michele Mariotti; Olga Peretyatko: G. Rossini, G. Donizetti & G. Verdi 2.7. Ulm/CCU Das Philharmonische Orchester der Stadt Ulm, Opernchor des Theaters Ulm, Chor der Musikhochschule Trossingen, Ltg: GMD Timo Handschuh: Brahms, Respighi & Schumann
18.6. Annaberg-Buchholz/EduGast bei einer Serenade musikforumcrescendo_Layout 1 08.05.2013 12:49 Seite 1 ard-von-Winterstein-Theater 27.6. Trier/Theater Philharmoni-
Erzgebirgische Philharmonie, Ltg: Prof. Ekkehard Klemm: J. Brahms,
28.6. Baden-Baden/Festspielhaus Hélène Grimaud: Klavierabend 28.6. Bielefeld/Rudolf-OetkerHalle Bielefelder Philharmoniker,
te, Ltg: Christoph Andreas Schäfer; Hannah Zumsande; Johannes Lang: Mozarts Besuch in Heidelberg 28.7.
München/Theatinerkirche
Georgisches Kammerorchester, Münchener Bach-Chor, Ltg: Hansjörg Albrecht; Franz Hauk; Robert Maximilian Helmschrott; Stefan Blum; Wolf Euba: Helmschrott & Bach 2.8.
Dresden/Frauenkirche
Junges Philharmonisches Orchester
Festivals bundesweit Musik auf Rädern - Rienzi-Tournee - 29.6. Festival Echternach (LU) - 30.6. Mozartfest Würzburg - 14.7. Klavier-Festival Ruhr - 10.8. Ostwestfalen-Lippe Wege durch das Land - 24.8. Burgfestspiele Mayen - 24.8. Wunsiedel Luisenburg-Festspiele - 22.9. Ottobeurer Konzerte - 29.9. Ludwigsburger Schlossfestspiele - 8.10. Schubertiade Hohenems (A) - 27.10. Bad Lauchstädt Theatersommer 31.5. - 18.6. SOLI DEO GLORIA-Braunschweig Festiva 1. - 9.6. Oldenburger Promenade 1.6. - 22.6. KunstFestSpiele Herrenhausen 1.6. - 27.7. Weilburger Schlosskonzerte 2. - 23.6. Zwickau Schumann-Fest 3. - 9.6. Heimbach Spannungen: Kammermusikfest 4 - 9.6. Kronberg Academy - Geigenmeisterkurse und Konzerte 4.6. - 28.7. Opernfestspiele Heidenheim 6. - 16.6. Halle/S. Händel-Festspiele 7. - 23.6. Musikfestspiele Potsdam Sanssouci - 21.6.
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NEUE WELTEN II - Europe meets Asia: 5.-28.7.2013
Im ehemaligen Zisterzienserstift Viktring bei Klagenfurt werden MusikerInnen aus Japan, Korea, Vietnam, China, Taiwan, Indien, Iran, Syrien, Libanon, Palästina, Türkei und der russischen Republik Tuva meist in Kombination mit europäischen KünstlerInnen Einblicke in traditionelle und avantgardistische Entwicklungen der vielfältigen Musik und Kultur Asiens geben . - Konzerte, Kurse und Workshops www.musikforum.at • office@musikforum.at • 0043 (0) 463 28 22 41
Guillaume Tell Guglielmo Tell Wi l h e l m Te l l
2 5 . Fe s t i v a l 11.–21. Juli 2013
w w w. ro s s i n i - i n - w i l d b a d . d e
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e r l e b e n
8. - 14.6. Garmisch-Partenkirchen Richard-Strauss-Festival
31. August bis 14. September, Augsburg, verschiedene Orte
Kissinger Sommer Carl Orff-Festspiele Andechs 9.6. - 22.9. Klosterkonzerte Maulbronn 9.6. - 14.7.
nicht nur Mozartluft
9.6. - 28.7.
Weißenburg in Bayern Bergwaldtheater 13.6. - 9.8. Wörgl/Tirol (A) Acade-
Sebastian Knauer Zum zweiten Mal gastiert das von Sebastian Knauer initiierte Festival Mozart@ Augsburg im Südwesten Bayerns. Für zehn Konzerte haben sich internationale Stars angesagt, die jedem Musikfreund die Auswahl schwer machen werden und bei so manchem den Wunsch wecken dürften, am liebsten alle zu erleben. Wir sprachen mit dem künstlerischen Leiter und Pianisten Sebastian Knauer über sein ambitioniertes Programm für diesen Sommer. crescendo: Herr Knauer, ein weiteres Mozartfestival in Augsburg – warum? Knauer: Weil Augsburg eine Mozartstadt ist. Allerdings sehe ich das Festival nicht als reines Mozartfestival, sondern als Klassikfestival. Außerdem sehe ich mozart@augsburg nicht als Konkurrenzveranstaltung zum Mozartfest. Mein Ziel ist es auch, Augsburg im internationalen Konzertleben nach vorne zu bringen, denn Augsburg ist eine wunderbare Stadt. Und ich will ein anspruchsvolles Publikum mit Niveau bedienen.
