Class: aktuell 3 2017

Page 1

2 0 17 / N r. 3

CLASS : aktuell Association of Classical Independents in Germany

ECHO Klassik und Klassik: XL zwei Konzertabende mit ECHO Klassik-Preisträgern

Trio Alba Schumanns ES-Dur-Trios – audiophil

David Jerusalem und Eric Schneider Erlkönigs Reich

Joseph-Maurice Weder

Ana-Marija Markovina Klavierwerke von Anton Urspruch

Abgrund und Zauber – Liszt und Schumann

The Twiolins „progressive classical music“


29. OKTOBER 2017 ELBPHILHARMONIE #ECHOKLASSIK2017


CLASS : aktuell

Class: aktuell 3 / 2017 Inhalt 4 Ana-Marija Markovina stellt die Klavierwerke von Anton Urspruch vor

In der Barockzeit waren im gesegneten Italien unzählige Komponisten aktiv. Kennen Sie zum Beispiel diese hier?

6 Elly Ney Sensationeller Archivfund von Arthaus

Giovanni Bucchantini (1585 -1638) Pietro Macronelli (1599-1642) Antonio Spalliscetto (ca. 1618 -1683) Giuseppe Battista Dilonga (1648-1714) Claudio Cinazzi (1679 -1732)

Nein, nicht wirklich? Dann versuchen wir’s mal mit einigen Namen aus der russischen Spätromantik – auch da gab es eine regelrechte Komponistenschwemme. Alexander Jaryschnikow (1816 -1881) Piotr I. Gorolubin (1819 -1877) Olga Pereschtschenkowa (1832 -1915) Nikolaj Shenwiser (1838 -1904?) Tamara Lipotowskaja (1844 -1896)

Schon mal gehört? Sie sind sich nicht sicher? Ja, wo viele Ähnliche gleichzeitig auf­treten, verliert man leicht den Überblick. Das gilt für Zebraherden in der Serengeti genauso wie für Einträge im Komponistenlexikon. Schnell wird da einmal einer vergessen – oder hinzuerfunden.

7 Trio Alba präsentiert Schumanns ES-Dur-Trios in audiophiler Qualität 8 Imre Széchényis zu Unrecht vergessene Lieder 9 Capricornus Consort Basel lässt Franz Xaver Richter strahlen 10 Gitarren-Duo Joncol Aufbruch zu neuen Quellen 11 Johann Blanchard entdeckt Klavierwerke von Bizet 12 Klavier Duo Trenkner / Speidel Dvorˇáks Sinfonie Nr. 9 und Slawische Tänze

Komponistenschwemme Das Erfinden von Komponisten ist sogar fast eine kleine Sportart. Der vielleicht erfolgreichste erfundene Tonsetzer der Musikgeschichte heißt Otto Jägermeier (1870 -1933), war angeblich Schüler von Rheinberger und emigrierte 1915 ausgerechnet nach Madagaskar. Sein Werk hat eine reiche Sekundärliteratur inspiriert, auch in seriöse Musiklexika fand Jägermeier Eingang. Als Komponist nicht ganz so berühmt wurde Gottlieb Theodor Pilz (1789 -1856), der aber immerhin der wahre Schöpfer der Oper „Die lustigen Weiber von Windsor“ sein soll. Von P.D.Q. Bach (1742 -1807), einem der unbekannteren Bach-Söhne, ist sogar eine große Werkauswahl auf CD vorhanden. Interessantes zum Thema „Erfinden von Komponisten“ erfährt man beim Schrift­steller und Musikkenner Herbert Rosendorfer (1934 -2012). Die Titelfigur seiner Roman­ novelle „Der Meister“ ist Mitarbeiter an einem Musiklexikon und führt dort den einen oder anderen Tonsetzer ein, den nur er kennt – schließlich wird der Lexikonschreiber ja nach Zeilen bezahlt. Nebenbei bietet Rosendorfers Buch nütz­liche Tipps für einen perfekten Mord. Sie müssen nur (Achtung, Spoileralarm!) den Tatverdacht auf einen fiktiven Komponisten lenken, der dann seltsamerweise nicht gefunden werden kann, also offenbar untergetaucht ist – ein klares Schuld­bekenntnis! Fiktive Gestalten gibt es aber nicht nur in der Musik. Auch in der Juristerei, diesem Dschungel der Richter und Anwälte, Gesetzeskommentare und Präzendenzfälle, kann man leicht den Überblick über Namen und Personen verlieren. Der Verfassungs­jurist Friedrich Gottlob Nagelmann (1889 -1994), dem nie jemand persönlich begegnet ist, geistert seit Jahrzehnten durch die juristische Literatur. Ebenso legendär ist die OLG-Präsidentin Henriette Heinbostel (1911-2004), die bekanntlich mehr als 20 Jahre lang mit Nagelmann verheiratet war. Auch über den Psychologen Ernst August Dölle (1898 -1972) und den Diplomaten Edmund Friedemann Dräcker (geb. 1888) existieren zahlreiche Veröffentlichungen. Dräcker, vermutlich unsterblich, soll noch immer aktiv sein, inzwischen als Mitarbeiter des Bundestagsabgeordneten Jakob Maria Mierscheid (geb. 1933), dem wir das hellsichtige Mierscheid-Gesetz verdanken. Übrigens: Die italienischen Barockkomponisten und russischen Spätromantiker am Anfang dieses Texts sind ebenfalls frei erfunden. Sie warten noch auf ihre biografischen Details. Jetzt aber ganz echte, aufrichtige und wahre Grüße, Ihr Hans-Jürgen Schaal

13 Gertrud Schilde J.S. Bachs Ciaconna und ihre Choral-Bezüge 14 David Jerusalem und Eric Schneider begeben sich in Erlkönigs Reich 15 Beethoven Orchester Bonn mit Stefan Blunier Fulminante Fortsetzung mit Franz Schmidt 16 Joseph-Maurice Weder Abgrund und Zauber mit Liszt und Schumann 17 Anthologie der russischen Sinfonik Vol. 2 Melodiya realisiert einen Traum 18 CLASS stellt vor: Die Preisträger des ECHO Klassik 2017 23 Klassik: XL ECHO Klassik Preisträger im Konzert 27 Jean Muller spielt Bachs Goldberg-Variationen 28 Im Blickpunkt Neuheiten, vorgestellt von CLASS 28 The Twiolins „progressive classical music“ 30 Frieder Bernius dirigiert Attilio Regolo Semperoper-Edition Vol. 11 31 Margret Bahr Der Himmel lacht – Musik des 17./18. Jh.

Impressum Herausgeber/Verlag:

CLASS e.V. Association of Classical Independents in Germany Bachstraße 35, 32756 Detmold Tel. 05231- 938922 class@class-germany.de Redakteur (v.i.S.d.P): Dr. Rainer Kahleyss Anzeigen: Gabriele Niederreiter Grafische Gestaltung: Ottilie Gaigl Druck: Westermann Druck, Braunschweig Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Druckauflage: 145.625 2. Quartal 2017 ISSN: 2195-0172 Titel-Foto: Harald Hoffmann

geprüfte Auflage

Alle Tonträger dieser Ausgabe finden Sie auch unter www.bielekat.de

Ausgabe 2017/3

3


CLASS : aktuell

Neuland im Rausch Ana-Marija Markovina präsentiert ihre neue Einspielung mit Werken von Anton Urspruch

Foto: © Harald Hoffmann

R

uhe? Schwer zu definieren, gerade von jemandem, der sich selbst als rastlos bezeichnet und voller Energie steckt, die infizierend wirkt. „Ruhe brauche ich eigentlich nicht. Ich erhole mich von der letzten Arbeit schon mit der nächsten. Ich bin innerlich immer online.“ Gerade erst hat Ana-Marija Markovina die Klaviermusik des nahezu vergessenen Anton Urspruch aufgenommen, schon hat sie das Klavierkonzert von Franz Berwald und, noch eine Premiere, die Klaviermusik von Anton Bruckner im Blick. Musik ist ihr Lebenselixier, in allen Varianten und Facetten.

4

Ausgabe 2017/3


CLASS : aktuell

in meinem inneren Ohr, wie diese Musik klingen soll.“ Mit dieser Vision zog sie ins Aufnahmestudio. „Ich arbeite dort so lange, bis ich diesem Ideal am nächsten komme. Es ist wie in einem Rausch. Ich übe sozusagen auch bei den Aufnahmen so lange, bis ich das bestmögliche Ergebnis erreiche.“ Ana-Marija Markovinas bisherige Diskographie steckt voller Überraschungen: Musik von Luise Adolpha le Beau, die Klavierwerke von Hugo Wolf, Wagners kompletter „Parsifal“ vierhändig, und – frisch aufgenommen – die Klavierwerke von Anton Bruckner. Die entscheidende Anregung kam in diesem Fall von Label-Chef Günter Hänssler, ihrem „Mentor und Ideengeber“. Wer Bruckners Sinfonien kennt, wird sich verwundert die Augen reiben. Es ist eine Musik, die teils nur in Faksimile-Ausgabe zugänglich ist, „Musik eines Außenseiters, eines sturen Querdenkers, die völlig unverhofft fröhlich und leicht daherkommt“. Bruckner zeigt sich hier wie ein Anti-Sinfoniker, weit weg

vom Ringen um die große Form; es handelt sich vor allem um eine Reihe von Tanzsätzen. „Hier blitzen heitere Momente seines Lebens auf, die er in kleine Formen gebannt hat“. Für diese Aufnahme hat Markovina passend einen Bösendorfer-Flügel ausgewählt. Wie schwärmte Bruckner einst? „Ein solches Klavier sollt‘ man sich halt leisten können.“ Als Bruckner einen solchen Flügel erbte, begann eine lebenslange Liebesbeziehung… Ruhe? Für eine Entdeckerin wie Ana-Marija Markovina in der Tat ein Fremdwort. Um ihre Gedanken über Musik und die vielen gleichzeitigen Prozesse, die beim Musizieren zusammenfließen, zu bündeln, schreibt sie derzeit an einem Buch: Dort, im Vorwort, erscheinen die aufgeführten Faktoren, die sich für Markovina beim Klavierspiel vereinigen, wie ein Programm ihrer selbst: „Analyse, Ausdauer, Begabung, Kreativität, Erfolgszuversicht, Freude am Können“ – und das sind nur einige der Punkte, die sie benennt... Dr. Christoph Vratz

Coverfoto: : © Marion Köll, Anton Urspruch Porträt: Prof. Dr. Helmut Reuter

Markovina, Tochter eines Mathematikers und einer Architektin, ausgebildet in Detmold, Weimar und Berlin, flirtet gern mit Feldern, die andere noch nicht beschritten ha-ben. Sie liebt das Erforschen, das Nachdenken – über Musik, über die Zusammenhänge von Psychologie und Kunst und vieles andere mehr. Inzwischen lebt die Pianistin in Köln, in einer alten Jugendstil-Villa im nördlichen Teil der Stadt, entworfen vom Großvater ihres Mannes. Hier finden auch kleine Hauskonzerte statt und Vorträge – Schubertiaden im modernen Sinne. Nach ihrer maßstabsetzenden Edition der Klavierwerke Carl Philipp Emanuel Bachs hat sie nun ein „Herzensprojekt“ vollendet, das vor einigen Jahren schon in den Startlöchern steckte: die Aufnahme sämtlicher Klavierwerke von Anton Urspruch, dem Liszt-Lieblingsschüler, dem sein berühmter Lehrer wahrhaft „ausgezeichnete Talente“ zuerkannte. Es ist eine Musik, die irgendwie zu Markovina passt: komplex, vielschichtig, ursprünglich, unberechenbar, verträumt, berauschend, wahrhaftig. Dieses Klavierwerk besteht nicht aus Sonaten, sondern aus Tänzen und mehr oder weniger freien Stücken, die wie kleine oder große Fantasien wirken, „poetisch und kraftvoll“, wie Markovina die ganze Ausdrucksbreite Urspruchs zusammenfasst. „Diese Musik ist höllisch schwer. Ich hatte von Anfang an eine Vision

Sorgte international für Maßstäbe und Furore: die Gesamteinspielung der Klavierwerke von Carl Philipp Emanuel Bach Hänssler Classic 98003 (26 CDs)

Anton Urspruch (1850 -1907) Klavierwerke CD 1: Fünf Fantasiestücke op. 2 CD 2: Deutsche Tänze op. 7, Variationen op. 10 CD 3: Cinq Morceaux pour le Piano op. 19; op. 20 Cavatine & Arabeske, op. 22 Präludium & Capriccio Hänssler Classic HCT 16015

Ausgabe 2017/3

5


CLASS : aktuell

Sensationeller Archivfund! Neue Einblicke in Leben und Werk der ebenso mythisch verehrten wie umstrittenen Pianistin Elly Ney

E

lly Ney war eine vielschichtige Persönlichkeit: Als Musikerin zählte sie zu den größten Pianistinnen aller Zeiten, ihre persönliche Biografie hingegen war eine Abfolge von Brüchen und Ambivalenzen. Zusammen ergibt dies ein faszinierendes Bild einer deutschen Künstlerkarriere im 20. Jahrhundert. Perfekte Ausgangsbedingungen also für eine große Elly Ney-Retrospektive, die nun über das führende Label für audiovisuelle Musikproduktionen Arthaus Musik in den Handel kommt. Die attraktiv gestaltete Box umfasst in Form einer Filmbiografie mit bislang nie gezeigten Aufnahmen eine Darstellung der gesamten Lebensgeschichte Elly Neys, wobei auch ihre Verwicklungen in die Kulturpolitik des nationalsozialistischen Regimes nicht ausgespart bleiben. Des Weiteren standen 50 Jahre nach Elly Neys Tod erstmals Archivaufnahmen zur Veröffentlichung zur Verfügung, die bislang im Privatarchiv Frithjof von Bodungens aufbewahrt waren, der Neys Chauffeur und Vertrauter war. Sensationelle Mitschnitte von Gesprächen, die Ney in ihrer Privatlimousine führte (CD „Elly Ney und ihr Chauffeur“) sind ebenso darunter wie erstmals gezeigtes Fotomaterial, das im Rahmen dieser

Edition in einem wertvollen Hardcover-Buch präsentiert wird. In Welterstausgabe wird auf einer DVD ein Konzert der berühmten Beethoven-Sonate Nr. 12, der sogenannten „Mondscheinsonate“, verfügbar gemacht, ebenso wie Mozart-Klavierquartette und Klaviertrios, die Ney 1961 mit prominenten Partnern (u.a. Ludwig Hoelscher) live einspielte, die hiermit zum ersten Mal überhaupt auf Tonträger zu hören sind. Elly Ney bleibt auch nach dieser Edition ein Rätsel, ein Mythos. Für die einen mag sie die „Hohepriesterin“ der Musik Beethovens bleiben, für die anderen mag sie ewig als „Hitlers Pianistin“ abgestempelt sein. Doch die Nähe zur Person Elly Ney, die das erstaunliche Archiv­ material ermöglicht, das Arthaus Musik nun veröffentlicht hat, erlaubt einen so intimen Zugang zu dieser Künstlerin wie es nie zuvor möglich war. Manche Meinung über Ney wird revidiert werden müssen, andere Meinungen werden sich festigen. In jedem Fall wird diese Werkausgabe die Ney-Forschung bedeutsam beeinflussen.

Mondscheinsonate – Die Volkspianistin Elly Ney Arthaus Musik 109336 (1 DVD + 2 CDs)

DVD: Mondscheinsonate – Die Volkspianistin Elly Ney (ein Film von Axel Fuhrmann) Elly Ney spielt Beethovens Sonate Nr. 12 (1965) CD 1: Elly Ney und Freunde spielen Kammermusik von Mozart (Tutzing, 1961) CD 2: Elly Ney und ihr Chauffeur

6

Ausgabe 2017/3

René Brinkmann


Foto: © kanižaj marija-m.

