Das Magazin der Deutschen Welle 04— August 2011
Das Gesicht Indiens
Lebenskunst in vielen Farben
FreiheitEinheitFreude Tag der Deutschen Einheit. Nordrhein-Westfalen-Tag. www.bonn2011.de
Wir feiern gemeinsam! Bonn 1.-3. Oktober 2011
vorspann
Editorial Liebe Leserinnen und Leser, Indien gehört zu den aufstrebenden Ländern. In Europas Wahrnehmung scheint es gleichwohl noch im Schatten Chinas zu stehen. Zu Unrecht. Der Subkontinent mit mehr als einer Milliarde Menschen boomt und gewinnt an Bedeutung, und zwar nicht nur im asiatischen Kontext. Weltweit wächst der Einfluss des Vielvölkerstaates mit seiner ebenso großen Vielfalt an Sprachen. Mit Blick auf das aktuelle Deutschlandjahr in Indien und das 2012 folgende Indienjahr in Deutschland widmet sich die Titelgeschichte dieser weltzeit der größten Demokratie der Erde. Besonderes Augenmerk gilt dabei der Entwicklung der Medien. Indien ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie rasant die Globalisierung voranschreitet. Und wie zugleich ihre
Konsequenzen wachsen, nicht nur mit Blick auf die Weltwirtschaft. Dass dabei die elementaren Rechte des Einzelnen nicht auf der Strecke bleiben, ist auch eine Verantwortung der Medien. Das D eutsche Welle Global Media Forum hat dies nachdrücklich gezeigt. 1.600 Experten aus 100 Ländern kamen im Juni nach Bonn, um drei Tage lang diese Zusammenhänge zu beleuchten. Sie haben sich den Herausforderungen gestellt, denen Medien begegnen, wenn es um die Frage geht: Wie können wir unabhängig, umfassend und ausgewogen berichten und uns zugleich einmischen und glaubwürdig engagieren für die Achtung der universell geltenden Menschenrechte? Mein Fazit: Wir brauchen eine weltweite Allianz für die Menschenrechte. Und mit Blick auf Europa sei hinzugefügt: Die Achtung der Menschen-
In dieser Ausgabe 04-05
nachrichten
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titel » Medienmarkt Indien: Goldgräberstimmung » Wir sprechen: Hindi » Interview: Jaideep Karnik von Webdunia.com » Gastbeitrag: Von Cricket und Zeitmanagement » Meinung: Force India!
18-21 podium » Rückblick: 1.600 Gäste bei Medienkonferenz
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spot
rechte und ihre Umsetzung beginnen immer vor der eigenen Haustür. Denn zur Meinungsbildung der Weltöffentlichkeit tragen heute viele Stimmen aus vielen Ländern bei. Auch das wurde auf unserem Medienkongress einmal mehr deutlich. Europa kann sich längst nicht mehr als Nabel der Welt begreifen. Europa – und somit auch Deutschland – muss sich vielmehr als kräftige und glaubwürdige Stimme einbringen. Meine Gespräche mit Partnern des deutschen Auslandsrundfunks auf allen Kontinenten machen dies immer wieder deutlich – zuletzt auf meiner jüngsten Reise durch sechs lateinamerikanische Länder. Auch dazu mehr in dieser weltzeit. Ihr Erik Bettermann
Impressum
23-29 dialog » Internationale Medien und ethische Normen » 9/11 und die Folgen: das Multimedia-Projekt » Interview: Eric Schmitt New York Times » Buchtipp: Gernot Erler Das Versagen nach 9/11
30-31 partner » Lateinamerika: Mehr Engagement
16-17 profil » Deutschlandbild: Amrita Cheema
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© DW
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neue medien
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schlaglichter
34-35 zoom » Isha Bathia und Debarati Guha
Deutsche Welle Unternehmenskommunikation 53110 Bonn T. 0228.429.2041 F. 0228.429.2047 weltzeit@dw-world.de www.dw-world.de/presse blogs.dw-world.de/weltzei t Verantwortlich: Dr. Johannes Hoffmann Redaktion: Berthold Stevens Gestaltung: Marco Barooah-Siebertz, Lisa Flanakin, Alexandra Schottka Fotografie: Matthias Müller Titelfoto: Picture Alliance Druck: Brandt GmbH · Bonn Anzeigen T. 0228.429.2043 weltzeit@dw-world.de Werbung im Programm T. 0228.429.3507 werbung@dw-world.de
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nachrichten
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Fußball bringt uns zusammen Berlin – Zur Frauenfußball-WM hat die DW-AKADEMIE ein Fortbildungsprojekt für junge TV-Journalistinnen durchgeführt. Die Teilnehmerinnen kamen aus Asien, Afrika und Lateinamerika.
