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ZWEI, die immer wissen wo es lang geht
ZWEI, die immer wissen wo es lang geht
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Von Gerhard Schiweck
Wir stellen heute zwei Personen aus unserer Sektion vor, die vielleicht ungleicher kaum sein können und die dennoch die Liebe zu den Bergen eint. Zwei Mitglieder, die an ihren jeweiligen Stellen und mit ihren Aufgaben für die Sektion nahezu unersetzlich sind.
Beide sind auf langen Strecken zu Fuß unterwegs. Der eine sorgt sich darum, dass alle Teilnehmerinnen hoch und glücklich wieder vom Berg kommen, der andere hat die Strecke und das entspannte, mehr flache Wandern im Blick. Beide haben zehn Fragen gestellt bekommen, wobei die ersten sieben Fragen gleich sind, die drei übrigen Fragen unterscheiden sich. Und am Schluss gab es jeweils eine Überraschungsfrage. Wir haben die Fragen vorher schriftlich zur Verfügung gestellt und wenige Tage später dann persönlich das Interviewgespräch geführt. Das Gespräch wurde aufgezeichnet und hinterher aus der Audiofassung in eine Papierform gebracht.
F und T sind die Anfangsbuchstaben der Vornamen. Dahinter verbergen sich: Franz Becker (Tageswanderungen) und Thomas Küpper (Trainer B für Alpinklettern und Hochtouren).
Seit wann bist Du Mitglied im Deutschen Alpenverein? (F) Seit Oktober 2014. (T) Als Jugendlicher bin ich mit fünfzehn Jahren in die Sektion Koblenz eingetreten. Lass mich überlegen, das muss 1980 gewesen sein. 1981 bin ich in die Sektion Recklinghausen übergewechselt.
Wie bist Du auf den DAV aufmerksam geworden? (F) Den Deutschen Alpenverein kenne ich schon sehr lange, von früher, als wir in den Bergen wandern waren. Ich bin eigentlich sehr spät zu den Bergen gekommen. Das war erst 1986. (T) Ich hatte vorher in Österreich was vom Alpenverein gehört und dann haben wir uns im Westerwald kundig gemacht, wo ist die nächste Sektion? Und das war Koblenz, da hab ich mich dann einfach mal unverbindlich bei einem Kletterkurs angemeldet.
(F) Ich hatte nie viel von den Bergen gehalten, das war nicht meins. Ich hatte mehr für die See über. Als meine Frau mit dem zweiten Kind schwanger war, sind wir dann in die Berge gefahren, weil sie nicht fliegen durfte. Und dann sind wir nach Kärnten gefahren, wo die Berge nicht so hoch waren. Und da sind wir gewandert. Und da hab ich die vielen tollen Wege gesehen, die markiert waren und auch die vom Alpenverein. Das ist ja eigentlich wunderschön, und da habe ich mich in die Berge verliebt. Dann hat es noch einmal dreißig Jahre gedauert, dass ich dann in den DAV eingetreten bin. Aber das hatte auch noch einen anderen Grund, weil ich vorher seit 1978 in einem anderen Verein war. Da war die Wandergruppe Adria Marl. Mein Schwager war Vorsitzender. Ich fand das toll, in Gruppen zu arbeiten. Das war auch ein kleiner Verein, hatte hundert Mitglieder. Zugelassen waren nur Männer, das war nämlich ein Verein von den damaligen Kumpels. Und als die Mitglieder immer älter wurden und keine neun nachkamen, hat sich der Verein aufgelöst. Und irgendwann war in der Zeitung eine Sonntagswanderung angekündigt. Da gehen wir doch einmal mal hin. Als Gäste waren wir sofort willkommen. Die Wanderung ging zu einer Talsperre. Gerd Conrad war der Wanderführer. Das war unsere erste Wanderung, die wir gemacht hatten. Das war so schön, das war toll und familiär, wunderbar. Und dann sind wir dabei geblieben, wir haben uns dann angemeldet, sofort. (T) Ja, ich habe am Großglockner Bergsteiger gesehen, mit Seil, Pickel, Steigeisen. Und wir waren zum Wandern da und da habe ich gesagt: Das ist das, was ich haben möchte. Und da muss ich gucken, wie kann ich das lernen? Dann bin ich beim Koblenzer Alpenverein reingekommen. Das war ein reiner Selbstzweck, weil ich unbedingt nach ganz oben wollte.
