CLASS: aktuell 2013/Nr.1

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CLASS : aktuell Association of Classical Independents in Germany Bluniers audiophiler Hinhörer Beethoven Sinfonien 1 & 5

Anton von Weberns letzte Zigarette Werkschau Christoph Delz

Sachwalter deutscher Klaviertradition Gerhard Oppitz wird 60 Jahre alt

Durch und durch Kapellmeister Zum Tod Wolfgang Sawallischs

Uta Pape präsentiert Violinwerke vor Bach

Im Schatten einer Heckenrose... Wagner Spurenlese abseits des Mainstream

Tierische Abenteuer und vergnügte Geige Spaß für die ganze Familie


Die HIGH END 2013 ist Erlebnis und Gourmetmesse vom Feinsten Ein Ein Event Event und und Treffpunkt Treffpunkt für für Qualitäts-Genießer Qualitäts-Genießer HIGH END 2013: Die Erlebnis-Messe für exzellente Unterhaltungselektronik M,O,C, München – Lilienthalallee 40 80939 München-Freimann Termin: 9. bis 12. Mai 2013 Öffnungszeiten: täglich von 10 bis 18 Uhr Eintritt (Fr-So): 12 Euro (Tageskarte) Fachbesuchertag: Donnerstag, 9. Mai 2013 Eintritt (für alle Tage): 20 Euro (Vorabregistrierung) www.HighEndSociety.de

Im Mittelpunkt der Messe steht die Präsentation der gesamten Bandbreite der Unterhaltungs­ elektronik und selbstverständlich können wieder die weltweit aktuellsten und besten Produkte in Augen- und Ohrenschein genommen werden. Darüber hinaus sorgen das musikalische Rahmenprogramm mit jeder Menge Live-Musik, die Vielfältigkeit der Musikwiedergabe, die Ästhetik der Produkte und die zahlreichen Vorträge und Workshops für beeindruckende und außergewöhnliche Momente und lassen die Besucher viele Stunden fernab von Hektik und Lärm auf dem Messegelände verweilen. Die HIGH END ist die älteste Spezialmesse Europas und das wichtigste Ereignis der Branche für hochwertige Unterhaltungselektronik. Sie findet in diesem Jahr zum 32. Mal in Folge und zum 10. Mal im MOC - München statt. Sie gilt inzwischen weltweit als zentraler und etablierter Drehpunkt der Branche. Hersteller, Importeure, Vertriebe, Zulieferer und Händler aus aller Welt treffen sich jedes Jahr in München. Die HIGH END entwickelte sich zur starken, internationalen Leitmesse, denn auch die ständige An­­passung an die sich wandelnden Ansprüche des Marktes sorgen bei dieser Messe für Aktualität und Attraktivität. Durch den hohen Grad der Internationalität bei Ausstellern und Fachbesuchern, garantiert die Messe beste Kontakte zwischen Händlern, Herstellern, Vertrieben und Endkunden. Zusätzlich zum umfassenden Branchenabbild setzt die Messe die Trends der kommenden Jahre. Die HIGH END ist deshalb das internationale Schaufenster und Flaggschiff der Unterhaltungselektronik.

Die HIGH END als Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft Endverbraucher und Fachbesucher nutzen diese Messe seit Jahren als wichtigste Informationsbörse. Dabei ist das Produktangebot auch Trendbarometer neuer und zukünftiger Technologien. Auf 20.000 Quadratmetern finden die Besucher alles was das Herz für die perfekte Klangund Bildwiedergabe begehrt, vom kompakten Airplay-Lautsprecher, Netzwerkplayer, Streamer, Kopf­hörer, Computer-basierte Audio- und Multimedia-Lösungen bis zu hochwertigen Lautsprechern und zentnerschweren Plattenspielern aus Glas und Edelstahl. Einträchtig erklingen analoge Klangerzeuger neben exquisitem, multimedialem, digitalem Equipment. Hier können zukünftige Produktentwicklungen und auch Legenden in unmittelbarer Nachbarschaft bewundert werden. Der Geschäftsführer der HIGH END SOCIETY, Herr Branko Glisovic, kommentiert dazu: „Die HIGH END schlägt den Bogen von der Geschichte in die Zukunft.“

Die gesamte Bandbreite der Unterhaltungselektronik inklusive erstklassiger HiFi-Produkte auch für Einsteiger Auf der HIGH END gibt es natürlich Luxus für Auge und Ohr in allen Varianten zu sehen und zu hören. Selbstverständlich können die Besucher auf dieser Messe die Formel1 der Unterhaltungselektronik erleben. Jedoch gibt es zu den sehr aufwendigen, teuren Anlagen auch immer preiswerte Alternativen, die sich genauso mit dem Prädikat „High End“ schmücken. Bis heute steht der Begriff „High End“ scheinbar für Höchstpreise und exotische Einzelstücke. In Wirklichkeit stimmt das schon lange nicht mehr. Die HIGH END ist nicht nur ein Mekka für Liebhaber exklusiver und teurer Gerätschaften aus der Welt der Unterhaltungselektronik, sondern sie bietet auch HiFi-Neulingen und Einsteigern erstklassige HiFi-Produkte für den kleinen Geldbeutel.

Zu Beginn der HIGH END findet ein spezieller Fachbesuchertag statt. Die Messe ist am 9. Mai 2013 nur für Fachbesucher mit Vorab-Registrierung geöffnet. Die HIGH END wird von der HIGH END SOCIETY, dem Interessenverband für hochwertige Unterhaltungselektronik ausgerichtet, einem Industrieverband, in dem die wichtigsten Unternehmen der UE-Branche vereint sind.


CLASS : aktuell Class: aktuell 1/ 2013 Inhalt Kürzlich beim musikalischen Frühschoppen in meiner Stammkneipe tauchte die Frage auf, ob Schostakowitschs Oper „Die Nase“ eigentlich vor oder nach seinen KlavierAphorismen entstanden sei. Keiner wusste die Antwort. Der Wirt – philharmonisch geschädigter Ex-Cellist – reichte mir daraufhin ein Nachschlagewerk, das er unter der Theke versteckt hielt: Metzlers Komponistenlexikon von 1992. Aber was war das? Ich konnte Schostakowitsch darin nicht finden! Zwischen Schönberg und Schreker, wo er hätte sein müssen, gab es definitiv keinen Schostakowitsch-Artikel. Ein Kollege in der Runde – Klarinettist mit internationaler Hausmusik-Erfahrung – schlug daraufhin vor, es unter der englischen Schreibweise Shostakovich zu versuchen. Aber auch zwischen Sessions und Sibelius: Fehlanzeige.

Ein Komponist verschwindet Dabei war der Hinweis aufs Englische wirklich ein guter Einfall. Dank der Inter­natio­na­lität des CD-Markts wirbeln ja immer verschiedene Transkriptionen russischer Komponistennamen durch die Welt und stiften heillose alphabetische Verwirrung. Früher schrieb man bei uns zum Beispiel konsequent: Strawinskij. Doch diese Schreib­art würde zwischen L.A. und London womöglich „Stro-inskitsch“ ausgesprochen. Deshalb bevor­zugt man dort – vom Komponisten autorisiert – statt des „w“ ein „v“ und statt „ij“ ein „y“. Auch würde „Prokofjew“ im anglophilen Raum vielleicht als „Prokof-tschu“ gelesen. In dem alten Rock’n’Roll-Song „Roll Over Beethoven“ wurde aus Tschaikowskij in der Tat ein „Tschikauski“. Längst kursieren alle möglichen Vermischungen englischer, deutscher, französischer Schreibweisen. Die Version „Strawinsky“ – einerseits mit „w“, andererseits mit „y“ – sieht man bei uns – obwohl nicht autorisiert – am häufigsten. Konsequenterweise müsste man dann auch aus Schostakowitschs Vornamen „Dmitrij“ ein „Dmitry“ machen. Von dem Namen Prokofjew sind ein halbes Dutzend Transkriptionen im Umlauf: am Ende mit „w“, „v“ oder „ff“, in der Mitte mit „j“ oder „i“, aber seltsamerweise noch nicht mit „y“ – warum eigentlich nicht? Ebenfalls seltsam ist, dass es die Amerikaner bei der Umschrift von Konsonanten mit der Aussprache so genau nehmen („kh“, „sh“, „ch“, „zh“), aber die Vokale nicht anrühren. Gewisse Politikernamen schreiben sie stur mit „e“ – Khrushchev, Gorbachev –, obwohl dieses „e“ im Russischen zwei Punkte trägt und deshalb wie „o“ gesprochen wird. Auch im Englischen wurde Peking längst zu Beijing modernisiert, aus Canton wurde Guangdong – aber Gorbachev bleibt Gorbachev. Für Verwirrung ist gesorgt. Die gab es auch bei unserem musikalischen Frühschoppen. Hatten wir etwa schon zu viel vom Hauswein gekostet, dass wir Schostakowitsch partout nicht im Lexikon finden konnten? Am Ende beschlossen wir, uns gewissenhaft durch den ganzen Buchstaben „S“ zu arbeiten. Wir wurden dann auch tatsächlich fündig: Vierzig Seiten weiter hinten, nach Skrjabin (oder Scriabin?) und Smetana fanden wir die sehr fremd aussehenden Komponistennamen Šnitke und Šostakovic. ˇ Die Lexikonmacher hatten versucht, die Klippen all dieser Transkriptions-Differenzen schlau zu umschiffen. Und schufen dabei eine neue Schikane – dank einer wissenschaftlich exakten phonetischen Umschrift, der Transliteration ISO 9. Übrigens: Šostakovics ˇ „Aforizmy“ entstanden drei Jahre vor seiner Oper „Nos“.

4 Tierische Abenteuer und vergnügte Geige Spaß für die ganze Familie 6 Bluniers audiophiler Hinhörer Beethoven Sinfonien 1 & 5 7 Durch und durch Kapellmeister Zum Tod Wolfgang Sawallischs 8 Anton von Weberns letzte Zigarette Werkschau Christoph Delz 9 Auf den Spuren Albert Schweizers mit Bach Ulrich Böhme an St. Thomas Straßburg 10 Walther, Westhoff, Bach Uta Pape präsentiert Violinwerke vor Bach 12 Energetisch, fetzig, witzig Christian Euler spielt englische Violasonaten 13 Sachwalter deutscher Klaviertradition Gerhard Oppitz wird 60 Jahre alt 14 Kammermusik statt Carnegie Hall Trio Alba frischt Mendelssohn auf 15 Showbizz, Easy-Going and Blue Notes Corinna Simon swingt Gershwin 16 Liebeserklärung und Huldigung Yuval Rabin mit Mendelssohn Orgelwerken 17 Verrückt nach Corelli Harmonie Universelle auf Spurensuche 19 Märchenhaft romantisch Ardinghello Ensemble mit den Flötenquartetten von Danzi 20 Im Schatten einer Heckenrose... Wagner Spurenlese abseits des Mainstream 25 Im Blickpunkt Klassische Neuheiten 26 Geige in Blues Ravels Violinwerke mit Lena Neudauer 32 Treffpunkt: Klassik Classical:NEXT im MAK in Wien

Impressum Herausgeber/Verlag:

CLASS e.V. Association of Classical Independents in Germany Bachstraße 35, 32756 Detmold Tel. 05231-938922 class@class-germany.de Redakteur (v.i.S.d.P): Manfred Görgen Anzeigen: Gabriele Niederreiter Grafische Gestaltung: Ottilie Gaigl Druck: Westermann Druck, Braunschweig

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Druckauflage: 131.200 3. Quartal 2012 ISSN: 2195-0172

geprüfte Auflage

Titel: Zeichnung von Helme Heine, © Beltz-Verlag Alle Tonträger dieser Ausgabe finden Sie auch unter www.bielekat.de

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Ein tierisches Abenteuer – und eine Geige auf Vergnügungstour Na warte, sagte Schwarte – Die Verlorene Melodie

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eit über 35 Jahren ist sie ein Klassiker unter den Kinderbüchern: Die Ge­schichte vom Schweinebräutigam Schwarte, der zu seinem Hochzeitsfest alle Freunde und Verwandte einlädt. Auch in schwierigen Lagen fällt ihm immer etwas ein – zum Beispiel, als die Braut feststellt, dass die Gäste leider nicht besonders fein riechen und auch nicht angemessen festlich gekleidet sind: Nach einer spontanen Dusche mit dem Gartenschlauch werden kurzerhand allen Gästen mit Farbtopf und Pinsel ihre Wunschkleider auf den Leib gemalt – allerdings wird das Ergebnis durch die bei Hochzeiten unvermeidliche Völlerei und einen plötzlich auftretenden Sturzregen bald wieder zunichte gemacht. Jede Menge Spaß haben trotzdem alle, besonders das junge Publikum.

Geschrieben hat diese phantasievolle Geschichte der international berühmte und mehrfach ausgezeichnete Autor Helme Heine. Der aus Berlin stammende Künstler lebt mittlerweile in Neuseeland – und schreibt, malt, zeichnet, schafft Skulpturen, entwirft Möbel, Bühnenbilder, Theaterkostüme und Porzel­lan. Zu seinen bekanntesten Figuren gehören die drei Freunde aus „Mullewapp“: Franz von Hahn, Johnny Mauser und der dicke Waldemar. Und natürlich erfreut sich „Na warte, sagte Schwarte“ weiterhin ungebrochener Beliebtheit; zeitgleich mit dieser CD erscheint gerade wieder einmal eine Neuauflage des Originalbuches. Musik bringt in die Sache der als Komponist und geschickter Arrangeur bekannte Andreas N. Tarkmann: In seiner ideenreichen und ori-

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Na warte, sagte Schwarte Die Verlorene Melodie Konzertstücke für Sprecher und Orchester nach Geschichten von Helme Heine und Eberhard Streul Andreas N. Tarkmann, Musik Malte Arkona, Erzähler Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, Robin Engelen Coviello Classics COV 71301


CLASS : aktuell Foto: © Alexander Druse

WERGO Jetzt neu bei WERGO

Produktion: Deutschlandradio Kultur

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Thomas Hell: Klavier

Karlheinz Stockhausen Michaels Reise um die Erde Zweiter Akt vom „Donnerstag aus Licht“ edition musikFabrik

Produktion: Ensemble musikFabrik

ginell instrumentierten Neu-Komposition wird Bräu­tigam Schwarte durch eine Tuba ver­körpert, seine Frau Ringelschwänzchen durch das Horn. Ergebnis ist eine äußerst kurzwei­l ige Verbindung von Er­zählung und Melodien, die bei manchem Erwachsenen schöne Kindheitserinnerungen an Prokofieffs „Peter und der Wolf“ wecken wird. Malte Arkona, bekannt u.a. als Moderator der KiKa-Sendung „Die beste Klasse Deutschlands“ und des „Ti­ger­entenclubs“ in der ARD, leiht Schwarte, seiner Frau Ringelschwänzchen und der ganzen bunten Festgesellschaft seine faszinierend wandlungsreiche Stimme. Und wie klingt es, wenn sich eine kleine Geige ohne Fahrschein mit der Straßenbahn auf

György Ligeti Études pour piano

WER 68582 CD

Malte Arkona

die Reise begibt? Diese nicht minder spannende Geschichte begab sich so: Eines Tages flattert eine Melodie zum Fenster herein, mitten zwischen die Orchester­in­strumente. Die be­­ginnen zu streiten, wer die Melodie wohl am besten spielen kann. Die kleine Geige, der das zu dumm ist, packt kurzerhand die Melodie in ihre Handtasche, haut ab und wird prompt von drei Kontrolleuren ohne Fahrschein in der Straßenbahn erwischt ... Auch für diese Story von Eberhard Streul, mit deren Hilfe auch die Jüngsten ganz leicht die Instrumente eines Orchesters verstehen können, gibt es neu komponierte Musik von Andreas Tarkmann, und auch hier sind Sprecher Malte Arkona und die Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz mit von der Partie. Beide Werke sind erstmals auf CD veröffentlicht und bieten Spaß für die ganze Familie. Bleibt zu hoffen, dass schon bald über das nächste Projekt in diesem erfolgreichen Zusammenklang berichtet werden kann. Jakob Thomas

Marco Blaauw: Trompete solo / Nicola Jürgensen: Bassetthorn solo / Ensemble musikFabrik / Peter Rundel: Leitung

Herbert Eimert Epitaph für Aikichi Kuboyama / Sechs Studien Produktion: Westdeutscher Rundfunk

WER 67732 CD

studio reihe

Günther Anders: Übersetzung der Grabinschrift / Richard Münch: Sprecher / Studio für elektronische Musik im Westdeutschen Rundfunk Köln / Leopold von Knobelsdorff: Klangliche Realisation

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Fordern Sie bitte unseren Katalog an! WERGO, Weihergarten 5, 55116 Mainz, Germany, service@wergo.de | www.wergo.de


Foto: © Thilo Beu

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Beethoven Orchester Bonn | www.beethoven-orchester.de

Bluniers audiophiler Hinhörer Das Beethoven Orchester Bonn besinnt sich auf seinen Namenspatron

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ie Diskografie des Beethoven Orchester Bonn ist in den letzten Jahren ebenso rasant wie beeindruckend gewachsen. Und nun – man ist geneigt zu sagen: Endlich! – hat man sich getraut. Nach Ausflügen in die späte und späteste Romantik, hoch dekorierten Operneinspielungen und diversen Exkursionen nach Russland kehrt das Beethoven Orchester Bonn zu seinen Wurzeln zurück. Mit der ersten und der fünften Sinfonie ihres Paten haben sich die Bonner zwei Schlachtrösser des Konzertrepertoires ausgesucht, die unter Stefan Bluniers Stabführung zu unerwartet vitaler Frische und kraftvoller Fantasie erwachen.