Wen darf das Publikum erwarten? Es kommen Künstler, die ich selber sehr schätze. Wie bieten unterschiedliche Besetzungen und eine große Vielfalt in einem exklusiven Rahmen. András Schiff etwa spielt in einem kleinen Saal vor 300 Zuhörern. In diesem intimen Umfeld ist man nah dran – nicht weit weg vom „Superstar“. Die Künstler zu überzeugen fiel mir nicht schwer. Ich habe die angerufen und gesagt: „Du atmest Mozartluft.“ Nennen Sie mir doch einmal zwei Gründe, warum ich zwischen dem 31. August und dem 14. September nach Augsburg kommen sollte. Erstens: Sie erleben sensationelle Konzerte in einem wunderschönen Rahmen, an tollen Konzertorten. Zweitens: Sie erleben diese an einem historisch bedeutenden Ort. Denn Augsburg ist nicht nur Mozartstadt, sondern Fuggerstadt, Brechtstadt und eine der ältesten Städte Deutschlands. Das sind Gründe, gleich mehrmals nach Augsburg zu kommen. mozart@augsburg, 31.8. bis 14.9. www.mozartaugsburg.com
BilderBuchkulisse Im Sommer präsentieren die Schlossfestspiele Schwerin openair mit Johann Strauß´ „Die Fledermaus“ ein Meisterwerk der Wiener Operette. Immer im Blick: das Schweriner Schloss als perfekte Kulisse. Die Mecklenburgische Staatskapelle Schwerin, die ihr 450-jähriges Bestehen feiert, gibt den Ton an. Johann Strauß‘ “Fledermaus“ ist nach wie vor auf irritierende Weise aktuell: Seine Kritik an der vergnügungssüchtigen, Selbstvergessenheit ersehnenden Gesellschaft seiner Zeit gelingt auf sehr stilvolle und charmante Weise. Schlossfestspiele Schwerin, 14.6. bis 21.7. www.schlossfestspiele.theater-schwerin.de
48
Foto: Steven Haberland
12.6. - 28.7.
mia Vocalis - Konzerte 14. - 23.6. Bachfest Leipzig 14.6. - 14.7. Zürcher Festspiele (CH) 14.6. - 21.7. Schlossfestspiele Schwerin 15.6. - 11.8. Opernfestival Gut Immling 15.6. - 14.9. Festspiele MecklenburgVorpommern 20.6. - 8.9. Grafenegg Festival (A) 21. - 30.6. Nürnberg ION - Musica Sacra 21.6. - 5.7. St.Galler Festspiele (CH) 21.6. - 14.7. Neustrelitz Festspiele im Schlossgarten 21.6. - 21.7. Graz (A) Styriarte 21.6. - 11.8. Ostfriesland
u. Groningen (NL) Gezeiten-Konzerte 22.6. München UniCredit Festspiel-
Nacht
22.6. - 27.7.
Mittelrhein
RheinVokal - Festival am
Leitheimer Schloßkonzerte Rheinsberg Festival junger Opernsänger 22.6. - 21.8. Bad Hersfeld Festspielkonzerte und Opernfestspiele 26.6. - 28.7. Ingolstadt AUDI Sommerkonzerte 27.6. - 31.7. Münchner Opernfestspiele 28. - 30.6. Saarbrücken Chansonfestival Bistrot Musique 28.6. - 20.7. Sondershausen Thüringer Schlossfestspiele 28.6. - 27.7. Festival De Wiltz (LU) 28.6. - 28.7. Passau Festspiele Europäische Wochen 22.6. - 28.7.
22.6. - 10.8.
Augsburg Feilichtbühne am Roten Tor Hair
29.6. - 27.7.
Rheingau Musik Festival Mosel Musikfestival 4. - 28.7. Tiroler Festspiele Erl (A) 5. - 13.7. Flims (CH) flimserstein.ch 29.6. - 31.8. 1.7. - 3.10.
5. - 18.7.