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20 schöne Geschichten rund
um die Frauenfußball-WM: das internationale Journalistinnen-Team samt Trainerstab
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Nachdenklich und mutig:
Pegah Ahangarani 2009 auf dem Deutsche Welle Global Media Forum in Bonn
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Die Scorpions auf Abschieds-
tournee: Zwei Kamerateams verfolgen den Soundcheck in Bangkok
Nicht nur in Deutschland, sondern weltweit standen die vergangenen Sportwochen im Zeichen des Frauenfußballs. Acht junge TV-Journalistinnen aus Bhutan, Ägypten, Palästina, Ghana, Nigeria, Kolumbien, Brasilien und Mexiko nahmen in Berlin an einem Fortbildungsprojekt der Deutschen Welle teil: Vier Wochen lang produzierten sie Beiträge rund um die Weltmeis terschaft – und erhielten mehrfach Besuch von deutschen Medienvertretern, unter anderem vom ZDF und WDR. „Es ist wundervoll, in diesem internationalen Team zu arbeiten. So können wir viele Themen abdecken“, sagt Namgay Zam aus Bhutan. Die 26-Jährige hatte schon einmal an einem Training der DW-AKADEMIE teilgenommen. Kenana Issa, 24, aus Palästina wollte „vor allem lernen, wie man gute Fernsehreportagen macht“. Betreut wurden die jungen Frauen von den DW-Trainern Niels Eixler und Tina G erhäusser, die ihr Ziel so absteckten: „Wir wollen 20 schöne Geschichten rund um die Frauenfußball-WM produzieren.“ Gezeigt wurden diese in den
Heimatländern der Nachwuchsjournalistinnen und auf DW-TV. Dabei ging es auch um soziale und strukturelle Aspekte. „Das Tolle ist, dass man Fußball überall spielen kann. Und es bringt Menschen zusammen, auch uns“, sagt Joyce Midley, 32, aus Ghana. Die 35-jährige Patricia Pena hofft, dass die Fußballerinnen aus ihrer Heimat Mexiko den Aufenthalt in Deutschland auch genutzt haben, um zu lernen, wie eine Profiliga funktioniert: „Bei uns gibt es so etwas nicht. Viele der Frauen sind deshalb im Ausland unter Vertrag.“ Das Team der Journalistinnen samt Trainer jedenfalls wirkte gut eingespielt und ließ sich auch durch Besuche von Fotografen, Journalisten und Kamerateams nicht aus der Ruhe bringen. Wer die journalistische Performance der Kursteilnehmerinnen verfolgen will, kann die Beiträge auf den Seiten des DFB anschauen. ——
http://tv.dfb.de (Rubrik ENGLISH VIDEOS)
nachrichten
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DW-Blog als Grund für Verhaftung?
Die regierungskritische junge Schauspielerin, die in ihrer Heimat äußerst populär ist, wollte nach Deutschland reisen und einige WM-Spiele im Stadion verfolgen. Einen Tag vor ihrer Abreise wurde sie jedoch vom Informationsministerium vorgeladen. Dort hatte man ihr nahegelegt, auf die Reise zu verzichten, und mit einer Verhaftung gedroht. Pegah Ahangarani entschied sich, nicht nach Deutschland zu reisen, und die DW verzichtete auf das gemeinsame BlogProjekt, um sie nicht zu gefährden. Dennoch wurde sie wenig später verhaftet. Die DW berichtete darüber ausführlich in ihrem persischsprachigen Radio- und Internet-Angebot, protestierte mit
© DW
Teheran – Die iranische Schauspielerin Pegah Ahangarani wurde am 10. Juli in Teheran verschleppt und verhaftet. Hintergrund: Sie wollte in einem von der Deutschen Welle für sie eingerichteten Blog über die Frauenfußball-WM schreiben. Ende Juli kam sie gegen Kaution wieder frei.
