Der Bogenjäger - Frühjahr 2018

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6,00 Euro

Magazin der Bowhunter Federation Austria

Das einzige deutschsprachige Magazin über die Jagd mit Pfeil und Bogen

Ausgabe 05 / 2018

Macho Montes - Spanische Böcke

Pedro Ampuero bejagte alle vier spanischen Steinbock-Arten

Schüsse durch Hindernisse

Berufsjäger Martin Brauneder machte den Feldtest



editorial

Von kleinen und großen Fischen

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IT DER GESTALTUNG DER ersten paar Ausgaben unseres Magazines DER BOGENJÄGER wäre ich wohl schon zufrieden gewesen. Unser Machwerk schlug ein wie Bombe, aus der Leserschaft kam positives Feedback – kein Grund, irgendwas zu ändern. Unserem Art Director war das aber lange nicht gut genug. Nächtelang hat er am Layout gefeilt. DER BOGENJÄGER steht jetzt ganz anders da. Farblich unterscheidbare, strukturierte Themenbereiche, besser lesbar durch die Umgestaltung der Spalten, der Schrift und des Formates. Einfach clean. Dies fällt erst auf, wenn die erste Ausgabe neben der aktuellen liegt. War schon die erste Ausgabe deutlich über dem Niveau einer Schülerzeitung, so braucht die aktuelle keinen Vergleich mit professionellen internationalen Magazinen zu scheuen. DAS HAT AUCH THORN TWER, DEN bogenjagenden Geschäftsführer des Paul Parey Verlags, auf uns aufmerksam gemacht. Ich wurde bereits 2016 nach Singhofen in die Zentrale des wohl wichtigsten deutschsprachigen Verlagshauses zum Thema Natur, Jagd und Fischerei, eingeladen, um mich dort mit ihm und Heiko Hornung (Chefredakteur von Wild & Hund / Wilde Hunde) über

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eine gemeinsame Zukunft zu unterhalten. Es hat zwar etwas gedauert, aber im Hintergrund wurde von unserem BFA-Präsidenten Ernst Blajs verhandelt. Nun darf ich offiziell bekannt geben, dass wir eine Kooperation eingegangen sind. DER BOGENJÄGER wird künftig vom Verlag in Rheinland Pfalz gedruckt und versandt. Ebenso haben wir vor, uns bei Themen zur Bogenjagd auszutauschen. EINE BESONDERHEIT UNSERES MAGAZINS sind ganz sicher die handelnden Akteure verschiedenster Herkunft und Levels, die sich in dem von uns geschaffenem publizistischen Habitat offensichtlich recht wohl fühlen. Einerseits ist da mein Redaktionsteam, das durch die Mischung unterschiedlicher Charaktereigenschaften zu einem echten Dream Team geworden ist. Nicht zu vergessen auch die vielen Autoren, die uns spannende Jagdgeschichten, Praxistipps und Tests liefern. Wie etwa Pedro Ampuero, der uns mit seiner Story über die Jagd auf die vier verschiedenen Arten des iberischen Steinbocks an seiner jahrelangen Erfahrung teilhaben lässt, oder Ingo Kuhn mit seinem Schwiegersohn Linus zum Thema Jagdspitzentuning sowie Neulinge wie Daniel Mihai, der offen über

seine ersten Schritte in Afrika spricht und altgediente Recken wie Frank Berbuir und Nic Wohlwend mit ihren langjährigen Jagderfahrungen. Es gibt Tipps zur Bekämpfung von Jagdfieber von Ruan Hinze, die vielleicht verhindern, dass ein zu nervöser Jäger ein Stück krankschießt, bis hin zu Praxistipps von Alexander Helm mit seinem DIY Bogenkoffer und meinem Jagdkameraden Thomas König, der aus jahrelanger Erfahrung zum Thema alternative Ansitzeinrichtungen für Bogenjäger spricht. Ebenso der Berufsjäger Martin Brauneder, der tagelang in einem materialintensiven Selbstversuch herausfinden wollte, wie es sich mit dem Durchschießen von Hindernissen bei der Jagd verhält oder abseits unserer Hochglanzseiten Roman Landes in seinem extrem zeitintensiven Projekt Wikipedia, in dem umfassend über das Thema Bogenjagd informiert wird. Viel Spaß beim Lesen.

Christian HEINZ Chefredakteuer

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inhalt

FACHWISSEN Der erfahrene Bogenjäger Wolfgang Koller gibt Tipps, wie man sich am Treestand verhält (Seite 44) REPORTAGE In der Wildnis des Yukons mit Pfeil und Bogen auf Elch zu jagen ist eine besondere Herausforderung (Seite 12) Pedro Ampuero konnte alle vier SteinbockUnterarten in Spanien mit dem Bogen erlegen (Seite 16)

Der perfekte Pfeilflug mit einer Jagdspitze ist keine Magie (Seite 46) Wie kann man Jagdfieber kontrollieren, damit man einen perfekten Treffer platzieren kann, wenn´s darauf ankommt (Seite 48)

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JAGDTAUGLICH Glücklicher Zufall: Ein Deutscher auf Kojoten-Jagd in Nordamerika (Seite 22)

Xjagd Bekleidung für Bogenjäger. Demorphing als Konzept (Seite 50)

Back in Black. Mit dem Bogen auf Kudu und Eland in Südafrika (Seite 26) FASZINATION WILD INTERNATIONAL Die Bogenjagd dient immer öfters als Lösung, wenn Wildtiere in urbanen Lebensräumen für Probleme sorgen (Seite 32)

INTERVIEW Der Italiener Morris Bertanza ist nicht nur ein begeisterter Bogenjäger, sondern auch ein echter Tüftler, der ständig am „perfect shot“ arbeitet (Seite 34)

SCHIESSTECHNIK Wie verhalten sich Jagdpfeile beim Schuss durch Hindernisse? Der Salzburger Berufsjäger Martin Brauneder führte einen zeitaufwändigen und materialintensiven Feldtest durch (Seite 38)

Wissenswertes über Argali und wie dieser bejagt werden kann (Seite 52)

NEUE PRODUKTE Juha Kylmä hat sich für DER BOGENJÄGER auf der ATA Show 2018 in Indiana (USA) umgesehen und verrät, welche Neuigkeiten es gibt (Seite 54)

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BERÜHMTE BOGENJÄGER Judd Conney hat zwar keine World Record Trophies erlegt, wurde aber wegen seiner Bücher und Artikel über die Bogenjagd in die Bowhunter Hall of Fame aufgenommen (Seite 60)

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BOGENJÄGER-GEDANKEN Rückblick und Ausblick auf ein Bogenjagdjahr (Seite 70)

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aktuelles

Neues Gesetz in Polen Jagdgegner auf dem Vormarsch

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M APRIL DIESEN JAHRES KONNTEN die Jagdgegner einen weiteren „Erfolg“ verzeichnen. Das verabschiedete Jagdgesetz in Polen bringt nie vorher dagewesene Einschnitte und Verschlechterungen für Jagd und Jäger. Nach dieser Gesetzesnovelle dürfen Jugendliche bis 18 Jahre unter Strafandrohung in keinerlei jagdliche Aktivitäten mehr eingebunden werden. Damit ist eine Weitergabe jagdlicher Traditionen auf die nächste Generation de facto nicht mehr möglich. Das Gesetz impliziert weiterhin, dass unsere Jahrtausende alten Jagdtraditionen aus psychologischer Sicht für junge Menschen „mental so belastend sind“, dass man diese jagdlichen Erlebnisse nicht aussetzen darf. NACH WELCHEN WISSENSCHAFTLICHEN Kriterien der Gesetzgeber eine solche Feststellung getroffen hat, ist nicht bekannt. Die langfristigen Folgen in der öffentlichen Wahrnehmung für die Jagd als Nutzungs-

form natürlicher Ressourcen sind für uns Jäger extrem negativ. Diese Einschränkung verstößt unter Umständen sogar gegen die Europäische Konvention der Menschenrechte, denn der Staat sollte nicht in das Recht der Eltern auf Erziehung ihrer Kinder nach religiösen und philosophischen Überzeugungen und Traditionen eingreifen. Weitere Einschnitte für einen geordneten Jagdbetrieb sind: • Jagdliche Störungen durch Jagdgegner werden nicht mehr geahndet • Das Training von Jagdhunden und Beizvögeln wird eingeschränkt (Störung von wildlebenden Tieren durch Jäger ist nur bei der tatsächlichen Ausübung der Jagd erlaubt). • Einsetzung des Präsidenten des Jagdhauptverbandes durch den Minister per Weisung. • Abfeuern von Feuerwaffen im Umkreis von 150 Metern zu Häusern ist verboten.

DIESE ÄNDERUNG DES JAGDGESETZES in einem Land mit einer großen Jagdtradition ist deshalb so besorgniserregend, da sie eindeutig zeigt, was der Endzweck der Jagdgegner in Europa wirklich ist – die Abschaffung unserer europäischen Jagdtraditionen. Sollte aus unterschiedlichen Gründen ein Management von Wildtieren erforderlich sein, soll künftig der Einsatz von „Wildrangern“ auf Kosten der Steuerzahler (nicht Jagdgegner) die freiwillige Tätigkeit der heutigen Jäger ersetzen. Es bleibt zu hoffen, dass Vernunft und Hausverstand in den kommenden Monaten diesen gesetzlichen „Schnellschuss“ wieder abschwächen werden.

Kontroverse über Bejagung von Großprädatoren

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IR HABEN BEREITS ÜBER DIE überraschende Entscheidung der rumänischen Regierung berichtet, die Bejagung von Bär und Wolf einzustellen. Im Oktober 2017 hat die rumänische Umweltministerin Gratiela Gavrilescu diese Entscheidung ihrer Vorgängerin revidiert und die Bejagung von 140 Bären und 97 Wölfen angekündigt. Dieser Schritt wurde nach Konsultationen der Regierung mit Wissenschaftlern und nach gehäuften Angriffen auf Menschen in ländlichen Gegenden verabschiedet. Diese Entnahme wird die Population der Bären, die in Rumänien auf 7.000 Individuen geschätzt wird, nicht gefährden. Die Ministerin betonte, dass kein Protest von Aktivisten vor dem Parlament diese Entscheidung beeinflussen wird. Diese Entwicklung ist ein weiterer Fingerzeig, dass jagdliche Themen vor allem auf sachlicher Basis und nicht auf Emotionen und Druck städtischer Wählerschichten und besonders umtriebiger Aktivisten entschieden werden darf. Menschen in urba06

nen Gebieten haben die Konsequenzen von Jagdeinschränkungen in den meisten Fällen nicht zu tragen. Diese erschweren das Leben ländlicher Bevölkerungsschichten. IM GEGENSATZ ZU DIESER Korrekturmaßnahme in Rumänien gab es in Britisch Kolumbien/Kanada, einer Provinz mit einem bekannt gesundem Bestand an Grizzly Bären, Ende 2017 eine Entscheidung gegen die „Trophäenjagd“ auf Braunbären. Die Entscheidung war hauptsächlich politisch und emotional motiviert und von der großteils in wenigen Großstädten lebenden Stadtbevölkerung getrieben. In den USA hat der neu gewählte Gouverneur von New Jersey, Phil Murphy, in seiner Wahlkampagne öffentlich erklärt, die Jagdsaison auf Schwarzbären in diesem US-Bundesstaat unterbinden zu wollen.

Eine Entscheidung in dieser Sache wird erst 2018 gefällt, aber dies sind beides Beispiele, wie schnell die Jagd zum Spielball von Politik und Emotionen werden kann. Bis Anfang Dezember 2017 wurden in der Jagdbogen,Vorderlader-Jagdsaison in diesem US-Bundesstaat an die 250 Schwarzbären erlegt und weitere 150 in der kürzeren Jagdsaison für Büchsenjäger.

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Europäische Bogenjagdverbände: EBF-Meeting in Warschau

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IE JAHRESHAUPTVERSAMMLUNG des Europäischen Bogenjagdverbandes EBF fand Anfang April statt. Eingeladen wurden die Delegierten vom polnischen Bogenjagdverband. Vor dem Meeting veranstalteten die Gastgeber ein Seminar für geladene Vertreter von polnischen Jagdverbänden, Universitäten und Forstverwaltungen zum Thema Bogenjagd in Europa. EBF-Präsident Anders Gejer präsentierte die Entwicklung der Bogenjagd. Der spanische EBF-Delegierte Javier Sintez Pelaz stellte das urbane Bogenjagd-Programm in Madrid vor. Dieses Referat hatte angesichts der massiven Probleme mit der Afrikanischen Schweinepest in Polen und dem gerade verabschiedeten neuen Jagdgesetz in Polen aktuelle Relevanz. Demnach darf eine Schussabgabe mit Feuerwaffen im Umkreis von 150 Metern zu einem bewohnten Haus nicht mehr erfolgen. Der slowakische Delegierte Juraj Buchta referierte über die Entwicklung der Bogenjagd in der Slowakei und betonte die gute Zusammenarbeit mit dem Slowakischen Jagdverband. Bei der Jahreshauptversammlung betont wurde die Wichtigkeit der assoziierten Mitgliedschaft mit der europäischen Jagdvereinigung FACE. Diese Mitgliedschaft macht die Bogenjagd öffentlich sichtbar. In etlichen Ländern gestalten sich die Bemühungen zur Zulassung der Bogenjagd als alternative Jagdmethode schwierig. Dazu gehören auch die deutschsprachigen Länder. Aus anderen Nationen gibt es Positives zu berichten, in Finnland gab es nach der Jagdgesetznovelle 2017 die ersten erfolgreichen Jagden auf Weißwedelwild. In Dänemark

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wird ab Herbst 2018 der Jagdbogen für alle jagdbaren Wildarten zugelassen. In der Slowakei sieht die Jagdgesetznovelle vor, die Bogenjagd auch außerhalb von Jagdgattern einzuführen. EBF Präsident Gejer betonte, dass alle diese positiven Entwicklungen ohne

die Bemühungen von Bogenjägern niemals passiert wären. Er würde sich wünschen, dass die europäischen Bogenjäger noch intensiver zusammen arbeiten würden, um mit vereinten Kräften die Wiederzulassung der Bogenjagd voranzutreiben.

Grenzübergreifendes Projekt Wikipedia Bogenjagd

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USLÖSER WAR DIE ANFRAGE 2017 an eine grüne Landtagsabgeordnete in Hessen (Deutschland) durch Vertreter des Deutschen Bogenjagdverbandes (DBJV), um deren Standpunkt zum Thema Wiedereinführung der Bogenjagd in Deutschland zu erfahren. Die im Politikerstil geschriebene Antwort war negativ. Was erschreckend war, die Gegenargumentation dürfte mit großer Sicherheit aus einem ziemlich unqualifizierten Wikipedia-Eintrag von offensichtlichen Jagdgegnern abgeschrieben worden sein. Das veranlasste DBJV-Mitglied Roman Landes, einen Wikipedia Eintrag zu gestalten, der hieb- und stichfest, mit Literaturnachweisen und Zitaten gespickt, Fakten und Tatsachen darstellt. Damit hatte er sich ein echtes Monsterprojekt aufgehalst, an dem verschiedene Vertreter der deutschsprachigen Verbände tatkräftig in hunderten freiwilligen Stunden mithalfen. WAR ES ANFANGS DIE SCHWIERIGKEIT, die Kapitel durch Autoren verschiedener Herkunft und Ansätzen mit Leben zu füllen und nur wesentliche Aspekte des breiten Feldes zu beleuchten, so kam danach die Notwendigkeit, den Schreibstil an die

Anforderungen eines Lexikons – Wikipedia ist keine Romanplattform oder Ratgeber – anzupassen. Das nächste Aufgabenpaket war, durch ein internationales Spezialistenteam alle Aussagen prüfen zu lassen und dementsprechend mit Literatur und Querverweisen felsenfest zu verankern. Wie schon angesprochen: ein Monsterprojekt, das von Oktober 2017 bis April 2018 lief und sowohl mir und sicher auch Roman jede Menge schlaflose Nächte gekostet hat. Das Ergebnis kann sich meiner Meinung nach sehen lassen! Von Wikipedia aus wurde uns empfohlen, den Beitrag nur kapitelweise zu veröffentlichen, da sonst die Kontrollgruppe damit überfordert sein würde – was so auch geschieht. ICH HOFFE, DASS BEIM ERSCHEINEN dieser Ausgabe ein Teil oder schon der gesamte Beitrag veröffentlicht ist. Meine Anerkennung möchte ich hier aber definitiv Roman Landes und dem internationalen Team aus Österreich, Deutschland und der Schweiz aussprechen, die gezeigt haben, dass solche Projekte gemeinsam gestemmt werden können. Christian Heinz 07


vereinsnews

Erste Sektion: BFA Steiermark

Schneebergland Cup Turniere für Bogenjäger von Bogenjägern

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INMAL IM JAHR IST EINFACH ZU wenig! Zumindest für Christian Heinz, den Chefredakteur von DER BOGENJÄGER. Meist im Frühjahr treffen sich die Vereinsmitglieder der BFA bei Ihrer Jahreshauptversammlung samt Turnier. Die Vereinsführung versucht, diese Veranstaltung jedes Jahr an einem anderen Ort in Österreich stattfinden zu lassen, um die Anfahrt für die Mitglieder gerechter zu gestalten. Nachdem es eine wachsende Anzahl von Jägern in der Steiermark gibt, die als Jagdgerät auch den Bogen wählen, wurde von Christian Heinz und Werner Leitner die Zweigstelle Steiermark gegründet und mit einem Jagdturnier in Semriach eröffnet. Unterstützung bei der Organisation des Turniers lieferte Christian Weidinger, Inhaber des von Bogenschützen stark frequentierten Waffenfachgeschäfts Waffen Wanz in Graz. Die Idee war, auf dem bestehenden Parcours übliche Jagdszenen mit Schüssen auf Bogenjagddistanz zu stellen. Geschossen wurde auch aus jagdlichen Einrichtungen wie Treestands, Ghostblinds und Blinds. Obwohl mehr als 85 Prozent der Schüsse deutlich unter 20 Meter und der weiteste nur 35 Meter war, kam keiner der 27 aktiven Schützen in die Nähe des Perfect Scores. Das Echo zu mehr regionaler Präsenz war durchgehend positiv, weshalb die neue Sektion Steiermark der Bowhunter Federation Austria auch weiter ausgebaut werden soll. Christian Heinz

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EREINE WIE DIE BFA, MIT Mitgliedern in ganz Österreich verteilt, haben das Problem, dass nur schwer Kontakt unter den Bogenjägern gehalten werden kann. Daher sind gemeinsame Aktivitäten, an denen BFA Mitglieder aus einem Bundesland oder sogar nur einer Gemeinde teilnehmen, eine Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch. 2016 trafen sich einige Mitglieder der BFA aus dem Schneebergland (Umgebung von Puchberg am Schneeberg in NÖ), um zu überlegen, wie man das Bogenschießen in freundschaftlicher Runde intensiver üben könnte. Vor allem war unsere Intention, jagdliche Situationen zu simulieren, um für anstehende Jagden besser vorbereitet zu sein. Gleich 2016 wurden die ersten BFA Schneebergland-Turniere ausgerichtet. Diese „Spaßturniere“ werden bei BFA Mitgliedern ausgerichtet, denen eine passende Örtlichkeit zur Verfügung steht. Es gibt lustige oder praxisnahe Spezialdisziplinen, wie das Halten des gespannten Bogens für mindestens eine Minute, bevor der Pfeil geschossen werden darf. Weitere Herausforderungen sind das Treffen von bewegten Zielen oder Schüsse mit steilen Winkeln. Es werden Blinds, Treestands, Klettergeschirr und Bogenseile verwendet, um den Umgang mit diesen zu trainieren. Die Entfernungen zu den Zielen werden bekannt gegeben, da auch auf der Jagd mehrheitlich Entfernungsmesser benutzt werden. Wichtig ist uns bei den Turnieren, dass wir uns in erster Linie gegenseitig mit Rat und Tat zur

Seite stehen, Tricks zeigen und Erfahrungen austauschen. Jeder soll vom Wissen des anderen profitieren. Wir würden uns freuen, wenn sich auch in anderen Regionen in Österreich BFA Mitglieder finden, um die eine oder andere regionale Aktivität auf die Beine zu stellen. Vielleicht können wir in naher Zukunft sogar gegeneinander ein Turnier austragen. „Die Schneeberglandler“

info Die BOWHUNTER FEDERATION AUSTIRA (BFA) ist die Interessensvertretung für alle an der Bogenjagd interessierten Jäger und Bogenschützen in Österreich. Präsident ist Ernst Blajs. info@austrianbowhunting.at und www.austrianbowhunting.at Adresse: Schlagl 16, A-2640 Raach am Hochgebirge Der Bogenjäger 5 / 2018


kauftipp

DER BOGENJÄGER Impressum Medieninhaber, Herausgeber und Redaktion: Österreichischer Bogenjägerverein Bowhunter Federation Austria (BFA), Schlagl 16, A-2640 Raach am Hochgebirge Verantwortlich für den Herausgeber Präsident Ernst Blajs Vize-Präsident Markus Fuchs Schriftführer Rupert Wagner Schriftführer-Stv. Martin Brauneder Kassier Herbert Reingruber Kassier-Stv. Alexander Stadlmann Chefredaktion Christian HEINZ

Eine solide Sache: Das BOGENJÄGER-Messer

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ÜR DEN BOGENJÄGER WIE AUCH für jeden anderen Jäger ist ein Messer einfach unverzichtbar. Es muss stabil, scharf und schneidhaltig sein. Dazu sind Attribute wie Handlichkeit, Verlässlichkeit, einfache und sichere Handhabung gefragt. Wenn es dann noch gut aussieht und kostengünstig ist, dann passt‘s. Wir haben uns für das Epicenter von Böker in einer Titan Framelock Version mit VG 10 Klinge entschieden. Schon wie wir das erste Mal das Messer in unseren Händen hielten, waren wir von dem massiven Teil beeindruckt. Die Klinge klappt mit leichtem Daumendruck aus und rastet mit einem „Klick“ ein. Zum Lösen muss nur

der federnde Teil des Griffes seitlich gedrückt werden und das Messer schwingt ohne Spiel in die Ausgangslage zurück. Der Mechanismus ist simpel und ideal für ein Outdoorgerät. Die Klinge wird sehr scharf geliefert und hält diese Schärfe über eine lange Zeit. Der Griff liegt angenehm in der Hand. Wie auch der Griff ist die Klinge sehr stabil. Der Klipp zur Befestigung am Gürtel oder in der Hosentasche ist stark und nicht zu verbiegen. Mit der Lasergravur an Griff und Klinge, sowie der laufenden Nummer bis zur limitierten 99 ist das BOGENJÄGER-Messer ein echter Hingucker (Preis 159 Euro, www.blade-store.at).

Setzen wir ein Zeichen BOGENJÄGER-Anstecker

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ER BOGENJÄGER-ANSTECKER erfreut sich großer Beliebtheit und ziert bereits die Jagdhüte, Kappen und Jacken zahlreicher europäischer Bogenjäger und darüber hinaus. Selbst die European Bowhunter Federation hat bei uns nachgefragt, ob sie unseren Anstecker ebenfalls verwenden dürfen. Mit Hilfe des kleinen Pins kann jeder Bogenjäger ein großes Zeichen für die Der Bogenjäger 5 / 2018

Bogenjagd in Europa setzen. Die Anstecker gibt es weiterhin zum kleinen Preis von nur 3,50 Euro im Online-Shop der Bowhunter Federation Austria (BFA), sowie beim Verband Deutscher Bogenjäger (DBJV). Die erste Lieferung ist übrigens bereits ausverkauft und es wurden schon weitere nachgeordert. Einfach auf www.austrianbowhunting.at klicken.

Mitarbeiter an dieser Ausgabe Pedro Ampuero, Hans Arc, Frank Berbuir, Ernst Blajs, Martin Brauneder, Max Fuchs, Christian Heinz, Alexander Helm, Ruan Hinze, Wolfgang Koller, Thomas König, Jürgen Krüger, Ingo Kuhn, Melitta Maradi, Daniel Mihai, Gerlinde Nadrag-Blajs, Marc Schäfer, Nic Wohlwend, Michael Zehnder, Micha Zierhofer, Juha Kylmä. Internet: www.austrianbowhunting.at www.der-bogenjaeger.at Beiträge der Fotografen: Pedro Ampuero (10), Hannes Arc (15), Frank Berbuir (7), Ernst Blajs, EBF, Jan-Sivert Hauglid (6), Christian Heinz (7), Alexander Helm (5), Juha Kylmä (11), Melitta Maradi (4), Daniel Michai (6), Marc Schäfer (2), Dietmar Streitmaier (5), Nic Wohlwend (5), Michael Zehnder, Bowhunter Manual, Armin Stütz Kontakt: redaktion@der-bogenjaeger.at Grafische Gestaltung / Cover Hans Arc Druck: Riedeldruck GmbH, Bockfließerstraße 60-62, 2214 Auersthal, www.riedeldruck.at DER BOGENJÄGER ist ein Magazin für die Mitglieder der Bowhunter Federation Austria und für alle Interessierten an der Jagd mit Pfeil und Bogen. DER BOGENJÄGER erscheint zwei Mal im Jahr. Der Verein übernimmt keinerlei Verantwortung für die Inhalte fremder Beiträge sowie Internetseiten, auf die im Magazin DER BOGENJÄGER per Link verwiesen wird. Eine kontinuierliche Prüfung der von Dritten angebotenen Internetseiten ist weder beabsichtigt noch möglich. Der Herausgeber und die Redaktion distanzieren sich ausdrücklich von allen Inhalten, die straf- oder haftungsrechtlich relevant sind oder gegen die guten Sitten verstoßen. Die Bowhunter Federation Austria haftet außerdem nicht für eingereichte Inhalte, Manuskripte sowie Fotos. Außerdem behält es sich die DER BOGENJÄGER- Redaktion vor, notwendige Änderungen (etwa inhaltliche Kürzungen) von eingeschickten Beiträgen vorzunehmen. Der Druckkostenbeitrag sowie die Einnahmen aus den Abos und sämtliche Einnahmen aus den Inseraten werden vollständig zur Finanzierung und der Herausgabe des Magazins verwendet.