CLASS : aktuell

Aktuelle Konzerte: 02. 09. 2017 Dalian, China 03. 09. 2017 Shenyang, China 04. 09. 2017 Shenyang, China 19. 10. 2017 Rabat, Marokko 21. 10. 2017 Marrakesch, Marokko 16. 11. 2017 Wien, Österreich 22. 11. 2017 Brüssel, Belgien 24. 11. 2017 Grimbergen, Belgien www.trioalba.com

„Kein Geklimper: Musik“*

V

Das Trio Alba mit einer audiophilen Neuaufnahme des Schubert Es-Dur-Trios

on mancher Musik kann man gar nicht genug bekommen. Franz Schuberts gewaltiges Klaviertrio in Es-Dur D 929 gehört ganz sicher dazu, und so ist die neue Aufnahme mit dem Trio Alba hochwillkommen. Das etwa zur selben Zeit entstandene Notturno D 897 – möglicherweise der verworfene langsame Satz eines weiteren Trios – rundet diese CD aufs Vortrefflichste ab. Erst gegen Ende seines kurzen Lebens fand Schubert zum Klaviertrio. Zwei große Werke hat er in dieser Gattung hinterlassen, in denen sein gesamtes kompositorisches Können kulminiert. So gelingt ihm über die riesige Dimension des Es-Dur-Trios eine zyklische Anlage, die von messerscharfer Disposition und frappanter Übersicht zeugt. In einer der letzten, „Schubertiade“ genannten Privatkonzerte zu Schuberts Gunsten ist das Werk erstmals gespielt worden – die überschwängliche Rezension in der Leipziger „Allgemeinen Musikalischen Zeitung“ * hat er dann nicht mehr erlebt. Der langsame Satz wartet mit einer Überraschung auf: Die zunächst elegische, später dann ins Dramatische gewandte Melodie entstammt einem schwedischen (!) Volkslied, das Schubert bei einer Darbietung des schwedischen Tenors Isak Albert Berg in Wien hörte. Die weiten Sprünge sind für das Lied charakteristisch, und mit den wiederholten Oktaven „farväl – lebwohl“

gibt es dem Satz eine ganz besondere Note. Schuberts kontrapunktische Raffinesse kann man dann im Scherzando bewundern: Kanonische Verdichtung in wechselnder Instrumentierung lassen auch den Kenner aufhorchen. Die Musiker des Trio Alba lernten sich beim gemeinsamen Studium in Graz kennen und konzertieren seitdem regelmäßig auf bedeutenden

Festivals in aller Welt. Zu Schuberts Es-Dur-Trio hat das Ensemble eine ganz besondere Beziehung: „Se solen sjunker“, „Siehst du die Sonne untergehen“ lautet die erste Zeile des schwe­ dischen Volksliedes im zweiten Satz. Da freut man sich über „Alba“, die italienische Morgenröte, umso mehr! Lisa Eranos

Außerdem erschienen: Joseph Marx (1882 -1964) Trio-Phantasie, „Ballade“ für Klavierquartett Wen Xiao Zheng, Viola

Franz Schubert (1797-1828) Klaviertrio Es-Dur D 929 op. 100 Adagio D 897 „Notturno“

Audiomax 703 1844-2

Das Video zur Einspielung:

Felix Mendelssohn Bartholdy (1809 -1847) Klaviertrios op. 49 + 66

www.youtube.com/watch?v=1ZHqIV4wWUM

Audiomax 903 1793-6 (Hybrid-SACD)

AUD 903 2013-6 (Hybrid-SACD)

Ausgabe 2017/3

7


CLASS : aktuell

Imre Széchényi: Lieder Vergessene Lieder eines Weltgewandten

S

ein ganzes Leben lang komponierte Imre Széchényi, und das, obwohl er wahrlich auch genug Anderes zu tun hatte: Als österreichisch-ungarischer Botschafter vertrat er in bewegter Zeit die Interessen der k.-u.-k-Monarchie im kaiserlichen Berlin, nachdem ihn diplomatische Missionen zunächst nach Rom, Stockholm, Brüssel, Paris und Sankt Petersburg geführt hatten. Bismarcks berühmtberüchtigter Dreikaiserbund trägt Széchényis Unterschrift, und auch an der Berliner Kongokonferenz war er maßgeblich beteiligt. Seine Weltgewandtheit spiegelt sich in seinen Liedern, die mit dieser verdienstvollen Neueinspielung wohl zum ersten Mal nach sehr langer Zeit wieder zu hören sind. Aufgewachsen am Wiener Hof, schloss Imre Széchényi auf seinen Reisen bemerkenswerte Freundschaften: Johann Strauß und Franz Liszt sind darunter, die immer wieder Werke des Diplomaten in ihre Konzertprogramme aufnahmen. Strauß widmete ihm auch eigene Werke, und mit Liszt gemeinsam betrieb Széchényi die Gründung einer Musikakademie in Budapest. Dass ihm die Heimat sehr am Herzen lag, zeigt auch die keineswegs selbstverständliche Vertonung ungarischer Texte. In „Le Rosier“ tritt zu Sopran und Klavier der Csákány hinzu – eine in der Musikgeschichte wohl einzigartige Verwendung der traditionellen ungarischen Stockflöte.

Imre Széchényi (1825-1898) Lieder Katharina Ruckgaber, Sopran Jochen Kupfer, Bariton Peter Thalheimer, Csakan (Stockflöte) Helmut Deutsch, Klavier AUD 903 2019-6 (Hybrid-SACD)

8

Ausgabe 2017/3

Französische, deutsche und italienische Texte dienten Széchényi darüber hinaus als Vorlage für seine Lieder. Die deutsche Romantik spielt natürlich eine große Rolle, Eichendorff, Heine und Uhland finden sich unter den Dichtern. Schubarts „Der Gefangene“ widmete Széchényi einem im Zuge der Niederschlagung des ungarischen Volksaufstands inhaftierten Freund – was den habsburgischen Kaiser aber nicht davon abhielt, ihn als Ritter vom Goldenen Vlies auszuzeichnen… Begleitet von Helmut Deutsch auf dem ehrwürdigen Steinway D „Manfred Bürki“ erwecken Katharina Ruckgaber und Jochen Kupfer diese wundervollen Lieder zu neuem Leben. Ob allein oder im Duett – die durch vielfältige Einflüsse und Weltläufigkeit geprägte Tonsprache Széchényis lädt ein, Wohlbekanntes im Überraschenden zu ent­ decken. Neugierige Ohren und anspruchsvolle Musikliebhaber kommen bei dieser auch technisch sorgfältig ausgefeilten Super Audio CD im 2+2+2 Recording voll auf ihre Kosten! Klaus Friedrich


Foto: © Sebastian Wienand & Daniel Rosin

CLASS : aktuell

MAHLER

Auf eine Flasche Wein …

SYMPHONIE NR. 5

… mit Franz Xaver Richter und dem Capricornus Consort Basel

E

rfolgreichere Kollegen konnten bei Mozart schnell zur Zielscheibe mehr oder weniger flapsiger Lästerei werden. Im November 1778 berichtet er seinem Vater aus Mannheim nach Salzburg: „Herr Kapellmeister Richter (...) ist itzt sehr eingeschränkt, anstatt 40 Bouteille Wein sauft er itzt etwa nur 20 des Tages.“ Begünstigt durch einen deutlich niedrigeren Alkohoholgehalt, wurde damals tatsächlich generell mehr Wein getrunken als heute. Ganz davon abgesehen, dass es angesichts fehlender Wasseraufbereitung nicht nur in Mannheim lebensgefährlich gewesen wäre, pures Wasser zu trinken. Mozarts Kolportage hat Franz Xaver Richter (1709 -1789) hinsichtlich seiner heutigen Rezeption zum Glück nicht geschadet, nicht nur weil sich Mozart an anderer Stelle deutlich positiver über ihn äussert, sondern auch weil Richter ein viel zu bedeutender Komponist ist.

Nicht von ungefähr gehört er heutzutage zu den prominentesten Vertretern der sogenannten Mannheimer Schule, die als einer der Weg­ bereiter der Wiener Klassik gilt. Weil Richter innerhalb dieses Kreises zu den eher konser­ vativeren Komponisten zu zählen ist, lässt sich anhand seiner Kompositionen besonders gut nachvollziehen, wo in den Werken der frühen Mannheimer Schule die musikalische Ästhetik des Barocks noch nachklingt, klassische Formen und Strukturen jedoch bereits deutlich werden. Die Werke, die das Capricornus Consort Basel unter der Leitung von Peter Barczi für Christophorus eingespielt hat, stammen allesamt aus seiner Mannheimer Schaffensperiode und machen sehr schön diese Verschmelzung zwischen Tradition und Innovation nachhörbar. Da Richter ja offensichtlich Weinliebhaber war – immerhin zog es ihn nach 23 Jahren in Mannheimer Diensten ins Elsass nach Straßburg: öffnen Sie doch beim Genießen dieser CD in seinem Angedenken eine „bouteille“ Wein. Angesichts unserer heutigen Wasserqualität und des hö­ heren Alkoholgehaltes heu­tiger Weine, reicht allerdings eine „bouteille“ vollkommen aus...

Gustav Mahler selbst fürchtete noch, das „Chaos“ in seiner fünften Symphonie würde das Publikum verstören. Längst ist das Werk populär, das Adagietto wurde durch Viscontis Film „Tod in Venedig“ zum unvergesslichen Mahler-Hit. Erleben Sie Mahlers Klangkosmos mit Mariss Jansons und seinem Orchester.

CD 900150

Ebenso erhältlich:

Bernhard Blattmann

Franz Xaver Richter Sinfonien, Sonaten & Oboekonzerte Capricornus Consort Basel Xenia Löffler, Oboe

CD 900151

CHRISTOPHORUS CHR-77409

Ausgabe 2017/3

Im Vertrieb von Naxos Deutschland

9 br-klassik.de/label

Erhältlich im Handel und im BRshop: br-shop.de


Foto: © Ricardo Rios

CLASS : aktuell

Aktuelle Konzerte 2017: 10. 09.  Luzern

Lucerne Guitar Concerts Marianischer Saal

15. 09.  (Live im Studio)

WDR TonArt

13. 10.  Cluj Napoca Saal „I. Lapedatu“ (Joncol4)

18. 11.  Nürnberg Recital Gitarre International Nürnberg, Katharinischer Saal Stadtbibliothek Nürnberg (Duo Joncol mit Kurt Fuhrmann)

02. 12.  Vreden Innenhof des Georgianums (Joncol4)

www.duojoncol.com

Aires de Andalucía Aufbruch zu den Quellen!

C

arles Guisado und Britta Schmitt lernten sich beim gemeinsamen Gitarrenstudium in Barcelona kennen und haben 2008 das Duo Joncol gegründet. Eine Erfolgs­ge­ schichte: Längst ist die von „Joncol 2“ praktizier­ te Verbindung klassischer und zeitgenössischer Musik mit dem Flamenco auf internationalen Konzertpodien sehr gefragt und bisher auf zwei CDs dokumentiert. Carles Guisado ist darüber hinaus ein leidenschaftlicher Komponist. Das aktuelle CD-Projekt „Aires de Andalucía“ ist das Ergebnis einer Reise, welche das Duo 2015 über zwei Monate per Wohnmobil zu den musika­ lischen Quellen in Spaniens Süden unternahm. Sie schrieben Stücke auf, knüpften Kontakte zu vielen Musikern und sogen die unvergleichliche Atmos­ phäre Andalusiens ein. In Sevilla begegneten sie der jungen Flamenco-Sängerin Anna Colom, die seitdem die Besetzung bereichert. Außerdem ist der Kölner Perkussionist Kurt Fuhrmann an der CD beteiligt, die in Köln aufgenommen wurde. Carles Guisados eigene Stücke begegnen auf dieser CD den Kompositionen von Isaac Albéniz und Manuel de Falla. Historie und Ge­ genwart haben einen gemeinsamen Nenner: Was das Gitarren­duo auf seiner Andalusienreise er­ forschte, fand bei de Falla und Albéniz fast 100 Jahre früher kaum anders statt – nämlich eine hellhörige Einverleibung der Flamenco-Kultur in einen reichen, durch Klassik und frühe Mo­ derne geprägten Erfahrungsschatz! „Una Luz del Norte“ von Carles Guisado liefert einen lyrisch-intimen Einstieg. Dann groovt sich

Aires de Andalucía Joncol4 GWK Records GWK140

Luz de Iberia Duo Joncol: Britta Schmitt, Carles Guisado Moreno ClassicClips CLCL125

das Stück in eine pulsierende Bulería im 6/8 Takt ein. Nachdenklicher kommt „Mirando al mar“ daher. In seinem bemerkenswerten Text reflektiert Carles Guisado über die Opfer des spanischen Bürgerkriegs. Es steht im Alegrías Rhythmus. Die beiden letzten Stücke (Ersteinspielungen) treiben noch einmal extrem lebensfroh die vitale Rhythmik auf die Spitze und wechseln raffiniert zwischen 6/8 und 7/8 Takten. Und es verblüffen die Neuarrangements von Stücken aus Manuel de Fallas Zyklus „El Amor Brujo“, die hier wieder in der Originalbesetzung mit Sängerin zu erleben sind, ebenso Isaac Albéniz verspielte Liebes­ erklärung an die Stadt Córdoba. Zentrales Element bleibt die Saitenkunst im Duospiel von Carles Guisado und Britta Schmitt. Die Energie ist nie vordergründige Effekthasche­ rei. Dafür ist umso mehr Reflexion im Spiel: Bewusst auf den Punkt dosiert sind Klangeffekte, flexible Rubati und sehr eigenständige dynami­ sche Wechselspiele. In tief vertrauter Kommu­

10

Ausgabe 2017/3

nikation leben sehr impulsive Dialoge auf zwei Gitarren auf. Die lupenreine Aufnahmetechnik der CD macht dies sehr plastisch erfahrbar. Anna Colom, die bei großen Meistern des Flamenco ausgebildet wurde und in vielen in­ ternationalen Flamenco-Companien mitwirkt, begeistert mit ihrem kraftvollen Gesang. Dun­ kel ist das Timbre ihrer Stimme und es schwingt eine gut geerdete Rauheit mit. Aber das ist kein Widerspruch zu ihrer glasklaren, jedes Wort verständlich machenden Artikulation. Perkussionist Kurt Fuhrmann, mit dem das Duo schon öfter zusammen gearbeitet hat, steuert eine erfrischend jazzige Note bei. Er setzt energi­ sche rhythmische Ausrufezeichen – vorzugsweise auf dem Cajón, jenem kastenförmigen Schlagins­ trument, ohne das im Flamenco kaum etwas geht. So nimmt „Joncol 4“ auf eine musikalische Reise mit, bei der man eines vergeblich suchen wird – rigide Stil- und Genregrenzen. Stefan Pieper


CLASS : aktuell

Aktuelle Konzerte: 24. 09. 2017 Malente 08. 10. 2017 Nottuln 22. 10. 2017 Sulzburg-Laufen 28. 10. 2017 Mannheim 05. 11. 2017 Aachen 11. 11. 2017 Walsrode 12. 11. 2017 Gehrden 19. 11. 2017 Altena 26. 11. 2017 Meerbusch 29. 11. 2017 Stuttgart 03. 12. 2017 Bad Oeynhausen 17. 12. 2017 Bad Ems www.johann-blanchard.com

Georges Bizet

Johann Blanchard

Pianistische Rarität Johann Blanchard entdeckt Klavierwerke von Bizet

‚‚C

armen“ machte ihn weltberühmt. Seinen überwältigenden Erfolg mit der Oper über Liebe und Eifersucht unter heißblütigen Spaniern überlebte Georges Bizet nur um wenige Monate – ein Bad in der kalten Seine machte ihm den Garaus. Dass Bizet auch Klaviermusik hinterließ, ist heute kaum mehr bekannt. Zum Glück hat Johann Blanchard wieder einmal in seinen Raritätenschrank gegriffen, und was er dort zu Tage förderte, lässt des Musikenthusiasten Herz höher schlagen. Und die MDG-Klangtechnik dasjenige des Audiophilen… Bizet war ein ganz ausgezeichneter Pianist, der bereits mit 10 Jahren Unterricht am Pariser Conservatoire genoss – Kompositionsstunden ein­geschlossen. Und so ist es nicht erstaunlich, dass seine Werke für Klavier auf der pianistischen Höhe der Zeit sind. Schon die „Grande Valse de Concert“, die der 16jährige selbstbewusst als Opus 1 deklarierte, und das im selben Jahr entstandene „Premièr Nocturne“ op. 2 zeigen die geradezu orchestrale Anlage, die für Bizets Klaviermusik so typisch ist. Gut zehn Jahre später macht Bizet sich dann an den Zyklus der „Chants du Rhine“, fünf „Lieder ohne Worte“ in Erinnerung an den

Dichter Joseph Méry, der kurz zuvor gestorben war. Mérys poetischen Irrtum, auch Zigeuner am Rhein anzusiedeln, heilt Bizet mit einer Hungareske in geradezu Lisztschem Stil… Mit der Suite aus der Bühnenmusik zu „L´Arlesienne“, einem (bei Publikum und Kritik durchgefallenen) Stück von Alphonse Daudet, landete Bizet einen weiteren großen Erfolg. Die Orchesterfassung ist auch heute noch sehr beliebt, während die Klavierversion – völlig zu Unrecht – kaum je zu hören ist. Vielleicht liegt das auch an den erheblichen technischen Anforderungen an den Pianisten. Johann Blanchard hat damit selbstverständlich keine Mühe, und so ergänzt diese Entdeckung Blanchards preisgekröntes Debüt mit Werken von Cécile Chaminade ganz hervorragend. Natürlich kommt auch dieses Mal nur allerbeste Technik zum Einsatz: Die sorgfältig produzierte Super Audio CD sorgt für sattes Eintauchen in den Klang des legendären Steinway-Konzertflügel „Manfred Bürki“ Baujahr 1901, und die nicht minder ehrwürdig warme Akustik des Konzertsaales der Abtei Marienmünster. Schönstes Hörvergnügen, raumfüllend in drei Dimensionen ist garantiert! Klaus Friedrich Ausgabe 2017/3

11

Georges Bizet (1838 -1875) Klavierwerke Johann Blanchard, Klavier MDG 904 2018-6 (Hybrid-SACD)

Weitere Einspielung: Cécile Chaminade (1857 -1844) Kammermusik Sonate op. 21, Souvenir d’enfance, Etudes op. 28, 35, 118, 124, 132, 138, 139 Johann Blanchard, Klavier MDG 904 1871-6 (Hybrid-SACD)


CLASS : aktuell

Radikale Reduktion Piano Duo Trenkner Speidel mit Dvorˇáks originalen Partituren

S

ie gehört zu den Klassik-Evergreens schlechthin: Antonín Dvorˇáks 9. Sinfonie, komponiert und uraufgeführt 1893 in New York, die nicht nur deshalb den Titel „Aus der Neuen Welt“ trägt. Zusammen mit dem ersten Zyklus der ebenso populären „Slawischen Tänze“ zeigt das Piano Duo Trenkner Speidel einmal mehr, welche Vorzüge die Reduktion auf das vierhändig gespielte Klavier hat, zumal wenn sie vom Komponisten selber stammt: Das hat eine rhythmische Wucht, die mitreißt, und entschlackt vom wohligen Wellness-Sound des großen Orchesters tritt Dvorˇáks genialer Umgang mit den böhmi­ sch-volkstümlichen Motiven umso klarer hervor.