Was bedeutet für Dich die Mitgliedschaft im Alpenverein heute? (F) Da hab ich mir auch was aufgeschrieben: Das ist eine Gemeinschaft Gleichgesinnter. Ich mag das Wandern und das Bergsteigen und Bergwandern schon, aber dieses reine Kraxeln nicht. Und dann ist da noch die Verantwortung auch für die Umwelt. Und weil man das damals schon
gesehen hatte, das mit dem Sauren Regen usw. war es an der Zeit, sich zu engagieren. Und das ist für mich der Alpenverein, gemeinschaftlich und gemeinsam für diese Anliegen einzutreten, denn nur mit einer Gemeinschaft ist man stark und bringt die Dinge voran. (T) Ein gut organisiertes Team von Vielen, das Sicherheit vermitteln möchte, gleichzeitig auch ein sehr sinnvolles Programm hat, was sehr gut ausgearbeitet ist und mir sehr stimmig erscheint. Wir als DAV sind aufgestellt, weil wir auf einem sehr guten Weg sind, Sicherheit an unsere Mitglieder auch plausibel rüberzubringen. Und das durch die Sicherheitskreise die Themenpalette ständig erweitert wird.
Der DAV ist Bergsteiger- beziehungsweise Bergsportverein und zugleich Naturschutzverband. Was ist der Alpenverein für Dich? (F) Für mich ist der Alpenverein ein Mix. Ich möchte das nicht trennen, Klettern und Bergsteigen und Natur. Ich finde, das muss zusammenkommen, das gehört alles zusammen. Also, wenn ich klettere und gehe an der Wand hoch, dann muss ich auch immer daran denken: Ich
zerstöre da auch irgendeinen Raum und da muss ich behutsam sein und gucken, dass ich nichts kaputt mache. Ebenso beim Bergsteigen, dass man auf den Wegen bleibt und die benutzt und nicht die Tiere stört, die auch da leben. Das ist mein Ansinnen, und ich denke, das kann man im Alpenverein gut machen, die Verbindung von Nutzen und Schutz, das ist für mich schon sehr wichtig. (T) Der DAV ist ein Verein, der die Alpen schonen sollte und das müssen wir auf eine vernünftige Art und Weise vermitteln können. Da ist der Naturschutz ein ganz wichtiger Aspekt, weil sich vieles in der Natur verändert durch die letzten Jahre. Wir können die Natur, gekoppelt mit einem Sicherheitsaspekt, den Leuten nahebringen und sozusagen die Schöpfung ganz klar definiert auch den Menschen „lieb machen“. So würde ich das mal beurteilen, die Schöpfung einfach den Leuten nahelegen, wie wichtig das ist, dass wir die Alpen überhaupt haben.
Die Mitgliederzahlen im DAV Recklinghausen sind in den letzten Jahren stetig gestiegen. Allein 2019 sind 186 neue
ZUR PERSON: FRANZ BECKER
Alter: 66 Familienstand: verheiratet Kinder: 2 DAV: Referent für Tageswanderungen
Berufliche Tätigkeit: Postverwaltung, EDV Düsseldorf, Post Operator, Schalterdienst, Ausbilder für Zusteller Hobbys: Früher Autorennen (Geschicklichkeit), Tauchen (mit 62 aufgehört), Fotografie, Reisen, Radfahren mit der Ehefrau
Mitglieder hinzugekommen. Was glaubst Du, wieso es zu so einem solchen Zulauf kommt? (F) Ich kenne viele, die eingetreten sind in den letzten Jahren. Ich denke mal, wir haben ein gutes Programm und auf der anderen Seite glaube ich, dass die viele einfach wegen der Versicherung Mitglied werden. Der Alpenverein es günstig. Ich kenne etliche Familien, die sind mit fünf Personen eingetreten und haben Skifahren gemacht. Ob die lange drinbleiben, weiß man nicht. Ich glaebe wir sind in Recklinghausen zu günstig. (T) Also ich könnte mir vorstellen, dass viele wegen der Versicherung zu uns kommen, wie so ein Alpen-ADAC oder ähnlich. Gleichzeitig haben wir aber auch durch Reinhold Messner und ähnliche Figuren Berge lieb gewonnen, sodass sie besser vermarktet worden sind, durch Schifahren, durch bestimmte Kurse, sodass der Bergsport heute eine Mode Sportart geworden ist. Und das ist eine natürlich Folge, dass im Alpenverein noch Zuwächse dazukommen.