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vereinsnews

Neues Logo für DBJV IM RAHMEN DER NEUEN AUSRICHTUNG IM BEREICH MARKETING WURDE U.A. EIN REFRESH DES DBJV-LOGOS VORGENOMMEN. DER WERBEDESIGNER EDGAR BÖMMEL HAT IN ZUSAMMENARBEIT MIT DEM VORSTAND MEHRERE VARIANTEN ENTWORFEN. NACHDEM EINE ENTSCHEIDUNG GEFALLEN WAR, KONNTEN WIR DIE NEUE CORPORATE IDENTITY IN DIE AKTUELLEN AKTIVITÄTEN EINBINDEN. von Marc Schäfer

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ITTLERWEILE IST DAS LOGO in tegriert. Der DBJV hat neue Flyer, Autoaufkleber, Verbandsjacken und Kappen entworfen, Informationsbroschüren für Behörden erarbeitet, Briefkopf gestaltet uvm. AM 17. MÄRZ HABEN FÜNF Mitglieder erfolgreich die Prüfung der National Bowhunter Education Foundation (NBEF) zum zertifizierten Instruktor abgelegt. Insgesamt wurden 18 neue Instruktoren ausgebildet. Diese Ausbildung bildet die Basis für eine länderübergreifende und einheitliche Ausbildung der Bogenjäger in Europa. Wir

gratulieren unsern neuen Instruktoren und freuen uns mit Ihnen, die Kompetenzen im DBJV weiter auszubauen! DER DBJV KANN AUF EIN STARKES Ausbildungshalbjahr in 2017 zurückblicken. Insgesamt wurden in vier Kursen 29 Neubogenjäger ausgebildet. Alle Teilnehmer konnten nach dem Ausbildungswochenende Ihren Bogenjagdschein entgegennehmen. Darüber hinaus dürfen wir ALLE Absolventen als Vollmitglieder im Verband begrüßen und freuen uns über das entgegengebrachte Vertrauen. Ein sehr gutes Beispiel der ge-

lebten Unterstützung sind die neuen Verbandskappen des DBJV. Nachdem Klaus Krüger zu Ohren gekommen war, dass unser Verband neue Merchandise Artikel benötigt, hat er sich bereit erklärt, dem Verband unter die Arme zu greifen. Nachdem die ersten Realtree Camo Kappen eingetroffen waren und wir uns von der Qualität überzeugen konnten, hatte Klaus die Bestellung ausgelöst. Somit werden unsere Mitglieder ab 2018 die ersten Kappen mit DBJV Logo in ihren Händen halten. Der gesamte DBJV Vorstand bedankt sich bei Klaus für dieses Engagement!

info Der DEUTSCHE BOGENJAGD VERBAND (DBJV) ist die Interessensvertretung für alle an der Bogenjagd interessierten Jäger und Bogenschützen sowie alle Bogenjagdvereine in Deutschland. Präsident ist Luis Hant (Jan Riedel). info@dbjv.org und www.dbjv.org Dorfstraße 22, D-79215 Biederbach 10

Die neuen zertifizierten Instruktoren im DBJV: Reinhold Kuhn, Tex Falconrider (Thorsten Sperling), Sabine Hammer, Ruan Hinze, Rolf Schönlein. Der Bogenjäger 5 / 2018


Großer Auftritt der Schweizer Bogenjäger

Der Besucherandrang war an allen Messetagen groß und die Schweizer Jäger an den Aktivitäten der Bogenjäger interessiert.

27.000 BESUCHER HAT DIE INTERNATIONALE PUBLIKUMSFACHMESSE „FISCHEN - JAGEN - SCHIESSEN“ IN BERN IN DER SCHWEIZ IM FEBRUAR 2018 ANGEZOGEN. GEFÜHLT JEDER ZWEITE HAT DEN STAND DES VERBANDES DER SCHWEIZER BOGENJÄGER (VSBJ) BESUCHT. von Melitta Maradi

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IR SIND MIT EINEM bescheidenen Ziel nach Bern aufgebrochen, und zwar, um einen ersten guten Eindruck bei der Jägerschaft zu hinterlassen. Denn noch kannten uns die Schweizer Jäger kaum. Bereits vor der Messe war uns klar, dass die Schweizer Jäger grundsätzlich nichts gegen die Bogenjagd einzuwenden haben – auch nichts gegen eine Bogenjagd in der Schweiz. Wie offen und interessiert sie letztendlich waren, hat uns doch positiv überrascht: Ein gutes Gespräch folgte dem anderen. Unzählige Jäger, oft mit Partner und Kindern, haben sich beim jagdlichen Bogenschießen versucht. Und nicht wenige haben den Stand mit einem Lächeln auf dem Gesicht verlassen.

DER MESSESTAND WAR EIN GROSSES Gemeinschaftswerk: Ohne das großzügige Angebot der Messeleitung in Bern hätten wir uns den Stand gar nicht leisten können. Und ohne die Unterstützung der österreicher und Deutschen Bogenjägerkameraden auch nicht. Die gemeinsam herausgegebene Sonderausgabe des „Der Bogenjäger“ ist bei den Besuchern sehr gut angekommen und hat der Sache einen großen Dienst erwiesen. Dank dem österreichischen Messestand konnten wir Tarnkleider, Pfeilspitzen, Informationsmaterial, Filme und vieles mehr optimal präsentieren. Auch unsere Mitglieder des VSBJ konnten wir mobilisieren. Sie haDer Bogenjäger 5 / 2018

ben unendlich viele überzeugende Gespräche geführt sowie mit Engelsgeduld kleinen und grossen Jägern das jagdliche Bogenschießen gezeigt. PERSÖNLICH BLEIBEN MIR DIE VIELEN glänzenden Kinderaugen in Erinnerung - sowie die nicht minder glänzenden Augen der Eltern. Ganz nach dem Motto «es ist nie zu spät anzufangen» hat sogar ein 81-jähriger Jäger wissen wollen, ob er noch einen Jagdbogen ziehen kann. Es ist ihm gelungen. Abgesehen davon haben wir Bogenjäger ein großes Kompliment von unserem höchsten Schweizer Jäger erhalten, von Jagdinspektor Reinhard Schnidrig, der uns Bogenjäger seine «alle Achtung» ausgesprochen hat. Das ist natürlich keine Zusage für die Bogenjagd in der Schweiz, aber es motiviert uns, weiterzumachen und im richtigen Moment das Richtige zu tun… Wie auf der Jagd!

Es fanden sehr viele anregende Gespräche mit Jägern statt, die sich teils genauestens über die Bogenjagd informierten.

Am Messestand wurden auch Vorträge über die Bogenjagd gehalten, die viele Schweizer Jäger in ihren Bann zogen.

info Der VERBAND DER SCHWEIZER BOGENJÄGER (VSBJ) ist die Dachorganisation für alle an der Bogenjagd interessierten Jäger und Bogenschützen sowie alle Bogenjagdvereine in der Schweiz. Der Verband ist Mitglied der European Bowhunting Federation (EBF), der Dachorganisation aller europäischen Bogenjagdverbände. Präsident ist Chris Mozolowski. Sie erreichen uns über info@vsbj. org und www.vsbj.org Postadresse: Feuerweg 25, CH-8046 Zürich 11


reportage

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Mit Bogen auf Elchjagd im Yukon IN DER WILDNIS DES YUKONS MIT PFEIL UND BOGEN ZU JAGEN IST EINE BESONDERE HERAUSFORDERUNG. EIN GUTER ELCH ODER BÄR WIRD EINEM NICHT GESCHENKT. DIE GELEGENHEITEN FÜR EINEN SICHEREN SCHUSS SIND RAR – MAN MUSS SIE SICH ERARBEITEN UND DAFÜR KÄMPFEN. DER ZUFALL KANN DABEI EINE ENTSCHEIDENDE ROLLE SPIELEN. GERADE ABER WEIL DIE BOGENJAGD KÖRPER UND KOPF SO FORDERT, MACHT SIE DAS ERLEBTE ZU ETWAS GANZ BESONDEREM. von Nic Wohlwend

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reportage

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RGENDWIE IST ES NAHELIEGEND, dass man als Jäger von einer Jagd auf Elch und Bär im Norden Kanadas träumt. Gerade für mich als Bogenjäger, der es liebt, in unberührter Wildnis und auf nahe Distanz am Wild zu jagen, gibt es kaum Vergleichbares. Als mich das Kanada-Fieber gepackt hatte und ich meinen Traum umsetzen wollte, entfernte sich mein Ziel aber immer wieder. Zweifel kamen auf; ist der Zeitpunkt richtig, bei welchem Outfitter soll ich welche Jagd buchen und reichen meine finanziellen Mittel? Das Vorhaben rückte in die Ferne und ich verweilte in Träumen…

immer wieder den Blick frei im sonst eher dichten Bewuchs. Hier zeigte sich nun, was meine Ausrüstung wert war. Mein Gefuchtel mit dem Bogen im Gestrüpp musste ich mir abgewöhnen. Durch das ständige Streifen des Bogens an Ästen machten sich schnell Abnutzungen an der Bogensehne bemerkbar. Ständig verhedderten sich Pfeile im Geäst und fielen aus dem Seitenköcher, bis ich sie mit Tape am Bogen fixierte. Eine Bogenjagd im Yukon ist nicht mit einem 3D-Turnier vergleichbar. Die Ausrüstung muss bewusst robust gewählt und notfalls – mit dem, was zur Verfügung steht– angepasst werden.

ICH HABE ES DER Entschlossenheit meiner Frau Eliane zu verdanken, dass wir unseren vorgezogenen Honeymoon im Jahre 1995 auf den Yukon ausdehnten – Jagd auf Elch und Grizzly inklusive! Es war Ende September, als uns Guide Stefan am Flughafen von Whitehorse begrüßte. Von Teslin aus ging es am selben Tag mit dem Buschflugzeug ins Jagdcamp am Fish-Lake. Der Indian-Summer zeigte sich von seiner eindruckvollsten Seite. Die Sonne schien und die Landschaft war wie mit Gold überzogen. Im Camp angekommen überprüfte ich meine Ausrüstung. Kernstück war mein Pearson-Spoiler-Bogen mit 80 Pfund, der mir zuvor gute Dienste auf Karibou und Wildsauen leistete und mit dem ich gut vertraut war. Die Vorbereitung mit Setup, Einschießen und der Beschaffung von Ersatzmaterial hatte ich schon zu Hause erledigt. Vier feststehende Pins auf 15, 30, 45 und 60 Meter erschienen mir praxisnah.

AM MORGEN DES VIERTEN TAGES fuhren Dirk und ich mit dem Kanu den Nisutlin River einige Meilen flussaufwärts. In einer Biegung legten wir am Ufer an, um uns dann von der Strömung abwärts treiben zu lassen und nach Elch und Bär Ausschau zu halten. Die Sonne schien wie immer und der Nisutlin River plätscherte gemächlich vor sich hin… Nach nur wenigen Minuten kam Leben in die Dickung auf der anderen Seite des Flusses. Das ‚whogh - whogh‘ eines brunftenden Elchbullen war zu hören, der sich langsam durch das übermannshohe Gehölz seinen Weg zum Flussufer hin bahnte. Erst wenige Meter vor dem Ufer zeigte sich dann der Koloss mit seinen weit ausladenden Schaufeln. Er war von uns noch 80 Meter entfernt und begann, den Fluss schräg in unsere Richtung zu überqueren. Die Deckung vor uns war nur spärlich. Der Hintergrund war aber perfekt und verwischte unsere Konturen, so dass uns der Elch nicht bemerkte. Der Rangefinder zeigte 60 Meter an und der Elch watete weiter mit wippendem Haupt auf unsere Uferseite zu. Dirk signalisierte mir mit seinem ‚der ist gut‘, dass er schussbar ist und ich mich bereit machen soll. Das ‚gut‘ hielt ich angesichts der majestätischen Erscheinung für eine Untertreibung – er ist großartig!

DIE STRATEGIE UNSERES OUTFITTERS bestand darin, dass wir in der ersten Woche entlang der Seen und Flüsse mit dem Kanu Ausschau nach jagdbarem Wild halten. In der zweiten Woche würden wir es in den Bergen, oberhalb der Baumgrenze versuchen. Bereits auf unserer ersten Kanufahrt besuchte uns ein junger neugieriger Elchbulle am Ufer des Sees. Die Entfernung betrug weniger als 20 Meter vom Kanu und der Bulle sah wohl zum ersten Mal einen Menschen – gute Gelegenheit den Bogen aufzuziehen, um Maß zu nehmen. In den folgenden zwei Tagen durchpirschten wir großräumig die Gebiete entlang des Flusses. Die zahllosen Sümpfe und Lichtungen sind ideales Einstandsgebiet und geben 14

AN DER ZUVOR AUSGEMESSENEN 45 Meter Marke schickte ich meinen 650 grains schweren Pfeil, mit einer NAP Thunderhead bestückten Jagdspitze in Richtung des breit stehenden Bullen. Der Pfeil tauchte mit dumpfem ‚smack‘ tiefblatt ein und landete mit Durchschuss wenige Meter hinter dem Elch im Wasser. Der Elch zeigte auf den

Schuss keine Reaktion, keine Flucht, kein Zucken – nichts. Langsam drehte er sich um 180 Grad in Richtung des Pfeils, der flussabwärts trieb. Mein zweiter Pfeil traf ihn hoch im Blatt. Diesmal explodierte er förmlich und ging hochflüchtig zurück ans Ufer, ab in die Büsche, wo nach einer kurzen Weile Ruhe einkehrte und das gemächliche Plätschern des Flusses wieder die Szene beherrschte. ICH KONNTE DIE TREFFERLAGE beim Einschlag gut erkennen, und so war ich mir meiner Pfeile sicher. Der Schweissfährte folgend traten wir etwa 40 Meter vom Flussufer entfernt an den Bullen. Sein massiger Wildkörper lag wie ein Berg vor mir. Stark waren seine Stangen an der Basis und weit die Auslage seiner Schaufeln. Die Decke war dunkel, am Äser und Ziemer fast schwarz, nur die Läufe hoben sich in einem leichten Silbergrau vom schweren Wildkörper ab. Ich war ergriffen von den Ausmassen dieser Wildart und dem Zauber der kanadischen Wildnis, als ich vor meinem ‚moose‘ stand. Das Bergen und Versorgen des Wildbrets nahm den verbleibenden Tag in Anspruch. Tags darauf wollten wir die Gelegenheit nutzen, um einen Grizzly am Aufbruch abzupassen. Der Grizzly war aber schlauer und hatte sich den Aufbruch in der Nacht zuvor vollständig einverleibt. DIE FOLGENDEN TAGE JAGTEN wir zu Pferde zusammen mit anderen Jägern in den Bergen auf Karibou, Elch und Grizzly. Einer der Jäger konnte ein Bergkaribou erlegen. Bären kamen keine in Anblick. Auf der Heimreise logierten wir in Whitehorse. Nach vierzehn Tagen in der Wildnis war die Zivilisation ungewohnt geworden. Das Hotelzimmer unangenehm warm und die Geräusche von der Straße hörten sich nicht mehr wie das ‚whogh - whogh‘ der brunftenden Elche oder das Heulen der Wölfe an. Den Kopf immer noch voller Eindrücke der letzten Tage konnte ich es nicht fassen, dass sich mein Traum vom Yukon-Elch erfüllt hatte. Dass es mit dem Grizzly nicht geklappt hat, hat meine Freude nicht geschmälert. Die Zeit war wohl noch nicht reif dafür und so kann ich zufrieden weiter von einer Jagd in der Wildnis des Yukon träumen…

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DAS JAGDGEBIET LIEGT NORDÖSTLICH VON TESLIN IM SÜDLICHEN YUKON. DIE BERGE DER PELLY MOUNTAINS UND DER BIG SALMON RANGE IM NORDEN SOWIE DER CASSIAR MOUNTAINS IM SÜDEN PRÄGEN DIE TOPOGRAPHIE UND DIE ALPINE/SUBALPINE FLORA DES RUND 18.000 KM GROSSEN JAGDGEBIETES. DIE WILDDICHTE IM YUKON IST NICHT ZU VERGLEICHEN MIT MITTELEUROPÄISCHEN REVIEREN. AUF DER PIRSCH TRIFFT MAN ABER OFT AUF KLEINWILD WIE EICHHÖRNCHEN, TANNENHUHN UND SCHNEEHÜHNER. IN DEN HÖHEREN LAGEN ZIEHEN STEINSCHAFE UND KARIBOUS IHRE FÄHRTEN UND ANHAND DER WILDZEICHEN SIND ELCHE UND BÄREN ALLGEGENWÄRTIG. AUCH WÖLFE BEKUNDEN IHR DASEIN MIT SPÄTABENDLICHEM GEHEULE.

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Macho Montes: Spanische Steinböcke „ES WAR NOCH WARM IN DEN SÜDLICHEN REGIONEN DES GREDOS GEBIRGES, OBWOHL SICH DER SOMMER ZUM ENDE NEIGTE. UNSERE PFERDE BEWEGTEN SICH LANGSAM AUF DEN HÖCHSTEN PUNKT DER BERGKETTE AUF DER SUCHE NACH KÜHLEREN STELLEN, AN DENEN SICH ZU DIESER JAHRESZEIT DIE STEINBÖCKE BEVORZUGT AUFHIELTEN. WIR WOLLTEN DEN GRÖSSTEN TEIL DES ANSTIEGS SCHNELL HINTER UNS BRINGEN, UM VON DORT OBEN AUS ZU JAGEN. WIR ERRICHTETEN UNSER LAGER BEI EINER ALTEN AUS STEINEN GEBAUTEN SCHÄFERHÜTTE. UNSER WAGEN WAR NICHT WEIT ENTFERNT, ABER AUF DIESE ART KONNTEN WIR UNS JEDEN TAG EIN PAAR STUNDEN AUFSTIEG ERSPAREN. UND DAS CAMP ERMÖGLICHTE UNS, DIE STEINBÖCKE VON OBEN ANZUGEHEN. AUSSERDEM STÖRTEN WIR DIESE NICHT DURCH UNSEREN TÄGLICHEN AUFSTIEG. OHNE DASS SIE UNS JEDEN TAG BEIM AUFSTIEG BEOBACHTEN KÖNNEN.“ von Pedro Ampuero (aus dem Englischen von Ernst Blajs)

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IE BOGENJAGD AUF Steinbock ist der Hauptgrund, dass jedes Jahr Bogenjäger meine Heimat Spanien besuchen. Das Gefühl, einen starken Bock zu erspähen, nachdem man Stunden hinter dem Spektiv verbracht hat, ist einzigartig. Besonders wenn man mit einem Bogen so nah als möglich an die Beute herankommen muss. „Macho Montes“ ist der lokal geläufige Name für den spanischen Steinbock. Es gibt vier verschiedene Unterarten der „Capra Capra“, die unterschiedliche Gebirgszüge der spanischen Halbinsel besiedeln. Der „Beceite“ Steinbock, im östlichen Teil vor allem in den Provinzen Teruel, Castellón und Tarragona. Der „Gredos“, im zentralwestlichen Teil des Landes, zwischen den Provinzen Cáceres und Ávila. Der „Sierra Nevada“ Steinbock in der südöstlichen Provinz Granada und der „Ronda“ Steinbock im Süden, in der Provinz Malaga. Die Unterschiede in den Unterarten sind nicht so groß, sie liegen vor allem in Hornlänge und -form, Körpergewicht und dem Habitat selbst.

DIE GRÖSSTEN UNTERARTEN SIND Beceite und Gredos, ein reifer Bock von 10 bis 12 Jahren erreicht eine Hornlänge von 65 bis 80 Zentimeter, wohingegen die Schläuche bei den anderen zwei Unterarten nur 50 bis 70 Zentimeter erreichen. Das Verhalten, die Jagdsaisonen, die Art sie zu bejagen, usw. ist für alle vier Unterarten ähnlich. Der Lebensraum der Steinböcke erstreckt sich auf Bergregionen von 1500 bis 2000 Meter Seehöhe. Abhängig von der Region und der Jahreszeit kann man sie in bewaldeten Tallagen als auch in hochalpinen Regionen im offenen Gelände finden, in harschen, felsigen Gebieten als auch in sanfteren Hügellandschaften. Und dann noch irgendwo zwischendrin. Spanien hat Regionen, die sehr gut mit Straßen erschlossen sind und andere, die nur mühsam erreicht werden können. Es gibt Jagdlizenzen in NationalparkReservaten mit sehr niedrigem Jagddruck als auch in Gebieten, wo sie regelmäßig bejagt werden und entsprechend heimlich sind. Mit all diesen möglichen Jagdszenarien kann der Jäger selbst entscheiden, wie

Pedro Ampuero ist im Bildhintergrund im Vollauszug; davor seine Beute 18

schwer und abgelegen die Jagd sein soll. Der Jäger sollte seine Vorstellungen und Wünsche auf jeden Fall genau äußern, wenn er sich bei potentiellen Outfittern über Jagdmöglichkeiten erkundigt. IM ERSTEM TAGESLICHT ERBLICKTEN wir einen prächtigen, alten, allein äsenden Bock hoch oben in den alpinen Wiesenmatten. Er befand sich an einer perfekten Stelle für einen Pirschversuch, so dass ich nur Sekunden brauchte, um mich zu entscheiden und in seine Richtung aufzubrechen. Es dauerte nicht lange, bis ich in seiner unmittelbaren Nähe war. Wenn die Stücke alleine stehen, ist die Pirsch um vieles leichter. Ich erreichte den Punkt, den ich mir vorher in seiner unmittelbaren Nähe geistig notiert hatte und entdeckte rasch die Hornspitzen des Bocks, der nur mehr einen Steinwurf entfernt äste. Die Sonne heizte vom Himmel und der Bock bettete sich. Nach etlichen vertanen Pirschchancen musste ich die Erfahrung machen, dass es mit dem Bogen keinen Sinn macht, ein gebettetes Stück auf die Läufe zu bringen. Ich war bereit, so lange als nötig zu warten. Nachdem ich mich in Position gebracht hatte, um einen raschen Schuss abgeben zu können, sobald sich der Bock aus dem Lager erheben würde, wartete ich geduldig und genoss den Moment. Nach einer halben Stunde schüttelte der Steinbock sein Haupt und machte Anstalten, sich zu bewegen. Ich zog den Bogen und dann stand der Bock 15 Meter entfernt breit... DIE JAGDSAISON AUF STEINBÖCKE ist fast das ganze Jahr offen, abgesehen von einer, je nach Region unterschiedlichen kurzen Zeitspanne im Juni/Juli. Das Verhalten ändert sich im Jahresablauf, und obwohl jedes Jahr und jede Region einige Eigenheiten hat, ist es hilfreich, einige Termine bei der Planung der Jagd zu berücksichtigen. Der Höhepunkt der Brunft ist gegen Ende November, und das ist die Zeit des Jahres, wo man immer mit Überraschungen rechnen muss. Liebestolle männliche Tiere wechseln weite Distanzen oder tauchen aus Dickungen auf. Obwohl sie abgelenkt und auf andere Dinge fokussiert sind, ist es schwierig, in Bogenschussdistanz zu gelangen, da die weiblichen Stücke in der Nähe sind und Beiböcke die Rudel umkreisen. Die Brunft ist Der Bogenjäger 5 / 2018


Steinbock-Jäger brauchen in den spanischen Bergen viel Geduld. Mit dem Spektiv müssen stundenlang die Berghänge abgeglast werden. die bei weitem faszinierendste Art, diese Böcke zu bejagen, sie bei Rangkämpfen zu beobachten, und zu sehen, wie sie brunftigen Stücke mit hängendem Lecker nachsuchen. Es ist außerdem die beste Zeit, wenn man wirklich einen starken Trophäenträger erlegen möchte. ES WAR FRÜH IM DEZEMBER in Beceite, und nach einigen Tagen fanden wir ein kleines Rudel Steinwild mit einem guten Bock. Der Bock hielt ein paar weibliche Stücke und junge Böcke auf Trab. Die Bewegungsrichtung war durch die kurzen Sprints unberechenbar. Wir versuchten, uns in Schussposition zu bringen, aber es war unmöglich, ihre nächste Bewegung voraus zu ahnen. Sie stoppten auf dem Berggipfel, wo sie sich betteten. Ich brauchte eine Stunde, sie zu umschlagen und von der Hinterseite von oben anzugehen. Eigentlich pirsche ich gebettetes Wild nur ungern an, obwohl man weiß, wo es sich befindet. Das Wild hat einfach nichts Besseres zu tun, als permanent nach Gefahren Ausschau zu halten. Ich robbte auf 60 Meter heran, näher war es wegen der breit gestreuten Gruppe an Tieren nicht Der Bogenjäger 5 / 2018

ratsam, da ein paar Geißen schon etwas zu spüren schienen und unruhig wurden. Das erste Warnpfeifen war mein Signal, den Bogen zu spannen und den Schuss anzutragen. Den Pfeilflug genau auf den breitseitig stehenden Bock werde ich nie vergessen. GLEICH ANSCHLIESSEND AN DIE BRUNFT ziehen sich die abgebrunfteten männlichen Stücke zurück und reduzieren ihren Bewegungsradius. Wenn man offene Landschaften bejagt, hat man eine Chance, einen gebetteten einsamen Steinbock zu finden, was eine hervorragende Pirschchance bedeutet. Wenn nicht, wird die Jagd zäh und mühsam. Und das Wetter kann um diese Jahreszeit unwirtlich werden. Während der Setzzeit im Frühjahr sondern sich die trächtigen Weibchen ab. In dieser Zeit kann man große Bock-Rudel vorfinden. Das grüne Gras sprießt in den Talregionen und während einer kurzen Zeit kann man verlässliche Wechsel zwischen dem Einstand und den Äsungsflächen ausfindig machen. Eine ausgezeichnete Chance, um an solchen Stellen die Tiere abzupassen. Und die Stücke sind entspannter und geben dem Jäger

mehr Zeit, eine Pirsch langsam und vorsichtig zu planen. Insbesondere um die Mittagszeit, wenn sich die Steinböcke an erreichbaren Stellen betten. Wie bei allen Bergjagden mit dem Bogen muss der Jäger bestmöglich vorbereitet sein. Er muss versuchen, vor der Jagd eine gute Kondition aufzubauen. Man braucht nicht unbedingt mit hohem Packgewicht im Rucksack zu trainieren, da man meistens Tagesjagden macht. Aber man muss für rasche Berganstiege trainiert sein, denn kommt man mit einem zu hohen Puls zum Schuss, wird das in der Regel nichts. Auch das Schießtraining muss intensiviert werden, insbesondere steile Schüsse bergauf und bergab. Die besten Pirschchancen hat der Bogenjäger in zerklüftetem und schroffem Gelände, also muss der Jäger auf Schüsse aus unbequemen Positionen vorbereitet sein. Man soll wirklich Selbstvertrauen in die eigenen Schießfertigkeiten haben, auf Distanzen bis 50 Meter. Man sollte diese Distanzen rasch schätzen können und sich eine Technik für den schnellstmöglichen Einsatz eines Rangefinders aneignen. Wenn man Steinwild abgetreten hat, verhofft es oft nach kürzester Flucht, eine schnelle 19