Evelinde Trenkner und Sontraud Speidel

J.S. Bach Brandenburgische Konzerte bearbeitet für Klavier zu 4 Händen von Max Reger MDG 330 0635-2  (2 CDs)

Igor Strawinsky Le Sacre du Printemps Fassung für Klavier zu 4 Händen plus Orchester­fassung mit dem Beethoven Orchester Bonn Stefan Blunier, Ltg.

Antonín Dvorˇák (1841-1904) Sinfonie Nr. 9 „Aus der neuen Welt“ Slawische Tänze op. 46 Piano Duo Trenkner / Speidel MDG 930 2007-6 (Hybrid-SACD)

Dabei ist keines dieser Motive „echte“ Volksmusik: Sowohl in Amerika als auch in seiner böhmischen Heimat hat Dvorˇák sich sehr genau mit der überlieferten Musik auseinandergesetzt, da­runter Spirituals der Afroamerikaner und Lieder der amerikanischen Ureinwohner. Im selben Charakter ersann er dann eigene Melodien, und dass ihm das überzeugend gelang, zeigt ganz besonders das berühmte Hauptthema des zweiten Satzes: Wem da nicht wehmütig ums Herz wird! Auch die „Slawischen Tänze“ hat Dvorˇák sich vollständig selbst ausgedacht und den Tonfall so genau getroffen, dass immer wieder nach den genauen Ursprüngen dieser Musik geforscht wurde. Die ständigen Tempowechsel und rhythmischen Verschiebungen sind für jedes Klavierduo eine echte Herausforderung – dank jahrelangen gemeinsamen Musizierens aber kein Problem für Evelinde Trenkner und Sontraud Speidel. Während die vierhändige Klavierfassung der „Slawischen Tänze“ erst nachträglich für Orchester gesetzt wurde, fertigte Dvorˇák von der 9. Sinfonie etwa zeitgleich zur Uraufführung eine entsprechende Version an. Dass es sich nicht nur um einen reinen Klavierauszug handelt, erkennt man schon daran, dass Dvorˇák sich immer wieder recht weit von der Orchesterfassung entfernt. Und so entsteht ein echtes Stück vierhändiger Klaviermusik, das auf dem Steinway Konzertflügel „Manfred Bürki“ auf dieser SACD hervorragend hörbar wieder einmal in den allerbesten Händen ist. Lisa Eranos

Weitere Einspielungen: Bedrˇich Smetana Má Vlast (Mein Vaterland) MDG 930 1960-6 (Hybrid-SACD)

Gustav Mahler Sinfonie Nr. 1 und 2 arrangiert für Klavier zu 4 Händen von Bruno Walter MDG 930 1778-6 (2 Hybrid-SACDs)

Gustav Mahler Sinfonie Nr. 6 und 7 arrangiert für Klavier zu 4 Händen von Alexander von Zemlinsky bzw. Alfredo Casella MDG 330 0837-2

Anton Bruckner Sinfonie Nr. 3 arrangiert von Gustav Mahler MDG 330 0591-2

Franz Schubert Rosamunde D 797 arrangiert für Klavier zu 4 Händen von Arnold Schönberg Allegro D 947 MDG 330 0763-2

MDG 930 1908-6 (Hybrid-SACD)

12

Ausgabe 2017/3


Foto: © Werner Siebert

CLASS : aktuell

Johann Sebastian Bach Felix Mendelssohn Bartholdy

Spannende Spurenlese Konzeptalbum mit der Ciaccona von Bach

S

o elektrisierend kann Musik sein: Mit geradezu kriminalistischen Methoden nähert sich Gertrud Schilde der rätselhaft-monumentalen Ciaccona aus Johann Sebastian Bachs Partita in d-Moll. Was sie da aufdeckt, ist spektakulär: Ein ganzer Reigen traditioneller Choralmelodien ist im komplexen Satz verborgen, den die umtriebige Violinistin gemeinsam mit dem Norddeutschen Kammerchor nun in ein überaus erhellendes Konzept stellt. „Christ lag in Todesbanden“ – Martin Luthers tröstliches Osterlied zieht sich wie ein roter Faden durch das Werk. Um Tod und Auferstehung geht es auch in den anderen Chorälen, von „Jesu, deine Passion“ über „Den Tod niemand zwingen kunnt“ bis zu „Jesu, meine Freude“. Das ist sicher kein Zufall: Kurz vor der Niederschrift war Bachs erste Ehefrau Maria Barbara verstorben; Bach selbst erfuhr erst nach Rückkehr von einer Dienstreise aus Karlsbad vom tragischen Ereignis – da war die geliebte Gattin bereits beigesetzt… Da ist es nicht verwunderlich, dass sich in der Ciaccona auch Spuren Maria Barbaras finden. Aber Bach wäre nicht Bach, hätte er nicht allzu platte Anspielungen zu Gunsten einer tief verschlüsselten Zahlenmystik vermieden. Immer wieder lässt sich der Name der Verstorbenen dechiffrieren, das Jahr ihres Todes ist ebenso zu finden wie die Namen der gemeinsamen Kinder.

www.gertrudschilde.de

Und so wird die Ciaccona, die im Kreis der drei Sonaten und drei Partiten für Violine solo eine auffällige Sonderstellung einnimmt, zu einem aufwändigen Grabmal für die verstorbene Gefährtin. Gertrud Schilde fügt diesen überraschenden Erkenntnissen aber noch einen weiteren Aspekt hinzu: Gemeinsam mit Jan Philip Schulze präsentiert sie zusätzlich Mendelssohns Fassung der Ciaccona mit Klavierbegleitung, die den rhythmischen und harmonischen Verlauf

des grandiosen Meisterwerkes noch einmal in neuer Deutlichkeit hervortreten lässt. Und unter Maria Jürgensens kundiger Leitung erklingen die Choräle frisch und präsent. Veröffentlicht als Hybrid SACD ist für den Stereohörer ohnehin bestens gesorgt, zusätzlich ist die Aufnahme für die dreidimensionale Wiedergabe des 2+2+2 Recording aufgezeichnet für alle die Musikliebhaber, die auch den audiophilen Aspekt schätzen. Lisa Eranos

J. S. Bach (1685-1750) Partita Nr. 2 d-Moll BWV 1004 Ciaccona und ihre Choral-Bezüge Gertrud Schilde, Violine Norddeutscher Kammerchor Maria Jürgensen, Ltg. Jan Philip Schulze, Klavier MDG 903 2004-6 (Hybrid-SACD) Das Video zur Einspielung: www.youtube.com/watch?v=QzmX-jj9fxE

Ausgabe 2017/3

13


CLASS : aktuell

ALTER MUSIK IN HERNE

Foto: © Susanne Diesner

TAGE

In Erlkönigs Reich Balladen von Franz Schubert und Carl Loewe David Jerusalem, Bass Eric Schneider, Klavier hänssler CLASSIC HC17012

Aus Erlkönigs Reich AUFBRUCH!

Konzerte mit Concerto Soave, NeoBarock, Cappella Mariana, Ensemble des 18. Jahrhunderts, Cantus & Capella Thuringia u. a. MUSIKINSTRUMENTEN-MESSE 9. BIS 12. NOVEMBER 2017 auf der Bühne und im Radio INFOS Stadt Herne / 02323 162839 tage-alter-musik.de Eine Veranstaltung mit der

David Jerusalem legt zusammen mit dem Pianisten Eric Schneider seine Solo Debüt CD bei Hänssler Classic vor. Schubert und Loewe haben Balladen literarischer Stücke von Herder, Goethe, Schiller oder Fontane geschrieben. David Jerusalem hat sie nun zu einem CD-Programm zusammengefügt.

D

er Bass David Jerusalem wurde 1985 in München geboren. 2010 schloss er sein Gesangstudium in der Hochschule für Musik Nürnberg mit Bestnote ab. 2013 hat er sein Konzertexamen bei Prof. Konrad Jarnot an der Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf mit Auszeichnung abgeschlossen. Zahlreiche Meisterkurse runden seine Ausbildung ab. Konzerte führten ihn u.a. in die Meistersingerhalle Nürnberg oder mit dem Münchener Bach-Chor und dem Bach Collegium München unter Hansjörg Albrecht in die Philharmonie am Gasteig. Die Biografie von David Jerusalem kann sich sehen lassen: Regelmäßig ist er Gast an großen Opernhäusern; er arbeitet mit den großen Dirigenten unserer Zeit zusammen, wie Thielemann, Hofstetter oder Soltesz. Aktuelle Höhepunkte waren Konzerte mit der Academy St. Martin in the Fields unter Neville Marriner auf Tournee sowie eine Schubertiade beim Budapester Frühlingsfestival. 2015 debütierte der Künstler mit „Eugen Onegin“ unter Michael Hofstetter am Theater Giessen und 2016 mit „Liebesverbot“ unter Ivor Bolton am Teatro Real in Madrid. Manuela Neumann

14

Ausgabe 2017/3


CLASS : aktuell Franz Schmidt (1874 -1939) Sinfonie Nr. 2 Richard Strauss (1864 -1949) Festliches Präludium op. 61 Beethoven Orchester Bonn Stefan Blunier, Ltg. MDG 937 2006-6 (Hybrid-SACD)

Außerdem erschienen: Franz Schmidt Sinfonie Nr. 4 Intermezzo aus „Notre Dame“ Beethoven Orchester Bonn Stefan Blunier, Ltg. MDG 937 1631-6 (Hybrid-SACD)

Festliches Gepränge

‚‚D

er musikalischste Mensch von Wien“ sei Franz Schmidt, so äußerte sich Gustav Mahler über den heute völlig vergessenen Kollegen. Stefan Blunier hat diesen spätromantischen Meister schon einmal wieder entdeckt; mit dem gewaltig besetzten Beethoven Orchester Bonn präsentiert er jetzt Schmidts zweite Sinfonie, zusammen mit dem nicht minder prachtvollen, im selben Jahr zur Eröffnung des Wiener Konzerthauses komponierten „Festlichen Präludium“ von Richard Strauss. Mit Arnold Schönberg hat Schmidt gemeinsam Streichquartett gespielt, und dennoch könnten die Tonsprachen der beiden nicht unterschiedlicher sein. Während Schönberg sich schon früh von der Dur-Moll-Harmonik verabschiedete, um sich später der Zwölftonmusik zuzuwenden, blieb Schmidt bis ans Lebensende der Tonalität treu. Nach dem „Anschluss“ Österreichs brachte ihm das die zweifelhafte Ehrerbietung der Herrschenden ein – zum Preis des Vergessenwerdens nach dem Untergang des „Tausendjährigen Reiches“.

Seid über 100 Jahren schreibt das Beethoven Orchester Bonn Musikgeschichte. Ausführliche Informationen finden Sie hier: www.beethoven-orchester.de Hier finden Sie finden Sie die umfangreiche Diskografie des Beethoven Orchesters Bonn: http://www.beethoven-orchester.de/2016-17/orchester/cds/ Und hier steht das Saisonbuch 2017 / 2018 des Beethoven Orchesters für Sie zum Download bereit: http://beethoven.jetzt/konzerte/

Ausgabe 2017/3

15

Ein riesenhaftes Orchester verlangt Schmidt für seine zweite Sinfonie; um Lautstärke geht es dabei aber nur an wenigen Stellen. Vielmehr setzt er auf vielfältig changierende Farben, die in oft kammermusikalischer Ins­ trumentierung erreicht werden. Dahinter steht ein meisterhaft komponierter Satz, der mit Themenverschränkungen und Variationen zu einem konsequenten zyklischen Gesamtwerk führt. Im „Festlichen Präludium“ schöpft hingegen der Klangmagier Richard Strauss – wieder einmal – aus dem Vollen. Die grandiose instrumentale Prachtentfaltung lässt niemanden unberührt – vor allem nicht, wenn die dreidimensionale 2+2+2Wiedergabe die Illusion des Mittendrin bei dieser Live-Aufnahme bis ins heimische Wohnzimmer transportiert. Klar, dass das Werk bei der Uraufführung Beethovens hymnische Neunte, die im selben Konzert ge­ geben wurde, spielend in den Schatten stellte. Eine Live-Aufnahme birgt immer große Risiken, aber was ist das hier für ein großartiges Ergebnis für Stefan Blunier und sein ebenso subtil wie festlich aufspielendes Orchester. Gratulation! Klaus Friedrich

Foto: © Barbara Aumüller

Stefan Blunier krönt seine Edition mit dem Beethoven Orchester Bonn mit einer fulminanten Live-Einspielung


CLASS : aktuell Robert Schumann

Abgrund und Zauber Joseph-Maurice Weders MDG-Rezital

G

egensätzlicher kann ein Debüt nicht ausfallen: Liszts abgründiger Sonate in h-Moll stellt der junge Schweizer Pianist Joseph-Maurice Weder Schumanns zauberhafte „Kinderszenen“ gegenüber. Ein ge­ wag­tes Programm, besteht doch an Einspielungen beider Werke durchaus kein Mangel. Weder entdeckt dennoch immer wieder Neues in den oft gehörten Werken, unterstützt nicht zuletzt vom legendären Steinway-Konzertflügel „Manfred Bürki“ von 1901, dessen brillanter Diskant für

ein überirdisches Leuchten über dem überaus profunden Bass sorgt. Schon der geheimnisvolle Beginn von Liszts Sonate lässt aufhorchen, und wenn dann nach der so kurzen wie rätselhaften Einleitung im schnellen Hauptsatz die Bassrepetitionen knurren, ist Gänsehaut garantiert. Großartig der ausdrucksvolle Mittelteil, bei dem Liszt wie Weder so richtig aus dem Vollen schöpfen können. Dass der virtuos auftrumpfende Liszt seine Sonate nicht etwa in rauschenden Kaskaden, sondern im Pianissimo mit einer Reminiszenz an die ersten Takte beschließt, macht dieses Werk, das übrigens Schumann gewidmet ist, so großartig – ein zwingender Bogen, dem Weder überzeugend nachzuspüren versteht. Schumanns „Kinderszenen“ ist alles Extrovertierte gänzlich fremd. Die dreizehn kleinen Charakterstücke, wohl mehr Reminiszenzen an eigene, längst vergangene Tage als aktuelle Beobachtungen, haben es dennoch in sich. Und dass für die Kinder vermeintlich Unwichtiges genauso große emotionale Bedeutung hat wie das ganz Große bei Franz Liszt, das versteht Weder auf kleinstem Raum mitreißend darzustellen. Die berühmte „Träumerei“ gelingt so ohne Sentimentalität zu einem echten Höhepunkt dieser Super Audio CD.

Franz Liszt

Noch nicht 30jährig, kann Joseph-Maurice Weder bereits auf eine beachtliche Karriere zurückblicken. Vielfach preisgekrönt, vertrat er sein Heimatland 2013 als „Swiss Ambassador“ in Großbritannien mit Konzerten in der prestige­ trächtigen Londoner Wigmore Hall, Edinburgh, Belfast und Cardiff. Auch in der Berliner Philharmonie und dem Wiener Musikverein war er bereits zu Gast. Sein MDG-Debüt ist selbstverständlich in hochauflösender SACD-Technik produziert, fein abgestimmt und wie immer in 3D – für naturgetreuen Hörgenuss daheim. Klaus Friedrich

Aktuelle Konzerte: 09. 10. 2017 Schaan (Liechtenstein) 22. 10. 2017 Illertissen 17. 11. 2017 Wolfsberg

Franz Liszt (1811-1886) Sonate h-Moll Robert Schumann (1810-1856) Kinderszenen op. 15 Joseph-Maurice Weder, Klavier

19. 11. 2017 Solothun 24. 11. 2017 Aarau www.jmweder.com

MDG 904 2042-6 (Hybrid-SACD)

16

Ausgabe 2017/3


WERGO

CLASS : aktuell

Jetzt neu bei WERGO Anthology of Russian Symphonic Music Vol. 2 Mit Lyudmila Avdeyeva, WER 73462 (CD) Koproduktion: DLF

Leonid Kogan, Mstislav Rostropovich, Sviatoslav Richter, Rodion Shchedrin, Nikolai Petrov, Tikhon Khrennikov, Vadim Repin,

Wolfgang Rihm

Evgeny Svetlanov u.v.w. Melodiya

Geste zu Vedova

MELCD1002481 (56 CDs)

Geste zu Vedova / Streichquartett in g / Streichquartett 1968 / Epilog

Ein Traum für „Sinfoniker“

Minguet Quartett / Jens Peter Maintz

Mossolow bis hin zu auch heute noch aktiven Komponisten wie Rodion Schtschedrin stellen den Löwenanteil des Repertoires. Dazu stoßen aber auch Namen von Komponisten, die heute kaum noch bekannt sind, die im Umfeld der sowjetischen Kulturpolitik aber eine wichtige Rolle gespielt haben. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang (neben vielen anderen) etwa Zinovy Kompaneyets, Arady Mazayev oder Tikhon Khrennikov. Die Box enthält mehrere komplette Sinfoniezyklen sowie einen großzügigen Querschnitt aus dem bis heute unwiederholten und unerreichten Zyklus der 27 Sinfonien des Prokofjew-Freundes Nikolai Mjaskowski. „Fantastisch“ ist eigentlich noch untertrieben für diese 56 CDs umfassende Edition, die hiermit erstmals in vollständiger klanglicher Restaurierung vorliegt. Hier wird ein Traum wahr für jeden Liebhaber der russischen Sinfonik des 20. Jahrhunderts, denn zahlreiche, wenn nicht die meisten Alben der Edition werden hiermit erstmals überhaupt auf CD zugänglich.