Du bist im DAV Recklinghausen engagiert und ehrenamtlich tätig. Kannst Du was zu Deinen Aufgaben sagen? (F) Ich hatte ja nie vorgehabt, ein Amt zu übernehmen. Ich bin da quasi reingestolpert. Martin Kentschke hatte mich gefragt, ob ich dabei bin, wenn wir was Neues aufbauen, wenn Werner nicht mehr Vorsitzender ist. Er könne sich vorstellen, mit mir zusammenzuarbeiten, woran ich den so Spaß hätte? Ich gehe gerne wandern und mache gerne Gruppenarbeit. So bin ich Mitglied im Beirat geworden und zum Referent für Tageswanderungen. (T) Ja, ich mache liebend gern Kletterkurse von der Basis aus. Das ist so mein Steckenpferd, der Berg-Lehrer. Also versuchen. Sachen, die mir lieb geworden sind, an Leute weiterzugeben auf vernünftige Art in Kursen, und das ist so mein, mein Job sozusagen, den ich total gerne mache, und nicht theoretisch nur, sondern einfach in der Praxis.
Franz, Du wohnst in Recklinghausen, nimmst Du auch noch an anderen Sektionsveranstaltungen teil?
(F) Jeden zweiten Dienstag im Monat bin ich bei den Sektionenabenden. Da sind immer schöne Vorträge über Touren mit tollen Bildern aus der Natur. Wenn ich nicht gerade in Urlaub bin, bin ich eigentlich zu neunzig Prozent dabei. Ich nehme alle Aktivitäten mit, weil ich sage, da gibt es immer viele Informationen.
Thomas, Du wohnst schon lange in Leun, im hessischen Lahn-Dill-Kreis, und doch bleibst Du der Sektion Recklinghausen treu. (T) Ja, das hat einen ganz einfachen Grund, weil über die dreißig Jahre, die ich das jetzt schon mache, ein so tolles Team in Recklinghausen da ist, vom Vorstand bis zu den einzelnen Teamern, mit denen ich gearbeitet habe. Ich hatte keinen Anlass, zu wechseln. Da ist zwar eine Entfernung dazwischen, aber ich habe diese Sektion lieb gewonnen, weil mir auch das Volk im Ruhrgebiet ein bisschen näher liegt als die teilweise sturen Hessen. Ich komme mit denen aus dem Ruhrpott einfach gut klar.
Franz, Stichwort Sonntagswanderungen. Du bist verantwortlich für das Programm. Wie stellst Du das zusammen? (F) Ja, erstmal nehme ich den Kalender und die Jahreszeiten, dementsprechend wähle ich die Tourengegend aus. Und dann sehe ich mir auch an, welche Leute mitgehen. Flache Wanderungen, steile Stellen, nicht ganz so schwierig, nicht ganz so lang. Und dann benutze ich keine. fertigen Touren, ich mache mir meine eigenen Touren. Es gibt ja genügend Karten und ich benutze auch alpenverein aktiv app. Dann spreche ich aktive Wanderer an, die regelmäßig dabei sind, ob sie auch eine Tour machen. Rainer oder Roland machen gerne mit. Und dann spricht man sich ab. Wo möchtest du, wo gehst du hin? Tecklenburger Land, das nähere Sauerland, Bergisches Land, sodass auch ein guter Mix zusammengestellt werden kann. Am Schluss einer Sonntagswanderung sage ich immer: So, das war‘s, wer hat denn auch mal Lust, eine Tour zu führen? Und tatsächlich ergeben sich daraus neue Wanderführer. Die meisten neuen Interessierten kommen über das Internet. Und noch ganz wichtig, durch die Sonntagswanderungen sind schon einige in den DAV eingetreten.
