Fünf Werkalltage am Zürichsee: Die Werft

Page 1


DIE WERFT

FOTOGRAFIEN VON DAMARIS BETANCOURT

WATERPROOF:

FÜNF WERKALLTAGE AM ZÜRISEE

DIE WERFT

Der Zürichsee, ein wunderschönes Gewässer im Süden der Stadt, ist eines der beliebtesten Naherholungsgebiete für Einheimische und Besucher.

Im Sommer verbringen Tausende von Menschen hier Stunden, um mit Freunden zu entspannen, Sport zu treiben oder einfach die langen Sonnentage zu geniessen.

Gibt es aber auch ein produktives Leben am Zürichsee? Um die Antwort zu finden, habe ich fünf Tage lang fünf Unternehmen besucht, die vom Zürichsee leben: Die Kibag, die Werft, die Seepolizei, die Fischerei Ruf und die Wasserversorgung.

Aus dieser Reise ist diese Geschichte entstanden, die ich Ende 1998 - zu meinem Glück - in einem sonnigen und warmen Herbst fotografiert habe.

*Die Serie wurde 1999 in der Shedhalle der Roten Fabrik in Zürich ausgestellt.

Die Werft

Text von Nathalie Rufer

Für den Schiffbau nimmt das Binnenland deutsche Fachkraft in Anspruch. Die Spezialisten aus Kressbronn am Bodensee wissen, was zu tun ist. Seit bald drei Jahren fertigen sie unter dem Dach der Zürcher Werft Boote an - nach der «Albis» und der «Pfannestiel» ist jetzt die bislang namenlose Nummer drei in Arbeit.

Was dereinst als mittelgrosses Schiff für 300 Passagiere auf dem Zürichsee Rundkurse fahren soll, nimmt in der werft von Wollishofen schon fast gigantisch aus. Zweiundvierzig Meter lang misst das Ungetüm aus Aluminium und Stahl. Fast siebeneinhalb Meter breit wird es 186 Tonnen Zürichseewasser verdrängen und mit einer Geschwindigkeit von 23 Kilometer pro Stunde die Strecke Zürich - Rapperswil - Zürich zurücklegen.

Für das Schiff Nr. 3 sind die Männer aus Deutschland im September angereist. Die grossen Elementen haben sie gleich mitgebracht.

Zusammengefügt, geschweisst, verdrahtet, und gestrichen wird in Wollishofen.

Auch die beiden Schiffspropeller federn erst in der Zürcher Werft eingepasst, zweimal zwei Tonnen rohe Kraft. Und wenn die Männer nicht gerade Schiffen bauen, dann putzen sie.

Ein eigespieltes Team sind sie, die Deutschen Schiffbauer unter der Leitung von Michael Finkenzeller, auch über die Arbeit hinaus. Heimat verbindet, fern von Zuhause sowieso - auch wenn sie nur 180 Kilometer weit weg liegt. Die ganze Mannschaft wohnt im selben Hotel in Zürich, alle drei Wochen bleibt man nach getaner Arbeit zum Grillfest in der Werft. Von Kollegialität ist immer wieder die Rede, von Männerfreundschaft, die auch am Feierabend anhalte.

Die Reederei ist Arbeitgeber, die Boote bedeuten Broterwerb, sonst aber haben die Männer mit Schiffen wenig am Hut. Keine Freizeitkapitäne. Stolz ist man trotzdem, wenn ein selbstgebauter vom Stapel läuft. Am 22. Februar 1999 ist es das nächste Mal soweit, einen Monat, später folgt die Jungfernfahrt.

Obwohl zwei Schwesterschiffe schon erfolgreich auf Kurs sind, ist die Spannung gross. Jedes Boot ist eigentlich ein Prototyp, bei der ersten Fahrt zeigt sich, ob der Innenausbau bis in Detail geraten ist, ob die Balance stimmt, das Schiff die vorgeschriebene Geschwindigkeit erreicht und der Kapitän mit der Wasserlage zufrieden ist.

Michael Finkenzeller und seine Mannschaft baue bis dahin täglich weiter am Schiff - Werkalltag am See.

Alle Bilder wurden 1998 auf dem Zürichsee aufgenommen.

Text von Nathalie Rufer / © 2024 Damaris Betancourt www.damarisbetancourt.com

Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.