Paul Hindemith

Works for Saxophones Sonate / Trio / Konzertstück / Des kleinen Elektromusikers Lieblinge / Frankenstein’s Monstre Repertoire / Wasserdichter und Vogelbauer / ... clair-obscur Saxophonquartett / Barbara Buntrock / Robert Kolinsky / Florian von Radowitz mit Ersteinspielungen

WER 73242 (CD) Koproduktion: RBB

E

s war das größte Aufnahmeprojekt in der Geschichte der Tonaufzeichnung: Evgeny Svetlanovs Unterfangen, die gesamte wesentliche russische Orchestermusik für das damalige sowjetische Staatslabel Melodiya einzuspielen, dauerte mehr als ein Vierteljahrhundert. Alle Aufnahmen aus diesem Projekt ergeben im Endeffekt mehr als 150 CD-Alben! Die ersten 56 CDs erschienen bei Melodiya bereits im April in Volume 1 einer aufsehen­ erregenden, exklusiv ausgestatteten Boxen-Edi­ tion. Sie führte ihre Hörer von den Anfängen eines russischen musikalischen Nationalstils in Gestalt von Michail Glinka über die großen Romantiker Tschaikowsky, Borodin, RimskyKorsakow, Mussorgski, usw. bis in die Zeit der Oktoberrevolution. Genau dort setzt nun Volume 2 an: Der Inhalt dieser klingenden Schatztruhe spiegelt die sowjetische Phase der russischen Sinfonik wider und beleuchtet auch einige ausgewählte Exil-Komponisten. Namen wie Rachmaninow, Glasunow, Skrjabin, Glière, Strawinsky, Schostakowitsch, Khatchaturian, Prokofjew, Mjaskowski,

WER 73532 (CD) Koproduktion: RBB

Melodiya veröffentlicht das größte Projekt in der Geschichte der Tonaufzeichnung in einer weltexklusiven Boxen-Edition

René Brinkmann

Violeta Dinescu

Anthology of Russian Symphonic Music Vol. 1

Diary | Tagebuch. Works for Flute Aus dem Tagebuch I–III / Blick I–V / Die Glocke im Meer / Kata / Auf der Suche nach Mozart / ...

Mit Emil Gilels, Lubov Timofeyeva, Tatiana Nikolaeva,

Carin Levine / Dauprat-Hornquartett / Stephan Rahn / Cynthia Oppermann / Susanne Zapf

Andrei Korsakove, Mstislav Rostropovich,

Ersteinspielungen

Evgeny Svetlanov u.v.w. Melodiya MELCD1002480 (56 CDs)

Ausgabe 2017/3

17

Fordern Sie bitte unseren Katalog an! WERGO, Weihergarten 5, 55116 Mainz, Deutschland service@wergo.de | www.wergo.de


CLASS : aktuell ECHO KLASSIK-GEWINNER 2017

Liebe Leserinnen und liebe Leser,

Instrumentalist des Jahres (Cello)

Instrumentalist des Jahres (Violine)

Sergei Rachmaninow Sergei Prokofjew Alexander Skrjabin Werke für Cello und Klavier Johannes Moser (Cello) Andrei Korobeinikov (Klavier)

Johannes Brahms Violinsonaten Christian Tetzlaff (Violine) Lars Vogt (Klavier)

der Oktober ist der Monat des Deutschen Musikpreises ECHO Klassik. Aus diesem Grund stellen wir Ihnen auf den nächsten Seiten die diesjährigen ECHO Klassik - Preisträger und ihre ausgezeichneten Einspielungen vor, veröffentlicht von CLASS - Mitgliedern. Mit dem Klassik: XL - Konzert lädt CLASS Sie auch in diesem Jahr wieder ein zu einem außergewöhn­ lichen Benefizkonzert mit ECHO Klassik-Preisträgern, die von der ECHO Klassik-Jury ausgezeichnet werden, aber aufgrund der begrenzten Sendezeit nicht in der vom ZDF veranstalteten ECHO Klassik-Sendung am Sonntag den 29. Oktober musizieren können.

Klassik: XL Benefizkonzert ECHO Klassik-Preisträger präsentieren die Vielfalt der Klassik Wo: Hauptkirche St. Michaelis, Englische Planke 1, 20459 Hamburg Wann: 28. Oktober 2017 | Konzertbeginn: 19:30 Uhr Tickets: 22 Euro einschl. HVV-Ticket zzgl. Vorverkaufsgebühr unter 040 - 45 58 02 Konzertkasse Gerdes / www.konzertkassegerdes.de und bundesweit bei allen Vorverkaufsstellen Unser Medienpartner Klassik.TV (www.klassik.tv) wird das Konzert aufzeichnen. Alle Informationen über das Klassik: XL-Konzert und seine Mitwirkenden finden Sie auf den Seiten 23 - 26 oder unter www.class-germany.de

& CLASS : aktuell Zum diesjährigen ECHO Klassik 2017 verlosen wir mehrere Eintrittskarten und Alben mit Musik der ECHO Klassik-Preisträger 2017. Kreuzen Sie Ihren Wunschgewinn an. je 2 Karten für das Klassik: XL Konzert am Samstag den 28. Oktober je 2 Karten für die Aufzeichnung der ECHO Klassik Fernsehsendung des ZDF am 29. Oktober Ein ECHO Klassik-Preisträger Album 2017 Ein Klassik: XL – Album Bitte beantworten Sie uns noch folgende Frage. Meine CLASS: aktuell - Ausgabe lag folgender Zeitschrift bei: Bitte senden Sie uns Ihre Antwort bis zum 17.10. 2017 wie folgt zu: per Mail: class@class-germany.de | per Post: CLASS e.V., Bachstr. 35, 32756 Detmold | per Fax: 05231-26186 | Absender: (bitte in Druckbuchstaben) Name, Vorname Straße / Nr.

Ondine ODE1284-2

Pentatone PTC5186594 (1 SACD)

Der Münchner Cellist Johannes Moser gilt heute als einer der besten Cellisten seiner Generation. Er ist der bislang einzige deutsche Künstler, der eine Auszeichnung beim vielleicht wichtigsten Musikwettbewerb erringen konnte, dem Tschaikowsky-Wettbewerb. Seither verfolgt Moser eine internationale Karriere, die ihm nun auch seinen dritten ECHO Klassik einbrachte. Zusammen mit seinem Duo-Partner Andrei Korobeinikov spielte Moser sein erstes Album mit russischer Kammermusik von Rachmaninow, Prokofjew und Skrjabin für das niederländische Label Pentatone ein und wurde von der Jury des ECHO Klassik dafür als „Instrumentalist des Jahres (Cello)“ ausgezeichnet. Kontrast und Gemeinsamkeit auf der Interpreten-Ebene setzen sich auf diesem Album in den beiden eingespielten Hauptwerken fort: Sowohl Prokofjew als auch Rachmaninow schrieben ihre heute hochberühmten Cellosonaten in einer Zeit persönlicher Lebenskrisen. Doch sie reagierten darauf mit vollkommen unterschied­li­ cher Musik: Während die Krise eine von Rachmaninows sanftesten, melodiösesten und schönsten Komposi­ tionen heraufbeschwor, merkt man Prokofjews Sonate den inneren Kampf, den der Komponist auszustehen hatte, spürbar an.

Der Hamburger Christian Tetzlaff gilt seit vielen Jahren als einer der wichtigsten Violinisten seiner Generation. Bereits zum vierten Mal wird eine Produktion unter seiner Mitwirkung mit dem ECHO Klassik ausgezeichnet; diesmal jedoch ist es ein ganz besonderer Preis: Als Instrumentalist des Jahres (Violine) wird Christian Tetzlaff nun die höchste Preisträger-Ehre zuteil. Dabei ist es dem Künstler wichtig zu betonen, dass sein Duo-Partner Lars Vogt mindestens ebenso viel Anteil an diesem Erfolg hat. Denn mit Lars Vogt verbindet den Violinisten seit Langem eine enge künstlerische und freundschaftliche Beziehung. Ihre gemeinsame Einspielung der Violinsonaten von Johannes Brahms ist ein beeindruckendes Zeugnis künstlerischer Reife und gegenseitigen Verständnisses. Viele Kritiker sehen in der Aufnahme eine der bislang innigsten und persönlichsten Deutungen dieses weltbekannten Repertoires. Mit dem finnischen Label Ondine verbindet Tetzlaff eine Beziehung, die über das rein Geschäftliche hinausgeht. Gemeinsame Werte wie kompromissloser Qualitätsanspruch, sowohl auf der Ebene der Interpretation als auch auf der Basis herausragender Tontechnik macht die Verbindung zwischen Tetzlaff und Ondine zu einer der fruchtbarsten und wertvollsten in der jüngeren Tonträgergeschichte.

PLZ / Ort Telefon E-Mail Es gilt das Datum des Poststempels, bzw. des Eingangs. Die Gewinner werden telefonisch /schriftlich benachrichtigt. Eine finanzielle Vergütung des Gewinns ist nicht möglich. CLASS garantiert eine ordnungsgemäße Verlosung. CLASS-Mitglieder, deren Mitarbeiter und der Rechtsweg sind ausgeschlossen.

18

Ausgabe 2017/3


CLASS : aktuell ECHO KLASSIK-GEWINNER 2017

Nachwuchskünstler des Jahres (Dirigat)

Dirigent des Jahres

Ensemble des Jahres

Konzerteinspielung des Jahres (18. Jh.)

Gustav Mahler Sinfonie Nr. 10 für großes Orchester

Richard Strauss Eine Alpensinfonie Kent Nagano Göteborgs Symfoniker

Johannes Brahms (1833 -1897) Sämtliche Klaviertrios Vol. 1 Trio op. 8 (Version 1889) & op. 87 Wiener Klaviertrio

Wolfgang Amadeus Mozart Violinkonzerte Nr. 3, 4 & 5 Henning Kraggerud (Violine & Leitung) Norwegisches Kammerorchester

FARAO classics B 108091 (CD) V 107302 (LP)

MDG 942 1962-6 (Hybrid-SACD)

NAXOS 8.573513

Es ist einer der ganz großen Glücksfälle der Musikgeschichte, dass das H-Dur-Klaviertrio op. 8 von Johannes Brahms in zwei Versionen überliefert ist. Der überselbstkritische Brahms hatte ja ansonsten alle Frühfassungen, Skizzen und Entwürfe seiner Werke recht vollständig vernichtet. Das Wiener Klaviertrio eröffnet seine Brahms-Edition im überlegenen Super-AudioKlang bei MDG mit der späten Fassung dieses Jugendwerkes, der es das reife op. 87 gegenüberstellt. Gegenüber der romantisch-ungestümen Erstfassung besticht die späte Version durch eine deutlich kon­ zentrierte Anlage. An seinen Verleger kommentierte Brahms die Revision, gewohnt maliziös: „…dass das alte zwar schlecht ist, ich aber nicht behaupte, das neue sei gut!“ 30 Jahre brauchte Brahms dann, um ein zweites Klaviertrio zu beginnen; in vermeintlich schlichtem C-Dur eröffnet op. 87 tiefe Abgründe, die immer wieder von grandiosem Leuchten abgelöst werden. Von außergewöhnlicher Schwierigkeit ist der Klavierpart. Kein Wunder, ist das Werk des begnadeten Pianisten doch im Umfeld des 2. Klavierkonzerts entstanden. Besonders das elfen­ gleiche Scherzo hat es in sich; eine lohnende Aufgabe für Stefan Mendl, der mit seinen Wiener Kollegen auf dem ehrwürdigen Steinway D „Manfred Bürki“ einen geisterhaften Spuk zelebriert, dass einem der Schauer über den Rücken läuft.

„Referenzniveau“ attestierte niemand Geringeres als Deutschlands führender Streichmusik-Kritiker Norbert Hornig Henning Kraggerud für seine NaxosEinspielung mit Mozarts populären Violinkonzerten Nr. 3-5. Folgerichtig hat die Jury des ECHO Klassik die Einspielung als „Konzerteinspielung des Jahres (18. Jh.)“ ausgezeichnet. Henning Kraggerud ist eine außergewöhnliche Mehrfachbegabung: Er ist ein Weltklasse-Virtuose, viel gefragter Violin-Pädagoge (u.a. der Mentor der bekannten Geigerin Vilde Frang), künstlerischer Leiter mehrerer Kammerorchester und einer der meist­ gespielten nordischen Komponisten des 21. Jahrhunderts. Ausgestattet mit einer glasklaren künstlerischen Vision, wunderbarer Musikalität und einem unverwechselbar lyrischen Geigenton kreierte Kraggerud mit dem Norwegian Chamber Orchestra eine Einspielung für alle, die aufregenden Mozart hören wollen, doch ohne die Manierismen einer häufig aus den Fugen geratenen, nur vermeintlich historischen Aufführungspraxis. Zugleich zeigt sich, dass ein lyrischer MozartTon nicht im Kontrast zu historischer Informiertheit stehen muss. Und gerade diese Kombination macht Kraggeruds Mozart so erfrischend und bedeutend.

Realisation und Weiterentwicklung der unvollendeten Skizzen von Yoel Gamzou

International Mahler Orchestra Yoel Gamzou WERGO WER51222

Gustav Mahler war von Beginn an das große Vorbild Yoel Gamzous, als dieser als Zwölfjähriger beschloss, eines Tages Dirigent werden zu wollen. Auf den Spuren Gustav Mahlers wandelt der 1988 geborene Israeli seither bis heute. Dazu passt, dass Gamzou sich nicht nur als Orchesterleiter versteht. Seine Berufsauffassung beinhaltet auch ein erhebliches schöpferisches Moment. Bereits 2006, im Alter von 19 Jahren, gründete Gamzou sein eigenes Ensemble: das International Mahler Orchestra. 2010 erstellte er eine eigene neue Rekonstruktion von Gustav Mahlers lediglich fragmentarisch überlieferter zehnter Sinfonie, die sich wesentlich enger als alle bisherigen Rekonstruktionsversuche an das von Mahler hinterlassene Originalmaterial hielt. Mit der Einspielung seiner Sin­ fonie-Rekonstruktion für das Label WERGO machte Yoel Gamzou weltweit Furore und wurde nun auch von der Jury des ECHO Klassik für den Nachwuchspreis im Fach Dirigat ausgewählt. Der Dirigent ist übrigens der frischgebackene Musikdirektor des Theaters Bremen, sodass insbesondere das deutsche Publikum sich auf viele spannende Konzerte des hochbegabten Dirigenten freuen kann.

Als langjähriger GMD der Bayerischen Staatsoper verfügt Kent Nagano über ein tiefes Verständnis für die Musik von Richard Strauss, für die klang­ liche Strauss-Tradition sowie über authentische Quellen innerhalb der Familie Strauss. Weniger bekannt ist, dass auch die Göteborger Symphoniker eine be­acht­ liche Strauss-Tradition nachweisen können. Bereits in seiner ersten Konzertsaison 1905/1906 spielte das Orches­ter „Don Juan“. Die „Alpensinfonie“ kam 1975 unter Otmar Suitner ins Repertoire und ist seither eines der beliebtesten Stücke des Orchesters und Publikums geworden. Als Kent Nagano 2013 zum Ersten Gastdirigenten ernannt wurde, plante er mit den Göteborger Symphonikern die großen symphonischen Dichtungen Richard Strauss’ in einer Serie auf CD zu produzieren. Diese Aufnahme der „Alpensinfonie“ zeigt Kent Naganos ganz persönlichen Ansatz: Hier steht nicht das Bombas­ tische im Vordergrund, sondern die feinen emotionalen Veränderungen, die Farben und Schattierungen der gewaltigen und eindrucksvollen Landschaft. Die inneren Reaktionen des Wanderers, die Strauss innerhalb seiner gewaltigen Partitur so meisterhaft und fast kammermusikalisch geformt hat, wurden selten so detailliert und plastisch gestaltet. Eine musikalische Wanderung in bildmächtigen Farben.