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Schon die Eröffnung der Ersten hat es in sich. Beethovens Zeitgenossen waren schockiert: Statt zunächst die Grundtonart zu festigen, beginnt die langsame Einleitung mit dissonanten Septimakkorden, die zu aller Überraschung und völlig untypisch für ihre Zeit auch noch im Wesentlichen von den Bläsern gestaltet werden und sich nur leicht getupft, quasi heimlich auflösen. Im Vorgriff auf die Romantik entsteht ein sehnsuchtsvolles Streben, dessen Ziel nebensächlich ist und das von Blunier und seinen Musikern mit atemberaubender Spannung nachgefühlt wird. Die Fünfte ist wohl die bekannteste Sinfonie überhaupt, und ihr erster Einsatz ist nicht erst

MDG 937 1761-6 (Hybrid-SACD)

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Ludwig van Beethoven Sinfonie Nr. 1 & 5 Beethoven Orchester Bonn; Stefan Blunier, Ltg. MDG 937 1756-6 (Hybrid – SACD)

seit Furtwängler äußerst gefürchtet... Dass es aber auch hier noch Neues zu entdecken gibt, zeigen die bestens aufgelegten Bonner eindrucksvoll. Das berühmte Eröffnungsmotiv, von Beethoven sehr präzise rhythmisch bezeichnet, präsentiert sich kraftstrotzend und energiegeladen; mitreißend spannt sich der Bogen bis zum Finale, dessen nicht enden wollende CDur-Orgie so eine spannende Stringenz erfährt. Besonders packend ist diese fulminante SACD in MDG-typischer 2+2+2-Wiedergabe zu erleben. Fantastisch, mit welch plastischer Körperlichkeit das Orchester im Wohnzimmer Platz nimmt. Mittendrin der Zuhörer, dem es vor Spannung den Atem verschlägt. Beethoven in 3D - Endlich! Und tatsächlich ein Hinhörer! So soll es sein. Lisa Eranos


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Durch und durch Kapellmeister Wolfgang Sawallisch ist am 22. Februar 2013 fast 90jährig gestorben.

Neuheiten bei Hyperion

Mit einer 8 CD-Box ehrt Profil Edition Günter Hänssler das künstlerische und musikalische Wirken des Maestro. Die einmaligen Werkschau zeigt Sawallisch als vielseitigen Dirigenten und: Pianisten!

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olfgang Sawallisch wurde 1923 in München geboren. An der Münchner Musikhochschule legte er auch sein Examen ab. Seine Dirigentenkarriere begann er als Kapellmeister an den Städtischen Bühnen in Augsburg, ab 1953 folgten Musikdirektorenstellen in Aachen, Wiesbaden und Köln. An der Kölner Musikhochschule leitete er zudem als junger Professor eine DirigierMeisterklasse. Als Dreißigjähriger stand er bereits als jüngster jemals eingeladener Gast­­­­ dirigent am Pult der Berliner Philharmoniker, eine Verbindung, die immer wieder gepflegt wurde. 1957 riefen ihn die Bayreuther Festspiele und er blieb bis 1962 auf dem Grünen Hügel. Zehn Jahre lang, von 1960 bis 1970, war Sawallisch Generalmusikdirektor in Hamburg und Erster Dirigent des dortigen Phil­

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BRUCKNER Symphony no. 7 BBC Scottish Symphony Orchestra Donald Runnicles Donald Runnicles, u.a. Generalmusikdirektor der Deutschen Oper Berlin, gibt hiermit sein Debüt bei Hyperion

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harmonischen Staatsorchesters. Parallel dazu wurde er zum Chef der Wiener Symphoniker berufen. Beide Klangkörper ernannten ihn zum Ehrenmitglied und Ehrendirigenten. Von 1973 bis 1980 war er in Genf als Direc­ teur Artistique des Orchestre Wolfgang Sawallisch (1923 - 2013) de la Suisse Romande unter Vertrag. Zuvor aber, 1971, war Edition der Münchner in seine Heimatstadt zurückgekehrt: Wolfgang Wolfgang Amadeus Mozart Sinfonie in D Dur KV 385 (Haffner) Sawallisch wurde Bayerischer Sinfonie in C Dur KV 551 (Jupiter) Musikdirektor, ab 1982 auch Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks künstlerischer Gesamtleiter der Franz Schubert Forellenquintett D 667 & Notturno D 897 Bayerischen Staatsoper. Bei seiWolfgang Sawallisch, Klavier; Jan Pospichal, Violine; Wolfgang nem Ausscheiden 1992 wurde Klos, Viola; Wilfried Rehm, Violoncello; Ernst Weissensteiner, Bass er auch hier zum Ehrenmitglied Joseph Haydn Die Jahreszeiten HOB XXI:3 ernannt. Feste Gastverträge ging Ruth Ziesak, Robert Gambill, Alfred Muff Sawallisch zudem bei den SpitChor des Bayerischen Rundfunks zenorchestern in Philadelphia, Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks Tokio, Mailand, London, Paris, Felix Mendelssohn Bartholdy Elias op. 70 Wien und in Tel Aviv ein. Überall Michael Volle, Andrea Rost, Marjana Lipovsek, Herbert Lippert, erhielt er nicht nur positive Letizia Scherrer, Thomas Cooley, Barbara Fleckenstein Kritiken, sondern auch große Chor des Bayerischen Rundfunks Ehrungen und Auszeichnungen. Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks Wolfgang Sawallisch mach­ Carl Orff Antigonae te sich jedoch auch als Pianist Martha Mödl, Marianne Radev, William Dooley, Carlos Alexander, im Kammermusikbereich und Paul Kuen, Fritz Uhl, Josef Traxel, Kurt Böhme, Lilian Benningsen als Liedbegleiter von promiChor des Bayerischen Rundfunks nenten Sängern einen Namen. Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks Am 22. Februar 2013 starb Profil Edition Günter Hänssler 8 CD PH12041 Wolfgang Sawallisch. Wolfgang Teubner

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BRITTEN Cello Symphony, Sonatas & Suites Alban Gerhardt Alban Gerhardt und Steven Osborne zum 100. Geburtstag des Komponisten

HANDEL Handel’s finest bass arias Christopher Purves, Arcangelo Jonathan Cohen Eine einzigartige Zusammenstellung, die Händels brillantes Verständnis für diese Stimmlage fühlbar werden lassen

Vertrieb für den deutschen Fachhandel: New Arts International - a Codaex & Challenge partnership Tel.: 0821-660 144 64 / Fax 0821-660 144 65


CLASS : aktuell

Anton von Weberns letzte Zigarre MDG veröffentlicht auf dem Label Audiomax eine zweite Werkschau des hochbegabten Schweizer Komponisten Christoph Delz

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ereits zum zweiten Mal macht MDG hier in Zusammenarbeit mit der Stiftung Christoph Delz eine feine Auswahl mit herausragenden Aufnahmen aus dem Schaffen des Schweizer Komponisten zugänglich, darunter auch die „Kölner Messe“, Delz´ einzige elektronische Komposition, und „Solde. Lecture d´aprés Lautréamont“, eine komponierte „Lesung“ von Texten des Urvaters des Surrealismus. Eben typisch Delz: Nicht zu verbissen, mit einem guten Schuss Ironie, Satire und Zynismus. Kann man Joyce vertonen? Christoph Delz hat sich dieser unmöglichen Aufgabe gestellt – mit aufregendem Resultat: Seine „Joyce-Fan­ta­sie“ über das Sirenen-Kapitel aus dem „Ulysses“ transponiert die collagenhafte und assozia­tions­geladene Wortgewalt des Iren auf eine höhere Ebene, in der sich die unterschiedlichsten musi­kalischen

Stilistiken zu einem grandiosen Ka­lei­doskop künstlerischen Ausdrucks vereinen. Völlig unpathetisch, dabei aber voll Witz und Ironie, genau wie in der literarischen Vorlage, treffen die Gegensätze aufeinander – und machen die hier dokumentierte Uraufführung unter Mitwirkung des Komponisten zu einem großartigen Erlebnis. „Transkomposition“ war die bevorzugte Arbeitsweise von Christoph Delz. Zitate, Bruchstücke, eigene Improvisationen, aber auch Geräusche und einzelne Klänge bilden das Ausgangsmaterial. In seinem Nachlass fand sich eine kommentierte Sammlung mit besonderen Akkorden aus allen musikalischen Epochen. In „2 Nocturnes“ finden sich viele dieser Akkorde wieder, aus dem Zusammenhang gerissen, neu zusammengestellt, von fremder Wirkung und doch irgendwie vertraut.

Christoph Delz (1950-1993) Complete Works Vol. 1 CD 1: Im Dschungel op. 6, Klavierquartett op. 2, Die Atmer der Lydia op, 5 CD 2: Klavierkonzert op. 9, Arbeitslieder op. 8, Siegel op. 3 CD 3: Sils op. 1, Streichquartett op. 7, Istanbul op. 14 Audiomax 707 1541-2

Christoph Delz (1950-1993) Complete Works Vol. 2

Foto: © Rolf Jeck

CD 4: Solde. Lecture d‘après Lautréamont op. 10a, Zwei Nocturnes op. 11, Joyce-Fantasie op. 13a CD 5: Jahreszeiten op. 12, Kölner Messe op. 4, Istanbul. 3 Auszüge für Klavier Audiomax 707 1782-2

Christoph Delz

In Basel 1950 geboren, erhielt Christoph Delz das Lehr- und Konzertdiplom für Klavier bereits vor dem Abitur am Humanistischen Gymnasium. 1974 bis 1989 lebte er in Köln, wo er an der Musikhochschule bei Aloys Kontarsky (Klavier), Karlheinz Stockhausen (Komposition), Hans Ulrich Humpert (elektronische Komposition) und Volker Wangenheim (Dirigieren) studierte. Ergänzenden Kompositionsunterricht erhielt er bei Henri Pousseur in Lüttich. Von 1989 bis zu seinem Tode im Jahr 1993 lebte Delz als freischaffender Komponist in Riehen bei Basel. Neben seiner Tätigkeit als Pianist eigener Stücke hat er zahlreiche Werke anderer zeitgenössischer Komponisten mit uraufgeführt.

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„Anton von Weberns letzte Zigarre“ lautet ironisierend der Titel des ersten Nocturnes. Damit brachte er die selbsternannte Avantgarde aus Darmstadt und Donaueschingen gleich mehrfach gegen sich auf. Nicht genug, dass er sich allen Dogmen der „Neuen Musik“ widersetzte; das tragische Ende ihres Säulenheiligen, der beim Rauchen einer Zigarre von einem amerikanischen Besatzungssoldaten erschossen wurde, empfanden viele Kollegen durch diese Art der Komposition verunglimpft. Ich war schon von Vol. 1 der Werke von Christoph Delz fasziniert, dessen Namen ich zu­gegebenermaßen zuvor nie gehört hatte. Und wieder hat die ausführliche Beschäftigung mit seinen Werken mich mehr und mehr fasziniert und aufgerührt, und daher bleibt mir nur eine nachhaltige Empfehlung dieser so ambitionierten Edition. Lisa Eranos


Albert Schweitzer (1875-1965) im Jahr 1959

Fotos: Archiv des Deutschen Albert-Schweitzer-Zentrums

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Das erste Spital 1913 in Lambarene (Gabun)

100 Jahre Menschlichkeit Albert Schweitzer in Lambarene

Foto: © Franke/Punctum

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rganist und Urwaldarzt, Theologe und Bauleiter, Spendensammler und Hoch­ schullehrer: Albert Schweitzer ist eine der faszinierenden Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts weit über die Geistesge­ schichte hinaus. Zum 100. Gründungs­tag seines „Urwaldhospitals” in Lambarene wid­met Rondeau Production dem Mann der Kunst, des Denkens, des Glaubens und vor allem der Tat eine außer­ gewöhnliche Bach-Produktion. Ullrich Böhme, Organist an St. Thomas zu Leipzig, musiziert an Albert Schweitzers wich­ tigster musikalischer Wirkungsstätte, St. Thomas zu Straßburg. Ein Pro­gramm zu dem Anlass, den der Bach-Forscher und international gefeierte Bach-Interpret Albert Schweitzer an der Straß­ burger Thomaskirche kultiviert und als Tradi­ tion begründet hat: Das Gedächtniskonzert zum Todestag Johann Sebastian Bachs am 28. Juli an der größten in weiten Zügen erhaltenen Silber­ mann-Orgel Straßburgs.

100 Jahre Menschlichkeit Albert Schweitzer in Lambarene Werke von Johann Sebastian Bach Ullrich Böhme in St. Thomas, Straßburg Rondeau CD ROP6073

Ullrich Böhme spielt Werke von Johann Sebastian Bach in St. Thomas, Straßburg

In seiner Hommage an Albert Schweitzer, aus dessen Bach-Buch er als Jugendlicher seine erste inhaltliche Auseinandersetzung mit Johann Sebastian Bach begann, hat Ullrich Böhme ein ganz besonderes Bach-Programm gestaltet. Es richtet sich nach den Proportionen der Schweit­ zer’schen Programme zu Bachs Todestag und ist ausschließlich aus Werken entworfen, die Schweitzer zu diesem Anlass musizierte. Durch all diese Konzerte zog sich Bachs legendärer Sterbechoral „Vor deinen Thron tret ich hier­

mit”. Wie Albert Schweitzer meist gesungene Bach-Choralsätze in seine Programme einbe­ zog, hat das renommierte Calmus Ensemble Leipzig Bachs Choralbearbeitung für diese CD textiert und eingespielt. Der Widmungsträger Albert Schweitzer kommt im Bonus-Track mit einer historischen Einspielung von 1936 selbst zu Wort oder Ton: Schweitzer spielt in der Straßburger Kirche Sainte-Aurélie das Adagio a-Moll aus Bachs Toccata C-Dur BWV 564. Über die Musik Bachs sagte Schweitzer: „Wo seine Töne auf Menschen einwirken, beein­flussen sie ihn im Sinne der Verinnerlichung. Er ist ein kost­ bares Geschenk an unsere Zeit, eines der Lichter, die im Dunkel, in dem die heutige Menschheit den Weg einer tieferen Geistigkeit suchen muss, erstrahlen.“ Dr. Ralph Philipp Ziegler

klanglogo ERSTEINSPIELUNG

CD DER WOCHE – rbb

OUTSTANDING – The Strad

Verdi, Puccini Italienische Raritäten von Respighi, chquartett Strei en ndst rege „auf vom – zelebriert KL1400 ) sche deut (Süd n“ unserer Generatio

ion, ein frühDie erste deutsche Johannespass von Burck – barocker Meilenstein von Joachim KL1403 ort interpretiert vom Vienna Vocal Cons

2 und Nr. 5 Die Brandenburgischen Konzerte Nr. denburgischen Bran vom ziert musi – Bach von KL1502 Staatsorchester Frankfurt

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im Vertrieb von Naxos Deutschlan

www.klanglogo.de


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Walther – Westhoff – Bach Uta Pape rückt frühe deutsche Violinvirtuosen ins Rampenlicht wieder auf den Komponisten und Violinvirtuosen Johann Jacob Walther, dessen Werke, die Scherzi und den Hortulus Chelicus, ich unbedingt näher untersuchen wollte – daraus wurde schließlich meine Diplomarbeit. Je mehr ich mich in den darauffolgenden Jahren mit der Violinliteratur des Barock auseinandersetzte, desto klarer wurde mir die außergewöhnliche Stellung Walthers in seiner Zeit und sein enormes Verdienst, die Violintechnik in solch entscheidender Entwicklung vorangebracht zu haben. Und Johann Paul von Westhoff?

