Trier Univers.city Auf dem Weg zur kreativen Stadt
2
Trier univers.city
... ist ein vom Campus für Gestaltung an der Verschränkung und werkkunstpädagogischen Hochschule Trier zusammen mit seinen Studie- Programmatik immer auch wieder Impulsgeber renden initiiertes offenes Format. Es ist entstan- für Modernisierungen war, die durch den techden aus den Ideen, die sich mit den Konzepten nologischen Wandel und im gesellschaftlichen von „open innovation“, „open university“ und Fluss der Zeiten gefordert waren. „open city“ verbinden. Die Überlagerung und Durchdringung dieser Konzepte eröffnet ein „Ewige Unruhe – 100 Jahre Paulusplatz und Handlungs- und Gestaltungsfeld, in welchen mit mehr!“ – aus diesem Jubiläumsanlass wird das Veranstaltungen und Ausstellungen, Aktionen Potenzial von trier univers.city mit einer exempund Interventionen, Laboratorien und Projekt- larischen Projektauswahl belegt und mit diesem entwicklungen nachhaltige Wechselwirkungen kleinen Booklet medial begleitet. Entlang eines zwischen Hochschul- und Stadtentwicklung an- Weges, der zehn Stationen über den Campus geregt werden. verteilt, werden Konzepte, Entwürfe aber auch einsatzfähige Designentwicklungen oder seit lantrier univers.city ist auf Offenheit, Teilha- gem interregionale und internationale kulturelle be und Mitwirkung angelegt. Dahinter steht die Praxis präsentiert, die aus dem Fachbereich GeÜberzeugung, dass Trier auf dem Weg zu einer staltung in die Stadt, die Region und Großregion kreativen Stadt und vitalen Region umso besser hineinwirken wollen und hierfür wertvolle Anvorankommen wird, wenn die lebendige Ver- regungen geben. Über die konkreten Vorschläge schränkung von Kultur- und Bildungsinstituti- dieser Beiträge hinaus gilt es aber, noch etwas anonen, von Wirtschaft und Politik mit dem Lern- deres zu kommunizieren: trier univers.city ist als und Erlebnisort Stadt und – nicht zuletzt – aus eine unabgeschlossene und offene Initiative nach ihrer Bevölkerung heraus immer wieder neue vielen Seiten anschlussfähig. In diesem Sinne Impulse erhält. Ohne Zweifel können hier die fungiert trier univers.city als ein Claim, der wie Hochschulen gerade in einer Stadt wie Trier eine ein Fächer vielseitig entfaltet werden kann, dawertvolle Rolle spielen. Mit seiner zunehmenden mit unterschiedlichste Kompetenzfelder zusamEntwicklungsdynamik zum Campus für Gestal- menzuführen und diese auch in verschiedenste tung am Moselufer wird der Fachbereich Gestal- Richtungen möglicher und sinnvoller Hochschultung damit selbst Bestandteil urbaner Entwick- und Stadtentwicklung zu lenken vermag. Der lung. So wie schon das traditionsreiche Gebäude Weg hin zur kreativen Stadt ist dabei nur eine der früheren Handwerker- und Kunstgewerbe- von vielen Optionen, die im Zusammenwirken schule am Paulusplatz in seiner stadträumlichen von Hochschule und Stadt angeregt werden kann.
3
auf dem weg zur kreativen stadt
4
Damit der allseits zu beobachtende Hype um die „kreative linäres Lernen und Experimentieren zwischen den beiden Stadt“ oder die „städtische Kreativität“ nicht ins Leere läuft, Hochschulhügeln, auf der Talsohle in Moselnähe gelegen, ist die Frage nach den Bedingungen zu stellen, welche für eine zukunftsweisende Nutzung zugewiesen. An der ersten die Herausbildung von Kreativität – und ihrem Gefolge: die Station des Rundgangs, Orte und Potenziale, werden die EntMöglichkeit für das Entstehen einer Innovationskultur im wurfsergebnisse umfangreich dargestellt. Umgang mit dem urbanen Raum – günstig sind. Damit das noch Junge und Neue schließlich auch wirksam werden kann, Geografische Grenzen und soziografische Schichtungen ist der Aufbau von produktiven Spannungen, die Profilierung sind für Identifikation kreativer Milieus gleichermaßen esvon Systemdifferenzen, die Erzeugung von Vielfalt und Kom- sentiell wie die der Orte, deren Identität durch Abgrenzung plexität, das Zulassen von Störungen und Widerspruch ohne überhaupt erst entsteht. Ohnehin lässt sich der kreative ProZweifel für die Entfaltung eines Raums konstitutiv, in dem zess als die Überwindung von Schranken, also als die Hersich kreativer Eigen- und Möglichkeitssinn beheimaten kann. stellung von Kommunikation und Kooperation zwischen verschiedenen Kulturen einigermaßen treffsicher beschreiben. Auf den folgenden, die Ausstellung „trier univers.city – In diesem Kontext wird das aus dem Fachbereich Gestaltung auf dem Weg zur kreativen Stadt“ begleitenden Seiten wird hervorgegangene und beispielhaft für eine Kultur kreativer nun mit zehn Stationen ein Aktionsfeld umrissen und mit Grenzüberschreitung agierende Cross-Border-Network of of ausgewählten Projekten belegt, innerhalb dessen sich ein History and Arts an der zweiten Station im Deutungszusamkreatives Klima durch jeweils unterschiedliche Wechselwir- menhang von Grenzen und Übergängen präsentiert. kungen zwischen Hochschule und Stadt ausbreiten und verstärken kann. In urbanen Kontexten gedacht ist hierbei zu alDie dritte Station steht unter der Überschrift Gedächtnis lererst der wichtigste Speicher für das kreative Kapital einer und Erinnerung und ist mit der vorangegangenen Etappe eng Stadt zu nennen: Das sind ihre besonderen Orte! Dabei ste- verbunden. Der gemeinsame Nenner ist hier die europäische hen aber gar nicht die besonders prominenten Orte mit ihren Geschichte, die in vielfacher Weise identitätsbildend wirkt. Mit abgesicherten Bedeutungen und Funktionen im Vordergrund. der Veröffentlichung einer in der Fachrichtung Intermedia DeVielmehr geht es um vergessene oder verlorene Orte, die aber sign entwickelten, voll funktionsfähigen Mobile-Media-App ein erhebliches, unausgeschöpftes Potenzial für Kreativitäts- zum Auffinden von Stolpersteinen wird Erinnerungskultur entwicklung, für wirtschaftliche wie auch für soziale und ur- mit medialen Mitteln vor Ort zu einer anrührenden Naherbane Innovationen bereithalten. fahrung verdichtet. Dieser Aufruf des kulturellen Gedächtnisses der jüngsten Vergangenheit ist aber ebenso in die Zukunft Die frühere Lokrichthalle in Trier-Euren steht beispiel- gerichtet; denn angesichts des historisch gewordenen Schrehaft für einen solchen, inzwischen seit Jahrzehnten „verlo- ckens in der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts werden junge renen Ort“. Studentinnen und Studenten der Fachrichtung Menschen in Trier – ganz im Sinne des Cross-Border-Networks Architektur haben diesem brachliegenden Industriegebäude – angeregt, an der Vision eines besseren Europas festzuhalten als Forschungs- und Entwicklungszentrum für interdiszip- und diese weiter zu bearbeiten.
Der Weg zur kreativen Stadt ist für sich selbst genommen als ein Prozess zu begreifen. Dieser Prozess benötigt starke Bilder aber auch Wegmarkierungen. Die vierte Station gibt deshalb Raum für Markierungen, Marken und Marketing, in dem sich die Stadt aber auch die Dinge des täglichen Gebrauchs am Markt neu positionieren. So bietet die an der Fachrichtung Kommunikationsdesign entstandene Masterarbeit „Stadtmarketing im Designkontext“ Lösungen für Trier. Im Anschluss hieran wird in der fünften Station sichtbar, dass sich unter dem Einfluss der sozialen Medien die zunehmend vernetzte Ökonomie mit dem medial forcierten Paradigma des Teilens und der Teilhabe auseinanderzusetzen hat. Es gilt, das Konzept der Zivilgesellschaft auch aus der Hochschule heraus mit Leben zu füllen. Belegt mit einer Auswahl studentischer Medienengagements wird hierbei deutlich, dass die kreative Stadt immer auch als eine soziale Stadt zu konzipieren ist. Um dem Phänomen Stadt in all seiner örtlichen Vielfalt und Komplexität, Konkretheit wie Abstraktkeit mit kreativen Absichten überhaupt habhaft werden zu können, ist der Stadtraum immer auch als ein Denkraum und Spielraum zu begreifen. In diesem Raum sind Strategien der Gestaltung mit Strategien der Durchsetzung zu verbinden. Das an dieser sechsten Station präsentierte 3D-Strategiespiel gibt einen ersten Eindruck, wie Gamification-Konzepte als ambitionierte Interaktionsangebote für die Aneignung von Geschichte fruchtbar gemacht, aber dabei auch weiter gedacht werden können. Der Stadtraum ist aber nicht zuletzt auch ein Raum für Inszenierungen von Ereignissen und Erlebnissen. Die siebte Station bezieht sich hier beispielhaft auf die stadtweit bekannte Präsenz der Modenschauen oder auf die Konzeptausstellung „Dunkel war’s...“, die im innerstädtischen Raum „Glanzlichter“ setzen möchte.