Ausgabe 2017/3

19


CLASS : aktuell ECHO KLASSIK-GEWINNER 2017

Konzerteinspielung des Jahres (19. Jh.)

Konzerteinspielung des Jahres (20. /21. Jh.)

Konzerteinspielung des Jahres (20. / 21. Jh.)

Solistische Einspielung des Jahres (20. / 21. Jh. | Klavier)

Tchaikovky & Shostakovich Violin Concertos Linus Roth London Symphony Orchestra, Thomas Sanderling

Valery Kikta (*1941) Andrey Rubtsov (*1982) Andrey Eshpai (1925-2015) Russische Oboenkonzerte Maria Sournatcheva, Oboe Göttinger Symphonie Orchester Christoph-Mathias Mueller, Ltg.

Béla Bartók (1881-1945) Konzert für 2 Klaviere, Schlagzeug und Orchester Victor Babin (1908 -1972) Konzert Nr. 2 für 2 Klaviere und Orchester Piano Duo Genova & Dimitrov (Aglika Genova und Liuben Dimitrov) Dobri Paliev und Plamen Todorov, Schlagzeug Bulgarian National Radio Symphony Orchestra, Yordan Kamdzhalov, Dirigent

Klavierwerke um den Russischen Futurismus Werke von Arthur Lourié, Alexander Mosolov, Nikolaj Obuchov, Sergej Protopopov, Nikolaj Roslavets, Alexander Skrjabin, Igor Strawinsky und Ivan Wyschnegradsky Thomas Günther, Steinway D Flügel

Challenge Classics CC 72689 (Hybrid SACD)

Linus Roth, der bereits als „Bester Nachwuchskünstler 2006“ mit dem ECHO Klassik ausgezeichnet wurde, konzertiert seit mehr als 20 Jahren auf internationalen Podien mit Tschaikowskys Violinkonzert und präsentiert hier die erste Aufnahme der Originalfassung. Nach seiner weltweit ersten kompletten Einspielung aller Werke für Vio­ line von Mieczysłav Weinberg erweist sich hier in Anlehnung daran auch Schostakowitschs 2. Violinkonzert mit dem London Symphony Orchestra unter der Leitung von Thomas Sanderling als „künstlerisch eminent anspruchsvoll“ (Pizzicato). Das London Symphony Orchestra bestätigt mit dieser Einspielung einmal mehr seinen Ruf, ein einzigartiges Orchester zu sein. Challenge Classics hat bereits zahlreiche CDs mit Linus Roth veröffentlicht: den Violinsonaten von Brahms und Schumann mit José Gallardo folgten alle Werke für Violine und Klavier von Weinberg. Die daraufhin entstandene Aufnahme der Violinkonzerte von Britten und Weinberg mit dem DSO Berlin wurde ebenso vom Gramophone Magazin als „Editor‘s Choice“ prämiert, wie auch seine CD mit dem Württembergischen Kammerorchester Heilbronn. Das Aufnahme-Team von MotorMusic macht diese Hybrid-SACD auch klanglich zum exquisiten Ereignis.

MDG 901 1947-6 (Hybrid-SACD)

Der Anfang erinnert nicht von ungefähr an den Beginn von Strawinskys „Sacre“: Wie improvisiert verliert sich die SoloOboe in einer verträumten Melodie… Und passender könnte der Auftakt zur Debüt-SACD von Maria Sournatcheva nicht ausfallen: Folkloristische Elemente durchziehen das Programm, das Werke Moskauer Komponisten aus drei Generationen umfasst. Mit dem Göttinger Sinfonieorchester unter der Leitung von Christoph-Mathias Mueller steht der jungen Preisträgerin des ARD-Wettbewerbs ein überaus kompetentes Ensemble zur Seite. Eher kammermusikalisch gibt sich Kiktas drittes Konzert, das sich in der Begleitung auf ein Streichorchester beschränkt – ebenso wie das Werk des 1982 geborenen Andrey Rubtsov, der als weltweit gefragter Oboist die Möglichkeiten seines Instruments virtuos einzusetzen versteht. Rubtsov besinnt sich auf die beachtliche klassizistische Tradition seiner Heimat; ein stimmungsvolles Larghetto trennt die beiden rhythmisch attraktiven Außensätze, die in einer frech-ausgelassenen, auch für das Orchester überaus anspruchsvollen Burleske kulminieren. Krönender Abschluss ist das ambitionierte Konzert Andrey Eshpais. Der Altmeister der Nachkriegsavantgarde ist 2015 im Alter von 90 Jahren verstorben. In zeitgemäßer Kompositionsweise zaubert er eine ganz eigene Tonsprache, die die urgewaltige Kraft der Volkskunst im russischen Viel­ völkerreich auf faszinierende Weise neu zum Klingen bringt.

20

cpo 555 001-2

Konzerte für zwei Klaviere und Orchester von Felix Mendelssohn und Max Bruch gehören bei Klavierduos zum Kernrepertoire der deutschen Romantik und wurden vom Klavierduo Genova & Dimitrov ebenso eingespielt wie die Konzerte von Francis Poulenc, Darius Milhaud und Robert Casadesus. War das Klavier bis zu diesen genannten Komponisten vor allem Träger komplexer melodischer und harmonischer Zusammenhänge, so rückt der ungarische Komponist, Pianist, Volksmusikforscher, Herausgeber und Pädagoge Béla Bartók das Klavier, respektive die Klaviere, ästhetisch ganz in die Nähe des Schlagzeugs. Kombiniert wird sein Konzert für zwei Klaviere mit dem Konzert für zwei Klaviere von Victor Babin. Der 1972 verstorbene US-Amerikaner Viktor Genrikhovich Babin hat sich der Musikgeschichte vor allem als Pianist eines be­rühmten Klavierduos eingeschrieben. Mit seiner Ehefrau zusammen bildete der große, kräftige Sohn einer russisch-jüdischen Familie das Duo „Vronsky & Babin“. Babin studierte in Berlin Komposition bei Franz Schreker und Klavier bei Arthur Schnabel. Sein Konzert für zwei Klaviere und Orchester atmet einen neoklas­ sizistischen Geist aus der Tradition der russischen Motoriker Strawinsky und vor allem Prokofjew.

Ausgabe 2017/3

Cybele 4S 161405 (4 Hybrid-SACDs im Schuber)

Der Pianist Thomas Günther beschäftigt sich mit dem Repertoire russischer Komponisten aus dem geistigen Umfeld des Futurismus. Seit seiner ersten Begegnung mit diesen Werken, anlässlich der Berliner Festwochen 1983, hat er sich immer wieder intensiv mit ihnen beschäftigt und sich dabei neue interpretatorische Facetten und ein tiefes Verständnis ihrer kompositorischen Strukturen erarbeitet. Auf der Basis dieser Erfahrungen entfaltet sich nun überhaupt erst die besondere narra­ tive Qualität dieser Werke, die sich auf verblüffende Weise als unmittelbar ansprechende musikalische Formulierungen erweisen, eben um jene futuristischen Versuche in einer neuen und zeitgemäßen Sprache auszudrücken. Vom italienischen Futurismus gingen seit 1909 künstlerischen Impulse aus mit denen sich die russische Kunstszene fruchtbar aber nicht unkritisch auseinander setzte. Die musikalisch entscheidenden Einflüsse lieferte jedoch hauptsächlich das kompositorische Spätwerk von Alexander Skrjabin, der bereits gegen 1909 eine nicht mehr tonale Kompositionsweise entwickelt hatte. Die Anthologie „Klavierwerke um den Russischen Futurismus“ dokumentiert nun erstmals in diesem Umfang die bemerkenswerten musikalischen Experimente einer jungen Komponistengeneration, die in der künstlerischen und gesellschaftlichen Aufbruchstimmung der 1910er und 20er Jahre ihre Wurzeln hat.


CLASS : aktuell ECHO KLASSIK-GEWINNER 2017

Operneinspielung des Jahres (20. / 21. Jh.)

Kammermusikeinspielung des Jahres (20. / 21. Jh. | Gem. Ensemble)

Kammermusikalische Einspielung des Jahres (20. / 21. Jh. | Bläser)

Sinfonische Einspielung des Jahres (19. Jh.)

Alban Berg: Wozzeck Roman Trekel (Wozzeck) Anne Schwanewilms (Marie) Marc Molomot (Tambourmajor) Nathan Berg (Doktor) Houston Symphony Orchestra, Hans Graf

Franz Schmidt (1874 -1939) Quintett in A-Dur für Klavier linke Hand, Klarinette und Streichtrio Linos Ensemble (Konstanze Eickhorst, Klavier li. Hand Rainer Müller van Recum, Klarinette Winfried Rademacher, Violine Matthias Buchholz, Viola Mario Blaumer, Cello)

Rendez-vous Russe Werke von Schostakowitsch, Scriabin, Prokofiev, Rachmaninoff und Gubaidulina Trio op. 8 (Version 1889) & op. 87 Eva van Grinsven, Saxophon

Hans Rott (1858 -1884) Symphonie Nr. 1 Mozarteumorchester Salzburg Constantin Trinks

MDG 903 1951-6 (Hybrid-SACD)

Einen ganz persönlichen Beitrag wolle er, Constantin Trinks, zur Würdigung des Genies Hans Rott und zur Ver­ breitung seines Hauptwerkes leisten. „Nicht ohne Stolz zähle ich mich zu den ersten „ Jüngern“ nach der sen­ sationellen, zuerst aber eher weniger beachteten Neuentdeckung dieses Kunstwerks im Jahr 1989. So fiel mir die CD der Ersteinspielung mit dem Cincinnati Philharmonia Orchestra unter Gerhard Samuel, den Interpreten der Uraufführung, bereits kurze Zeit nach Veröffentlichung in die Hände. Diese entfachte sofort meine jugend­ liche Begeisterung, kam doch in dieser Musik hörbar Rotts Verehrung für Wagner und Bruckner – den Leitsternen meiner Jugend – zum Aus­druck.“ Hans Rott war ein hochbegabter Komponist des 19. Jahrhunderts, BrucknerSchüler und Mahler-Kommilitone in Wien, der im Alter von nur 21 Jahren eine hoch ambitionierte Sinfonie von Brucknerschen Dimensionen schrieb, und welche Gustav Mahler als wichtige Inspirationsquelle dienen sollte; der dann aber in geistige Verwirrung und Depressionen verfiel und die letzten fünf Jahre seines kurzen Lebens – Rott starb nicht ganz sechsundzwanzig­ jährig – in der geschlossenen Anstalt verbringen musste. „Zurecht erhält diese fast vergessene Sinfonie von Hans Rott einen Echo – Constantin Trinks ist eine erstklassige Referenz­ einspielung gelungen, die Maßstäbe setzt!“ betont Günter Hänssler.

NAXOS 8.660390-91 (2 CDs)

Alban Bergs Oper „Wozzeck“ spiegelt wie kein anderes Werk die gesellschaftliche Verfassung Deutschlands in der Zeit zwischen den Weltkriegen wider. Unabhängig von ihrem Rang als musikalisches Schlüsselwerk des 20. Jh. ist die Oper deswegen auch ein zeitgeschichtliches Dokument. Mit einer herausragenden Besetzung konnte der langjährige musikalische Leiter des Mozarteum-Orchesters Salzburg sowie des Houston Symphony Orchestras Hans Graf Bergs geniales Stück an der langjährigen musikalischen Wirkungsstätte des großen Dirigenten für Naxos konzertant einspielen. Dem bedeutenden Dresdner Bariton Roman Trekel gelang in seiner Rolle als Wozzeck ein beeindruckend dichtes Seelengemälde des Soldaten Wozzeck, der durch Demütigung zum Mörder wird. Anne Schwanewilms, die seit Jahren zu den eindrucksvollsten deutschen Sopranistinnen zählt, als Wozzecks untreue Frau Marie brilliert ebenfalls in ihrer Rolle. Als eine herausragende Einspielung kürte die Jury des ECHO Klassik die Naxos-Produktion von Alban Bergs „Wozzeck“ zur Operneinspielung des Jahres (20./21. Jh.).

cpo 555 026-2

Das Quintett für Klavier (linke Hand), Klarinette und Streichtrio A-Dur ist das letzte große Werk, das Franz Schmidt vor seinem Tode hat vollenden können, und es ist das letzte der drei Quintette für den Pianisten Paul von Wittgenstein, der im Ersten Weltkrieg seinen rechten Arm verloren, sich aber keineswegs als Invalide zurückgezogen hatte. Schon einige Jahre vorher hatte Schmidt für Wittgenstein ein gleich besetztes Werk (Quintett B-Dur) geschrieben, das allerdings knapper dimensioniert ist. Das A-Dur-Quintett dauert rund eine Stunde und fasst noch einmal das Ideal des Komponisten vom Klavier zusammen: äußerste Transparenz, kein OrchesterErsatz, dazu ein besonders delikat benutztes Ensemble. Der zweite Satz ist ein ausgedehntes, poetisches Solo des Klaviers. Wittgenstein hatte gefürchtet, dass dieses Stück in einem Kammerkonzert nicht „ankäme“, worauf ihm Schmidt einen zweiten langsamen Satz komponierte (die CD enthält natürlich sämtliche fünf Sätze). Im Finale variiert der Komponist ein Thema von Josef Labor, dem einstigen Lehrer seines Auftraggebers Wittgenstein. Darin zieht er in mozartischer Leichtigkeit alle Register seines Könnens – bis hin zum „all‘ ungherese“ (Schmidt war geborener Ungar und hat sich zeit­ lebens als solcher gefühlt).

„Rendez-vous russe“ spürt der sprichwörtlichen „russischen Seele“ nach, die sich in tief empfundener Emotionalität und betörender Melancholie Ausdruck verschafft. In überaus wandlungsfähigem Klang verschmilzt Eva van Grinsvens Saxofon mit den übrigen Instrumenten, und die feine Artikulation mit ihrer unglaublichen Nähe zur menschlichen Stimme berührt auf besondere Weise. Das trifft natürlich ganz besonders auf die Lieder von Sergej Rachmaninoff zu. Faszinierend auch das Ergebnis eines vordergründig äußerst gewagten Experiments: In Dmitrij Schostakowitschs meisterhaft-jugendlichem, erst posthum veröffentlichen Klaviertrio übernimmt das Saxophon den Cellopart – und verhilft mit seinen enormen dynamischen Möglichkeiten dem Werk zu einer nie dagewesenen Transparenz. Die Reminiszenzen an den russischorthodoxen Kirchengesang entfalten bei Sofia Gubaidulinas Duo Sonata eine frappante Wirkung. Dass mit Lars Niederstraßer ein weiterer SaxophonSpieler mit von der Partie ist, sorgt für eine besonders harmonische Verbindung der beiden Instrumente, die in der dreidimensionalen Wiedergabe dieser fein ausbalancierten Super Audio CD die sakrale Illusion perfekt macht.

Ausgabe 2017/3

21

Profil Edition Günter Hänssler PH15051


CLASS : aktuell ECHO KLASSIK-GEWINNER 2017

Sinfonische Einspielung des Jahres (20. / 21. Jh.)

Welt-Ersteinspielung des Jahres

Editorische Leistung des Jahres

Audiophile Mehrkanaleinspielung des Jahres

Järvi conducts Ibert Orchestre de la Suisse Romande, Neeme Järvi

Georg Philipp Telemann  (1681-1767) 12 Fantasien für Gambe solo Thomas Fritzsch

CHANDOS CHSA-5168 (Hybrid SACD)

Coviello CLASSICS COV91601

Marie Jaëll (1846-1925) Complete Works for Piano Cora Irsen, Klavier WDR Funkhausorchester Arjan Tien, Dirigent

Gustav Mahler (1860-1911) Lieder eines fahrenden Gesellen Kindertotenlieder Rückert-Lieder Gerhild Romberger, Mezzosopran Alfredo Perl, Klavier

Innerhalb der Groupe des Six sticht Jacques Ibert mit seinem eigenen Stil heraus, indem er ihn mit Elementen des Impressionismus erweitert und später noch Teile des Neoklassizismus hinzufügt. Daraus ergibt sich eine ganz eigene Klangsprache, die sich durch Eleganz und feinsinnigen Humor auszeichnet. Neeme Järvi und das Orchestre de la Suisse Romande nehmen sich der Werke an und lassen die Musik regelrecht unter dem Motto Dynamik! Dynamik! Dynamik! erstrahlen. Wo die Escales noch eine exotische Atmosphäre verbreiten, wird spätestens mit der Ouverture du fête, welche zum 2600sten Jubiläum der Gründung des japanischen Kaiserreiches in Auftrag gegeben wurde, ein klanggewaltiges Gewitter losgelassen. Das anschließende Divertissement zeigt dann einen Ibert, der sich nicht scheut, zwischen unterschiedlichen Musikstilen und laut/leise Passagen zu wechseln. Mal erklingt ein Hochzeitsmarsch, dann wieder Trillerpfeifen in Verbindung mit den verschiedensten Rhythmen. Auch die beiden 1956erWerke Hommage à Mozart und Bacchanale werden von Järvi und seinen Musikern mehr als gekonnt mit einer Leichtigkeit in Szene gesetzt, die fast schon erschreckend ist, aber niemals einen Hauch von Leichtfertigkeit versprüht. Iberts Werke sind voller Spektakel, sie reißen den Zuhörer mit und lassen ihn nicht wieder los. In Verbindung mit dem brillanten Chandos-Sound ergibt sich daraus eine unbedingte Anhör-Empfehlung! Denn: Dynamik! Dynamik! Dynamik!