Avenches/Arena (CH)
Opernfestival
Chor-jubiläum Werke von Rutter, Cornelius, Gottwald, Whitacre, Mendelssohn Bartholdy, Orbán und anderen stehen auf dem Programm, wenn der Maulbronner Kammerchor im Rahmen der Klosterkonzerte im UNESCO WELTERBE sein 30. Jubiläum feiert. Zu diesem Fest hat der Kammerchor sich den zurzeit besten deutschen Jugendchor eingeladen: die Christophorus-Kantorei Altensteig. Beide Chöre verbinden erstaunliche Parallelen: Sie gewannen beide den Deutschen Chorwettbewerb und wurden beim Internationalen Kammerchorwettbewerb in Marktoberdorf 2009 mit dem 2. Preis ausgezeichnet. Am 13. Juli präsentieren die Chöre zwei volle Konzertprogramme, die eine kleine Würdigung des Jubiläums umrahmen. Klosterkonzerte Maulbronn, 9.6. bis 22.9. www.klosterkonzerte.de
Nibelungen-Festspiele Worms Klassiksommer Flims (CH) 6.7. - 25.8. Schleswig-Holstein Musik Festival 11. - 21.7. Rossini in Wildbad 11.7. - 4.8. Neuzelle Oper Oder-Spree 11.7. - 24.8. Seefestspiele Mörbisch (A) 12. - 27.7. Weimarer Meisterkurse 13.7. Weimar Wahn, Wahn, überall Wahn - Open Air-Konzert 16. - 28.7. Herrenchiemsee Festspiele 17.7. - 18.8. Bregenzer Festspiele (A) 18. - 20.7. Schwetzinger Mozartfest 18.7. - 7.9. Menuhin Festival Gstaad (CH) 19. - 21.7. Augsburg Festival Konzerte im Fronhof 19.7. - 4.8. Verbier Festival (CH) 19.7. - 1.9. Salzburger Festspiele (A) 20. - 28.7. Domleschger Sommerkonzerte (CH) 23. - 31.7. Arosa Musik Theater (CH) 25.7. - 4.8. Waldhaus Konzerte Flims (CH) 25.7. - 16.8. Oberstdorfer Musiksommer 25.7. - 28.8. Bayreuther Festspiele 26.7. - 11.8. Berlin Young Euro Classic 26.7. - 11.8. Darmstädter Residenzfestspiele 27.7. - 4.8. Sommerliche Musiktage Hitzacker 2. - 4.8. Sommerkonzerte Falera (CH) 2. - 11.8. Bachwoche Ansbach 2. - 11.8. Griebenow Opernale 10. - 25.8. Dresden Moritzburg Festival 14. - 24.8. Musikfest Kreuth/Tegernsee 5. - 21.7.
5.7. - 4.8.
Passau/Vornbach am Inn Hören - Singen - Erleben! 16. - 18.8. Hannover Musik 21 15. - 18.8.
Lucerne Festival im Som-
16.8. - 15.9.
mer (CH)
Stuttgart Musikfest
22.8. - 8.9. 24.8. - 14.9. 28.8. - 7.9.
Musikfest Bremen
Füssen Festival vielsaitig
Russisches Kammermusikfest Hamburg 30.8. - 15.9. Zermatt Festival (CH) 30.8. - 18.9. Musikfest Berlin 31.8. - 14.9. mozart@augsburg
28.8. - 25.9.