Thomas, Stichwort Bergsteigen und alpin Klettern: Seit Jahren bietest Du Touren und Ausbildungs Veranstaltungen im Hoch und Mittelgebirge an. Was ist Deine Triebfeder? (T) Ich finde es ganz wichtig, dass wir den Leuten in der Natur eine Sicherheit bieten, und da lege ich großen Wert darauf, dass sie so gut wie möglich ausgebildet werden, um sicher in dem Gelände zu laufen. Und dann ist es egal, ob es ein einfacher Klettersteig ist oder eine schwierige Hochtour. Ich finde es einfach ganz interessant, Leuten was zu vermitteln und dann zu sehen, dass sie sich auf einmal sicher im Gelände bewegen können.
Was findest Du denn besonders gut in der Sektion Recklinghausen? (F) In unserer Sektion? Das große Engagement von so vielen Leuten, die aktiv mitmachen, und dieses Familiäre. Dieses Zugehörigkeitsgefühl, das irgendwie jeder für jeden da ist. Das ist für mich wichtig und das finde ich sehr, sehr gut. Das ist so ein gutes Vertrauensverhältnis. Vertrauen finde ich gut. (T) Wir haben eine ganz tolle Jugendarbeit über viele Jahre gehabt, die ich sehr schätze. Das ist eine Jugendarbeit, die uns sehr stark unterstützt, als Fachübungsleiter. Und wir haben eigentlich ein ganz tolles Team. Und ich kann es einzeln nicht herausfiltern, das ist einfach ein (Gutes) klasses Miteinander. Ich freue mich auf jede Veranstaltung
immer wieder neu, selbst wenn ich den Grundkurs schon fünfunddreißig Mal geleitet habe. Ich freue mich immer wieder drauf, dass ich ihn machen darf. Das ist etwas ganz Besonderes.
Welche Frage liegt Euch besonders am Herzen, die ich noch stellen müsste? (F) Ja, das ist eine Frage, die sich in der heutigen Zeit im Moment ich jeder stellt. Was ist mit unserer Umwelt? Wie sehen unsere Alpen in zehn, fünfzehn bis zwanzig Jahren aus und wie geht der DAV damit um? Mit dem Massentourismus? Ich war auf vielen Hütten. Das war die neue Bonner Hütte. Das ist schon ein Hotel. Und die Alpen als Abenteuerspielplatz, da sollte der Alpenverein auch mal ein bisschen nachhaken, das geht ein bisschen zu weit. (T) Da ist mir so spontan nichts eingefallen. Was mir lieb wäre, wenn wir uns besser vermarkten könnten, weil uns so ein bisschen das Publikum gerade in den Grundkursen wegbleibt. Es ist oft ein Selbstzweck, dass die Leute auf bestimmte Berge drauf wollen, aber nicht mehr in diesem klassischen Klettermodus, wie wir es früher gemacht haben. Der Grundkurs „Klettern“ als Highlight des Jahres, das ist verloren gegangen und das finde ich schade, da hätte ich gerne noch eine kleine Änderung.
Herzlichen Dank für die Interviews.
ZUR PERSON: THOMAS KÜPPER
Alter: 54 Familienstand: verheiratet Kinder: 2 DAV: Trainer B Alpinklettern+Hochtouren
Berufliche Tätigkeit: Orgelbauer Spielt Musik: Orgel, Klavier, Mandoline, Gitarre, Blockflöte Hobbys: Musik machen, Klassikmusik, Skifahren