Das Aufsehen in der Musikszene war groß vor eineinhalb Jahren: Thomas Fritzsch, dem unermüdlichen Novitäten-Sammler für sein Instrument, war ein echter Coup gelungen. Georg Philipp Telemanns 12 Fantasien für Viola da Gamba solo galten als so etwas wie das verschollene Bernstein-Zimmer der Gambenmusik: Ihre Veröffentlichung im Jahre 1735 war belegt, doch schien kein einziges Druckexemplar die Zeiten überdauert zu haben. Eben dieses hat Fritzsch 280 Jahre später in einer Privatbibliothek doch noch entdeckt. Der Sensationsfund hielt allen Echtheitsprüfungen stand. Telemann fasst in diesen Solo­ stücken den damals aktuellen Stand aller musikalischen und technischen Möglichkeiten für die Gambe zusammen. Einmal mehr gießt er, wie es das Magdeburger Telemann-Zentrum beschreibt, „ein Füllhorn musikalischer Ideen aus, besticht durch eine erstaunliche Kenntnis der Spielmöglichkeiten des Instrumentes und erweist sich als ein Meister der intimsten kammer­ musikalischen Form.“ Thomas Fritzsch brachte ein echtes Juwel ans Tageslicht und sorgte neben der Noten-Edition auch gleich selbst für die technisch wie musikalisch äußerst versierte Einspielung auf CD. Jetzt wird sie als Welt-Ersteinspielung des Jahres mit dem Echo Klassik gewürdigt.

22

querstand VKJK 1713 (5-CD-Box)

Die 5-CD-Box „Marie Jaëll: Complete Works for Piano“ mit der Pianistin Cora Irsen, veröffentlicht in Kooperation mit dem Westdeutschen Rundfunk, erschließt das umfängliche kompositorische Schaffen der Elsässerin Marie Jaëll für das Klavier. Die Gattin des Pianisten Alfred Jaëll und Vertraute von Franz Liszt ist als Klavierpädagogin noch heute leidlich bekannt, ihr eigenes kompositorisches Schaffen hingegen blieb bisher stark unterbelichtet. Ein Fehler, wie beispielsweise die auf der zweiten CD zu hörenden „18 pièces pour piano d’après la lecture de Dante“ unter Beweis stellen: ein Ausnahmewerk der Epoche! Der Zyklus zeigt die Komponistin als faszinierende Wegbereiterin der Moderne und insbesondere der französischen impressionistischen Schule, die die Möglichkeiten ihres Instruments aufs Intelligenteste ausreizt. Die Teile 1 und 3 der Edition (zweitgenannte eine Doppel-CD) enthalten Einzelwerke und MiniaturenSammlungen. Die letzte CD bringt die beiden Klavierkonzerte Jaëlls aus den 1880er Jahren zu Gehör. Mit dieser Auszeichnung würdigt die Jury insbesondere auch das große Engagement der Pianistin Cora Irsen, die mit dieser Einspielung das Klavierschaffen von Marie Jaëll wieder in das öffentliche musikalische Bewusstsein bringen möchte.

Ausgabe 2017/3

MDG 903 1972-6 (Hybrid-SACD)

Unstillbare Sehnsucht, herzzerreißender Schmerz, brennendes Verlangen – in Gustav Mahlers Liedern erreicht die romantische Gefühlswelt unzweifelhaft einen großartigen Höhepunkt. Die virtuos instrumentierten Orchesterpartituren lenken das Ohr allerdings immer wieder besonders auf die raffinierte klangliche Delikatesse des Fin de Siècle. Umso schöner, dass wir mit Gerhild Rombergers und Alfredo Perls Neuaufnahme der Klavierfassungen jetzt wieder ganz im emotionalen Extrem aufgehen dürfen! Man höre nur einmal den zerrissenen Tonfall der vier „Lieder eines fahrenden Gesellen“! Von vordergründiger Heiterkeit („Ging heut morgen übers Feld“) über das Wechselbad von schönster Erinnerung und unerfüllbarer Liebe („Wenn mein Schatz Hochzeit macht“) bis zu äußerster Verzweiflung („Ich hab ein glühend Messer in meiner Brust“) lassen Romberger und Perl ihr Publikum mit angehal­ tenem Atem mitfiebern. Die „Kindertotenlieder“ berühren ganz besonders. Aus Friedrich Rückerts sage und schreibe 428 Gedichten, geschaffen unter dem Eindruck des Todes zweier seiner Kinder, hat Gustav Mahler fünf ausgewählt, die in Text und Musik gleichermaßen zu Herzen gehen. Die „Rückert-Lieder“ runden das Programm ab, darunter „Liebst du um Schönheit“ ist Alma Mahler nach der Hochzeit zugeeignet, und bezeichnenderweise hat Mahler dieses Lied nie orchestriert.


Fotos: Innenraum © Michael Zapf; Hauptkirche St. Michaelis / Peter Vette

CLASS : aktuell

Klassik: XL Benefizkonzert ECHO Klassik- Preisträger präsentieren die Vielfalt der Klassik

D

as letzte Oktoberwochenende steht in Hamburg ganz im Zeichen der Preis­ verleihung des renommierten deut­ schen Musikpreises ECHO Klassik. Am 28. Oktober, am Vorabend der vom ZDF auf­ gezeichneten Gala aus der neuen Elbphilharmo­nie, präsentieren sich zahlreiche ECHO Klassik- Preis­ trägerInnen im Rahmen des Benefizkonzertes Klassik: XL an einem ebenfalls sehr geschätzten, ehrwürdigen Konzertort der Hansestadt: in der St. Michaelis Kirche. Bereits zum fünften Mal stellt CLASS, der Verband unabhängiger Klassiklabels und Klassik­ vertriebe, hierfür ein hoch interessantes Pro­ gramm zusammen, das abseits von jeglichem Quotenrummel die Vielfalt der klassischen Musik widerspiegelt. Dazu reisen ECHO Klassik-Preis­ träger aus dem In- und Ausland an. Während bei der offiziellen ECHO-KlassikVerleihung nur Zeit für kurze Kostproben bleibt, erleben die Konzertbesucher am Klassik:XLAbend gleich neun vollständige Programme! Konzentration auf die Musik und Repertoire-

Die evangelische Hauptkirche Sankt Michaelis, auch Michel genannt, ist die bekannteste Kirche Hamburgs und dem Erzengel Michael geweiht. Mit einer Höhe von 132,14 m ist der Turm der Kirche für die nach Hamburg einlaufenden Schiffe das erste Gebäude, das sie von der Hansestadt zu sehen bekommen und gilt daher seit Langem als Wahrzeichen Hamburgs.

Entdeckungen stehen hier also im Vordergrund. Wobei sich die auftretenden Künstler nun wirklich nicht zu verstecken brauchen: Christoph Schoener, Harald Vogel und Leo van Dooselaer, international geschätzte Konzertorganisten, wer­ den mittels der vier Orgeln im Innenraum des Ausgabe 2017/3

23

Michel das Kirchenschiff in einen Klangraum verwandeln. Thomas Fritzsche, einer der herausragenden Gambisten unserer Tage, hat mit detektivischem Spürsinn die lange verschollen geglaubten 12 Fantasien für Viola da Gamba von Telemann


CLASS : aktuell Fotos der Orgeln: © Peter Vette

Fotos von oben nach unten: Die große Orgel, Deckenrossette des Fernwerks im Dachboden, Die Konzertorgel, die Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Orgel und der Zentralspieltisch

Der Michel – Sehens- unD Wissenswertes Das heutige Gebäude ist ein Wiederaufbau aus dem Jahre 1912, nachdem die Kirche 1906 abgebrannt war. www.st-michaelis.de Der Michel in Zahlen und im Detail: 52 Meter lang – 44 Meter breit – 27 Meter hoch – Platz für mehr als 2.500 Menschen 5 Orgeln, davon drei über den zentralen Spieltisch gleichzeitig spielbar. www.st-michaelis.de/rundgang/michel-kompakt Lust auf einen virtuellen Rundgang durch den Michel? www.st-michaelis.de/rundgang/virtueller-rundgang/rundgang-durch-die-kirche Michel bei Nacht? Auch nach den offiziellen Öffnungszeiten haben Sie die Möglichkeit, auf den Turm zu gelangen, um von der Aussichtsplattform des Hamburger Wahrzeichens einen grandiosen Blick über die attraktive nächtliche Millionenstadt zu genießen. www.nachtmichel.de

Die Orgeln im Michel Die große Orgel (1962): 5 Manuale, Pedal, 86 Register, 6.697 Pfeifen

www.michel-musik.de/?id=284 Das Fernwerk im Dachboden (ursprünglich 1912): 2 Manuale, Pedal, 17 Register,

1.222 Pfeifen wird über den Zentralspieltisch gespielt. Der Klang gelangt über einen ca. 20 m langen Schallkanal über eine Deckenrosette in der Mitte der Kirchendecke in 26 m Höhe in den Kirchenraum. www.michel-musik.de/orgeln/die-orgeln/das-fernwerk-im-dachboden/ Die Konzertorgel (1914): 2 Manuale, Pedal, 42 Register, 2.671 Pfeifen www.michel-musik.de/orgeln/die-orgeln/die-konzert-orgel/

Vom Zentralspieltisch (2009) können Die Große Orgel, Die Konzert-Orgel und das Fernwerk gespielt werden. Er verfügt über fünf Manuale, 145 Register und zahlreiche Sonderfunktionen. Der Zentralspieltisch arbeitet elektrisch beziehungsweise elektronisch. Dadurch ist es möglich, sämtliche neun Manual- und drei Pedalwerke nahezu beliebig den einzelnen Klaviaturen zuzuweisen. Dies eröffnet ungeahnte Kombinationen, wie sie nur an sehr wenigen Orgelanlagen gegeben sind. Je nach stilistischer Ausrichtung eines Musikwerks kann der Organist das Gesamtensemble – vergleichbar den Instrumentengruppen eines Orchesters – jeweils optimal positionieren sowie dynamisch und in den Klangfarben ausbalancieren. Die Intonation aller drei Teilorgeln ist dabei so sorgsam abgestimmt, dass im Kirchenraum nicht immer erkennbar ist, welches Register welcher Orgel gerade angespielt wird. Garantiert ist jedoch stets ein überwältigendes Raumerlebnis. Hier sehen und hören Sie den Zentralspieltisch in Aktion Foto Zentralspieltisch: © Michael Zapf

www.michel-musik.de/orgeln/video-orgeln-cd-echo-klassik/ Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Orgel (2010): 2 Manuale, Pedal, 13 Register, 676 Pfeifen

www.michel-musik.de/orgeln/die-orgeln/die-carl-philipp-emanuel-bach-orgel/ Krypta-Orgel „Felix Mendelssohn Bartholdy“ (1917): 2 Manuale, Pedal, 7 Register, 435 Pfeifen www.michel-musik.de/orgeln/die-orgeln/die-krypta-orgel/

24

Ausgabe 2017/3


CLASS : aktuell

Au f e i n e n B l i c k

www.leovandoeselaar.com | Foto: © Marco Borggreve

Klassik: XL Benefizkonzert

28. Oktober 2017 um 19.30 Uhr Hauptkirche St. Michaelis

Foto: © Daniel Maria Deuter

Englische Planke 1, 20459 Hamburg Tickets: 22 Euro (einschl. HVV-Ticket zzgl. Vorverkaufsgebühr) unter 040 - 45 58 02 Konzertkasse Gerdes / www.konzertkassegerdes.de und bundesweit bei allen Vorverkaufsstellen

Organist, Pianist, Kammermusiker und Liedbegleiter

Leo van Doeselaar

Leo van Doeselaar

Kammerorchester

dogma chamber orchestra Gründung 2004 durch Konzertmeister Mikhail Gurewitsch, besteht aus jungen international erfahrenen Musikern, die zeitgerechte Interpretationen klassischer Musik mit moderner Konzertgestaltung verbinden, Repertoire umfasst Barock, Klassik, Romantik, zeitgenössische Musik und Eigenkompositionen, moderieren ihre Auftritte selber, spielen grundsätzlich im Stehen, verfügen über eine außergewöhnliche Diskografie.

Thomas Fritzsch

Gambist und Forscher

Thomas Fritzsch in Zwickau geboren, erster Violoncellounterricht am Robert Schumann Konservatorium seiner Heimatstadt, Spezialist für die Musik des 17. und 18. Jahrhunderts, ihm gelingen immer überraschende Entdeckungen in scheinbar bekanntem Terrain (siehe Diskografie), zählt heute zu den weltweit renommierten Gambisten. Saxophonistin

Eva van Grinsven 2008 Abschluss am Amsterdamer Konservatorium mit Auszeichnung, im selben Jahr erste Auszeichnung für ihr Duo „Sax & Stix“, 2013 Gewinn des Jury- und Publikumspreises mit dem Ber­ lage Saxophone Quartett beim Dutch Classical Talent Award, weitere Auszeichnungen folgen, tritt als Solistin, im Duo, im Quartett aber auch mit großen Orchestern auf, abwechslungsreiche farbige Diskografie. www.evavangrinsven.com | Foto: © Sarah Wijzenbeek

www.dogmaorchestra.com | Foto: © Gelucka/ BERTHOLD records

wieder aufgefunden; er wird eine Auswahl daraus vorstellen. Forschend und sammelnd waren auch die Pianisten Thomas Günther und Cora Irsen tätig. Thomas Günther spielt (auch unbekannte) Klavierwerke russischer Komponisten und Cora Irsen hat sich der Werke Marie Jaëlls angenommen, einer französischen Pianistin und Komponistin. Freuen Sie sich auch auf das SaxophonDuo Eva van Grinsven und Lars Niederstrasser mit einem Programm von Barock bis Bartók. Der norwegische Geiger Henning Kraggerud und das dogma chamber orchester sind weitere Gäste des bunten, spannenden Abends.

Orgel- und Klavierstudium bei Gerard Akkerhuis in Den Haag und am Amsterdamer Sweelinck Conservatorium, Abschluss mit beiden Solistendiplomen, verschiedene hohe Auszeichnungen, konzertiert regelmäßig in Europa und in den USA und bildet seit 1977 mit Wyneke Jordans ein ebenso erfolgreich konzertierendes Klavierduo, hat eine umfangreiche Diskografie eingespielt.

dogma chamber orchestra

Eva van Grinsven

Ausgabe 2017/3

25


Thomas Günther

Harald Vogel

Pianist und Kammermusiker

Violinist und Komponist

Thomas Günther

Henning Kraggerud

Ausbildung an der Folkwang-Hochschule Essen und an der Universität der Künste Berlin, erster solistischer Auftritt 1983 bei den Berliner Fest­ wochen, Programmschwerpunkte sind klassi­ sches Repertoire und Werke J. S. Bachs sowie russischer Futuristen, konzertiert in Europa, Südamerika und China, gründete 2004 den Internationalen Rotary-Klavierwettbewerb.

geboren in Oslo, studierte bei Camilla Wicks und Emanuel Hurwitz, ausgezeichnet mit dem Ole Bull Award, Spellemann- und GammelengprisenAward, Professor am Barratt Due Institute of Music in Oslo und seit September 2015 Inhaber des internationalen Lehrstuhls für Violine am Royal Northern College of Music in Manchester, umfangreiche und sehr abwechslungsreiche Diskografie.

Pianistin

Christoph Schoener geboren in Heidelberg, Studium an der Frei­ burger Musikhochschule, kirchenmusikalisches A-Examen und Solistendiplom im Fach Orgel, Assistent von Ludwig Doerr in Freiburg, Studium

www.henningkraggerud.com Foto: © Kaupo Kikkas

aufgewachsen in einer Musikerfamilie, Klavier­ unterricht ab vier, Preisträgerin verschiedener Musikwettbewerbe, konzertiert in Europa, Japan und Australien, Diskografie mit außergewöhn­ lichen Themen, Veröffentlichung des gesamten Klavierwerks und einer Biografie von Marie Jaëll.