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alther – Westhoff – Bach“ hat Uta Pape ihre erste CD benannt – und damit bringt die Barockgeigerin die Frühgeschichte des deutschen Geigenspiels virtuos auf den Punkt: Bachs Sechs Sonaten und Partiten für Violine solo sind ein Geniestreich – sie entstanden aber nicht im luftleeren Raum. Mit ihrer Einspielung von drei Sonaten für Violine und Basso continuo von Johann Jacob Walther und Johann Paul von Westhoff und nicht zuletzt dessen Suite für Violine solo zeigt die Solistin nicht nur, wie viel Bach den beiden Älteren zu verdanken hat. Sie erinnert – begleitet von Klaus Mader, Theorbe, Olaf Reimers, Violoncello und WolfEckart Dietrich, Cembalo – auch eindrücklich daran, was für interessante Werke hier wiederzuentdecken sind. Den Höhe- und Schlusspunkt dieser spannenden Zusammenstellung bildet Bach: Die Partita Nr. 2, mit der berühmten Chaconne…

und Barockmusik, sie selbst spielte gut Blockflöte. Und ich fieberte immer den Konzerten entgegen, die ich mit meinem Vater im Kloster Eberbach im Rheingau besuchte. Dort konzertierte öfter Günter Kehr mit dem Mainzer Kammerorchester – für mich ganz prägende Erlebnisse. Viel verdanke ich in der Jugend auch Prof. Ralf Otto, der als Leiter des Bachchores und -orchesters Mainz schon damals großen Wert auf „barocke“ Spielweise legte. Ich kann mich noch erinnern, wie das war, als ich während der Proben erstmalig das Dauervibrato wegließ. Ich war verblüfft, wie viel mehr Möglichkeiten sich mir bezüglich der Klang- und Tongestaltung von da an boten. Das hat mich sehr überzeugt und mir viel Spaß gemacht.

Frau Pape, seit 25 Jahren widmen Sie sich der historischen Aufführungspraxis. Wie begann das bei Ihnen?

Ich hatte das große Glück, parallel zu meinem Studium der modernen Geige in Düsseldorf durch die Begegnung mit Prof. Helga Thoene meinem Interesse für die historische Aufführung von Barockmusik intensiv nachgehen zu können. Dabei stieß ich immer

Schon in früher Kindheit hat mich Alte Musik ganz besonders berührt und fasziniert. Meine Mutter hörte viel Renaissance-

Warum haben Sie sich nach so vielen Jahren der Auseinandersetzung mit Alter Musik auf Ihrer CD gerade für die drei Komponisten „Walther, Westhoff, Bach“ entschieden?

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Er setzt in seinen Werken ganz andere Schwerpunkte, die für die CD ebenso wichtig waren. Walther versucht in seinem Hortulus Chelicus wirklich alles aus der Geige herauszuholen, was damals möglich war. Ganz typisch für ihn ist das Imitieren von Tierstimmen und Musikinstrumenten auf der Violine. Es gibt ein Werk im Hortulus, in dem die Geige allein ein ganzes Orchester imitiert – und dafür zündet Walther ein Feuerwerk an technischen Raffinessen. Diese Vielfalt in stilistischer und violintechnischer Hinsicht wird in dieser Zeit von keinem anderem übertroffen. Westhoff experimentiert nicht in der Weise, dafür verdanken wir ihm eine neue Gattung der Violinliteratur vor Bach: die Solo­ suite als Werkzyklus. Seine von vielen Doppel­ griffen und Akkorden geprägten Suiten von 1696 sind nicht nur sehr virtuos, sondern haben auch hohen musikalischen Wert. In meinen Augen ergänzen sich Walther und Westhoff perfekt. Sie schufen Voraussetzungen dafür, dass Bach seine Solosonaten und -partiten realisieren konnte. Wer oder was ihn genau beeinflusst hat, lässt sich heute nicht mehr nachweisen, aber aus meiner Sicht ist es sicher, dass Walther und Westhoff ihm entscheidend den Weg bereitet haben. Sollte ein heutiger Geiger also Walther und Westhoff kennen, um Bachs Solosonaten und -partiten spielen zu können?

Aus violintechnischer Sicht bestimmt nicht mehr, aber was das Wissen um die Entstehung von Bachs Solowerk anbelangt, wäre es wünschenswert. Mir persönlich half die


Walther Westhoff Bach Uta Pape, Barockvioline Klaus Mader, Theorbe; Olaf Reimers, Violoncello Wolf-Eckart Dietrich, Cembalo ARS 38 126

bei der Umsetzung der Effekte: Mal haben wir der Musik ganz ausgelassen freien Lauf ge­ lassen, mal skurril Klingendes klanglich besonders hervorgehoben und dann die Musik wieder ganz intim für sich sprechen lassen.

Fotos: © Irène Zandel

Im beruflichen Alltag spielen Sie als Mit­­glied der Bielefelder Philharmoniker „moderne Geige“. Wie vereinbaren Sie das mit der Barockgeige?

Auseinandersetzung mit ihren Werken sehr, das Solowerk Bachs besser zu verstehen und interpretieren zu können. Einer der Gründe, warum Walthers Werke in Vergessenheit geraten sind, liegt in der Entwicklung eines violintechnischen Bewusstseins, also den immer genauer werdenden Trainingsmethoden für einzelne Spieltechniken, die Anfang des 19. Jahrhunderts mit Kreutzer, Rode und Baillot in Paris ihren Höhepunkt fanden. Ihre Etüden haben heute noch Gültigkeit. Im Barock jedoch nutzten die Geiger Stücke aus verschiedenen Werken zu Übezwecken, Walthers

Werke waren dafür beliebt. Wer damals ein gutes Niveau erreichen und Bachs Solowerk beherrschen wollte, kam nicht an Walther und Westhoff vorbei. Sie haben das violintechnische Fundament für uns Geiger heute gelegt – dafür bin ich ihnen dankbar. Und sie haben zudem noch wunderbare Musik komponiert.

Unbedingt! Die Musik beider Komponisten ist so kontrastreich und zeigt einen solchen Ideenreichtum! Wir hatten während der Proben für die Aufnahme unglaublich viel Spaß AUSGABE 2013/1

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Das ist für mich weniger eine Frage des Instruments als der Interpretation eines Werks. So grundverschieden sind die beiden Geigen gar nicht: Viele der heutigen alten Geigen, darunter alle Stradivaris, waren ja einmal Barockinstrumente und sind später umgebaut worden. An erster Stelle stehen aus meiner Sicht einige wesentliche Gesetzmäßig­ keiten, die damals üblich waren und die auch mit der modernen Geige gut umzusetzen sind. Natürlich kann man den Klang einer Darmsaite auf einer Barockgeige und die Möglichkeiten, die man mit einem Barockbogen hat, mit dem modernen Instrumentarium nicht vollkommen ersetzen. Und deshalb ziehe ich, wenn ich die Wahl habe, beim Spiel barocker und klassischer Werke die Barockgeige vor, allein schon, weil für mich die Einheit von Alter Musik und originalem Instrument ein besonders großer Spielgenuss ist. Nach der langjährigen Aus­einandersetzung mit beiden Instrumenten fällt es mir nicht schwer, auch spontan von der einen Geige zur anderen zu wechseln. Interview: Arnt Cobbers


Foto: © National Portrait Gallery, London

CLASS : aktuell

Arthur Bliss Arnold Bax

Ralph Vaughan Williams

Englisch, energetisch, fetzig, witzig… MDG begibt sich auf audiophile Spurensuche in Sachen Viola

Paul Rivinius mit Christian Euler

E

r gilt als „Vater der Viola“. Dabei hat Lionel Tertis die Bratsche nicht erfunden. Um die Wende zum 20. Jahrhundert jedoch war er der erste, der international als gefeierter Solist mit diesem wunderbar wandelbaren Instrument konzertierte und bedeutende Komponisten inspirierte. Christian Euler hat sich unmittelbar auf Tertis´ Spuren begeben und gemeinsam mit dem Pianisten Paul Rivinius drei sehr selten zu hörende englische Kompositionen von Bliss, Bax und Vaughan Williams auf die Pulte gelegt, die unterschiedlicher nicht sein können und das beeindruckende Potenzial der Viola in großer Bandbreite präsentieren. „Durch Tertis´ Einfluss wurde die Viola, das Aschenputtel unter den Instrumenten, zur

Prinzessin gekrönt“, schrieb Arthur Bliss. Entsprechend fürstlich behandelte er sie in seiner Sonate: Opulente Me­lodie­bögen, rasante Läufe und extreme Lagen verlangen äußerste Virtuosität und extreme Wandlungsfähigkeit. Kein Wun­der, er hatte die Violasonate 1933 in enger Zusammenarbeit mit dem Virtuosen komponiert. Hier erschließen sich dem Hörer bisher ungeahnte Aus­drucks­möglich­keiten, die Christian Euler mit energiegeladenem Spiel zu nutzen weiß. Weitere klangliche Vorzüge der Viola kommen in der 1921 komponierten Sonate von Arnold Bax zur Geltung. Die beiden getragen-nachdenklichen Sätze, die ein feuriges Scherzo einrahmen, lassen den vollen Ton des Instruments leuchten. Schon der pentatonische Anfang, der auf alte keltische Weisen verweist, entführt in eine besondere Welt der Spätromantik. Natürlich prägt hintergründiger Humor die Suite von Ralph Vaughan Williams (1934): Da wird in acht Teilen mit pseudo-barocken Andeutungen gespielt, es gibt eine seltsam melodische „Polka mélancholique“, ein „Moto Perpetuo“ – und ein ausgelassen-spritziger „Galop“ bildet schließlich den ebenso originellen wie furiosen Abschluss, der sich klanglich höchst authentisch vor dem Hörer entfaltet. Christian Euler spielte als Bratschist unter den größten Dirigenten bei den New Yorker Phil-

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AUSGABE 2013/1

harmonikern und dem Philadelphia Orchestra, bevor er 1991 eine Professur in Graz erhielt. Paul Rivinius kennen wir von zahlreichen Kammermusik-Gruppen, unter anderem gewann er 1998 mit dem Clemente-Trio den ARD-Wettbewerb. Der Genuss an diesen subtil-ironischen Köstlichkeiten ist den beiden Solisten vor allem in der dreidimensionalen SACD-Wiedergabe, die neben der Bratsche auch den kol­lossalen Steinway-D-Konzertflügel „Manfred Bürki“ perfekt positioniert, in jedem Moment unschwer anzumerken… Lisa Eranos

Englische Musik für Viola und Klavier Arnold Bax, Sonata Arthur Bliss, Sonata Ralph Vaughan Williams, Suite Christian Euler, Viola Paul Rivinius, Klavier MDG 903 1796-6 (Hybrid-SACD)


CLASS : aktuell

Sachwalter der deutschen Klaviertradition Gerhard Oppitz wird 60 Jahre alt

G

erhard Oppitz gehört seit Jahrzehnten zur weltweit gefeierten Elite der deutschen Pianisten. Am 5. Februar 1953 im idyllisch im Bayerischen Wald gelegenen Frauenau ge­boren, begann Gerhard Oppitz im Alter von fünf Jahren mit dem Klavierspiel. Schnell stellte sich seine außergewöhnliche Begabung heraus, sodass er bereits als Elf­jähriger in Heilbronn mit Mozarts Klavier­konzert in d-Moll sein Konzertdebüt gab. Im Publikum war Paul Buck, Professor an der Stuttgarter Musikhochschule, anwesend – begeistert nahm er den Jungen in seiner Klavierklasse unter seine Fittiche. 1971 nahm Oppitz das reguläre Studium an der Stuttgarter Musikhochschule auf, drei Jahre später wechselte er nach München in die Meisterklasse von Hugo Steurer. Ein besonders einschneidendes Ereignis im künstlerischen Werdegang des jungen Pianisten war seine Begegnung mit Wilhelm Kempff 1973: Der Altmeister der deutschen Klavierschule lud ihn in seine private Meisterklasse in Positano ein und wurde zu einem wichtigen Ratgeber und Mentor. Wilhelm Kempff war beeindruckt von der Ähnlichkeit in der künstlerischen Auffassung zwischen Lehrer und Schüler und setzte Gerhard Oppitz gewissermaßen zum Erben seiner Auslegung der deutschen Klaviertradition ein. Mit einem fulminanten Erfolg begann die internationale Karriere: 1977 gewann Oppitz als erster Deutscher in Tel Aviv den Arthur-Rubinstein-Wettbewerb, bei dem der neunzigjährige Maestro selbst in der Jury saß. Konzertreisen durch Europa, Japan und die USA schlossen sich an. 1978 spielte Oppitz die erste Schallplatte seiner Diskographie ein, die in beein­druckendem Umfang seinen künstlerischen Lebensweg bis in die Gegenwart dokumentiert. Bald erfolgte auch der Ruf der Münchner Musikhochschule, den der Pianist nur zögernd annahm – aus Furcht, eine ernstzunehmende Lehrtätigkeit könnte mit seinen vielfältigen Kon­­zertverpflichtungen in Konflikt geraten. Schließlich hat er auch die pädagogische Auf-

„Gerhard Oppitz gehört seit vielen Jahren zur Oberliga der weltweit gefragten Konzertpianisten. Im Februar 2013 feierte der von Fachwelt und Publikum für die besondere Qualität seiner Interpretationen hoch geschätzte Künstler seinen 60. Geburtstag.“

gabe angenommen und unterrichtet seit 1981 an der Münchner Musikhochschule in einer eigenen Meisterklasse. Selbst wenn Gerhard Oppitz auch CDs mit Musik von Ravel, Debussy oder japanischen Komponisten eingespielt hat, kann man ihn doch als Botschafter der deutschen Klaviermusik bezeichnen: Der Schwerpunkt seines breiten Repertoires liegt auf den Komponisten Mozart, Beethoven, Schubert, Weber, Schumann und Brahms. Überdies geht Oppitz sowohl im Konzert wie auch auf Tonträger gern aufs Ganze: Er präsentiert mit Vorliebe Werkzyklen wie Bachs Wohltemperiertes Klavier, Mozarts und Beethovens Klaviersonaten, das gesamte Klavier­werk von Brahms und Schubert. Beim Label hänssler Classic, dem Oppitz seit langem verbunden ist, liegen Beethovens 32 Klaviersonaten und Klaviermusik von Brahms vor, seine Integrale von Schubert ist bis zum neunten Band gediehen. Detmar Huchting AUSGABE 2013/1