Als älteste Stadt Deutschlands hält Trier schließlich eine weitere Herausforderung bereit. Wie kann Altes und Neues in dieser Stadt in innovativer Weise aufeinander bezogen werden? Auf der achten Etappe des Rundgangs wird diese Frage mit einer nächtlichen Grossbildprojektion beispielhaft beantwortet. „Binary Patina“ begibt sich als Live-Performance mit der Fassade des Gebäudes am Paulusplatz in einen audiovisuellen Dialog. Die kreative Stadt muss ästhetisch-sinnlich spürbar werden und sich hierfür neue Formen öffentlicher Kommunikation erschliessen. Wie schließlich an der neunten Station Schreiben, Lesen, Sprechen ausführlich dokumentiert, vermag aber die Anstiftung schöpferischer Dialoge ebenso über die klassischen Publikationsformen von Schriften, Vortragsreihen, Tagungen und Symposien in die Öffentlichkeit hineinzuwirken. Hochschul- und Stadtentwicklung in kreative Wechselwirkung zu bringen und in diesem Prozess den sich neu formierenden Campus für Gestaltung als ein Pilotprojekt beispielhaft in Stellung zu bringen, das ist kein Selbstzweck. Es ist ein politisches Gebot, das auf die globale Dynamik einer zunehmend ästhetisch geprägten Kreativ-Ökonomie zeitgemäß antworten möchte. Letztendlich geht es hier um die wirksame Kopplung von Kreation und Innovation, die immer deutlicher über effiziente Designstrategien erfolgt. An der zehnten und letzten Station dieses Rundgangs haben deshalb auch unsere Studentinnen und Studenten das letzte Wort; denn das Gelingen einer produktiven Verbindung von Kreation und Innovation entscheidet letztlich darüber, ob die kreativen Köpfe zusammen mit und in dieser Stadt und Region eine Zukunft haben werden.
5
6
orte & potentiale
Jede Stadt, wie auch Trier, hat ihre Nischen und besonderen „Quellcode für Kreativität“ in sich zu Lücken, ihre Resträume und Brachen, ihre ein- tragen. Vor diesem Hintergrund sind – zusamdimensional wie monofunktional genutzten Flä- men mit dem Campus für Gestaltung und seinen chen, ihre ausgegrenzten Bezirke, ihre Ränder über eintausend kreativen Köpfen – die Problemund Grenzzonen. Und es ist kein Zufall, wenn zonen der Moselmetropole und ältesten Stadt diese Nicht-Mehr- oder Noch-Nicht-Orte bevor- Deutschlands zu allererst als ein Raum urbaner zugt von zumeist noch jungen Menschen als „hot Möglichkeiten zu betrachten, aus denen sich Zuspots“ mit unausgeschöpftem Entwicklungspo- kunft entwerfen, gestalten und entwickeln lässt. tenzial wahrgenommen und auch erschlossen Neben den vielfältigen verlorenen Orten, welche werden. Solche Nicht- und Unorte scheinen einen die Stadt dem kreativ-korrigierenden Blick zu bieten hat, ist die „Kunstschule am Paulusplatz“ selbst ein solcher Ort, dessen Potenzial, gerade auch in seinem stadt- und architekturräumlichen Gefüge wieder neu zu entdecken ist.
7
Orte & Potentiale
Lokrichthalle
Die Lokrichthalle in Trier-Euren
Orte von essentieller Bedeutung
Primäres Ziel dieses Entwurfs von Julie Lorang ist, dass „die riesige Halle mit Leben gefüllt wird, Studierende aus Trier zum Forschen und Experimentieren zusammenkommen, ein konzentriertes Lernumfeld zum interdisziplinären Arbeiten vorfinden und sich in den Räumlichkeiten gerne aufhalten“. Die komplexen Entwurfsanforderungen werden gestalterisch, funktional und konstruktiv mit einem schlüssigen Konzept beantwortet. Der „grüne Steg“ führt als signifikantes Element längsseitig durch die Halle und schließt nach Außen an die repräsentativen Treppenhäuser an. Die sich so entwickelnde Raumlandschaft bietet zahlreiche unterschiedliche Zonen, welche auf die Anforderungen der Funktionen reagieren. Die Höhenentwicklung des Steges, seine Texturen, die Setzung der Öffnungen bieten Orientierung und räumliche Identifikation. In der Mitte der Halle befinden sich als zentraler Treffpunkt die zweigeschossig angeordnete Mensa und die öffentliche Bibliothek. Labor- und Werkstattnutzungen werden westlich angeordnet. Die Ostseite wird als eine begrünte, überdachte Außenfläche ausgeformt. Die Öffnungen im Dach unterstützen das Mikroklima in der Halle. Die Luft wird gereinigt, die Energiekreisläufe werden unterstützt.
Orte im Hinblick auf ihre Potenziale zu befragen, ist von essentieller Bedeutung für die Gestaltungsaufgabe der Architektur. Für angehende Architektinnen und Architektinnen ist es zudem wichtig, den Raum der Möglichkeiten auch mit Utopien füllen zu dürfen. Die im Sommersemester 2013 in der Fachrichtung Architektur bearbeitete Entwurfsaufgabe ist hierfür ein gutes Beispiel: „Trier als „kleine Großstadt“ mit zwei prosperierenden Hochschulen möchte für ihre Hochschulen ein gemeinsames Forschungs- und Entwicklungszentrum anbieten.“ Das war der Ausgangspunkt. Dieses Forschungs- und Entwicklungszentrum soll zwischen den beiden „Hochschulhügeln“ Tarforst und Schneidershof vermitteln. Vorgesehen ist hierfür die ehemalige Lokrichthalle im Trierer Westen. In stadtplanerischer Sicht bietet sich aber an, die angesprochene Entwicklungsthematik flussabwärts, über die Römerbrücke, danach der Mosel noch weiter folgend über die Kaiser-Wilhelm-Brücke hinaus zu denken. Denn von der Lokrichthalle, in enger Nachbarschaft zum gerade neu erblühenden Bobinet-Gelände, schauen wir in eine noch wenig entwickelte Stadt-am-Fluss-Landschaft. In Abstimmung mit dem durchaus attraktiven wie vielfältigen Ensemble von Anrainern könnten hier aus der Schnittstelle univers/city einmal mehr wertvolle Impulse erwachsen. Die Rede ist vom Campus für Gestaltung und der Europäischen Kunstakademie, denen man, auch in der Zusammenschau auf die Architektur, das Design und die Künste, einen verbindenden Brückenschlag wünschte. Die Fachrichtung Architektur arbeitet konsequent an dieser Option. Nach Beiträgen zur Entwicklung von Trier-West oder Vorschlägen für den Bau einer Moseltherme für Trier-Nord, sind von hier aus weitere Anregungen für Trier als Stadt am Fluss zu erwarten.
