weltzeit Das Magazin der Deutschen Welle
Ausgabe 2 | 2012
Hallo Nachbar, hallo Afrika!
24. MedienfoRuM.nRW 18. – 20. Juni 2012, Köln, Staatenhaus am Rheinpark
ScHöne neue MedienweLt: Vernetzt, offen, MobiL. 24. MedienforuM.nrw // 18.–20. Juni 2012, Köln www.medienforum.nrw.de eine Veranstaltung der Landesanstalt für Medien nrw (LfM), gefördert mit Mitteln des Landes nordrhein-westfalen. Verantwortlich für Konzeption und durchführung ist die LfM nova GmbH.
Editorial
Für die Deutsche Welle als international operierender Sender gilt: Wir nutzen konsequent diejenigen Medien und Übertragungswege, über die wir unsere Zielgruppen in der jeweiligen Region am besten erreichen. Denn die Medienwelt bewegt sich in unterschiedlichen Regionen und Ländern keineswegs im Gleichschritt. Deshalb analysieren wir jeden Medienmarkt sehr genau und differenzieren beim Einsatz der Verbreitungsmittel. In dieser Ausgabe der Weltzeit richten wir den Blick nach Afrika, wo wir in einer Reihe von Sprachen seit 50 Jahren präsent sind – und hohe Glaubwürdigkeit genießen. Dort setzen wir zwar inzwischen auch auf Fernsehen und das Internet, von zentraler Bedeutung bleibt jedoch weiterhin das Radio. Wir werden auch zukünftig mit Audiobeiträgen unseren Auftrag erfüllen – sei es in unseren eigenen Angeboten oder über Partner. Wobei wir auch hier unterschiedlich geprägte Zielgebiete vorfinden – ob es um die technische Entwicklung oder um den Grad an Pressefreiheit geht. Wichtig ist, dass wir die Sprache der Menschen sprechen. Mit unseren Angeboten auf Kisuaheli und Haussa, Amharisch
und Portugiesisch, auch auf Englisch und Französisch, erreichen wir beachtliche Hörerzahlen. 280 Radiopartner in Afrika südlich der Sahara untermauern den Stellenwert, den die Programme der Deutschen Welle – auch die Fortbildungsangebote unserer Akademie – dort genießen. In vielen Ländern Afrikas ist eine verlässliche Stimme von außen beispiels-
»Wichtig ist, dass wir die Sprache der Menschen sprechen.« weise für die Arbeit prominenter Menschenrechtler von großer Wichtigkeit. Das bestätigt Jacqueline Moudeina, Anwältin aus dem Tschad, in einem Gastbeitrag in dieser Weltzeit. Sie nutze unter anderem die DW gezielt, um komplementäre Informationen zu bekommen und mehr Einzelheiten auch zu Ereignissen in ihrem eigenen Land zu erfahren, so die Trägerin des
Alternativen Nobelpreises. Dem schließt sich der angolanische Journalist und Menschenrechtler Rafael Marques an. Im Weltzeit-Interview erläutert er, warum es in seinem Land trotz boomender Wirtschaft weiterhin große Defizite bei der Meinungsund Pressefreiheit gibt. Die Deutsche Welle ist die mediale Visitenkarte unseres Landes. Deshalb wirken wir am Deutschlandbild außerhalb unseres Landes mit. Welches Bild sich die Menschen beispielsweise in Kamerun von uns machen, erfahren Sie in diesem Heft – als Auftakt zu einer neuen, authentischen Reihe zum Deutschlandbild in der Welt. Und wenn Sie mögen, folgen Sie einem DW-Reporter auf der Route von Kairo nach Kapstadt. Er ist in diesen Wochen mit dem Fahrrad unterwegs und berichtet aus zahlreichen Ländern – in einem Blog und hier in der Weltzeit. Ich wünsche Ihnen eine angenehme Lektüre.
Erik Bettermann Intendant
Deutsche Welle
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Welt anschauen
Chrispin Mwakideu ist Journalist, Dramatiker, Schauspieler und – passionierter Puppenspieler. Als solcher trat er nicht nur in seiner Heimat Kenia auf, sondern auch in Argentinien, Brasilien und Ecuador, in Iran, Belgien, Spanien, Finnland, Polen und Deutschland. Chrispin Mwakideu ist Mitarbeiter der Redaktion Englisch für Afrika, auch hier in wechselnden Rollen: als Moderator, Redakteur und Planer. Zudem schreibt er Radionovelas für das Bildungsprojekt Learning by Ear. Die Reihe kommt beim jungen Publikum in Afrika sehr gut an. Die Themen berühren ihren Alltag, die Aufbereitung ist
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lebendig, die Handlungen sind abwechslungsreich. Für das Drehbuch zum Beitrag „Familiy Affairs – How to become a political player“ erhielt Mwakideu 2009 den AIB-Award (Association for International Broadcasting). Die Jury bescheinigt eine „phantasievolle und originelle Umsetzung“. Der Autor beschreibe „mit großer Leichtigkeit“ die täglichen Herausforderungen der afrikanischen Teenager. Eben diese Leichtigkeit verdankt er auch seiner Passion, dem Puppenspiel. „Das bleibt auch künftig meine große Leidenschaft“, sagt Chrispin.
Inhalt Aktuelles erfahren
HEIMAT ERLEBEN
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The BOBs Online-Abstimmung läuft
21 Deutschlandbild Kritischer Blick aus Kamerun
6 Drei Mal Film ab Training, Campus und ein Preis
23 Der griechische David Imageverlust in Athen
ANDERE VERSTEHEN
Medien, Bildung, Qualität Deutsche Welle Global Media Forum
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Splitter
24 Beethoven auf Türkisch Orchestercampus 2012
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titelthema 8 Radio-Kontinent Afrika Der Hörer ist König
MEDIENWELT EINORDNEN 26 Cyber-Mobbing – was nun?
Der Reputationsmanager
12 Die DW in Afrika
27 Kolumne: Das läuft Shift – Leben in der digitalen Welt
14 Angola und die Pressefreiheit
Rafael Marques im Interview
unterwegs sein
15 Kolumne: Lesetipp
Reportagen als Mutmacher 16 Kolumne: Wir sprechen
24 Aufbruch in Myanmar Pionierarbeit der DW Akademie
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Kisuaheli
30 Tour d’Afrique mit dem Rad Reporter trifft Hörer POSITION BEZIEHEN 33 Geheimniskrämer in Südafrika
17 Die Stimmen von außen
Der Kommentar
Gastbeitrag Jacqueline Moudeina
33 Impressum
18 Ohne Radio läuft nichts
DW Akademie im Südsudan
menschen begegnen 34 Renate Krieger 3:0 für Afrika
20 Kolumne: Kulturtransfer Die Beautys von Lamu
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©© DW
aktuelles erfahren
Drei Mal Film ab
©© M. Gonzalo
Am Training für Manager von Filmfestivals nahmen in diesem Jahr zwölf Vertreter aus Afrika, Asien und erstmals auch Lateinamerika teil. Einen Monat lang diskutierten sie in Berlin über Strategien der Festivalvermarktung, Kommunikationsarbeit, Organisation und Filmauswahl. Während der Berlinale hatten sie Gelegenheit, Einblicke in den Festivalbetrieb zu erhalten und Kontakte in der Filmbranche zu knüpfen.
Der Berlinale Talent Campus ist eine Kreativwerkstatt für junge Filmschaffende aus aller Welt. Über 350 Nachwuchstalente besuchen sechs Tage lang Workshops und Vorlesungen von Experten. In diesem Jahr waren sieben DW-Volontäre und 16 auszubildende Mediengestalter in Bild und Ton bei der Veranstaltung dabei. In kleinen Teams haben sie viele Veranstaltungen medial begleitet, Interviews mit Teilnehmern, Experten und Gastrednern geführt.
Bildung punktet Die Deutsche Welle sucht im Rahmen ihres Wettbewerbs The BOBs wieder die besten Blogs weltweit. Bis 2. Mai können Internetnutzer in sechs Fach- und elf Sprachkategorien die Publikumspreise vergeben.
Der Special Topic Award legt in diesem Jahr den Fokus auf Kultur und Bildung – das Thema des Deutsche Welle Global Media Forum Ende Juni in Bonn. Zur Abstimmung stehen Blogs, Portale und Videoformate, die sich mit dem Recht auf Bildung, mit Projekten der Bildungsarbeit und des interkulturellen Dialogs beschäftigen. Gekürt werden unter anderem auch die beste Soziale Kampagne und der überzeugendste Video-Kanal. Erneut verliehen wird auch der Reporter-ohne-Grenzen-Preis. Die Jury – im Bild Marilín Gonzalo – ist ebenfalls am Zug: Sie ermittelt ihre Gewinner in den Fachkategorien am 1. Mai in Berlin. Internetnutzer hatten in den vergangenen Wochen mehr als 3.200 Vorschläge eingereicht. Die Jury hat in jeder Kategorie elf Kandidaten nominiert. Der DW-Wettbewerb The BOBs hat sich als bedeutendster internationaler Weblog-Award etabliert. www.thebobs.com
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Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat zum zweiten Mal den entwicklungspolitischen Preis „Cinema fairbindet“ vergeben – er ging an „Call me Kuchu“, eine Dokumentation über sexuelle Selbstbestimmung in Uganda. Die DW war Medienpartner und berichtete umfassend. DW-Moderatorin Dima Tarhini war Mitglied der internationalen Jury. www.dw-akademie.de
Interkultureller Talk beliebt Arabische und deutsche Experten diskutieren über den Wandel in der arabischen Welt: Am Puls der Zeit – die wöchentliche TV-Talkshow der DW – bekommt Bestnoten von der Zielgruppe. Eine kürzlich von der Markt- und Medienforschung zusammen mit dem Forschungsunternehmen Mediascore durchgeführte Studie belegt: Die Zuschauer attestieren der im September 2011 erstmals ausgestrahlten TV-Sendung Seriosität, Informationskompetenz und Glaubwürdigkeit. Die Themen aus den Bereichen Demokratisierung, Politik und Wirtschaft, Rolle des Staates, der Justiz und der Religion entsprechen demnach den Erwartungen der Zielgruppe. Die Befragten schätzen vor allem, dass hier Gesprächspartner aus unterschiedlichen Nationen und Kulturkreisen zu Wort kommen und die Themen aus verschiedenen Perspektiven beleuchten. Positiv wird zudem die Präsentation bewertet: die Moderation (Ahmed Abida, Foto) sowie eine gelungene Mischung aus Live-Schalten, Einspielern, Bildern und Grafiken. ©© DW
Preis für „Call me Kuchu“: Die Regisseurinnen Katherine Fairfax Wright und Malika Zouhali-Worrall
Die DW Akademie hat in Zusammenarbeit mit der Berlinale Festspielleitung zum neunten Mal das Training „Film Festival und Event Management“ durchgeführt. Es richtet sich an Multiplikatoren der Kultur- und Filmbranche. Beteiligt war die DW auch am Sonderpreis „Cinema fairbindet“ sowie am Berlinale Talent Campus.
©© Claudia Buentjen
Zuspruch in Afghanistan Einer im Auftrag der DW erstellten landesweiten Studie zufolge hört fast jeder dritte Afghane regelmäßig das DW-Programm auf Dari und Paschtu – vor allem über UKW-Frequenzen von Radio Ariana. Der DW-Partner verbreitet die Nachrichten, ein Magazin mit Informationen zu Afghanistan und das Bildungsprogramm Learning by Ear der DW. So ist die Reichweite der DW-Sendungen in Afghanistan deutlich gestiegen: Mittlerweile kennt jeder zweite Afghane die Deutsche Welle. Learning by Ear erreicht wöchentlich 15 Prozent der Bevölkerung.
Mediendialog Arabische Welt Bildung für alle – überall?: Medien und Bildungsauftrag als Konferenzthema 2012
Medien. Bildung. Quote. Das Programm des Deutsche Welle Global Media Forum 2012 steht. Vom 25. bis zum 27. Juni geht es im Bonner World Conference Center um das Thema „Kultur. Bildung. Medien – Zukunft lebenswert gestalten“. 1.500 Teilnehmer aus aller Welt werden erwartet. Zum Auftakt der Medienkonferenz diskutiert eine prominent besetzte Runde über das Spannungsfeld „Quote oder Qualität? Medien zwischen Erfolgsdruck und Bildungsauftrag“. Erwartet werden unter anderem Mikhail Svidkoy, Journalist und Sonderbevollmächtigter des russischen Präsidenten in Fragen der kulturellen Zusammenarbeit, und Professor Franz-Josef Radermacher, Wirtschaftswissenschaftler an der Universität Ulm und Mitglied des Club of Rome. Der zweite Konferenztag eröffnet unter dem Titel „Globalisierung – Freund oder Feind kultureller Vielfalt und des interkulturellen Dialogs?“ mit dem ehemaligen indonesischen Staatspräsident Jusuf Habibie. Am dritten Konferenztag diskutieren Denis Goldberg, südafrikanischer Apartheidgegner und Autor, und der Philosoph Thomas Pogge von der Universität Yale, USA, die Frage „Bildung und nachhaltige Entwicklung: Zwei Seiten einer Medaille?“ Am Kongress teilnehmen wird auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle. Darüber hinaus sind Polens Präsident Bronislaw Komorowski und der Generalsekretär der Gruppe der afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten (AKP), Mohamed Ibn Chambas, eingeladen. Zum Deutsche Welle Global Media Forum schreibt der deutsche Auslandsrundfunk wieder den Fotowettbewerb KLICK! aus. Das Motto 2012: „Your View of Culture and Education“. Interessierte wählen ab 18. April online die zehn besten Fotos aus. Diese Bilder werden auf der Konferenz in Bonn ausgestellt.
