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„Wir sind der Anwalt des Publikums“

Akzeptanz als Gradmesser

Was erwarten die Menschen, an die sich die Deutsche Welle richtet? Die Informationsbedürfnisse des Publikums sind Grundlage für die Programmgestaltung, die Akzeptanz ist Gradmesser für den Erfolg.

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Die Digitalisierung bringt weltweit einen rasanten Wandel – bei der technischen Entwicklung wie im Nutzungsverhalten der Menschen. Deshalb entwickelt die DW ihre journalistischen Inhalte kontinuierlich weiter, differenziert nach Sprache und Zielregion. Sie setzt auf neue Formate, geht neue Wege – auch mit starken Partnern vor Ort. Als Grundlage ermittelt die DW umfangreiche Daten. Zwei Trends: Mobile Nutzung setzt sich durch, Video-on-Demand dominiert. +90 – der türkischsprachige Youtube-Kanal – ist ein erfolgreiches Beispiel.

Adobe Stock/agsandrew

„Wir sind der Anwalt des Publikums“

53 Marktstudien in 35 Ländern, mehr als 700 Analysen zur Nutzung der Digitalangebote, 250 Publikumsaktionen zur Nutzer bindung. In Summe in Kontakt mit mehr als zwei Millionen Menschen, die DW-Angebote nutzen. So bilanziert die Abteilung Market and Audience Insights ihre Aktivitäten im vergangenen Jahr. Resonanz und Relevanz – das sind die Schlüsselbegriffe.

Text Ivana Drmić

Alles dreht sich um das weltweite PUBLIKUM. Acht Buchstaben, in denen sehr viel mehr steckt, als die aktuelle Reichweite in Zahlen ausdrückt. 197 Millionen wöchentliche Nutzerkontakte haben die Datenanalysten der Deutschen Welle in ihren jüngsten umfassenden Berechnungen ermittelt. Wöchentliche Nutzerkontakte – das ist die gültige Währung für international präsente Medienunternehmen wie DW, BBC oder France Médias Monde. Einschaltquoten, wie sie für Inlandsfernsehsender gelten, stehen im globalen Kontext nicht zur Verfügung. Deshalb erfolgen kontinuierlich Erhebungen in allen Zielmärkten – zum Teil gemeinsam mit anderen Anbietern, beispielsweise der BBC.

„Wir sind Daten-Nerds“, sagt Alexandra Dolff, Leiterin Market and Audience Insights. Große Mengen an Zahlen und Daten fließen hier in die „Reichweitenmaschine“ ein. Um die Gesamtnutzung zu berechnen, legen die Analysten ihren Fokus zwar auf Zahlen, „betrachten diese aber stets im jeweiligen Kontext“, so Dolff. Denn es geht um weit mehr als die Gesamtzahl der Nutzung, die bis 2021 auf 210 Millionen anwachsen soll, so die Zielsetzung in der DW-Aufgabenplanung. Die Daten-Nerds liefern den Programmmachern wesentliche Grundlagen für eine optimale Gestaltung der multimedialen Angebote in 30 Sprachen. Sie sind das Kompetenzzentrum am Puls des Publikums, hinterfragen Nutzungsgewohnheiten und Informationsbedürfnisse der Zielgruppen. Beides unterliegt weltweit einem rasanten Wandel, der regional aber durchaus unterschiedlich ausfällt.

Wir kommen beim Publikum als wertebasierter Informationsanbieter aus Deutschland an.

So geben die jüngsten Zahlen Aufschluss darüber, dass die Nutzung der digitalen Angebote am deutlichsten wächst. Zugleich zeigt sich, dass Radio in Afrika nach wie vor große Bedeutung hat und in Lateinamerika Fernsehen weiterhin besonders nachgefragt wird. Auch was die Sprachangebote betrifft, ist ein differenzierter Blick erforderlich: Die Top-Five der DW bilden Englisch, Arabisch, Spanisch, Haussa und Kisuaheli.

„Wir sind der Anwalt des Publikums. In DW-weiten Arbeitsgruppen vertreten wir die Interessen derjenigen, die unsere journalistischen Angebote potenziell nutzen“, erklärt Dolff. Denn es geht nicht nur um Reichweite, sondern immer auch um Relevanz. „Die Menschen erwarten Themen und Geschichten, die einen Bezug zu ihrem eigenen Leben haben. Erst dann sind unsere Angebote für sie relevant.“ Dolff nennt ein Beispiel: Ein Beitrag über Diabetes kann im arabischen Raum wichtig sein, da das Thema dort oft tabuisiert wird. In einer anderen Region stößt es möglicherweise auf weit weniger Interesse.

Und es geht um Wirkung. Akzeptanztests zum englischsprachigen TV-Kanal beispielsweise ergaben, dass die DW beim Publikum als „wertebasierter Informationsanbieter aus Deutschland“ ankommt. Dolff macht dies an einem Beispiel deutlich: „Rechtsstaatlichkeit und Demokratie sind Fokusthemen der DW. Bei der Berichterstattung über Korruption etwa können wir deutlich machen, wie wir in Deutschland damit umgehen.“

Der Wandel im Nutzungsverhalten erfordert eine neue Fokussierung. „Die Deutsche Welle wird vor allem mobil genutzt“, weiß Dolff. Und aus „Digital first“ folgt konkret „On demand first“ – Inhalte sollen jederzeit und überall abrufbar sein.

Im direkten Dialog mit den Nutzenden

Die Marktforschung kennt auch ihre Grenzen. In Krisen- und Kriegsregionen – also gerade dort, wo die DW besonders gefragt ist – sind Erhebungen mitunter nur schwer zu realisieren. Um repräsentative Aussagen ableiten zu können, müssen beispielsweise Befragungen in bevölkerungsreichen Ländern mit weit mehr als 10.000 Menschen durchgeführt werden. Nicht nur eine Kostenfrage. Hier kommt die wachsende Bedeutung digitaler Plattformen den Daten-Nerds aber entgegen: Die digitale Nutzung wird technisch gemessen. Auf der Webseite oder in Sozialen Medien lässt sich leicht feststellen, wie lange jemand ein Video anschaut, wie oft ein Beitrag angeklickt, geliket und geteilt wird. Anhand vergleichbarer Kennzahlen können auch Aussagen über die Wirkung jedes einzelnen Beitrags getroffen werden.

Dolff: „Gerade über Social Media sind wir im direkten Dialog mit den Nutzenden.“ Was in Zeiten des Kurzwellenradios die Hörerclubs waren, ist heute die Netz-Community, die unmittelbar reagiert. Die DW nimmt das Feedback sehr ernst. „Das teuerste Gut ist die Aufmerksamkeit des Publikums.“ Und diese Aufmerksamkeit gibt es nur dank glaubwürdiger Berichterstattung. Das wissen nicht nur die Anwälte des Publikums. Das wissen auch alle, die Programme gestalten und verantworten.

Alexandra Dolff, Leiterin Market and Audience Insights

DW/M. Müller

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