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SIERRA NEVADA

Schussabgabe kann da entscheidend sein. Man sollte den Pirschführern zuhören und deren Anweisungen folgen, sie sind mit den Verhaltensweisen und dem Habitat bestens vertraut. In Spanien wird die Bogenjagd populärer, man sollte also einen Outfitter finden, der Erfahrung mit dieser Jagdart hat oder noch besser, der Pirschführer beschäftigt, die auch mit dem Bogen jagen. WIR FANDEN DAS BOCK-RUDEL mit zwanzig Stück. Es waren nur zwei schussbare Böcke dabei und die Gruppe lag weit verstreut in dem kleinen Waldstück. Wir entschieden uns trotzdem für einen Pirschversuch, umschlugen das Rudel, um es von oben anzugehen. Ich jagte mit Adam Foss, der tags zuvor einen guten alten Steinbock nach einer waghalsigen Pirsch auf 25 Meter erlegen konnte. Auf der anderen Talseite befand sich unser Spähtrupp, bestehend aus meinen Pirschführern und Freunden Daniel Herranz und Julian Serena. Nach einer dreistündigen Pirsch erreichten wir die Stelle, an der wir das Rudel zuletzt gesehen hatten. Glücklicherweise waren die Tiere noch gebettet. Eine tiefe Drainage befand sich zwischen dem Rudel und den Jägern, und wir konnten uns nicht näher als auf hundert Meter anpirschen. Entscheidend bei der Bergjagd ist oft, geduldig auf den richtigen Moment zu warten. Also verharrten wir an Ort und Stelle und beobachteten das Rudel, als es später am Nachmittag hoch wurde, um sich in Bewegung zu setzen. Sofort rann20

GREDOS

ten wir hangabwärts in die Richtung, die wir vermuteten, dass sich das Rudel zur Äsung begeben würde. Der Puls beschleunigte sich, als vier stärkere Böcke genau in unsere Richtung kamen. Ich zog den Bogen aus, als sie noch 60 Meter entfernt waren und ließ sie näher kommen, während Adam die Distanz permanent mit dem Rangefinder kontrollierte. Wir erlegten den Bock auf 40 Meter, die letzten zwanzig Meter, die der Bock zurücklegte, fühlten sich im Vollauszug wie eine kleine Ewigkeit an. BEZÜGLICH DER AUSRÜSTUNG empfiehlt es sich, die beste Optik zu erwerben, die man sich leisten kann. Der Jäger verbringt viele Stunden damit, das Jagdgebiet abzuglasen, die Augen ermüden bei schlechter Optik viel schneller. Ein Rangefinder mit Winkelkompensation ist unentbehrlich. Ein Spektiv sollte der Jäger mitnehmen, sollten die Pirschführer keines zur Verfügung haben. Es ermöglicht die Ansprache von Wild auf weite Distanzen, ohne das Jagdgebiet zu stören. Wenn das Wild den Jäger eräugt, kann man eventuell auf Büchsendistanz jagen, die Annäherung auf Bogenschussdistanz wird sehr schwierig. Das Glasen auf weite Distanz ermöglich eine präzise Planung und Vorbereitung des Pirschversuches. Zu große Hast hat schon viele Pirschgänge frühzeitig beendet. Der Bergjäger sollte leichte und komfortable Bekleidung aus Technikfasern verwenden, nach einem gut durchdachten Zwiebelprinzip. Das me-

diterrane Bergwetter schlägt wirklich sehr schnell um. Man kann in der Früh noch in dicker Kleidung frieren, nur um zu Mittag in der prallen Sonne in einem T-Shirt auszuharren. Das KUIU Bekleidungssystem hat uns in den letzten Jahren hervorragende Dienste geleistet. Auch die Bergschuhe müssen sorgfältig ausgewählt werden, mit nicht zu steifer Sohle, da sie auch leise sein sollten. In der kalten Winterzeit verwende ich Bergschuhe, aber in den warmen Monaten verwende ich gerne Laufschuhe. Für solche Tagesjagden ist ein kleiner Bergrucksack empfehlenswert, ich verwende KUIU Modelle mit einem integrierten Tragegestell aus Karbon, um im Falle eines Jagderfolges auch schweres Gepäck und Wildbret transportieren zu können. Der Rucksack selber ist mindestens so leicht als sonst ein anderes Modell auf dem Markt. Jeder Bogen mit 60 Pfund und mehr reicht aus. Ein ausgewachsener Steinbock erreicht ein Lebendgewicht von 80+ Kilogramm, deshalb kann ich leichte Pfeile nicht empfehlen. Etwas in der Klasse 420–450 grain Gesamtpfeilgewicht sollte gute Dienste leisten. In den Bergen kann es windig werden, deshalb verwende ich in der Regel mechanische Jagdspitzen und Plastikfahnen mit niedrigem Profil, um einen guten Pfeilflug sicherzustellen. Ich bevorzuge ein Multi-Pin Visiersystem, da es schneller schussbereit ist als Single-Pin Visierungen. Das derzeitige Set-Up, welches ich mit sehr guten Ergebnissen für die Jagd einsetze, umfasst ein PSE Carbon Air Bogen Der Bogenjäger 5 / 2018


BECEITE

mit 70 Pfund bei 29 Zoll Auszug, Carbon Express Maxima Red SD 450 Schäfte, Gream Reaper Razortip 100 grain Jagdspitzen, Bohning Heat Vanes, Spot Hogg Father 5 Pin Visier, Trophy Taker Smack Down Pfeilauflage, Doinker Tactical 10 Zoll Stabi, Winners Choice Sehnenmaterial und ein Carter Simple Release. Ein verlässliches Set-Up mit ausreichend Energiereserven.

RONDA

die Jagdsaisonen sehr liberal und das Habitat atemberaubend schön. Dazu kommen noch die spanische Gastfreundlichkeit und kulturelle und kulinarische Genüsse, kurzum: die perfekte Destination für Bogenjagdreisende. Es bleibt mir nur noch, jedem Bogenjäger auch mein Heimatland Spanien

als Ziel für eine zukünftige Jagdreise mit ausgezeichneten Jagdmöglichkeiten auf diese Wildart ans Herz zu legen. Ich hoffe, ich habe das Interesse wecken können und ich wünsche Euch Anblick und Weidmannsheil in den wunderschönen Bergen Spaniens.

DAS RONDA STEINWILD ist die kleinste und wohl die herausforderndste Unterart wegen der wenigen Jagdmöglichkeiten und dem hohen Jagddruck. Es war meine zweite Jagdreise auf den Ronda, der mir in meiner Sammlung aller vier Unterarten noch fehlte. Es sollte ein reifer Steinbock werden. Nachdem wir einen ganzen Tag hinter unserer Optik verbracht hatten, entdeckten wir endlich den ersehnten Bock weit oben auf einem Grat. Schnell umschlugen wir die Stelle, um uns auf dem Grat auf 40 Meter an das kleine Rudel von vier Böcken anzupirschen. Eine perfekt durchgeführte Pirsch, die mir meinen bis dato besten Steinbock bescherte. Für mich ein besonderer Moment, nachdem ich Steinwild die letzten 15 Jahre mit dem Bogen nachgestellt habe. WEGEN DER AUSGEZEICHNETEN Wildmanagement Bemühungen um diese Wildart, bietet Spanien derzeit sehr freizügige Möglichkeiten und Lizenzen, um Steinwild bejagen zu können. Der Bestand ist gesund, die Bestandsdichten ausgezeichnet, Der Bogenjäger 5 / 2018

Spaniens Bergwelt fasziniert ebenso, wie die zahlreichen Jagdmöglichkeiten auf Steinwild 21


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Glücklicher Jäger, glückloser Kojote ES IST EIN FRÜHER UND ETWAS KÜHLER MORGEN IM SEPTEMBER IN ANDERSON COUNTY IN SOUTH CAROLINA. ES IST SAMSTAG, SECHS UHR MORGENS, AN DEM ICH IM LEITERANSITZ IM REVIER MEINES FREUNDES KEN VERHARRE. MANCHMAL GIBT ES DIE GLÜCKLICHE FÜGUNG, DASS AUS EINER GESCHÄFTLICHEN VERBINDUNG AUCH EINE PERSÖNLICHE ENTSTEHEN KANN, JA SOGAR EINE FREUNDSCHAFT. WIR HATTEN UNS VOR EINEM JAHR AUS BERUFLICHEN GRÜNDEN KENNENGELERNT UND FESTGESTELLT, DASS WIR BEIDE JAGEN, ER ZWAR MIT DER BÜCHSE, ABER FÜR AMERIKANER IST DIE BOGENJAGD DAS NORMALSTE UND SELBSTVERSTÄNDLICHSTE DER WELT. von Frank Berbuir

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N

UN HATTE ES MICH WIEDER mal beruflich eine kurze Zeit in den Süden der USA verschlagen und ich nahm die Gelegenheit wahr, mich wieder mit Ken zu treffen. Er hat das Glück, dass sich sein eigenes Jagdrevier direkt vor seiner Haustür befindet und er hatte mich eingeladen, bei ihm mit Pfeil und Bogen auf Weißwedelhirsch zu waidwerken. Die Jagdsaison auf „Whitetails“ hatte gerade begonnen und ich war sehr neugierig und gespannt darauf, weil es auch meine erste Jagd auf diese Hirschart in Nordamerika war. Noch ein wenig schläfrig aufgrund des Weckrufs gegen vier Uhr früh, beleben die frische Waldluft und die durch die Bäume lugende aufgehende und wärmende Sonne langsam meine Sinne. Meine direkten „Baumnachbarn“, die amerikanischen Grauhörnchen (Sciurus carolinensis), erfreuen sich bereits reger Betriebsamkeit und wuseln die Bäume rauf und runter sowie auch am Boden in der Nähe meines Standes, mit zeitweise argwöhnischem Blick in meine Richtung, was denn wohl dieser seltsam anmutende Geselle da im Baum zu suchen hat. Ein kleines Streifenbackenhörnchen (Tamias striatus) schleicht auch aus seinem Baumversteck hervor und macht sich hastig auf Nahrungssuche. AUCH DIE MITTLERWEILE tschilpenden Vögel bereichern das morgendliche Erwachen des Waldes. Bislang hatte ich noch nicht mit dem Hirschlockruf irgendwelche Signale abgesetzt, sondern lehne entspannt am Baum, als plötzlich das laute Gackern eines Truthahnes mich fast von meiner hölzernen Sitzbank fallen lässt. Halleluja, jetzt bin ich aber wach. Der Puter scheint in unmittelbarer Nähe vor mir im Baum zu sitzen und hat seinen „Guten Morgen Welt“-Ruf abgesetzt. Ich stelle mich aufrecht, ziehe mein Fernglas von der Brust hoch und glase die Bäume in meiner Umgebung ab. Baum für Baum rauf und runter und tatsächlich, da sitzt er. Auf einem Baum in etwa fünf Metern Höhe ungefähr 80 Meter entfernt. Still verharrend und ein wenig „aufgeplustert“ aufgrund der morgendlichen Frische verraten lediglich seine gelegentlichen Kopfbewegungen seine Position. Eine interessante Begegnung, die dann noch getoppt wird, als es im Unterholz plötzlich raschelt und

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wie aus dem Nichts ein Kojote direkt unter meinem Leiterstand schnürt – schnurstracks in Richtung Truthahn. Und ich, ich schaue dumm aus der Wäsche, weil mein Bogen im Baum hängt, denn bis ich ihn mir gegriffen und einen Pfeil eingenockt habe, ist der Kojote zwischen den Bäumen und Strauchwerk verschwunden. Schade, was für eine Gelegenheit. DER KOJOTE (CANIS LATRANS) oder Coyote, auch bekannt als nordamerikanischer Präriewolf oder Steppenwolf, gehört zur Familie der Hunde (Canidae) und sieht einem kleinen Wolf ähnlich. Sein Verbreitungsgebiet erstreckt sich heute von Zentralamerika bis in die nördlichen Regionen Kanadas und Alaskas. Ursprünglich war das Verbreitungsgebiet auf die Prärieregionen und das Buschland im Westen und Mittleren Westen Nordamerikas begrenzt. Durch den Rückgang des Wolfsbestandes und die Veränderungen des Lebensraums in Folge der sich ausbreitenden Besiedelung Nordamerikas hat der Kojote sich jedoch neuen Lebensraum erobern können. Während der letzten Jahrzehnte hat er die gesamte östliche Hälfte Nordamerikas besiedelt. Er erreicht eine Gesamtlänge von bis zu 110 Zentimetern. Die Schulterhöhe beträgt 50 Zentimeter. Das Gewicht liegt im Schnitt bei 14 Kilogramm und kann aber zwischen 9 und 22 Kilogramm liegen. Sein Fell hat keine einheitliche Farbe, sondern variiert zwischen verschiedenen Tönen von gelbbraun bis graubraun. Kehle und Brust sind weiß. Vom Wolf ist er durch seine deutlich geringere Größe zu unterscheiden, wobei er auch magerer erscheint. Außerdem hat er eine schmalere Schnauze, größere Gehöre und kürzere Läufe als sein großer Verwandter. Typisch für den Kojoten ist die große, buschige Lunte, die er meist tief am Boden hält. Kojoten haben sich einer Vielzahl von Habitaten angepasst und können in dichten Wäldern ebenso leben wie in der Prärie. Trotz der Urbanisierung des nordamerikanischen Kontinents gehören die Kojoten zu einer von wenigen Tierarten, deren Anzahl und Verbreitung sich weitgehend vergrößert statt verkleinert hat. Aus diesem Grund werden Kojoten gelegentlich als Schädlinge angesehen, besonders in landwirtschaftlichen Gebieten, da sie für

das Töten von Nutztieren bekannt sind. Im Gegensatz zu anderen Wildtieren gibt es bei der Jagd auf Kojoten für gewöhnlich nur wenige Einschränkungen. Voraussetzung ist, sie werden auf sichere und vernünftige Weise gejagt. Kojoten haben den Ruf, Aasfresser zu sein. Obwohl sie tatsächlich auch von Aas leben, erjagen sie den Großteil ihrer Nahrung selbst. Mäuse und Hasen stellen etwa 90 Prozent der Beutetiere, viel seltener werden Vögel, Schlangen, Füchse, Opossums und Waschbären gefressen, daneben auch Jungtiere größerer Säugetierarten. Ausgewachsene Hirsche können, wenn sie krank oder alt sind, von einem Rudel Kojoten erlegt werden. Im Osten Nordamerikas, wo Kojoten generell größer sind als ihre westlichen Artgenossen, gibt es einzelne Populationen, die sich auf Arten wie den Weißwedelhirsch zunehmend spezialisieren. Sie profitieren dabei davon, dass der Bestand des Weißwedelhirschs in den letzten Jahrzehnten stark angestiegen ist. Der Kojote frisst auch pflanzliche Nahrung als Beikost, zum Beispiel Früchte und Beeren. Heute aber hatte er sich gedacht, vielleicht mal Truthahn auf die Speisekarte zu setzen. ICH FÜR MEINEN TEIL JEDENFALLS fluchte innerlich wegen meiner „verpeilten“ Chance. Also stehe ich da auf dem Baum und versuche, mit dem Fernglas den Truthahn wieder zu finden. Plötzlich erblicke ich den Kojoten. „Old‘Tom“ war oben auf dem Baum geblieben und der Kojote geradewegs auf dem Rückweg. Darf es das geben, Hubertus war mir wohlgesonnen? Zu meinem Glück habe ich den Bogen mit dem eingenockten Pfeil noch in der Hand. Blitzartig scanne ich mit dem Rangefinder einige Entfernungen entlang des Weges, den er hoffentlich kommen wird und ziehe meinen Bogen aus. Dann, 10 bis 15 Sekunden später kommt er. Mein Herzschlag ist in diesem Moment in einem von Kardiologen nicht empfohlenen Bereich, als ich mit dem Visierpin seinen Weg verfolge. Als er bei 25 Metern Entfernung zu meiner Halbrechten ist, ziele ich auf den vorderen Brustbereich und schicke den Karbonpfeil auf seine Mission. Eine Sekunde später trifft der Pfeil mit knochenbrechendem Geräusch hinter seiner vorderen rechten Schulter ein und durchschlägt den gesamten Tierkörper. Der Der Bogenjäger 5 / 2018


Kojote springt hoch und wirbelt im Kreis, bevor er etwa zehn Meter weiter in ein dichtes Buschwerk rennt. Dann ist es ruhig, bis nach drei Sekunden das typische Heulen eines Kojoten durch den Wald erklingt. PLÖTZLICH IST ES TOTENSTILL, kein Rascheln, kein Klagen, keine Hörnchen mehr zu sehen oder zu hören, nicht einmal mehr Vogelstimmen. Ob ich ihn erlegt habe, ob ich ihn tödlich getroffen habe, ob er in den ewigen Jagdgründen ist? Fragen über Fragen. Jetzt erstmal Ruhe bewahren und den Busch beobachten sowie etwaige Geräusche, denn einen noch lebenden Kojoten will ich nicht suchen. Ich setze mich wieder und lasse die Anspannung passieren. Es ist mittlerweile 8:50 Uhr. Nach 30 Minuten Warten, die wie eine Ewigkeit erscheinen, packe ich meine Sachen und baume ab. Meinen Pfeil, der im Boden steckt, finde ich problemlos. Er ist vollkommen intakt, die Tekan II-Jagdspitze ist voll geöffnet und voller Schweiß – ein gutes Zeichen. Ich nocke einen neuen Pfeil ein und gehe in Richtung des Busches, wo sich der Präriewolf eingeschoben hat. ES IST KEINE BEWEGUNG oder ein Geräusch zu vernehmen, als ich auf die Knie gehe und am Boden unter den Busch schaue. Der Kojote liegt reglos da. Horrido, mein erster Kojote, was für ein Erlebnis. Ich ziehe ihn unter dem Busch hervor. Dann begutachte ich ihn und sehe, dass mein Pfeil hinter der rechten Schulter durch den Körper und die Lunge und sogar auf der linken Seite noch durch den Vorderlauf gegangen ist. Unglaublich, was für eine Penetration der Pfeil hatte. Ich halte einen Moment inne, bevor ich einige Bilder mache und dann meinen Freund Ken per Mobiltelefon verständige, dass ich einen Kojoten erlegt habe. Er kann es kaum glauben, dass ich ihn mit Pfeil und Bogen erlegt habe, denn dies würde wohl nicht allzu oft möglich sein und passieren. Auf meinem etwa zwei Kilometer langen Rückweg kommt mir Ken und sein Bruder Keith schon auf der Hälfte ebenfalls zu Fuß entgegen, um mir zu gratulieren. Obwohl ich keinen Weißwedelhirsch gesehen oder erlegt habe an diesem Tag und auch nicht an diesem Wochenende, was für ein unerwarteter aber glückvoller Tag – für mich. Anblick und Waidmannsheil. Der Bogenjäger 5 / 2018

... mit dem Bogen gelingt es dem Deutschen, einen Kojoten auf 25 Meter zu erlegen. 25


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Back in Black DA IST DAS GEFÜHL, WELCHES VIELE AFRIKAJÄGER BESCHREIBEN, WENN SIE DAS ERSTE MAL AFRIKANISCHEN BODEN BETRETEN – DAS GEFÜHL, ZU HAUSE ANGEKOMMEN ZU SEIN. ICH HABE DAS NIE VERSTANDEN, BIS ZU DEM TAG, AN DEM ICH DAS ERSTE MAL SELBER AFRIKA BESUCHTE. DAS WAR IM JAHR 2015. MEIN SEHNLICHSTER JAGDLICHER WUNSCH WAR DIE ERLEGUNG EINES STARKEN KUDU UND BEI GELEGENHEIT NOCH DIE EINE ODER ANDERE ANTILOPENART. von Daniel Mihai (aus dem Englischen von Ernst Blajs)

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Daniel Mihai mit seiner Partnerin und dem von ihm mit Pfeil und Bogen erlegten Kudu.

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ER KUDU… VOR MEINEM geistigen Auge sah ich die spiralförmigen Hörner überall. Meine Passion für die Bogenjagd begann 2012 in französischen Revieren und diese Jagdart faszinierte mich auf Anhieb. Mit meinem 70 Pfund Hoyt Spyder erschienen die ersten jagdlichen Erfolge fast zu einfach, bei den wenigen Stücken, die ich erlegte, ging alles glatt. Nach dem Durchblättern einiger Fachmagazine entschied ich mich, meine zweischneidigen Jagdspitzen gegen mechanische zu tauschen, die einen größeren Wundkanal versprachen. In der Werbung erschien das so überzeugend und ich begann von Pirschjagden zu träumen. ZWEI MEINER JAGDKAMERADEN wollten mich auf meiner Safari begleiten, einer von ihnen lebt in Südafrika und erledigte die Organisation der Jagd mit Outfitter Derek. Wir buchten die Flugtickets für August und mein südafrikanischer Freund Razvan bereitete sich für seine Gastgeberrolle vor. Mein zweiter Freund Emilian hat noch nie gejagt und schon gar nicht mit einem Jagdbogen. Innerhalb von drei Monaten intensivsten Trainings erzielte er sehr enge Schussgruppen. „Und vergiss nicht ein paar warme Kleidungsstücke, es ist Winter hier in Südafrika!“ Mein Gott, wir gehen nach Afrika, da ist es immer warm … Nach zehn anstrengenden Stunden im Flugzeug erreichten wir Johannesburg. Was für ein

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Flughafen, was für eine Stadt. Wir machten einen kleinen Einkaufstrip für unseren Küchenbedarf, viel Fleisch für den Braai und etwas Rotwein. Und viel Obst und Gemüse. Wir hatten das ganze Camp für uns. Als wir am Samstag dort ankamen, bestand Derek darauf, noch einen Rundgang im Camp zu machen und einige jagdliche Einrichtungen zu inspizieren. Das Camp präsentierte sich mit mehreren sehr geschmackvoll eingerichteten Hütten und allem notwendigen Komfort. EINIGE DINGE WAREN ETWAS ANDERS als erwartet, die Farm selber hat 25.000 Hektar und keinen Netzempfang. Der nächste Nachbar ist 15 Kilometer entfernt. Derek bestand darauf, dass ich als Afrika-Neuling nicht mit der Pirschjagd anfange, sondern die afrikanische Tierwelt zuerst vom Ansitz kennen lernen sollte. Das nächste Mal wird dann gepirscht. Ein Rat, wie ihn ein Onkel seinem jungen Neffen voller Tatendrang und großer Träume gibt. „Du denkst, es ist leicht und Du wirst die Freude an der Sache verlieren“, meinte er. „Wach auf und riech den Duft der Rosen“, sagte er. Am Anfang sah ich fast kein Wild, nur Fährten, eine faszinierend schöne Giraffe, einige weibliche Impalas, ein paar Streifengnus und Zebras, das war alles. Razvan und Derek beruhigten uns und schlugen vor, an einer der vielen Wasserstellen zu warten und die Bögen zu Hause zu lassen. Ich ging alleine, ich war der Erfahrenere, Razvan nahm Emilian mit.

DER SCHIRM WAR EINE RUNDE, betonierte Konstruktion mit zwei Öffnungen, eine zum Betreten, die andere zum Beobachten und Schießen. Und dann musste ich warten und geduldig bleiben, meine jagdliche Passion eskalierte. Nach einer Stunde sah ich einen kleinen braunen Schatten zwischen den Akazien zu meiner linken Seite. Mein Atem stoppte. Ich beobachtete die Stelle mit dem Fernglas und entdeckte einen starken Impala-Bock. Er fügte sich perfekt in den Schatten der Akazie ein. Mein Puls beschleunigte und instinktiv fasste ich nach dem Bogen, bis ich merkte, ich hatte gar keinen dabei. Diese Bewegung erweckte die volle Aufmerksamkeit des Bockes, er äugte kurz in meine Richtung und sprang ab. Was für ein toller Anblick! Ich wartete noch ein paar Stunden und erlebte eine Welt, die ich mir nie erträumt hätte. Verschiedenste Wildarten, sehr aufmerksam, sich der Wasserstelle immer vorsichtig nähernd. Viele deutlich stärker als das meiste europäische Wild und keines näherte sich auf weniger als 25 Meter. DIE LETZTEN STUNDEN DES ERSTEN Tages verbrachten wir an der Feuerstelle, an dem unser Braai zubereitet wurde. Schöne Momente für Jäger inmitten der Natur. Habe ich schon erwähnt, wie kalt es wurde? Kalt, sehr, sehr kalt. Weniger als zehn Grad und sehr windig. Der Wind war unser größter Feind, den ganzen Tag drehte er. Derek und Razvan bestanden darauf, getrockneDer Bogenjäger 5 / 2018


ten Zebra-Dung um den Blind herum anzuzünden, um die menschliche Witterung zu überdecken. Es stank so stark, dass ich damit aufhören musste. Bevor ich das erste Stück sah, konnte ich es hören. Es war ein weibliches Streifengnu, welches einen Zweig 50 Meter rechts vom Schirm zerbrach. Ich erstarrte, und wartete sitzend. Das Stück verharrte für 20 Minuten und näherte sich dann vorsichtig. Sehr vorsichtig, mehrere Male verhoffend, um den Wind zu prüfen. Ein faszinierendes, erfahrenes Wild, mit glänzender Decke. Der Rest des Herde folgte und innerhalb von zehn Minuten hatte ich 30 Stück vor mir. Alte und junge Tiere, ich wagte mich nicht zu bewegen, um den Bogen in Schussposition zu bringen. Und ich hatte noch ein Problem – ich traute mir nicht zu, den alten Herdenbullen korrekt anzusprechen. Für mich sahen alle gleich aus. Aus meinem Augenwinkel erblickte ich den Impala-Bock vom Vortag, an exakt der gleichen Stelle wie beim ersten Mal.