Die DW Akademie lädt gemeinsam mit der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg und der Fachhochschule Köln zum dritten Deutsche Welle Mediendialog ein. Thema am 16. Mai in Bonn: „Arabische Welt – Die Rolle der Medien in Zeiten des Umbruchs“. Es geht um Transformation der Medienlandschaften, Revolution der Sozialen Medien und Meinungsfreiheit sowie um Verbindungen, Auswirkungen und Ergebnisse des Arabischen Frühlings. Tagungssprache ist Englisch. Eingeladen sind Wissenschaftler aus den Bereichen Medien, Politik, Wirtschaft und Recht sowie Medienvertreter. www.dw.de/mediendialog
TV-Magazin auf Bosnisch Die Deutsche Welle hat weitere TV-Magazine für den Medienmarkt Südosteuropa gestartet. Jüngstes Produkt ist die Sendung Euro-Panorama, die seit Mitte Februar landesweit über den DW-Partner BHT1 in Bosnien-Herzegowina zu sehen ist – zur Hauptsendezeit am Abend. Das Magazin umfasst unter anderem eine Presseschau mit Kommentaren und Analysen deutscher Medien und ein Journalistengespräch zu einem Schwerpunktthema.
Unterstützung von AHK Deutsche Außenhandelskammern (AHK) unterstützen seit Februar die Wirtschaftsnachrichten der Deutschen Welle. Die AHKs helfen mit ihrem Netzwerk bei der Suche nach geeigneten Fachleuten für Interviews und bei der Durchführung mit Equipment vor Ort. Im neuen TVProgramm der Deutschen Welle gibt es stündliche Wirtschaftsnachrichten und täglich weitere Wirtschaftssendungen auf Deutsch, Englisch, Spanisch und Arabisch. www.dw.de/wirtschaft
www.dw-gmf.de
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©© picture-alliance/Ton Koene
Titelthema
Text Thomas Mösch, Leiter der Afrika-Redaktionen Bilder dpa, Matthias müller (auch titelfoto), Peter Hille
Radio-Kontinent Afrika Für die meisten Afrikaner südlich der Sahara ist das Radio weiterhin die Hauptquelle für Informationen. In einigen Ländern besitzen über 90 Prozent der Haushalte ein Radiogerät. Fernseher stehen in weit weniger Wohnungen. Die Internetnutzung steigt zwar; aber auch in den nächsten Jahren wird wohl nur eine kleine Minderheit ihre Informationen aus dem weltweiten Netz beziehen.
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Im kreativen Dialog mit den Hörerinnen und Hörern: Halimatu Abbas, Haussa-Redaktion, und Yann Durand, Französisch-Redaktion
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ie Gründe dafür, dass man Afrika immer noch ohne zu übertreiben als „Radio-Kontinent“ bezeichnen kann, sind vielfältig. Da ist zunächst die Allgegenwart dieses Mediums. Radiogeräte sind billig und funktionieren auch dort, wo die Stromversorgung fehlt oder unzuverlässig ist. Über Kurzwelle, Mittelwelle, UKW und Satellit erreichen Radiowellen auch die letzten Winkel und ermöglichen so Information in Echtzeit. Der Fernsehempfang beschränkt sich in Afrika dagegen oft noch auf die Städte, und selbst dort ist die Empfangsqualität meist schlecht. Wer TV als Informationsquelle nutzen will, braucht an vielen Orten neben dem Fernseher auch eine Satellitenschüssel und einen Generator – Investitionen, die sich die meisten Afrikaner nicht leisten können. Nigeria gehört hier eher zu den Ausnahmen, hier verfügen rund 60 Prozent der Haushalte über ein TV-Gerät. Zeitungen kosten ebenfalls im Vergleich zu den Lebenshaltungskosten viel Geld, sie erreichen viele Orte erst mit tagelanger Verspätung – und der Informationssuchende muss lesen können. Selbst in re-
lativ weit entwickelten Ländern, beispielsweise Ghana oder Ruanda, kann ein Drittel der Bevölkerung weder lesen noch schreiben, wie der Human Development Report 2011 ausweist. In Äthiopien oder Niger sind es demnach mehr als zwei Drittel. Für diese Menschen ist auch das Internet bisher keine Alternative, denn Audios und Videos benötigen eine große Bandbreite bei der Übertragung, die in den meisten afrikanischen Ländern aufgrund der schlecht entwickelten technischen Infrastruktur entweder nicht vorhanden oder nach wie vor sehr teuer ist. Nach Angaben der ITU (International Telecommunication Union) wird das mobile Internet hingegen parallel zur rasanten Entwicklung des Mobilfunks in Afrika in Zukunft eine bedeutende Rolle einnehmen.
Wachsende Vielfalt im Äther Auch in der Produktion sind Radioprogramme vergleichsweise billig. So haben sich in vielen Kleinstädten und in ländlichen Regionen Privatradios oder Com-
munity Radios (Bürger-Radio) gegründet. Regionale und nationale Sender, darunter eine wachsende Zahl privater Anbieter, produzieren eine Vielzahl von Informations- und Unterhaltungsangeboten. Hinzu kommen seit langem etablierte internationale Sender. Mitbewerber der DW sind in Afrika vor allem die BBC, das französische RFI – inzwischen verschmolzen mit France 24 – und die Voice of America (VoA). In den vergangenen Jahren drängen auch verstärkt neue Sender nach Afrika, darunter Radio China und der iranische Auslandsrundfunk.
50 Jahre DW für Afrika Die Radioprogramme der Deutschen Welle für Afrika nähern sich inzwischen alle ihrem 50-jährigen Bestehen. In diesem Jahr etwa das Französische Programm. Auch ein englischsprachiges DW-Programm für Afrika ging 1962 erstmals auf Sendung. Nach einer zwischenzeitlichen Pause von fünf Jahren strahlt die DW nun seit Ende Oktober 2011 wieder ein spezielles »
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Titelthema
Lorembeim ipsum To es nihil ipsam, elenis ea doles voHürden TV-Empfang: Wer einen Fernseher will, lorepedan quaerorem facestis sunt et doloresed braucht vielen Orten auch einen Generator
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Radioangebot für den Kontinent aus: die Sendung AfricaLink. Das Haussa-Programm für Westafrika (vor allem Nigeria und Niger) sowie das Kisuaheli-Programm für Ostafrika können im kommenden Jahr ihr goldenes Jubiläum feiern. Das Amharische Programm für Äthiopien und Eritrea
»Informationen aus Afrika für Afrika werden immer wichtiger.« wird in drei Jahren 50. Die Ausstrahlung auf Portugiesisch startete schon kurz nach Gründung der Deutschen Welle vor bald 60 Jahren. Damals standen jedoch als Zielgebiete Portugal und später auch Brasilien im Vordergrund, denn die ehemaligen portugiesischen Kolonien in Afrika, darunter Angola und Mosambik, erreichten erst Mitte
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der 1970er-Jahre ihre Unabhängigkeit. Zu dieser Zeit begann auch die Ausstrahlung des Portugiesisch-Programms der DW in diese Länder. Für die anderen Angebote der DW für Afrika war das „afrikanische Jahr“ 1960 ein wichtiger Anlass ihrer Entstehung. Damals wurden zahlreiche Staaten unabhängig und die noch junge Bundesrepublik Deutschland suchte nach Wegen, diesen neuen Playern auf der internationalen Bühne ihre Sicht der Welt näher zu bringen. Auch BBC und VoA starteten rund um das Jahr 1960 ihre ersten Sendungen in afrikanischen Sprachen. Immer wichtiger wurden seitdem die Informationen aus Afrika für Afrika. So schicken allein für die DW heute rund 120 freie Korrespondenten Berichte nach Bonn, die dann wieder Richtung Afrika ausgestrahlt werden. Internationale Sender wie die DW halten die Verbindung zum Nachbarkontinent Europas jedoch nicht nur über ihre Korrespondenten. Seit Beginn der Sendungen für Afrika spielt der Kontakt zu den Hörerinnen und Hörern eine große Rolle. Diese möchten direkt mit den Sendern und auch
mit anderen Hörern kommunizieren. Was früher Körbe voller Briefe waren, ist heute die Flut von Mobilfunktexten (SMS) und EMails. So erhalten sowohl die Kisuaheli- als auch die Haussa-Redaktion der DW jeden Tag zwischen 200 und 300 mobile Kurznachrichten. Viele Hörer äußern sich zu den Themen des Tages, oft mit konkreten Erwartungen an die deutsche Politik oder die ihrer Heimatländer. Einige dieser Kommentare bringen wir schon in die laufende Sendung ein.
UKW verdrängt Kurzwelle Diese Berichte erreichen über die Frequenzen der DW wöchentlich über 30 Millionen Hörer in Subsahara-Afrika und damit mehr als ein Drittel aller DW-Nutzer weltweit. In Tansania (Kisuaheli) und Nordnigeria (Haussa) hören je ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung mindestens einmal in der Woche die Programme aus dem Funkhaus in Bonn. Die Kurzwelle ist dabei in vielen Ländern immer noch wichtig. Doch auch in Afrika nutzen die meisten
Vorzüge des Radios: billig und überall verfügbar
Hörer inzwischen UKW. In Ruanda schalten täglich fast 90 Prozent der Erwachsenen UKW-Sender ein. Auch in Kenia und Ghana hören die meisten Menschen Radio über UKW. In Nigeria und Niger empfangen aber auch noch viele Hörer ihr Radiosignal via Kurzwelle.
Bildungsangebote beliebt Internationale Sender verfolgen deshalb je nach Land unterschiedliche Strategien. Auch für die Deutsche Welle wird beispielsweise die Ausstrahlung über UKW immer wichtiger. Einige Medienhäuser setzen auf eigene Frequenzen, wo dies rechtlich möglich ist. Andere, auch die DW, arbeiten verstärkt mit lokalen Anbietern zusammen. Überraschend für Kenner der europäischen Medienlandschaft ist außerdem, dass afrikanische Hörer keineswegs in erster Linie Unterhaltung vom Radio erwarten. Die Afrikaner nutzen Radio als Informationsmedium und erwarten deshalb auch eine große Bandbreite an Themen. Sie interessieren sich nicht nur für das Gesche-
Die Crux bei Zeitungen: teuer und nur für jene, die lesen können
hen in ihrer Stadt und in ihrem Land, sondern auch für Ereignisse in anderen Ländern des Kontinents und für Weltpolitik. Sport findet zwar ihr besonderes Interesse, aber Politik, Kultur, Gesundheit, Entwicklung und Wirtschaft sind ihnen ebenfalls wichtig. Sehr viele Afrikaner erwarten außerdem Bildungsinhalte. Wo Bildungsinstitutionen generell schwach entwickelt sind, wo es keine Volkshochschulen und keine Zeitungsläden mit Spezialheften zu jedem denk-
»Die Hörer erwarten eine große Brandbreite an Themen.«
by Ear reagiert. Seit 2008 produzieren die Afrika-Redaktionen Hörspiele und FeatureSendungen für junge Hörerinnen und Hörer, um ihnen Themen wie Mädchenrechte oder Verkehrssicherheit nahezubringen – mit großem Erfolg, wie die Reaktionen von Hörern und Partnersendern zeigen. Soweit nicht anders erwähnt, stammen alle in diesem Artikel vorliegenden Mediennutzungsdaten aus landesweit repräsentativen Studien der Markt- und Medienforschung der Deutschen Welle in Zusammenarbeit mit InterMedia 2007 bis 2010.