Matthias Sieveke
8
Prof. Dr.-Ing. Matthias Sieveke vertritt das Lehrgebiet Konstruieren und Gebäudetechnologie in der Fachrichtung Architektur und ist Prodekan am Fachbereich Gestaltung
9
10
Grenzen & Übergänge
Die Großregion ist eine Grenzregion und Trier eine Stadt im Grenzbereich. In dieser besonderen, europäischen Lage ist ein unschätzbares kreatives Potenzial eingeschlossen, das mehr noch als bisher zu heben ist. Die Überschreitung von Grenzen wie die Überwindung von Schranken ist für die Entfaltung von Kreativität essentiell. Der „Step Across the Border“ zwischen Sprach- und Denkkulturen, zwischen Kommunikations- und Lebensformen, zwischen Imagination und Realität ist für junge Kreative vor allem Chance für innovative Vielfalt in immer wieder neuen Nachbarschaften. Sowohl der Grenzstadt Trier wie auch dem Campus für Gestaltung ist in dieser exponierten geografischen Lage das Programm kreativer Grenzüberschreitungen darum substanziell eingeschrieben. An der Schnittstelle von Kultur, Kreativität und Wirtschaft lässt sich hieraus eine Identität des Ortes ableiten, für die eine Kultur der Grenzübergänge, auch als ein attraktives Alleinstellungsmerkmal, konstitutiv ist. Das vom Fachbereich Gestaltung initiierte, seit über sieben Jahren mit immer größerer Reichweite operierende Cross-Border Network of History and Arts ist in diesem Sinne beispielgebend und hat sich zu einem internationalem Botschafter nicht nur für den Campus für Gestaltung sondern für Trier insgesamt entwickelt.
11
Grenzen & Übergänge
CROSS-BORDER NETWORK OF HISTORY AND ARTS
Das Hochschul-Netzwerk «Cross-Border Net- und der künstlerischen Bereiche befördert. Die work of History and Arts» organisiert seit 2007 Wechselwirkung zwischen Geschichte und Kunst grenzüberschreitende und interdisziplinäre Pro- in einem internationalen Umfeld regt dazu an, jekte, die sich jährlich mit einer für Europa kul- „fremde“ Denk- und Arbeitsweisen ohne Berühturhistorisch wichtigen Thematik beschäftigen. rungsängste zu akzeptieren, auszuprobieren und Initiiert und koordiniert wird das Netzwerk von umzusetzen. Durch die persönliche Erfahrung Anna Bulanda-Pantalacci, Professorin am Fach- von Gemeinsamkeiten und Unterschieden in bereich Gestaltung der Hochschule Trier. Moti- Vergangenheit und Gegenwart wird das Interesse vation und Ziel war, ein nachhaltiges Folgekon- für ein gemeinsames Europa geweckt, lebendig zept von «Erinnerungsräume – Architekturen des gehalten und mit neuen Ideen bereichert. Krieges in der Großregion», das im Rahmen von «Luxemburg und Großregion – Kulturhauptstadt Da die Rahmenbedingungen, trotz kulturelEuropas 2007» entstand, als eine angewandte ler und sprachlicher Barrieren, einen intensiven und dauerhafte Kooperation der Hochschulen im Austausch ermöglichen, erwerben die StudierenBereich der Kultur zu etablieren. Hochschulen den während der Projekte interkulturelle Komder Großregion (Deutschland, Frankreich, Bel- petenzen und tragen damit zur Verständigung gien und Luxemburg) bilden den Kern des Netz- zwischen den Völkern Europas bei. Das Netzwerks. Nach 2007, im Verlauf der Projekte, konn- werk hat als ein Modell für die Verständigung ten weitere europäische und außereuropäische und die Zusammenarbeit zwischen den Völkern Partner gewonnen werden (Polen, Irland, Italien, auch Vorbildcharakter für andere Kooperationen. USA, Kanada, Georgien). Das zugleich lokal geprägte, wie auch grenz-übergreifende Kulturprojekt verbindet die Menschen, Die in diesem Netzwerk im Jahresrhyth- die Hochschulen und die Länder Europas. Das mus bearbeiteten Kulturprojekte greifen immer Forum trägt durch seine rege Ausstellungs- und aktuelle Fragestellungen auf, entwickeln und Publikationstätigkeit dazu bei, dass breite bearbeiten diese aus einer historisch fundier- Schichten der Bevölkerung sich den historischen ten Perspektive. So wird zudem eine interdis- Themen öffnen können. ziplinäre Verzahnung der wissenschaftlichen
12
www.cross-border-network.eu info@cross-border-network.eu
13
Grenzen & Übergänge
14
LANDGANG UND ANDERE POETISCHE FIGURATIONEN
Die studentische Künstler- und Performancegruppe Atmosphäre entstandene Kunstprojekte wie „The „Landgang“ agiert nach dem Vorbild der Fluxusbewe- Multicultural Table“ (AgnieszKa Jagiełło, Natalia Gogung aus den 60er Jahren, welche die Elemente der zdowska, P) oder „Take a Risk“ (Lisa Ramensee, D) steBildenden Kunst mit Klang, gesprochenen Texten, hen beispielhaft für eine Form der von Professor Anna Lichtprojektionen sowie Körpersprache verbindet Bulanda-Pantalacci initiierten Erinnerungsarbeit, die und auf diese Weise die Umgebung in einen theat- – der Zukunft zugewandt – eine Quelle positiv wirkenralen Aktionsraum verwandelt. Sie ist ebenso der der Energien ist; Energien und Inspirationen, die sich Tradition experimenteller szenischer Darbietungen in der von ihr auf den Weg gebrachten, interdiszipliverbunden, wie diese zum Beispiel von Oskar Schlem- nären und internationalen mobilen Hochschule seit mer im Bauhaus kultiviert wurden. Mit ihren Ver- 2007 verbreiten. Dieses Netzwerk besteht inzwischen wandlungen setzt „Landgang“ Zeichen für Toleranz, aus 14 Kunst- oder Designhochschulen und UniverVerständnis und Frieden zwischen den Völkern, the- sitäten aus 9 europäischen Ländern wie aus Übersee. matisiert Grenzerfahrungen zwischen verschiedenen Neben den gestalterisch-künstlerischen Disziplinen Kulturräumen, zeichnet ein Porträt für ein mögliches sind diese Universitäten derzeit mit den Fachgebieten Miteinander. Geschichte, Politologie, Soziologie, Kunstgeschichte Inzwischen hat sich die Gruppe „Landgang“ in repräsentiert. der Großregion und über deren Grenzen hinaus mit den dichten Bildern und poetischen Figurationen ihDas Netzwerk verfolgt die Idee einer „nomarer Performanceaktionen in vielen Auftritten einen dischen“ Hochschule, die das Studium öffnen und Namen gemacht: So mit mehreren Performances im dynamisieren möchte, aus dem fest gefügten instiRahmen des Projektes „ Tour der Melodie“ zum 25jäh- tutionellen Rahmen und dem Hochschulalltag jedes rigen Jubiläum der Schengener Verträge 2010, zum Jahr aufs Neue an bedeutungsvolle Orten in Europa Abschluß des Projektes “Erzwungene Migration“, Eu- herausträgt (Trier/Metz/Westwall; Krakau/Nova ropean Forum of History and Arts, in Kreisau 2011, Huta; Schloss Namedy Andernach; Schengen; Kreiin den Berliner Ministergärten 2011, in Luxembourg sau/Polen; Liège). Zentrales Ziel dieser auf Dauer anStadt anläßlich des Transatlantic Dialogue 2011, gelegten Initiative ist es, Kreativität und Innovation beim Mirabellenfest der Großregion 2012, auf dem im Gestaltungsprozess durch die Förderung inter-, Kultursommerschiff am Moselufer Trier 2013 und für trans- und multidisziplinärer Ansätze im Cross-Over die Illuminale 2013 in Trier. der Disziplinen freizusetzen. Nicht nur durch die Zusammenkunft von Wissenschaft und Kunst, sondern „Landgang“ wie auch auf den Foren des Cross-Bor- auch innerhalb dieser beiden Bereiche findet eine Verder Networks of History and Arts in internationaler zahnung verschiedener Disziplinen statt.
15
16
GEdächtnis & Erinnerung
Nahezu ein Viertel der Trierer Stadtbevölkerung sind Studentinnen und Studenten in einer Aufbruchsphase ihres Lebens, das in die Zukunft gerichtet ist. Die älteste Stadt Deutschlands ist darum auch eine der jüngsten. Das kollektive Gedächtnis dieser Stadt sollte deshalb eine Erinnerungskultur pflegen, die Geschichte produktiv in die Zukunft wendet. Allein die vergangenen einhundert Jahre, auch 100 Jahre Gestaltungsausbildung am Paulusplatz, überspannen einen in der Großregion tief verankerten Erfahrungshorizont, der für heutige und zukünftige Generationen bedeutungsvoll bleibt. Von entscheidender Bedeutung ist dabei, in welcher Weise die Erinnerung auf dieses Gedächtnis zugreift, und: „von welcher Realität aus das System in die Zukunft blickt.“ (Niklas Luhmann). In der europäischen Kern- und Großregion sind dabei die Schrecken des 20.ten Jahrhunderts für unser heutiges Europaverständnis, gerade auch angesichts aktueller Krisen und Anomien von zentraler Bedeutung. Dieses wachzuhalten und daraus positive Energien für die Zukunft zu gewinnen, ist eine fundamentale Gestaltungsaufgabe, die am Campus für Gestaltung immer wieder bearbeitet wird.