Nachdruck gegen die Festsetzung der Schauspielerin und forderte ihre sofortige Freilassung. Pegah Ahangarani, die auch Dokumentarfilme macht, hatte bereits zur Berlinale für die DW gebloggt und war 2009 zur Verleihung der Blog-Awards der Deutschen Welle The BOBs nach Bonn gekommen. ——
Die Scorpions – Der Film Berlin – „BIG CITY NIGHTS“, so der Titel eines Films der Deutschen Welle über die Scorpions. Die 90-minütige Dokumentation soll 2013 Kino-Premiere feiern. Seit Mitte Juli kann man die Dreharbeiten virtuell verfolgen und im Internet schon mal „sneaken“. Die Scorpions-Sonderseiten der DW auf Deutsch und Englisch bieten Videos, Fotos und Texte zur Entstehung des Films, der die Abschiedstournee von Deutschlands erfolgreichster Rockband dokumentiert. Hier gibt es Informationen zu den Musikern, einen Tourkalender und weiterführende Links.
© Foto: Reiner Schild
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Nach vier Jahrzehnten auf Bühnen in aller Welt und über 100 Millionen verkauften Platten haben die Scorpions 2010 bekannt gegeben, ihre Karriere beenden zu wollen. Nach der Veröffentlichung des 17. Studioalbums und einer drei Jahre dauernden Welttournee soll Schluss sein. „Diese Abschiedstour ist der Kern des Scorpions-Films – das Leben ‚on the road‘, die energiegeladenen Konzerte, die euphorischen Fans. Dazu kommen Bilder von der Arbeit im Tonstudio in Hannover und aus dem Privatleben der Stars“, verrät Rolf Rische, Leiter Gesellschaft und Unterhaltung bei DW-TV in Berlin. Archivmaterial lässt wichtige Stationen der Band wieder aufleben. In Interviews erzählen die Protagonisten Klaus Meine, Rudolf Schenker und Matthias Jabs, wie aus einer Amateurgruppe in der Provinz eine der weltweit erfolgreichsten Bands werden konnte. Die Deutsche Welle produziert den 90-minütigen Film. Partner sind das ZDF und Sony Music. Ausführender Produzent ist die DOKfilm Potsdam. Regie führt Katja von Garnier. Die Dreharbeiten zu „BIG CITY NIGHTS – Der Scorpions-Film“ haben im Februar 2011 begonnen. Erste Stationen waren Thailand, Russland, England und Belgien. In den nächsten Wochen und Monaten stehen Deutschland, Griechenland und Südamerika auf dem Programm. Anfang 2013 wird die Dokumentation Kino-Premiere feiern und auf DW-TV und ARTE zu sehen sein. Außerdem soll sie auf DVD erscheinen. —— www.dw-world.de/scorpions
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Viele Völker, viele Sprachen, viele Farben: Dafür steht auch „Holi“ – das Fest der Farben, das Frühlingsfest in Indien, wenn Farbpulver das Bild auf Märkten und Straßen bestimmt
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Goldgräberstimmung auf dem Medienmarkt Die indische Wirtschaft boomt und erzielt Wachstumsraten, die Europäer und US-Amerikaner vor Neid erblassen lassen. Inzwischen verfügt das Land über die viertgrößte Wirtschaftsleistung der Welt und ist zum Software-Schmied des Westens geworden. Eine eigene Raumfahrtindustrie bringt Prestige, das Nuklearabkommen mit den USA eröffnet neue Möglichkeiten. Ein ständiger Sitz im UN-Sicherheitsrat scheint nur eine Frage der Zeit zu sein. Rasant wächst auch der indische Medienmarkt. Was nicht nur Vielfalt, sondern auch Probleme mit sich bringt. von Angelika Newel Vertrieb Asien und Grahame Lucas Leiter Südasien-Redaktion