baren Wissensgebiet gibt, dort übernimmt offenbar das Radio diese Funktionen. Die Deutsche Welle hat auf diesen Bedarf unter anderem mit ihrem Projekt Learning
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Unsere Partner Die DW zählt rund 280 Radiopartner auf dem Kontinent südlich der Sahara. Darunter 50 sogenannte PremiumPartner, die in großem Umfang mit der DW kooperieren oder über eine besonders große Reichweite verfügen. In Kamerun gehört beispielsweise Ocean City Radio dazu. Der Sender strahlt nicht nur das DW-Programm auf Französisch und Englisch parallel in den Städten Limbe, Kumba und Douala aus. Mit einem eigenen DW-Club bindet er Hörer in das Programm ein, wirbt aktiv an Schulen für das InfotainmentFormat Learning by Ear und eröffnet im Mai ein Sprachcenter, das auf die Deutschkurse der DW aufbaut. Auch Freedom Radio, der wichtigste Privatsender im Norden Nigerias, zählt zu den DW-Partnern. Mit Stationen in den Städten Kano, Dutse und demnächst Kaduna überträgt der Sender alle wöchentlichen Magazine aus dem Haussa-Programm der DW. Ein Ausbau der Übertragungsmöglichkeiten ist sowohl im Norden, als auch in den Großstädten Abuja und Lagos geplant. Die 2008 geschlossene Partnerschaft geht weit über eine Verbreitung des Programms hinaus: Auch auf dem Gebiet der Nachwuchsförderung kooperieren Freedom Radio und DW – im vergangenen Jahr etwa mit einem viel beachteten multimedialen Journalistenwettbewerb zum Thema „Social Media“. In Tansania sorgt bereits seit 1998 der größte Sender des Landes, das private Radio Free Africa dafür, dass Hörer bis weit über die Landesgrenzen hinaus das Programm der DW auf Kisuaheli empfangen können. Das überaus beliebte Radio, das auch in Teilen Ruandas, Burundis und Kenias genutzt werden kann, strahlt zusätzlich das Bildungsprogramm Learning by Ear auf Kisuaheli aus. Zum Konzern gehört zudem der Fernsehsender Star TV, der DW-Programm übernimmt und auch ein langjähriger Partner der DW Akademie ist. Dominik Ahrens
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DW für Afrika Die Radioprogramme der Deutschen Welle erreichen über 30 Millionen regelmäßige Hörer in Afrika. Und die DW spricht deren Sprache: Amharisch, Englisch, Französisch, Haussa, Kisuaheli und Portugiesisch. In vielen Ländern zählt die Deutsche Welle zu den beliebtesten Radio-Anbietern. Beispiel Tansania: Dort hören Woche für Woche 30 Prozent der Bevölkerung das Kisuaheli-Programm. In Äthiopien ist das Amharisch-Programm der DW unter den internationalen Anbietern Marktführer. Ausgestrahlt werden die Programme über Kurzwelle, Satellit und durch lokale Partnersender auf UKW. Alle Programmangebote sind auch im Internet abrufbar. Das Online-Angebot der DW erfreut sich ebenfalls großer Beliebtheit: Die Seiten auf Amharisch erreichen beispielsweise monatlich rund 300.000 Zugriffe. Fernsehen bietet die DW rund um die Uhr auf Englisch. Der Basiskanal DW ist in ganz Afrika zu empfangen.
Mit dem multimedialen, preisgekrönten Bildungsprogramm Learning by Ear hat sich die Deutsche Welle auf dem Kontinent einen Namen gemacht. Umwelt, Entwicklungspolitik, Gesundheit oder Zivilgesellschaft – in unterhaltsamen Radionovelas und lebendigen Features bieten wir ein maßgeschneidertes Programm für Afrikas Jugend. Auch das Multimedia-Angebot Destination Europe richtet sich an Jugendliche und junge Erwachsene. Es zeichnet ein realistisches Bild von der Migration und vom Leben in Europa. Es umfasst eine Radionovela, Video-Porträts von Migranten sowie Social-Media-Aktivitäten. www.dw.de/lbe www.dw.de/destinationeurope
Radio ist das meistgenutzte Medium Tägliche Mediennutzung in Tansania, Nigeria, Niger und Äthiopien Quelle: Markt- und Medienforschung der DW / InterMedia 2008 bis 2010 Angaben in Prozent
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Radio Tansania
Fernsehen Nigeria
Niger
Internet Äthiopien
DW â&#x20AC;&#x201C; Die neue Welt der Information Neues Fernsehen, neue Webseite, neuer Look Schauen Sie selbst: www.dw.de
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Fragen von Johannes Beck, Leiter der Portugiesisch-Redaktion für Afrika
Unliebsames unerwünscht Während in Angola die Wirtschaft boomt, bleiben Meinungs- und Pressefreiheit in den Kinderschuhen, wie der Journalist und Menschenrechtler Rafael Marques im Weltzeit-Interview erklärt.
©© R. Marques
In allen größeren Städten Angolas gibt es private Fernseh- und Radiosender, in Luanda sind zahlreiche Zeitungen zu kaufen. Ist es also um die Pressefreiheit in Angola gut bestellt? So kann man das nicht sagen, denn 2010 haben mehrere Firmen, die angolanischen Sicherheitsdiensten und wichtigen Angehörigen der Regierung gehören, einen Teil der privaten Zeitungen aufgekauft. Anschließend haben sie die redaktionelle Linie auf einen Kurs gegen die Opposition und die Zivilgesellschaft umgeschwenkt. Bei Blättern wie dem Semanário Angolense oder A Capital wird inzwischen sogar schärfer zensiert als beispielsweise in den staatlichen Medien. Und wenn wir über die privaten Printmedien sprechen, reden wir über Zeitungen, die pro Woche weniger als 30.000 Exemplare verkaufen. Luanda allein hat aber mehr als sechs Millionen Einwohner. Also liest hier weniger als ein Prozent der Einwohner überhaupt eine Zeitung. In der Provinz sieht es noch schlimmer aus: Hier gibt es praktisch keine Zeitungen. Wie steht es denn um die privaten Radio- und Fernsehstationen? Die Mediengruppe um den einzigen privaten Fernsehsender Angolas, TV Zimbo, gehört General Kopelipa, dem Chef des Militärstabs des Präsidenten José Eduardo dos Santos, und Manuel Vicente, derzeit Minister für die Wirtschaftskoordination. Damit finden sich unter den Eigentümern zwei der vier einflussreichsten Repräsentanten des Regimes. Sie nehmen Einfluss auf das Tages-
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TV als Gemeinschaftserlebnis: Das inhaltliche Angebot bleibt bescheiden
geschäft, indem sie Anweisungen geben, was und was nicht gesendet werden darf. Bei den Privatradios sieht es ähnlich aus. Abgesehen von Rádio Ecclésia, dem Sender der katholischen Kirche, und Rádio Despertar, dem Sender der Oppositionspartei UNITA, die beide in Luanda auf UKW senden, gehören alle anderen Privatsender der MPLA. Die Regierungspartei hat Firmen gegründet, um Sender zu kontrollieren – etwa Rádio LAC in Luanda, Rádio Morena in Benguela, Rádio Cabinda in Cabinda oder Rádio 2000 in der Provinz Huíla. Die MPLA hält an all diesen Sendern die Mehrheit. Wie kann man unter solchen Bedingungen von Pressefreiheit sprechen? Welche Rolle kommt internationalen Sendern wie dem Portugiesischen Programm der DW zu? Die internationalen Radiosender sind extrem wichtig. Das Wenige, was beispielsweise im Landesinnern über die wirkliche Lage des Landes bekannt wird, ist das, was von ihnen berichtet wird. Viele Angolaner ziehen es daher vor, internationale Sender zu hören – vor allem gilt das im Landesinnern: Hier ist das staatliche Radio, das nur Propaganda sendet, oft die einzige Alternative zu Stimmen von außen. Wie viele Menschen in Angola haben überhaupt Zugang zum Internet? Man geht davon aus, dass das Internet weniger als drei Prozent der Angolaner erreicht. Es ist dennoch ein wichtiges Medium, weil unabhängige Sender und Zeitungen im Land fehlen. Das Internet kann die Menschen in den Städten, die Zugang zum Netz haben, mit Informationen über das Geschehen in Angola versorgen. Man darf aber nicht vergessen, dass Webseiten sehr oft nur schwer zu öffnen sind, da sie immer wieder attackiert werden. Mein Blog
lesetipp
Reportagen als Mutmacher
makaangola.org beispielsweise war einen Monat lang nicht zugänglich. Wir mussten auch schon drei Mal unseren Server wechseln, da sich selbst in den USA Provider aufgrund der Attacken weigern, Seiten wie makaangola.org zu hosten.
Angola schlägt viele Rekorde in Afrika: Nirgendwo sonst ist die Wirtschaft in den vergangenen zehn Jahren so stark gewachsen, teilweise um mehr als 20 Prozent pro Jahr. Keine Stadt der Welt ist für Ausländer so teuer wie Luanda. Grund für das Wirtschaftswachstum ist das Öl, die ehemalige portugiesische Kolonie Angola ist nach Nigeria der größte Erdölproduzent Afrikas. Doch der wirtschaftliche Aufschwung schlägt sich nicht in mehr Freiheiten für Medien und Journalisten nieder. In seinem Blog makaangola.org, einem der einflussreichsten Webseiten Angolas, schreibt Rafael Marques über Menschenrechte und Korruption.
Christiana aus Sierra Leone sitzt in ihrem Container-Büro bei 40 Grad Hitze und arbeitet. Gerade kommt ein neues Angebot rein: ein Luxuswagen – und 100.000 US-Dollar obendrauf. Geld, das Christiana sehr gut gebrauchen könnte in einem Land, das einen der hintersten Plätze auf dem UN-Index für Entwicklung belegt. Doch Christiana ist nicht bestechlich. Faire Wahlen für ihr Land, das ist es, was die Leiterin der unabhängigen Wahlkommission will. „Afrikas Macher – Afrikas Entwickler“, der soeben von DWChefredakteurin Ute Schaeffer vorgelegte Titel, beschreibt die harte Realität in Gesellschaften südlich der Sahara. Zugleich hebt Schaeffer bewundernswerte Menschen heraus, die mutig für ihr Land, für mehr Entwicklung, mehr politische Beteiligung kämpfen – ohne Waffen. Die Autorin ist Afrika-Kennerin, hat den Kontinent oft bereist, kennt den sozialen Alltag insbesondere in Ländern Westafrikas. Schaeffer lernte bemerkenswerte Menschen kennen, deren Geschichten sie in ihren Reportagen erzählt. Diese Erfahrungen, zusammengefasst auf 250 Seiten, ermöglichen einen tiefen Einblick in die Strukturen eines Kontinents der Möglichkeiten. Wenn Ute Schaeffer über ihr Buch spricht, dann entfaltet sich ihre ganze Faszination für die Tatkraft und den Gestaltungswillen ihrer afrikanischen Heldinnen und Helden. Sie nimmt das Buch, schlägt die Abbildungen im letzten Drittel auf und zeichnet mit wenigen Worten ein Bild der standhaften Christiana Thorpe aus Sierra Leone oder der AIDSkranken Dorothea aus Ruanda, die ihr Leben noch längst nicht aufgegeben hat. Schaeffer erzählt die Geschichten hinter den Schlagzeilen zu Afrika in europäischen Medien. Sie rückt Menschen in den Mittelpunkt, die mehr Potenzial in ihrem Land sehen, als es die politischen Eliten dort tun. Gegliedert nach den Bereichen Politik, Gesellschaft und Wirtschaft macht die Autorin an Beispielen die zentralen Probleme in verschiedenen Ländern Afrikas deutlich, schlüsselt deren Ursprung auf und schafft so ein breites Hintergrundwissen. Am Ende stehen Aussagen von Flüchtlingen und deren Mahnung: „Keiner von uns würde sein Leben in der Wüste oder auf dem Meer riskieren, wenn wir eine Perspektive zu Hause hätten. Doch wer sorgt dafür, dass wir gar nicht aufbrechen müssen?“ Die Antwort lautet nicht Europa oder die Vereinten Nationen. Wer dieses Buch liest, versteht: Die Antwort heißt Afrika! Mareen Mater Ute Schaeffer: Afrikas Macher – Afrikas Entwickler: Reportagen zur afrikanischen Gegenwart. Brandes & Apsel Verlag, Frankfurt am Main 2012, 248 Seiten, 24,90 Euro
www.makaangola.org
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©© Disney/ct-Archiv
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soksi Hakuna Matata
zahanati
barua pepe Text Andrea Schmidt Leiterin der Kisuaheli-Redaktion
wir sprechen
Kisuaheli Seit Disneys König der Löwen mit dem vergnüglichen Song des Warzenschweins Pumbaa und seinem Meerkatzenfreund Timon ist Hakuna Matata wohl bei vielen Menschen weltweit bekannt. Es ist Kisuaheli und heißt im übertragenen Sinne: Mach dir keine Sorgen. Kisuaheli ist die dominierende Verkehrs- und Handelssprache in Ostafrika, dem Gebiet der Großen Seen bis Ostkongo. Es ist offizielle Sprache der Afrikanischen Union, eine der Arbeitssprachen der Vereinten Nationen und laut Linguisten eine der am schnellsten wachsenden Sprachen der Welt. Experten schätzen die Zahl der Sprecher auf über 80 Millionen, wobei nur ein Bruchteil von ihnen Kisuaheli als Muttersprache spricht. Kisuaheli ist eine Bantu-Sprache, die sich an der ostafrikanischen Küste entwickelt hat und die sich mit den arabischen Sklaven- und Elfenbeinhändlern bis in den Ostkongo verbreitete, wo es heute nach Tansania die größte Sprecherzahl gibt. Die Sprache ist geprägt durch viele Lehnwörter aus dem Arabischen; auch die deutsche Kolonialzeit hat ihre Spuren hinterlassen. Die Ostafrikaner fanden es faszinierend, wie die deutschen Soldaten bei den tropischen Temperaturen warme Socken anziehen konnten. Seitdem ist soksi ein fester Bestandteil des Kisuaheli-Vokabulars. Auch kindergarten und shule sind Kisuaheli-Sprechern ein Begriff, ebenso zahanati für Zahnarzt. Neureiche, die sich einen Mercedes Benz leisten konnten, wurden lange Zeit wabenzi genannt. Im Deutschen ist Safari für Reise aus dem Kisuaheli in den Sprachgebrauch übergegangen. Der schwäbische Missionar Ludwig Krapf verfasste das erste Wörterbuch und die erste Grammatik für
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Kisuaheli, nach ihm wurde das Gebäude der Deutschen Botschaft in Nairobi benannt. Die Kisuaheli-Redaktion der DW kooperiert mit den wichtigsten Instituten zur Sprachentwicklung und Standardisierung des Kisuaheli in Daressalam und Nairobi. Viele neue Wörter zu politischen Entwicklungen oder aus der Computersprache werden erst über unsere Sendungen einem großen Publik bekannt – beispielsweise mabadiliko ya tabia nchi (wörtlich übersetzt: Änderung des Landschafts-Charakters) für Klimawandel, barua pepe (fliegender Brief) für E-Mail oder mitandao ya kijami für Soziale Netze. Einmal monatlich werden neue Wörter und ihre Entstehung erklärt. Auch ostafrikanische Zeitungen übernehmen das Vokabular. In Tansania hört laut DW-Medienforschung ein Drittel der Bevölkerung regelmäßig das Kisuaheli-Programm der DW. Viele Universitäten in den USA und Nordeuropa – und auch das Bundessprachenamt in Köln – übernehmen Inhalte der DW für ihren Kisuaheli-Unterricht. Ob Sendung mit der Maus, Krimis oder Dokumentationen – gelegentlich kommen Anfragen von TV-Produktionsfirmen, die in Ostafrika gedreht haben und nun eine Übersetzung benötigen. Die kurioseste Anfrage kam von einem Deutschen, dessen Großtante soeben verstorben war und die ihre Kindheit in Kenia verbracht hatte. Die Familie wollte unbedingt wissen, was die alte Dame kurz vor ihrem Tod gesagt hatte. Er schrieb uns lautmalerisch auf, was er verstanden hatte. Wir konnten der Familie mitteilen, dass die alte Dame vor ihrem Tod ein traditionelles ostafrikanisches Gebet sprach.