17
GEdächtnis & Erinnerung
Stolpersteine
Das inzwischen europaweit verbreitete „Stol- noch genug Zeit für vermehrte Führungen vorpersteine“-Projekt geht auf den Künstler Gunter handen ist. Um hier Abhilfe zu schaffen, haben Demnig zurück. Quadratische Messing-Platten die Intermedia Design Studenten Kim Becker, Pewerden in den Bürgersteig vor Hauseingängen ter Nürnberger und Alexander Prümm eine Stoleingelassen, deren Bewohner zum Opfer des na- persteine-Guide als Mobile-Media-Anwendung tionalsozialistischen Rassenwahns geworden entwickelt. Hier werden über eine App die jeweils sind. Auf den kleinen Gedenktafeln mit 10cm verfügbaren Hintergrundinformationen zu den Kantenlänge wird der Name der Person, Geburt, Stolpersteinen für jeden frei zugänglich gemacht. das Datum der Verschleppung und der Todesort Ziel ist es, die Vereine zu entlasten und dafür zu vermerkt. Stolpersteine gedenken ausdrücklich sorgen, dass auch spontane Erkundungstouren allen Opfern nationalsozialistischer Deportatio- möglich werden. In der App werden Führungen, nen. Bisher gibt es europaweit fast 43.500 solcher eine freie Karte und ein Lexikon angeboten, soSteine, die damit zum größten örtlich verteilten dass einerseits im Rahmen einer Führung direkt Mahnmal in Europa geworden sind. Ihre Pflege am Ort des Geschehens die passenden Einträge und die Verwaltung der weiterführenden Infor- zum aktuellen Stein angezeigt werden. Anderermationen liegt dabei in den Händen von freiwil- seits besteht aber auch die Möglichkeit, die Stolligen ortsansässigen Gruppen und Vereine, die persteine in den mitwirkenden Städten eigenzeitweise auch Führungen anbieten. ständig zu erkunden und Einträge noch einmal nachzulesen. Damit ist die Hoffnung verbunden, Diese Gruppen sind allerdings mit der Nach- noch etwas mehr von dem Menschen an den Ort frage so ausgelastet, dass weder genug Geld für zurückbringen zu können, von dem er gewaltsam den ständigen Nachdruck der Info-Broschüren, verschleppt wurde.
18
19
20
MARKIERUNGEN, MARKEN, MARKETING Die Gestaltungsaufgabe heute erschöpft sich nicht darin, den Produktnutzen im Hinblick auf seine Gebrauchswerte und Nutzerbedürfnisse zu optimieren. Produktwettbewerbe sind auch Kommunikationswettbewerbe. Um im Meer der (Konsum)Möglichkeiten die Orientierung nicht zu verlieren, sind Markierungen, die Positionierung von Markenkernen und ein ganzheitliches, ja sogar sinngebendes Marketing unverzichtbar geworden. In einer sich globalisierenden Welt sind gerade auch Städte wie Trier weithin sichtbare Zeichenträger geworden. In diesem Sinne verbindet sich mit trier univers.city auch der Versuch, Tradition mit Modernität zu verschränken, hierfür das kreative Potenzial der Hochschulen und Markenbewusstsein auf der Höhe der Zeit ins Spiel zu bringen. Die Gestaltungsausbildung ist dabei auf einen engen Austausch mit der Wirtschaft ganz besonders angewiesen. Denn nur so lässt sich die notwendige Nähe zum Markt sicherstellen, die für das Entstehen von Innovationen unerlässlich ist.
21
Markierungen, Marken, Marketing
Stadtmarketing
Eine Stadt wird heute mehr und mehr als Marke verstanden, präsentiert und vermarktet. Neben den klassischen Marketingprozessen stellt auch die visuelle Identität und Formsprache einen wichtigen Erfolgsfaktor innerhalb des Stadtmarketings dar. Dieser Sachverhalt wird auch durch das zunehmende mediale Interesse deutlich. Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich die Masterarbeit „Stadtmarketing im Designkontext“ von Silvia Gessinger, betreut von Prof. Andreas Hogan, schwerpunktmäßig mit der Wirkung und Werbekraft von visuellen städtischen Erscheinungsbildern. Die auf Basis umfassender Recherchen und vergleichenden Untersuchungen gewonnenen Erkenntnisse bilden die Grundlage für die Entwicklung eines möglichen neuen Corporate Designs der Stadt Trier, das zugleich exemplarischen Charakter hat und in allen Phasen vorgestellt wird. Hierbei stehen zunächst die unterschiedlichen Anlässe zur Logogestaltung im Vordergrund. Die in dem Findungsprozess ermittelten Möglichkeiten werden skizzenhaft dokumentiert und ausgearbeitet und dienen als Grundlagen für eine weitere Spezialisierung bis hin zur Logogestaltung. Aus den Ansätzen wurde eine Möglichkeit ausgewählt und zu einem Logo mit verschiede-
22
nen Anwendungen weiterentwickelt. Das Zeichen stellt eine Reduktionen der Porta Nigra, dem Wahrzeichen der Stadt Trier, dar und fungiert als dynamisches Zeichen mit Projektionsfläche für unterschiedliche Themen. Die Form ist einprägsam und auf allen Medien reproduzierbar. In den verschiedenen Anwendungen, wie der Geschäftsausstattung, dem Webportal, unterschiedlichen Plakatserien, Beschriftungen und Leitsystemen sowie diversen Merchandisingprodukten wird das neue Corporate Design visualisiert. Am Ende dieser Arbeit steht ein Resümee, in dem die wichtigsten Erkenntnisse zusammengetragen werden. Die Anforderungen und Voraussetzungen für ein gutes Design werden aufgelistet und verdeutlicht. Die Diskrepanz zwischen gutem Design und deren Akzeptanz, ein häufiges Problem bei der Implementierung neuer Erscheinungsbilder, wird an dieser Stelle thematisiert. Es wurden Möglichkeiten entwickelt, neue Erscheinungsbilder besser auf dem Markt zu etablieren. Denn ein erfolgreiches Corporate Design hängt nicht nur von der gestalterischen Leistung ab, sondern vielmehr von der Kommunikationspolitik, die eine Sensibilisierung aller Beteiligten erreichen muss.
23
Produktkommunikationen
Markierungen, Marken, Marketing
Arla Foods Der funktionelle Frühstücksdrink
Wünscheroute „Einkaufen von Marx bis Mosel“
Arla Foods - Der funktionelle Frühstücksdrink: Jennifer Tatarinov, Andreas Welter, Jan Malte Stock, Lynn Harles, Christopher Paul, Judith Bürger, Vanessa Kirsch
Wünscheroute „Einkaufen von Marx bis Mosel“: Anna Weist, Almut Schmitt
Diese Projekte sind in dem Lehrgebiet Design, Körper, Raum / Gestaltungsgrundlagen 3D unter Leitung und Betreuung von Prof. Anita Burgard
24
entstanden.
Es gilt, die wichtigste Mahlzeit des Tages zum Mieter und Besitzer von Geschäftshäusern „Frühstücks-Hopping“ zu entwickeln, denn jedes der drei Straßenzüge: Brücken,-Jüdemer- und 7. Kind geht ohne Frühstück aus dem Haus. Der Karl-Marxstraße forcieren die AttraktivitätssteiProduktnutzen, sich schnell und unkompliziert gerung ihres Handlungsraumes, der abseits am für einen optimalen Start in den Tag zu versor- Rande der Innenstadt liegt. Die Bildmarke des gen, sollte in einer authentischen Ansprache Logos visualisiert die Lage der Straßenzüge zuSchüler und junge Erwachsene erreichen. „Früh- einander und assoziiert in ihrer Form eine Wünmatz“ zeigt ein Rotkehlchen aus collagierten Zu- scherute, welche inhaltlich und formal als Inspitaten, die Leichtigkeit suggerieren. Zudem geht ration für die Wortmarke „Wünscheroute“ diente. über den Naturschutzbund NABU mit jeder ver- Ergebnis: Fahnen, Schaufenster und Inszenierunkauften Packung ein bestimmter Betrag an den gen im Straßenbereich fördern ein von weitem Vogelartenschutz. Die erfolgreiche Kooperation sichtbares und aktives Facelifting der Location zwischen Arla/MUH Milch-Union Hocheifel und im Gesamten. Tragetaschen, Postkarten, etc. undem Lehrgebiet Design Köprer Raum besteht seit terstützen zusätzlich die einzelnen Geschäfte. 2008.