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Franz Schubert Klavierwerke Vol. 9: Sonate As-Dur D 557, 6 Deutsche Tänze D 820, Menuett D 600, Marsch h-Moll deest., Marsch D 606, Sonate E-Dur D 459, 3 Klavierstücke D 459A Gerhard Oppitz hänssler CLASSIC 098.571


Foto: © Marija Kanizaj

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Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847) Piano Trio op. 49 d-Moll Piano Trio op. 66 c-Moll Trio Alba Audiomax 903 1793-6 (Hybrid-SACD)

Kammermusik statt Carnegie Hall Trio Alba debütiert bei MDG mit Mendelssohn

E

s muss schon ein großes Bedürfnis gewesen sein, das Felix Mendelssohn Bartholdy dazu drängte, ein zweites Klaviertrio zu komponieren und dafür eine ehrenvolle Dirigiereinladung nach New York kurzer Hand auszuschlagen. Und das Ergebnis erklärt Einiges: Von ausladend symphonischer Anlage im Kopfsatz, steigert sich das gewaltige Werk hin zu einem Finale, in dem die ganz großen Fragen aufgeworfen werden. Und das Trio Alba traut sich auf seiner blitzblanken Debut-SACD, auf allen Kanlen sehr fesselnde Antworten zu geben. 1845, zeitgleich mit dem „Elias“ entstanden, be­ fasst sich auch dieses letzte zum Druck freigegebene Kammermusikwerk Mendelssohns durchaus mit religiösen Themen. Ein freier Choral, der an „Vor deinen Thron tret ich hiermit“ erinnert, kommt am Schluß ins Spiel. Das ist bemerkens­ wert für eine Kammermusikkomposition und

für den Komponisten Mendelssohn, dem letzte Gewissheiten in Glaubensdingen fremd waren, ist aber zugleich höchster Ausdruck romantisch-sehnsüchtigen Suchens. Schon Mendelssohns erstes Trio wurde von Publikum und Kritik begeistert aufgenommen und eroberte sich sofort einen festen Repertoireplatz in der noch jungen bürgerlichen Hausmusik. Schumann bezeichnete Mendelssohn, mit dem ihn später eine tiefe Freundschaft verbinden sollte, in seiner euphorischen Rezension als „Mozart des 19. Jahrhunderts“. Und genauso euphorisch geht das Trio Alba zu Werke: Voll jugendlichem Elan und virtuosem Esprit zaubert die junge Garde eine frische Mendelssohn-Deutung auf die Bühne einer Super Audio CD, die in ihrem mitreißendem Schwung rundum begeistert und auch einer Carnegie Hall gut zu Gesicht stehen wird.

Klaus Friedrich

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AUSGABE 2013/1

Musiker aus Deutschland, Österreich / Italien und China gründen 2008 während des gemeinsamen Studiums in Graz das Trio Alba – Sonnenaufgang – ein Name, der sich auf Schuberts Es-Dur Trio bezieht und schon bald die Richtung weisen sollte: Wettbewerbserfolge führten innerhalb kürzester Zeit zu Einladungen nach China, Italien, Deutschland, zum Lockenhausfestival nach Österreich und zuletzt in 2012 zu einer ersten Tournee nach Argentinien. Und vielleicht noch beeindruckender: diese erste Einspielung ist Ergebnis eines pfiffigen und erfolgreichen internatio­nalen Crowdfundings. Chapeau! www.trioalba.com


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Show Bizz, Easy-Going and Blue Notes Corinna Simon swingt Gershwin… … und begleitet den Amerikaner in Paris

www.corinna-simon-pianistin.de

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ut: Fred Astaire und Ginger Rogers schlendern, von ihren Hunden begleitet, in faszinierender Geschmeidigkeit übers Schiffsdeck. Wer hätte den Soundtrack zur unvergleichlich lässigen Bewegung dieser Superstars des amerikanischen Musikfilms besser komponieren können als George Gershwin! Den Film „Shall We Dance“ kann man heute nicht mehr so oft genießen. Umso erfreulicher, dass die Pianistin Corinna Simon das zauberhafte „Walking The Dog“ für Ihre Debüt-CD bei MDG ausgewählt hat, zusammen mit Evergreens und weniger Bekanntem aus Gershwins Feder. Da darf die großartige „Rhapsody in Blue“ natürlich nicht fehlen. Diese einzigartige Verbindung von Jazz und Kunstmusik spiegelt den kulturellen Schmelztiegel der USA der Golden Twentieths wider. Liszt und Debussy stehen Pate, aber die besondere Würze bringen die „Blue Notes“ – bis dahin unvorstellbar für ein

Werk, das mit symphonischem Orchester im Konzertsaal aufgeführt wurde. Die selten gespielte Solo-Klavierfassung hat Gershwin übrigens selbst einmal auf Lochstreifen eingespielt. Eigene Eindrücke aus Frankreich verarbeitete Gershwin in „An American in Paris“, und nicht nur das: Vier Taxihupen, ganz authentisch in Paris erstanden, fanden im brillant instrumentierten Orchesterpart Verwendung. Die Klavierfassung von Maurice C. Whitney kann bei aller virtuosen Brillanz ganz auf diese äußeren Effekte verzichten – eine spannende Reduktion auf die Substanz, für die Gershwin selbst mit seinem „Songbook“ ein Beispiel gab. Wie die Stücke im „Songbook“ sind auch die „Three Preludes“ hochverdichtete Klavierpoesie, in denen der sonst gern und stets ausufernd improvisierende Gershwin seine Fantasie auf das Wesentliche lenkt. So entsteht ganz große Musik, die Corinna Simon uns mit einigen völlig unbekannten Kostbarkeiten aus dem AUSGABE 2013/1

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Nachlass auf dem legendären – vielleicht sogar New Yorker – Steinway-Konzertflügel „Manfred Bürki“ in neuen Facetten aufleuchten läßt. Übrigens weit ab vom exaltierten Show Bizz, aber mit jenem unnachahmlichen Gefühl für das lässige Easy-Going, das den amerikanischen Swing so unwiderstehlich macht. Klaus Friedrich

George Gershwin: Rhapsody in Blue Klavierwerke Corinna Simon, Klavier MDG 604 1795-2


CLASS : aktuell

Liebeserklärung und Huldigung Yuval Rabin mit Mendelssohn Orgelwerken

Yuval Rabin

F

ünf Jahre wurden die Männer von Gersau zu harten Frondiensten herangezogen, ihre Frauen mussten Schmuck und Handarbeiten verkaufen, um die neue Kirche zu finanzieren. Und selbstverständlich leistete sich die Gemeinde – immerhin etwa 400 Jahre lang die kleinste Republik der Welt – dazu auch eine moderne Orgel. Liebevoll und kenntnisreich von der Firma Mathis restauriert, ist das frühromantische Instrument von 1813 jetzt erstmals neu und audiophil zu erleben – stilecht mit wundervollen Orgelwerken von Felix Mendelssohn Bartholdy. Orgelmusik spielt im Schaffen Mendelssohns eine besondere Rolle. Immer wieder sucht er auf seinen zahlreichen Reisen Kirchen auf, um selbst zu spielen, und natürlich ist immer Bach mit im Gepäck. Kein Wunder, dass der Leipziger

Übervater seine Spuren hinterlässt: Anklänge an Bachs Meisterwerke finden sich in zahlreichen Kompositionen Mendelssohns. Und doch gelingt ihm die eigene Note: Wie ein „Lied ohne Worte“ prägt eine zauberhafte Melodie das Präludium in G-Dur, und selbst seine Fugen sind von fan­ tasievollster Romantik durchdrungen. Bemerkenswert auch das Andante D-Dur: Als Variationssatz angelegt, entfernen sich die einzelnen Veränderungen immer weiter vom Thema, um am Ende noch einmal zum Ausgangspunkt zurückzukehren. In seinen Sonaten schließlich verbindet sich aufs Natürlichste Bach´sche Kontrapunktik mit genüsslich frühromantischer Melodienseligkeit. Yuval Rabin, ausgebildet in Haifa, Jerusalem und Basel, weiß die herausragenden Qualitäten von Mendelssohns Orgelwerken brillant vorzu-

stellen. Seine „Hommage à Mendelssohn“, basie­ rend auf Improvisationen über ein populäres jüdisches Lied zum Sabbat, schließt das fein ausgewählte und in bester 2+2+2-RecordingQualität aufgenommene Programm ab: Liebeserklärung und Huldigung zugleich! Klaus Friedrich

Orgel Musik aus Israel: Ernest Bloch: Six Preludes for Organ; Paul Ben-Haim: 7 Calmo (1966) Karel Salomon: Six Pieces for Organ based on traditional Hebrew liturgical tunes Shlomo Dubnov: Prelude. Largo; Aria I. Adagio; Fugue. Andante sostenuto Haim Alexander: De Profundis; Ostinato Yuval Rabin: Smirot; Récit de Cornet Yuval Rabin an der Mathis-Orgel, St. Martinskirche, Olten (CH)

Felix Mendelssohn Bartholdy: 3 Präludien und Fugen op. 37 Sonaten op. 65, Nr. 2 + 4 ; 3 Andante + Yuval Rabin, Hommage à Mendelssohn Yuval Rabin an der Braun / Mathis Orgel St. Marzellus Gersau (CH)

MDG 606 1072-2

MDG 906 1786-6 (Hybrid-SACD)

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AUSGABE 2013/1


CLASS : aktuell

Christoph Prégardiens & Michael Gees neue

Winterreise

in Ton und Bild

Corellimania Corelli, Mossi, Locatelli Geminiani, Vivaldi Concerti grossi Harmonie Universelle Florian Deuter Mónica Waisman ACCENT ACC24281

Verrückt nach Corelli Harmonie Universelle auf Spurensuche

N

eben Richard Wagner und Giuseppe Verdi gedenken wir 2013 noch eines bedeutenden Komponisten: Arcangelo Corelli (1653-1713). Nicht nur zu seinen Lebzeiten, sondern auch noch lange nach seinem Tod beeinflusste der Römer die Musik sowohl in seiner Heimat Italien als auch im übrigen Europa. Von einer veritablen „Corellimanie“ im 18. Jahrhundert zu sprechen, ist in diesem Zusam­men­hang sicherlich keine Übertreibung. In England, einer ausgewiesenen Hochburg der Corelli-Verehrung, stand man ganz im Bann des Komponisten und rümpfte z.B. über die ungeniert zur Schau gestellte Extra­va­ganz und Vir­ tuosität eines Antonio Vivaldi eher die Nase; in Deutschland schrieb Georg Philipp Telemann „Corellisierende Sonaten“, und in Frankreich lässt François Couperin ihn in seiner Sonate mit dem Titel „Le Parnasse, ou l‘Apothéose de Corelli“ zusammen mit Lully den selbstverständlich eigentlich nur französischen Komponisten vorbehaltenen Parnass erklimmen. Fast jeder Komponist, der im Barock seine obligatorischen Triosonaten als Op.1 veröffentlichte, wartete darin auch mit einem Satz Variationen über das „Follia“-Thema aus Corellis Sonaten Op.5 auf. Kurz: Corelli war bereits zu Lebzeiten der absolute Klassiker, als den wir ihn noch heute, dreihundert Jahre nach seinem Tod, schätzen. Daniel Deuter und das Ensemble Harmonie Universelle spüren auf ihrer CD „Corellimania“ anhand ausgewählter Werke dem Einfluss des Römers im Œuvre seiner italienischen Schüler und Zeitgenossen nach. Sie wagen hier aber auch ein ausgesprochen interessantes Experiment: Es liegen zeitgenössische Aufführungsberichte vor, die nahelegen, dass einige der Instrumentalwerke Corellis bei besonders festlichen Anlässen durch Trompeten und Posaunen verstärkt wurden. Für die drei hier ebenfalls eingespielten Concerti grossi in D-Dur aus Corellis Op.6 wurden entsprechende Stimmen rekonstruiert – mit einem verblüffenden und absolut überzeugenden Ergebnis. Bernhard Blattmann AUSGABE 2013/1

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FRANZ SCHUBERT Winterreise Christoph Prégardien, Tenor Michael Gees, Klavier 1 DVD-video

1 Blu-ray + 1 Audio-CD

1 SACD In einem hochwertiger Buch

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Christoph Prégardien und Michael Gees erkunden mit ihrer neuen Aufnahme von Schuberts Winterreise einen sogenannten “dritten Weg”. Erhältlich als Audio-SACD sowie als DVD-Video und Blu-ray Video (incl. einer 20-minütigen Dokumentation!) ab 28. März 2013.

Vertrieb für den deutschen Fachhandel: New Arts International - a Codaex & Challenge partnership Tel.: 0821-660 144 64 / Fax 0821-660 144 65 www.challengerecords.com Social media: facebook.com/ChallengeRecordsInt twitter.com/challengerec - youtube.com/ChallengeRecords


OPUS ARTE

DIE

EDITION

Quadro N uevo mit Orchester – ein besonderer Hörgenuss!

Artikel-Nr. OA1095BD

Die Sonder-Edition zum Wagner Jubiläum 10 Opern auf 25 DVDs in einem luxuriösen Boxset Der Fliegende Holländer De Nederlandse Opera Der Ring des Nibelungen Liceu Die Meistersinger von Nürnberg Glyndebourne Lohengrin Baden-Baden Parsifal Baden-Baden Tannhäuser Royal Danish Opera Tristan und Isolde Glyndebourne

Das erfolgreiche Weltmusik-Ensemble Quadro N uevo und das N DR Pops Orchestra reiten gemeinsam auf dem Fliegenden Teppich zum sagenumwobenen Ende des Regenbogens. Fast schon verklungene Lieder, die es wert sind vor dem Vergessen bewahrt zu werden, erklingen mit neuen Kompositionen der Musi­ker von Quadro N uevo zeitgemäß arrangiert im Zusammenspiel mit einem großartigen Orchester! Das NDR Pops Orchestra als eines der weltweit renom­miertesten Orchester spielt hier in großer Be­setzung unter Dirigent Enrique Ugarte, selbst auch Akkordeonist und Leiter des Baskischen N ational-Orchesters. Aufgenommen wurde dieses fantastische Album in der ausverkauften Radio-Philharmonie Hannover. Quadro Nuevo tourt seit 1996 durch die Länder der Welt und gab über 3000 Konzerte. Das Ensemble und ihre CDs erhielten zahllose Auszeichnungen (u.a. den Deutschen Jazz Award, den euro­ päischen Phonopreis Golden Impala und zwei­mal den ECHO Jazz als bester Live-Act des Jahres) und die CDs des Ensembles kletterten in die Top Ten der Jazz- und World Music-Charts. Ein Genuss für Weltmusik-Fans und Liebhaber des orches­tralen Abenteuers ohne Scheuklappen!

Diese außergewöhnliche Box vereint alle späteren Opern Wagners in Aufführungen der führenden europäischen Opernhäuser. Erleben Sie zahlreiche gefeierte Wagner-Interpreten wie Klaus Florian Vogt, Waltraud Meier, René Pape, Johannes Martin Kränzle, Matti Salminen oder Thomas Hampson und international geschätzte Dirigenten wie Hartmut Haenchen, Kent Nagano, Bertrand de Billy oder Vladimir Jurowski. Die Regisseure Harry Kupfer, Nikolaus Lehnhoff, David McVicar und andere beherzigten Wagners eigenen Grundsatz „Kinder, schafft Neues!“

www.opusarte.com Im Vertrieb von NAXOS Deutschland www.naxosdirekt.de FM 172

www.glm.de


CLASS : aktuell

Märchenhaft romantische Ideenwelt

Foto: © Stock-Müller, Freiburg

Ardinghello Ensemble verzaubert mit den Flötenquartetten von Danzi

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on Franz Danzi haben sich besonders die herausragenden Bläserquintette im Konzertleben erhalten. Zu Lebzeiten war er für seine Opern, Sinfonien und Konzerte berühmt, mit denen er den Zeitgenossen die Tür in fantastisches musikalisches Neuland aufstieß. Das mit historischen Instrumenten aufwartende Ardinghello Ensemble präsentiert mit drei Flötenquartetten einen hochinteressanten weiteren Aspekt seines Kammermusikschaffens, eine hochwillkommene CD, die Danzis Stil zwischen klassischem Formempfinden und schwärmerischem Ausdruck im vollkommenen Originalklang vorstellt. In Mannheim im Dunstkreis der weltberühmten Hofkapelle aufgewachsen, kam Danzi früh mit den modernsten musikalischen Strömungen in Berührung. Möglicherweise konnte er als Jugendlicher sogar Mozart beim Komponieren über die Schulter schauen – dessen Flötenquartette entstanden ja in Mannheim. Nach unterschiedlichen Tätigkeiten, unter Anderem – für seine Zeit außergewöhnlich – als freier Künstler, verbrachte er die letzten Jahre als Kapellmeister am Karlsruher Hof.