Text Jacqueline Moudeina Menschenrechtlerin aus dem Tschad
Wir brauchen die Stimmen von außen
Als Menschenrechtlerin nutze ich das staatliche Radio des Tschad sehr selten: Als offizielle Stimme der Regierung hat es uns Menschenrechtlern wenig zu bieten. Häufig höre ich internationale Radiostationen und zudem Radio FM Liberté. Dieser Sender ist ein Privatradio der Zivilgesellschaft und wurde von der Menschenrechtsorganisation ATPDH mitbegründet. Radio FM Liberté ist ein wichtiges Instrument in unserem Kampf für die Menschenrechte. Über diesen Sender strahlen wir unsere Nachrichten aus, berichten über Menschenrechtsverletzungen im Tschad und informieren die Bevölkerung über ihre Rechte. Über das staatliche Radio würden solche Berichte natürlich nur zensiert laufen. Daher ist unser Sender ein wichtiger Mittler zwischen uns und unserer Arbeit auf der einen und der Bevölkerung auf der anderen Seite. Es gibt im Tschad zwar neben der staatlichen auch eine unabhängige Presse. Aber was die Reichweite von Zeitungen angeht, haben wir zwei Probleme: Zum einen gibt es hier viele Menschen, die nicht lesen können – die Analphabetenrate liegt laut Vereinten Nationen bei rund 70 Prozent. Zum anderen können viele Menschen es sich gar nicht leisten, eine Zeitung zu kaufen. Das führt dazu, dass Zeitungen in unserem Land weit weniger geeignet sind als das Radio, um Informationen an ein großes Publikum zu vermitteln. Internationale Sender wie die Deutsche Welle, Radio France Internationale (RFI), die BBC oder Voice of America haben natürlich dieselbe Rolle: Auch sie informie-
ren die Bevölkerung. Sie haben aber noch einen weiteren großen Vorteil: Sie dringen über die nationalen Grenzen hinaus. Sie berichten zum Beispiel über unsere Arbeit oder über Missstände im Tschad – und dies erreicht nicht nur die Menschen im Tschad, sondern auch Hörer in anderen Ländern der Region. Früher haben die Menschen hier vorwiegend RFI gehört, das französische Auslandsradio. In den vergangenen Jahren jedoch hat sich der Medienkonsum in unserem Land verändert: Heute hören die Menschen gezielt verschiedene internationale Stimmen, um komplementäre Informationen zu bekommen und mehr Einzelheiten zu einem Ereignis zu erfahren. Es ist daher sehr bereichernd, verschiedene Programme aus dem Ausland empfangen zu können. Aber genau diese Details werden den internationalen Sendern auch manchmal zum Verhängnis: So wurde beispielsweise 2008 vorübergehend die Ausstrahlung von RFI im Tschad unterbunden und die Korrespondentin zur persona non grata – zur unerwünschten Person – erklärt, weil sie zu genau berichtet hatte über einen Rebellenangriff, der das Regime von Präsident Idriss Déby beinahe zum Sturz gebracht hätte. Wie die privaten Radios stoßen also auch die internationalen Sender im Tschad manchmal an ihre Grenzen. Und doch brauchen wir sowohl die nationalen wie die internationalen Sender: Nur so können wir uns umfassend informieren.
©© DW
Die Anwältin Jacqueline Moudeina erhielt 2011 den Alternativen Nobelpreis. In einem Gastbeitrag erläutert sie, welche Rolle Radio für ihr Land und für ihre Arbeit spielt.
Jacqueline Moudeina erhielt 2011 den Right Livelihood Award, den Alternativen Nobelpreis, für ihren jahrelangen Einsatz für die Menschenrechte, insbesondere für die Opfer der früheren Diktatur im Tschad. Moudeina ist Gründerin der Menschenrechtsorganisation ATPDH – Association tchadienne pour la promotion et la défense des droits de l'Homme. Sie kämpft dafür, dass der ehemalige Staatschef Hissène Habré zur Rechenschaft gezogen wird. Habré wird vorgeworfen, in seiner achtjährigen Herrschaft (1982 bis 1990) die Ermordung von bis zu 40.000 Menschen und systematische Folter an Tausenden Menschen angeordnet zu haben. Seit seinem Sturz 1990 durch den heutigen Präsidenten Idriss Déby lebt Habré unbehelligt im Senegal.
Deutsche Welle
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Titelthema
Unendliche Weite, kaum Infrastruktur: schwieriger Aufbruch im Südsudan
Text Carsten von Nahmen, DW Akademie Bilder Peter Hille, dpa
Ohne Radio nicht lebensfähig Im Südsudan, dem jüngsten Staat Afrikas, kann nur das Radio als Kommunikationsbrücke zwischen den Regionen und Ethnien des Landes dienen. Die DW Akademie leistet hier Pionierarbeit.
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ichts als Gräser, Büsche, Bäume: Savanne, so weit das Auge reicht. Nur selten lockern einige verstreute Hütten, ein paar sandige Pisten das Bild auf; und natürlich das Band des „Weißen Nils“, der sich von der ugandischen Grenze Richtung Norden schlängelt. Ansonsten: unendliche Weite.
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Wer sich mit dem Flugzeug auf den Weg nach Juba im Südsudan macht, der erkennt schnell, vor welch riesigen Herausforderungen die Regierung dieses jüngsten Staates Afrikas steht. Juba selbst, immerhin die Hauptstadt des jungen Landes, verfügt erst seit kurzem über so etwas wie ein nennenswertes System von asphaltierten
Der Weiße Nil, der sich von der ugandischen Grenze Richtung Norden schlängelt
Straßen. Kurz außerhalb des Stadtzentrums beginnen die Wohnviertel, die im Wesentlichen aus traditionellen Strohhütten bestehen. Eine funktionsfähige Kanalisation, eine verlässliche Stromversorgung: Fehlanzeige. Und im Rest des Landes sieht es in Sachen Infrastruktur noch deutlich schlechter aus. Wie soll unter diesen Umständen ein Staat funktionieren, wie eine Zivilgesellschaft entstehen, wie die Regierung mit ihren Bürgern kommunizieren – und umgekehrt? „Ohne Radio könnten wir als Staat nicht existieren“, sagt Rehan Abdel Nabi, Direktor der staatlichen Rundfunkanstalt South Sudan Radio. In der Tat: Strom und damit Fernsehen gibt es nur in den wenigen größeren Siedlungen des Landes; von Internet ganz zu schweigen. Lesen und schreiben kann im Südsudan nur eine Minderheit. So bleibt für viele Menschen das Radio die einzige Informationsquelle für Nachrichten aus der Hauptstadt und aus den anderen Regionen dieses riesigen Vielvölkerstaates, der der Südsudan auch nach seiner Abspaltung vom Nordsudan 2011 immer noch ist. Die Unterstützung des staatlichen Radios, auch privater und kirchlicher Sender, hatte daher von Anfang an für die
DW Akademie Priorität bei ihrem Engagement im Südsudan: 2006, also bereits fünf Jahre vor der Unabhängigkeit, haben wir den ersten Radio-Workshop in Juba durchgeführt – echte Pionierarbeit, denn die Trainer mussten damals noch in Zelten und Containern übernachten. Finanziert wurden dieses erste Training und auch die meisten Folgemaßnahmen von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), die sich im Südsudan vor allem beim Aufbau staatlicher Strukturen und der Zivilgesellschaft engagiert; eine Zusammenarbeit, die bis heute anhält. „Die Deutschen waren mit die Ersten, die uns unterstützt haben – und sie waren und sind mit Abstand die verlässlichsten Partner, die wir haben“, lobt Radio-Direktor Rehan Abdel Nabi. Das Ergebnis: Zwar liegt der journalistische Standard im Südsudan nach zwei Dutzend Trainingsmaßnahmen mit insgesamt über 250 Teilnehmern nach wie vor unter dem Durchschnitt, selbst in Afrika. Doch haben die meisten Radiomacher im Land inzwischen durch die DW Akademie zumindest einen „Crash-Kurs“ in Sachen journalistische Grundlagen absolviert. Immerhin eine Basis, auf der sich nun aufbauen lässt.