Lobby Gestaltung Handwerkskammer Trier
Börner Küchenaccessoires Lobby Gestaltung Handwerskammer Trier: 2. Semester, Meike Zimmermann, Nina Burgard, Julia Schygulla Börner Küchenaccesoires: Tobias Küsters, Lynn Harles, Tom Schuster, Andreas Welter
Der Eingangsbereich verbindet das Äußere mit dem Inneren eines Gebäudes, wird zum „Vorzimmer“ für erste Kontaktaufnahmen, ist Medium zur Kommunikation und Orientierung. Die Wandgestaltung und Objektvitrinen mit traditionellem Werkzeug zitieren Funktionsbestimmungen des Gebäudes. Variable, dreidimensionale Plakatgestaltungen und der Sichtschutz spielen mit der Bildmarke der HWK, stärken ihre Identität und Wiedererkennbarkeit. Die Komplementärfarben blau und orange signalisieren Aktivität und Offenheit. So entsteht eine Raum-Atmosphäre, in der sich der Besucher wohlfühlt und positive Erinnerung mitnimmt.
Für eine schonende Rohkostzubereitung sind Börner Küchenaccessoires weltweite Empfehlung. Rituale ums Essen waren Inspiration für die Saft-Auffangschale, die eine moderne Tischkultur anregt. Oder das Produkt „prepcaps“ für einen mobilen Einsatz Zuhause oder im Büro. Beliebig austauschbare Edelstahlaufsätze werden in einem Deckelring aus Silikon auf einem gefriersicheren Glasgefäß gehalten. Beim Hobeln und Raspeln fällt das Produkt ins Glas, was die Weiterverarbeitung z.B. mit einem Dressing einfach macht. Das to-go-Produkt LunchCan vereint Topf, Reibe und Aufbewahrung. Ein gebrauchstauglicher, langlebiger Kräuterbeutel ergänzt die Produktreihe.
25
26
Teilen & teilhaben
Forciert durch das Web 2.0, mit dem das Inter- blick auf die Idee der kreativen und sozialen Stadt net zum Leitmedium unserer Zeit avancierte, ist insbesondere an der Schnittstelle univers/city in ein gravierender ökonomischer Wandel zu ver- vielfältigen zivilgesellschaftlichen Engagements, zeichnen. Er eröffnet die Chance für eine neue nicht zuletzt angesichts des demografischen Soziokultur der Teilnahme, des Teilhabens und Wandels als ein bedeutsamer, sinnstiftender des Teilens. Unter den Bedingungen der media- Wert zu erfahren und zu vermitteln ist. Gerade len Welt wird menschliche Aufmerksamkeit ein im Bereich der mediengestützten Gestaltung, wo zunehmend knappes und umkämpftes Gut. Al- vernetztes Denken und kreatives Handeln eng ternativen, an wen Aufmerksamkeit – vorteils- aufeinander bezogen sind, gewinnt die Arbeit geoder Anteil nehmend – zu verkaufen oder auch zu sellschaftlicher Themen im städtischen Umfeld verschenken sei, spitzen sich zu. Empathie wird zunehmende Bedeutung. hier zu einer Schlüsselkompetenz, die im Hin-
27
TEilen & Teilhaben
ZIVILGESELLSCHAFTLICHE ENGAGEMENTS Gegen Kindersoldaten: Aktion Rote Hand / Red Hand Day
Diese Projekte sind in dem Lehrgebiet Hypermedia und interaktive Systeme unter Leitung und Betreuung von Marcus Haberkorn, Akad.Rat am Fachbereich Gestaltung entstanden. S.a. http:// www.intermediales-design.de/project_tags/ gesellschaftsthemen
28
Wajabuku Flash-Game zum Thema Regenwaldrodung
Die “Aktion Rote Hand” (engl. Red Hand Day) Das Flash-Game Wajabuku versetzt den Spieler in ist eine weltweite Protestaktion gegen den Miss- die hilflose Rolle eines von Brandrodung bedrohbrauch von Kindern als Soldaten und steht in ten Regenwaldbaumes. Das Spiel baut vor diesem Trier unter der Schirmherrschaft der Lokalen Hintergrund eine Geschichte auf, in der die BäuAgenda 21. Die Studierenden entwickelten in me über ihr Kommunikationsnetzwerk Wajabuku Kooperation mit dem Verein ein Internetprojekt, gemeinsam aufdecken, welcher Bedrohung sie mit dem die folgenden Ziele verfolgt wurden: grö- ausgesetzt sind. Es ist an ein soziales Netzwerk ßere Öffentlichkeit gewinnen, Interesse an Teil- angelehnt und simuliert auch dessen Basisfunknahme aufrechterhalten, Aufwand für Teilnahme tionen, wie Nachrichten empfangen und Freunde und Dokumentation reduzieren, Transparenz hinzufügen. Das eigentliche Spielelement bildet unter den Teilnehmern verbessern, Ergebnisse eine Puzzle-Mechanik, mit der die Botschaften anschaulich darstellen. Als Ergebnis entstand aus Duftbausteinen (Teka-Tekis) entschlüsselt eine Webplattform, auf der Aktionen in Bild und werden. Gemeinsam erkennen die Bäume, dass Text festgehalten werden können. Besonderer ihr Regenwald verbrannt wird, um dort Platz für Wert wurde darauf gelegt, dass das Einstellen der Palmölplantagen zu schaffen. Sie entdecken die Inhalte sehr einfach möglich ist. Ein Kernfeature Konsequenzen und Hintergründe dieser Katastist die lokale Verortung der Aktionen auf einer rophe aus der naiven Sicht eines nicht zivilisierKarte. Sie ermöglicht einen Gesamtüberblick und ten Naturwesens. zeigt “Nachbarschaften” unter den Aktiven auf.
Halblang Interaktives Video zur Suchtprävention
Neue Website für den Behindertenbeirat Trier
Das Thema “Suchtprävention bei vorrangig Jugendlichen” wird in diesem interaktiven Video auf soziale Aspekte hin ausgearbeitet. In Anschluss an die Lebenswelten von Jugendlichen wird das verbreitete Phänomen des “Vorglühens” aufgegriffen. Hier wirkender sozialer Druck wird vermittelt über ambivalenter Entscheidungsmomente in den Mittelpunkt gestellt. Indem die Linearität der Erzählung aufgebrochen wird, werden dem User soziale Erfahrungen im Kontext des Suchtmittelgebrauchs vermittelt. Das interaktive Moment zielt darauf ab, den jugendlichen User zum Akteur werden zu lassen, um zu verdeutlichen, dass Entscheidungsfreiheit auch in Gruppensituationen gegeben ist. Die konzeptuelle Entwicklung fand im Austausch mit der Jugendschutzbeauftragten der Region Trier-Saarburg statt. Das Video wird online bereitgestellt und kann in der Jugendarbeit verwendet werden.
Seit 2012 besitzt Trier einen Behindertenbeirat, der behinderte Einwohner in ihren Belangen unterstützt. Betreut von Dipl.Des. Adam Lorek entwickelten drei Studierende Konzepte und Entwürfe für eine Webpräsenz des Beirats. Danach wurde die Site realisiert und redaktionelle Inhalte eingepflegt. Diese enthält nicht nur Informationen zur vielfältigen Arbeit des Beirats: Die in der Arbeitsgruppe Internet engagierten Menschen haben eine Fülle an Informationen zusammengetragen, die behinderte Menschen umfassend über die Bedingungen in Trier informiert. In der Kategorie “Trier barrierefrei” finden sich u.a . Informationen über problemlos zugängige Arztpraxen oder Restaurants. Auch behindertengerechten Wohnungsangebote aus der Stadt sind im “Wohnungsmarkt” recherchierbar. Auch die Website selbst barrierearm zu gestalten, war ein Teil der Herausforderung der Studierenden, die ihre Kompetenzen in diesem gesellschaftlichen Themenfeld anwenden konnten.