ER WAR 57 METER ENTFERNT UND verhoffte, bis die Streifengnus die Wasserstelle verlassen würden. Danach näherte er sich ohne zu zögern, ihm folgten sieben weibliche Impalas und zwei jüngere Böcke. Ich fasste nach meinem Bogen, Spannen und Lösen des Pfeils auf 17 Meter geschah in dem Moment, wo er mir die Breitseite zeigte. Der Pfeil traf 10 Zentimeter hinters Blatt, nach nur 10 Metern war es vorbei. Die Ruhe während der Schussabgabe war wieder vorbei und mein Herzschlag beschleunigte sich merkbar, meine erste Antilope und ein perfekter Schuss. Das Glücksgefühl Der Bogenjäger 5 / 2018

in solchen Momenten ist schwer zu beschreiben, Nichtjäger können es nur schwer nachvollziehen. Zurück im Camp wollte ich das Erlebnis mit meinen Freunden teilen, die waren aber noch auf der Jagd. DEREK ENTSCHIED SICH, MICH IN einem Hochstand zu platzieren, wo ich gute Chancen haben sollte, einen Kudu in Anblick zu bekommen. Tatsächlich sah ich bis zu 30 Kudus, aber nur weibliche Stücke und junge Bullen. Eine Stunde vor der vereinbarten Abholzeit hörte ich ein Knacken vor meinem Stand. Da war es, das größte und beeindruckendste afrikanische Wild meiner Jagdreise, ein riesiger Cape Eland Bulle. Er schien mir mindestens einen Meter höher als alle anderen Antilopen, die ich bis dahin gesehen hatte. Starke Hörner und eine beeindruckende Erscheinung – für das erste Mal in meinem Jägerdasein war ich durch ein Wild, das ich bejagen wollte, blockiert. Ich konnte keinen Schuss loswerden, ich hatte Angst, zu hoch oder zu tief zu treffen, mehrere Male hob ich den Bogen an, ohne jemals einen Pfeil zu lösen. Er stand eine geschlagene halbe Stunde vor meinem Hochstand und ich brachte nicht den Mut auf zu schießen! GENAUSO RUHIG, WIE ER KAM, VERLIESS er den Platz wieder, nur das typische klickende Hufgeräusch der Eland-Antilopen war noch zu hören. Als der Berufsjäger mich abholen kam, teilte er mir mit, dass mein Jagdfreund Emilian einen starken Impala

und einen prächtigen Kudu Bullen erlegen konnte. Am Abend erzählte ich zögernd die Geschichte von meinem Eland-Bullen. Sie hörten mir aufmerksam zu und Derek erzählte uns, dass ich nicht der Erste sei, den der imposante Bulle alt aussehen ließ. Und da beschloss ich, für meine restlichen vier Jagdtage, auf ihn zu warten. Und ich wartete und wartete… und sah Zebras, Kuhantilopen (Red Hartebeest), Impalas, Warzenschweine und einiges mehr. Aber ich wartete auf meinen Eland, und nur auf ihn. Mit jedem Tag wurde ich nervöser und ungeduldiger. Meine Freunde versuchten, mich zu ermutigen, aber konnten es nicht. BIS ZUM LETZTEN TAG, ALS ICH ein weibliches Eland hoch in die Schulter traf, meine mechanische Jagdspitze nicht öffnete und wir das Stück nicht finden konnten. Wir suchten selber zwei Tage, mein Freund Razvan blieb noch drei weitere Tage und suchte weiter, aber ohne Erfolg. Ich verließ Afrika, verzaubert durch die Schönheit und Reichhaltigkeit der Natur und ich versprach mir, wieder zu kommen. Und meinen Eland Bullen zu bekommen. Ich dachte oft an den Bullen, wenn ich meinen Bogen anschaute, hatte Alpträume ob der Möglichkeit zu schießen und zu fehlen. Ich arbeitete hart an meiner Schießleistung und meinem Equipment, probierte zwei unterschiedliche Bögen mit verschiedenen Set-Ups und unterschiedlichen Jagdspitzen. Wenige Wochen vor meiner zweiten Reise nach Afrika ging ich in Vincents Lalande Bogenshop. Für 29


reportage de über den Jagderfolg. Nachdem wir den Moment mit vielen Fotos festhielten, entschied Derek, für den Nachmittag zu einem Ansitzplatz zu wechseln, der komplett von Busch und Wald umgeben war. Meine Frau hatte den Wunsch, selber einen starken Impala-Bock zu jagen, und das war dafür der richtige Platz. Ich wurde immer selbstbewusster und die vertraute Stimme meiner Frau beruhigte mich zusätzlich. Ich versprach uns beiden, sie ab nun immer auf meine Jagden mitzunehmen. Viele junge Impala-Böcke, weibliche Stücke und Jahrlinge kamen in Anblick, aber erst nach zwei Stunden wechselte ein passender Bock heran. mich gab es ein Erwachen, denn er zeigte mir auf, warum ich Probleme hatte, enge Gruppen zu schießen. Ich tauschte meinen Bogen gegen einen neuen am Morgen meiner Abreise. Vincent hatte den Bogen aufgesetzt und ich hatte lediglich fünf Probeschüsse. MEINE NEUEN JAGDSPITZEN waren 180 grain German Kinetics, die schauten gut aus! Zurück zu Onkel Derek, zurück nach Afrika, meiner zweiten Heimat … nach zwei langen Jahren. Dieses Mal wollten uns unsere Frauen begleiten. Und zwar auch auf die Jagd, ausgestattet mit Tarnbekleidung und viel Geduld. Auf jeden Fall versprachen sie uns das. Unser Team bestand aus sechs Mitgliedern, Razvan und seine Frau begleiteten uns. Wir luden den Pick Up mit 600 Gramm Steaks und einigem mehr und begaben uns auf den Weg zu Derek. Er erwartete uns mit einem brutzelnden Braai und vielen Geschichten. DER SONNENUNTERGANG WAR NOCH immer so wunderschön, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Und auch der rote Sand fühlte sich samtig an. Vor kurzem wurde in diesem Jagdgebiet ein Rekordbuch Kudu mit 62 Zoll Hornlänge erlegt. Auch ein alter Eland-Bulle, der von einem benachbarten Jagdgebiet einwechselte und noch deutlich stärker als „meiner“ sollte gesichtet worden sein. Und schon begann ich wieder zu träumen. Den ersten Morgen im Ansitzschirm eröffnete ein guter Buschbock, gefolgt von drei jungen Kudu-Bullen. Meine Frau meinte, ich sollte es versuchen, aber sie waren mit einer Hornlänge von maximal 35 Zoll noch nicht reif. Ich war nicht so nachsichtig mit dem großen männlichen Pavian, der 30

folgte, ein perfekter Schuss ließ ihn nach fünf Metern verenden. Der erste Jagderfolg einer Jagdreise ist immer ein besonderer Moment. An diesem Tag sahen wir kein weiteres Wild mehr, die Witterung des Pavians schien es fernzuhalten. Die Momente beim Ansitz mit meiner Frau teilen zu können waren besonders schön. Am nächsten Morgen begaben wir uns mit einer großen Thermoskanne Kaffee und Biskuits auf den Weg, um den ganzen Tag anzusitzen. Das erste Stück Wild, das anwechselte, war ein starker Kudu, der von zwei weiteren Bullen begleitet wurde. Aufregung pur, meine Hände zitterten und das leise Geräusch, welches ich beim Anheben des Bogens verursachte, ließ die Stücke abspringen. Meine Frau versuchte, mich zu beruhigen, die werden schon wieder kommen. Und wirklich, nach zwei Stunden sah ich 150 Meter entfernt den starken Kudu anwechseln, langsam aber stetig. Vor dem Schirm war er sehr vorsichtig, seine riesigen Lauscher waren permanent in Bewegung. Aber er präsentierte keinen guten Schusswinkel, die Zeit verstrich, als einer seiner Begleiter auch näher kam. Das veranlasste den Bullen, sich zu drehen und die Breitseite auf 27 Meter zu zeigen. Instinktiv zog ich den Bogen aus und der Pfeil traf das Blatt. Der Bulle zeichnete und nach einer schnellen Flucht und 150 Metern war alles vorbei. Seine Begleiter blieben noch für 30 Minuten in der Nähe, bevor sie abzogen. ICH FUNKTE DEREK AN, UM DIE Neuigkeit mitzuteilen. Zusammen gingen wir zum erlegten Kudu, der immer stärker wurde, je näher wir herankamen. Er hatte eine glänzende Decke und ich das gemischte Gefühl, ein so majestätisches Wild erlegt zu haben und gleichzeitig übermannte mich die Freu-

ROXANA RICHTETE SICH FÜR DEN Schuss, trat aber sofort, nachdem sie in den Vollauszug kam, wieder zurück und ließ den Bogen ab. Ich konnte aus dem Schirm nicht die ganze Situation überblicken. Aus meinem Blickwinkel hatte sie eine hervorragende Schussgelegenheit und ich wollte schon protestieren, als sie mich auf ein anderes Stück Wild aufmerksam machte, welches aus 80 Metern Entfernung zu uns äugte. Mein Mund wurde trocken, der Puls beschleunigte sich, hier war der riesige Eland-Bulle, der mich in meinen Träumen der letzten zwei Jahre begleitete. Er kam näher, stoppte auf 50, 40, 35 Metern, wie eine Statue, sich Wind holend. Ich blieb im Schatten des Ansitzschirmes, zitternd und wartete auf ihn. Roxana war neben mir, flüsterte mir beruhigend zu, mich nicht zu sorgen. Als der Bulle zu schöpfen begann, stand er spitz zu mir, ein Schuss, dem ich nicht traute. DAS WAR EIN MASSIVES TIER UND die Wamme am Träger war für einen platzierten Schuss trügerisch. Ich wartete auf den Schuss auf die Breitseite, von Zeit zu Zeit spürte ich die Hand meiner Frau auf meiner. Ich war froh, sie neben mir zu haben. Fünf Minuten, zehn lange Minuten verharrte der Bulle auf derselben Stelle, und drehte sich plötzlich um 180 Grad spitz von mir weg. Ich spannte den Bogen, wartete, dass er nur eine kleine Drehung machte. Er ging rechts von mir ab und verhoffte einmal für einen Augenblick auf 27 Metern, drehte sich ein wenig und ich sah meine Chance, als ich für eine kurze Zeit die richtige Stelle hinter seiner rechten Schulter für einen Schusswinkel schräg von hinten erblickte. Ich nutzte die Gelegenheit und fort war der Pfeil. Er traf, wo er sollte Der Bogenjäger 5 / 2018


Daniel Mihai mit seinem Eland-Bullen und versank bis zu den Federn im massiven Körper des Bullen. Er zeichnete, rannte zu meiner Rechten, nach 150 Metern sah ich ihn wankend im dichten Busch verschwinden. ICH WUSSTE, DASS MIR EIN GUTER Schuss gelungen war. Keine Alpträume mehr, er gehörte mir. Ich setzte mich und die Knie zitterten, wenn ich die Augen schloss, sah ich den Pfeil fliegen und treffen. Ich funkte Derek an und nach 15 Minuten suchten wir den Bullen und fanden ihn unweit der Stelle, an der wir ihn zuletzt gesehen hatten. Mein Freund Razvan erledigte seinen Job auf der Wundfährte ausgezeichnet. Derek lächelte zufrieden und fragte, ob ich nun die Rosen riechen könnte.

Der Bogenjäger 5 / 2018

Noch nicht ganz, ein brunftiger Eland-Bulle stinkt fürchterlich. Geschlagene zwei Stunden brauchten wir zum Versorgen des Bullen, er war enorm groß. Wir eröffneten das Jägerfest mit Kudu Steaks und Eland Filets auf dem Braai. Was für eine Jagd. Von nun an träume ich vom perfekten Pfeilflug. DANKE, VINCENT, FÜR DEN NEUEN Bogen und das Set-Up. Für die verbleibenden Tage wollten wir auf ein Zebra jagen und Roxana hatte noch den Wunsch, einen Impala-Bock zu waidwerken. Sie jagt mit einem 40 Pfund Bogen und scheut sich davor, stärkeres Wild zu jagen. Nach meinem Jagderfolg erschien mir alles anders, die Farben waren heller, und

die Geräusche des afrikanischen Busches kamen mir vertrauter vor. Wir probierten es auf Zebras. Am letzten Tag wollte ich es auf ein Streifengnu probieren. Wenn möglich nur ein reifes Stück und ich hatte die Chance. Aber erst, nachdem wir lange auf den Roland Ward Rekordbuch-Bullen gewartet hatten, bis er mir die Gelegenheit für einen 26 Meter Schuss bot. Ein richtig alter Recke. Für mich funktionierte mein 60 Pfund Hoyt Defiant Turbo und der Flatline Pfeilschaft mit der 180 grain German Kinetic Jagdspitze perfekt. Wenn ich mich wieder auf den Weg nach Afrika begeben werde, werde ich sagen „lass uns nach Hause gehen“.

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reportage

Urbane Jagd mit dem Bogen DIE AUSBREITUNG MENSCHLICHER SIEDLUNGEN UND DAMIT DIE EINHERGEHENDE LEBENSRAUMVERKNAPPUNG FÜR WILDTIERE ERZEUGT ZUNEHMENDE PROBLEME IM ZUSAMMENLEBEN VON MENSCHEN UND WILDTIEREN. MANCHE WILDTIERARTEN WIE DAS ROTWILD GEHÖREN BEI DIESER ENTWICKLUNG ZU DEN GROSSEN VERLIERERN, IHRE AKZEPTANZ MENSCHLICHER NÄHE IST GERING AUSGEBILDET. ANDERE WILDARTEN HABEN EINE GROSSE ANPASSUNGSFÄHIGKEIT BEWIESEN UND SICH RASCH DEN URBANEN UND STÄDTISCHEN SIEDLUNGSRAUM ALS NEUEN LEBENSRAUM ERSCHLOSSEN. IN EUROPA IST ES BEIM SCHALENWILD VOR ALLEM DAS SCHWARZWILD UND IN GERINGEREM AUSMASS AUCH DAS REHWILD, DAS BEI FEHLENDEM JAGDDRUCK DIE UNMITTELBARE NÄHE DES MENSCHEN NICHT SCHEUT UND IN URBANEN GEBIETEN ZUSÄTZLICHE NAHRUNGSQUELLEN ERSCHLIESST. von Ernst Blajs

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Weltweit wird in immer mehr Städten auf die Bogenjagd zurück gegriffen, wenn Wildtiere in urbanen Gebieten Probleme verursachen.

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BER AUCH ETLICHE Klein-Säugetiere und vor allem invasive nicht autochtone Wildarten wie Waschbär oder Marderhund profitieren vom Nahrungsangebot in Siedlungen. Auf den ersten Blick kann man diese Ausbreitung von Wildtieren als eine Bereicherung von ansonsten wildleeren Stadtflächen ansehen, und viele wohlmeinende Stadtbewohner füttern Wildtiere regelmäßig, was die Probleme verstärkt. Aber dieses Zusammenleben auf engstem Raum birgt auch reichlich Konfliktpotential. Die Palette reicht von erhöhten Wildunfällen auf den Straßen, Übertragung von Krankheiten und Parasiten, massiver Zerstörung von Der Bogenjäger 5 / 2018


hier den wesentlichen Vorteil, dass der Abschuss komplett ohne störenden Schusslärm und verantwortungsvoll durchgeführt, bei de facto nicht existenter Verletzungsgefahr für Nichtbeteiligte praktiziert werden kann. Vor allem in den USA haben sich deshalb etliche verantwortliche Stadtgremien, auch gegen den Widerstand von Tierschützern, für den Einsatz von Pfeil und Bogen bei der Reduktion von überbordenden Beständen an Weißwedelwild ausgesprochen. Viele dieser Reduktionsjagden waren und sind sehr erfolgreich, vor allem auch, weil sie unter sehr strikten Auflagen und in der Regel mit gesondert ausgewählten und geprüften erfahrenen Bogenjägern durchgeführt werden. In den meisten Fällen ist die Reduktionsjagd auch nur von mobilen Hochständen aus erlaubt, was die Unfallgefahr weiter stark reduziert.

Pflanzungen und Parkanlagen bis zu tatsächlichen Zusammenstößen von Mensch und Wildtier mit Verletzungsfolgen, bis hin zu fatalen Zwischenfällen bei wehrhaften Wildarten. Zusätzlich erzeugt diese Nähe zu Menschen auch einen unerwünschten Domestizierungseffekt mit weitreichenden Folgen. Wildschweine, die sich von Hand füttern lassen, sind in letzter Konsequenz nur noch Schweine, aber nicht mehr Wild. AUS DIESEN KONFLIKTPOTENTIALEN haben die Verantwortlichen als Konsequenz eine Reduktion und Management der Wildbestände in diesen urbanen Lebensräumen zu planen und durchzuführen. Dafür stehen einige alternative Methoden zur Verfügung, die man in letale (Fallen, Abschuss und Jagd, Einsatz von Gift) und non-letale (Zäunungen, Aktionen zum Vergrämen von Wild, Impfungen und künstliche Fortpflanzungs-Verhütung) einteilen kann. Alle diese Methoden haben unter bestimmten Einsatzbedingungen Lösungspotential, sehr oft ist eine Kombination am Zielführendsten. Der Bogenjäger 5 / 2018

Die Bogenjagd hat den Vorteil, dass ein Abschuss ohne störenden Schusslärm, verantwortungsvoll und ohne Gefährdung erfüllt werden kann. Ernst Blajs ABSCHUSS UND JAGD IN DER NÄHE von menschlichen Siedlungen mit Feuerwaffen ist mit erheblichen Gefahren verbunden, ein Jagdgeschoss muss zur Erzielung einer akzeptablen Tötungswirkung hohe Geschoßgeschwindigkeiten aufweisen. Auch bei Einsatz von Schalldämpfern zur Verminderung des störenden Schussknalls ist der Gefahrenbereich eines solchen Geschosses durch die Möglichkeit von Abprallern enorm. In vielen Ländern ist die Jagd mit Feuerwaffen deshalb in der Nähe von menschlichen Siedlungen generell untersagt. Die Jagd mit Pfeil und Bogen bietet

NEBEN DEM TATSÄCHLICHEN ABSCHUSS hat durch den erzeugten Jagddruck die Jagd mit dem Bogen in ansonsten nicht bejagbaren Gebieten auch den erwähnten und in diesem Fall erwünschten nicht letalen Effekt des Vergrämens von Wild und damit zusammenhängendem Ausweichen in Jagdgebiete, die auch mit Feuerwaffen bejagt werden können. Der Jagddruck reduziert auch den unerwünschten Domestizierungseffekt. Im Gegensatz zu einigen anderen erwähnten alternativen Management-Methoden ist die Bogenjagd auch sehr kostengünstig. IN EUROPA, WO DIE JAGD MIT dem Bogen wenig verbreitet ist, wird diese Jagdmethode oft noch nicht als eine mögliche Alternative im Management von Wildtieren in Siedlungsnähe angesehen. Dennoch haben sich 2011 in der Kommune der Stadt Madrid in Spanien die Verantwortlichen zusammen gefunden, um ein für Europa neues Projekt einer Reduktionsjagd mit dem Bogen auf extrem angestiegene Schwarzwildbestände zu organisieren. Das Projekt läuft unter strikten Auflagen der Madrider Umweltbehörde, der Mitarbeit der regionalen Jagdorganisation und der Bogenjagdgruppierung SCAES-FMC (Bogenjagd Einsatzteam der Madrider Jagdorganisation). Das Programm läuft mittlerweile mehrere Jahre erfolgreich und wurde sehr restriktiv auch auf Reduktionsabschüsse in jagdfreien Nationalparks ausgeweitet. 33


interview

Irgendwas geht immer noch besser GRENZENLOSE ITALIENISCHE GASTFREUNDSCHAFT! DAS UND KEIN BISSCHEN WENIGER WAR ES, WAS ICH AN DIESEM WOCHENENDE IM NOVEMBER 2017 UNEINGESCHRÄNKT GENIESSEN DURFTE. MEIN FREUND ALESSIO HATTE MICH EINGELADEN, IHN IN EINEM KLEINEN DORF NAMENS FONTANAFREDDA IN DER NÄHE VON PORCIA IN ITALIEN ZU BESUCHEN. DORT STEHT DAS EHEMALIGE KAUFHAUS VON MORRIS BERTANZA, EINEM BOGENJÄGER, DER MIT SO MANCHEN BOGENJAGD-AUSRÜSTUNGSGEGENSTÄNDEN NICHT ZUFRIEDEN WAR UND SIE DESHALB EINFACH SELBST WEITER ENTWICKELT UND VERBESSERT HAT. IM ERSTEN STOCK DES RIESIGEN GEBÄUDES HAT ER SICH EINEN BOGENSHOP INKLUSIVE 30 METER SCHIESSBAHN EINGERICHTET. EMPFANGEN WERDE ICH VON MORRIS, EINEM ZURÜCKHALTENDEN, SYMPATHISCHEN MITTDREISSIGER, SEINER LEBENSGEFÄHRTIN ROBERTA, DIE DAFÜR UMSO QUIRLIGER IST UND NATÜRLICH ALESSIO. NACH EINEM GEGENSEITIGEN „BESCHNUPPERN“ BEIM BOGENSCHIESSEN UND EINER FÜHRUNG DURCH DIE BEEINDRUCKENDE TROPHÄENSAMMLUNG UND ANSCHLIESSENDEM STÖBERN IM SHOP BEGINNE ICH DAS INTERVIEW MIT MORRIS. von Christian Heinz

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Morris Bertanza ist der italienische Daniel Düsentrieb!

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ER BOGENJÄGER: HALLO Morris, vielen Dank für die Einladung und die interessante Führung durch deinen Bogenshop. Wie ich sehe, hast du wirklich jede Menge beeindruckender Trophäen. Seit wann jagst du und wie hat sich das bei dir entwickelt? MORRIS: GERN GESCHEHEN, CHRISTIAN. Eigentlich jage ich bereits seit meinem sechsten Lebensjahr mit dem Bogen. Mein Lehrer hatte einen Holzbogen gebastelt und den durften wir Schüler abwechselnd in der Pause benutzen. Ich brauchte nun dringend auch so etwas zuhause und mein Großvater fertigte mir einen wunderbaren Bogen mit Pfeilen. Dafür musste eines seiner Hühner dran glauben, das ich kurz

Der Bogenjäger 5 / 2018

darauf mit diesem Bogen erlegte. Meine erste Beute! Der Preis dafür war, fast eine Woche nicht richtig sitzen zu können, da mich mein Großvater dafür bestrafte, aber die Leidenschaft war entfacht. Mein Großvater hatte den Verlust bald überwunden und unterstützte mich nun, gemeinsam mit meinem Vater, bei meiner Passion. Ich übte nach Dienstschluss zwischen den langen Regalreihen hier in unserem Geschäft und ließ so manchen Pullover oder Hose, die ich versehentlich durchschossen hatte, aus den Regalen verschwinden, bevor das meine Eltern bemerkten. Mit 14 Jahren zahlte mir mein Vater die Hälfte zu meinem ersten Compoundbogen, einem Darton Complete Wood, den ich zu Weihnachten bekam. Dem folgte ein Boss Tecforce von Browning mit

Split Limbs, ein richtig tolles Ding Ende der 90er Jahre. Mit 18 Jahren hatte ich schon meinen Bogenshop eröffnet und verbesserte die damals noch recht kruden Bögen für meine ersten Kundschaften. Zu meiner ersten „echten“ Bogenjagd kam ich im Alter von 20 Jahren nach meinem Militärdienst in Ungarn, dort erlegte ich einen Damhirsch. Von da an gab es kein Halten mehr. DER BOGENJÄGER: ANHAND DEINER Trophäen kann ich sehen, dass du recht oft in Afrika dem Waidwerk nachgehst? MORRIS: EINDEUTIG, AFRIKA IST FÜR mich etwas ganz Besonderes und ich bin mindestens zwei Mal pro Jahr dort zur Jagd. Mittlerweile haben wir dort Freunde für‘s 35


interview

Leben. Bis heute habe ich über 400 Tiere mit Pfeil und Bogen zur Strecke gebracht, einen großen Teil davon in Südafrika. Neben einer Giraffe, einem kapitalen Kaffernbüffel und so ziemlich allen Planes Game habe ich dort auch einige Krokodile erlegt. Ich bin aber auch oft in Europa und Amerika und natürlich auch in meiner Heimat Italien mit dem Bogen unterwegs. DER BOGENJÄGER: WAS WAR DENN dein beeindruckendstes Bogenjagderlebnis?

Morris Bertanza hat in seinem ehemaligen Kaufhaus einen Bogenshop eingerichtet - inklusive einer 30 Meter Schießbahn. Denn Bertanza macht alles für den perfekten Schuss.

MORRIS: EIGENTLICH WAR DER Großteil meiner Bogenjagderlebnisse sehr beeindruckend. Wenn ich eines raussuchen muss, so entscheide ich mich für die Jagd auf Elch in Weißrussland. Die Bogenjagd war dort gerade erst erlaubt worden und ich war der Erste, der mit diesem Jagdgerät einem Elch nachstellte. Ich war natürlich total aufgedreht, nach fünf Tagen anstrengender und vor allem erfolgloser Pirschgänge war ich schon recht verzweifelt. Als ich kurz davor war, mich damit abzufinden, dass ich wohl erfolglos die Heimreise antreten müsse, hörte ich schräg hinter mir ein Geräusch, dass mich total erstarren ließ. Da schob sich ein beeindruckender Elchbulle aus dem Unterholz. Er steuerte sehr zügig direkt auf mich zu! Adrenalin flutete meinen Körper, doch ich hatte mich bald im Griff. Während der Bulle weiter auf mich zuzog, drehte ich mich langsam um, weiter in Deckung bleibend, und zog meinen Bogen auf. Ich hatte bereits anvisiert und der Riese kam immer näher! Als er fast zur Gänze den Horizont für mich abdeckte, löste ich meinen Pfeil, der mit einem dumpfen Geräusch vollkommen im Rumpf des Tieres verschwand. Ein Schwall des roten Lebenssaftes spritzte aus dem Einschuss am Stich des Bullen, in dem mein Pfeil verschwunden war. Nach einer kurzen Flucht brach er zusammen und ich konnte ihn als meine Beute in Besitz nehmen. Die Schussentfernung hatte lediglich sechs Meter betragen. DER BOGENJÄGER: DA BEKOMME ICH JA nachträglich noch richtig Gänsehaut! Waidmannsheil! Lass uns nun zu deinen Entwicklungen überschwenken. Woran arbeitest du gerade?

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MORRIS: ICH BIN IM ENDSTADIUM der Entwicklung von sehr stabilen Broadheads für schweres afrikanisches Wild. Das Material ist Titan und es gibt zwischen Ferule und der zweischneidigen Klinge keine Schraubverbindung, sie sind miteinander laserverschweißt. Passend dazu habe ich natürlich auch ein äußerst stabiles Insert mit einem Kragen (collar) entwickelt, um die teils enormen Kräfte besser aufzunehmen. Dieses Projekt habe ich begonnen, da ich für einige Freunde Bögen getunt hatte, um auf Elefanten, Hippos und Büffel zu jagen, aber keine wirklich passenden Broadheads dafür fand. Ich begnüge mich nicht mit halben Sachen und möchte das Equipment für meine Kunden perfekt an den jeweiligen Nutzer anpassen. Ebenso habe ich ein Release gebaut, dass nur aufgrund der Bauweise eine Auszugsverlängerung von 1 bis 1 ½ Zoll bringt (Ein Test folgt in einer der kommenden Ausgaben). Ein weiteres wichtiges Projekt für mich ist die Weiterentwicklung der Bogenjagd und der Bogenjäger in Italien. Eines Tages kam Tiziano Terzi, der Präsident des italienischen SCI Chapters, zu mir in den Shop und wir hatten ein langes Gespräch zu diesem Thema. Seitdem bieten wir zweimal im Jahr Workshops an, um Bogenjagdinteressierte zu informieren und Ihnen bei der Verbesserung Ihrer Ausrüstung zu helfen. Natürlich halte ich auch für die Mitglieder Kurse, um Ihre Schießform zu verbessern. Ich fungiere für den italienischen SCI als technischer Instructor für die Bogenjagd.

eingestellt zu haben. Dazu gehört auch, die richtigen Anbauteile korrekt montiert zu haben und den passenden Pfeilschaft dazu gefunden zu haben. Jede Kombination wird von mir mit Hilfe des elektronischen Spinetesters und der Schussmaschine auf perfektes Zusammenspiel getestet. Die Schäfte werden genau nach Spline ausgerichtet, der Papiertest zum Schluss ist selbstverständlich. Am Ende kann sich jeder Kunde von seinem Equipment bei mir im Shop auf der 30 Meter Schussbahn überzeugen.