© DW
Times Group mit 700 Millionen US-Dollar Umsatz und 7.000 Mitarbeitern oder von Zee Entertainment mit 500 Millionen Umsatz und 5.000 Mitarbeitern, war in den vergangenen Jahren so stark, dass es nicht mehr genügend Nachwuchsjournalisten gibt. In vielen Organisationen fehlt es auch an erfahrenen Journalisten. Ein Beispiel für die Konsequenzen bot die Berichterstattung über den Anschlag von Mumbai, der im November 2008 von militanten Islamisten aus Pakistan verübt wurde. Stundenlang wurden grauenhafte Bilder von sterbenden Menschen live im Fernsehen gezeigt, unzählige Kommentatoren und Analysten lösten mit unqualifizierten und nicht erwiesenen Beschuldigungen gegen Muslime Spannungen aus. Darauf hin kritisierten Programmmacher die Unerfahrenheit des Nachwuchses, forderten
© DW
Die Zeiten, in denen sich die Inder mit den Angeboten der westlichen Satellitensender zufrieden gaben, gehören der Vergangenheit an. Heute wollen sie ihre eigenen Themen setzen, ihre eigenen Moderatoren sehen. Fast täglich streben neue Anbieter auf den Markt, um die rasch steigende Nachfrage nach Information und Unterhaltung im multilingualen Vielvölkerstaat zu befriedigen. Zurzeit gibt es über 500 TV-Sender und rund 100 Millionen Internetnutzer, bereits 7,5 Millionen davon haben Zugang zu Breitbandanschlüssen. Die 1,1 Milliarden Einwohner des Landes verschlingen Millionen von Zeitungen. Indien ist inzwischen der zweitgrößte Zeitungsmarkt der Welt. Doch es gibt auch Probleme. Die Expansion einiger Medienkonzerne, beispielsweise der
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Wir sprechen Hindi Von Avataren und Chai Als James Camerons „Avatar“ in die Kinos kam, ahnte niemand, dass das Science-
AFGHANISTAN von Priya Esselborn Teamleitung Hindi
Jammu und Kashmir
CHINA
Fiction-Spektakel der erfolgreichste Film aller Zeiten
Chandigarh
ahnte man, dass sich das Hindi-Wort „Avatar“ (Inkar-
Himachal Pradesh
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werden würde. Ebenso wenig
Punjab Uttarakhand
nation), bereits ein fester Begriff in der Computersprache, auch im allgemeinen Sprachgebrauch festsetzen würde. Zuvor hatte der indische Komponist A. R. Rahman für „Jai ho“ (Auf
Haryana
PA K ISTA N
NE PA L
Delhi
zum Sieg), den Titelsong aus dem Film „Slumdog Millionaire“, einen Oscar gewonnen. Und durch den Siegeszug der Bolly-
Uttar Pradesh
wood-Filme, die in Mumbai auf Hindi produziert werden, explo-
Rajasthan
dierte die Zahl derer, die weltweit Hindi lernen.
Bihar
Der letzte Zensus in Indien gibt die Zahl der Hindi-Muttersprachler mit 422 Millionen an. Hindi ist indogermanischen Ursprungs und vor allem in Nord- und Zentralindien weit verbrei-
Jharkhand
tet. Doch auch im Süden Indiens, in dem die Sprachen dravidischen Ursprungs vorherrschen, wird Hindi in den Schulen als
Madhya Pradesh
Gujarat
Pflichtsprache unterrichtet. Schätzungen besagen, dass Hindi
Chhattisgarh
von etwa einer Milliarde Menschen in Indien gesprochen oder zumindest verstanden wird. Unter den weltweit am häufigsten gesprochenen Sprachen steht Hindi an zweiter Stelle – hinter Chinesisch und noch vor Englisch und Spanisch.