29
30
Denken & spielen
Die unter dem Einfluss der globalen Vernetzung zunehmende Komplexität der Gestaltungsaufgabe weist dem konzeptionellen und strategischem Designdenken eine immer größere Bedeutung zu. „Design Thinking“ im Verbund mit „Design Doing“ stehen für die
konsequente Ausweitung des Designbegriffs und eine neue Innovationsmethode. Hierbei wird über die klassische Nutzerzentrierung hinaus dem transdisziplinären User Experience Design, also der Mitwirkung vielfältiger Nutzergruppen ein immer größerer Spielraum geboten. Am Campus für Gestaltung wird in verschiedenen fachlichen Bezügen der Nutzer mit „ins Spiel gebracht“, wird ihm eine zentrale Rolle bei der Entwicklung von Designlösungen zugewiesen. Insbesondere werden bei zunehmendem Einfluss des Social Web in Trier Gamification-Konzepte in den Designprozess integriert. Damit geht ein Modernisierungsprozess der Gestaltungsausbildung einher, welcher insbesondere den Wechselwirkungen zwischen Medienkompetenz und Urbanität interessante Perspektiven eröffnen. Dieses ist für die Zukunftsfähigkeit Triers als innovativer Designstandort insgesamt von Bedeutung.
31
Denken & Spielen
Als Initiator, Konzepter und Leiter dieses ambitionierten Projekts zeichnet Marcus Haberkorn zudem für das Game Design, die Website sowie Sound & Musik verantwortlich. Der vielseitige Designer Jörg Meyer hat gemeinsam mit Wolfgang Reichardt dafür gesorgt, dass sich für den Spieler eine attraktive abstrakte Raumstruktur entfaltet. Wolfgang Reichardt und Tom Trocha haben die Programmierung verantwortet und der künstlichen Intelligenz des Gegenparts Leben
32
eingehaucht.
„Die ewige Unruhe“ ein 3D-Strategiespiel
Ein 3D-Strategiespiel für alle gängigen Plattformen hat sich der wechselvollen Geschichte der Gestaltungsausbildung am Trierer Paulusplatz angenommen. Dieser interaktive Kommentar steht unter www.ewige-unruhe.de zum kostenfreien Download bereit. Seit über 100 Jahren hat die Ausbildung in angewandter Kunst und Design den traditionsreichen Ort am Paulusplatz in „Ewige Unruhe“ versetzt. Dabei hat sie immer wieder neue Gestaltungsspielräume eröffnet und sich in jüngerer Zeit zunehmend auch der digitalen Medien bedient. Es ist deshalb kein Zufall, wenn sich diese „Ewige Unruhe“ als Motiv und das tragende Motto des großen Jubiläumsfests am 25. Oktober ursprünglich dem gleichnamigen 3D-Computerspiel verdankt, das eigens für diesen Anlass entwickelt wurde. Im Mittelpunkt des Spiels stehen die sozialen Netzwerke, die diesen historischen Ort geprägt haben. Der Spieler lernt dabei einige Konfliktlinien und Kooperationskonstellationen kennen, die den Paulusplatz bis in die Gegenwart als einen unruhigen Ort charakterisieren. Dass nun ausgerechnet ein Computerspiel als Format gewählt wurde, um Geschichte interaktiv zugänglich zu machen, verdeutlicht, dass sich Gestaltung am Paulusplatz durchaus traditionsbewusst, aber stets auch als ein Labor zeitgemäßer Möglichkeiten definiert. Für ihre Hommage an Kreation und Innovation am Paulusplatz beziehen sich die Macher des Spiels mit ihrem Titel auf ein Zitat des Architekten und Grenzgängers Gustav Hassenpflug. Bereits 1956 attestierte er die den Kunstschulen eigene „Ewige Unruhe“ nicht als
Schwäche sondern als „Zeichen der Aktivität des wirklichen Lebens“. In Anlehnung an diese Perspektive ist ein Spiel entstanden, das nicht nur intelligent gespielt werden kann, sondern zugleich ein medienkünstlerisches Statement ist, das auf der medialen Höhe der Zeit Design in seinen gesellschaftlichen Kontext setzt. Die im Spiel entstehenden dreidimensionalen Geometrien haben eine tiefere Bedeutung: Sie bilden verschiedenste Kooperationskonstellationen ab, die die Entwicklung der Handwerker- und Kunstgewerbe- und späteren Werkkunstschule am Paulusplatz im Laufe ihrer Geschichte vorangebracht hat. Mit knappen Kontextinformationen und seiner interaktiven, prozeduralen Rhetorik gelingt es dem Spiel, in eigener Art und Weise Eindrücke über konkrete historische Situationen zu vermitteln, die anschließende Gegenwartsinterpretationen prägen dürften. Das Transferpotenzial dieses Ansatzes auf andere, urbane Kooperationsszenarien ist offenkundig. Weniger Wettkampfsituationen, sondern die Exploration des dreidimensionalen Raums und die im Spielverlauf notwendige, gleichsam architektonische Kreation abstrakter, geometrischer Formen lassen eine besondere Spielfreude entstehen, Die aus der visuellen Analyse sozialer Netzwerke abgeleitete der Formensprache öffnet Projektionsflächen für die subjektive, fantasiereiche Vorstellung über die historischen Ereignisse.
33
34
Ereignis & Erlebnis
Ereignisse und Erlebnisse sind intensiv durchlebte Augenblicke, die emotional berühren und auch darum immer wieder nachhaltigen Anlass zur Erinnerung geben. An der Hochschule Trier, die nicht nur eine Hochschule für Technik und Wirtschaft sondern auch eine Hochschule für Gestaltung ist, hat die kreative Inszenierung von ästhetisch-sinnlich erfahrbaren Ereignissen, also die temporäre Entfaltung szenografisch-theatraler wie medialer Räume eine bis in die Zeiten der Kunstgewerbeschule zurückreichende Tradition. Legendäre Feste, Theateraufführungen und Filmnächte, opulente Modenschauen, Performances und Interventionen im öffentlichen Raum, Ausstellungen in Museen und Galerien stehen hierfür beispielhaft ein. Die so vermittelten Atmosphären, Affekte und Emotionen verdichten sich zu kollektiven Erlebnissen. Sie bewähren sich als urbane Identitätsgeneratoren par excellence, weil sie eng mit dem Ort des Geschehens verbunden bleiben.
35
Ereignis & Erlebnis
DUNKEL WAR’S ... CALL FOR COOPERATION
Studierende aus den Fachrichtungen Innenarchitektur, Intermedia- und Kommunikationsdesign haben ein reichhaltiges Portfolio von über zwanzig Ideen, Konzepten und Prototypen für Licht- und Medieninstallationen ausgearbeitet, die – ausgehend vom Moselufer – im städtischen Raum Lichtzeichen setzen könnten. Einige dieser Arbeiten haben bereits der ILLUMINALE 2013 einen besonderen Glanz verliehen. Sie stehen wiederum beispielhaft für Beiträge aus dem Fachbereich Gestaltung, die das kulturelle Leben der Stadt bereichern. Im Hinblick auf die ILLUMINALE 2014 gilt es nun, für die Umsetzung der vorliegenden Konzepte und Entwürfe weitere Fürsprecher, Realisationspartnerschaften und Projektpatenschaften zu gewinnen. Das Vorhaben „Dunkel war‘s ...“ wird in den neuen Räumen im Gebäude R zwischen Paulusplatz und Irminenfreihof und weiteren verteilten Orten präsentiert. In diesem Rahmen wird auch die Fassade des Gebäudes am Paulusplatz 4 zum Experimentierfeld, in dem ein Team von „Projektionisten“ die Darstellungsmöglichkeiten der Großbildprojektion in ersten Schritten experimentell erkundet.
