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Wer hat’s erfunden?
Die Verordnung zum Schutz vor schädlichen Wirkungen nichtionisierender Strahlung bei der Anwendung am Menschen (NiSV) trat in Deutschland zu überwiegenden Teilen am 31. Dezember 2020 in Kraft. In der Schweiz sind Behandlungen zu kosmetischen Zwecken mit nichtionisierender Strahlung und Schall durch ein Bundesgesetz sowie eine dazugehörige Verordnung (V-NISSG) seit 1. Juni 2019 neu geregelt. Rechtsanwalt Stefan Engels erklärt die wichtigsten Punkte der Verordnungen und macht den Ländervergleich.
Am 31. Dezember 2020 trat die „Verordnung zum Schutz vor schädlichen Wirkungen nichtionisierender Strahlung bei der Anwendung am Menschen“ (kurz: NiSV) zu überwiegenden Teilen in Kraft.
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Die Verordnung enthält allgemeine Anforderungen an den Betrieb von Anlagen, die nichtionisierende Strahlung aussenden und zu kosmetischen oder sonstigen nichtmedizinischen Zwecken am Menschen eingesetzt werden. Außerdem enthält die Verordnung Anforderungen an die Qualifikation von Personen, die nichtionisierende Strahlungsquellen einsetzen (Fachkunde). Seit dem 1. Januar 2023 darf nun nach Inkrafttreten der letz- ten Stufe eine Vielzahl von Geräten nur noch mit einem Fachkundenachweis genutzt werden.
Starke, hautverletzende Laser zur Entfernung von Permanent Make-up und TätowierungensowieVerfahrenzurFettreduktiondürfenbereitsseitdem31.Dezember 2020 nur noch von approbierten Ärzten mit entsprechender ärztlicher Weiterbildung oder Fortbildung angewendet werden, sogenannter Ärztevorbehalt (§ 5 Abs. 2, § 6 Abs. 2, § 8 NiSV)
Erstmals normativ geregelt
Durch die NiSV wurde vom deutschen Gesetzgeber erstmals überhaupt der Zugang zu apparativen kosmetischen
Dienstleistungen normativ geregelt. Ausweislich seines Namens ein reines „Strahlenschutzgesetz“, wurden hierbei jedoch auch gleich „benachbarte“ Technologien miteinbezogen, die gar keine optische oder elektromagnetische Strahlung abgeben.
Magnetfelder oder Ultraschall sind hierfür zwei gute Beispiele: Während Magnetfelder schon rein physikalisch nicht zu den Strahlungen gehören, stellt auch UltraschallalsDruckwellekeineStrahlungdar; dennoch wurden sowohl Magnetfelder als auch Ultraschall – anscheinend wegen deren gefahrgeneigten Risikopotenziale – in die NiSV mit aufgenommen. Vor diesemHintergrundergebensichfürKosmetikinstitute die nachfolgenden drei Pflichten:
1. Anzeigepflicht des Betreibers gemäß § 3 Abs. 3 NiSV, sofern diese dem Regelungsumfang der NiSV unterfallenden Geräte:
| zu kosmetischen oder anderen, nichtmedizinischen Zwecken
| sowie gewerblich oder im Rahmen sonstiger wirtschaftlicher Unternehmungen eingesetzt werden
| und zudem die jeweiligen Geräte die technischen Parameter des § 2 Abs. 1 NiSV erfüllen. Die zuständige Behörde zur schriftlichen GeräteanzeigevariiertvonBundeslandzu Bundesland, ist jedoch häufig die Gewerbeaufsicht. Einen vollständigen Überblick finden Sie unter: www.bmuv.de/ themen/atomenergie-strahlenschutz/ strahlenschutz/nichtionisierendestrahlung/kosmetische-anwendungnichtionisierender-strahlung/vollzug-dernisv
Betroffene Anwendungen
Bei Unklarheiten bezüglich der Art beziehungsweise der Eigenschaften eines verwendeten Geräts empfiehlt sich die schriftliche (!) Nachfrage beim Hersteller!