Aktuelle Konzerte Ardinghello Ensemble 10. 03. 2013 Alzey 28. 04. 2013 Alzey 11. 05. 2013 Freiburg 12. 05. 2013 Frankfurt 09. 06. 2013 Freiburg 25. 08. 2013 Frankfurt

mann lugt ums Eck. Bestens aufgehoben sind die Werke im Originalklang beim ArdinghelloEnsemble um den Flötisten Karl Kaiser, das sich dieser märchenhaften Ideenwelt der Romantik ganz besonders verbunden fühlt. Klaus Friedrich

www.ardinghello.com

Seinen zauberhaften Flötenquartetten liegt ein gemeinsames Konzept zu Grunde: Die ungewöhnliche Bandbreite an Ausdrucksformen lässt Wiederholungen oder auch nur Ähnlichkeiten zwischen den Werken gar nicht erst aufkommen. Da gibt es dramatische Opernszenen, mitreißende Konzerte, ein venezianisches Gondellied, herrlich düsterste Abgründe und liebliche Belcanto-Canzonen; Anklänge an die Volksmusik mit behäbigem Bordun und leierartigen Melodien wechseln mit überraschend widerborstigen Rhythmen… Aber auch der scherzhafte Spuk kommt nicht zu kurz: im Finale des dritten Quartetts wird die vordergründig schlichte Melodie oftmals witzig-virtuos unterbrochen – E.T.A. HoffAUSGABE 2013/1

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Franz Danzi: Flötenquartette op. 56 Karl Kaiser, Flöte Ardinghello Ensemble MDG 605 1791-2


Foto: Philadelphia Museum of Art

CLASS : aktuell

Richard Wagner fotografiert von Franz Hanfstängl (1804-1877)

Melba MR 301089, MR 301091, MR 301095, MR 301099

Im Schatten einer Heckenrose... Musicaphon M 56929

Wagner Spurenlese abseits des Mainstream

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m Jahr 2013 wird die Wagner-Literatur um einen weiteren Bücherturm anwachsen, keine Frage. Und auch auf dem Tonträgermarkt wird es natürlich nicht ohne Folgen bleiben, dass der Herr des Grünen Hügels in diesem Jahr auf seinen zweihundertsten Geburtstag zurückblicken könnte, so er denn noch lebte. (Da er genau 70 Jahre alt wurde, gibt es 2013 darüber hinaus also auch noch einen „glatten“ Todestag, wenn auch keinen besonderen.) Da liegt es nahe, mal zu schauen, ob Richard Wagner denn eigentlich nur bei den ganz großen Labels (die mit den ganz großen Stars) ein Thema ist, oder ob sich auch Independents

an diesen unbequemen, schwierigen Komponisten herantrauen. Und siehe da: sie trauen sich. Haben sich immer schon getraut, denn bei einer kleinen Rundreise durch diverse Kataloge stellt man fest, dass sie oft schon seit Jahren Wagner-Titel im Programm haben.

Darunter finden sich sogar ausgesprochene Schwergewichte, nämlich die großen Opern und sogar der größte Opernzyklus des Meisters: „Der Ring des Nibelungen“. Im Fall des australischen Labels Melba sind das sogar Schwergewichte im wahren Sinne des Wortes. Aufgeteilt auf die vier Abende (Das Rheingold, Walküre, Siegfried und Götterdämmerung),

Danacord DACOCD664

Magdalen METCD 8001

Es-Dur ES 2044 Romeo ROM7250

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AUSGABE 2013/1

IDIS330


www.CovielloClassics.de

CLASS : aktuell

Thomas Mann, 1937

der in Mehrkanal produziert wurde (Melba MR 301089, 301095, 301091 und 301099). Während man den Australischen Ring „nur“ hören kann, immerhin im Raumklang, kann man ihn auf einer Produktion des Labels Musicaphon zusätzlich auch mittels sieben DVDs sehen. Wagner hatte sein „Bühnenfestspiel“ ja für das eigens in Bayreuth erbaute Opernhaus konzipiert, und doch reicht der Werkzyklus dank seiner umfangreichen Rezeptionsgeschichte weit über Bayreuth hinaus. Eine besondere Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Hansestadt Lübeck, denn der wichtigste Vertreter der literarischen WagnerRezeption des 20. Jahrhunderts erhielt hier seine Motivation zur Beschäftigung mit Wagners Werken: Thomas Mann, dessen Elternhaus rückwärtig vom alten Lübecker Theater stand. In Lübeck kam anlässlich des Thomas-Mann-

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Aktuelle Neuheiten

R i c h a r d Wa g n e r

Albert Pesendorfer Jochen Kupfer Michael Putsch Michaela Maria Mayer Guido Jentjens Tilman Lichdi Staatstheater Nürnberg Chorus Staatsphilharmonie Nürnberg

Die Meistersinger von Nürnberg Director

Conductor Marcus Bosch David Mouchtar-Samorai

COV 81210

Jubiläums im Jahr 2005 die Idee zum einem spartenübergreifenden Projekt auf: „Wagner trifft Mann“, und in diesem Zusammenhang entstand die Opernproduktion zwischen 2007 und 2010 unter der musikalischen Leitung von Roman Brogli-Sacher und in der Regie von Anthony Pilavachi. Diese Produktion wurde von dem jungen Hamburger Filmteam Favo-Film auf­ gezeichnet (Ton: cybele AV-Studios), und herausgekommen ist dabei mal nicht die übliche „gefilmte Oper“, wie man das von unzähligen Produktionen kennt. Ganz unbeschwert ging das Produktionsteam die Aufgabe an mit dem Ziel, eine ganz eigene Geschichte zu erzählen. Beim Publikum, vor allem aber auch bei der Kritik wurde das zu einem überwältigenden Erfolg. Die Musicaphon-Produktion (M56929) wurde nicht nur mit dem „Jahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik“ ausgezeichnet, sondern auch mit dem „Echo Klassik 2012“ für die beste Opernproduktion. Nicht immer muss es der ganze „Ring“ sein, der zu Produktionen anregt. Sehr beliebt sind z.B. Sängerportraits unter Verwendung dieses Stoffes, sofern die Sängerin oder der Sänger sich halt als ausgewiesene(r) WagnerSpezialist(in) profiliert hat. Der dänische Sänger Poul Elming gehört in diese Kategorie. Begleitet vom Odense Symphony Orchestra unter der Leitung von Wolf-Dieter Hauschild singt er eine Wagner Gala mit Auszügen aus F dem „Rheingold“, der „Walküre“ und „Parsifal“ (Danacord DACOCD664). Auch die international bekannte Sopranistin Audrey Stottler hat so eine Gala vorgelegt mit Highlights aus der „Walküre“, „Götterdämmerung“ und „Tristan und Isolde“ (Romeo ROM7250). Auszüge aus der „Götterdämmerung“ sind auch auf einer Produktion des Hamburger Labels Es-Dur zu hören (ES 2044) unter dem schönen Titel „Divine“. Die Titelwahl ist die Folge der Idee zu dieser CD: es reizte den Dirigenten Jeffrey Tate, symphonische Werke zum Thema „Götter“ zusammen zu stellen. Und das führte zur Koppelung von Strawinskys „Apollon Musagete“ mit den von der Starsopranistin Deborah Voigt gesungenen Szenen aus der „Götterdämmerung“. Wagners Götter erleben und durch­leiden menschliche Tragödien und sind dadurch dem Untergang geweiht. Mit dem „Ring“ setzte Wagner ja neue musikalische Maßstäbe vor allem mit der Aufgabe der herkömmlichen Nummernoper. Stattdessen wird musikalisch durchkomponiert mit genauer Charakterisierung der Personen durch die

Die Meistersinger von Nürnberg Richard Wagner (1813-1883) Staatstheater Nürnberg Chorus Staatsphilharmonie Nürnberg Marcus Bosch, Dirigent David Mouchtar-Samorai, Regie Marc Schuetrumpf, Videoregie „Marcus Bosch gibt einen grandiosen Einstand in Nürnberg“ WDR Tonart 25.01.2012

Franz Danzi

O ver tures & Flute C oncer tos !NNIE ,AČAMME ORCHESTER LE PHÀNIX

COV 21305

Foto: Carl van Vechten © Library of Congress

sind diese Teile in wahrhaft opulenter Ausstattung erschienen, jede ein knappes Pfund schwer: Die je drei oder vier SACDs sind fast nur die Beilage zu weit über hundert Seiten umfassenden informativen Booklets, gefasst in mas­ sivem Bucheinband. Wiedergegeben wird eine Produktion der State Opera of South Australia. Asher Fisch, einer der aufstrebenden jungen Diri­gen­ten mit internationalen Karriere-Ambi­ tionen, leitet das Orchester der Oper in Sidney, und auch das Sänger­ensemble ist keineswegs auf Künstler beschränkt, die nur „down under“ bekannt sind. Als Herausgeber fungierte Dr. Douglas G. Mitchell, früherer Präsident der Swinburne University. Dieses Projekt setzte eine Marke noch in einer ganz besonderen Weise, denn es war der erste „Ring“ überhaupt,

Franz Danzi (1763 - 1826) Ouvertüren und Konzerte für Traversflöte und Orchester Annie Laflamme, Traversflöte orchester le phénix

i m E x k l u s i v - Ve r t r i e b b e i

note 1 music gmbh · Carl-Benz-Str. 1 69115 Heidelberg · Fon: (06221) 72 03 51 Fax: (06221) 72 03 81 · info@note1-music.com www.note1-music.com


CLASS : aktuell

Foto: © Deutsche Fotothek, Lithografie nach den Fotografien von Ludwig Angerer in Wien 1862

IDIS6500

IDIS6524

Dynamic CDS 217

Dynamic CDS 497 (CD) / CDS 33497 (DVD)

Leitmotivtechnik. Das entstehende symphonische Geflecht eignet sich besonders zu einer Wiedergabe im Konzertsaal. Deborah Voigt wird in den ausgewählten markanten Situationen begleitet von den Hamburger Symphonikern unter Leitung von Jeffrey Tate. Die schön aufgemachte Veröffentlichung im Digipack enthält nicht nur die CD, sondern zusätzlich eine DVD Video mit dem gesamten Konzert sowie Interviews mit Tate und Voigt. Das britische Label Magdalen, spezialisiert auf Wiederveröffentlichungen herausragenden Produk­ tionen, hat ein besonderes Schmankerl im Programm mit einer Produktion von 1956. Da dirigierte Rudolf Kempe die „Meistersinger von Nürnberg“ mit einer Solistentruppe, die sich liest wie das Who is who der damaligen Opernszene: Frantz, Frick, Neidlinger, Schock, Grümmer, Höffgen, Prey. Und begleitet wurden die von den Berliner Philharmonikern. Eine Produktion, über die in der Zeitschrift Gramophone zu lesen war: „Kempes Interpretation trägt zu seinem großen Ruhm bei: Ein wundervoll stimmiger, lebensbetonter Blick auf das Werk“ (Magdalen METCD 8001). Unter den vielen Wagner-Veröffentlichungen des italienischen Labels IDIS, ebenfalls historischen Aufnahmen verpflichtet, können hier nur einige genannt

werden, die ihrerseits selbst schon aus verschiedenen Gründen ein Stück Musikgeschichte geworden sind. Den Anfang macht die Produktion „Die ersten Wagner-Aufnahmen“ von Wilhelm Furtwängler. Er dirigiert da zwischen 1931 und 1936 in Bayreuth das Orchester der Bayreuther Festspiele bzw. in Wien das Orchester der Staatsoper. 1931 war Furtwängler erstmals nach Bayreuth eingeladen worden (IDIS330). Die Aufnahme unter der Katalognummer IDIS6500 handelt dagegen von Abschied, nicht von Aufbruch: am 4.4.1954 gab der achtundsiebzigjährige Arturo Toscanini sein letztes Konzert mit dem NBC Orchestra in New York. Ein denkwürdiger Abend; Toscanini diri­ gierte ein reines Wagner-Programm, unterbrach, über­ wältigt von seinen Gefühlen, mitten im „Bacchanal“ aus dem „Tannhäuser“ die Aufführung und musste schließlich vom Konzertmeister daran erinnert werden, dass danach noch nicht Schluss war, sondern noch das Vorspiel aus den „Meistersingern“ auf dem Programm stand. Das Konzert wurde von NBC in Stereo (!) mitgeschnitten. Schon zwei Jahre zuvor hatte Toscanini Abschied von der Mailänder Scala gefeiert – ebenfalls mit einem reinen Wagner-Programm, was zeigt, welchen immensen Stellenwert der Komponist für diesen Dirigenten hatte (IDIS6524).

Mariinsky MAR0527

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Profil

CLASS : aktuell

Edition Günter

Hänssler

Foto: © Bildarchiv Foto Marburg

NEUHEITEN

JOSEPH HAYDN . Klaviersonaten Ekaterina Derzhavina 9 CD PH12037

Bayreuth – Querschnitt des Festspielhauses Richard Wagner, 1871

Doch zurück zu neueren Produktionen. 1998 erschien auf dem italienischen Label Dynamic eine Liveaufnahme. Im Teatro Comunale in Cagliari war damals unter der Leitung von Gabor Ötvös „Die Feen“ zu sehen und zu hören, unter anderem mit Dagmar Schellenberger und Ulrike Sonntag. Es ist dies eine der ersten beiden Opern aus der Feder Wagners, geschrieben auf Carlo Gozzis Schauspiel „La donna serpente“ (die andere Jugendoper war „Das Liebesverbot“). Sie zeigt einen Wagner, der noch auf der Suche ist nach seinem Personalstil, der aber den späteren musikalischen Revolutionär schon sehr deutlich aufzeigt (Dynamic CDS 217). Leider stehen diese inte­ressanten Jugendwerke heute ganz im Schatten der großen späteren Produktionen Wagners. Unter diesem Aspekt eine besonders interessante Produktion. Richard Decker, Matthias Hölle, Wolfgang Schöne, Doris Soffel und Ulrich Dünnebach sind die Solisten in einem ganz anderen Sujet, dem viel später als „Die Feen“ entstan­ denen „Parsifal“, einem „geistlichen Drama“, wie Wagner es nannte. Genau 50 Jahre hat er an dem Stoff gearbeitet. 1832 hieß das Werk noch „Die Hochzeit“, bis 1882, ein Jahr vor seinem Tod, „Parsifal“ daraus geworden war. Das sind Ent­stehungszeiträume, die man in dieser Form sonst allenfalls von Giuseppe Verdi kennt. „Parsifal“ war ein ganz besonderer Meilenstein

in der Operngeschichte Wagners. Es ist sein letztes Bühnenwerk, und es nimmt wieder das Erlösungsmotiv auf, dass sein gesamtes Schaffen durchzieht: Durch völligen Verzicht auf Egoismus ist Parsifal zur Erlösung der gesamten Menschheit bestimmt. Und die gut vierstündige Oper ist von ganz besonderer musikalischer Schönheit. Claude Debussy bezeichnete „Parsifal“ als eines der schönsten Klangmonumente, das jemals zum unbeirrbaren Ruhm der Musik errichtet wurde. Zu überprüfen rein akustisch auf Dynamic CDS 497 und dazu auch noch optisch in der gleichen Produktion des Teatro La Fenice von 2006 auf der DVD-Veröffentlichung CDS 33497. Noch einmal zurück zum „Ring.“ Als das berühmte Mariinsky-Theater in St. Petersburg Anfang des 20. Jahrhunderts beschloss, die erste russische Produktion des „Ring“ zu ins­ zenieren, begannen sie auf Vorschlag des da­ maligen Chefdirigenten Eduard Naprawnik mit der seiner Ansicht nach interessantesten der vier Opern, der „Walküre“. Denn die mythologische Geschichte der Walküre handelt von Sterblichen, und die drei in der Oper geschilderten Schicksale sind von erkennbarer Lebens­ nähe. Siegmund und Sieglinde gehen gegen Sitte und Tradition eine eheähnliche Verbindung ein. Wotan verstößt seine Kinder und Brünnhilde lehnt sich gegen ihren Vater auf. Eine Oper, die erkennbar von Menschen handelt. Nun ist am