DER BOGENJÄGER: ICH DANKE DIR FÜR deine Gastfreundschaft sowie das informative Gespräch.

DER BOGENJÄGER: JA, DA KANN ICH dir nur beipflichten! Bei unserer letzten gemeinsamen Jagd auf Wildschweine habe ich deine Bogenjagdausrüstung gesehen und da war nichts zu bemängeln. Was können wir denn in Zukunft von dir erwarten? MORRIS: JETZT GERADE BEGINNE ICH damit, die Schussmaschine von Spot Hogg zu verbessern. Sie ist zwar ganz gut im Vergleich zu anderen Maschinen und gilt als eine der Besten, allerdings hat sie da und dort etwas Spiel, das möchte ich weitgehend eliminieren. Als Langfristprojekt läuft bei mir, die gesamte Bogenjagdausrüstung für Extreme Bow Hunting anzubieten. In jedem Bereich das Optimum herausholen! Die Jagdspitzen, die Inserts mit Kragen sowie meine Release Aid kennst du ja bereits. Bögen habe ich schon einige zu Extremleistungen getunt. Beim Visier und der Pfeilauflage sowie den Stabilisatoren hörst du noch von mir.

Regelmäßig ist der Italiener auf einem 3D-Parcours unterwegs, um seine Entwicklungen auch im Feld zu testen.

kontakt Wer mit Morris Bertanza Kontakt aufnehmen möchte, der kann dies unter bertanza@amacra.it oder über Facebook „The bowhunter shop“ tun. Eine eigene Website betreibt Morris Bertanza nicht.

DER BOGENJÄGER: IN DEINEM SHOP steht an der Theke der Satz „the perfect shot“. Was hat es damit für eine Bewandtnis? MORRIS: ICH RICHTE ALLE MEINE Aktivitäten nach diesem Ziel aus! Um einen perfekten Schuss zu produzieren, muss alles vorher stimmen. Der perfekte Schuss ist das Produkt aus oft jahrelanger Vorbereitung. Das beginnt beim zeitaufwändigen Training und speziell das Equipment muss genau richtig abgestimmt und ausgewählt sein, um überhaupt die Voraussetzungen für so einen perfekten Schuss zu schaffen. Bei mir geht kein Bogen raus, ohne ihn genau Der Bogenjäger 5 / 2018

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fachwissen

Schießen durch Hindernisse DAS KAHLTIER STAND PERFEKT BREIT, DIE LICHTER WAREN GENAU IN DIE MIR ENTGEGENGESETZTE RICHTUNG GERICHTET. ES HATTE MICH NICHT WAHRGENOMMEN, ALS ICH MICH HERANGEPIRSCHT HATTE, UND NUN WAR ES ZEIT, MEINEN BOGEN AUFZUZIEHEN. ICH WAR RUHIG UND KONZENTRIERT, GING IN GEDANKEN MEINE CHECKLISTE DURCH UND BEMERKTE PLÖTZLICH, ALS ICH DURCH MEIN VISIER AUF DEN PUNKT AM BLATT FOKUSSIERTE, DASS SICH ZWISCHEN MIR UND MEINER BEUTE DÜNNE ÄSTE BEFANDEN, DIE ICH VORHER NICHT BEMERKT HATTE. SOLL ICH NUN SCHIESSEN ODER NICHT? EINE GEWISSE UNSICHERHEIT MACHTE SICH BEI MIR BREIT UND ICH BEGANN AN DER PERFEKTEN SCHUSSPLATZIERUNG ZU ZWEIFELN. Bei Schüssen vom Boden kann Vegetation ein Hindernis darstellen.

U

M DIE SPANNUNG EIN WENIG herauszunehmen, ich habe nicht geschossen. Die Situation ging mir aber nicht aus dem Kopf und daher habe ich getestet, was als Durchschuss von Hindernissen bei der Jagd noch vertretbar ist und was nicht. Der Vollständigkeit halber sei gesagt, dass es keine Studie ist, sondern dass es sich lediglich um einen Praxistest mit meinem normalen Jagdequipment handelt. Ich wollte wissen, was mit meinem Setup möglich ist und was ich mir in ähnlichen Situationen in Zukunft zutrauen kann, ohne dieses nagende Gefühl des Zweifels in mir aufkommen zu lassen. Dass dieser Test für andere Setups nicht aussagekräftig sein muss, ist klar, jedoch bin ich der Meinung, damit eine Basisaussage treffen zu können. Auch hier gilt ähnlich wie beim Kugelschuß, je schwerer der Pfeil desto weniger leicht kann er durch kleine Hindernisse aus seiner ursprünglichen Bahn gedrängt werden.

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MEIN TEST-SETUP BESTAND AUS meinem Elite Impulse 34 mit 70 Pfund Zuggewicht, meinen Jagdpfeilen, Schaft 300 Beman pro Hunter mit 9,6 grain per Zoll (gpi), wahlweise bestückt mit drei mal Zwei Zoll Blazer Vanes, oder mit zweieinhalb Zoll Naturfedern und 125 grain schweren Jagdspitzen, das ergibt ein gesamtes Pfeilgewicht von 445 grain bei beiden Typen und eine Geschwindigkeit von 297 feet per second (fps). Einen wesentlichen Unterschied machte ich bei den verschiedenen Spitzen. Montiert wurden sogenannte Mechanicals (mechanische Spitzen, die ihre Klingen durch Auftreffen auf ein Hindernis betätigen) und Fixed Broadheads, also feststehende Klingen. Bei den Mechanischen machte ich nochmals eine Unterteilung. Es kamen NAP SPITFIRE und RAGE HYPOTHERMIC zum Einsatz. Der wesentliche Unterschied bei diesen mechanischen Spitzen ist die Bauart und der dadurch bedingte Öffnungsmechanismus. Die NAP SPITFIRE

von Martin Brauneder

hat die beweglichen Klingen fest an einem Knotenpunkt im hinteren Teil der Spitze befestigt und klappt wie eine Blumenblüte von vorne nach hinten auf. Die RAGE HYPOTHERMIC hat die Klingen beweglich gelagert und breitet diese aus, wenn die „Schultern“ beim Eindringen in ein Hindernis nach hinten geschoben werden. BEI DEN FESTSTEHENDEN BROADHEADS wurden ebenfalls verschiedene Bauarten getestet. Einerseits nahm ich von G5 die dreischneidige Montec. Von German Kinetic wurden die Silverflame und die Silverflame XL in den Test mit einbezogen. Den Feldversuch hatte ich mit einer BFA Prüfungsscheibe (Rehbock) aufgebaut. In einer Entfernung von fünf Zentimetern von der Scheibe hatte ich ein transparentes Seidenpapier gespannt um zu überprüfen, ob sich die mechanischen Spitzen durch den Kontakt mit den Hindernissen schon vorab geöffnet hatten oder der Der Bogenjäger 5 / 2018


durchschuss von hohem gras im sommer nie mehr als 4 Meter

Erklärung: Ein Jagdpfeil fliegt weit weniger durch das Gras, als man es erwartet. Verantwortlich dafür ist die eher stumpfe Parabel des Jagdpfeiles, gegenüber dem Kugelschuss. Pfeil dadurch mit einer Schräglage im Ziel eintraf und dadurch eben viel der Penetrationsenergie einbüßte. DER DURCHSCHUSS VON SEHR HOHEM Gras im Sommer, kurz vor der Ernte, war die erste Testanordnung auf eine Zielentfernung von 20 Metern. Überraschenderweise stellte diese Reihe in keiner Hinsicht irgendein Problem für die Spitzen dar. Egal, ob das Gras einen oder 10 Meter vor dem Schützen oder der Rehscheibe war, alle Jagdpfeile trafen ohne Abweichung ihr Ziel. Anscheinend hat auch Gras zu wenig Widerstand, um die mechanischen Spitzen zu öffnen. Lediglich das Visieren ist etwas gewöhnungsbedürftig, da ich nur den Träger und den oberen Teil des Rückens erkennen konnte. So schoss ich auf einen gedachten Punkt im Gras. Wenn man sich aber vorher ausgiebig mit der Anatomie des Wildes auseinandergesetzt hat, so stellt das kein besonderes Problem dar. Allerdings ist trotzdem die Tendenz zu erkennen, den Schuss etwas zu hoch anzutragen. Auffallend war noch, dass der Pfeil weit weniger durchs Gras flog, als ich eigentlich befürchtet hatte! Durch die eher stumpfe Parabel des Jagdpfeiles gegenüber dem Kugelschuß schneidet der Pfeil nie mehr als 4 m durch das Gras, wo hingegen eine Gewehrkugel oft mehr als 10 m durch müsste (schematische Darstellung siehe Grafik oben). Der Bogenjäger 5 / 2018

oft mehr als 10 Meter

AUCH WENN ES FÜR DEN SCHÜTZEN so aussieht, als müsse er durch 15 Meter Gras schießen, fliegt der Pfeil oben drüber und senkt sich erst etwa vier Meter vor dem Stück ins Gras ab, um im dahinter anvisierten Ziel einzuschlagen. Hier wird der Unterschied zwischen der vollkommen geraden Sichtlinie und der tatsächlichen, gekrümmten Flugbahn des schweren Projektils sehr deutlich. Diese Fehleinschätzung hat übrigens schon so Manchem sein Stück gekostet, wenn er in einer vermeintlich freien Schussbahn unter

tief hängenden Ästen durchgeschossen hat. Die nächste Serie versuchte ich bei bauchhohen Schachtelfarnen. Solange der Farn grün ist, stellt auch er kein Hindernis für die Pfeile dar. Nur die Sichtbehinderung war durch die horizontal aushängenden, ineinander verschobenen Blätter noch stärker als bei Gras. Ich konnte aber keine Abweichungen oder ein frühzeitiges Öffnen der mechanisch betätigten Jagdspitzen feststellen. Himbeerstauden und Brombeerhecken, meine dritte Versuchsreihe, verhielten sich hier

Oft kommt es auf der Jagd zu Situationen, wo das Wild etwa im hohen Gras verdeckt ist. 39


fachwissen

broadheads GERMAN KINETICS SILVERFLAME (125 grain)

Frei von mechanischen Spielereien, zweckmäßig konstruiert, gefertigt aus hochwertigen Materialien, von Hand geschärft. SilverFlame Jagdspitzen bieten die Kombination aus hervorragenden Flugeigenschaften und hocheffektiver Wundwirkung. Die Klinge hat eine Schnittbreite von 1 1/8“ (28,6 mm).

GERMAN KINETICS SILVERFLAME XL (125 grain)

Die German Kinetics SilverFlame XL Jagdspitzen weisen sogar 1,5 Zoll (38,1 mm) Schnittbreite auf, um die Chance auf eine leicht zu verfolgende Schweißfährte zu maximieren.

G5 OUTDOORS MONTEC (125 grain)

Diese Jagdspitze bietet ein effektives cut-on-contact Design aus rostfreiem Stahl, gute Flugeigenschaften und scharfe Klingen. Durch die einteilige Konstruktion kann man die Spitze einfach aufschrauben und schießen. Schnittdurchmesser: 1 1/8 Zoll

NAP SPITEFIRE (125 grain)

Jagdspitze mit 3 scharfen, auf Kontakt ausklappbaren Diamize® Klingen, Schnittdurchmesser: 1 1/2 Zoll. Die Klingen können nach Gebrauch ausgewechselt werden.

RAGE HYPODERMIC (125 grain)

Jagdspitze mit zwei scharfen Klingen, die beim Auftreffen aufklappen. Der Schnittdurchmesser beträgt 2 Zoll. Die Klingen können nach Gebrauch gewechselt werden.

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schon etwas anders. Befinden sich diese unmittelbar vor dem beschossenenen Stück bis in eine Entfernung von maximal vier Metern, so konnte ich diese noch ohne nennenswerten Präzisionsverlust durchschießen. Lediglich die NAP Spitfire hatte hier bei einigen Testschüssen bereits einseitig geöffnete Klingen gezeigt, hingegen war die Rage stets geschlossen am Ziel eingelangt. Als ich dann aber die Scheibe weiter als vier Meter nach dem zu durchschießenden Hindernis aufstellte, kam es gerade bei der Spitfire zu deutlichen Abweichungen auf dem Ziel durch die Kollisionen mit dem festen Material der Büsche. Für die feststehenden Modelle der Silverflame und Montec war dieses Hindernis aber kein Problem und auch die mechanische Rage hat diese Prüfung bestens gemeistert. FICHTENÄSTE, DÜNNE LATSCHEN, Heidelbeersträucher in einer Entfernung von maximal einem Meter vor der Beute wurden von den feststehenden Klingen ebenfalls tadellos gemeistert. Sogar die mechanische Rage zeigte bei vier von fünf Treffern ein gutes Ergebnis. Die Spitfire öffnete meistens durch die Kollision mit dem Hindernis und zeigte dadurch hier oft am deutlichsten Abweichungen der Trefferlage. Zum Teil betrug diese bis zu 20 Zentimeter und der Pfeil steckte meist sehr schräg in der Scheibe, was bei Schüssen auf echtes Wild auch zu einem ungünstigen Wundkanal und massivem Energieverlust geführt hätte. MEINE VERSUCHSREIHE SETZTE ICH dann im Herbst fort. Durch das abgefallene Laub und das niedergedrückte Gras wird plötzlich das Ziel wieder viel besser erkennbar. Doch der Schein trügt, zumindest was den Schuss durch Hindernisse angeht. Himbeere, Farne und junge Ebereschentriebe, Erlen, Hasel und Ginster sind zu dieser Jahreszeit bereits stark verholzt. Zwar kann man jetzt besser das Ziel erfassen, sieht man doch zumindest die ganze Silhouette, aber Vorsicht! Die Hindernisse sind jetzt erheblich stärker geworden. Ich testete nur mehr Schüsse mit den Hindernissen unmittelbar vor dem Stück, da mir bereits klar geworden war, dass Hindernisse direkt vor dem Schützen zu kompletten Fehlschüssen führen und mir ehrlich gesagt leid um meine Pfeile war. Mit den pflanzlichen Hindernissen unmittelbar vor

der Scheibe gab es mit den feststehenden Klingen noch sehr gute Ergebnisse, aber mit einer Entfernung von nur einem Meter wurde es bereits kritisch. Besonders die Spitfire bog des Öfteren im 45 Grad Winkel ab, wenn einer ihrer schneidenden Schenkel beim Passieren von einem Hindernis aufgerissen wurde. Die Rage kam öfter unbeschadet durch, hier war es öfters die Vanes aus Kunststoff, die das Geschoss aus der Bahn warf. Ähnliche Ergebnisse waren auch bei den feststehenden Klingen zu beobachten. Die Ergebnisse waren zwar besser, aber das auch nicht wirklich befriedigend. Anscheinend befindet sich hier die Grenze. Sobald die Pflanzen verholzt sind, können sie sowohl die mechanischen wie auch die feststehenden Spitzen deutlich von ihrer Flugbahn ablenken. Ein waidmännischer Schuss durch das Unterholz ist somit sicher nicht mehr gegeben!

Wenn ich das pflanzliche Hindernis beurteilen kann, würde ich einen Schuss wagen. Martin Brauneder

ZU GUTER LETZT WIEDERHOLTE ICH meine Versuche im Winter. Äste und Halme sind gefroren und man weiß schon vorher, was nun kommt. Auch hier gab es deutliche Abweichungen mit allen Spitzen. Ich versuchte nun aber zusätzlich den Schuss durch die Schneehauben. Ist die Landschaft oft tief in Watte gepackt, wird jeder Erhöhung nochmals höher, kleine Bäume und Sträucher mit großen Schneehauben geben abermals dem Wild Deckung, und so wie erwartet stellen diese nicht wirklich ein Problem dar, solange diese nicht zu dick sind. Bei meinen Versuchen gab es mit keiner Spitze Abweichung, da der Pfeil von allen Seiten mit Schnee umschlossen ist und dadurch wahrscheinlich eine gewisse Führung erfährt, jedoch aber war eine deutliche Bremswirkung festzustellen. Selbst Der Bogenjäger 5 / 2018


Gras stellt für die meisten Broadheads kein Hindernis dar - weder für mechanicals noch für fix stehende Klingen. Schwierig ist hingegen die Zielwahl.

Gerade bei der Pirsch - etwa hier auf Rehbock in Ungarn - kann es vorkommen, einen Schuss durch das hohe Gras platzieren zu müssen. Kein Hindernis für die Jagdklingen. harschige Schneehindernisse, die entstehen, wenn die obere Schicht taut und dann wieder gefriert, lenkten meine Pfeile nicht ab, solange Sie nicht weiter als vier Meter vom Ziel entfernt waren. MEINEN VERSUCHEN ZUR FOLGE sollten diese Schneehauben jedoch nicht dicker als 60 Zentimeter sein, um dem Jagdpfeil nicht unnötig viel Energie durch Reibung zu rauben. Reine Schneehauben vor dem Stück können bedenkenlos durchschossen werden, sind sie zu weit vor dem Stück, entsteht durch die Bremswirkung des Schnees ein Tiefschuß. Mit diesen langwierigen und teilweise materialintensiven Versuchen hoffe ich etwas Licht in den sprichwörtlichen Blätterwald gebracht zu haben. Zusammenfassend kann prinzipiell gesagt werden: Solange etwas saftig grün und noch nicht verholzt ist, stellt es in der Regel kein Problem dar. Mit zunehmender Verholzung wird es schwieriger und der verantwortungsvolle Jäger sollte im Zweifel eher Abstand von einem Schuss Der Bogenjäger 5 / 2018

auf Wild nehmen. Hindernisse unmittelbar vor dem Stück sind weniger problematisch und haben meist wenig Einfluss, alles was weiter weg vom Stück in der Schusslinie ist, stellt jedoch ein nicht kalkulierbares Risiko dar und sollte vermieden werden. Am besten hat sich meiner Beobachtung nach, auch bei schwierigeren Hindernissen, die German Kinetic Silverflame (die Standard, nicht die XL) mit der Naturbefiederung geschlagen. Durch diese Erfahrung bin ich nun auch etwas sensibler geworden. Prophylaktisch schneide ich immer wieder in mir unbekannten Gebieten Pflanzen, Gräser und Sträucher ab, um mir ein Bild über deren Verholzungsgrad zu machen. Ein Schuss aufs Geradewohl durch Buschwerk ist meiner Ansicht nach völlig unverantwortlich, da üblicherweise auch nicht gesehen werden kann, ob sich nicht dicke Äste darin verbergen. Kann ich aber mit hoher Wahrscheinlichkeit beurteilen, wie das pflanzliche Hindernis vor meiner Beute aufgebaut ist, so würde ich wohl einen Schuss wagen.

Fichtenäste, dünne Latschen oder Heidelbeersträucher wurden von den feststehenden Klingen ebenfalls tadellos gemeistert. Sogar bei den Mechanischen zeigten vier von fünf ein gutes Ergebnis.

Im Spätherbst sowie im Winter wird das Ziel zwar wieder besser erkennbar, aber die Äste sind zu dieser Zeit schon verholzt oder gefroren. Hier gab es deutliche Abweichungen.

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fachwissen

Grundbaustein für den präzisen Pfeilflug

Die Bogenhand IM ERSTEN TEIL DIESER SERIE (DER BOGENJÄGER AUSGABE 4/2017) HABEN WIR IM SCHNELLDURCHLAUF EINEN MÖGLICHEN ANSATZ FÜR DEN AUFBAU UND ABLAUF EINES (JAGDLICHEN) SCHUSSES VORGESTELLT. WIR HOFFEN, DASS DER EINE ODER ANDERE DIE 2.000 SCHUSS FÜR EINE NEUPROGRAMMIERUNG DER SCHUSS-SEQUENZ ERFOLGREICH ABSOLVIERT HAT UND IN DER KOMMENDEN JAGDSAISON DIE FRÜCHTE DIESES TRAININGS ERNTEN WIRD. WIR MÖCHTEN IN DIESEM ARTIKEL DEN TEILASPEKT DER PLATZIERUNG UND DEN GRIFF DER BOGENHAND NÄHER ERÖRTERN. von Ernst Blajs

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IELE SCHÜTZEN WIDMEN diesem Thema am Anfang nur sehr wenig Aufmerksamkeit. Eines vorweg – den Bogen muss man nicht halten, sondern lediglich in Zielrichtung ausrichten! Das „Halten“ übernimmt der Druck des gespannten Bogens gegen die Bogenhand von selbst. Die Bogenhand kann den Schussablauf am längsten positiv, aber auch negativ beeinflussen. Bis der Pfeil die Pfeilauflage verlässt, kann die Bogenhand den Bogen „greifen“, verkanten, hoch drücken, runter drücken, und noch vieles mehr. Die korrekte Platzierung der Bogenhand ist gerade für Bogenjäger sehr wichtig, die Verwindung („Torque“) des Bogens hat bei Jagdpfeilen mit fest montierten Jagdspitzen gravierende Auswirkungen auf den Pfeilflug. Welche Handposition ist nun aber für Bogenjäger besonders geeignet – ich habe bereits im ersten Teil darauf hingewiesen, dass eine tiefe (Low Wrist) Bogenhandhaltung (Fotoserie) für die meisten Schützen die am schnellsten zu erlernende ist. Sie kann am einfachsten von Schuss zu Schuss dupliziert werden und erfordert vor allem keine Mus42

Der Bogenjäger 5 / 2018


Auf diesem Foto ist der optimale Druckpunkt mit einem Aufkleber markiert. Ebenfalls sichtbar ist die im Text beschriebene V-Position der Bogenhand. kelkraft! Sie ist auch besonders stabil und damit für etwas stärkere Jagdbögen schon aus diesem Grund die geeignetste. „KORREKTE“ BOGENHANDPOSITION Trotz der Vielzahl unterschiedlicher Voraussetzungen von Schützen und Equipment gibt es „einen“ Griff, der am neutralsten ist. Gleich vorweg – der Bogengriff sollte auf der dem Daumen zugewandten Seite, der sogenannten „Lebenslinie“, sein! Damit sind nur die Handmuskeln auf einer Seite der Lebenslinie involviert und der Druck des Bogens wird besser mit den zwei Knochen des Unterarms (Elle und Speiche) ausgerichtet. Weniger Handmuskeln bedeuten auch weniger Verspannungen und diese Platzierung verursacht das geringste Zittern und damit ein ruhigeres Zielbild. Diese Position simuliert man am einfachsten, in dem man die Bogenhand hochhebt und mit dem Daumen und dem Zeigefinger ein lockeres „V“ bildet (Foto). Schaut man von hinten auf die Rückseite der Hand, zeigt der Daumen auf die 1 Uhr Position. Um die Bogenhand in dieser „V“ Position in den Griff zu geben, ist der vorhergehende Teilschritt, den wir in der letzten Ausgabe erwähnt haben, hilfreich – Release „einhängen“. Dabei wird der Bogen am Oberschenkel abgestützt und am Release hängend gehalten. Nun kann die Bogenhand entlastet und sachte von unten in den Bogengriff gleiten. Um die „V“ Position der Bogenhand auch im Bogengriff sicher beizubehalten, hat es sich für viele Schützen bewährt, den Der Bogenjäger 5 / 2018

Ringfinger und den kleinen Finger natürlich entspannt seitlich neben dem Griff zu halten, nur Zeige- und Mittelfinger berühren den vorderen Steg des Bogengriffs. Bei vielen Schützen sieht man auch, dass diese die Finger der Bogenhand mehr oder weniger stark abspreizen. Eine solche Haltung ist nicht „natürlich“ und nur mit Einsatz von zusätzlichen Muskeln erreichbar – also genau was wir nicht wollen. Die „V“ Form der Bogenhand erreicht man auch nicht, wenn man „dem Bogen die Hand gibt“. Das erzeugt einen tiefen Griff, der Handballen auf der falschen Seite der Lebenslinie liegt auf dem Griff auf und der Ellbogen wird eingedreht. DREHMOMENT DER BOGENHAND - Je nach Platzierung der Bogenhand und je nach Ausgestaltung des Bogengriffs und der Schützenform sollte der Schütze die Platzierung finden, die beim Abschuss das geringste Drehmoment (Verkanten) auf das Mittelstück des Bogens ausübt. Wie viel Drehmoment man auf den Bogen ausübt kann man am einfachsten anhand der seitlichen Ausschlag-Bewegung eines langen Stabilisators erkennen. Verwendet man einen kurzen Jagdstabilisator, dann einfach einen Pfeil als Verlängerung mit Klebeband befestigen. Dann kommt dem Smartphone einmal eine sinnvolle Aufgabe zu und man beginnt die Schüsse zu filmen. Am besten von unten. Um das „Entspannen“ der Bogenhand noch zu verstärken, habe ich mir angewöhnt, nach Erreichen des Ankers im Vollauszug

noch einmal die Bogenhand „bewusst“ zu entspannen. Erkennt man auf dem Video starke seitliche Ausschlag-Bewegungen des Stabis nach dem Abschuss, verändert man die Position der Bogenhand im Griff so lange, bis man die geringste Seitwärtsbewegung erkennen kann. Diese Hand-Position „mental markieren“ und solange wiederholen, bis sie in Fleisch und Blut übergeht. Form und Ausgestaltung des Bogengriffs haben einen Einfluss auf das unerwünschte Drehmoment, schmale Bogengriffe haben meiner Meinung nach etliche Vorteile. Heutzutage haben die meisten Bogenmodelle sehr schmale Griffe. Es ist hilfreich, den Bogen Probe zu schießen. Nicht jeder Bogen liegt jedem Schützen gleich gut in der Hand. BOGENSCHLINGE VERWENDEN - Jeder Bogentrainer wird den Nutzen einer Bogenschlinge bestätigen. Für den Bogenjäger kommt nur die am Bogen fixierte Schlinge in Frage. Für die Bogenjagd ist eine Schlinge, die vorgeformt soweit vom Handgriff weg steht, dass bei Bedarf ein schneller Griff in den Bogen möglich ist, am geeignetsten. Sie darf auf keinen Fall zu eng sein, sonst kann sie ein zusätzliches Drehmoment auf den Bogen ausüben. Sollte der eine oder andere Leser nach dieser Lektüre den Rückschluss ziehen, dass seine Bogenhand noch etwas Nachjustierung bedarf, scheuen Sie sich nicht, damit zu experimentieren. Die Präzisionssteigerung beim Schießen mit Jagdpfeilen sollte für uns Bogenjäger Ansporn genug sein. 43


fachwissen

Der Jäger sollte sich nicht nur über seine Tarnung Gedanken machen, sondern auch, wie er Geräusche auf dem Treestand am besten vermeidet.