Und der Wunsch nach mehr Möglichkeiten zur Kommunikation
Die DW Akademie konzentriert sich nicht nur im Südsudan weiterhin auf das Medium Hörfunk: Rund zwei Drittel der Trainings- und Beratungsmaßnahmen der DW in Afrika drehen sich nach wie vor um das Thema Radio – sei es zur Unterstützung von „Community Stations“ im südlichen Afrika, bei der Vermittlung ethischer und fachlicher Standards von Wahlberichterstattung in Tunesien und Libyen oder wenn es um die Stärkung lokaler Berichterstattung in Ghana geht. Insgesamt wird die DW Akademie 2012 mehr als 80 Einzelmaßnahmen für Journalisten, Techniker und Manager bei Radiopartnern in allen Teilen Afrika anbieten – so viele wie noch nie. www.dw-akademie.de
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Titelthema
Text und Bilder Eric Ponda DW-Korrespondent in Kenia
Kulturtransfer
Die Beautys von Lamu
150 Euro für den Sieger: ein Rennen und ein Schönheitswettbewerb
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Löwen, Nashörner, Krokodile und Elefanten – Afrika wird meist mit wilden Tieren assoziiert. Andere Erfahrungen macht man auf Lamu, dem Archipel im Norden Kenias. Hier trifft man auf possierliche Grauesel. Sie sind das einzige Fortbewegungs- und Transportmittel auf der Insel. Lamu ist bekannt für seine idyllische Atmosphäre, für wundervolle Strände am Indischen Ozean und für Mangroven. Prominente aus der ganzen Welt haben hier ihr privates Feriendomizil. Die Altstadt von Lamu mit der eindrucksvollen Swahili-Architektur, deren Paläste von arabischen Einflüssen geprägt sind, ist UNESCO-Weltkulturerbe. Besonders bewundert werden die reich verzierten Holztüren und Balkone der traditionellen Häuser. Doch die Einwohner Lamus haben nur Augen für ihre Esel. In den engen Gassen zwischen den Häusern aus Muschelkalk ist kein Platz für Autos. Daher dienen die Grautiere als Taxi und Transportmittel – ob für Einheimische oder Touristen, für Koffer oder Waren oder auch schwere Lasten für den Hausbau. Die rund 24.000 Einwohner Lamus teilen ihre Insel liebevoll mit schätzungsweise 3.000 Eseln. Die Tiere schaffen auch Jobs: Arbeitslose Jugendliche können als Eselführer ihren Unterhalt verdienen. Beim jährlichen Kulturfestival, das bei Touristen und Einheimischen gleichermaßen beliebt ist, ist das Eselrennen ein Höhepunkt. Vorher werden die Tiere beim Bad im Meer gewaschen und geschrubbt. Nur der Esel, der von seinem Besitzer gut gepflegt und gefüttert wird, hat die Chance zu gewinnen. Es ist also gleichzeitig ein Beauty-Contest. Der Sieger geht mit 150 Euro aus dem Rennen. Das ist viel Geld, wenn man weiß, dass viele Kenianer von zwei Dollar pro Tag leben müssen. Seit 1987 gibt es hier auch die einzige Esel-Tierklinik Ostafrikas. Sie wurde von einer britischen Touristin, die von den Grautieren der malerischen Insel sehr angetan war, gegründet. Die Esel werden hier kostenlos behandelt. Stolze Eselbesitzer führen abends ihren schönsten Esel zum launigen Spaziergang über die Strandpromenade und freuen sich, wenn Bekannte grüßen: „Hallo Salim, hallo Hafidh“ – denn nicht nur der Besitzer, auch der Esel wird freundlich gegrüßt.
heimat erleben
deutschlandbild
Text André Kounchou Feze Tourismus-Experte, Jaunde, Kamerun
Wir brauchen Gewinner auf allen Seiten Medien spielen in der Globalisierung eine große Rolle. Vor allem die USA, Großbritannien und Frankreich setzen Maßstäbe, wenn es darum geht, das eigene Weltbild rund um den Planeten zu verbreiten und das eigene Land gut zu „verkaufen“. Und Deutschland? Ein Blick aus Kamerun auf unser Land – und seine Außenwirkung.
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Zumindest ist diese relative Zurückhaltung hier in Afrika nicht hilfreich, das große Land heute besser zu verstehen. Würde man hier in Jaunde spontan Kameruner auf der Straße fragen, woran sie beim Stichwort Deutschland denken, würden sicher viele Mercedes nennen und indirekt an die Qualität deutscher Industrieprodukte denken. Sie würden die Fußballnationalmannschaft und Franz Beckenbauer, die Sagengestalt, erwähnen. Die Leidenschaft für Fußball würde an die jüngsten deutschen Trainer un-
©© picture-alliance / W. Thieme
NN, BBC oder France 24 – sie sind Vorreiter. Auch Al Jazeera gehört inzwischen zu den großen Playern. Es ist ein wenig überraschend, dass sich Deutschland – wirtschaftliche Führungsmacht Europas – schwer tut, was diesen Punkt angeht. Deutschlands Stimme, die Deutsche Welle, hat noch Mühe, sich auf dem afrikanischen Kontinent ähnlich nachhaltig Gehör zu verschaffen. Liegt es an seiner Geschichte, dass sich Deutschland von den großen Fragen der Welt diskret zurückhält? Oder ist es gar Strategie?
Austausch auf Augenhöhe: Jacques Nomssi Nzali aus Kamerun an der Technischen Universität Chemnitz
serer Löwen – Kameruns Nationalelf – erinnern: Otto Fischer und Winnie Schäfer. Einige würden Hitler und die Weltkriege erwähnen, andere Deutschlands Wiedervereinigung von 1989. Viele Kameruner haben auch die Krimi-Serie Derrick nicht vergessen, die unser nationales Fernsehen von Transtel – also aus der DW-Familie – erhalten hat.
Geschichte und Gegenwart Vor 15 Jahren bin ich für mein Studium nach Deutschland gegangen. Viele haben sich damals für Frankreich oder andere frankophone Länder entschieden. Dort brauchten sie keine neue Sprache erlernen und einige hatten dort Familie. Durch den Beginn der Globalisierung sind jedoch Studenten in alle möglichen Richtungen ausgeschwärmt: nach Kanada und in die USA, nach Großbritannien und sogar nach Osteuropa. Ich selbst habe mich für Deutschland entschieden. Warum? Nun, weil dort Freun de von mir wohnten, über die ich erfuhr, dass ein Studium kostenfrei war, und vor allem, dass man sich sein Leben durch Arbeit selbst verdienen konnte. Ohne diese Möglichkeit hätte ich wahrscheinlich nie im Ausland studiert. Vielleicht waren auch mein Geschichtsstudium und mein großes » Interesse für Allgemeinbildung die
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©© Markus Ulmer
heimat erleben
Schafft Verbindung zu Deutschland: die deutsche Fußball-
» Nationalmannschaft in Kamerun
treibenden Kräfte. Ich konnte der hier populären Geschichtsdeutung entgehen, die darin besteht, die deutsche Kolonialzeit mit der französischen zu vergleichen – und aus der deutschen Zeit nur die positiven Aspekte zu erinnern: den Bau von Eisenbahnstrecken, Krankenhäusern, Brücken und Verwaltungsgebäuden. Durch die Feindseligkeit gegenüber der französischen Kolonialmacht vergessen viele Kameruner die Zwangsarbeit und die Gewalt, die unsere Vorfahren während der deutschen Kolonisation erfahren haben – etwa die Beschlagnahme von Ländereien oder den Galgen für Widerstandskämpfer. Kameruner, die in Deutschland studieren möchten, holen ihre Informationen über ihr zukünftiges Gastland vielfach aus dem Internet. Wobei das Netz bislang nur von einer kleinen urbanen Elite genutzt wird. Um mehr zu erfahren, kann man mit deutschen Institutionen in Kamerun in Kontakt treten. So erfährt man beispielsweise etwas über die Großen der deutschen Zeitgeschichte – über Wissenschaftler wie Einstein und Max Planck, Schriftsteller wie Goethe und Schiller, Komponisten wie Mozart oder Beethoven und über die Philosophen Hegel, Leibniz und Marx. Lange Zeit konnte man das Land auch durch seine berühmte D-Mark identifizieren. Deutschland bleibt zwar das öko-
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nomische Zugpferd der EU, doch hier in Kamerun ist man der Ansicht, dass Deutschland mit dem Aufstieg der Schwellenländer China, Indien, Brasilien, Südkorea und Südafrika an Boden verliert.
Historisch verbunden: die Farben der Nationen
Was den Umgang mit Fremden in Deutschland betrifft, erscheint in meinen Augen manche Beobachtung höchst
Toleranz und Misstrauen Wer einmal in Deutschland gelebt hat, sieht das Land in einem anderen Licht. Die Deutschen gelten wohl zu Recht als pünktlich, fleißig, einfach und authentisch. Auf der Reise quer durch Deutschland entdeckt man ein hochentwickeltes Land mit einem Gleissystem, das alles miteinander verbindet, und einem Bahnhof als Herz jeder Stadt. Die Demokratie und das System der Sozialversicherung beeindrucken. Augenfällig ist die Sensibilität gegenüber ökologischen Fragen, bemerkenswert auch, dass Homosexualität akzeptiert wird – anders als bei uns. Meine Besucher waren beim „Christopher Street Day“ immer sehr erstaunt. Man kommt allerdings nicht umhin, das Phänomen der Xenophobie und des Rassismus anzusprechen, das es in Deutschland ebenfalls gibt. Als ich dort war, gab es aus diesem Grund Tote in Potsdam und Magdeburg. Zudem gibt es Misstrauen gegenüber Muslimen, Argwohn gegenüber Türken.
André Kounchou Fézé (41) ist Tourismus-Ökonom. Geboren und aufgewachsen in seiner Heimat Kamerun, zog es ihn zum Studium nach Deutschland. Zurück in Kameruns Hauptstadt Jaunde, engagierte er sich dort für den Tourismus. Er arbeitet als Koordinator beim Programm „Weltwärts“ der deutschen Regierungsorganisation Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Parallel baut er derzeit ein Freizeit- und Kulturzentrum auf.
Text Spiros Moskovou Leiter der Griechisch-Redaktion
„Schäuble-Junta“ gegen „Pleite-Griechen“ »
widersprüchlich. Eine persönliche Geschichte: Zum Ende meines Studiums hat die Fachhochschule Wilhelmshaven die „Gründerbox“ eingerichtet, ein Zentrum für Firmengründer. Ich war dafür geeignet, die FH war bereit, mein Firmenprojekt mit 13.000 Euro zu unterstützen. Doch dazu kam es nicht. Denn Nicht-EUAusländer müssen eine Million Euro investieren und von Beginn an mindestens zehn Personen einstellen. Es gab noch mehr Hürden. Nach einer solchen Erfahrung verlässt man Deutschland natürlich mit einer gewissen Enttäuschung, selbst wenn man das Land und die Menschen für viele andere Dinge zu schätzen weiß. Ein Misstrauen, das im Übrigen auch in Widerspruch steht zu zahlreichen Programmen, etwa dem World University Service (WUS) und dem Alumniportal Deutschland (APD). Ziel dieser Initiativen ist es, Kontakt zu ehemaligen Austauschstudenten zu halten, deren Erfahrungen in Bezug auf deutsche Kultur zu bewahren.
Positiv und aktuell Durch die Globalisierung rückt die Welt näher zusammen, ob es um den Schutz der natürlichen Ressourcen geht oder um Klimawandel. Ob es um technische Zusammenarbeit geht oder den Austausch von Expertise auf anderen Feldern. Entscheidend wird sein, dass Entwicklungszusammenarbeit nicht nur von Eigeninteresse geleitet ist, sondern dass es Gewinner auf allen Seiten gibt. Nur so wird sich das Bild, das die Kameruner und die Afrikaner insgesamt vom heutigen Deutschland haben, positiv gestalten können. Die Stimme Deutschlands, die Deutsche Welle, sollte in Zukunft einen entscheidenden Anteil daran haben, dieses Bild stets aktuell zu halten. Übersetzung: Katrin Herms
Die Telefone liefen heiß zwischen Athen und Bonn. In der griechischen Hauptstadt war soeben eine Mini-Kabinettsumbildung erfolgt: Wirtschaftsminister Michalis Chrysochoidis war ins Ministerium für Innere Sicherheit versetzt worden. Am Telefon waren die Kollegen von SKAI TV, des DW-Premium-Partners in Athen. Chrysochoidis sei doch öffentlich von seinem Amtskollegen Philipp Rösler wegen Verschleppung von Investitionsvorhaben gerüffelt worden. Es liege auf der Hand, so die Kollegen aus Athen, dass die Absetzung von Chrysochoidis auf Wunsch Berlins erfolge. Der DW-Kollege möge deshalb in seinem Live-Kommentar in den Abendnachrichten von SKAI TV die Minister-Verschiebung als „logische Konsequenz“ des Rösler-Wutausbruchs untermauern. So die Bitte des Partnersenders. Die Videoschalte des DW-Kommentators an diesem Abend untermauerte nur eins: die Absurdität und Oberflächlichkeit derartiger Spekulationen. Doch der Vorfall ist typisch für das zunehmend negative Image Deutschlands in den griechischen Medien – im Zuge der Schuldenkrise. Man bedient lieber das Klischee eines griechischen David, der sich einem deutschen Goliath gegenüber zu positionieren versucht. Ein Deutschland, das das ertrinkende Partnervolk der Griechen zu retten versucht, ist nicht gefragt. Griechenland ist von einer nie dagewesenen Krise erfasst. In einer solch schwierigen Situation hat die Selbsttäuschung durch das Attackieren eines Unschuldigen etwas Tröstendes. Die Schuldenkrise hat das politische System in Athen ins Wanken gebracht, da die Finanzklemme auch seine eigene Erstickung zur Folge hat. Letztlich haben die Regierungen der vergangenen 20 Jahre – der sozialdemokratischen PASOK wie der konservativen Neuen Demokratie – die heutige Misere des Landes auf dem Gewissen. So sieht man den Schwarzen Peter gern woanders, zum Beispiel in Berlin. Ein Teil der Medien macht mit und entdeckt bei jeder Etappe des Niedergangs den Schuldigen im Ausland. Im Grunde genommen schadet diese „anti-deutsche“ Umdeutung der Krise nicht so sehr Berlin, sondern den Griechen selbst. Ohne eine ehrliche Analyse der Realität wird man den Karren nicht aus dem Dreck ziehen können. In Deutschland allerdings kümmert man sich offenbar mehr um Tendenzen in griechischen Boulevardblättern. Mal vergleicht man dort das heutige Deutschland mit dem Dritten Reich, mal zeigt man die Kanzlerin in Naziuniform oder spricht von einer „Schäuble-Junta“. Man muss solche Ressentiments wohl in Kauf nehmen, sollte sie aber nicht überbewerten. Es sind Randerscheinungen, ebenso wie in Deutschland die „Pleite-Griechen“- Titel der Bild-Zeitung. Der Umgang mit den griechischen Problemen war hierzulande nicht immer ein Paradebeispiel deutscher Ritterlichkeit. Trotzdem bleiben Deutsche und Griechen befreundete Völker.