Kirchenmusikdirektor an der Hauptkirche St. Michaelis in Hamburg

Henning Kraggerud

Christoph Schoener

26

Cora Irsen

in Paris mit Premier Prix à l’unanimité, inter­ nationale Konzerttätigkeit, zahlreiche Rundfunk­ aufnahmen, umfangreiche Diskografie. Organist, Organologe und Herausgeber Alter Musik

Harald Vogel gilt als führende Autorität auf dem Gebiet der norddeutschen Orgelmusik, gründete 1972 die Norddeutsche Orgelakademie mit dem Ziel, die alte Spielweise auf originalen Orgeln zu vermitteln, lehrt seit 1994 als Professor an der Hochschule für Künste Bremen, hat als Orgelsachverständiger viele Restaurierungs- und Neubauprojekte in aller Welt betreut. www.christophschoener.de | Foto: © Michael Zapf

Cora Irsen

www.corairsen.com | Foto: © Guido Werner

Foto: © Cybele Archiv

Foto: © Christa Bahlmann

CLASS : aktuell

Ausgabe 2017/3


CLASS : aktuell

Johann Sebastian Bach / John Cage: Choräle Vielleicht ist es die reinste Musik, die Suiten für Violoncello solo von Johann Sebastian Bach, eine Musik, die keiner Erklärung oder Hintergrunddeutung bedarf. Ich bin der Überzeugung, dass Johann Sebastian Bach mit den Suiten uns eines seiner großartigsten Bekenntnisse hinterlassen hat, einen „Gradus ad Parnassum“, der in sechs Stufen eine geistige und technische Herausforderung durchmisst, die einzigartig in der Geschichte der Musik für unser Instrument ist und wohl auch bleibt. Mein Kollege und Freund, Prof. Peter Langgartner vom „Mozarteum“ in Salzburg hatte mich darauf aufmerksam gemacht, dass sich im Prélude der ersten Suite der Luther Choral „Vom Himmel hoch, da komm ich her“ verbirgt. Ich hatte schon immer vermutet und war dankbar für diese Bestätigung, dass in den Cellosuiten Choräle und Glaubensbotschaften eingewoben sind. Deshalb habe ich mich entschlossen, auf musikalische Art und Weise eine spirituelle Tür zu den Suiten zu öffnen und den Suiten 1, 3, und 5 im Spiegel der Klänge aus dem Werk „One 8“ von John Cage Choräle hinzugefügt, die nach meiner Überzeugung mit einer Botschaft der Suiten korrespondieren. Meine Erfahrung mit der Musik von John Cage ist eine ähnliche wie der mit Bach. Seine Musik schafft innere Sammlung, Stille. Cage sagt, Musik hätte den Zweck „den Geist zu rei­ nigen und zur Ruhe zu bringen, um ihn für gött­ liche Einflüsse empfänglich zu machen.“ Mein Sohn Immanuel intoniert die Choräle zu dieser besonderen Musik, danach erklingen jeweils zwei Bach Suiten. Julius Berger

J.S. Bach / John Cage: Choräle Julius Berger, Cello Solo Musica SM 270 (3 CDs) 3-er Vinyl Deluxe Box SMLP 271

Johann Sebastian Bach (1685 - 1750) Goldberg Variations BWV 988 Jean Muller, Klavier hänssler CLASSIC HC17059

« Dieß bewundernswürdige Werk »

D

er Luxemburger Pianist und künstlerische Leiter des Orchestre de Chambre du Luxembourg, Jean Muller, veröffentlicht Bach´s Goldberg-Variationen bei hänssler CLASSIC. Jean Muller hat sich mit Bach und den Goldberg-Variationen lange und intensiv beschäftigt und legt mit diesem Album seine konzentrierten Einsichten vor. „Geradezu monolithisch ragen die Goldberg-Variationen aus Bachs Oeuvre als einziges Werk dieser Gattung heraus. Die Herausforderung ein Stück von beträchtlicher Länge (45 - 90 Minuten je nach Häufigkeit der gespielten Wiederholungen) über eine einzige Basslinie zu komponieren ist hier mustergültig gelöst. Erstaunlich, wie das, nur von drei g-Moll-Variationen unterbrochene, andauernde G-Dur beim Hörer nicht die geringsten Ermüdungserscheinungen auslöst! » schwärmt der gefeierte Pianist. Auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft veröffentlicht Bach 1741 unter dem bescheidenen Titel „Clavier Übung bestehend in einer ARIA mit verschiedenen Veränderungen vors Clavicimbal mit 2 Manualen“ eins seiner wegweisenden Werke. Der Titel „Goldberg-Variationen“, ist dem Werk dank einer nicht belegbaren Anekdote von Bachs erstem Biographen Forkel angediehen. Diese Geschichte wurde oft fälsch­ licherweise so ausgelegt, als ob das gewaltige Werk als Einschlafhilfe konzipiert gewesen wäre. Wie auch immer: Diese Anekdote verhalf den Variationen unter anderm auch zu einem nicht geringen Bekanntheitsgrad. Für Forkel sind die Variaionen ein bewunderswürdiges Werk. Dem schließt sich der Pianist Jean Muller vorbehaltlos an. Manuela Neumann

Ausgabe 2017/3

27


CLASS : aktuell

Foto: © Christoph Asmus

Kammermusik

Hindemith / Schönberg: Streichtrios Paul Hindemith: Trio Nr. 1 op. 34 / Trio Nr. 2 Arnold Schönberg: Trio op. 45 Trio Zimmermann: Frank Peter Zimmermann, Violine Antoine Tamestit, Viola Christian Poltéra, Cello BIS-SACD-2207

Nach seinen gefeierten Einspielungen der Trios von Mozart und Beethoven macht das Trio Zimmermann nun einen großen Zeitsprung. Schönberg und Hindemith gehörten zwischen 1910 und 1920 zur Spitze der Avantgarde, doch dann gingen sie Wege, die unterschiedlicher nicht sein konnten. Während Schönberg mit der Entwicklung der Zwölftontechnik und der zweiten Wiener Schule großen Einfluss auf die spätere Musik des 20. Jahrhunderts nahm, kehrte Hindemith nach frühen Jahren der stilistischen Rebellion zu klassischen Formen zurück. Schon das relativ frühe Streichtrio Nr. 1, 1924 geschrieben, zeigt sein Interesse an Formen und Texturen barocker Musik. Im zweiten Trio kommt dann noch eine neotonale Sprache dazu, die schon vorausweist auf spätere, größere Werke wie „Mathis der Maler.“

Avantgarde trifft auf klassische Formen 1933, als Hindemith sein zweites Trio schrieb, verließ Arnold Schönberg auf der Flucht vor den Nazis Europa und übersiedelte in die USA (Hindemith folgte sieben Jahre später). Es dauerte lange, bis Schönberg in der neuen Heimat Fuß fassen konnte, und finanzielle wie berufliche Sorgen mögen der Auslöser für seine schwere Herzattacke 1946 gewesen sein. Da hatte er gerade mit der Komposition des Streichtrios begonnen, und als er es später fertigstellte, floss die Nahtoderfahrung in die Komposition ein.

Einfach mal die Fenster aufmachen

Luigi Boccherini (1743-1805) Quintetto C-Dur Trio Secondo G-Dur Quintetto Secondo F-Dur Quintetto Quinto Es-Dur Serenade D-Dur Scala Köln MDG 603 0438-2

Seine Zeitgenossen stellten ihn auf eine Stufe mit Joseph Haydn, das kurzweilige Programm von Scala Köln zeigt, dass auch jenseits des berühmten Menuetts noch etliche weitere Schätze zu heben sind. Hörenswert ist der dritte Satz des C-Dur-Quintetts: Ein denkbar einfaches Thema, nämlich eine Tonleiter in C-Dur, erst auf-, dann absteigend, wird zwölfmal variiert und dabei immer wieder neu harmonisiert! Auffallend ist immer wieder die besondere Rolle, die Boccherini dem Cello zuweist. Selbst vielgefragter Cellist, scheute er vor technischen Schwierigkeiten oder extremen Lagen nicht zurück. Und dann war da noch Prinz Friedrich Wilhelm von Preußen, der ebenfalls das Cello spielte und ständig auf der Suche nach anspruchsvoller Kammermusik war. Bei Boccherini wurde er fündig, was diesem den Titel (und die Pension…) eines Kammerkomponisten eintrug.

Bei Profil – Edition Günter Hänssler erscheint Secret Places, das neue Album der Twiolins. „Secret Places“ ist eine hypnotische Reise in das eigene Ich, ein musikalisches Bilderbuch, das den Zuhörer in die Tiefen seiner Fantasie und Vorstellungskraft entführt. Wie melodische Pinselstriche skizzieren die Werke einzigartige Konturen – jeder Takt ein Schritt in unbekanntes Land. Pulsierend, fragil, ergreifend, aber auch wild, tanzend und voller Lebensfreude.“

S

ämtliche Kompositionen sind in dieser Form zum ersten Mal auf CD veröffentlicht und bis auf „Hammers“ von Nils Frahm alle im Rahmen des Crossover Composition Awards 2015 entstanden. Die Twiolins sind die Pioniere der neuen Strömung „progressive classical music“ und sorgen weltweit für Aufsehen in den Konzertsälen. Seit ihrem 12. Lebensjahr teilen sich die Geschwister die Bühne. Zusammen haben sie zahlreiche Preise gewonnen. Ohrverwöhnende Harmonik, weitgreifende Melodielinie und exzentrisch pulsierende Rhythmen sind das Markenzeichen ihrer Musik, bei der Klassik, Avantgarde, Minimal Music und Art-Pop zu einem rauschenden Klangkosmos verschmelzen. Manuela Neumann

Frisch und harmonisch Historisch informiert und mit Ins­ trumenten aus der Entstehungszeit der Werke bringen die Musiker von Scala Köln um Geiger Christoph Mayer und Oboistin Monika Nielen diese niveauvolle und gleichzeitig unterhaltsame Kammermusik in frischer Interpretation auf die Bühne. Die gemischte Besetzung mit Bläsern und Streichern sorgt für ein abwechslungsreiches Hörvergnügen – Langeweile ausgeschlossen! Secret Places Werke von: Czech, Derecskei, Heim, Jolliffe, Frahm, Gonobolin, Hubert, Meyerhöfer, Lubowicz, Torchinsky, Brydern, Hakestad, Altuntas The Twiolins Profil Edition Günter Hänssler PH17002

28

Ausgabe 2017/3


Im Blickpunkt

CLASS : aktuell Orchester

W.A. Mozart: Sinfonie Nr. 35 und Nr. 41 Klavierkonzert Nr. 23 Maurice Ravel: Rapsodie Espagnole Pyotr I. Tchaikovsky: Sinfonie Nr. 4 Clara Haskil, Klavier Philharmonia Orchestra London, Herbert von Karajan ica CLASSICS ICAC5142 (2 CDs)

Heute undenkbar, war es früher gängige Praxis der meisten Rundfunkanstalten: Tonbänder mit unwiederbringlichen Konzertmitschnitten wurden einfach gelöscht, um wieder Platz zu schaffen für neue Aufnahmen. Vor allem bei der britischen BBC verschwanden so etliche Einspielungen, die wir heute zu den historischen Tondokumenten zählen. Zum Glück gab es Richard Itter. Der britische Gentleman war so musikbegeistert, dass er nicht nur seine eigene Plattenfirma Lyrita gründete, mit der er Einspielungen seltener Werke der britischen Musik realisierte. Nein, er war auch selbst ein Musikfan und fertigte mit den jeweils modernsten Geräten seiner Zeit hervorragend klingende Privatmitschnitte von BBC-Rundfunkübertragungen an. Seit 2005 wird Itters hunderte Aufnahmen umfassendes Archiv ausge­ wertet. Es zeigt sich: Längst verschollen geglaubte Tondokumente haben hier in makelloser Qualität die Zeiten überdauert. Eine Sensation! ICA Classics teilt sich mit Lyrita die Auswertung der Archivbestände. Während Lyrita nur britische Musik aus dem Archiv veröffentlicht, widmet sich ICA Classics den international bedeutenden Einspielungen. Diese KarajanPretiose macht den Auftakt. Sie enthält u.a. ein historisches Mozart-Konzert Karajans mit der großen Clara Haskil und die einzige vollendete Einspielung Karajans von der „Jupiter-Sinfonie“ mit dem Philharmonia Orchestra. Für Fans des Dirigenten, die bislang auf Live-Aufnahmen Karajans aus seiner Zeit beim Philharmonia fast völlig verzichten mussten, ist diese Archiv­ entdeckung ein Jahrhundertfund!

Felix Draeseke (1835-1913) Orchesterwerke Symphonie Nr. 1 op. 12; Klavierkonzert op. 36 Symphonia tragica op. 40; Ouvertüre zu Gudrun Symphonischer Prolog zu Penthesilea op. 50 Claudius Tanski, Klavier Sinfonieorchester Wuppertal George Hanson, Ltg.

WILLKOMMEN IN BERLIN! Die neue CD mit Robin Ticciati zum Saisonstart als Chef-Dirigent des DSO

MDG 335 2038-2 (2 CDs)

Dass Felix Draeseke ein glühender Verehrer Liszts und Wagners war, hört man seinen Werken sofort an, bemerkenswert vor allem die expressive Harmonik und weit spannenden Melodiebögen. In einer Sonderedition bringt MDG die Sinfonia Tragica, das Klavierkonzert und Draesekes 1. Sinfonie heraus, eingespielt vom Sinfonieorchester Wuppertal in der legendären Historischen Stadthalle – schon die Erstveröffentlichung war ein diskografischer Meilenstein. Dafür ist nicht zuletzt der historische Blüthner-Flügel verantwortlich, dem Claudius Tanski den aberwitzig virtuosen Solopart des Klavierkonzerts geradezu abringt. Die originale Aliquot-Besaitung erzeugt einen Ober­ tonreichtum, der heutigen Instrumenten gänzlich fehlt, Draesekes Werk aber mit atemberaubenden Klängen zwischen Rosenduft und Fieberwahn in ein großartiges Farbenwunder verwandelt. Zu Lebzeiten war Draeseke höchst geachtet. Den Prolog zu Kleists „Penthesilea“ hob Richard Strauss aus der Taufe, dessen eigenes Werk stark von Draeseke beeinflusst ist. Seine „Sinfonia tragica“ jedoch stellte alles andere in den Schatten: Triumphal aufgenommen, stand das Werk noch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts hinein bei allen berühmten Dirigenten auf der Repertoireliste.

Mitreißend Absolut zu recht. Und wenn dann ein so geschmeidiger Klangkörper wie das Sinfonieorchester Wuppertal unter der Leitung seines damaligen Chefdirigenten George Hanson sich dieser vielschichtigen Musik annimmt, dann ist ein mitreißendes Hörerlebnis garantiert – noch dazu in einem der schönsten Konzertsäle der Welt, der auch anspruchsvollste Musikliebhaber ins Schwärmen versetzt.

Ausgabe 2017/3

29

CKD550

CLAUDE DEBUSSY

LA MER, ARIETTES OUBLIÉES

GABRIEL FAURÉ

PELLÉAS ET MÉLISANDE Robin Ticciati Magdalena Kožená Deutsches Symphonie-Orchester Berlin

Im Vertrieb von NAXOS Deutschland www.naxos.de www.naxosdirekt.de www.linnrecords.com


Im Blickpunkt Foto: © Jens Meisert

CLASS : aktuell

Die Gemüter sind im Aufruhr

Innerhalb der Semperoper-Edition erscheint in der Vol. 11 beim Label Profil Edition Günter Hänssler die BarockOper Attilio Regolo von Johann Adolph Hasse, ein Mitschnitt aus einer konzertanten Aufführung aus dem Jahr 1997 unter der Leitung von Frieder Bernius.

D

en Werken der drei Komponisten, die mit dem Titel „Hofcompositeur“ des sächsischen Kurfürsten und Königs von Polen, August dem Starken, ausgezeichnet worden sind, ist Frieder Bernius besonders verbunden. Dem in der damaligen Rangfolge an dritter Stelle stehenden, Johann Sebastian Bach, bereits seit seiner Jugend. Schon damals konnte er dessen Violinsolosonaten sowie seine Orgelwerke und Oratorien aktiv kennenenlernen. Ihm verdankt er bis heute Einladungen zu internationalen Festspielen, CD-Auszeichnungen und 2009 den Bach-Preis der Stadt Leipzig. Dem zweiten, Jan Dismas Zelenka, einem bis vor 40 Jahren so gut wie unbekannten Komponisten, widmete er sich ebenso mit erstmaligen Einspielungen u.a. seiner „Missae Ultimae“ in historisch informierter Aufführungspraxis. Sie alle wurden mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Diaposon d‘Or. Dem damals ranghöchsten, Johann Adolph Hasse, hat er sich zum ersten Mal 1992 mit einer konzertanten Aufführung seiner Oper „Olimpiade“ auf Einladung der Dresdner Musikfestspiele in der Semper-Oper genähert, die aus dem in der Sächsischen Landesbibliothek aufbewahrten Autograph gespielt wurde. In der Folge entstanden mit der „Cappella Sagittariana“, Mitgliedern der Sächsischen Staatskapelle, weitere Wiedererstaufführungen seiner Opern „Artemisia“ und „Attilio Regolo“. Attilio Regolo, die letzte Oper vor Hasses Wechsel zu neuen Gestaltungsprinzipien, ist für sein Schaffen der mittleren Periode exemplarisch und zugleich ein Gipfelwerk. Bei Verzicht auf Ensemblesätze und bei nur knapper Beteiligung Semperoper Edition Vol. 11 des Chors bietet das Werk, Johann Adolf Hasse, trotz relativ sparsamen EinsatPietro Metastasio zes obligater Blasinstrumente, Attilio Regolo – Oper in 3 Akten eine Perlenschnur kostbarer Axel Köhler, Markus Schäfer, Martina Borst,Sibylla Rubens, Carmen Fuggiss, Arien. Deren Hauptmerkmal ist die wunderbar weitschwingenMichael Volle, Randall Wong, de Vokalkantilene, die sich der Cappella Sagittariana, Dresden angeblichen Norm eines VierFrieder Bernius oder Achttakte-Schemas kaum Profil Edition Günter Hänssler unterwirft. Manuela Neumann PH07035 (3 CDs)

30

Konzert

Zweite Cellokonzerte Dmitri Schostakowitsch: 2. Konzert op. 126 Bohuslav Martinu˚: 2. Konzert H304 Christian Poltéra, Cello Deutsches Symphonieorchester Berlin, Gilbert Varga BIS-SACD-2257

Schostakowitsch schrieb seine beiden Cellokonzerte für seinen Freund Mstislav Rostropowitsch, und doch sind sie sehr unterschiedlich. Rhythmisch betont und virtuos ist das erste, introvertierte „Kopfmusik“ das zweite. 1966 wurde es komponiert und gilt als ein Fixpunkt im Schaffen Schostakowitschs, weil es seine letzte Stilepoche einläutete. Eindeutig bewegt er sich jetzt hin zu transparenterem Satz und klarem Aufbau der Strukturen. Und doch wurde dieses so bedeutende zweite Konzert im Lauf der Zeit überschattet vom älteren ersten, das für die Hörer einfach leichter zugänglich ist.