2.Fachkundenachweispflicht entsprechend Anlage 3 (zu § 5 Absatz 1, § 6 Absatz 1, § 7 Absatz 1 und § 9 Absatz 1) NiSV:
Personen, die unter die NiSV fallende Geräte am Menschen anwenden, müssen grundsätzlich über eine Fachkunde verfügen.
| Anwender, die eine Kosmetikausbildung mit staatlich anerkannter/geprüfter Ausbildung absolviert haben oder über eine fünfjährige Berufspraxis im Kosmetikbereichverfügen,müssennur einen Teil der Schulungen belegen. Die Nachweispflicht der Fachkunde ist ab dem 31. Dezember 2022 erforderlich!
3.Dokumentationspflicht:
Der Betreiber einer NiSV-relevanten Anlage muss für diese eine Dokumentation erstellen, die im Betrieb vorzuhalten und nach der letzten Nutzung der Anlage drei Jahre aufzubewahren ist. Die Dokumentation muss wiederum weitere Angaben, Daten und Belege enthalten.
Ein
(rechts-)vergleichender
Blick über die Grenze: unser Nachbar Schweiz
Auch die Schweiz hat durch ein Bundesgesetz aus dem Jahr 2017, das zum 1. Juni 2019 in Kraft getreten ist, sowie eine dazugehörige Verordnung (V-NISSG) Behandlungen zu kosmetischen Zwecken mit nichtionisierender Strahlung und Schall neu geregelt. Insbesondere die Verordnung entstand – und das ist durch-
Betroffen sind Betriebe, die folgende Anwendungen einsetzen:
| Lasereinrichtungen und intensive Lichtquellen, zum Beispiel zur dauerhaften Haarentfernung
| Hochfrequenzgeräte, zum Beispiel zur Faltenglättung oder Fettreduktion
| Anlagen zur elektrischen Nerven- und Muskelstimulation (zum Beispiel zum Muskelaufbau in Sportstudios) und zur
| Magnetfeldstimulation (zum Beispiel Magnetfeldmatten)
| Anlagen zur Stimulation des Zentralen Nervensystems, zum Beispiel Hirnstimulation zur Leistungssteigerung
| Ultraschallgeräte, beispielsweies Ultraschall-Babykino sowie Magnetresonanztomografie auserwähnenswert–unterEinbeziehung und tatkräftiger Mitarbeit von sechs Berufsverbänden.
Danach dürfen die in der Verordnung aufgelisteten Behandlungen ab dem 1. Juni 2024 (Übergangsfrist: fünf Jahre) ebenfalls nur noch mit einem Sachkundenachweis durchgeführt werden. Bis Redaktionsschluss gab es in der Schweiz schon 51 Personen mit Sachkundenachweisen, die öffentlich von jedem in diesem Register eingesehen werden können: www. gate.bag.admin.ch/mpl/nissg/ui/msb/ person/search
NiSV versus V-NISSG
Anders als in Deutschland haben sich die Eidgenossen in ihrer Verordnung primär an den Behandlungen orientiert, bei denen die Apparate jeweils zum Einsatz kommen, wie auch bei den sieben verschiedenenSachkundenachweisendeutlich wird:
1 Akupunktur mittels Laser
2 Entfernung von Haaren mittels Laser
3 Entfernung von Haaren mit hochenergetisch gepulstem, nichtkohärentem Licht (IPL)
4 Entfernung von Permanent Make-up und Tätowierungen mittels Laser
5 Behandlung von Akne, Falten, Narben, postinflammatorischer Hyperpigmentierung, Striae sowie Couperose, Blutschwämmchen und Spinnennävi, die kleiner als oder gleich 3 mm sind
6 Behandlung von Cellulite und Fettpolstern
7 Behandlung von Nagelpilz
Ungeregelte Technologien und Ärztevorbehalt
Vergleicht man die deutsche NiSV mit der schweizerischen V-NISSG, so wird deutlich, dass in der Schweiz auch Technologien erfasst werden, die in Deutschland (bisher noch) gänzlich ungeregelt blieben. Allen voran seien hier die kältebasierenden Technologien wie Kryolipolyse, Kältesauna und Cryopens erwähnt, denn all diese Verfahren werden auch bei kosmetischen Dienstleistern angewendet, ohne dass es hier eine Meldepflicht gibt noch ein Fachkundenachweis gefordert wird. Mit Blick hierauf drängt sich der Verdacht auf, dass diese Technologien vom