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©© Beethovenfest
andere verstehen
Beethoven auf Türkisch „Beethoven ile buluşma – Begegnung mit Beethoven“ – so lautet in diesem Jahr das Motto des Orchestercampus von Deutsche Welle und Beethovenfest Bonn. Die Türkisch-Redaktion der DW unterstützt das Projekt. Die Türkei ist in diesem Jahr Partnerland beim Orchestercampus, einem Begegnungsprojekt mit internationalen Jugendorchestern. Das Turkish National Youth Philharmonic Orchestra unter Leitung von Cem Mansur kommt im Herbst zu Workshops und Konzerten nach Bonn – und wird auch in Berlin auftreten. Zuvor kommen die rund 100 Musiker in Istanbul zu Proben und Konzerten in Kooperation
Mit traditionellen Wurzeln: das Turkish National Youth Philharmonic Orchestra
mit dem Istanbul Music Festival zusammen. Auch Musiker des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin sind dabei. In einem Journalistenworkshop, den die DW Akademie gemeinsam mit der Istanbul University durchführt, begleiten junge türkische Kulturjournalisten die Veranstaltungen in Istanbul mit Video- und Audioproduktionen sowie einem OnlineTagebuch. Die DW vergibt im Rahmen des
Orchestercampus zudem einen Kompositionsauftrag. In diesem Jahr geht dieser an den 23-jährigen türkischen Komponisten Mehmet Erhan Tanman. Die Uraufführung seines Werkes „Traffic“ dirigiert der künstlerische Leiter des Jugendorchesters, Cem Mansur, am 19. September beim Beethovenfest Bonn. Das Konzert wird auch von DW-Partnern in der Türkei übertragen. www.dw.de/beethoven
Aufbruchstimmung in Myanmar Nach 50 Jahren strenger Zensur erleben die Medien in Myanmar derzeit neue Freiheiten. Die DW Akademie will mit ihren Projekten vor Ort zu mehr Meinungsvielfalt beitragen.
Die Basis vermitteln: erste Workshops der DW Akademie
„Die Medienlandschaft in Myanmar verändert sich derzeit rasend schnell, und vieles entwickelt sich durchaus zum Positiven“, so Gerda Meuer, Direktorin der DW Akademie. Sie war im Februar in Myanmar, gemeinsam mit Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel. Die Fortschritte seien beeindruckend, aber: „Es ist deutlich geworden, dass es im Land einen immensen Bedarf an Weiterbildungsmaßnahmen für Journalisten gibt.“ Helmut Osang, Leiter der Medienentwicklung bei der DW Akademie, kehrte in diesen Tagen von einem Workshop vor Ort zurück. Sein Eindruck: Die Journalisten seien jung und hätten wenig oder gar keine journalistische Erfahrung. Aber sie seien extrem motiviert. „Wir müssen dort mit den journalistischen Grundregeln beginnen: Wie führt man ein Interview, wie erzählt man eine Geschichte, damit sie für die Menschen interessant ist. Unser Hauptziel muss es sein, die Blickrichtung der Kollegen zu verändern – weg von den Regierungsinteressen, hin zu denen der Hörer oder Zuschauer.“ Die DW Akademie ist eine der ersten Medienorganisationen, die in dem südostasiatischen Land Trainings für Journalisten anbieten. Fünf Workshops sind in diesem Jahr vorgesehen, zudem sind Beratungen und ein Langzeitprojekt mit einem lokalen Medientrainingszentrum geplant. www.dw-akademie.de
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gestern reflektieren
Text Mareen Mater, studentin
Kulturen auf Augenhöhe 1962 ging das türkischsprachige Programm der Deutschen Welle erstmals auf Sendung. Mit drei Mitarbeitern und 30 Minuten Sendezeit. Als interkulturelle Brücke. Ein Selbstverständnis, das – in gewandelter Form – auch nach 50 Jahren gilt. Via Kurzwelle gingen die Informationen aus Deutschland jahrzehntelang zu den Hörerinnen und Hörern in der Türkei. 30 Minuten täglich waren es in den Anfängen, zwischenzeitlich 100 Minuten. Heute werden – einschließlich Audiodepot-Angebot – 50 Minuten pro Tag über Partnersender auf UKW verbreitet. Erheblich ausgeweitet wurden die multimedialen Angebote über das Internet. 1961 war das deutsch-türkische Anwerbeabkommen in Kraft getreten. Tausende Türken folgten dem Ruf, kamen als „Gastarbeiter“ nach Deutschland. Baha Güngör, seit 1999 Leiter der Türkisch-Redaktion, gehörte zu den ersten Ankömmlingen – als Elfjähriger in Begleitung seiner Großmutter. 1976 wurde er als erster Türke in deutscher Sprache zum Journalisten ausgebildet, bei der Kölnischen Rundschau. Später ging er als Korrespondent für 15 Jahre nach Istanbul zurück, berichtete unter anderem für dpa. Güngör und sein Redaktionsteam setzen heute vor allem darauf, „die Kulturen
auf Augenhöhe zu sehen. Das ist der Schlüssel zum Erfolg unserer Bemühungen um Dialog und Verständigung“, so Güngör. Deutschland verständlich machen – das bleibt wichtigster Pfeiler im Programmauftrag. Eine umfassende, auch kritische Darstellung wichtiger Ereignisse in Deutschland und der Türkei und die Berücksichtigung unterschiedlicher Sichtweisen – auch das gehört zu den Maximen im Redaktionsalltag. So hat sich das DW-Angebot bei den Menschen in der Türkei einen guten Ruf erworben. Die hohe Glaubwürdigkeit hat dazu geführt, dass viele türkische Kolumnisten die DW aufmerksam verfolgen – und regelmäßig zitieren. Die Mediennutzung hat sich auch in der Türkei rasant gewandelt. Die Kurzwelle spielt kaum noch eine Rolle. Fernsehen ist Leitmedium, das Internet boomt. So setzt die DW auf eine multimediale Aufbereitung ihrer journalistischen Inhalte, bietet im Internet auch Videos an – die große Resonanz finden.
Die DW-Redaktion hat auch ein Publikum in Deutschland: Es gibt einen kollegialen Austausch mit „Funkhaus Europa“, dem interkulturellen Hörfunkprogramm des WDR. Und Türkei-Experte Güngör ist bei Medien in Deutschland gefragt – zum Beispiel, wenn es um Integration geht oder um das Verhältnis der EU zur Türkei. In einer reservierten Haltung Europas gegenüber seinem Heimatland sieht Güngör die Gefahr, dass sich die Türkei Alternativen suche. „Man rückt näher an China und Russland.“ Andererseits habe die EU derzeit „keine Kapazitäten, um ein so großes Land wie die Türkei aufzunehmen“. Baha Güngör schreibt über seine interkulturellen Erlebnisse in seinem Blog „Drei Jahreszeiten im Niemandsland“: bahagungor.blogspot.com Beim vistas-Verlag ist soeben der Titel „Türkei: Medienordnung auf dem Weg nach Europa?“ erscheinen – eine Dokumentation des Deutsche Welle Mediendialog 2011: (Schriftenreihe „Edition International Media Studies IMS“) www.vistas.de
Vor 50 Jahren 1962 wird das Radio-Angebot erheblich ausgeweitet. Neue Sendesprachen sind – neben Türkisch – auch Persisch, Spanisch und Türkisch, Russisch, Polnisch, Tschechisch, Slowakisch, Ungarisch, Serbisch und Kroatisch. Portugiesisch gibt es jetzt auch für Brasilien. Und auf Englisch bietet die DW Sendungen für Australien, Ostasien und den Pazifischen Raum – und nicht zuletzt für Afrika. Dorthin sendet die DW nun auch ein Französisches Programm.
Gefragter Diskussionsteilnehmer: Baha Güngor (r.)
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medienwelt einordnen
Text Mikko Stübner-Lankuttis, Redaktion Shift
Machen Sie das weg! Mehr als zwei Milliarden Menschen surfen mittlerweile im Netz. Der Großteil davon genießt die Freiheiten des World Wide Web. Doch was passiert, wenn man plötzlich Opfer von CyberMobbing wird? hatte Fotos von ihr aus dem Internet zusammengesucht und veröffentlichte dort regelmäßig Blogeinträge – unter ihrem Namen und mit ihrer Adresse. Das Schlimmste war ein Nacktfoto, in das der Täter ihr Gesicht montiert hatte. Auf Außenstehende wirkte die Seite echt. Katja Poppenberg erstattete Anzeige. Ihr Verdächtiger: ein abgewiesener Liebhaber. Die Polizei ermittelte, doch um die Löschung sollte sie sich selbst kümmern. In einer Zeitschrift las sie einen Artikel über die Essener Reputationsmanager. Katja Poppenberg investierte 29,95 Euro – und nach sechs Wochen war der falsche Blog offline. Einer der harmloseren Fälle aus Keppels Alltag. Zumindest im Vergleich zu den rund 400 YouTube-Videos, die er monatlich im Auftrag des Finanzdienstleisters „SJB“ entfernt. „SJB“-Chef Gerd Bennewirtz
Ruf beschädigt: Bei Cyber-Mobbing stoßen viele an ihre Grenzen
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©© dpa
©© gettyimages
„Wenn ich montags meine Mails lese, heißt das immer: erstmal Pornos gucken“, seufzt Christian Keppel. Der 34-Jährige ist Projektleiter bei „Dein guter Ruf“. Das Essener Unternehmen hat sich auf das sogenannte Reputationsmanagement spezialisiert. Keppels Team entfernt Interneteinträge. Täglich schreiben ihm Geschäftsleute, Studenten oder Hausfrauen, deren Namen im Web verunglimpft werden. Der häufigste Satz an die Reputationsmanager lautet deshalb: „Bitte machen Sie das weg!“ Eine zufriedene Kundin ist Katja Poppenberg aus Münster. Die 32-jährige Lehrerin erinnert sich ungern an ihre Studienzeit in Rostock. Sie hatte gerade ihre Bewerbungen auf eine Referendariatsstelle verschickt, als sie ein Freund nach ihrem seltsamen Blog fragte. „Ich war total geschockt, als ich das sah“, erinnert sie sich. Denn die junge Frau betrieb gar keinen Blog. Ein Unbekannter
wird mal als Nazi, mal als Kinderschänder denunziert. In der DW-Sendung Shift – Leben in der digitalen Welt spricht er erstmals öffentlich über sein MobbingProblem: „So sehen heute Vorbereitungen für feindliche Übernahmen aus.“ Denn mit dem beschädigten Ruf sinkt auch der Kaufwert des Unternehmens. Reputationsmanager machen dort weiter, wo Nutzer an ihre Grenzen stoßen. „Viele sind täglich im Netz aktiv, doch wenn sie einen Eintrag entfernen wollen, fehlen ihnen Adressaten“, sagt Keppel. Der Urheber deutscher Internetseiten ist sofort ermittelbar – auch für die Justiz. Nahezu unmöglich ist das hingegen bei internationalen Portalen. Wer einmal versucht hat, beispielsweise bei Google-Ableger Blogspot.com einen Verantwortlichen zu finden, weiß, wovon die Rede ist. Christian Keppel kennt die richtigen Ansprechpartner – und im Zweifel etliche Tricks, um Hass-Einträge unsichtbar zu machen. Die Branche der Reputationsmanager steht in Deutschland noch am Anfang. Etwa ein Dutzend Firmen teilen sich den Markt auf. Doch Experten gehen davon aus, dass die Branche der digitalen Spurenbeseitiger noch in dieser Dekade Jahresumsätze von mehreren Millionen Euro erwirtschaften wird. Denn schlechte Einträge entstehen schneller als gedacht – und immer häufiger. Zurückhaltung der Nutzer kann natürlich helfen, Cyber-Mobbing zu verhindern. Ein Patentrezept gibt es aber nicht. Christian Keppel: „Natürlich gibt es Kunden, die unbedacht etwas gepostet haben, das sie wieder gelöscht haben wollen. Doch generell muss man sagen, dass unsere Kunden unschuldig sind.“ www.dw.de/shift
das Läuft
Frische Themen im Netz Was ist los im Internet? Vor allem: Was ist wichtig, aufregend und was macht gerade viel Spaß? Das zeigt die neue DW-Sendung Shift – Leben in der digitalen Welt. Jede Woche berichtet das TV-Magazin der DW über Entwicklungen im Netz – unterhaltsam, informativ und meinungsstark. Shift bereitet politisch, gesellschaftlich und wirtschaftlich relevante Themen des digitalen Lebens auf und zeigt, wie Kreative und Kulturschaffende die digitale Welt prägen. Vom Videokünstler bis zum Netzpolitiker, von der Videoüberwachung bis zur Netzkultur – Shift findet interessante Menschen und Macher und zeigt Tendenzen in der digitalen Welt.