Bedeutend und doch verdrängt Diese „Verdrängung“ gilt auch für das zweite Werk auf dieser SACD, wenn auch aus anderen Gründen. Martinu˚ schrieb sein zweites Konzert 1945 und fand keinen Solisten, der die Urauf­ führung übernehmen wollte. Natürlich war dies eine bittere Erfahrung für den Komponisten. Erst 1965, sechs Jahre nach dem Tod Martinu˚s, kam es schließlich zur ersten Aufführung. Das Werk zeichnet sich aus durch Melodien von hoher lyrischer Qualität – oft wurde dies als melancholisch-nostalgische HeimwehAnwandlung des Komponisten gedeutet, der im letzten Kriegswinter 1945 in die USA emigriert war.

Ausgabe 2017/3

Chor

Joh. Hermann Schein (1586-1630) J. C. F. Fischer (1665-1746) Fr. W. Zachow (1663-1712) Christoph Bernhard (1627-1692) Choralmessen und geistliche Konzerte Rheinische Kantorei Hermann Max, Leitung MDG 602 0169-2

Die Reformation vor 500 Jahren brachte auch einen Aufbruch in der geistlichen Musik mit sich. Die kraftvollen Kirchenlieder Luthers sind bis heute fester Bestandteil des evangelischen Gottesdienstes. Dass Luther gerne auf Gesänge der „alten“ Kirche zurückgriff, zeigt das fruchtbare Nebeneinander von „überlieferter“ und „moderner“ Musik. Eine besondere Form dieses Miteinanders bilden die evangelischen Choralmessen, die Hermann Max mit seiner Rheinischen Kantorei vor über dreißig Jahren auf Vinyl eingespielt hat. Jeder dieser Choralmessen liegt ein protestantisches Kirchenlied zu Grunde. Auf die Melodie wird jeweils der (lateinische) Text der (evangelischen) Messe aus Kyrie und Gloria gesungen, das Ganze im strengen kontrapunktischen Stil der niederländischen Vokalpolyphonie: Enger kann man alte und neue Lehre, alte und neue Musizierpraxis nicht verzahnen!

Richtungswechsel Den drei Choralmessen von Christoph Bernhard, Friedrich Wilhelm Zachow und Johann Caspar Ferdinand Fischer stellt Hermann Max drei in ihrer Zeit hochmoderne „Geistliche Konzerte“ von Johann Hermann Schein über dieselben Lieder gegenüber. Das virtuose Mit- und Gegeneinander der Vokal- und Instrumentalstimmen ist aus Italien importiert und dort zu Scheins Zeit der letzte Schrei. Und so erweitert diese verdienstvolle Neuauflage den Blick auf die protestantische Kirchenmusik um eine willkommene, viel zu selten eingenommene Perspektive.


CLASS : aktuell Klavier

Foto: © Mikael Gräslund

Orgel

August Gottfried Ritter (1811-1885) Sämtliche Orgelsonaten op. 11 d-Moll, op. 19 e-Moll, op. 23 a-Moll, op. 31 A-Dur Ursula Philippi, Sauer-Orgel (1915) Hermannstadt, Siebenbürgen MDG 320 0866-2

Die vorliegende CD darf getrost unter „Rarissima“ firmieren: Eine Gesamtein­ spielung der vier Orgelsonaten August Gottfried Ritters, vorgestellt von Ursula Philippi, der wohl bedeutendsten deutschrumänischen Künstlerin unserer Tage, auf ihrer „Haus-Orgel“, der monumentalen romantischen Sauer-Orgel in Hermannstadt / Siebenbürgen.

Meisterschaft Ritter war eine Autorität in allem, was mit Orgeln und Orgelspiel seiner Zeit zu tun hatte – als Orgelvirtuose, Improvisator, als Komponist, Orgelbauspezialist oder Pädagoge. 1811 in Erfurt geboren, erhielt er mit 32 Jahren die begehrte Orgelstelle am ehrwürdigen Merseburger Dom, bevor er als Organist nach Magdeburg berufen wurde. Seit der Einweihung der berühmten Orgel in der Lübecker Marienkirche im Jahre 1854 galt Ritter als der beste Improvisator Deutschlands. Eine aufsehenerregende Restaurierung ist dieser Aufnahme vorausgegangen: Die legendäre Sauer-Orgel der Kirche zu Her­ mannstadt / Siebenbürgen war während der kommunistischen Diktatur Rumäniens unangetastet geblieben. Vor we­ni­ gen Jahren konnte sie restauriert werden. Ursula Philippi ist die führende Organistin Sieben­bürgens. Aufgewachsen „jenseits der Wälder“ (Transsylvanien), war sie unter zahllosen aufstreben­den Künstlern die letzte, die noch Orgel in Rumänien studieren durfte. 1990 wurde sie als Dozentin an das renommierte Konservatorium Klausenburg berufen. Für ihre MDG-Veröffentlichung „Orgellandschaft Siebenbürgen“ – in der die Orgel unrestauriert zu hören ist! – erhielt sie den Preis der Deutschen Schallplattenkritik.

Franz Liszt Sonate h-Moll, Aufnahmen von 1965 (Carnegie Hall) und 1971 (Konzerthaus Wien) Paul Badura-Skoda Gramola 99147

Seine Aufführung der h-Moll-Sonate Franz Liszts 1965 in der Carnegie Hall bezeichnet Paul Badura-Skoda als „eine der inspiriertesten Leistungen meiner pianistischen Laufbahn“. Um einer bös­ willigen Kritik zwei Wochen zuvor im selben Haus zu begegnen, spielte BaduraSkoda im Konzert wie entfesselt und mit einer Energie, die auch von innerer Wut gespeist war. Dieses gewissermaßen im Affekt entstandene Tondokument wird nun erstmals veröffentlicht, in Gegenüberstellung zu einer Studioaufnahme derselben Sonate, die sechs Jahre später entstand. Sie ist kontrollierter, verinnerlichter und kontemplativer.

Liszt im Affekt vs. Liszt im Studio Der gebürtige Wiener Paul BaduraSkoda ist einer der wenigen wirklich bedeutenden Pianisten des 20. Jahrhunderts. Ausgebildet vom großen Edwin Fischer spielte er schon früh als Solist unter legendären Dirigenten wie Wilhelm Furtwängler oder Herbert von Karajan. Gemeinsam mit seinem Freund Jörg Demus entwickelte sich Badura-Skoda zu einem Pionier der historischen Aufführungspraxis und wurde damit so bekannt, dass seine bislang kaum bekannten frühen Aufnahmen von romantischem Repertoire auf großen Konzertflügeln heute von einer begeisterten neuen Generation regelrecht wiederentdeckt werden.

Der Himmel lacht Welt und Himmel gelten im barocken Zeitalter als unzertrennlich miteinander verbunden. Den Alltagsnöten dieser Zeit – wie auch dem Trauma des Dreißigjährigen Krieges – wird tröstend die ewigwährende Harmonie des Paradieses gegenübergestellt. Zwar ist der Tod in der Musik des 17. und 18. Jahrhunderts stets gegenwärtig, aber gleichzeitig auch immer der erlösende Ausblick.

A

uf diese positive Energie barocker Kompositionen konzentriert sich das Programm der vorliegenden CD. Es ist die Sopran-Arie von Johann Sebastian Bach „Letzte Stunde, brich herein“ aus der Kantate „Der Himmel lacht, die Erde jubiliert“ (BWV 31), die der neuen CD ihren Titel gab. Das Programm ist aber auch gleichfalls eine Zusammenstellung gemeinsamer Lieblingsstücke des Neuen Barockduos Berlin und der Sopranistin Margret Bahr, wie etwa Franz Tunders „Ach Herr, lass deine lieben Engelein“. Anlässlich des 250. Todestages Georg Philipp Telemanns wurden ganz bewusst auch drei Kompositionen des bedeutenden Komponisten des Barock für das Programm ausgewählt. Für Margret Bahr war Georg Philipp Telemann schon immer ein Geheimtipp der Barockmusik. An Telemann fasziniert sie insbesondere, wie es ihm gelingt, Sensibilität und emotionale Tiefe mit musikalischer Leichtigkeit zusammenzuführen. Die Sopranistin Margret Bahr und das Neue Barockduo Berlin mit der Violinistin Anna Barbara Kastelewicz und dem Continuospieler Arno Schneider konzertieren seit 2014 mit großer Publikumsresonanz im In- und Ausland. Alle drei Musiker verbindet ein sehr ähnlicher Musikgeschmack und sie fühlen sich im geDer Himmel lacht meinsamen MusizieWerke von: Tunder, Bach, Telemann, ren im engen Kontakt Händel, Buxtehude, Tollit, von Biber miteinander und haMargret Bahr, Sopran ben viel Spaß dabei. neues barockduo berlin (Anna Barbara Kastelwicz, Arno Schneider) hänssler CLASSIC HC17055

Ausgabe 2017/3

31

Manuela Neumann


Im Blickpunkt

CLASS : aktuell Klavier

Johann Wilhelm Hässler 360 Präludien in allen Tonarten Sonate Nr. 6, Fantasie und Sonate, Grande Sonate Vitlaus von Horn, Klavier Grand Piano GP686-87 (2 CDs)

Es klingt eher wie ein Musikerwitz: „Schreibt einer 360 Präludien in allen Dur- und Moll-Tonarten mit einer Spielzeit von gerade einmal ungefähr eineinhalb Stunden!“ Wer macht denn sowas? Bestimmt ein zeitgenössischer Komponist, oder? Mitnichten! Die Dinge liegen ganz anders: Urheber dieses musikalischen Kuriosums erster Güte ist Johann Wilhelm Hässler. Jener ist uns Mittel­euro­ päern höchstens noch von der berühmten Anekdote von seinem Orgelwettstreit mit Wolfgang Amadeus Mozart bekannt (bei dem Hässler bekanntermaßen den Kürzeren zog). Joseph Haydn hingegen schien auf ihn große Stücke zu halten, und auch mit Johann Wolfgang von Goethe unterhielt Hässler rege Kontakte.

Ultimatives MusikKuriosum Doch das ist gar nichts gegen Hässlers Ruf in Russland. Dort ist er nach wie vor eine musikalische Größe – wurde er einst doch von niemand Geringerer als Zarin Katharina der Großen vom Dresdner Hof abgeworben und als Kaiserlich-Russischer Hofkapellmeister in St. Petersburg eingesetzt. Später zog der Komponist nach Moskau, wo er mehr als 30 Jahre lang wirkte und wo er schließlich auch starb. Vitlaus von Horn hat nun sämtliche von Hässlers kuriosen 360 Präludien für Klavier aufgenommen und fand auf dem daraus resultierenden Doppelalbum sogar noch Platz für acht weitere Klaviersonaten. Eine unglaubliche Welt­ erstveröffentlichung, die sich kein Freund der Klaviermusik der Wiener Klassik entgehen lassen sollte!

Blechbläser

Widmung Schumann / Liszt: Widmung Skrjabin: Etüden Schubert / Liszt: Soirée de Vienne Brahms: Intermezzi Kanade Joho, Klavier Accelerando ACC01

Franz Liszt, der größte Pianist seiner Zeit, revolutionierte nicht nur die Technik des Klavierspiels, sondern erweiterte auch das Ausdrucksspektrum des Instruments. Ein wunderbares Beispiel hierfür ist Liszts Klavierfassung von Robert Schumanns Gedichtvertonung „Widmung“, mit der Kanade Joho ihr neues, gleichnamiges Album eröffnet. „Widmung“ ist Titel und im übertragenen Sinne Programm ihrer neuen CD, denn die Pianistin arbeitet in ihren Interpretationen Lisztscher Transkriptionen, einer Auswahl von Skrjabin-Etüden sowie der Intermezzi Johannes Brahms´ den lyrischen Gehalt dieser Werke heraus.

Eloquent erzählt Kanade Joho erweist sich dabei als eloquente Erzählerin, die dank ihrer makellosen, über sämtliche Schwierigkeiten erhabenen Technik hörbar macht, was die Komponisten zwischen die Notenzeilen schrieben. Unterstützt von der vorzüglichen Akustik des Gläsernen Saals / Magna Auditorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien (Musikverein), dem unvergleichlich lyrischen Klang eines Bösendorfer Imperial und einer durchweg audiophilen Produktion ist „Widmung“ von Kanade Joho ein Meisterstück hochromantischer Klavierkunst – für alle anspruchsvollen Musikgenießer.

32

Dem Himmel zu Ehren Musik für vier Trompeten, Pauken und Orgel von Telemann, Bach, Lully, Peerson, Praetorius, Mendelssohn, Bizet, Rheinberger und Lefébure-Wély Pfeiffer-Trompeten-Consort Cantate C58052

Nicht ganz von ungefähr stand Georg Philipp Telemann Pate beim Titel der vorliegenden CD. Im Jahr seines 250. Todestages hat sich das Pfeiffer-TrompetenConsort besonders mit dem Schaffen eines der produktivsten Komponisten der Musikgeschichte beschäftigt. Eine Vielzahl seiner Kompositionen ist bis heute unveröffentlicht, ein Ansporn, Werke einzuspielen, die es bis heute so nicht zu hören gibt. Ein besonderer Reiz lag für das Ensemble auch darin, ursprünglich für Tasteninstrumente geschriebene Musik der englischen Renaissance zu durchforschen, die geeignet ist, um sie mit Trompeten, Orgel und Schlagwerk in einem neuen Klanggewand zu präsentieren. So sind auch hier glanzvolle Arrangements entstanden, die dem Hörer den Farbenreichtum und die Lebendigkeit dieser teilweise über 400 Jahre alten Musik auf fast unterhaltsame Art neu erfahren lassen.

Altes in neuem Klanggewand Diese mittlerweile 7. CD zeigt wieder einmal die ganze Bandbreite des Ensembles: Neben festlich-virtuoser Musik in wechselnden Besetzungen wird auch die lyrische Seite der Trompete präsentiert, außerdem ist die Pauke in zwei neu geschaffenen Arrangements als Soloins­tru­ ment zu hören. Komplettiert wird die Einspielung mit zwei stilgerechten und repräsentativen Solostücken aus dem umfangreichen Repertoire der Orgelmusik.

Ausgabe 2017/3

Gitarre

Nocturnal mit Werken von Britten, de Falla, Rodrigo, Schmitz, Gilardino Aniello Desiderio, Gitarre Accelerando ACC02

Die geheimnisvolle Aura der Nacht hat Künstler seit jeher zu bedeutenden Werken inspiriert. Auch die Gitarrenwerke, die Aniello Desiderio, einer der weltbesten Gitarristen, für sein neues Album ausgesucht hat, huldigen der Nacht und ihrem Zauber. Benjamin Brittens berühmtes „Nocturnal“ und das in Weltersteinspielung vorliegende „Wie die Nacht übers Land kommt“ von Georg Schmitz tragen das Nächtliche bereits im Titel. Auch die Werke von Manuel de Falla, Joaquín Rodrigo und Angelo Gilardino haben einen Bezug zum mystischen Dunkel, der aber allzu oft unerkannt bleibt.

Im mystischen Dunkel Aniello Desiderios feinfühlige Interpretationen machen das Verborgene und die besondere Aura des Nächtlichen in den ausgewählten Gitarrenwerken für den Hörer erfahrbar. Der herausragende Klang und das facettenreiche, unvergleichlich dynamische Spiel des neapolitanischen Meistermusikers beschwören die Nacht herauf, in die jeder Musikbegeisterte eintauchen kann. Dieses Album dient dabei – auch dank der höchsten audiophilen Ansprüchen genügenden Produktion – als luxuriöses Transportmittel für die persönliche Hörerlebnisreise ohnegleichen.


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.