Orissa
INDIEN
Daman und Diu
Obwohl nicht offiziell bestätigt, gilt Hindi im multilingualen und
Maharashtra
multikulturellen Indien als Nationalsprache. Jeder, der schon einmal in Indien war, weiß, dass vor allem in den Städten Englisch aufgrund der kolonialen Vergangenheit weit verbreitet
Dadra und Nagar Haveli Andhra Pradesh
ist. Doch bei einer Analphabetenrate von knapp 40 Prozent ist es Hindi, das die Massen verbindet. Der Ursprung des Hindi geht auf das altindische Sanskrit zurück. Die Schrift heißt Devanagari. Inzwischen sind im Hindi
Goa Karnataka
auch Wörter aus dem Arabischen und Persischen zu finden, aus denen sich traditionell das Urdu speist. Urdu, die Nationalsprache Pakistans, und Hindi sind so eng verwandt, dass sie theoretisch eine Sprache bilden könnten, das Hindustani, das fast
Puducherry
auf dem gesamten indischen Subkontinent verstanden würde. Viele Wörter aus dem Hindi finden sich auch im deutschen
Tamil Nadu
Sprachgebrauch: zum Beispiel der Chai genannte indische Gewürztee, der Guru (der Weise, Lehrer) und das Mantra, das Shampoo oder der Pyjama. www.dw-world.de/hindi
Kerala Lakshadweep
SRI LA NK A
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Hindi
Bengali
Kashmiri
Punjabi
Gujarati
Marathi
Konkani
Kannada
Malayalam
Tamil
Telugu
Oriya
Manipuri
Assamesisch
Arunachal Pradesh
Sikkim Assam
Nagaland
Meghalaya Manipur
BA N G L AD ESC H Tripura
Mizoram
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bessere r edaktionelle Standards. Sie monierten die Neigung der Medienkonzerne, nur die Quote vor Augen zu haben und ethische Fragen auszublenden. Und da die Regierung in NeuDelhi drohte, im Krisenfall die Pressefreiheit der TV-Sender einzuschränken, um die Einheit der Nation nicht zu gef ährden, lenkten die Medienkonzerne ein. Man werde in Krisensituationen künftig auf quotensteigernde Berichterstattung verzichten. Diese Probleme spiegelt der jüngste Bericht von Reporter ohne Grenzen wider: In der Rangliste der Pressefreiheit weltweit wird Indien auf Rang 105 von 178 Ländern geführt. Die Gründe für diese weiterhin schlechte Bewertung liegen auf der Hand: Gerade wegen Mumbai zögert die Regierung immer noch, ihre Monopolstellung bei der Gestaltung von Radio-Nachrichten aufzugeben. Allzu oft werden Mindeststandards nicht eingehalten. Restriktionen in der Berichterstattung über Kaschmir und die Gefahren, denen Journalisten bei Recherchen ausgesetzt sind, wurden ebenfalls oft bemängelt.
Westbengalen
MYAN MAR
Andamenen und Nikobaren
Daten laut der Volkszählung von 2001
Drittgrößter TV-Markt der Welt Um dieser Kritik zu begegnen, bastelt die Regierung – für viele zu langsam – seit Jahren an einem gesetzlichen Rahmen für die Medienwirtschaft. Eile ist geboten, denn Beobachter sind sich einig, dass dies vor allem fürs Fernsehen zwingend erforderlich ist. Inzwischen ist der indische TV-Markt der drittgrößte der Welt. Laut Price Waterhouse Coopers soll der Markt 2012 um zwölf Prozent wachsen. Geschätzte 134 Millionen Haushalte besitzen ein Fernsehgerät. Dominiert wird der Markt von hindisprachigen Nachrichtensendern wie NDTV India, Star News, Aaj Tak und Zee News. Hindisprachige Sender haben inzwischen einen Marktanteil von über 43 Prozent laut einer Studie der Zeitung Indian Express. Mit diesen gewaltigen Veränderungen haben sich die TV-Gewohnheiten der Inder verändert – nach Geschlecht getrennt: Männer schauen am liebsten Nachrichten, Sport und Kinofilme, Frauen Soaps und Vorabendserien, meistens auf Hindi. Die großen Sender wie Star, Discovery, National Geographic, MTV, Channel V and Sports Channel haben deshalb alle Hindi statt Englisch als Sendesprache gewählt, um die Masse der Bevölkerung zu erreichen. Andere Regionalsprachen wie Bengali und Tamil erleben ebenfalls einen starken Aufschwung.