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JACQUES OFFENBACH „3 x Offenbach“: Die kleine Zauberfllöte Die Verlobung bei der Laterne . Die Insel Tulipatan Orchester der Deutschen Oper am Rhein . CARLOS KLEIBER 2 CD PH12066

JOHANNES BRAHMS . Ein deutsches Requiem Christiane Karg .Thomas E. Bauer . Schleswig-Holstein Festival Chor Lübeck kammerorchesterbasel . Rolf Beck CD PH13023

WOLFGANG SAWALLISCH EDITION Schubert – Forellenquintett, Notturno Mozart – Haffner-Sinfonie, Jupiter-Sinfonie Mendelssohn-Bartholdy – Der Elias Haydn – Die Jahreszeiten . Orff – Antigonae u. a. mit Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks Martha Mödl . Ruth Ziesak . Letizia Scherrer . Michael Volle 8 CD PH12041

Erhältlich im Fachhandel! Profil

Edition Günter

Hänssler

Profil Medien GmbH . Edition Günter Hänssler www.haensslerprofil.de

Vertrieb: NAXOS DEUTSCHLAND GmbH . www.naxos.de


CLASS : aktuell

Doron DRC 5009

Ambitus AMB97982

Hungaroton 31596

Originalfoto vom 9. Mai 1872, Wien

Foto: Fritz Luckhardt (1843-1894)

BIS-CD-530

Mariinsky-Theater eine neue Produktion dieses Werkes entstanden unter der musikalischen Leitung von Valery Gergiev mit Jonas Kaufman als Siegmund und Anja Kampe als Sieglinde. Nina Stemme singt die Brünnhilde, und die Rolle Wotans ist mit René Pape besetzt. Das Mariinsky-Theater hat mittlerweile sein eigenes Label, und so ist die Mehrkanalproduktion (SACD) er­ schienen unter der Bestellnummer Mariinsky MARO527. Wagner mal abseits der Opernbühne: da ist es besonders Wagner als Liedkomponist, der für „kleine“ Label interessant zu sein scheint. Immer wieder werden die „Wesendonck“-Lieder aufgenommen. 1857/58 komponierte Wagner fünf Lieder auf Gedichte von Mathilde Wesendonck. Selbige war Ehefrau eines wohlhabenden Seidenhändlers und Nachbarin des Ehepaars Wagner in Zürich, denn Richard und Minna wohnten in einer Villa, die besagtem Seidenhändler Otto Wesendonck gehörte. Wagner verliebte sich in die Ehefrau seines Vermieters – und entsagte. Im August des Jahres 1857 verreiste er schließlich nach Venedig, wo, wen wundert’s, DIE Oper über hoffnungs­ lose Liebe entstand: „Tristan und Isolde“. Parallel dazu also vertonte Wagner Mathildes Gedichte; die Musik zu zweien der Lieder findet sich auch in der Oper wieder. Wagner schrieb für Sopran und Klavier; nur das Lied „Träume“ schenkte er Mathilde 1857 zum Geburtstag in einer Orchester­fassung. Erst um 1890 wurden die übrigen vier Kompositionen vom Dirigenten Felix Mottl für großes Orchester gesetzt. Die Mezzosopranistin Rosemarie Lang hat die Lieder in dieser Orchesterfassung für das schwedische Label BIS aufgenommen; sie wurde begleitet vom Helsingborg Symphonieorchester unter der Leitung von Hans-Peter Frank (BIS-CD-530). Die originale Klavierfassung ist zu hören mit Cecile Zay und Olivier Sörensen am Klavier auf einer Produktion des Schweizer Labels Doron (DRC 5009) oder mit der Sopranistin Anne Schwanewilms und dem Pianisten Falko Steinbach auf Ambitus AMB97982. Dass Franz Liszt als begnadeter Pianist gern sich auch Werke anderer Meister zu eigen machte und für seinen Konzertgebrauch adaptierte, ist allgemein bekannt. Kaum ein Komponist des 19. Jahrhunderts war vor Liszts Zugriff sicher, der natürlich Musik auswählte, die in kompositorisch interessierte und darüber hinaus auf dem Klavier auch gut darzustellen war. Seine stilsicheren Adaptionen gehen oft so weit, dass mit seiner Klavierversion durchaus neue Aspekte ins Werk hinein kommen. Auch bei Richard Wagner hat er sich bedient, und das ist kaum verwunderlich, war Wagner doch nicht nur sein Freund, sondern auch sein Schwiegersohn. Der ungarische Pianist György Cziffra hat 1954 in Budapest eine Aufnahme mit solchen Paraphrasen und Transkriptionen Liszts gemacht, und darunter findet sich auch Wagners „Tannhäuser“.

Wiederveröffentlicht vom Label Hungaroton unter der Katalognummer 31596. Jahrzehntelang hat die Verehrung von Urtext und Originalklang solche Bearbeitungen aus dem Konzert­ saal verbannt. Doch noch Ende des 19. Jahrhunderts, als die Tonaufzeichnung in Gestalt der Schallplatte zwar gerade erfunden, aber noch nicht verbreitet war, war das ganz anders. Lebte man nicht in einer der Musik­ metropolen, so boten Transkriptionen oft die einzige Möglichkeit, neue Werke kennen zu lernen. Beethovens Symphonien z.B. wurden in der Klavierbearbeitung durch Franz Liszt populär. Auch der junge Max Reger, der im kleinstädtischen Weiden in der Oberpfalz aufwuchs, lernte nur auf diese Weise die Musik Richard Wagners kennen. Später hat er einen Großteil seiner knapp bemessenen Schaffenszeit selbst in den Dienst von Bearbeitungen gestellt. Sie wurden zum zentralen Bestandteil seines Selbststudiums, mit denen er Werke der Vorgänger weit gründlicher kennen lernte als durch theoretische Analysen. Als man im Verlag C. F. Peters in Leipzig das Wagner-Jahr 1913 heraufziehen sah, wurde Reger vom Verleger Hinrichsen beauftragt, WagnerBearbeitungen anzufertigen. Diesem Umstand sind also die grandiosen Bearbeitungen von Wagner-Opern für zwei Klaviere durch Max Reger zu verdanken, die Yukie Nagai und Dag Achatz auf BIS-CD-976 vorgelegt haben. Bevor wir nun aber endgültig in Ehrfurcht vor einem Komponisten erstarren, der die Oper revolu­ tioniert hat wie kein anderer vor ihm, lassen Sie uns mit einer ganz profunden Erkenntnis aus der Feder Rolf Vatkes enden: „Im Schatten einer Heckenrose stieg Siegfried aus der Reckenhose.“ A. Rainer

BIS-CD-976

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Im Blickpunkt

CLASS : aktuell Orchester und Konzert

Maurice André – Der Meister der Trompete Seine 39 großen Erfolge aus Jazz und Unterhaltung (Rhapsody in Blue; Revoir Paris, The Man I Love, Granada, Milord, Hummelflug, Plus je t’aime...) Maurice André, Trompete Orchestre Jean Faustin Indésens INDE015 (Erste Wieder­veröffentl. seit 50 Jahren)

Maurice André, der fraglos weltweit populärste Trompeter in den 60er bis 80er Jahren des 20. Jahrhunderts, der selbst viele große Karrieren angestoßen hat wie die von Wynton Marsalis, Eric Aubier, Håkan Hardenberger oder Mineo Sugiki, ist hier mit frühen Aufnahmen zu hören. Genauer: mit seinen allerersten Aufnahmen, die damit erstmals seit 50 Jahren wieder zugänglich sind. Es sind die Aufnahmen, die ihn sehr schnell berühmt machten.

Überraschend anders Inte­ressant: während er später vor allem mit virtuos gespielter Barock­ musik brillierte, ist er hier vorwiegend mit hochwertigem Jazz und transkribierten Chansons zu hören. Ein spannendes Album für jeden Sammler (selbst das Cover ist von besonderem Wert; das Bild des noch recht jungen Meisters wurde dem Produzenten dieser CD, Benoît d’Hau, exklusiv von der Familie Andrés zur Verfügung gestellt) und darüber hinaus – natürlich – ein exquisites Hörvergnügen.

Johannes Brahms (1833-1897) Symphonie Nr. 1 c-Moll op. 68 Liebeslieder-Walzer aus op. 52 u. 65 Ungarische Tänze Nrn. 1, 3, 10 Swedish Chamber Orchestra, Thomas Dausgaard BIS-SACD-1756

In ihrer viel beachteten Reihe „Ope­ ning Doors“ widmen sich Dausgaard und das Swedish Chamber Orchestra mit dieser SACD erstmals Johannes Brahms. Hauptwerk der Einspielung ist die 1. Symphonie, zu deren Vollendung Brahms, von Skrupeln und Selbstzweifeln behindert, geschlagene 20 Jahre brauchte. Immerhin hat sich die Arbeit gelohnt: sehr schnell wurde der Sympho­ nie der Spitzname „Beethovens Zehnte“ zuteil. Wieder gelingt es Dausgaard, mittels entschlackter Interpretation und schlanker, durchsichtiger Orchester­­be­ setzung neue Hörerlebnisse in ver­meint­ lich Altvertrautem zu ermöglichen.

Brahms auf Kur Der dänische Dirigent ist derzeit Chef des Swedish Chamber Orchestra und engagiert sich daneben in vielerlei Hinsicht und mit vielen Projekten für die musikalische Erziehung von Kindern. Wer die „Opening Doors“ kennen und schätzen gelernt hat, darf sich schon mal auf Tschaikowski und Wagner freuen – die will sich Dausgaard auch noch vornehmen…

Francis Poulenc Stabat Mater Les Biches Marlis Petersen, Soprano SWR Vokalensemble Stuttgart; NDR Chor; Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR, Stéphane Denève

Wolfgang Amadeus Mozart Klavierkonzert Nr. 19 F-Dur K459 Klavierkonzert Nr. 23 A-Dur K488 Ronald Brautigam, Fortepiano Die Kölner Akademie, Michael Alexander Willens

hänssler CLASSIC 093.297

In nur zwei Jahren, zwischen 1784 und 1786, schrieb Mozart nicht weniger als 12 Klavierkonzerte. Als das fröhlichste, unbeschwerteste unter ihnen wird oft das Konzert F-Dur KV 459 genannt, gelegentlich auch als „zweites Krönungskonzert“ bezeichnet. Dies des­ halb, weil Mozart es 1790 zusammen mit dem „echten“ Krönungskonzert während der Feierlichkeiten zur Krönung Kaiser Leopolds in Frankfurt am Main spielte (letzteres hat Ronald Brautigam im Rahmen dieser Reihe auch schon eingespielt). Kombiniert wird das Konzert Nr. 19 auf dieser vierten Aufnahme der Klavierkonzerte mit dem A-Dur-Konzert KV 488, im März 1786 fertiggestellt. Das war die Zeit, als Mozart gerade letzte Hand an die Partitur von „Figaros Hochzeit“ legte.

Stéphane Denève, der neue Chef­ dirigent des Radio-Sinfonieorchesters Stuttgart des SWR, legt mit der ersten CD-Aufnahme seit seinem Amtsantritt eine durchdachte und außergewöhnlich treffende Charakterisierung des französischen Komponisten Francis Poulenc vor.

Erotischer Reigen Poulenc war beides: Mönch und Strolch, tief gläubig einerseits, andererseits aber mit Sinn für die frag­ würdigen Seiten des Lebens. Diese zwei Seiten seiner Persönlichkeit spiegeln sich in dem Programm dieser CD auf’s Schönste wider. Zum einen ist da das frivole Ballett „Les Biches“, geschrieben Anfang der 1920er Jahre für Serge Diaghilev. Ein erotischer Reigen, in dem drei Herren 16 Damen begegnen – neben, auf oder hinter einem fliederfarbenen Sofa. Hier erklingt die vollständige Fassung mit den drei Abschnitten für Chor. Zum anderen ist da das Requiem für Sopran, gemischten Chor und Orchester für den Maler Christian Bérard – geschrieben auf den Text des Stabat mater, jene bewegenden Verse aus dem Mittelalter, in denen Maria ihren Sohn beweint. Die Einspielung vol­ler Charme, Klangsinnlichkeit und Eleganz macht Lust auf kommende Aufnahmen des renommierten Orchesters unter seinem neuen Chefdirigenten.

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BIS-SACD-1964

Nur vom Besten Es ist eines von nur drei Konzerten, in den Mozart Klarinetten einsetzt, was natürlich eine von den übrigen Konzerten sehr verschiedene Klangfarbe zum Ergebnis hat, insbesondere in dem zauberhaften langsamen Satz. Mozart hielt sehr viel von dieser Komposition und bezeichnete sie als eine seiner besten.


Im Blickpunkt

CLASS : aktuell Orchester und Konzert Maurice Ravel Sämtliche Werke für Violine und Klavier Lena Neudauer, Violine Julian Steckel, Violoncello Paul Rivinius, Klavier hänssler CLASSIC 098.002

Geige in Blues Lena Neudauer im Gespräch mit Gabriele Luster über ihre neue Ravel-Einspielung: Auf Ihre neue CD haben Sie Raritäten aus dem üppigen Geigen-Repertoire gepickt: Alle Werke für Violine und Klavier von Maurice Ravel. Wie kam es zu dieser aparten Werkschau?

Lena Neudauer: Ravel hat mich schon immer fasziniert. Zunächst entdeckte ich seine farbige Klangwelt in den Klavier- und Orchesterwerken, erst später dann in denen für die Violine… Natürlich kannte und spielte ich seine „Tzigane“, aber die Sonaten waren eine wirkliche Entdeckung für mich. Außerdem wollte ich mit einer Gesamtaufnahme der Werke für Violine und Klavier eine Repertoirelücke schließen. Neben der ersten und der letzten Violin-Sonate, sind auf der CD auch die für Violine und Cello, sowie „Tzigane“, „Habanera“ und „Berceuse sur le nom de Gabriel Fauré“ zu hören. Welche Besonderheiten bergen etwa die frühe und die späte Sonate?

Die erste einsätzige Sonate des 22jährigen Ravel atmet noch Jugendcharme und pure Klangwelt. Sie kommt noch ohne skurrile Momente und Ironie daher. In seiner letzten Sonate tauchen schon im ersten Satz immer wieder rhythmische Stör-Elemente auf, die die Linie durchkreuzen. Und der Blues im zweiten Satz sprengt dann wirklich den Rahmen. Wie spielt man auf der Geige einen Blues?

Mit blutigen Fingern! Und mit Blasen! Denn man muss beim Pizzicato wirklich reinhauen und das ist sehr schmerzhaft. Da habe ich wie eine Opernsängerin bei den Proben oft nur markiert… Führte die Beschäftigung mit Ravel Sie auch über das Studium der Noten hinaus?