36
37
VISIONS OF FASHION – Auf dem Weg zur Modestadt Trier
Ereignis & Erlebnis
38
Wenn an diesem Ort in regelmäßigen Abständen haft abgesichert werden, die die Weiterentwickder Modepreis der Stadt Trier an Absolventin- lung eines modernen Lehrangebots gewährleistet. nen oder Absolventen des Modedesign-Studiums Und zweitens: Das Format der Modenschauen verliehen wird, dann wird damit ganz deutlich: muss in eine medienästhetisch wie szenografisch Dieser Stadt liegt etwas daran, Mode und Mode- neue Dimension und in eine medienpublizistisch design als Ausbildungsangebot hier zu haben. Die neue Reichweite entwickelt werden. Idee und das Format von trier univers.city wird insofern in dem Zusammenwirken zwischen Die notwendigen Voraussetzungen hierden jungen Kreativen der Fachrichtung Mode- für, nämlich die notwendigen Qualifikationen, design mit immer wieder neuen Locations im Kompetenzen und Entwicklungspotenziale sind städtischen Umfeld schon seit langem mit Leben eigentlich gegeben. Damit diese aber auch freigegefüllt. Jahr für Jahr begeistern die von unse- setzt und handlungsfähig werden, sind neue Alliren Studierenden selbstständig unter größtem anzen gefordert, die aus der Region und der GroßEinsatz organisierten Modenschauen das Trierer region Ressourcen zusammenführen und diese in Publikum in beachtlicher Zahl. Modenschauen in ein faszinierendes Szenario investieren. Denn Trier sind Ereignisse, die inzwischen fest zum Er- Trier ist mit seinen grandiosen, historischen lebnisrepertoire dieser Stadt gehören. Welterbestätten, mit seinen attraktiven Stadtund Landschaftsräumen aber auch mit seinen Darf sich die „Moselmetropole Trier“ des- verlorenen Orten und Brachen ein großartiger halb schon als die „Modestadt Trier“ präsentie- theatraler Raum. Er lädt dazu ein, das Alte immer ren. Beides wohl eher nicht, oder vielleicht bes- wieder mit dem Neuen zu konfrontieren. Trier ist ser: noch nicht! Denn das Potenzial, mit dem also im besten Sinne ein idealer, urbaner Raum sich Trier zur der Modestadt am Fluss und im für die Mode, in der sie die Aktualität des ZeitFluss der Zeit entwickeln und mit noch größerer geistes kontrastreich zur Geltung bringen kann. Strahlkraft auch interregional wie international sichtbar und wahrnehmbar werden könnte, die- Dirk Wolfes ses Potenzial ist ganz bestimmt gegeben. Dazu sind aber zwei Punkte besonders wichtig. Erstens: Prof. Dirk Wolfes vertritt das Lehrgebiet Studium und Lehre muss in einer Weise dauerKnitwear, Technology, Concepts, Design and Realisation in der Fachrichtung Modedesign und ist Prodekan am Fachbereich Gestaltung
39
Das Gedächtnis ist kein Speicher, aus dem die Erinnerungen, einmal dort abgelegt, nach Belieben wieder hervorgeholt werden können. Stattdessen kontrolliert jedes Gedächtnis, „von welcher Realität aus das System in die Zukunft blickt.“ - (nach Luhmann, Niklas (1997), Die Gesellschaft der Gesellschaft , S.58)
40
Das alte & das Neue
Wie kann das Alte und das Neue insbesondere in Trier eine ambitionierte Beziehung eingehen. Die älteste Stadt Deutschland bietet sich dafür an, ihr unvergleichlich reiches Kulturerbe mit technologisch avancierten Präsentations-, Interaktions- und Interventionsformen in eine sich gegenseitig inspirierende Wechselwirkung zu bringen. Trier sollte sich – Schritt für Schritt – zum Modellfall für eine neue Dimension der landesweiten, mediengestützten Vermittlung, der schöpferischen Aneignung und medial zukunftsweisenden Nutzung von Kultur profilieren. Multimediale Szenografien wie Großbildprojektionen auf Architekturobjekten, local based storytelling mit mobilen Medien, innovative Interaktionsformen in der Museumskommunikation oder Computerspiele und Gamification-Konzepte stehen beispielhaft für den Einsatz neuer und neuester Medientechnologien, die – in bereits erfolgreich erprobten Kooperationen zwischen Hochschule, Stadt und Region – den Kulturraum einer Stadt mit großer Strahlkraft entfalten, diesen in beliebiger Reichweite erschliessen und mit einer neuen urbanen Qualität ausstatten können.
41
Das Alte & Das Neue
Binary Patina ARCHITECTURAL REMIX
„Binary Patina“ ist eine audiovisuelle Hom- tronischer Musik unter dem Alias Flextronic inmage, die den Paulusplatz in einen dynamischen ternationale Veröffentlichungen, als vielseitiger Klangraum verwandelt und die Gebäudefassa- Musiker ist er auch Schlagzeuger der Trierer Inde mit einer reaktiven Bildschicht überzieht. die-Band „Herr Berlin“ oder hat am Theater Trier Zur Umsetzung dieser computerunterstützten das Stück „Superflex“ musikalisch begleitet. Mit Live-Performance haben sich drei kreative Köp- Marcus Haberkorn, alias Myom, verbinden ihn fe zusammengefunden. Der in Trier lebende und langjährige Zusammenarbeit unterschiedlichster aus Korea stammende, international ausgewie- Art, wie gemeinsame Bandprojekte oder der Aufsene Medienkünstler JeongHo Park zeichnet für bau eines Netzlabels. die technoimaginäre Bildwelt dieser Arbeit verantwortlich. JHP schreibt Software, die die MuDie kreative Stadt muss ästhetisch-sinnlich sik interpretiert und in generative dynamische spürbar werden und sich hierfür neue Formen Bilder überführt, welche er zudem live manipu- öffentlicher Kommunikation erschliessen. Geliert. nerative und interaktive Projektionen, die insbesondere mit dem Erbe der Baukultur einen audiDie Klangvorlage liefern die Trierer Digi- ovisuellen Dialog aufnehmen, vermögen in und talisten Flextronic und Myom, die sie eigens für Trier neue Zeichen zu setzen. „Binary Patina“ für „Binary Patina“ Stücke geschrieben haben, kann als ein auch medientechnologisch avancierdie sie live arrangieren und auch instrumentell ter „Architectural Remix“ hierfür als ein Pilotbegleiten. Michael Kreft hat als Produzent elek- projekt gelten.
42
43
44
schreiben, lesen, sprechen Der Dialog als schöpferischer Prozess ist essentiell für die Entfaltung von Kreativität, die Freisetzung von Entwürfen und die Umsetzung in Innovationen. Das Gespräch in öffentlichen Räumen mit den Rezipienten und Nutzern guter Gestaltung ist in diesem Prozess unverzichtbar. Die Lesbarkeit und Handhabbarkeit von Design sind zwei Seiten derselben Medaille. Publikationen müssen diesen Verständigungsprozess initiieren oder zumindest unterstützen. Der heutige Campus für Gestaltung, die frühere Werkkunstschule und die Kunstgewerbeschule der 1910er, 20er und frühen 30er Jahre war und ist deshalb immer auch ein Ort, an dem schreibend, lesend und miteinander sprechend die Öffentlichkeit mit ihrem Publikum gesucht wurde und gesucht wird. Schriften, Vorträge und Präsentationen, Tagungen und Symposien sind ein fester Bestandteil, mit dem der Fachbereich Gestaltung immer wieder Öffentlichkeit herstellt, in diesem Zuge seine Positionen zur Diskussion stellt und die erwünschten Feedbacks zu einer kontinuierlichen Weiterentwicklung inhaltlicher, formgebender wie politischer Positionen im Spannungsfeld von Design und Kunst nutzt.