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In Nord- und Zentralindien
wird mehrheitlich Hindi gesprochen: Eine interaktive Karte mit weiteren Details zur Sprachenvielfalt in Indien finden Sie unter www.dw-world.de/weltzeit
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Mit der Liberalisierung des Medienmarkts verlor Doordarshan, der staatliche Sender des Landes, 1991 sein TV-Monopol und spielt heute in den Megastädten Indiens kaum noch eine Rolle. Auf dem Land hingegen beherrscht Doordarshan das Geschehen und erreicht fast 500 Millionen Menschen mit seinen Bildungssendungen. Der englischsprachige TV-Markt ist noch heißer umkämpft. Die heimischen englischsprachigen Sender wie CNN-IBN, NDTV 24x7 und Times Now haben einen Marktanteil von elf Prozent, ausländische Nachrichtenkanäle auf Englisch 0,4 Prozent laut einer Studie der Zeitung Indian Express. Um diese Defizite wettzumachen, setzen sie auf diverse Strategien: Die BBC hat drei Kanäle
5.000 Zeitungen in fast 100 Sprachen Die Zeitungswirtschaft in Indien ist stolz auf ihre Tradition, die in das 18. Jahrhundert zurückreicht. Die Zeitungen des Landes haben ihre Unabhängigkeit und ihre Freiheit zur Zeit der britischen Herrschaft erkämpft und seitdem erfolgreich verteidigt. Insgesamt gibt es 5.000 Titel in fast 100 Sprachen. Dem IRS-Bericht 2010 (indische Leserschaftsumfrage) zufolge sind die größten hindisprachigen Zeitungen Dainik Jagran mit über 54 Millionen Lesern und Dainik Bhaskar mit 33 Millionen Lesern. Weitere vier hindisprachige Blätter haben eine Leserschaft von über zehn Millionen. Die wichtigsten englischsprachigen Zeitungen sind The Times of India mit 13 Millionen und The Hindustan
DW in Indien Die Deutsche Welle ist in Indien mit TV, Radio und Internet vertreten.
Zwar beginnt die Regierung vorsichtig, den indischen UKW-Markt zu deregulieren,
Fernsehen wird überwiegend über Kabelnetze verbreitet, doch der Direktempfang über
jedoch gelten für ausländische Rundfunkanbieter weiter strenge Regeln. Gleichwohl
Satellit (Direct-to-home – DTH) gewinnt an Bedeutung. Von den 135 Millionen TV-Haus-
sind Audios der DW – in der Regel Bildungsprogramme – in der indischen Radioland-
halten werden über 90 Millionen via Kabelnetz versorgt, 31 Millionen über Satellit.
schaft über Partner vertreten. Dabei haben sich vor allem Universitäts- und Cam-
DW-TV ist unter anderem über DD Direct+ zu empfangen; die kostenfreie Plattform
pusradios als zuverlässige Partner erwiesen. Das von IGNOU in 34 Universitätsstäd-
erreicht rund zwölf Millionen Haushalte. Zudem können die Abonnenten der zwei
ten ausgestrahlte Radioprogramm übernimmt regelmäßig Beiträge der DW auf Ben-
größten DTH-Anbieter, Sun Direct und Dish TV, mit zusammen über 15 Millionen Abon-
gali, Urdu und Englisch. Kommerzielle Radiosender interessieren sich vor allem für
nenten, ebenfalls auf die Programme von DD Direct+ zugreifen. Mehr als 27 Millionen
die Sportberichterstattung der DW.
Menschen in Indien haben somit die Möglichkeit, DW-TV über eine DTH-Plattform zu
Das Interesse an Online-Partnerschaften mit der DW ist groß. Unter anderem zäh-
sehen. Zudem erreicht DW-TV über mehr als 160 Kabelpartner rund zehn Millionen
len das bedeutende hindisprachige Webdunia.com sowie die größte englischspra-
TV-Haushalte, überwiegend in den Metropolen des Landes.
chige Videoplattform von Indiatimes.com – Teil der „Times of India“-Gruppe – zu den
Darüber hinaus ist die DW durch Kooperationen mit Bildungs-Plattformen präsent:
Partnern der DW. Nachgefragt werden insbesondere mobile Angebote sowie Video
Der landesweite staatliche Bildungssender IGNOU der „Indira Gandhi National Open
formate. Derzeit verfügt die Deutsche Welle über 15 Online-Partner und ist vor allem
University“ und der süd-indische Bildungskanal ViCTERS strahlen unter anderem
im Bereich Mobile Dienste – beispielsweise Video-on-Demand für Smartphones – der
die DW-Sendung Global Ideas und das Wissenschaftsmagazin Tomorrow Today aus –
Konkurrenz voraus.
insgesamt hat die DW im Rahmen der Kooperation in diesem Jahr bereits 360 Programmstunden geliefert.