Tarnung am Treestand 20 METER SCHUSSENTFERNUNG ODER OFTMALS NOCH WENIGER! DA DARF MAN SICH ABSOLUT KEINEN FEHLER ERLAUBEN. MIT DER ZEIT HABE ICH DURCH VIEL PRAXIS GELERNT, WIE ICH MEINEN ANSITZ AM TREESTAND OPTIMAL VORBEREITE. ALS ICH MIT DEM BOGEN ZU JAGEN BEGONNEN HABE, GAB ES NOCH KEINE SO UMFASSENDE AUSBILDUNG ZUR BOGENJAGD, WIE SIE HEUTE DURCH DIE BFA ANGEBOTEN WIRD, UND SO MUSSTE ICH MIR DIE EINE ODER ANDERE SACHE SELBST ERARBEITEN. von Wolfgang Koller

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AS SCHIESSEN DES BOGENS aus sitzender oder knieender Position hat mir nie gelegen. Bisher habe ich meine fast 100 Stück Wild mit dem Bogen ausschließlich in stehender Position vom Treestand aus in Ungarn erlegt. Dahin war es aber ein weiter Weg. Mein erstes Jahr mit dem Bogen war ein recht zermürbendes Jagdjahr für mich. Kein jagdlicher Erfolg wollte sich einstellen, die Bandbreite der Misserfolgsgründe war schier unendlich. Immer wieder musste ich für den noch so kleinsten Fehler in der Vorbereitung bezahlen oder hatte einfach kein Glück. Der Förster hatte schon Mitleid mit mir und bot mir an, in seinem etwa drei Hektar großen Zuchtgatter mein erstes Stück Wild - einen Überläufer 44

zu erlegen. Zuerst war ich davon gar nicht so angetan, meinte ich doch, meine Stücke nur in freier Wildbahn erlegen zu müssen. Nach kurzer Überlegungszeit nahm ich aber trotzdem an. Nun konnte ich in „kontrollierter“ Umgebung mein erstes Stück Wild strecken und wertvolle Erfahrung sammeln. Am Ende lagen sogar zwei Sauen auf der Schwarte. Danach jagte ich nie mehr wieder in einem Gatter, konnte aber die Erfahrungen gut in meinen kommenden Jagden verwenden. BEI SO KURZEN DISTANZEN BEDINGT jedes unnatürliche Geräusch die sofortige Flucht des bejagten Wildes. Daher ist es unumgänglich, alle möglichen Geräuschquellen zu eliminieren! Während der warmen Mona-

te funktioniert das Stehend-Schießen vom Baumsitz aus ohne größere Probleme. Doch wenn die Kälte dem Metall zusetzt, kann der Baumsitz schon bei der kleinsten Bewegung ungewollte Geräusche von sich geben. Die Kältespannung provoziert unweigerlich Geräusche zwischen dem Metall und den kalten Schuhsohlen, das ist ein Garant für den Misserfolg. UM DIESE SITUATION WEITGEHENDST zu vermeiden, wende ich nun, nachdem ich doch schon so einiges Lehrgeld bezahlt habe, seit ein paar Jahren einen einfachen Trick an. Ich verwende einen einfachen Fleckerlteppich, der nicht ins Gewicht fällt und beim Transport den Bogen noch zusätzlich schützt. Der Bogenjäger 5 / 2018


Ganz einfach in jedem Baumarkt oder in Omas Keller zu bekommen. Selbstverständlich achte ich auch darauf, dass keine metallischen Gegenstände in exponierter Lage Kontakt zueinander haben und damit ebenfalls ein klares Warnsignal an meine Beute senden. Die feste Verzurrung meines Treestands wird kontrolliert. Ein weiterer, wichtiger Faktor ist die Sichttarnung. Obwohl meist recht hoch am Baum ist es verblüffend, wie Wild trotzdem Bewegungen erkennen kann. WÄHREND DER VEGETATIONSZEIT kann die natürliche Belaubung ausreichend Sichtschutz bieten. Dies ändert sich aber ab dem Spätherbst. Gute Erfahrungen - selbst mit Reh- und Rotwild - habe ich mit einem Tarnnetz gemacht, welches ich hinter mir am Stamm platziere und sehr hoch fixiere. Dadurch kann das Wild schwerer den Bogenjäger ausmachen, da er sich nicht gegen den helleren Himmel abhebt. Gibt es wenige Kontraste und Schatten zwischen Tarnnetz und Tarnanzug, verschmilzt der Jäger mit seinem Hintergrund. So fallen Bewegungen viel weniger auf. Ein weiteres Tarnnetz auf Höhe der Beine vor dem Treestand verwischt die typische Kontur des Jägers ebenfalls. Obwohl ich nun schon seit mehr als 40 Jahren jage, davon mehr als 15 mit dem Bogen, ist diese Art der Jagd immer noch eine Herausforderung und meine Erfolgsquote liegt, trotz all dieser Erfahrungen, weit unter 100 Prozent!

Obwohl ich oft recht hoch am Baum sitze, ist es verblüffend, wie schnell Wild trotzdem meine Bewegungen erkennen kann. Wolfgang Koller

Jedes unnatürliche Geräusch bedingt die sofortige Flucht des bejagten Wildes. So ist etwa darauf zu achten, dass Bäume in der kalten Jahreszeit mehr knarren als im Sommer. Der Bogenjäger 5 / 2018

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fachwissen

Broadhead-Tuning EIN PERFEKTER PFEILFLUG MIT EINER JAGDSPITZE IST KEINE MAGIE. BOGENJÄGER TRAINIEREN IN DER REGEL MIT EINER FELDSPITZE UND ERZIELEN DAMIT ÄUSSERST PRÄZISE UND KONSTANTE TREFFERGRUPPEN. IN VORBEREITUNG AUF DIE BOGENJAGD IST ES JEDOCH ERFORDERLICH, DIE TREFFPUNKTLAGE MIT EINER JAGDSPITZE ZU ÜBERPRÜFEN. WIR BEHANDELN HIER AUSSCHLIESSLICH SOGENANNTE „FIXED BLADES“, ALSO FESTSTEHENDE JAGDSPITZEN. AUFGRUND UNTERSCHIEDLICHER FLUGEIGENSCHAFTEN KOMMT ES MITUNTER ZU ABWEICHUNGEN IM VERGLEICH ZU DEN FELDSPITZEN. DIE URSACHEN AUSZULOTEN UND DIE PRÄZISION AUF EIN HÖCHSTMASS ZU BRINGEN IST DAS WICHTIGSTE.

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ER FOLGENDE ARTIKEL behandelt daher das „Tunen“ der Jagdspitzen, auch Broadheads (BH) genannt, im Zusammenspiel mit dem passenden Jagdpfeil und Compoundbogen. Es können nur die Überschriften der einzelnen Punkte angesprochen werden, die Details würden den Rahmen dieses Artikels sprengen. Der technikbegeisterte Bogenjäger kann anhand dieser „Wegbeschreibung“ aber im Selbststudium tiefer in die Materie eindringen, alle anderen können ihren Bogen dem hiesigen Händler zum Einstellen übergeben. Das Ziel ist es, einen extrem konstanten Pfeilflug mit der Jagdspitze zu erreichen. Bei höchster Präzision und Penetration. DAS TUNEN VON PFEIL UND BOGEN kann kompliziert sein, da es eine Menge zu beachten gibt. Wer versucht hat, eine feststehende Jagdspitze auf einem Jagdpfeil abzustimmen, weiß, was ich meine. Wenn man sich aber Zeit nimmt, gut abgestimmte Komponenten auswählt sowie die Setup-, und Tuningprinzipien versteht, ist es weit weniger anspruchsvoll als es scheint. Jedes aerodynamische Element an der Jagdspitze, sowohl Unwuchten als auch inkorrekter Rundlauf führen zu Abweichungen beim Pfeilflug. Das war auch der Grund für die Entwicklung mechanischer Jagdspitzen.

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von Ingo Kuhn und Linus Ehrig Diese „mechanicals“ haben viel weniger Beeinflussung durch windanfällige Flügel an der Spitze, der Pfeil ist leichter abzustimmen; mit allen durch die Bauart bedingten Vor- und Nachteilen. Man sollte also versuchen den klingenbewährten Pfeil nach gewissen Tuningmethoden zu behandeln. Das erklärte Ziel ist die gleiche Trefferlage von Feldspitzen und Jagdspitzen, ambitioniert aber erreichbar! Hier nun der Fahrplan: VORBEREITUNG DES JAGDPFEILS - sorgfältige Auswahl nach der Art der zu bejagenden Wildart (z.B. Gewicht, Penetrationsverhalten, Material…) - korrekte Selektion nach dem Spinewert anhand der Herstellervorgaben (Spinecharts) - Kontrolle von FOC (Schwerpunkt des Pfeils)10-12 Prozent empfohlen - exakte Montage des Inserts o. Outserts sowie des Nocks - Rundlauf mit montierter Jagdspitze überprüfen - Wobbling VORBEREITUNG ZUM TUNING - Setup des Bogens mit allen Anbauteilen die später auch zur Jagd verwendet werden (z.B. Anbauköcher, Stabilisator) - Überprüfen des Tillers - Überprüfen des Cam-Timings und Cam-Leans

- Einstellen der Pfeilauflage (PA) so, dass der Pfeil durch das theoretische Center geht (Centershot) - Nockpunkt setzen und Loop installieren - Pudertest - um einen kontaktlosen Flug des Pfeiles zu überprüfen TUNING DES JAGDPFEILS 1. Papiertest - Methode um anhand des Rissbildes zu erkennen wie schnell sich der Pfeil stabilisiert - abhängig von einer konstanten Schießform! 2. Blankschafttest und Lineshooting (Niemals einen Blankschaft mit Jagdspitze schießen!) 3. Broadheadtuning Je sorgfältiger die Tuningmaßnahmen im Vorfeld ausgeführt wurden und je präziser man bei der Herstellung der Pfeile gearbeitet hat, umso exakter werden auch die jagdklingenbewährten Pfeile fliegen. Schieße eine Gruppe von Pfeilen mit Feldspitzen, welche natürlich das gleiche Gewicht wie die nachfolgenden Jagdspitzen haben. Nach Möglichkeit sollte ein jagdspitzentaugliches Ziel entsprechender Größe benutzt werden. - Entfernung 20-30 Meter - 5-6 Pfeile in eine aussagefähige Gruppe platzieren

Der Bogenjäger 5 / 2018


Benutze die gleichen Pfeile nun mit einer Jagdspitze bestückt und schieße auf den gleichen Zielpunkt wie mit den Feldspitzen. Manche bevorzugen die klingenbewährten Pfeile einzeln nacheinander zu schießen, um nicht bei zu guter Trefferlage den vorangegangenen Pfeil zu zerstören. Diese Gruppe ist der Schlüssel für weitere Korrekturen zur FS-Gruppe. Je nachdem, wo die BH-Gruppe liegt, sind Einstellungen am Bogen oder auch Änderungen am Pfeil durchzuführen. - alle Veränderungen sind im sehr geringen Maße vorzunehmen - bei horizontalen Abweichungen sind Links-Rechts-Korrekturen der PA nötig Nachfolgende Erläuterungen gelten für Rechtshand-Schützen und sind bei Linkshand-Schützen gespiegelt: - sitzt die Broadheadgruppe z.B. links von der FS-Gruppe = Schaft ist zu steif Lösung: - erhöhe das Zuggewicht - erhöhe das Jagdspitzengewicht - verstelle die PA in Richtung der FS-Gruppe (zum Bogen hin) in 0,5 mm Schritten - sitzt die BH-Gruppe zu weit rechts der FS-Gruppe: Schaft ist zu weich Lösung: - verringere das Zuggewicht - verringere das BH-Gewicht

Der Bogenjäger 5 / 2018

- verstelle die PA in Richtung der FS-Gruppe (vom Bogen weg) in 0,5 mm Schritten Bei manchen Bögen (mit Y-Kabel) lassen sich durch minimale Veränderung des Cam-Lean‘s ähnliche Veränderungen erzielen. - sitzt die BH-Gruppe über der FS-Gruppe = Nockpunkt nach oben bewegen - sitzt die BH-Gruppe unter der FS-Gruppe = Nockpunkt nach unten bewegen Nachdem all diese Tuningaktivitäten in der richtigen Reihenfolge durchgeführt worden sind, sollte der Jagdpfeil nun mit der gleichen Präzision und Wiederholbarkeit im anvisierten Ziel ankommen wie die Feldspitze. Das Wissen um die Zusammenhänge und die Erprobung des Pfeilflugs gibt dem verantwortungsvollen Bogenjäger die Sicherheit, einen waidgerechten Schuss auf Wild abgeben zu können, und das ist das Mindeste, was verlangt werden sollte.

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fachwissen

Der Bogenjäger ist bei der Jagd immer sehr nahe beim Wild - die Gefahr von „Jagdfieber“ ist daher noch größer als bei Büchsenjägern.

Jagdfieber kontrollieren LANGSAM WECHSELT DAS ROTWILD-RUDEL VON LINKS AN; DIE ERSTEN SIND BEREITS AM BAUM 50M VON MIR ANGEKOMMEN, MEIN VERSTECK HINTER DEM KLEINEN BUSCH WAR GUT AUSGESUCHT, NOCH HABEN DIE MICH NICHT MITBEKOMMEN, AUCH DER WIND IST PERFEKT – ALLES KOMMT SO LANGSAM ZUSAMMEN. MEIN HERZ RAST MIT 180 SACHEN, MIT JEDEM SCHRITT, DEN DAS WILD NÄHER KOMMT, SCHLÄGT MEIN HERZ NOCH SCHNELLER, BIS AUF MEINEN HERZSCHLAG KANN ICH SONST KAUM WAS HÖREN.

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AS ERSTE STÜCK – EIN junges Tier kommt auf mich zu und stoppt am Stein, den ich vorher auf 30 Meter gemessen habe. Es äugt in meine Richtung, ich verharre wie eine Statue, traue mich nicht einmal zu blinzeln, mein Herzschlag völlig außer Kontrolle. Lange Sekunden werde ich angestarrt, aber die Tarnung scheint zu funktionieren und das Tier beginnt weiter zu äsen. Auf diesen Moment habe ich gewartet. In Zeitlupen-Tempo hebe ich den Bogen, die 70 Pfund spüre ich kaum, den Bogen gespannt und dann… Filmriss. Als nächstes sehe ich wie der Pfeil gut 20 Zentimeter über den Rücken des Tiers fliegt und ich höre, wie er in der Ferne einschlägt. Um mich herum bricht die Hölle los, es waren weitere Stücke hinter mir angewechselt 48

von Ruan Hinze – keine zehn Meter entfernt. Alle suchen jetzt das Weite und binnen Bruchteilen von Sekunden ist die ganze Bühne wieder leer. ICH BLEIBE SITZEN, VERSTEHE die Welt nicht mehr, ein Jahr lang habe ich mich auf diesen Moment vorbereitet, unzählige Stunden auf den Parcours verbracht, das Schießen aus verschiedene Positionen trainiert, 50 Meter oder 60 Meter, immer flog der Pfeil perfekt, und jetzt habe ich ein Stück Rotwild auf nur 30 Meter komplett verfehlt. Nach langer Suche finde ich meinen Pfeil wieder, er ist um einiges weiter geflogen, als ich erwartet hatte und er hat genau einen Stein getroffen, die Broadhead ist ziemlich verbogen. Sonst ist am Pfeil nichts dran, kein Schweiß, keine Haare, nichts….

WAS IST NUR HIER PASSIERT? Das Jagdfieber hat zugeschlagen und zwar so richtig. Jagdfieber habe ich fast immer bei größerem Wild, was ja an sich nichts Schlimmes ist, sondern für mich sogar der Beweis, dass ich mir der großen Verantwortung bewusst bin. Jedoch ist es völlig anders, 100 Meter mit der Büchse entfernt zu sein, oder mit dem Bogen mitten drin. Im Training habe ich alle mir bekannten Eventualitäten durchgespielt und dachte, ich wäre auf alles vorbereitet. WAS PASSIERT IM KÖRPER, WENN uns das Jagdfieber erwischt? Der Auslöser ist das Hormon Adrenalin, das die Sauerstoffversorgung des Organismus stark verbessert. Durch die Adrenalin-Ausschüttung beschleunigt sich der Herzschlag, der Atem geht Der Bogenjäger 5 / 2018


schneller, Pupillen und Bronchien weiten sich. Der Sauerstoffgehalt im Blut nimmt zu – hierdurch sind wir bestens für einen Notfall vorbereitet, wir sind bereit, zu kämpfen oder zu flüchten. UND WIE WIRD MAN DIESES Jagdfieber wieder los? Genau diese Frage habe ich mir auch gestellt, da nur noch 1,5 Jagdtage übrig waren und ich noch keinen Jagderfolg hatte. Doch Tatsache ist: Das Jagdfieber wird man nicht los, außer man hört wahrscheinlich mit dem Jagen auf. Da wir es also nicht loswerden können, müssen wir lernen, damit umzugehen. Wenn der Körper unter dem Einfluss von Adrenalin steht, fällt es schwer, komplexe Aufgaben zu meistern, und das präzise Treffen mit einem Jagdpfeil ist eine komplexe Aufgabe. Die gute Nachricht: Unter großem Stress können wir kleine, weniger umfangreiche Aufgaben sehr wohl erfolgreich meistern. Daher müssen wir den Schussablauf in kleine einfache Schritte aufteilen, und vor dem Schuss diese mental abarbeiten. MEINE CHECKLISTE 1. Atmen 2. Bogen spannen 3. Peep und Visier ausrichten 4. Pins von oben abzählen, beim Richtigen anhalten 5. Ziel aussuchen (ein möglichst kleines am Wildkörper) 6. Atmen 7. Den Pin von Punkt 4 auf das Ziel von Punkt 5 setzen 8. Nur wenn der Pin stabil aufs Ziel bleibt, geht der Zeigefinger zum Abzug. 9. Langsam am Abzug ziehen – immer weiter zielen WICHTIG IST, SICH GANZ AUF das Ziel zu konzentrieren und nicht versuchen, dem Pfeil zu folgen, sobald der Pfeil den Bogen verlassen hat. Wenn wir uns weiterhin auf das Ziel konzentrieren, ist das Risiko geringer, den Bogen zu früh fallen zu lassen. Und jetzt die Frage, funktioniert dieser mentale Trick? Lange musste ich nicht warten, um dies ausprobieren zu können. Bereits am nächsten Tag saß ich im Treestand und nach kurzer Zeit wechselten drei Stück Rotwild in meine Richtung. Das Herzrasen ging wieder los und es dauerte eine halbe Stunde, bis das Wild in Schussdistanz war. Ich hatte also genug Zeit, um mich mental vorzubereiten. Noch war Der Bogenjäger 5 / 2018

das Stück jedoch hinter einem Ast versteckt, aber ich konnte sehen, dass das Jungtier in den nächsten Sekunden am Baum in etwa 30 Metern Distanz herauskommen würde. Also was es Zeit, mit der Checkliste zu starten: Ich atmete, spannte den Bogen, richtete das Visier aus, und zählte die Pins. Jetzt kam aber ein Problem hinzu, das Tier stand spitz und bewegte sich nicht, also blieb nichts anders übrig als zu warten. Zwei lange Minuten später stand ich immer noch mit dem gespannten Bogen da, aber ich war um einiges ruhiger geworden. Dann drehte sich das Tier und stand breit. Also ging es weiter mit der Liste, schnell hatte ich einen Fleck auf dem Blatt ausgewählt und schon war der 30er-Pin drauf. Jetzt noch einmal atmen und langsam den Druck auf den Abzug erhöhen. SWACK! WAR DAS NÄCHSTE WAS ich hörte, als ich sah, wie der Pfeil den Baum hinter dem Tier traf. Aber ich konnte deutlich einen Einschuss sehen, aus der Schweiß trat. Das Tier flüchtete und brach nach 40 Metern zusammen. Es war vorbei, ich hatte alles richtig gemacht! Freude und Erleichterung wechselten sich ab. Nach einigen Minuten ging ich zur Anschussstelle; überall Schweiß. Später beim Aufbrechen bestätigte sich, was ich bereits wusste, das Herz war sauber durchschossen. Leider ergaben sich bis zum Ende der Reise keine weiteren Gelegenheiten. Auch wenn der ersehnte Dammhirsch sich bei mir nicht blicken ließ, war ich glücklich, ich hatte Einiges dazu gelernt, und werde diesen Ablauf fest im Training am Parcours integrieren.

Ein kleiner Spickzettel direkt am Bogen angebracht kann helfen, sich im entscheidenden Moment richtig zu verhalten.

Autor und Bogenjäger Ruan Hinze mit seinem erlegten Rotwild-Schmaltier. 49


ausrüstung

WOODLAND

MOUNTAIN

SAVANNA

Xjagd-Bekleidung

Demorphing als Konzept ALS LANGJÄHRIGER HÄNDLER FÜR BOGENJAGD-PRODUKTE HABE ICH NEBEN WEITEREN MARKEN SEIT JAHREN AUCH TARNBEKLEIDUNG VON XJAGD IM PORTFOLIO UND MÖCHTE IN DIESEM ARTIKEL MEINE ERFAHRUNGEN UND EINDRÜCKE DAZU WIEDERGEBEN. GLEICH VORAUSGESCHICKT – ICH SELBST BENUTZE DIE BEKLEIDUNG VON XJAGD SELBST BEI DER JAGD UND KANN DAHER AUS EIGENER ERFAHRUNG SPRECHEN. Das XJagd-Camo löst die Silhouette des Jägers fast völlig auf.

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AMO-BEKLEIDUNG IN ALLEN möglichen Variationen und Ausführungen gibt es mittlerweile wie Sand am Meer. Jeder Hersteller verspricht maximale Wirkung und strickt an seinem Rezept. Sehr oft richtet sich das verwendete Muster und die Farbgebung nach dem Geschmack der Nutzer oder deren optischer Wahrnehmung. Die Wirkung bei den von uns hauptsächlich bejagten Wildarten (Schalenwild) hängt aber zum allergrößten Teil von der Verwischung der menschlichen Silhouette ab, was am Besten durch eine kontrastreiche, großflächige hell-dunkel-Schattierung passiert. SO BIN ICH NACH LANGER SUCHE vor Jahren auf das Xjagd Camo gekommen. Diese Jagdbekleidung wird von dem österreichischen Großhändler Dschullnig hergestellt, der auch die qualitative und jagdlich bekannte Bekleidungslinie Jagdhund vertreibt. Diese Linie gibt es in verschiedenen Wärmeausführungen und, was eher selten ist, neben der männlichen Kollektion auch in wirklichen Damenschnitten. Für den Bo-

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genjäger von essenzieller Bedeutung ist die Tarnwirkung (Verwischung der Kontur) sowie eine möglichst geringe Geräuschemission der Bekleidung. BEI DER TARNWIRKUNG BLIEB für mich nicht viel zu wünschen übrig. Das Muster funktioniert unter den gängigsten Anwendungen sehr gut, die Kontur des Jägers verschwimmt mit der Umgebung. Das immer gleiche Demorphing Muster gibt es in 4 verschiedenen Varianten. Für unsere Breiten ist meiner Meinung nach die Mountain Linie am besten geeignet. Der Hersteller bietet noch Woodland, Tundra für den Winter und Savanna für aride Zonen an. Wie bereits erwähnt halte ich die Farbvarianten generell für überbewertet - es zählt nur das Unsichtbarmachen der menschlichen Kontur.

von Markus Fuchs Die Angebotspalette wird dafür aber immer weiter ausgebaut – so gibt es nun auch Gesichtsmasken (Net Balaclava), Handschuhe, Gamaschen, Rucksäcke, Taschen und Capes. Die Verarbeitung ist hochwertig, der Tragekomfort gegeben und die Linien ansprechend – meine ehrliche Empfehlung.

EINIGE MODELLE DIESER LINIE sind sehr leise, andere leider nicht. Daher bitte unbedingt vorher ausprobieren oder im Fachhandel nachfragen. Eine weitere Problematik ist das Ausfransen mancher Modelle bei starker Belastung durch Dornen und Äste. Der Bogenjäger 5 / 2018



faszination wild

Argali Ovis Ammon

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ÜR UNSERE RUBRIK „FASZINATION Wild“ suchen wir beeindruckende Fotos. Und dieses Mal hat uns der norwegische Wildtier-Fotograf Jan Sievert Hauglid dieses Foto zur Verfügung gestellt, das eine Gruppe Riesenwildschafe in der Mongolei zeigt. So lautet die deutsche Bezeichnung des Argali Ovis Ammon aus der Familie der Wildschafe und diese trägt es zurecht. Bei einer Schulterhöhe von bis zu 135 Zentimetern und einem Lebendgewicht von bis zu 200 Kilogramm ist dieser Paarhufer auch ohne sein Gehörn beeindruckend. Die Hörner kommen bei alten Böcken bis zum Double Full Curl vor und drehen die Spitzen nach außen, was eine normale Spannweite von 75 Zentimeter und darüber hinaus ausmachen kann. Die abgerollte Hornlänge kann dadurch über 160 Zentimeter betragen. Das Gewicht des Schädels mit einem so kapitalen Gehörn, das an der Basis einen Umfang von etwa 40 Zentimetern hat, kann bis 22 Kilogramm betragen. Zu den größten Vertretern dieser Familie zählen die Marco Polo Argali im Pamir Gebirge. DIESE BEEINDRUCKENDEN Wildschafe leben in den gebirgigen Regionen in Kasachstan, Tadschikistan, Kirgisistan, der Mongolei, Tibets und Nepal bis nach Sibirien in Hö-

hen bis beinahe 6.000 Meter über dem Meeresspiegel. Die meisten Wildschafe setzen von März bis Juni ein einzelnes Lamm, Zwillingsgeburten kommen selten vor. Durch die extremen Witterungs- und Umweltbedingungen ist die Sterblichkeitsrate bei Jungtieren recht hoch, der Großteil der Schafe wird nicht älter als fünf Jahre. Wenige schaffen es bis zum „biblischen“ Alter von 13 Jahren. Wie alle Wildschafe sind auch die Argalis Herdentiere, die je nach Jahreszeit in größeren oder kleineren Verbänden leben. Ältere Böcke sind oftmals auch Einzelgänger. Ebenfalls gemein ist den Schafen des ägyptischen Gottes Amun, der mit einem Widdergehörn dargestellt wird, der ausgezeichnete Sehsinn. In deckungslosem Gelände ist die Annäherung auf Schussentfernungen selbst mit Feuerwaffen nicht immer einfach, mit dem Bogen ein wahres Meisterstück. AUS SICHT DES BOGENJÄGERS sind die Argali angesichts der teilweise geringen Vorkommen und vor allem aufgrund der exorbitanten Kosten einer solchen Jagd nur selten Ziel von Jagdreisen. Nur sehr, sehr wenige Argali wurden von Jägern in den letzten Jahrzehnten mit Pfeil und Bogen erlegt.