Georg Philipp Telemann (1681-1767) Ouvertures pittoresques Arte dei Suonatori, Martin Gester BIS-SACD-1979

Während seiner langen, produktiven und erfolgreichen Komponistenkarriere hat Telemann immer wieder auf die Form der französischen Orchester­suite zurückgegriffen (die begeisterte ihn so sehr, dass er an die 1.000 Werke in diesem Genre schuf; 126 davon sind noch erhalten). Und er entwickelte eine Variante, auf die er besonders stolz war: Die „Ouverture pittoresque“, die in besonderer Weise geistreiche und witzi­ge Tonmalerei und Charak­te­ri­­ sierun­gen gerade auch von Personen erlaubt. „Niemand malt mit festerem Pinselstrich als Telemann“, hieß es bei seinen Zeitgenossen.

Folkloristisch angehaucht Um die Palette noch zu erweitern, baute der Komponist Elemente der Volksmusik, insbesondere der polnischen, in sein stilistisches Konzept ein. Insofern ist das 1993 ge­gründete polnische Barockorchester „Arte dei Suonatori“, das zusammen mit dem französischen Dirigenten, Or­ga­nis­ten und Cembalisten Martin Gester bereits überaus erfolgreich Händels Concerti grossi auf BIS vorgelegt hat, besonders zur Wiedergabe dieser frischen, unterhaltsamen Musik qualifiziert.

Ja, ich habe einiges über ihn gelesen, um in seine Welt einzutauchen. Dabei habe ich entdeckt, dass er als Person offenbar schwer zu fassen war, eher unnahbar. Das macht ihn für mich nur noch interessanter. Seine Marotte, Kitsch, Kuriositäten und Fälschungen zu sammeln, findet für mich eine Entsprechung in seiner Musik: Er hat sich ja in der Weltmusik bedient, da und dort etwas gefunden, das er dann zu Eigenem verarbeitete. Ich hätte Ravel zu gern kennengelernt. Wer sind Ihre Kammermusikpartner bei dieser Ravel-CD?

Der Pianist Paul Rivinius, bei dem ich mich sehr gut aufgehoben fühle, und der Cellist Julian Steckel. Wir haben als Trio schon öfter live zusammen gespielt und tun dies mit größter Freude. Die beiden waren meine Wunschpartner für dieses Projekt.

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Henri Tomasi – Musik für Blechbläser Concerto pour trompette (1948) Concerto pour trombone (1956) Les noces de cendres (1952) Suite pour 3 trompettes (1964) Eric Aubier, Trompete Fabrice Millischer, Posaune Orchestre d’Harmonie de la Garde Républicaine, François Boulanger, Sébastien Billard Indésens INDE050

Das Programm dieser CD illustriert Tomasis künstlerische Entwicklung, sei­ ne Fortschritte auf dem Weg zu einer leichten, lichten Kompositionsweise wie auch zu einem zutiefst mensch­lichen Lyrizismus. Tomasis Über­zeu­gung nach liegt die Kraft des Menschen in seiner Liebe zur Humanität, trotz aller Fehltritte. Die musikalische Entwicklung Tomasis spiegelt seine vielfältigen biographischen Erfahrungen. Er begann als Pianist in Cafés, Kinos und Bordellen, leitete ein Radio-Colonial-Orchester in Indochina, war im 2. Weltkrieg Militärkapellmeister und übernahm schließlich die Leitung des Orchestre National de France, wurde schließlich Opern­ direktor. Sein heute wohl bekanntestes Werk, das Trompetenkonzert, schrieb er 1948. Die Konzerte erklingen hier in einer Fassung für großes Bläserensemble und in dieser Form als Ersteinspielung.

Lyrisch und leicht Eine Aufnahme, die natürlich auch von den großen Namen des Trompeters Aubier und des in Deutschland sehr bekannten Posaunisten Millischer lebt. Der 1985 geborene Posaunist, Preis­ träger des ARD-Wettbewerbs, unterrichtet seit 2009 an der Musikhochschule Saar­brücken. Und er ist Erster Posaunist der Deutschen Radiophilharmonie Saarbrücken-Kaiserslautern. Was vielleicht nicht so bekannt ist: neben der Posaune widmet sich Millischer auch dem Violoncello – die Tenorinstrumente sind halt seine Welt.


Im Blickpunkt

CLASS : aktuell Lied

Trollfågeln – der Zaubervogel Traditionelle und neue nordische Volksmusik, arrangiert und komponiert von Emilia Amper Emilia Amper, Nyckelharpa und Gesang Johan Hedin, Nyckelharpa Anders Löfberg, Violoncello Dan Svensson, Percussion, Gitarre, Gesang Olle Linder, Percussion, Gitarre Helge Andreas Norbakken, Percussion Streicher der Trondheim Soloists BIS-SACD-2013

„Beschriebene Musik ist wie ein erzähltes Mittagessen“, soll Franz Grillparzer einmal gesagt haben. Im Fall dieser Neuproduktion trifft das allemal zu. Diese Musik muss man gehört haben, die kann man kaum beschreiben. Und sie dürfte nahezu jede Hörerin, jeden Hörer in ihren Bann ziehen, die oder der sich vorurteilsfrei auf diese Musik einlässt. Emilia Amper, die sich ganz offiziell „Weltmeisterin im Nyckelharpa-Spiel“ nennen darf, kombiniert in einzigartiger, sehr persönlicher Weise alte skandinavische Volksmusik mit eigenem Stil und schafft so etwas gänzlich Neues, Zeitgenössisches, das sich jeglicher Einordnung entzieht. Postmodern? Esoterisch? Folksong? Von allem ein bisschen… Der Zauber dieser SACD beruht natürlich auch auf dem eigentümlich herben Klang der Nyckelharpa.

Einfach zauberhaft Die wirkt wie eine Kreuzung aus Geige und Drehleier, und so etwa klingt sie auch. Es ist ein Instrument, das Mitte des 20. Jahrhunderts schon ausgestorben schien, sich mittlerweile aber in Skandinavien wieder großer Beliebtheit erfreut.

Francis Poulenc Mélodies 2 Lieder nach Gedichten von Paul Eluard und Louise de Vilmorin Holger Falk, Bariton Alessandro Zuppardo, Klavier MDG 603 1776-2

„Erst durch Ihre Musik habe ich meine Gedichte wirklich verstanden“ schreibt Éluard, während Poulenc erst durch Éluard gelernt hat, die tiefsten Geheimnisse seiner Persönlichkeit auszudrücken. Welch glückliche Symbiose die Werke der beiden eingingen, lassen Holger Falk und Alessandro Zuppardo mit der wunderbaren neuesten Folge ihrer Poulenc-Reihe nun hautnah erleben.

Anastasia

Injushina

Klavier

Symbiose, Passion und Liebe Den Surrealisten war die Verbindung von Wort und Musik – mit Blick auf Wagner – eigentlich äußerst verdächtig. Aber schon die erste Zeile „Tu vois le feu du soir“ zerstreut alle Zweifel: Selten bilden Musik und Poesie eine so überzeugende Einheit. Éluard beschwört gewaltige Bilder – da gibt es eine Feder aus klarem Wasser, süße Wälder, einen Löwen, der von einem Vogel beherrscht wird, der wiederum eine Wolke weggewischt hat – , die zum schönsten gehören, was die französische Sprache hervorgebracht hat. Und Poulenc bettet diese Bilder auf ein Tastenspiel aus reiner Klarheit, das ihren betörenden Glanz erst richtig in Szene setzt. Mit schlankem Bariton, einem untrüglichen Gespür für die zartesten Nuancen in Dichtung und Komposition und perfekter Sprachbeherrschung ist Holger Falk ein Glücksfall für die Musik Poulencs. Durch das feinsinnige Spiel Alessandro Zuppardos, das die Stimme mehr beleuchtet als begleitet, wird deutlich, dass die beiden sich strikt an Poulencs Interpretationsvorschrift gehalten haben: „Analysieren Sie meine Musik nicht – lieben Sie sie!“

ODE 1224-2

Weitere Informationen und ein Video zur Entstehung der CD finden Sie auf www.anastasiainjushina.com www.ondine.net

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Anastasia Injushina, bekannt für ihre poetische und sensible Kunstfertigkeit, spielt auf ihrem Debütalbum einige der schönsten Klavierkonzerte von Johann Sebastian Bach und seinen Söhnen Carl Philipp Emanuel und Johann Christian. Zusammen mit der Hamburger Camerata und Ralf Gothóni präsentiert sie eine überwältigende Einführung in diese fantastische Musik.

Im Vertrieb der NAXOS Deutschland GmbH.


Im Blickpunkt

CLASS : aktuell Chor

Oper

CCS SA 32213

Frühjahrs-Neuheiten bei Channel Classics

BRITTEN Amsterdam Sinfonietta, Candida Thompson Barbara Hannigan, James Gilchrist, Jasper de Waal

CCS 34613

Großartiges Geschenk zu Brittens Geburtstag 2013 mit herausragenden Musikern

HAYDN, SCHUBERT, WIDMANN Ragazze Quartet

CCS SA 34113

Faszinierendes Debüt des vielseitigen Streichquartetts aus den Niederlanden

J.S. BACH Brecon Baroque, Double & Triple Concertos Rachel Podger Rachel Podgers umwerfende Interpretation von Bachs Doppel- und Tripelkonzerte

Vertrieb für den deutschen Fachhandel: New Arts International - a Codaex & Challenge partnership Tel.: 0821-660 144 64 / Fax 0821-660 144 65

I Was Glad – Geistliche Werke von Charles Villiers Stanford: Magnificat; Nunc dimittis Hubert Parry: Coronation Te Deum; Blest pair of Sirens; I was glad; Jerusalem Carolyn Sampson, Sopran David Wilson-Johnson, Bass Choir of the King’s Consort The King’s Consort, Robert King Vivat VIVAT101

„Für alle, die schon in der Kindheit die großen Chorwerke der englischen Romantiker gesungen haben, ist es immer eine große Freude, wenn im Gottesdienst die Musik von Charles Villiers Stanford und Hubert Parry auf dem Programm steht. Es ist dies nicht nur sehr sangbare Musik, sondern sie ist zudem wunderschön gearbeitet, abwechslungsreich und sehr einprägsam“ (Robert King). Für diese Ein­ spielung hat Robert King ausführlich recherchiert und dabei unter anderem entdeckt, dass Stanford für sein berühmtes Magnificat ein herrliches Harfensolo geschrieben hat.

Nicht nur für Traditionalisten Besonde­rer Wert wurde darauf gelegt, dass das Orchester Instrumente aus der Ent­stehungszeit der Werke verwendet und dass die große Orgel der Kathedrale zu Hereford live mit aufwendigster Hard- und Software authentisch aufgenommen werden konnte. Diese Einspielung erscheint bei einem neuen britischen Label, das sich vorwiegend der großen englischen Chor­ tradition verpflichtet fühlt. Robert King gründete „Vivat“ aber nicht nur, um seinen eigenen Interpretationen ein Forum zu bieten, sondern wird in Zukunft auch anderen Künstlern Raum geben.

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Leonardo Vinci (1690-1730) La Partenope (La Rosmida fedele) Prina, Schiavo, Ercolano, Tufano, Ferrari, do Santos I Turchini di Antonio Florio, Antonio Florio Regie: Gustavo Tambascio Dynamic CDS33686 (2 DVD Video)

Parthenope „mit dem Mädchengesicht“ war eine der drei Sirenen, die Odysseus besiegte. Im Libretto dieser Oper ist sie eine griechische Prinzessin, die eine nach ihr benannte Stadt gründete und erfolgreich gegen ihre kriegerischen Nachbarn verteidigte. Viele Komponisten des 18. Jahrhunderts haben diesen Stoff vertont (Caldara, Hasse, Händel, Vivaldi) – der Partheno­pe-Mythos war sehr populär. Vincis Ruhm als Komponist musikalischer Lustspiele hatte ihm die Möglichkeiten eröffnet, auch ernste Opern zu schreiben. Und auch mit seinen opera seria hatte er große Erfolge; so erhielt er Aufträge auch für auswärtige Bühnen, insbesondere Rom und Venedig. Nach dem Tod von Alessandro Scarlatti wurde Vinci 1725 dessen Nachfolger als Pro-Vicemaestro der Königlichen Hofka­pelle in Neapel.

Eine wieder­entdeckte Sirene Nach über 300 Jahren ist diese Vertonung der Parthenope-Geschichte durch Vinci von Antonio Florio wieder entdeckt und in eine opulente, farbenreiche Pro­duktion umgesetzt worden. Kein Aufwand wurde ge­scheut: Es wurden die Szenen, Ballette und sogar die Schlachtszenen des 18. Jahrhunderts nachgestellt. Kein Wunder, dass diese Inszenierung mit dem „Premio Oviedo“ für die beste Opernproduktion ausgezeichnet wurde.

AUSGABE 2013/1


Im Blickpunkt

CLASS : aktuell Kammermusik

Mit dieser CD stellt das Trio Martinu˚ zwei Kompositionen vor, die stilistisch ziemlich weit auseinander liegen und doch zu den beliebtesten Werken im Repertoire des Trios gehören. Das Trio Martinu˚ ist derzeit eines der meist­ gefragten europäischen Ensembles. Lang­jährige Zusammenarbeit und Pro­ fes­sio­nalität seiner Mitglieder gewähr­ leisten sowohl bei Aufnahmen als auch in Livekonzerten höchste Qualität, und die außergewöhnliche Interpretation durch das Trio Martinu˚ fasziniert seine Hörer immer wieder aufs Neue. Das Ensemble verfügt über ein umfang­ reiches Repertoire und kann deshalb die Forderungen eines breiten Publikums weltweit erfüllen.

Verdienstvoll Die Trio-Mitglieder sind nicht nur hervorragende Kammermusiker, sondern auch brillante Solisten, die regelmäßig zur Zusammenarbeit mit vielen hervorragenden Künstlern auf dem Gebiet der klassischen Musik einge­ laden werden. Von ihrem Talent konnten sich Musikliebhaber in fast ganz Europa, Japan, den USA, in Südame­ rika und Afrika überzeugen. Höhepunkt der letzten Tournee des Martinu˚ -Trios war sein äußerst erfolgreiches Konzert in der Mushasino Hall in Tokio. Großartigen Auffüh­ rungen folgen immer neue Einladungen, auf bedeutenden Podien aufzu­ treten: Holland (Doelen in Rotterdam, Vredenburg in Utrecht), Frankreich (Theatre Chatelet in Paris). Deutschland, Spanien, die Schweiz und viele andere Länder.

R SONDEOT B ANGE

Claves CLA50-1207

Als Svendsen sein Studium in Leipzig abschloss, riskierte er alles: Sein Gesellenstück, das Oktett op. 3, hatte er komponiert und aufgeführt, bevor sein Kompositionslehrer Reinecke auch nur eine Note davon zu sehen bekam. Das Examenskonzert am 9.5.1866 wurde ein triumphaler Erfolg: „Vier Vorhänge“ für den Komponisten, 1. Preis des Konservatoriums, Verlagsvertrag mit Breitkopf & Härtel und weitere weltweite Aufführungen.

Gewagt und gewonnen Max Bruch dagegen schrieb sein Oktett erst mit 83 Jahren, und bekannt wurde es überhaupt erst 1996, über 70 Jahre nach seinem Tod. Auch dies ein über­ra­gendes Meisterwerk: In Anlehnung an Mendelssohns Oktett entfaltet Bruch alle klanglichen Mög­ lichkeiten dieser Besetzung. Die „Tharice Virtuosi“ sind ein Streicherensemble, in wechselnder Be­ setzung zusammengesetzt aus hervorragend ausgebildeten Solisten, das durch Virtuosität, instrumentale Perfektion und Spielfreude überzeugt. Im Ensemble finden Musiker zusammen, die weltweit solistisch, kam­mer­musi­ kalisch oder in führenden Posi­tionen in renommierten Orchestern und an Hochschulen tätig sind. Jeder einzelne Musiker trägt mit seinem individuellen Ton, seiner persönlichen Farbgebung und Virtuosität zu einem beeindrucken­ den Ensemble-Erlebnis bei.