Tobias Grote-Beverborg
– BBC E ntertainment, CBeebies (Kinderkanal) und BBC World News – und plant, in den Bereich Pay-TV in Indien einzusteigen. Ferner liefern BBC und CNN seit Jahren regionalisierte Inhalte, um ihre Attraktivität zu erhöhen. Inzwischen setzen die ausländischen Medienkonzerne auf Partnerschaften mit heimischen Sendern. CNN hat sich mit dem heimischen IBN zusammengetan. Vor kurzem läutete RTL aus Deutschland die Zusammenarbeit mit Reliance Television Network ein. STAR TV von Rupert Murdoch hat sich seit dem Einstieg in den Markt 1993 vorwiegend auf Unterhaltung und Spielfilme spezialisiert. Die Wachstums raten sind eher bescheiden.
Times mit sechs Millionen Lesern. Sie und ihre Konkurrenten erleben aber seit zwei Jahren einen starken Rückgang der Verkaufszahlen. Ein Marktsegment ist ihnen aber sicher – wie die Marktforschung von Nielsen India bestätigt: „Reiche Inder ziehen englischsprachige Zeitungen vor, schauen aber hindisprachiges Fernsehen.“
Liberalisierung des Hörfunks Im Radiosektor gibt es nach einer Phase des Stillstands wieder starkes Wachstum. Das älteste der elektronischen Medien erreicht 90 Prozent der Bevölkerung landesweit, dank All India Radio, dem staatlichen Sender, und den
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z ahlreichen kommerziellen UKW-Sendern. Eine Milliarde Menschen hören Radio, zu Hause, per Handy oder unterwegs im Auto. Bei der Unabhängigkeit 1947 gab es nur sechs Radiosender in Indien, allen voran den staatlichen Sender All India Radio. Nach der Liberalisierung 2001 entdeckten risikofreudige Investoren UKW: Bis 2010 war die Zahl der UKW-Sender, die auf Musik und Unterhaltung spezialisiert sind, stark angewachsen. Wie erst kürzlich bekannt wurde, werden aufgrund der fortschreitenden Liberalisierung des Medienmarkts UKW-Sender künftig auch Nachrichten des Nationalsenders All India Radio ausstrahlen können. Hinzu kommt: „ Radiosender verdienen inzwischen gutes Geld und breiten sich auch in den kleineren Städten aus“, wie Uday Chawla, Generalsekretär des Verbands der Hörfunkbetreiber, erklärt. Die Pläne der Regierung für die weitere Liberalisierung des Hörfunks würden bald „eine goldene Ära“ einleiten, so Chawla. Experten erwarten deshalb, dass sich die Zahl der Radiosender in den nächsten drei Jahren auf mehr als 1.600 verdoppeln wird. Die kommerziellen UKW-Sender sind nicht die einzigen, die expandieren. Auch die Community Radios, die seit 2006 Lizenzen erhalten und eine starke Fokussierung auf Probleme der ländlichen und städtischen Entwicklung haben, breiten sich stetig aus.