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d l i W n atio Der Bogenjäger 5 / 2018

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ausrüstung

ATA Show 2018

Mehr Präzision, mehr High-Tech VOM 11. BIS ZUM 13. JANUAR FAND IN INDIANAPOLIS, INDIANA, DIE GRÖSSTE FACHMESSE FÜR BOGENJAGD UND BOGENSPORT STATT – TREFFPUNKT VON HERSTELLERN UND EXPERTEN AUS DER GANZEN WELT. NEBEN DER EINFÜHRUNG NEUER PRODUKTE UND SPEZIELLER ANGEBOTE VON HERSTELLERN FÜR DIE HÄNDLER GIBT ES AUCH ZAHLREICHE SEMINARE UND VORTRÄGE ZU TECHNISCHEN FRAGEN AUS DEM BOGENSPORT UND WIRTSCHAFTLICHE TIPPS FÜR DIE ARCHERY PRO SHOPS. DIE EUROPEAN BOWHUNTING FEDERATION (EBF) WURDE „TRADITIONELL“ VON PRÄSIDENT ANDERS GEJER VERTRETEN. von Juha Kylmä (aus dem Englischen von Ernst Blajs)

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N DEN VERGANGENEN JAHREN werden tendenziell mehr Produkte bereits vor der ATA Show auf den Markt gebracht, was eigentlich schade ist. Dafür bekommt die ATA Show einen neuen Geschäftsführer: Der langjährige und verdienstvolle Präsident/ CEO Jay McAninch verlässt nach Jahren die ATA in den wohlverdienten Ruhestand und übergibt die Leitung Matt Kormann. Die Europäischen Bogenjagdorganisation EBF hat gleich am Beginn bereits gute Kontakte zum neuen CEO knüpfen können. Anders Gejer und ich konnten in einem Meeting die Situation der Bogenjagd in Europa präsentieren. Matt Kormann und seine Assistentin Jenifer Mazure haben zugesichert, auch weiterhin finanziell und wo auch möglich materiell

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die Europäischen Bogenjäger zu unterstützen und haben dafür einen beträchtlichen Sponsorbetrag, vor allem auch für die Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft im FACE, zur Verfügung gestellt. Auch Vertreter der Industrie haben sich erkundigt, wie man die Bogenjagd in Europa fördern könnte. Die Arbeit der Bogenjagdverbände in Europa wird honoriert. DAS TRADITIONELLE TREFFEN der beiden Europäischen Vertreter mit NBEF-Direktorin Marilyn Bentz und weiteren NBEF Vertretern verlief in einer positiven Atmosphäre. Bei dem Treffen wurde mitgeteilt, dass Alaska eine obligatorische Armbrust-Ausbildung eingeführt hat, die auch einen Schießprü-

fung beinhaltet. Der Theoriekurs kann online durchgeführt werden. DIE ATA SHOW HATTE 2018 mehr oder weniger innovative Produkte in Ausstellung. Dieses Jahr hat vor allem das wirklich innovative Bogenvisier A1i von Garmin großes Interesse hervorgerufen. Kernstück der neuen Technologie ist die Visierlinse und ein eingebauter Entfernungsmesser, der je nach gemessener Entfernung zum Ziel einen Laserpunkt auf die Linse projiziert, welcher das notwendige Haltemaß für die Schussdistanz berücksichtigt. Der Schütze hat also bei korrekt erfolgter Entfernungsmessung immer Fleckschuss und kann ohne Haltepunktkorrektur auf dem Zielpunkt bleiben. Selbst Der Bogenjäger 5 / 2018


Garmins neues Bogenjagdvisier A1i

NAP Mantis Bodenschirme für Bogenjäger

wenn das Ziel in Bewegung ist, kann man im Scanmodus den Laserpunkt automatisch nachjustieren. Das Visier hat auch eine Winkelkompensation, um bei Steilschüssen nach oben/unten die horizontale Schussdistanz zu ermitteln. Bei widrigen Wetterverhältnissen, wo die Laser-Entfernungsmessung eventuell nicht funktioniere würde, kann man voreingestellte Zielpunkte auf die Linse projizieren und das Garmin Visier wie ein herkömmliches Stachelvisier einsetzen. Das Gerät ist mit anderen Garmin-Geräten kompatibel und weist noch einige andere Funktionen auf. Es war sehr leicht zu bedienen und wirklich schnell in der Ermittlung von wechselnden Distanzen. Der Kaufpreis zwischen 800 und 1000 Euro wird zwar manche potentielle Kunden Der Bogenjäger 5 / 2018

abschrecken, ebenso auch die Tatsache, dass einige Staaten in den USA keine elektronischen Geräte am Jagdbogen zulassen. DER BOGENJÄGER WIRD IN DER nächsten Ausgabe in einem Praxistest zu klären versuchen, wie das Gerät bei dichterer Vegetation verlässlich bedient werden kann. Der sinnvollste Einsatz wird in offenem Gelände mit weiteren Schussdistanzen bei normalerweise gutem Schusslicht sein. Und natürlich wird diese neue Technik die Frage aufwerfen, ob es noch ethisch/waidgerecht ist, bei der (Bogen)Jagd derart fortgeschrittene technische Hilfsmittel zu verwenden. Aber auch diese Technik wird eine Tatsache nicht verhindern können, denn auf Bogenjagddistanz wird das

bejagte Wild dem Jäger meistens überlegen bleiben. EIN IN DER ENTFERNUNGSMESSTECHNIK auch innovatives, aber wesentlich günstigeres Produkt ist das neue IQ-Visier, welches auch die Messung von Entfernungen im gespannten Zustand erlaubt, sich aber sonst der herkömmlichen Stachelvisier-Technik bedient. Bei den Ansitzschirmen weißt die NAP Mantis Bodenschirm-Serie mit einer speziell für den Bogenjäger vorteilhaften höheren Front und zwei Modellgrößen einige Neuerungen auf. Die Öffnungen des Schirms sind mit einem Netz aus Gummibändern („Dragnet“) durchzogen um situationsangepasste Sicht-/Schussfenster kreieren zu können. Der 55


ausrüstung

Spezielle Bögen gibt es auch für Kinder

Aufbau mit der „Hub“ Technologie ist äußerst schnell und einfach. Spezielle Befestigungsschlaufen ermöglichen das Anbringen natürlicher Vegetation, um den Schirm perfekt verblenden zu können. Die Schirme sind sehr leichtgewichtig und transportabel. BEI DEN JAGDSPITZEN, Pfeilkomponenten wie Befiederung, Leuchtnocken, usw. gab es keine wesentlichen Innovationen. Die Auswahl ist aber auch auf diesem Sektor überwältigend. Bei den Jagdspitzen gibt es mittlerweile einige Hybridmodelle, bei denen eine herkömmliche zweischneidige Jagdspitze mit einer zweischneidigen mechanischen Klinge kombiniert wird. Auch weisen einige Jagdspitzen mittlerweile enorme Durchmesser von mehr als zwei Zoll (5 cm) auf. Das ist auch dem Umstand geschuldet, dass die Bögen und Pfeile immer effizienter werden und bei gleichbleibenden Zuggewichten mehr Penetrationsenergie erzeugen. Bei den Pfeilschäften gab es auch einige kosmetische Änderungen, der Easton Full Metal Jacket in den 4-, 5- und 6 mm Serien wird in Retro-Tarnmuster oder Solid Orange angeboten. Für besonders anspruchsvolle Kunden bieten manche Hersteller wie auch 56

der Platzhirsch Easton besonders hochwertige Pro-Schäfte der gleichen Serien an, die bis zu doppelt so viel kosten wie die zahlreichen Einstiegsmodelle am Markt.

Dieses Jahr hat vor allem Garmin mit seinem neuen Visier A1i eine wirkliche Innovation auf den Markt gebracht. Juha Kylmä

BEI DEN BÖGEN, NATURGEMÄSS die am stärksten vertretene Branche, gab es einige neue Anbieter und auch Neuerungen vor allem aber etliche Verbesserungen der bereits bekannten und bewährten Modellreihen. Tendenziell werden heuer „Speed-Bögen“ nicht besonders beworben, viele Hersteller betonen Präzision und Bogenmerkmale, die Schießfehler eher verzeihen. Eigenheiten, die man auf dem Papier nicht erkennen kann

und die der Bogenjäger nur beim direkten Probeschießen des Bogenmodells „fühlen“ kann. Vielen Bögen werden 2018 sogenannte „Split-Limbs“ verpasst. Sehr auffällig sind die bei etlichen Modellen stark verbreiterten Wurfarmtaschen. Zusammen mit einigen anderen Innovationen vor allem bei Cams (Prime) und Befestigung der Kabel an den Achsen/Wurfarmenden (Darton, Hoyt) Kabelbefestigungen erkennt man eindeutig die Bemühungen der Hersteller, das Verdrehen (sogenannter „Torque“) des Mittelstücks, der Wurfarme und Cams zu verhindern und damit die Präzision (vor allem mit feststehenden Jagdspitzen) deutlich zu verbessern. Jeder Hersteller präsentierte auch dieses Jahr ein „Flaggschiff“, Modelle die sehr hochwertig, aber mittlerweile auch sehr hochpreisig sind. Beim größten Hersteller am Markt ist es das Hoyt RedWRX Carbon Modell, Mathews stellt den Triax in die Auslage, der PSE Carbon Air Stealth EC rundet die mittlerweile auch gut vertretenen Modelle mit Carbon Mittelstücken ab. Prime, einer der Hersteller, die im Jagdsegment den Speed-Faktor runtergespielt und vorrangig auf Präzision und Gutmütigkeit seiner Bögen geschworen hat, bringt den Prime Logic auf den Markt. BowDer Bogenjäger 5 / 2018


tech baut weiter auf dem Binary Overdrive System und stellt den Realm vor, und der letzte große Hersteller im besonders teuren Preissegment, Elite, versucht mit dem preislich attraktiven Enlist neue Käuferschichten anzusprechen. Aber auch alle anderen Hersteller wie Obsession, Bear, Darton, XPedition, APA, Diamond und Parker haben nicht geschlafen und präsentieren neue oder Verbesserungen bestehender Modelle. Und teilweise zu deutlich günstigeren Preisen als das Hochpreissegment der großen Hersteller. Es ist verwunderlich, dass selbst nach so vielen Jahren in einer derart innovativen Branche noch immer Neuerungen beim Material und Design gefunden werden. BESONDERS FUTURISTISCH präsentieren sich auch die Modelle von Gearhead, und das ultrakompakte Model T20 (lediglich 20 5/8 Zoll Achse-Achse Länge) erinnert mehr an eine vertikale Armbrust als einen Compound-Bogen. Apropos Armbrust – dieser Sektor weißt sehr hohe Wachstumsraten auf, nicht zuletzt auch, weil etliche Staaten angesichts steigender Weißwedel-Bestände die Armbrust auch in der generellen Bogenjagdsaison zugelassen haben. Und eine Armbrust ist leichter und mit weniger Trainingsaufwand zu beherrschen als ein herkömmlicher Compound-Bogen. DER SEKTOR DER TRADITIONELLEN Jagdbögen (vorrangig Recurve) war wie in den Vorjahren nicht stark präsent, aber die bekannten Hersteller Bear, Hoyt, PSE und natürlich Black Widow waren vertreten. Einer der wenigen Anbieter von Langbögen war Der Bogenjäger 5 / 2018

Sämtliche „Stars und Sternchen“ der amerikanischen Jagdszene waren auf der ATA Show vertreten, wie Jim Shockey mit seiner Tochter Eva Shockey. die Firma Belcher Bows. Und natürlich gab es etliche andere interessante Zubehörartikel, die auf der Jagd sicherlich hilfreich sein können, aber nicht immer wirklich gebraucht werden. Diese allein würden eine Ausgabe von DER BOGENJÄGER mit Leichtigkeit füllen. Von Treestands und Treestand Zubehör, Fotofallen und Action Cams, Decoys, Bekleidung und Schuhwerk, sehr funktionellen Rucksäcken, Ausrüstung fürs Bogenfischen, Zubehör für den Bogensport, Lockmittel, Optik usw. war vieles vertreten, was es auf dem Markt käuflich zu erwerben gibt. Sehr interessant für Technik affine Jäger, aber manchmal auch etwas überwältigend in der Auswahl. Und dann waren da noch die „Hunting Bikes“, ein wahrer Augenschmaus vor allem für radbegeisterte Jäger. Der Trend scheint auch dem Umstand geschuldet zu sein, dass viele öffentliche Jagdgebiete in den USA mittlerweile für das Befahren mit motorgetriebenen Fahrzeugen gesperrt sind. Mit dem richtigen Zubehör und eventuell elektrobetrieben kann man damit schon weit entfernte Ansitzmöglichkeiten mit vertretbaren Mühen und Zeitaufwand erreichen. Aus Sicht der Volksgesundheit auch eine wahrer „Fortschritt“. 57


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Alternative zum Treestand FÜR DIE BOGENJÄGER, DIE REGELMÄSSIG IM SELBEN REVIER WAIDWERKEN KÖNNEN, STELLT SICH DIE FRAGE ALTERNATIVER ANSITZEINRICHTUNGEN. HANGON TREESTANDS ODER CLIMBER TREESTANDS SIND ALLSEITS BEKANNT UND WOHL JEDER JÄGER MIT PFEIL UND BOGEN HAT SIE IN VERWENDUNG. AUCH BEI DENEN, DIE FEUERWAFFEN VERWENDEN, WERDEN SIE IMMER BEKANNTER. SIND ABER AUCH JENE ANSITZEINRICHTUNGEN, DIE ÜBLICHERWEISE BEI DEN BÜCHSENJÄGERN VERWENDET WERDEN, FÜR DEN BOGENJÄGER BRAUCHBAR? von Thomas König

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CH VERWENDE SEIT ETWA ZWEI Jahren fast ausschließlich die mobile Metallleiter, den sogenannten „Ladderstand“, sowie eigens von mir und meinem Jagdkameraden Christian Heinz für die Bogenjagd errichtete Ansitzplattformen aus Akazienholz auf Bäumen. Die mobile Ansitzleiter hat eine Höhe von über fünf Metern und reicht somit meist bis in das erste Astwerk hinein, wo ausreichend Tarnung gegeben sein sollte, sofern man beim Ausschneiden für den Schussbereich nicht zu viele der Äste entfernt. Am besten geht das mit der Hilfe eines zweiten Jägers. Einer sitzt am Hochstand und der andere steht auf dem Platz, auf dem das Wild erwartet wird. Gegenseitig weisen sich nun die Jäger ein, welche Äste entfernt werden können und welche nicht. SEIT JAHREN VERWENDE ICH ausschließlich Modelle der Marke Askari. Die Aufstellzeit beträgt um die 10 bis 15 Minuten, sofern die Leiter zuhause vormontiert wurde. So kann die Leiter auf dem Dachträger, auch über weitere Entfernungen, transportiert werden. Im Revier werden nur mehr die drei Leiterelemente zusammengefügt, die Einrichtung an den gewünschten Baum gelehnt, die Mittelstrebe zum Baum hin befestigt und der Zurrgurt in Sitzhöhe ordentlich festgezogen. Mit einem Fahrradschloß sichere ich die Leiter gegen Diebstahl. Die „Gewehrauflage“ (Bügel) habe ich mit einem Dämmschlauch zur Geräuschtarnung überzogen. Wie vorhin erwähnt wäre der große Bügel (Gewehrauflage) laut Bedienungsanleitung schräg aufgrund der angeschweißten Schrauben bei den Armlehnen. Ich habe die nach Bauplan links zu montierende Armlehne rechts mon-

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tiert und die rechte Armlehne links, wodurch der große Bügel nun gerade nach vorne steht und der Bogen direkt vor mir auf diesem abgelegt werden kann. EIN BODYHARNESSSYSTEM sollte aus Sicherheitsgründen trotzdem verwendet werden, wobei ich zugebe, dass das irgendwie „Gürtel mit Hosenträger“ ist. Die mobile Leiter wird vom Wild meiner Erfahrung nach als nicht störend empfunden. Den Großteil der von mir im ungarischen Revier erlegten Stücke fiel durch einen Pfeil, der von einem Ladderstand aus abgeschossen wurde. Die Vorteile des Ladderstands liegen im schnellen Aufbau, anstrengungsfreien und im Vergleich zum Treestand einfachen Besteigen, der Bogenauflage und dem gemütlichen Sitz mit Armlehnen. Der Nachteil ist die fixe Ansitzhöhe, die ein genaues Anpassen an die optimale Ansitzhöhe des ausgewählten Baumes nicht erlaubt.

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bogenjagd legenden

Judd Cooney

Wissen über die Jagd vermitteln JUDD COONEY HAT KEINE WELTREKORDS-TROPHÄEN ERLEGT UND IST AUCH KEIN „SUPER SLAMMER“. TROTZDEM WURDE ER 2001 IN DIE BOWHUNTERS HALL OF FAME AUFGRUND SEINER VERDIENSTE ALS AUTOR AUFGENOMMEN. DURCH SEINE PUBLIKATIONEN WURDEN GENERATIONEN VON BOGENJÄGERN MIT WISSEN VERSORGT UND POSITIV BEEINFLUSST. SEIN LEBEN WIDMETE ER DER NATUR UND DER JAGD. Bogenjagd-Legende Judd Cooney mit einer Pronghorn-Antilope

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M 26. OKTOBER 1938 IN Luverne, Minnesota, geboren streifte Judd seit den frühen Jugendtagen in den Wäldern umher und erlegt dort bereits mit 13 Jahren seinen ersten Weißwedelhirsch. Von Beginn an jagte Judd generalistisch, genauso mit dem Bogen wie auch mit der Büchse, der Flinte, der Falle und mit der Kamera. Diese Leidenschaft, die später Teil seines Berufes werden sollte, lernte er von seinem Jugendfreund Jim Brandenburg, der für seine Tätigkeit als Naturfotograf für National Geographic Weltruhm erlangen sollte und in der selben Kleinstadt wie er aufwuchs. Cooney besuchte die Highshool in South Dakota und schloss mit einem Bachelor of Sience in Wildlife Management ab. Aus dieser Zeit ist überliefert, dass der Naturliebhaber einen gezähmten Fuchs als Mitbewohner in seiner Studentenbude hatte und aufgrund jagdlich bedingter Fehltage nur knapp positiv abschloss. WÄHREND SEINER ZWEIJÄHRIGEN Dienstzeit bei der Army war er für die Jagd- und

Fischereiangelegenheiten von Ford Carson verantwortlich. In dieser Zeit (um 1964) begann Judd seine ersten Artikel für ein Outdoor Magazin zu schreiben. Nach elf Jahren als Angestellter der Colorado Division of Wildlife als Conservation Officer entschied er sich als Outfitter, Hunting Guide und Autor zu arbeiten. Beinahe 50 Jahre lang veröffentlichte Judd Stories und Fotos in Magazinen wie Petersen‘s Bowhunting, Sportsmens‘s Bowhunting, Outdoor Life und vielen weiteren. Einige seiner über 400.000 Wild & Naturfotos zierten die Titelseiten dieser berühmten Publikationen. Er verbrachte in seinem Leben mehr Zeit bei der Jagd als mit Schlafen, wie er bei einem Interview launisch meinte. Judd jagte meist in den USA und ist dort mit allen großen jagdbaren Wildtierarten vertraut. EIN MEILENSTEIN FÜR DIE BOGENJAGD ist sein Buch „The Bowhunter‘s Field Manual“, in dem von Cooney die Eigenheiten und Bejagungsstrategien für jede einzelne Spezies akribisch, untermauert mit vielen Fallbeispie-

von Christian Heinz len, beschrieben wird. Judd war auch immer experimentierfreudig, besonders bemerkenswert sind seine Versuche des Lockens von Wildtieren. Einerseits mit Decoys – das sind Nachbildungen von Tieren, der Rufjagd und auch der Lockjagd mit Gerüchen um die Beute in Schussdistanz zu bringen. Bei der Jagd auf das klassischste aller amerikanischen Wildtiere, den Whitetail, brachte er es zur Meisterschaft. So umtriebig er im beruflichen Umfeld als Direktor mit 3 Amtsperioden der Outdoor Writers Association und Senior Member im Pope & Joung Club war, so bescheiden erscheint er im privaten Umfeld. Fotografische Abbildungen von Judd gibt es nicht viele. Über seine Erfolge als Autor sagt er selbst, dass er kein Professional Outdoor Writer ist, sondern ein Outdoorsman, dem es leicht fällt, über seine Erlebnisse und Erfahrungen zu schreiben. Judd war nie geizig, sein Wissen um die Jagd weiterzugeben, gefragt aber nach seinem persönlichen Rezept einer erfolgreichen Jagd sagte er: „Alles was du brauchst ist den Wind vor dir, die Sonne hinter dir und das Glück neben dir!“

Mitmachen erwünscht Wollen sie ihre Bogenjagderlebnisse mit Gleichgesinnten teilen, oder haben sie spezielles Fachwissen, das sie mit ihren Jagdkollegen teilen wollen, dann schicken sie uns ihre Texte/Fotos an: redaktion@der-bogenjaeger.at 60

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tipps Combo-Tragesystem

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ER ELEKTRONISCHE RANGEFINDER ist eine Erfindung, die die Jagd mit dem Bogen effizienter und präziser machte. Die Ermittlung von Schussentfernungen gleicht den Nachteil der gekrümmten Flugbahn eines Jagdpfeils ein wenig aus. Ob man im Vorfeld vor der Jagd die Meter zu markanten Punkten in der Umgebung des Ansitzes mit dem Rangefinder ermittelt oder vor der Schussabgabe die Entfernung zum Wild misst – der Griff zum Rangefinder muss blitzschnell, leise und mit minimalsten Bewegungen möglich sein. In manchen Jagdvideos fummeln Bogenjäger in einer Seitentasche oder Hemdtasche nach dem Rangefinder, um diesen nach der Messung wieder umständlich zu verstauen. Es gibt einige kommerzielle Tragesysteme, die die

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leichte Zugänglichkeit zum Rangefinder im Design integriert haben. Man kann aber auch mit einem Reserve-Fernglasriemen und Gummischlauch ein Tragesystem für den Rangefinder basteln, welches den Rangefinder knapp unter dem Kinn platziert. Diesen kann man mit minimalster Bewegung zum Auge bringen. Gepaart mit einem Schultertrageriemen für das Fernglas kann man beide Optiken jederzeit griffbereit und bequem verwenden. Dieses Tragesystem hält auch beide Optiken nah am Körper, so dass sie nicht zu sehr pendeln. Egal ob kommerzielle Lösung oder Marke Eigenbau – für den Bogenjäger lohnt es, sich im Vorfeld Gedanken darüber zu machen, wie man den Rangefinder immer griffbereit zur Verfügung hat.

Ernst Blajs mit seinem Combo-Tragesystem

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ausrüstung

Neue Releases für die Bogenjagd HAND HELD RELEASE VS. WRIST STRAP - AUF DIESE FRAGE GIBT ES KEINE EINDEUTIGE ANTWORT. OBWOHL JEDEM BOGENSCHÜTZEN DER BEGRIFF RELEASE ODER ZU DEUTSCH „MECHANISCHE LÖSEHILFE“ BEKANNT SEIN SOLLTE, HIER EINE KLEINE BEGRIFFSERLÄUTERUNG. DAS RELEASE ERMÖGLICHT DEM COMPOUNDSCHÜTZEN EINEN SEHR SAUBEREN UND IMMER GLEICHEN LÖSEVORGANG. DER PFEIL SCHNELLT VON DER SEHNE, OHNE NENNENSWERTE SEITLICHE ABWEICHUNG UND ERMÖGLICHT DAMIT EINEN SAUBEREN UND GERADEN PFEILFLUG. MAN UNTERSCHEIDET ZWISCHEN HANDSCHLAUFEN- RELEASE (WRIST STRAP) UND DEM HAND HELD RELEASE ODER AUCH TARGET RELEASE GENANNT. von Jürgen Krüger

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AS HANDHELD RELEASE WIRD mit drei oder vier Fingern gezogen und in der Regel mit dem Daumen gelöst. Die Ausnahme ist hier das Back-Tension-Release, das nicht mittels eines Abzuges, sondern durch einen bestimmten Bewegungsablauf bei der Erhöhung der Rückenspannung die Sehne frei gibt. Das Back-Tension ist etwas für erfahrene Schützen und für die Bogenjagd eher ungeeignet. Zur Bogenjagd wird hauptsächlich das Wrist Strap Release verwendet. Es ist mit einer Handschlaufe am Handgelenk befestigt und somit stets einsatzbereit. Der Lösevorgang erfolgt in der Regel über einen Auslöser (Trigger), der mit dem Zeigefinger betätigt wird und einem Abzug beim Gewehr sehr ähnelt. Egal ob Handheld oder Hand-

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schlaufen Release, der Trigger-Abzug sollte immer trocken stehen und der Abzugswiderstand muss einstellbar sein. Der Abzug ist das A und O beim Release. Hier gibt es keine Kompromisse. FÜR DIE JAGD GIBT ES NOCH ein paar weitere Kriterien, die erfüllt sein müssen: • Beim Einhaken in das Loop darf das Release keine Geräusche machen. • Es muss einfach zu bedienen sein, d.h. auch in der Dämmerung muss das Release quasi blind in das Loop einzuhängen sein. • Die Länge zwischen Schlaufe und Trigger muss variabel sein. • Und das Release muss unter allen Bedingungen (Regen, Schnee, Frost, Dreck,…) einwandfrei funktionieren.