©© Robert Kneschke - Fotolia.com
Teamchefin Nadja Scholz und die Redakteure Martin Roddewig (links) und Mikko Stübner-Lankuttis fischen jede Woche frische Themen aus dem Netz. Die Zielgruppe von Shift: Internetnutzer auf der ganzen Welt. Dementsprechend sind auch die Inhalte global. So geht es zum Beispiel um den Kampf gegen Cyber-Mobbing, die Tücken von Suchmaschinen oder das Geschäft mit Hotelbewertungen. Themen, die User weltweit betreffen. Dazu machen Rubriken die Sendung schnell: „Shift Ranking“ sortiert die Interessen der Netzgemeinde in unterhaltsamen Hitlisten. Von den Suchworten des Jahres bis zu den Tieren mit den meisten Facebook-Fans, von den erfolgreichsten Smartphone-Apps bis zu den schnellsten Gitarristen auf YouTube. Und in jeder Sendung gibt es unter der Rubrik „Shift Exit“ die unterhaltsame Zugabe. Vom brillanten Internet-Video bis zum exzentrischen Technik-Objekt. „Shift Exit“ – Ausstieg mit Spaß. Das Magazin ist wie die digitale Welt: schnell, vielseitig und immer in Bewegung. www.dw.de/shift www.facebook.com/dwshift
FrAGEN VON martina bertram Redakteurin
Die Entwickler aus Silicon Savanna Geraldine de Bastion ist Programmkuratorin der re:publica, der Konferenz über Blogs, Soziale Medien und die digitale Gesellschaft. Seit 2008 arbeitet sie als Beraterin bei der Kommunikationsagentur newthinking und verfügt über Erfahrungen in der Entwicklungszusammenarbeit. Soeben kehrte sie aus Äthiopien zurück. Sie beraten Institutionen zu Web 2.0., Blogs und Social Media. Wie groß ist das Interesse in Afrika? In einigen Ländern – etwa Kenia – ist durch die Verbreitung von Mobil- und Internettechnik in den vergangenen Jahren eine dynamische und kreative IT- und Social-Media-Szene entstanden. In der sogenannten Silicon Savanna entwickeln afrikanische Akteure Software-Lösungen zur Bekämpfung lokaler und globaler Probleme. Hier werden die Sozialen Medien nicht nur genutzt, sondern auch weiterentwickelt. Und jenseits von Silicon Savanna? Natürlich sieht es nicht überall so vielversprechend aus. Aber selbst in kleinen Städten in Äthiopien habe ich viele Menschen getroffen, die ein starkes Interesse an den Sozialen Medien haben. In dem Land herrscht keine Medien- und Meinungsfreiheit. Vor allem die jüngere Bevölkerung nutzt daher Soziale Medien, um offen und selbstbewusst über Themen zu diskutieren, die in der Öffentlichkeit nicht zur Sprache kommen. Gibt es in Afrika trotz des noch begrenzten Internetzugangs eine ausgewiesene Blogosphäre? Der Zugang zum Internet und die aktive Nutzung sind vor allem in Städten mittlerweile weit verbreitet. Und Blogs gehören fast schon zur Medienlandschaft – zumindest gilt das für bestimmte Bildungs- und Interessengruppen. Einflussreiche Blogger wie Ethan Zuckermann, Gründer von Global Voices, oder Erik Hersman, Gründer von Ushahidi, schreiben über entwicklungspolitische Themen, regen internationale Debatten an. In Äthiopien sind die Communitys noch klein. Hier versuchen sich die Blogger durch das Netz Ethiopian Bloggers gegenseitig zu unterstützen. »
Deutsche Welle
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medienwelt einordnen
Getwitter Der Mobile World Congress drehte sich 2012 um schnellere Chips für smartere Phones. Der Absatz bit.ly/AuCPSo wuchs um 58 Prozent.
Ist Facebook-Konkurrent Google+ gescheitert? Branchenkenner Martin Weigert sagt, 100 Millionen Nutbit.ly/A6bA3V zer sind kaum aktiv.
Iran jagt Internet-Aktivisten mit einer neuen CyberPolizeieinheit. China, Kuba und Nordkorea sind ähnbit.ly/xWrEA7 lich rigide.
Das FBI hat Hacking zur größten Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA erklärt. Terrorismus read.bi/yxv2ui scheint weniger gefährlich?
Mit 250 Millionen Tweets, die täglich erscheinen, will Twitter Geld machen. Externe Firmen sollen die Daten bit.ly/zZvpe2 auswerten.
Das neue Tool Datawrapper macht den Einstieg in Datenjournalismus einfach und hilft bei der Auswertung bit.ly/zEFJaw und Darstellung.
Facebook für immer: 70 Prozent der Social-MediaNutzer wollen laut einer Studie nie mehr das Netzwerk bit.ly/yiFooL wechseln.
Mehr Handys als Nutzer: Laut einer Studie wird noch 2012 die Zahl der Mobilgeräte die der Menschen weltbit.ly/nqdf weit übertreffen.
Bloggen nur mit offenem Visier: China zwingt Nutzer zu Klarnamen, um die lebendige Microblog-Szene zu bit.ly/zRC8x0 kontrollieren.
Heiter bewölkt: Amazons Could zählt eine halbe Million Server. Ein Wachstumsindikator für die ganze bit.ly/w2hcRo Branche.
Laut Umfrage nutzen 26,5 Prozent der Deutschen mobiles Internet, 24 Prozent haben ein Smartphone, fünf bit.ly/GH4261 Prozent ein Tablet.
28 Weltzeit 2 | 2012
Bei einem DW-Panel auf der re:publica wieder dabei: Geraldine de Bastion
Um welche Themen geht es in afrikanischen Blogs? Es gibt persönliche Blogs, in denen Menschen über ihre Erfahrungen und Gedanken schreiben. Es gibt Blogs zu Kunst und Literatur, zu Freizeit und Sexualität, bürgerjournalistische Blogs zu politischen, wirtschaftlichen, sozialen und technischen Themen. Wer sich für das Thema Internet und Afrika interessiert, sollte zum Beispiel whiteafrican.com, afrigadget.com oder afrinnovator.com lesen. Der Autor von afrinnovator.com, Mark Kaigwa, kommt zur re:publica. Dort wird es Diskussionen mit verschiedenen afrikanischen Bloggern geben. Wie vernetzt sind afrikanische Blogger über Sprach- und Landesgrenzen hinweg? Sprachbarrieren sind ein Problem, vor allem zwischen anglophonen und frankophonen Ländern. Seiten wie Global Voices, die auch Artikel übersetzen, tragen zu mehr Zusammenarbeit zwischen nationalen Blogosphären bei. Mit der Frage, ob in einer internationalen Sprache, meist Englisch, oder in einer lokalen beziehungsweise nationalen Sprache gebloggt werden sollte, setzen sich die meisten Blogger auseinander. Viele wählen eine Mischung oder Englisch, da die meisten Nutzer auch Englisch sprechen. Haben Sie Beispiele für besonders erfolgreiche Plattformen? Ushahidi.com ist sicherlich die prominenteste Plattform, die sich in Afrika entwickelt hat und weltweit angewendet wird. Es gibt andere interessante Anwendungen, etwa das mobile Bezahlsystem MPESA oder das offene mobile Sprachsteuerungssystem FreedomFone – eine in Simbabwe entwickelte Technik, die von verschiedenen Radiostationen und Diensten genutzt wird, um Informationen mobil abrufbar zu machen. Die Deutsche Welle ist Partner der re:publica 2012 und begleitet den Kongress vom 2. bis 4. Mai in Berlin mit Workshops, internationaler Expertise und Ansprechpartnern vor Ort.
unterwegs sein
Tour d’Afrique über steinige Pisten: DW-Reporter Peter Hille
Text und Bilder Peter Hille, DW-Reporter
Atemberaubend und ein bisschen dämlich Mit dem Fahrrad bei 40 Grad im Schatten von Nord nach Süd durch Afrika – als Botschafter der Deutschen Welle. Das ist die Mission des DW-Reporters. Das Ergebnis: Unzählige Erlebnisse mit Mensch und Natur – authentisch und nachhaltig.
N
och 80 Kilometer bis nach Marsabit – mein Tagesziel – und es will nicht vorangehen. Im Zickzackkurs umschiffe ich grobe Gesteinsbrocken und versuche, auf der Wellblechpiste nicht ins Rutschen zu geraten. Scharfkantige graue Steine wechseln sich ab mit porösem weißen Fels, dann wieder roter Schotter und schwarz-braune Lavabrocken. Noch ist die Straße von Moyale an der äthiopisch-kenianischen Grenze in Richtung Nairobi weder asphaltiert noch planiert. Selbst Geländewagen mit Allradantrieb quälen sich über die Geröllhalde, jede Achse ächzt und quietscht. Auch mein
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Fahrrad, ein Rennrad mit stabilem Alurahmen und dicken Offroad-Reifen, ist in ein Wimmern und Seufzen verfallen. Der nächste Blick auf den Tachometer macht Mut: noch 55 Kilometer bis Marsabit. Ich bin unterwegs nach Süden. Mit der „Tour d’Afrique“, einer Radexpedition von 45 Teilnehmern aus aller Welt, reise ich von Kairo nach Kapstadt. Ägypten, der Sudan und Äthiopien liegen hinter uns. Von Kenia aus wollen wir weiter über Tansania, Malawi, Sambia, Botswana und Namibia nach Südafrika – quer durch das Zielgebiet der DW im englischsprachigen Afrika. Die Straßen bislang waren überwiegend
frisch geteert, 120 Kilometer am Tag gut zu fahren, immer wieder unterbrochen von einer Tasse Tee, einem Plausch oder einem Interview.