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CDA 67901/2 • 2 CD set

Musicaphon M56935 Liveaufnahmen

Streichoktette Johan S. Svendsen (1840-1911) Oktett A-Dur op. 3 Max Bruch (1838-1920) Konzert für Streichoktett B-Dur op. posth. Tharice Virtuosi

J.S. BACH: St. John Passion Orchestra of the Age of Enlightenment & Polyphony / Stephen Layton Ian Bostridge: Evangelist & Tenor, Neil Davis: Jesus & Bass

Mit Ian Bostridge als ergreifender Evangelist

JohN

PASSION Johann Sebastian Bach Reconstruction of Bach’s Passion Liturgy

Dunedin Consort John Butt

KD 419 • 2 CD set

Klaviertrios Tschaikowski: Trio a-Moll op. 50 Martinu˚ : Trio Nr. 2 d-Moll (1950) Trio Martinu˚

ZWEI NEUE HOCHKARÄTIGE JOHANNESPASSIONEN !

J.S. BACH: John Passion sung within a Reconstruction of Bach’s Passion Liturgy Dunedin Consort / John Butt , Nicholas Mulroy: Evangelist & Tenor Matthew Brook: Jesus & Bass

Liturgische Gesänge: University of Glasgow Chapel Choir / James Grossmith Fassung mit den liturgischen Gesängen der Passionszeit

Vertrieb für den deutschen Fachhandel: New Arts International - a Codaex & Challenge partnership Tel.: 0821-660 144 64 / Fax 0821-660 144 65


Im Blickpunkt

CLASS : aktuell Kammermusik

SCARLATTI Illuminated Joseph Moog ONYX 4106

Einleuchtende Kombination von Originalwerken und deren romantische Transkription

PROKOFIEV The War Sonatas 6/7/8 Denis Kozhukhin ONYX 4111

Amaryllis Quartett – Red Alban Berg Streichquartett Op. 3 (1909/10) Ludwig van Beethoven Streichquartett in cis-Moll, Op. 131 (1826) Gustav Frielinghaus, Lena Wirth, Violine Lena Eckels, Viola Yves Sandoz, Violoncello Genuin classics GEN 13261

Einfach nur RED nennt das Amaryllis Quartett seine neue CD und setzt zwei höchst unterschiedliche Werke in Beziehung zueinander: Beethovens spätes Quartett in cis-Moll op. 131 und das noch unter der Obhut seines Lehrers Arnold Schönberg entstan­dene Quartett op. 3 von Alban Berg. Die Gegenüberstellung der Ersten und der Zweiten Wiener Schule beschäf­tigte das Amaryllis Quartett bereits auf seiner ersten CD. Hier schlugen sie ganz besondere Funken aus der Kombination von zwei Haydn-Quar­ tetten und Anton Weberns Fünf Sätzen op. 5.

Aufbruch

Shootingstar Kozhukins Plädoyer für Pokoffievs Klaviermusik

WIENAWSKI CONUS Fantasia Appasionata Soo-Hyun Park Deutsche Staatsphilharmonie Nicholas Milton

Die späten Quartette des tauben Beethoven scheinen nicht mehr in seiner Zeit beheimatet: Sie weisen in ihrer Zerrissenheit und Brüchigkeit in andere Welten – in künftige und transzendente. Gerade deshalb macht es Sinn, sie in reizvollem Kontext neu zu befragen. Ein Aufbruch zu Neuem, wie Beethoven ihn in seinen letzten Quartetten vollzog, markiert auch die Ent­ stehungszeit des Berg-Quartetts. 1910 geschrieben, 1924 vom Komponisten noch einmal überarbeitet, steht es an der Schwelle zur Moderne.

ONYX 4109

Soo-Hyun Park (Preisträgerin 2012 in Gstaad) mit einem virtuosen und einfallsreichen Programm

Vertrieb für den deutschen Fachhandel: New Arts International - a Codaex & Challenge partnership Tel.: 0821-660 144 64 / Fax 0821-660 144 65

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Niccolò Paganini (1782-1840) 24 Caprices op. 1 Dóra Seres, Flöte Hungaroton HCD32724

Wer sich gern dabei ertappen lassen will, dass ihm/ihr beim Musikhören vor Staunen die Kinnlade herunter fällt, der/die mache sich doch bitte das Vergnügen, diese CD anzuhören. Dóra Seres hat die ja eigentlich für die Violine geschriebenen Capricen für ihr Instrument in höchst kunstvoller Weise adaptiert und kann sich dank ihrer stupenden Technik Kunststücke erlauben, die einen wirklich fassungslos machen. Über alle technischen Schwierigkeiten dieser Bra­ vourstücke setzt sie sich mit müheloser Leichtigkeit hinweg. Dabei hat die Virtuosität nie den Anschein des Selbstzwecks, sondern steht im Dienst der Sache, des spezifischen Charakters jedes einzelnen Satzes.

Mit Bravour Einen kleinen Eindruck gibt‘s auf YouTube zu hören (bitte die Werbung für diesen Verein zu verzeihen). Derzeit ist Dóra Seres Soloflötistin beim Danish Radio Chamber Orchestra sowie Mitglied beim däni­schen Bläserquintett Carion und dem Kube En­ semble in Kopenhagen. In Szombathely (Ungarn) wurde sie geboren, studierte von 1998 bis 2002 an der Franz Liszt Musikakademie bei Lorant Kovacs und setzte ihr Studium anschließend an der Hochschule für Musik und Theater in München bei Andras Adorjan fort. Meisterkurse besuchte sie bei Emmanuel Pahud, Auréle Nicolet, William Bennett und Paula Robison. Wer Seres mit dieser Interpretation gehört hat, wird feststellen, dass sich diese Ausbildung bei den großen Namen mehr als ausgezahlt hat.

AUSGABE 2013/1


Im Blickpunkt

CLASS : aktuell Kammermusik

Charles-Marie Widor Klaviertrios Trio op. 19 Soirs d’Alsace op. 52 4 Trio (1890) Trio Parnassus MDG 303 1794-2

Organist, Komponist, Autor, Kritiker, Lehrer – Charles-Marie Widor besaß viele Talente, und er war in seinem langen Leben mit allen äußerst erfolgreich. Die herausragende Qualität seiner heute fast gänzlich unbekannten Kammermusik führt uns das stets entdeckungsfreudige Trio Parnassus mit seiner neuesten Einspielung vor Ohren.

„au goût français“ Schon das Klaviertrio, sein erstes veröffentlichtes Kammermusikwerk, lässt die Begeisterung des Gründerzeitpublikums in den Pariser Salons nacherleben. Man höre nur einmal das träumerischliedhafte Andante con moto, oder das wild-virtuose Scherzo! Der rhapsodische Beginn zeugt bei aller Beachtung der Konvention von selbstbewusstem Perso­ nalstil und macht das fantasievolle Werk unverwechselbar. Die „Humoresque“ aus den „Quatre Trios“ hält, was der Name verspricht, und im „Nocturne“ schmach­ tet das Cello, dass es das Herz zerreißt... Immer wieder überrascht das Trio Parnassus mit unerwarteten Entdeckun­ gen. Nach Lalo, Chausson und Godard ist dies bereits der vierte Ausflug in ein nahezu unbekanntes Frankreich, und die drei Vollblutmusiker verstehen es, uns mit kraftvoll-virtuosem Spiel weit abseits jeder Pauschalreise fantastische neue Horizonte zu eröffnen. Bravi!

Klaviermusik

Edvard Grieg (1843-1907) Klavierwerke Mozarts mit frei hinzukomponierter Begleitung eines zweiten Klavieres. Sonaten F-Dur KV 533, c-Moll KV 457, C-Dur KV 545, G-Dur KV 283, Fantasie c-Moll KV 475 Jimin Oh-Havenith, Klavier Raymund Havenith, Klavier

Live in Warschau Frédéric Chopin: Barcarolle op. 60, Mazurka op. 41/1 & op. 50/3, Walzer op. 18 & op. 54/3 Franz Schubert: Deutsche Tänze D. 790 Claude Debussy: La plus que lente, L´isle joyeuse Alexander Scrjabin: Walzer op. 38 Franz Liszt: Petrarca Sonette & Mephisto Walzer Evgeni Bozhanov, piano

Musicaphon Reflections M51818

Profil PH12015

Die Griegsche Bearbeitung von vier Klaviersonaten Mozarts durch Hinzufügung eines zweiten Klavierparts stellen ein hochinteressantes Dokument romantischer Mozart-Rezeption dar. Was für uns heute fast wie ein Sakrileg wirkt, war für Grieg eine selbstverständliche Auseinandersetzung mit einem Kom­ ponisten, dessen Sprache ihm offensichtlich bei allem Respekt als etwas „langweilig“ und – besonders im Harmonischen – zu wenig „spicy“ erschien (ein typisch romantisches Mißverständ­ nis!). Dem wollte Grieg ein wenig abhelfen. Das Ergebnis ist faszinierend, gerade wenn wir gewohnt sind, Postmoderne für unsere Zeit zu reklamieren. Auch die Griegschen Bearbeitungen sind schon „feinste“ Postmoderne.

„Eigentlich wollte ich immer tanzen, aber irgendwie bin ich nie dazu gekommen. Ballett und Folklore haben mich immer sehr interessiert – wahrscheinlich weil Tänze sehr deutlich Charakter und Charakteristik zeigen. Vielleicht weil Choreographien Visualisierungen jener Magie sind, die mich immer wieder aufs Neue fesselt“ sagt Evgeni Bozhanov auf die Frage, weshalb er fast ausschließlich Tänze für sein Album „Live in Warschau“ gewählt hat.

Mozart mal spicy Aus dem Original wird durch Hinzufügung der für Grieg typischen Septim-, Nonen- und Sekundreibungen sowie seine lauernde Bereitschaft, dem Original norwegische Springtanz-Rhyth­ men „unterzujubeln“ (z.B. 3. Satz der C-dur-Sonate) doch eher echter Grieg als Mozart, mithin sozusagen „MoGrieg“. (Raymund Havenith) Dies ist die Wiederveröffentlichung einer bereits 1991 auf Musicaphon erschienenen Produktion mit dem Ehepaar Havenith. Die Aufnahme beim Hessischen Rundfunk entstand zwei Jahre vor dem Tod Raymund Haveniths, der bis zum Schluss die Meister­klasse für Klavier an der Musikhochschule Frankfurt leitete.

Alles oder nichts Und einem Tänzer gleich, expressiv und intelligent, geleitet von einer fundierten Spontaneität, gespielt mit extrem hoher Risikobereitschaft zaubert er eine Aufnahme voller Klangfülle und Farbe. Eine Einspielung ohne Netz und doppelten Boden. Eine Ausnahme-CD, die Aufmerksamkeit verdient hat.

AUSGABE 2013/1

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Federico Mompou (1893-1987) Música Callada Steffen Schleiermacher, Klavier MDG 613 1792-2

Engelsgleich – so ist das erste der 28 Stücke aus „Música Callada“ von Federico Mompou bezeichnet. Während Anfang der 1960er Jahre die Avantgarde erbittert um Serialität oder Zufall ficht, Elektronik und Lärm sich bekämpfen, schreibt Mompou unbeirrt eine Musik voll überirdischer Klarheit und geradezu entrückter Schönheit, die Steffen Schleiermacher in bester Akustik und betörender Klanglichkeit neu entdeckt. Mompou, spanisch-baskischer Her­ kunft, verkehrte als junger Mann in Paris mit den Musikern der „Groupe de Six“ um Jean Cocteau, mit Strawinsky und Ravel, mit Gide und Valéry. Gleichwohl war ihm das quirlige Getue um alles Äußerliche, wie es gerade Cocteau pflegte, fremd. Mit einigem Erfolg führte er eigene Werke in den Pariser Salons auf, ohne allerdings direkt darauf hinzuarbeiten. Das Klavier war sein Instrument, und „Música Callada“ sein größter und letzter Zyklus.

Zauberhaft Steffen Schleiermacher ist der Spezialist für das Besondere. Durch seine intensive Auseinandersetzung mit Feldmann, Scelsi und Satie hat er einen völlig anderen, modernen Zugang zu diesen in ihrer Einfachheit so überaus diffizilen Stücken. Fazit: Mit untrüg­ lichem Gespür für feinste Nuancen bringt der Klangzauberer die hinter unscheinbarer Fassade verborgene Musik zum Leuchten.


CLASS : aktuell

Hier trifft sich die professionelle Klassikwelt: Im MAK – Museum für angewandte Kunst in Wien.

Nächster Treffpunkt: Klassik! Classical:NEXT in Wien von 29. Mai bis 1. Juni 2013

E

s sollte beschaulich zugehen: Mit 300 internationalen Fachbesuchern rechneten die Verantwortlichen für einen erfolgreichen Start der neu gegründeten und allerersten Klassikmesse, der Classical:NEXT 2012. Und plötzlich drängelten sich am Empfang mehr als 700 Besucher, Labelinhaber, Vertriebe, Agenten, Verlage, Musiker, Tonstudios, Presswerke, Radiomoderatoren und Fachjournalisten. Sie waren aus mehr als 40 Ländern nach München gereist, um in Workshops, Vorträgen, Diskusionen und vielen Fachgesprächen gemeinsam die Zukunft der Klassik zu gestalten. Natürlich kam auch die Musik nicht zu kurz – das jugendfrisch aufspielende dänische Bläserquintett CARION etwa, das mit auswendig choreografiertem Ligeti durch die Ausstellung tänzelte – und prompt einen Plattenvertrag erhielt. „Gerade das ist das Besondere an einem persönlichen Branchentreff, es gibt die plötzlichen, die zufälligen Begegnungen, die spontanen Ideen, die Flut an Entdeckungen, die für uns alle so besonders wichtig sind, die wir ein gemeinsames Interesse haben, die klassische Musik als unser kulturelles Erbe möglichst unversehrt an die Nachfolgegeneration weiterzugeben“, sagte Werner Dabringhaus, einer der Initiatoren der Messe, in seiner Begrüßungsrede. Die Idee hatten die Verantwortlichen von CLASS, dem Zusammenschluss der unabhängigen Klassiklabels, Produzenten, Tonmeister und

Technik- und Medienpartnern in Deutschland. Und mit der WOMEX gewann man einen erfahrenen Produzenten, der seit Jahren erfolgreich die World Music Expo organisiert und den Ehrgeiz hatte, eine reine Spartenmesse Klassik zu produzieren: “Die Zeit der alles umfassenden Musikmessen ist vorbei“ konstatiert Classical:NEXT Direktorin Jennifer Dautermann, „jetzt ist die Zeit der gezielten Spartenmesse!“ So wohl sich alle Beteiligten in München gefühlt hatten: Schon jetzt wurde klar, dass die Kapazitäten des Gasteig weiteres Wachstum kaum gestatten würden. Die Classical:NEXT findet in diesem Jahr im MAK – dem Museum für angewandte Kunst in Wien statt. Interessenten sollten sich schon jetzt anmelden und sich persönlich einbringen: „Denn dies ist unsere Messe, und sie wird genau so gut werden, wie wir sie selbst gestalten,“ sagt Dr. Rainer Kahleyss (CLASS), „und da ist auch die verrückteste Idee hoch willkommen.“ Ein Wermutstropfen darf nicht verschwiegen werden, wenn Sie sich nun voller Neugier auf die www.classicalnext.com begeben: Es ist eine Fachmesse. Sie kostet daher eine profes­sionelle Eintrittsgebühr, die auch ich bezahlen werde. Aber Sie können sicher sein, dass Sie alle die Dinge, die dort entstehen werden, unmittelbar später zu Hause hören, lesen und genießen können. Wer weiß, vielleicht treffen wir uns ja doch zu einem der zahlreichen Konzerte im klassischen Wien. Lisa Eranos

AUSGABE 2013/1

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