StrauSS – ein komischer Vogel Ja, er konnte auch ein „komischer Vogel“ sein, der Strauss Richard! Und darum haben die Veranstalter des Richard-StraussFestivals in Garmisch-Partenkirchen den Schwerpunkt im Humor bei Strauss gesucht – und gefunden. „Lassen Sie sich bezaubern vom feinsinnigen, sensiblen Humor des kraftvollen Bajuwaren“, fordert die künstlerische Leiterin, Brigitte Fassbaender, „dessen Witz und Ironie in vielen seiner Werke aufscheint.“ Zu erleben ist das auch mit der „Ariadne auf Naxos“ (14.6.), ein Werk, in dem der Humor keinesfalls zu kurz kommt. Dieses Konzert – ein Gastspiel www.crescendo.de
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Juni – Augus t 2013
der Wiener Staatsoper mit der Sopranistin Ricarda Merbeth als Primadonna – verspricht, ein Höhepunkt zu werden. Richard-Strauss-Festival, Garmisch-Partenkirchen, 8. bis 14.6. www.richard-strauss-festival.de
Oratorisches GroSSprojekt Unter dem Motto „Vita Christi“ werden die theologischen, dramaturgischen und kompositionstechnischen Verbindungslinien der oratorischen Kompositionen Bachs in Beziehung gesetzt: Weihnachts-Oratorium, Johannes-Passion, Oster- und Himmelfahrts-Oratorium fügen sich zu einem Großprojekt zusammen, das in den Jahren 1734/35 zu den herausragenden Ereignissen des Leipziger Musiklebens gehört haben dürfte. Das Eröffnungskonzert des Bachfestes unter dem Titel „Christi Menschwerdung“ gestalten der Thomanerchor und das Gewandhausorchester Leipzig. Die musikalische Leitung hat Thomaskantor Georg Christoph Biller. Bachfest Leipzig, 14. bis 23.6. www.bachfestleipzig.de
Familienkonzert J. S. Bach, „Die Kaffee-Kantate“ (szenisch) J. S. Bach, „Magnificat“ Bläser-Ensemble Markus Schwind Jugendsinfonieorchester Bad Arolsen und Frankenberg Bosch-Sinfonieorchester F. Mendelssohn Bartholdy, „Walpurgisnacht“ R. Wagner, Ausschnitte aus „Der fliegende Holländer“, „Tannhäuser“ und „Die Meistersinger“
am 5., 7., 9., 11., 13., 15., 17., 19. und 21.08.2013
am 6., 8., 10., 12., 14., 16., 18. und 20.08.2013
Samstag, 10.8. und Mittwoch, 8.8.2013 jeweils 11.00 bis ca 12.15 Uhr in der Stiftsruine
Stockhausens Lichtprojekt Die Muffathalle, der Herkules-Saal und die Münchner Renaissancekirche St. Michael sind die Schauplätze der deutschen Erstaufführung von Karlheinz Stockhausens Oper „SAMSTAG aus LICHT“, von der musica viva veranstaltet. Nach dem Kölner „SONNTAG aus LICHT“ 2011, dem „MITTWOCH aus LICHT“ 2012 in Birmingham folgt nun 2013 eine der „LICHT“-Opern in München in drei Programmen und sieben Veranstaltungen. Der Erzengel Michael ist die zentrale Gestalt in Stockhausens Opern-Heptalogie. Das Werk ist ganz dem spirituellen Drama von Michaels ärgstem Antagonisten gewidmet: Luzifer. Präsentiert wird die Oper in der vom Komponisten eingerichteten halbszenischen Fassung, mit den wichtigsten Gesten, Aktionen, Kostümen und Requisiten. Rund 30 Jahre arbeitete Karlheinz Stockhausen an dem kompletten und umfassenden „LICHT“-Projekt. München, Muffathalle, Herkules-Saal, Kirche St. Michael, 26.6. bis 1.7., www.br.de
Sonntag, 11.8., 11.30 Uhr
Mitwirkung der Preisträger und der Virtuosi Brunenses /
Arbeitskreis für Musik, Nachtigallenstr. 7, 36251 Bad Hersfeld Tel. 06621/506713 und 506718, Fax 06621/64355 info@opernfestspiele-badhersfeld.de, www.opernfestspiele-badhersfeld.de
Diese Veranstaltung (29.6.) sei empfohlen für Chormusik-Fans mit höchsten Qualitätsansprüchen und Freude an klangsinnlichen Raumerfahrungen in großer Architektur“, heißt es. Der RIAS Kammerchor verbindet in seinem Konzert in der Nürnberger Lorenzkirche ganz selbstverständlich Musik aus eintausend Jahren zu einer neuen, musikalisch ritualisierten Abend-Messe, zu einer „Missa Nova“. Chor und Chorklang wandern im Kirchenraum. Ein eigens für die Kirche entwickeltes Lichtkonzept unterstreicht die Parallelen zwischen baulicher und musikalischer Architektur. Neue Wahrnehmungsräume eröffnen sich. 62. Internationale Orgelwoche Nürnberg - Musica Sacra, 21. bis 30.6. www.ion-musica-sacra.de
Herbstliche Musiktage Bad Urach 2013 // 5. bis 12. Oktober Werner Güra, Wiener Klaviertrio, Leipziger Streichquartett, Amarcord Vokalensemble, u. v. a Künstlerischer Leiter: Florian Prey
Märchenwelten
Einfach Anders „Orpheus – Variationen über Liebe und Tod“ ist der Titel eines außergewöhnlichen Musikprojekts, das das Andere Opernensemble im Münchner Gasteig zur Uraufführung bringt. Unter Verwendung der klassischen Orpheus-Mythologie und der unterschiedlichen musikalischen Gestaltung durch verschiedene Komponisten von Monteverdi bis Offenbach ist eine Operncollage in zwei Aufzügen entstanden. Das eigens für die Produktion zusammengestellte Orchester besteht aus elf Musikern und Musikerinnen. Außergewöhnlich ist das Orpheus-Projekt auch, weil die Zuschauer das Ende dieses Opernabends selbst bestimmen dürfen: das Andere Opernensemble hat verschiedene Schlussszenarien erarbeitet und bringt den Ausgang der Geschichte um Orpheus und Euridice so auf die Bühne, wie es das Publikum wählt. München, Gasteig, 11.6., www.dasandereopernensemble.de
herbstliche-musiktage.de 07125 9460-6
Fotos: Werner Kmetitsch; Musikforum Viktring; Gert Mothes; Balmer und Dixon; Dario Secen; Silke Winkler; Marc Kronig
Für höchste Q ualitätsansprüche
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Geiger & crescendo Kolumnist DANIEL HOPE
Heifetz vs. Britten!