40 Grad im Schatten Nordkenia allerdings ist sehr dünn besiedelt. Zwei Lastwagen, einem Jeep und einer Kamelherde bin ich seit Sonnenaufgang begegnet. Ich erreiche ein kleines Dorf. „Cold Drinks“, eine Verheißung am Straßenrand. Mohammed verkauft mir eine Cola und zeigt sich erfreut über die durstigen Radfahrer, die heute alle »
Nordatlantik
TUNESIEN
Mittelmeer
MAROKKO
Kairo ALGERIEN LIBYEN
ÄGYPTEN
WESTSAHARA
r
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M tes Ro
MAURETANIEN
NIGER MALI TSCHAD
ERITREA
SENEGAL GAMBIA
SUDAN
BURKINA FASO
GUNIEA-BISSAU GUINEA SIERRA LEONE
DSCHIBUTI BENIN
NIGERIA
ELFENBEINKÜSTE
LIBERIA
GHANA
KAMERUN
DEMOKRATISCHE REPUBLIK KONGO
ÄQUATORIALGUINEA GABUN
12.000 Kilometer
SÜDSUDAN
ZENTRALAFRIK. REPUBLIK
TOGO
ÄTHIOPIEN
SOMALIA
UGANDA
REP. KONGO
KENIA RUANDA BURUNDI
lang ist die Strecke von Kairo nach Kapstadt. Sie führt mich durch zehn Länder. Der höchste Punkt der Tour liegt auf 3260 Metern in Äthiopien. Losgefahren sind wir am 14. Januar, ankommen werden wir voraussichtlich am 12. Mai. Ich bin kein professioneller Radsportler, auch kein übermütiger Abenteurer, sondern radelnder Reporter. Deshalb habe ich mich der Organisation „Tour d’Afrique“ angeschlossen, die derartige Expeditionen in Gruppen anbietet. Mein Anliegen: Ich möchte entlang der Tour Menschen treffen, von Ihnen wissen, was Sie von Europa und von Deutschland denken. Ich möchte erfahren, was Sie interessiert und was Sie von den Programmen der Deutschen Welle erwarten. Diese Stimmen können Sie sich auf meinem Blog anhören: blogs.dw.de/cairocapetown
Indischer Ozean TANSANIA
Südatlantik
ANGOLA
MOSAMBIK MALAWI
SAMBIA
SIMBABWE
NAMIBIA
MADAGASKAR
BOTSUANA
SWASILAND
SÜDAFRIKA
LESOTHO
Kapstadt
Deutsche Welle
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unterwegs sein
Ständiger Begleiter: Das Radio ist allgegenwärtig
» transport und einen geeigneten Platz für das nächtliche Zeltlager. Und bietet die Möglichkeit, bei Bedarf vom Fahrrad auf den Jeep auszuweichen. Nach einem Sturz mit lädierter Schulter im Sudan und mit Magenproblemen im südlichen Äthiopien habe ich darauf gern zurückgegriffen. Was mich begeistert: Ständig treffe ich Menschen, die sich für Deutschland und Europa interessieren. Und häufig die DW nutzen, um sich zu informieren. Zelaum zum Beispiel, Literaturstudent aus Bahir Dar in Nordwest-Äthiopien. Im Bekleidungsgeschäft seiner Schwester hilft er aus, um sich sein Studium zu finanzieren. Dabei schaltet er täglich das Amharisch-Programm der DW ein. „So höre ich unabhängige Stimmen zur politischen Lage in Äthiopien“, sagt Zelaum. Korrigiertes Bild
Follow the logo: eine Aktion des Reporters für Freunde der DW
bei ihm haltmachen. Wobei, ein bisschen dämlich sei es natürlich schon, hier bei 40 Grad im Schatten mit dem Fahrrad entlang zu w ollen. Nach einer Prognose zur Fußball-EM („Deutschland wird Europameister“) geht es weiter, noch 40 Kilometer bis Marsabit. Ich habe mich der Tour angeschlossen, weil man auf dem Fahrrad besonders leicht in Kontakt kommt mit Menschen, denen man begegnet. Für die DW möchte ich herausfinden, was die Nutzer, Hörer und Zuschauer zwischen Kairo und Kapstadt von uns und unseren journalistischen Angeboten erwarten. Etwa von AfricaLink, dem Radioangebot der DW auf Englisch für Afrika.
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Und natürlich fahre ich gern Rad! Der Wechsel der Landschaften – von der Weite der Nubischen Wüste im Sudan über das Simien-Massiv im Norden Äthiopiens mit seinen unzähligen Fußgängern, Ziegen und Eseln entlang der Bergstraßen bis zum Rift Valley mit grünen Weideflächen weiter südlich ist atemberaubend und so intensiv vermutlich nur auf dem Fahrrad zu erleben.
Begeisterung für Deutschland Aber allein auf dem Rad durch Afrika? Das habe ich mir nicht zugetraut. Deshalb die „Tour d’Afrique“: Die kanadische Organisation sorgt für Essen, Trinkwasser, Gepäck-
Dank Solar-Ladegerät, kompakter Kamera und Laptop kann ich kurze Interviews wie das mit Zelaum unterwegs produzieren. Es ist nicht immer einfach, eine schnelle Internetverbindung zu finden, um die Clips hochzuladen. Aber auch was Technik und Mediennutzung angeht, musste ich mein Bild vom ländlichen Afrika korrigieren. In mancher Lehmhütte steht ein Fernseher und auch die Bewohner entlegener Dörfer nutzen ausgiebig das ziemlich flächendeckende Handynetz. Wie Layla, die ich kurz vor der äthiopischen Grenze in Abeda im Sudan getroffen habe. Sie hat mich mit neuesten Ergebnissen der Fußball-Afrikameisterschaft versorgt und mich eingeladen, das Finale zwischen Sambia und Elfenbeinküste in ihrem Dorf zu schauen. Auf einer Anhöhe sehe ich endlich Dächer silbern in der Sonne glänzen. Noch fünf Kilometer bis Marsabit! In der erstbesten Kneipe tausche ich den Fahrradsattel gegen einen weichen Polsterstuhl und gönne mir ein Bier. Jack und Omar sitzen ebenfalls beim Feierabendbier. „Deutsche Welle? German Radio?“ Ja, und TV und Internet. Was die Deutschen denn so über Kenia denken, wollen der Arzt und der Bankangestellte wissen. Wir kommen ins Gespräch und ich vergesse langsam die steinige Straße nach Marsabit. blogs.dw.de/cairocapetown
position beziehen
Text Ludger Schadomsky stv. leiter der afrika-Redaktionen
Südafrikas Geheimniskrämer Südafrikas umstrittenes neues Informationsgesetz, das „Gesetz zum Schutz von Staatsinformationen“, wie es offiziell heißt, wurde trotz heftiger Kritik im November 2011 vom regierenden ANC durch die Nationalversammlung gedrückt. Es stellt die Veröffentlichung „klassifizierter“ Informationen unter drakonische Strafe. Journalisten droht eine Haftstrafe von bis zu 25 Jahren, wenn sie Informationen publizieren, die aus als „geheim“ eingestuften amtlichen Dokumenten stammen. Diese Bestimmung, beklagen Journalisten und Aktivisten gleichermaßen, erschwere in Zukunft Recherchen über Korruptionsfälle und Finanzskandale im staatlichen Bereich, die in den vergangenen Jahren in Südafrika sprunghaft angestiegen sind. Den „Anfang vom Ende der Pressefreiheit“ sehen Gewerkschaften und Chefredakteure, Bischöfe und Künstlerverbände, auch Gemäßigte innerhalb des ANC in seltener Einigkeit. Zwar wurden in der Endfassung mehr als 100 Änderungswünsche an dem
»Das Land hat eine äußerst kritische Zivilgesellschaft.«
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ursprünglichen Entwurf berücksichtigt. Dennoch bleibt der Verdacht, die von Korruptionsskandalen erschütterte ANC-Regierung wolle sich mit der Novellierung unliebsame Kritiker, vor allem Journalisten, vom Hals halten. Anders als in vielen anderen afrikanischen Ländern verfügt Südafrika über eine fundierte Journalistenausbildung und eine Geschichte investigativer Recherche. Gestützt auf eine der liberalsten Verfassungen der Welt, hat das Land zudem eine äußerst kritische Zivilgesellschaft – sehr zum Leidwesen der Regierenden. Dabei haben wenige Medienschaffende Zweifel daran, dass das alte Staatssicherheitsgesetz aus dem Jahr 1982 – also aus Apartheidzeiten – dringend einer Novellierung bedurfte. „Natürlich haben unsere Medien Qualitätsprobleme“, sagt Anton Harber, einer der profiliertesten Journalisten Südafrikas. „Aber das rechtfertigt noch nicht ein Gesetz, das den Großteil der Regierungsaktivitäten mit einem Schleier der Geheimniskrämerei bedeckt.“ Die politische Opposition ist entsetzt: Gerade ehemalige Freiheitskämpfer des ANC wissen doch, was es heißt, wenn Staatsgeheimnisse per Gesetz über das öffentliche Interesse gestellt werden. Mit seiner Gesetzgebung tritt Südafrika einem eher zweifelhaften Club bei. Nur sieben weitere Länder in Afrika sehen ein solches Statut vor. Darunter die autoritär geführten Staaten Angola, Äthiopien, Simbabwe und mit Abstrichen Uganda – Länder, die nicht eben für ihre Transparenz bekannt sind.
Dr. Johannes Hoffmann redaktion
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Deutsche Welle
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menschen begegnen
Finale 2014 im Blick: Renate Krieger am Rhein unweit des DW-Funkhauses Bonn
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Text Julia Hahn, Freie Mitarbeiterin
3:0 für Afrika Mit der Fußball-WM 2006 fing alles an. Für brasilianische und französische Medien berichtet Renate Krieger aus deutschen Stadien. Nach dem Sommermärchen wird ihr Fußballfieber zur Leidenschaft für Afrika – und die Deutsch-Brasilianerin zu einer Radio-Stimme des portugiesischsprachigen DW-Programms.
E
igentlich sei sie ja gar kein Fußball-Fan, sagt Renate Krieger. „Aber wenn Brasilien spielt, dann bin ich jedes Mal mit ganzem Herzen dabei.“ Sie reißt das große Fenster im dritten Stock des Bonner Funkhauses auf. Die Sonne bahnt sich ihren Weg in das Büro. Alle paar Minuten klopft es an der Tür, wollen Kollegen eine Info von der 31-Jährigen. „Es geht hier mal wieder etwas hektisch zu“, sagt sie und hebt die Schultern, so als müsse sie sich dafür entschuldigen. „A vida é dura para quem é mole“ steht auf einem Zettel an der Magnetwand hinter ihr. „Das heißt so viel wie: Das Leben ist hart für jemanden, der weich ist.“ Sie lacht. Seit fünf Jahren arbeitet die DeutschBrasilianerin für die DW in Bonn, schreibt Beiträge, plant und moderiert HörfunkSendungen – nicht für das brasilianische Publikum, sondern für das portugiesischsprachige Afrika. „Ich mache von allem etwas“, sagt sie und überfliegt ein Manuskript über Literatur in Mosambik. Afrika sei für sie zur Leidenschaft geworden. „Was einige afrikanische Staaten gerade erleben, hat Brasilien hinter sich: Diktatur, Proteste, den steinigen Weg zur Demokratie. Ich entdecke immer wieder Gemeinsamkeiten.“
Auswärtsspiele Geboren und aufgewachsen ist Renate Krieger als Enkelin deutscher Einwanderer in São Paulo, der Elf-Millionen-Metropole im Südosten Brasiliens, etwa eine Auto-
stunde von der Atlantikküste entfernt. „Zu Hause wurde nur Deutsch gesprochen, meine Großmutter hat drauf bestanden“, sagt sie. Portugiesisch lernt sie erst während der Schulzeit. „In Brasilien war und bin ich für alle immer die Deutsche, in Europa bin ich die Brasilianerin.“ Während ihres Journalistik-Studiums in São Paulo jobbt Renate Krieger beim Chemiekonzern Bayer und bei der Deutschen Bank. Doch Brasilien kämpft noch immer mit den Auswirkungen der Rezession von
»Du brauchst nur ein Telefon und kannst live berichten.« 2001. „Mein Chef sagte mir damals: Falls du die Chance hast, etwas anderes zu machen, dann solltest du sie nutzen und gehen”, erinnert sie sich. Sie verwirklicht sich einen Traum und zieht nach Paris, schreibt sich für einen Master in Kommunikationswissenschaften an der Sorbonne ein. Nebenbei arbeitet Renate Krieger als Freie Journalistin für Radio France Internationale (RFI). Nach Deutschland kommt sie 2006, mit einer WM-Akkreditierung. Für brasilianische Radiosender berichtet sie aus den Stadien, lässt sich anstecken vom Fußballfieber einer Nation. „Die Deutschen können feiern, das hat mich begeistert“, erinnert
sie sich. Und sie lernt viel über ihren Beruf. „Wenn du über Sport berichtest, kannst du nicht lange um den heißen Brei herum reden, sondern musst den Leuten einfach erzählen, was du siehst und erlebst“, sagt sie. Dann hört sie vom Volontariat der Deutschen Welle, bewirbt sich und erhält einen der wenigen, sehr begehrten Plätze.
Nähe und Heimweh Die Liebe zum Radio ist geblieben. „Es ist das schnellste Medium. Egal, wo du bist, du brauchst nur ein Telefon und kannst den Menschen live berichten, was du gerade erlebst. Das ist einfach toll.“ Für die DW reist sie in den Senegal und nach Ghana und natürlich ins portugiesischsprachige Afrika: Sie berichtet vom Alltag in São Tome und Príncipe, über Wassermangel in Kap Verde und Erdölreichtum in Äquatorialguinea. „Und wenn ich moderiere, dann bin ich ganz nah dran an unseren Zuhörern, auch wenn die Tausende Kilometer weit weg sind“, sagt sie. Fast täglich bekomme die Redaktion Feedback: Fotos, Mails und handgeschriebene Briefe. Sogar eine Lied habe ihr ein Hörer einmal gewidmet. „Dann habe ich das Gefühl, dass ich angekommen bin.“ Auch wenn das Heimweh nach Brasilien immer da ist. „Ich vermisse die Leichtigkeit, mit der die Menschen mit dem Leben umgehen, aber vielleicht liegt das auch an der Sonne.“ Deshalb hofft sie auf einen warmen brasilianischen WMWinter 2014: „Finale!“, ruft sie und lacht.
Deutsche Welle
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Schirmherrschaft
Mitveranstalter
unterst端tzt durch