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Illegalem Holz auf der Spur
by Der Spatz
Der Handel mit tropischen Hölzern aus dubiosen Quellen ist äußerst lukrativ. Importbeschränkungen werden oft umgangen.. Ein Wissenschaftsinstitut kommt Schmugglern und Fälschern auf die Schliche – mit Säge und Mikroskop. // Hartmut Netz
Dreieckiges Stahlblatt, zweifach genieteter Holzgriff – ein Spachtel aus dem Baumarkt, wie ihn vermutlich fast jeder in der Werkzeugkiste hat. Der rotbraune, seidig schimmernde Griff ist als „Massivholz“ ausgezeichnet. Eine etwas wolkige Angabe, die sich im Labor des Thünen-Instituts für Holzforschung als durchaus richtig herausstellt. Das Problem: Es handelt sich um Bubinga-Holz, das von Guibourtia-Bäumen aus dem tropischen Afrika stammt. Diese Baumgattung, die bis zu 50 Meter hoch wächst, steht auf der Roten Liste gefährdeter Arten und ist seit Anfang 2017 streng geschützt.
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Mit Fällen wie diesem hat das Thünen-Institut täglich zu tun. Denn es ist weltweit die erste Anlaufstelle, wenn es darum geht, Holzarten und deren Herkunft zu bestimmen. Pro Jahr bekommt das Hamburger Institut rund 25.000 Proben aus aller Welt zugeschickt. Ob Schneidbrett, Parkettboden, Musikinstrument oder Spanplatte – der Import von Holzprodukten ist in Europa gesetzlich beschränkt. „Drei Viertel unserer Prüfaufträge kommen aus dem Holzhandel“, berichtet Gerald Koch, der die Abteilung für Holzqualität leitet. Die Auftraggeber, darunter Discounter, Möbelhausketten sowie Bau- und Gartenmärkte, wollen sichergehen, dass in den Produkten, die sie ins Sortiment nehmen, auch tatsächlich die deklarierten Hölzer stecken.
Holz-Fahndung im Labor
Denn im internationalen Holzhandel ist Tricksen und Täuschen an der Tagesordnung. Das spiegelt sich auch in der Bilanz des Thünen-Instituts: Etwa ein Viertel der Testobjekte sei falsch deklariert oder mit lückenhaften Angaben versehen, sagt Koch. Ob ein Holzprodukt den EU-Importregeln und den ArtenschutzBestimmungen entspricht, stellt der studierte Holzwirt im Labor fest, wo sich auf Arbeitstischen die Prüfmuster stapeln – allesamt angesägt oder durchlöchert. Um herauszufinden, aus welchem Holz beispielsweise ein Messergriff besteht, wird ein Span davon zunächst weichgekocht und dann in hauchdünne Scheiben geschnitten; so dünn, dass sich unter dem Mikroskop die Zellstrukturen in aller Genauigkeit erkennen lassen. Meist ist spätestens jetzt klar, um welches Holz es sich handelt. Wenn nicht, sucht Holzfahnder Koch in der institutseigenen Xylothek, einer wissenschaftlichen Holzsammlung, in der mehr als 11.000 Holzarten von Abura bis Zypresse mit Mustern dokumentiert sind.
Hölzer aus illegalem Einschlag dürfen seit 2013 weder in die EU importiert noch dort vermarktet werden. Wer Holzprodukte einführt, muss Art und Herkunft des Rohholzes lückenlos nachweisen. So steht es in der EU-Holzhandelsverordnung, deren Einhaltung von den Behörden der Mitgliedsstaaten überwacht wird. Umweltverbände kritisieren die Kontrollen jedoch als zu lasch. Zudem lassen die EU-Regeln bislang Ausnahmen zu, die selbst für einen ausgewiesenen Experten wie Gerald Koch manchmal nicht nachvollziehbar sind. Beispielsweise bei Gartenmöbeln: Für den Tisch einer Terrassen-Garnitur sei ein Art- und Herkunftsnachweis Pflicht, berichtet Koch: „Für die dazugehörigen Stühle dagegen nicht.“ Auch Produkte wie Bücher, Spielzeug oder Musikinstrumente fallen unter die AusnahmeRegelung. Ebenso der Holzspachtel aus dem Baumarkt.
Begehrt im Möbel- und Instrumentenbau
Doch wo sich EU-Recht als zahnloser Tiger entpuppt, greift das Washingtoner Artenschutz-Abkommen Cites, das nicht nur gefährdete Tierarten, sondern auch vom Aussterben bedrohte Pflanzenarten schützt. Das Abkommen, dem bis heute 183 Staaten beigetreten sind, listet einige hundert besonders gefährdeter Baumarten, darunter afrikanische Rosenhölzer, über 250 Palisanderhölzer und die Ebenhölzer Madagaskars – allesamt äußerst begehrt als Edelmaterial im Möbel- und Musikinstrumentenbau. Gelistete Hölzer dürfen nur mit vorheriger behördlicher Genehmigung gehandelt werden. Doch die Beschränkungen würden häufig umgangen, berichtet Nabu-Tropenwald-Experte Tom Kirschey: „Die Kontrollmechanismen funktionieren in tropischen Ländern nicht so, wie sie sollten.“
Das Problem: Die Gewinnspannen im illegalen Holzhandel sind ähnlich hoch wie im Drogenhandel. Auch die Praktiken sind vergleichbar: Es werden Dokumente gefälscht, Beamte bestochen und ganze Wälder ohne Genehmigung abgeholzt. Etwa 15 bis 30 Prozent des global gehandelten Holzes stammt aus illegalem Einschlag, schätzt die Polizei-Organisation Interpol. In den Tropenholz-Regionen am Amazonas, in Südostasien und in Zentralafrika sollen es sogar bis zu 90 Prozent der Holzernte sein. In einem Land wie beispielsweise der Demokratischen Republik Kongo, das laut Transparency International eines der korruptesten der Welt ist, dürfte es nicht allzu schwer sein, eine „legale“ Konzession zu bekommen.
Grillen mit Tropenholz
Auf dunklen Wegen wie diesem gelangt illegales Tropenholz in die EU und in die Regale hiesiger Handelsketten. Als Bilderrahmen, Buchstütze, Küchenutensil – oder gar als Holzkohle. Fast 90 Prozent der in Deutschland vergrillten Kohle wird importiert – über 30.000 Tonnen pro Jahr allein aus Nigeria. Für das westafrikanische Land ist Entwaldung zum zentralen Problem geworden. Nach Angaben der Welternährungsorganisation FAO gehen dort jedes Jahr 410.000 Hektar Wald verloren – mit fatalen Folgen für Klima und Artenvielfalt. Das dürfte den meisten Deutschen unbekannt sein. Sonst müssten ihnen die Grillwürstchen im Halse stecken bleiben.
Regeln für Privatverkäufe EU-Importregeln und Artenschutz-Bestimmungen gelten auch für Privatleute. Wer also auf Ebay endlich die verstaubte Gitarre vom Dachboden verkaufen will, benötigt, so das Instrument aus einer geschützten Tropenholzart gefertigt ist, eine Vermarktungsgenehmigung. Zudem muss das Alter der Gitarre nachgewiesen werden. Eine Liste geschützter Hölzer lässt sich aus dem Internet herunterladen: www.bfn.de/sites/default/files/2022-01/Liste%20der%20 gesch%C3%BCtzten%20Holzarten-22.pdf.