Foto: Lorenzo di Nozzi
Unser Kolumnist spielt zu dessen 100. Geburtstag Brittens Violinkonzert rund um den Globus und verrät, warum das Werk nicht immer ein „Hit“ war.
Hope und Vladimir Ashkenazy in Barcelona.
Mr. Hope, sprechen wir doch Mal über Benjamin Britten: er leidet zu seinem 100. Geburtstag ja etwas unter den Jubilaren Verdi und Wagner, denen mehr Platz eingeräumt wird. Sehr gerne. Britten hat meine Karriere begleitet, seit ich 16 bin. Damals hatte ich sein Violinkonzert zum ersten Mal gespielt. Ich liebe dieses Werk für seine ganze Vielfalt, seinen Mythos, seine dunklen, melancholischen Klänge und das Drama darin. Der große Geiger Jascha Heifetz bezeichnete den Solo-Part von Brittens Violinkonzert d-Moll aber als „unspielbar“... Ja, was aber Unsinn ist, da gerade Heifetz alles spielen konnte! Aber dessen Urteil hatte trotzdem Gewicht, sodass Brittens Werk für lange Zeit kaum von Geigern angefasst wurde. Benjamin Britten hatte es 1939 in den USA geschrieben, nachdem er als Pazifist beim Ausbruch des Zweiten Weltkriegs nach Amerika emigriert war. Überhaupt war er sehr von den Kämp50
fen des Spanischen Bürgerkriegs erschüttert und in dem Stück kommen auch häufig spanische Elemente vor. Er zeigte sich überzeugt, dass sein Konzert ohne Frage sein „bestes Stück“ sei. Aber das New Yorker Publikum war bei der Britten-Uraufführung durch den Dirigenten John Barbirolli und den Geiger Antonio Brosa 1940 nicht ganz überzeugt. Die teuersten Werke berühmter Maler sind auch erst mit der Zeit berühmt geworden... Ja, das Violinkonzert hat erst in den vergangenen zehn Jahren eine große Renaissance erlebt, was mich besonders freut. Es steht nun regelmäßig auf dem Programm, und viele jungen Geiger versuchen Heifetz Unrecht zu geben. Ich selber nahm das Stück 2004 auf, zusammen mit dem BBC Symphony Orchestra und Paul Watkins. Wie gesagt, ich werde es in diesem Jahr etwa 20 Mal rund um den Globus spielen. Im April waren Sie mit Vladimir
shkenazy auf Spanientour. Wo haben A Sie überall gespielt? In Barcelona, Valencia, Oviedo und San Sebastian. Vier fantastische Städte! In Barcelona haben wir in einem der wahrscheinlich schönsten Konzertsäle der Welt gespielt – im Palau de la Música Catalana, vom katalanischen Architekten Lluís Domènech i Montaner entworfen, einem der wichtigsten Repräsentanten der Moderne. Unter anderem wurde hier im Jahr 1936 das Alban Berg Violinkonzert uraufgeführt und im Publikum saß der junge Benjamin Britten, den das Stück sehr beeindruckte. Wo geht es als Nächstes hin? Im Mai spiele ich das Konzert in Kuala Lumpur; am 7. Juli in Stolpe bei den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern, am 14. Juli in Aspen, Colorado; im Oktober in Tokyo und Moskau, und am 22. November, direkt am 100. Geburtstag von Britten, im finnischen Helsinki. n www.crescendo.de
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