Hand held-Release

Wrist strap

EIN RELEASE MIT EINEM OFFENEN Haken ist leise und bei den schlechtesten Lichtbedingungen zu bedienen. Ein am Handgelenk baumelndes Release kann hinderlich und nervig sein. Dafür gibt‘s spezielle Verbindungen zwischen Release und Schlaufe, die es ermöglichen, das Release nach hinten zum Unterarm zu kippen und zu fixieren. Wenn das Release fest und ohne Band an der Handschlaufe befestigt ist, muss es drehbar gelagert sein. Ansonsten entstehen Drehmomente, die die Präzision beeinträchtigen. REVOLUTIONÄRE NEUERUNGEN gibt es für 2018 nicht. Die Hersteller haben etwas am Design, Material, Haptik, usw. geändert. Die neuen Handschlaufen sind bequemer und besser zu fixieren. Der Bogenjäger 5 / 2018


Option, das Release mit 3 oder 4 Fingern zu ziehen. Die Position und der Weg des Triggers sind individuell einstellbar. Scotts Verbindungssystem ermöglicht eine individuelle Längenanpassung für jeden Bogenschützen. T.R.U. BALL SHORT N SWEET‘R - Das allseits beliebte Short-n-Sweet wurde im Jahr 2018 zum Short-n-Sweet‘R! Das leichtere und kleinere, röhrenförmige Short-n-Sweet‘R ermöglicht ein besseres Gleiten in der Hand und lässt sich leicht in den Ärmel stecken, wenn es nicht benutzt wird. Diese neue Short-n-Sweet‘R-Version hat den gleichen federleichten Trigger, der bei der Short-nSweet so beliebt war. Der Druck zum Lösen des Triggers lässt sich mit einer einzelnen Stellschraube individuell anpassen. Das Short-N-Sweet‘R hat einen offenen Haken, der schnell mit dem Loop verbunden ist. Das Release kommt entweder mit einem Schnallen- oder Klettverschluss. Beide verfügen über den neuen Cinch-Anschluss, ein mikroeinstellbares Gurtband, das in jeder gewünschten Länge arretiert werden kann. T.R.U. BALL EXECUTE - Das neue Execute von T.R.U. Ball in der Handgelenk-Version ist für ernsthafte Targetschützen und Bogenjäger gleichermaßen geeignet. Das Gehäuse aus vernickeltem Messing ist auch unter härtesten Bedingungen Korrosion- und Verschleißbeständig. Ein Release fürs Leben. Das Execute ist mit unabhängigen Einstellungen für Trigger-Weg und Trigger- Empfindlichkeit ausgestattet. Das Execute wird mit zwei Triggern ausgeliefert. Einen sogenannten „forward trigger“ und einen „relaxed trigger“. Der „forward trigger“ ist relativ kurz und hat eine gerade Form. Der „relaxed trigger“ ist etwas länger und geschwungen. Bei der Verbindung zur Handgelenksschlaufe kann zwischen einem Nylonband und der „Tornado Connection“ gewählt werden. PURSUIT - It’s the moment of truth. You’ve been chasing this all season. Don’t take chances with just any release. It’s not about trophies – it’s all about the Pursuit. So bewirbt Scott das neue Pursuit. Eine Kombination aus Handschlaufen- und Target-Release. Ergonomischer und komfortabler Griff mit der Der Bogenjäger 5 / 2018

DAS NEUE ECHO RELEASE - präsentiert Scotts neues HyperJaw-Design. Die Ingenieure von Scott haben hunderte Stunden damit verbracht, Dutzende von Geometriekonfigurationen zu entwickeln und zu testen. Das Endergebnis ist eine nie zuvor gesehene Release-Konstruktion. Die unabhängigen Backen arbeiten in perfekter Synchronisation miteinander. Dies beseitigt jegliches seitliche Drehmoment, das von Inkonsistenzen in der Schießform herrühren könnte. Das asymmetrische Design bietet eine unübertroffene Effizienz beim Öffnen der Backen. Das Roller Trigger System (RTS) sorgt für eine seidenweiche Auslöseaktion. Zum Patent angemeldetes Design unabhängiger Backen eliminieren das Drehmoment, Off-Center-Design bietet hohe Effizienz beim Lösevorgang, Roller-Trigger-System (RTS) für stufenlose, einstellbare Trigger-Aktion, separate Einstellung von Triggerweg und Kraft für eine Vielzahl von Einstellungen.

SCOTT LONGHORN HUNTER RELEASE. Die Antwort für Jäger, die ein Backtension-Release benutzen möchten. Patentierter Seilverbinder für stufenlose Längeneinstellung, austauschbare Daumenauflagen enthalten, ergonomisches Griffdesign, mikro-verstellbares Halterungssystem. Wird standardmäßig mit Scott‘s patentiertem, mikroeinstellbaren RCS-System und mehreren Positionierungslöchern für den Auslösehebel geliefert.

COBRA MOMENT - Cobra Archery‘s neues Hook Style Release! Moment. Das erste von Cobra Archery angebotene Hook Style Release. Cobra bewirbt es mit der Aussage: Built like a tank & shoots like a beast! Wer etwas Solides und Robustes sucht, ist mit dem Moment gut bedient. Das Cobra Moment wird mit brauner oder schwarzer Lederschlaufe geliefert. Der Kopf ist um 360° drehbar. Abzugsgewicht und Triggerweg sind voneinander unabhängig und fein einstellbar. Cobra Archery‘s New Hook Release! The Moment.

COBRA ACCOMPLICE. Ein ungewöhnliches Release. Der Mittel-, Ring- und kleine Finger greifen den gebogenen, nach unten zeigenden und der Daumen greift den noch oben zeigenden Bügel. D.h. das Release hängt nicht in der Handgelenksschlaufe, sondern wird mit der ganzen Faust umschlossen und der freie Zeigefinger betätigt den Auslöser. Aufgrund der Tatsache, dass das Release mit der ganzen Faust gegriffen wird, verspricht Cobra eine gefühlte Reduzierung des Zuggewichtes von 25 Prozent. Was wiederum zu einem sauberen Schießstil führt.

HOT SHOT IMPETUS RELEASE - Das Impetus ist für die Bogenjagd konstruiert. Es ist erhältlich mit einer schwarzer Schnalle oder schwarzem Klettverschluss. Vorteile: Die Längeneinstellung zwischen Handgelenk und Trigger wird durch 2 Imbusschrauben gesichert. Das Release kann nach hinten und zu allen Seiten (360°) gedreht werden. Vollständig einstellbare Abzugsspannung. Offenes Haken-Design für schnelles und einfaches Einhaken ins Loop. Geräuscharmes Betätigungssystem

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ausrüstung

Der fertige und mit Ausrüstung befüllte Bogenjagd-Koffer des deutschen Bogenjägers Alexander Helm, der diesen selbst entworfen und zusammen gebaut hat.

Aus der Not heraus:

Bogenjagdkoffer selbstgemacht, SEIT LANGEM SCHIEBE ICH MEINEN TRAUM, EINMAL IN NAMIBIA MIT DEM BOGEN ZU JAGEN, VOR MIR HER. IM MÄRZ 2017 BUCHTE ICH DANN ENDLICH MEINE JAGDREISE. ICH KANN NUR JEDEM BOGENJÄGER EMPFEHLEN, SICH VORAB DIE BEDINGUNGEN DER FLUGLINIE BEZÜGLICH TRANSPORT VON BÖGEN SCHRIFTLICH BESTÄTIGEN ZU LASSEN. DENN NACH NACHFRAGE BEI DER SERVICEHOTLINE DER AIRLINE WURDE MIR ZUGESICHERT, DASS MAN DEN BOGEN IM NORMALEN GEPÄCK TRANSPORTIEREN KANN BEI EINER GEWICHTSBESCHRÄNKUNG VON 20 KILOGRAMM. DIE GEPÄCKMASSE DÜRFEN DIE GESAMTKANTENLÄNGE VON 158 ZENTIMETER (LÄNGE X BREITE X HÖHE) NICHT ÜBERSCHREITEN. von Alexander Helm

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ER KUNSTSTOFF-Bogenkoffer mit einer Kantenlänge von mehr als 180 Zentimeter schied schon von vorn herein aus. Es musste also eine Bogenkoffer her, der leicht ist und die Kantenlänge einhielt. Ich ließ mir einen kleinen Bogenkoffer zusenden, der zwar von den Außenmaßen passte, jedoch meine verhältnismäßig großen Bögen nicht aufnehmen konnte. Der größte Compoundbogen hat eine Länge von 103 Zentimeter. Die 103 Zentimeter bilden somit das maximale Längenmaß. Es blieben dann nur noch 55 Zentimeter für die Höhe und Breite übrig, was sehr wenig ist. Also informierte ich mich im Internet über sogenannte Flight Cases. Doch

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die Abmessungen passten alle nicht. Außerdem waren die Gewichte dieser Boxen 10 Kiliogramm und mehr. Die Lösung: Eigenbau. Denn neben dem Bogen sollte auch die Kleidung darin untergebracht werden. DAMIT DIE AUSSENMASSE UND die Innenmaße optimal ausgenutzt werden konnten, wurde ein faltbarer Griff aus Gurtband montiert. Die Materialwahl fiel auf Aluminium L-Profile für den Rahmen, und Hartfaserplatten für die Wandungen. Die Hartfaserplatten kann man sich im Baumarkt winklig und auf Maß zuschneiden lassen, eventuell aus kostenlosen Mustermaterialien oder Abschnitten, die man passend vernieten/

verkleben kann. Die Aluminium- Profile kann man gut mit der Eisensäge zuschneiden. Bei Zuschneiden der Platten muss man auch die aufbauenden Maße (Kofferecken, Aluminiumprofile, Scharnierband, Stärke des Griffes, Spaltmasse, evtl. aufbauende Schlösser, etc.) berücksichtigen und diese vom Außenmaß abziehen. Eine genaue Skizze/Zeichnung des Koffers sollte man haben. Hier können die eigenen Ideen einfließen. DAS EXTERIEUR: DER KOFFERBAU selbst begann mit dem Zuschnitt der Platten und LProfile. Die L- Profile wurden auf Länge und auf Gehrung geschnitten. Begonnen wurde mit der Bodenplatte. Die L- Profile wurden Der Bogenjäger 5 / 2018


in Abständen von etwa 12 cm gekörnt. Anschließend wurden diese mit Schraubzwingen fest an die Bodenplatte fixiert und zusammen geschraubt. Nun begann das Vernieten. Wenn die Bodenplatte mit den L- Profilen verbunden ist, folgen die Seiten-, Vorder- und Rückwände. Der Deckel wir mit einem Scharnierband wie die L- Profile an die vorhandene Kiste genietet. Beim Deckel muss ein Spaltmass von 2 mm eingehalten werden, sodass später noch ein Öffnen und Schließen des Deckels möglich ist. Ist der Koffer soweit gebaut, können die Kofferecken entweder mit Montagekleber angeklebt oder mit erneuten drei Bohrungen in die L- Profile und Platten genietet werden. Um den Koffer verbindungssteifer zu gestalten, kann man in den Innenbereich U- Profile einkleben. Das Schloss und der Griff werden montiert. DAS INTERIEUR: SINNVOLL IST DIE Stützung der Deckelplatte zur Bodenplatte. In diesem Fall wurde das durch drei Stück Kunststoff- Rohre realisiert, die an der Vorderseite mit der Säge geschlitzt und nur auf die L- Profile aufgesteckt sind. Somit kann man sie entfernen oder verschieben, wenn zum Beispiel andere Bogenmodelle in den Koffer sollen. Die Pfeil-Halterung besteht aus zwei Holzleisten, die versetzt mit einem Sackloch bzw. mit einem Durchgangsloch im geringfügig größeren Durchmesser der Jagdpfeile gefertigt wurden. Mit kleinen Nägeln in den Holzleisten und Haushaltsgummis kann man die Pfeile fixieren. Die blanken Kanten können mit Kantenschutz ausgekleidet werden, empfehlenswert ist dennoch die Verwendung einer gepolsterten Compoundbogenhülle. Das Gewicht des Koffers beträgt 5,8 kg.

materialliste • Aluminium Profile L-Profil (25mm x 25mm / 3mm Materialstärke) • Aluminiumprofile U-Profil (5mm x 5mm / 3mm Materialstärke) • Hartfaserplatten (3mm stark) • Montagekleber • evtl. Holzleim • Kofferecken (8 Stück) • Scharnierband Der Bogenjäger 5 / 2018

• Griff (Griffband) • Schloss (Schwenkriegelschloss) • Kunststoffrohr (Stützen im Koffer) • Popnieten • Kantenschutz (aus Kunststoff / Gummi) • Gummis, um die Pfeile zu arretieren • Kleine Nägel • M8 Schrauben und Muttern (Griffbefestigung) • Holzleisten 65


ausrüstung

Der spanische Bogenjäger Pedro Ampuero setzt erfolgreich auf das Totalpeep, was ihm auf mehreren Jagden den Erfolg sicherte.

Totalpeep

Schießen mit dem Gartenschlauch TOTALPEEP – NEXT LEVEL BEI DEN ZIELHILFEN. MEIN FREUND JOAN CATALÁ ÜBERSANDTE MIR DIE MATTSCHWARZEN BOHNEN VON TOTALPEEP, UM SIE AN MEINEM BOGEN ZU TESTEN. ANFANGS WAR ICH RECHT SKEPTISCH WEGEN DER IMMENSEN BAUARTBEDINGTEN GRÖSSE UND BAND MIR DAS ERSTE IN 7/32“ RECHT LUSTLOS IN MEINE SEHNE. ABER SCHON BEI DEN ERSTEN SCHÜSSEN BEGANN ICH MEINEN „GARTENSCHLAUCH“, SO HATTE EIN BEFREUNDETER BOGENJÄGER MEINE ZIELHILFE SCHERZHALBER GENANNT, ZU LIEBEN. von Christian Heinz

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AS MACHT DENN DIESES PEEP so besonders? Erstens ist durch das Verhältnis der Bohrung zum Körper eine bessere Fokusierung des Schützen auf sein Ziel möglich, der breite Rand verhindert, dass das zielende Auge verschwommen die direkte Umgebung des Zielpunktes wahrnimmt. Zweitens ist aufgrund der rauen, mattschwarzen Oberfläche und des Einlasskonus auch das Schießen im Gegenlicht kein Problem. Eintretende Lichtwellen werden gebrochen und absorbiert. Ein Highlight ist die Unempfindlichkeit gegen Peep Rotation. Durch die Konstruktion des Ein- und Auslasskonus und des Zieltunnels kann das Peep bis zu 20 Grad im aufgezogenen Zustand verdreht sein und trotzdem ist ein Kreis und keine Elypse zu sehen. Das ist eine wirkliche Hilfe zur Vermeidung von seitlichen Abweichungen der Pfeilgruppierung wenn sich, bedingt durch Temperaturunterschiede, Dehnung oder mangelhafte Montage das Peep verdreht. Speziell bei sehr schlechten Lichtverhältnissen oder in der Nacht ist es für den Bogenjä-

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ger hilfreich, wenn er das Peep am gespannten Bogen in einer seitlichen Bewegung vor das Zielauge führt und durch den deutlichen Schatten des Peeps weiß, wenn er es in der richtigen Position vor dem Auge hat. DAS 2016 PATENTIERTE PEEP ist im Vergleich zu konventionellen Peeps schon um einiges schwerer, so schlägt beispielsweise das ¼“ Modell von G5 mit nur 6,5 grain zu Buche, das Totalpeep ist da mit 16,4 grain schon in einer anderen Dimension. Allerdings ist die Geschwindigkeitsreduktion durch diesen Umstand nicht gravierend. Ich habe auf Distanzen bis 36 Meter durch den Wechsel keine merkliche Verlagerung meiner Gruppen nach unten festgestellt. Lieferbar ist die Lochscheibe in 4 Größen von mächtigen ¼“ bis zu 1/32“ Visiertunnel. Ich habe dieses Peep nun seit mehreren Monaten auf meinem Elite Energy montiert und bei Jagden und Turnieren getestet. Ich kann nur Vorteile und keinen Nachteil erkennen. Deshalb ist dieses Produkt für mich eindeutig bogenjagdtauglich!

Der Korntunnel erscheint bei normalen Peeps durch Verdrehung oval.

Trotz Peep-Rotation zeigt der Korntunnel einen vollen Kreis. Der Bogenjäger 5 / 2018


Der Bogenjäger 5 / 2018

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ausrüstung

tipps Im Test: Fenix TK16

Eine Lampe für Bogenjäger

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INE (TASCHEN-)LAMPE GEHÖRT ZUM BOGENJÄGER wie Pfeil und Bogen oder Jagdmesser – fragt sich nur welche? Soll es eine Taschenlampe oder eine Stirnlampe sein? Leistungsfähig muss sie sein, am besten mit mehreren Leuchtstufen. Li-Ion-Akkus oder konventionelle Batterien? Wasserdicht, mindestens spritzwasserfest wäre gut. Kompakt und robust sind weitere Anforderungen. Durch Zufall bin ich auf die Fenix TK16 gekommen, eine Taschenlampe in Tactical Bauweise mit maximaler Lichtausbeute von 1000 Lumen. Beworben wird die Fenix TK16 mit dem Dual Tactical Tail Switch. Dieser Zweifachendkappenschalter ermöglicht eine „one-finger“ Bedienung. Ausgestattet ist die Lampe mit 4 Leuchtstufen und einem versteckten Strobo. Die matt glänzende schwarze Fenix TK16 ist in einem klar strukturierten Design gestaltet. Mit einer Länge von 140 mm und einem Gewicht von 122 g (ohne Batterien) ist die Lampe im mittleren Bereich anzusiedeln. Am Heck befindet sich der Zweifachschalter. Die Fenix TK16 wirkt kompakt, massiv und sehr robust. Das Batterierohr ist in einem griffigen, rutschfesten Design gehalten. Zusammen mit dem Wegroll-Ring bleibt die Lampe in jeder Lebenslage sicher in trockenen wie nassen Händen. Die Fenix TK16 ist mit einer Cree XM-L2 U2 LED in cool-white bestückt, die mittig eines glatten Reflektors zentriert ist. Die eingebaute Treiberelektronik holt aus der LED gemäss Hersteller 1000 Lumen und eine Reichweite von bis zu 240m raus. Zusätzlich erhältlich sind verschiedene Farbfilter-Aufsätze, in der Farbe Rot, Grün oder Blau. Durch einen solchen Filter wird das Wild unter Umständen weniger beunruhigt bzw. vergrämt. Der blaue Filter würde das Auffinden von Schweiss erleichtern. Für mich ist diese Lampe ideal für die Bogenjagd bei Nachsuchen etc. Gerade bei einer Nachsuche ist mir eine Lampe in Tactical Bauweise lieber als eine Kopflampe. Zum Aufbrechen wie auch für andere Tätigkeiten bevorzuge ich jedoch eine Stirnlampe, diese führe ich zusätzlich noch im Rucksack mit. Die Abstufung der Helligkeitsstufen ist für mich gelungen, zwischen Turbo mit 1000 Lumen und High 400 Lumen ist der Unterschied fürs Auge klar sichtbar. Den Sprung finde ich persönlich recht gross, aber 400 Lumen ist immer noch ein guter Wert für den „Dauerbetrieb“. 150 Lumen für Mid ist dann nochmals deutlich weniger. Ganz gut hat mir die Low Stufe mit 10 Lumen gefallen. Gerade im Low Modus empfinde ich viele Lampen zu hell. Das Leuchtergebnis gefällt mir gut. Der Preis der Fenix TK16 liegt um die 79,90 Euro. Michael Zehnder

The Total Bowhunting Manual (Field & Stream) (Englisch) Taschenbuch und ist im September 2015 erschienen. Der Preis liegt liegt zwischen 24,60 Euro (Amazon) und 6,77 Euro (Kindle-Edition).

The Total Bowhunting Manual

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IN BILDERBUCH FÜR ERWACHSENE - so ist der erste Eindruck zu diesem Buch, das von den Autoren des Field & Stream Magazine Scott Bestul und Dave Hurteau, zwei in der amerikanischen Bogenjagdszene wohl bekannten Vertretern ihrer Zunft, mit Liebe und Einfühlungsvermögen für den Einsteiger 2015 gestaltet worden ist. Bei der Jagd mit Pfeil und Bogen gibt es einen wahren Blumenstrauß an Themen und genau so bunt ist auch dieses Buch geworden. Beginnend bei Essencials zu Pfeil und Bogen über Tuning und Tipps zur Auswahl von Broadheads geht es weiter zum Training und Alles um das Schießen. Ein weiteres Kapitel ist mit 25 Seiten dem Thema Armbrust gewidmet, was einiges an interessanten Fragen auch für Bogenjäger anspricht. Im zweiten, großen Abschnitt werden praxiserprobte Tipps und Strategien von echten Bowhunting Cracks strukturiert und reich bebildert zum Besten gegeben. Die 261Kapitel sind auf knapp 110 Seiten kurz und prägnant, gut verständlich und witzig geschrieben. Obwohl auf den nordamerikanischen Kontinent gezielt, ist das meiste davon auch in unseren Breitengraden gültig. Das Buch kommt ohne Werbung für irgendwelche Marken aus und hat selbsterklärende Grafiken sowie, was mir besonders gut gefällt, viele Praxistests als Basis für die getätigten Aussagen. Dieses im Eigenverlag erschienene Nachschlagewerk in englischer Sprache für Anfänger und Pros sollte meiner Meinung nach in jedem Bogenjägerhaushalt liegen.

Die Fenix TK16 kann auch auf dem Bogen montiert werden - geltende Jagdgesetze beachten. 68

Der Bogenjäger 5 / 2018


Der Bogenjäger 5 / 2018

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gedanken eines bogenjägers

Ein Blick auf unser Bogenjagdjahr

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OGENJÄGER AUS DEN LÄNDERN Deutschland, Schweiz und Österreich haben das Problem, dass sie nur unregelmäßig mit dem Bogen zur Jagd gehen können. Damit ist die Lern- und Erfahrungskurve nicht gerade steil. Jede seltene Gelegenheit, mit dem Jagdbogen auszurücken, muss bestmöglich genutzt und vorbereitet werden. Ein Blick zurück auf das vergangene Jagdjahr und nach vorne auf die kommende Jagdsaison ist unter diesem Blickwinkel besonders hilfreich. WOHIN? ALS ALLERERSTES SIND DIE Suche und das Bewerten von Auslandsjagden wichtig. Unsere Revieraufenthalte mit dem Jagdbogen sollten gut genutzt werden, Reviere und Outfitter, die unsere Jagdart nicht verstehen und uns nicht gut betreuen können, verschwenden unsere wertvolle Zeit. Ich habe in unzähligen Jagdreisen mit dem Bogen sehr schöne, aber leider auch sehr viele schlechte Erfahrungen mit Jagdanbietern und Pirschführern gemacht. Eine genaue Recherche über Angebote, das Stöbern im Internet und das Studieren von Jagdmagazinen helfen, seriöse Jagdanbieter zu finden. Erfahrungsaustausch und Tipps von Bogenjägern sind besonders hilfreich. Nur ein Bogenjäger kann ein Revier hinsichtlich unserer speziellen Bedürfnisse beurteilen, ist der Outfitter selber Bogenjäger, umso besser. Auch die Wahl der Jahreszeit ist wichtig. Manche Jagdsaisonen auf bestimmte Wildarten oder Regionen sind eng vorgegeben durch Umstände wie die Brunft oder freie Plätze im Jagdhaus und mögliche Urlaubstage in der Firma. Viele Jagdmöglichkeiten bestehen aber über mehrere Monate im Jahr. Eigene Erfahrungen und Gespräche mit Jagdkameraden über besonders produktive Jagdmonate helfen hier weiter. Deutschsprachige Bogenjäger waidwerken viel auf Schwarzwild. Meine Erfahrung ist, dass Jagden im Frühjahr, besonders auf Überläufer, oft erfolgversprechender sind als im Spätherbst/Winter. Der starke Jagddruck der winterlichen Treibjagden ist ein paar Monate her, das Wild hat sich beruhigt 70

und ist im Frühjahr sehr aktiv. Und auf einer Schwarzwildkirrung schaut im Frühjahr auch gerne der eine oder andere Rehbock vorbei. In der Treib-/Drückjagdsaison bekommt man als Bogenjäger auch die eine oder andere Absage, da die Reviere viel Stress mit der Ausrichtung großer Gesellschaftsjagden haben. Auch Jagden ins ferne Ausland sollten lange im Voraus geplant werden, Referenzen eingeholt und Vorbereitungen getroffen werden. MIT WELCHER AUSRÜSTUNG? DA WIR mit unserem Bogenjagdequipment nicht so regelmäßig ins Revier können, ist es umso wichtiger, sich genau zu notieren, welche Dinge in der vergangenen Jagdsaison nicht gut funktioniert haben, und mit welchen Änderungen an der Ausrüstung wir erfolgreicher sein könnten. Auch der Besuch von 3D Parcours, die man jagdlich simulierend durchschießt, sind für diesen Zweck hilfreich. War das Bogenzuggewicht passend gewählt, um im kritischen Moment den Bogen unbemerkt aufziehen zu können? Oder haben wir die seltene Chance auf einen guten ungarischen Rehbock mit unseren Verrenkungen beim Auszug des „Macho-Bogens“ vergrämt? Wenn ja, wäre jetzt die Zeit das Bogenzuggewicht zu reduzieren und eventuell auf neue (weniger steife) Pfeilschäfte umzusteigen. Auch die Visierung muss man unter dem Aspekt Jagdpraxistauglichkeit evaluieren, ist das Peep groß genug und sind die Pins richtig beleuchtet, um den spät anwechselnden Schwarzkittel sauber erfassen zu können? Schießt man lediglich mit dem Ziel-Auge geöffnet, so sollte man unbedingt in Betracht ziehen, auch das nicht zielende Auge offen zu lassen. Manche Bogenjäger sind sich nicht bewusst, um wie viel länger und leichter man mit einem solchen Schießstil in der Dämmerung jagen kann. Fast jeder Schütze kann das mit etwas Übung erlernen. Der jagdliche Vorteil ist enorm. Ein genauer und kritischer Blick auf alle Komponenten des Bogens und Zubehörs sollte jene Dinge erkennen lassen, die man vor dem Aufgang des nächsten Jagdjahres unbedingt austauschen oder

reparieren lassen sollte. War man mit dem Jagdrelease wirklich zufrieden? Und man sollte auch kritisch hinterfragen, ob man mit der Performance des Jagdpfeils und dem erzielten Pfeilflug vollends zufrieden war. Sind unsere Pfeile eventuell zu leicht oder die Jagdspitze nicht an unser Equipment angepasst um die erwünschte Penetration für einen Durchschuss zu erzielen? Auch der Bekleidung müssen wir Bogenjäger mehr Aufmerksamkeit widmen, hier sind die ersten Bogenjagderfahrungen oft ein richtiges Aha-Erlebnis. Besonders in der kalten Jahreszeit ist der Ansitz bei der Bogenjagd eine Herausforderung, da man sich auf einem Treestand ruhig verhalten muss und wenige Bewegungsmöglichkeiten hat. Deshalb wäre hier Sparen am falschen Ort kontraproduktiv. NACH EINER JAGDREISE HAT DER Bogenjäger viele Erinnerungen, die man aber im Gegensatz zu Fotos leider nicht zeigen kann. Besonders im Falle eines Jagderfolges sollte man eine mentale Checkliste haben, um in jeder Situation ansprechende und würdige Fotos von der Jagd machen zu können. DER BOGENJÄGER wird in der nächsten Ausgabe einen Artikel über „jagdliches Fotografieren“ bringen. Und eine Sache sollte man sich nach Ablauf einer Jagdsaison immer fragen – haben wir im Revier und bei unseren Jagdreisen Entspannung und Freude empfunden? Sind wir mit unserem Verhalten und unseren Reaktionen auf bestimmte jagdliche Situation mit uns im Reinen? Haben wir uns gründlich und verantwortungsvoll vorbereitet, wie es unsere herausfordernde Jagdart erforderlich macht und entsprach unsere körperliche Fitness den jagdlichen Anforderungen? Fragen über Fragen suchen unsere ehrlichen Antworten und aus den Rückschlüssen können wir besser vorbereitet die kommende Jagdsaison gehen. Wir wissen nicht, wie viele noch vor uns liegen. Verschwenden wir keine Zeit, sondern machen wir das Beste aus unseren Möglichkeiten. Und genießen die schönen Momente mit dem Jagdbogen in der Hand meint, Ihr Bogenjäger Der Bogenjäger 5 / 2018




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