45
schreiben, Lesen, Sprechen
Prof. Theo Smeets vertritt das Lehrgebiet Schmuck in der Fachrichtung Edelstein und Schmuck des Fachbereich Gestaltung am Standort Idar-Oberstein
46
schmuckdenken
Wie dem vom Standort Trier ausgehenden sche Tun allein persönlich motivierte wie legitiCross Border Network of History and Arts liegen mierte Verantwortung handlungsleitend ist, ist den am Standort Idar-Oberstein etablierten, im- diese Kopplung von Freiheit und Möglichkeit mer auch international ausgerichteten Initiati- von ganz großer Bedeutung. Und das gilt nicht ven des jährlichen Symposiums Schmuckdenken/ nur für die Entfaltung anregender Atmosphären ThinkingJewellery, des Artists-in-Residence-Pro- und kreativer Energien, ohne die ein städtisches gramms und der kontinuierlichen Ausstellungs- Umfeld nie urbane Qualitäten gewinnen könnte. tätigkeit in der Villa Bengel ähnliche Auffassun- Es gilt ebenso für die Übergänge zwischen den gen zugrunde. Beide verleihen dem Konzept der freien zu den marktnahen Künsten, den Transfer univers.city als einem Weg zur kreativen Stadt, zwischen Kreation und Innovation. der auf Wechselwirkungen zwischen Hochschule und Stadt gebaut ist, in besonderer Weise SubsIn diesem Sinne setzt die Fachrichtung tanz. Dabei sind alle Formen zur Herstellung von Edelstein und Schmuck mit ihrer entschiedenen Öffentlichkeit ganz wesentlich. Zum einen wird Orientierung auf die Freien Künste ein doppeltes hierbei in alltäglicher (Publikations)Praxis gelebt, Zeichen. Sie bringt einerseits verloren gegangedass die Hochschule nicht nur einen Bildungs- nes Terrain zurück, in dem sie die noch in Werkauftrag sondern immer auch einen Kulturauftrag kunstschulzeiten vorhandene Dualität zwischen wahrzunehmen hat. Und das bedeutet: Kulturel- Kunst und Design beispielgebend reaktiviert. Dale I/O-Impulse wirken aus der Hochschule in die mit werden die Voraussetzungen für das EntsteStadt, in die Region, weit über ihre Grenzen hin- hen von Kreativität essentiell gestärkt. Die freien aus und wieder in die Hochschule zurück. Künste waren und sind aber immer auch Impulsgeber für Innovation. Das gilt ganz besonders für Zum andern ist für beide Initiativen ganz eine Ökonomie, die sich – wie auch in Idar-Oberwesentlich, dass ihre Fundierung auf die freien stein – immer deutlicher als eine ästhetisch proKünste einen Gestaltungsraum markiert, in dem filierte Ökonomie behaupten muss. Das seit Jahneben der Freiheit von Forschung und Lehre auch ren stattfindende Symposium Schmuckdenken, die Kunstfreiheit nun grundgesetzlich fest veran- hat hierbei einen Prozess begleitet und zum Teil kert ist. Künstlerischer Freiraum und Möglich- auch forciert, der zu der heutigen, auf die freien keitsraum wird so im Hochschulraum auf engste Künste setzende Positionierung von Edelstein miteinander verschränkt. In einem Feld, in dem und Schmuck in Idar-Oberstein geführt hat. keine wissenschaftliche Wahrheit oder technische Funktion, wohl aber die für das künstleri- Theo Smeets
47
48
kreation & innovation
Die Kreation des Neuen ist erst dann innovativ, wenn es gelingt, dieses Neue erfolgreich in den Markt zu bringen. Neuere, am Campus für Gestaltung praktizierte Innovationsmethoden, zu denen auch das Konzept des Design Thinking gehört, stellen sich dabei auf veränderte Anforderungen der Medien- und Netzgesellschaft ein. In diesem Zusammenhang übernimmt Design immer häufiger die Aufgabe, Anschlussfähigkeit herzustellen. Das betrifft insbesondere wirksame Arrangements von Angebot und Nachfrage, damit – in dem vorgenannten Sinne – aus Inventionen Innovationen werden können. Und in diesem Zusammenhang gewinnt der systematische Einbezug von User Experience wie auch von User Experience Design eine immer größere Bedeutung. Für Studium und Lehre in kreativen Studiengängen, wie Gestaltungsstudiengänge es sind, führt dieses zu einem entscheidenden Punkt. Angesichts der Forderung, den Studienerfolg als
Berufsbefähigung – gerade auch im Hinblick auf Selbstständigkeit und Gründungsmotivation – auszuweisen, darf sich die Lehre nicht mit der „Kreation“ von kreativen Köpfen zufrieden geben. Die Studierenden müssen von Anfang an auch zu Innovatoren befähigt werden, oder besser noch: sie müssen sich – ausgestattet mit den notwendigen unternehmerischen Elan – hierzu selbst ermutigen und befähigen. Mit anderen Worten: Die am Fachbereich Gestaltung verfolgte Linie, Studium, Entwicklung und Innovation integrativ zusammenzuführen, muss von den Studierenden zu ihrer eigenen Sache gemacht werden. Und darum haben sie auch in dieser Broschüre „das letzte Wort“. Vorab steht aber schon fest: nur mit innovationsfreudigen Studentinnen und Studenten wird Trier auf dem Weg zur kreativen Stadt erfolgreich sein.
49
DESIGNFUSION HANDELN, NICHT NÖRGELN!
Kreation & Innovation
Kreation und Innovation befinden sich in einer ambivalenten Beziehung. Innovation gibt es nicht ohne Kreation. Kreation hingegen wird verhindert, wenn Aussichten auf Innovation verschlossen bleiben. Immer wieder stellt sich diese Erfahrung in unserem Studienalltag ein. So, wenn Kooperationspartner auf den letzten Metern abspringen oder Entwicklungen nicht realisiert werden. Vor diesem Hintergrund haben wir das Angebot, dieses Booklet mit unserem Beitrag abzuschliessen, gerne angenommen. Aus unserer Sicht wird gute Gestaltung und intelligentes Design viel zu oft unterschätzt, erhält nicht die Wertschätzung, der sie bedarf. In der Berufswirklichkeit bildet sich dieses Dilemma in prekären Entgelten ab oder manifestiert sich im Studienalltag durch das – weitgehende – Ausklammern dieser Problematik. Auch auf die Gefahr hin arrogant zu wirken: die allerorten zu beobachtende Ignoranz gegenüber der Bedeutung des Design in einer zunehmend ästhetisch geprägten Kreativwirtschaft ist betriebswirtschaftliche Blindheit, volkswirtschaftliche Dummheit und politisch nicht zu verantworten. Was aber dagegen tun?
50
entschieden. Für eine Initiative, die den Designprozess als „Fusionsprozess“, getrieben von „Ewiger Unruhe“, in die Bereich bringt, wo Kreation und Innovation in wirkliche Wechselwirkung kommen können. Idee, Vision und Praxis der Designfusion ist letztlich nur ein anderer Ausdruck für unser manifestes Begehren, die Möglichkeiten für inter- und transdisziplinäres Arbeiten zu verbessern. Denn wir wissen: Die Überwindung von Schranken zwischen analogen und digitalen Technologien, zwischen Ort und Zeit, zwischen verschiedenen Fach- und Denkkulturen, zwischen Institutionen, zwischen Hochschule, Stadt und Region, zwischen den Generationen, zwischen Kommunikations- und Lebensstilen,... kurz: kreative Grenzüberschreitungen sind heute mehr denn je Voraussetzung für Innovation. Auf dem Weg in die zunehmend vernetzte Designgesellschaft müssen wir neue Möglichkeiten der Kooperation ausloten und auch in Angriff nehmen: zwischen Hochschule und Universität, zwischen Hochschule, Wirtschaft und Kultur, zwischen Hochschule und Stadt. Gerade auch im Verbund mit der Großregion sind die Stadt und die Region Trier, sind wir als Studenteninnen und Studenten zusammen mit unseren Hochschulen dazu prädestiniert, Kreativität und Innovation durch sich gegenseitig inspirierende Nachbarschaften voranzubringen.
Aus unserer Sicht ist der einzig mögliche Weg ein progressiver Weg nach vorn: den Bleistift in die Hand nehmen und zeigen was Gestaltung wert ist, wo und warum Design notwendig ist. Gleichzeitig wissen wir Nörgeln ist der gewohnte Weg, sich mit inakzeptababer auch, dass wir den geläufigen Designbegriff und die len Verhältnissen dennoch abzufinden. Der Design-Weg Designpraxis weiter fassen und weiter denken müssen ist agieren, das Ergreifen von Initiative. In dieser Traditials bisher. Mit der seit 2005 als eine rein studentische on sehen wir diese Ausstellung – und auch dieses Booklet. Initiative auf den Weg gebrachte DesignFusion, die im Es nörgelt nicht. Es initiiert – auf dem Weg zu einer kreazweijährigen Turnus inter- und transdisziplinär Gren- tiven Stadt, in der Innovationen möglich sind. zen überschreitet, haben wir uns für eine neue Dynamik
51
Konzept & Redaktion: Prof. Franz Kluge Gestaltung: Ben Jurca ( SIGMA ), Caspar Bauer ( SIGMA ) Logo-Entwicklung, Ausstellungsorganisation und Ausstellungsgestaltung: Moritz Bolle und Michael Mietzner Hochschule Trier University of Applied Sciences Fachbereich Gestaltung Dekanat Irminenfreihof 8 54290 Trier