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»Seit Jahren fehlt ein gesetzlicher Rahmen. «
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Immer öfter mobil ins Netz
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Auch die Zahlen für das Internet sind beeindruckend. Zum Beispiel hat Webdunia.com, das erste hindisprachige Portal des Landes, inzwischen 30 Millionen Leser monatlich allein für die Seiten auf Hindi; es bietet Portale in acht weiteren indischen Sprachen an (siehe auch Interview ab Seite 12). Inzwischen ist der Internetmarkt der drittgrößte der Welt mit über 100 Millionen Nutzern, den Zahlen der „Internet and Mobile Association of India“ zufolge. 40 Millionen Nutzer haben einen mobilen Internetzugang über das Handy. 2009 besaßen die Inder über eine halbe Milliarde Handys. Für die Internetnutzer spielen Musik und Textnachrichten die Hauptrollen. Bereits 32 Prozent nutzen das Web für E-Mail. Das Internet sowie Soziale Netze liefern weitere Impulse und verändern den Medienkonsum der Inder. Auch angesichts dieser Goldgräberstimmung auf dem indischen Medienmarkt stellt sich nicht die Frage, ob, sondern lediglich wann „das indische Zeitalter“ anbricht. ——
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Holi – das mehrtägige
Fest der Farben – überwindet Grenzen: Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft bestreichen sich mit Farbe, besprengen und bewerfen sich mit gefärbtem Wasser oder Puder
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„Wir haben die Internetrevolution populär gemacht“
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Fragen von Abba Mondhe Hindi-Redaktion
Neu-Delhi/Bonn – Jaideep Karnik (37) ist Gründer von Webdunia.com, des ersten Webportals auf Hindi, das seit 1999 online ist. Der Partner der Deutschen Welle gehört zur Naidunia-Gruppe, die eine der ältesten und renommiertesten Zeitungen Indiens, Naidunia, herausgibt und den Fernsehsender News X besitzt. Karnik ist zugleich Chef redakteur von Naidunia.
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Wie haben sich die Medien in Indien in den vergangenen zwei Jahrzehnten entwickelt? Wenn man bedenkt, dass die Menschen in Indien vor den Asienspielen 1982 in Delhi nur Schwarz-Weiß-Fernsehen hatten und es im TV nur 20-minütige Nachrichtenbulletins gab und sonst nichts, dann ist die Ausbreitung der Medienlandschaft in Indien enorm und rasant. Die Medien sind zu einer bedeutenden, einflussreichen Kraft aufgestiegen. Wir haben dabei zwei Gesichter gesehen: Am Anfang dieses Rausches, als immer mehr Sender, Zeitungen und Webportale gegründet wurden, war alles noch sehr ungeordnet, es gab keinen klaren Rahmen. Leidtragende waren die renommierten Medien häuser; sie wurden in ihrer Existenz bedroht. Inzwischen ist die Qualität des Journalismus in Indien nach meiner Einschätzung insgesamt hervorragend, auch weil sich Nutzer, Hörer und Zuschauer gegen unseriöse Medien wehren – diese finden immer weniger Zuspruch.
Außerdem wird investiert in die Ausbildung der Journalisten, in modernes Equipment und in bessere Gehälter.
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Wie sehen Sie die Ausbreitung des I nternets in Indien? Zunächst hat es die anderen Medien nicht – wie von manchen befürchtet – verdrängt. Wie ja auch das Fernsehen das Radio nicht abgelöst hat. Wir sehen, wie sehr die Menschen in Indien die neuen UKW-Sender nutzen. Entscheidend ist, dass die Nachrichten die Menschen erreichen. Die Medien ergänzen sich sehr gut. Informationen im Internet können überall und jederzeit abgerufen werden. Es bietet zudem unglaubliche Möglichkeiten der Recherche. Das können Fernsehen oder Zeitung nicht leisten. Die junge Generation ist mobil und will nicht zu Hause vor dem Fernseher sitzen oder – ganz altmodisch – eine Zeitung lesen. Deshalb boomt das Internet vor allem in der jungen Bevölkerung.
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Mehr Farbe für alle, auch
in der virtuellen Medienwelt: Das Bevölkerung erreichen
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Welche Rolle spielen Portale wie Webdunia.com in d ieser sich so schnell wandelnden Medienlandschaft? Eine sehr große. Als wir 1999 Webdunia als weltweit erstes Hindi-Portal gegründet haben, wurde zwar von einer Nachrichtenrevolution gesprochen, aber nur in einer bestimmten Gesellschaftsschicht, nämlich unter jenen, die Englisch sprechen. Für uns war klar, dass die Revolution in den Medien die breite Bevölkerung erreichen muss. Weit mehr als 80 Prozent der Menschen bevorzugen Hindi oder eine der vielen anderen indischen Sprachen. Deshalb bieten wir heute Informationen in acht weiteren Sprachen an. Ich denke, Webdunia war die Brücke, die das Internet vielen Menschen zugänglich und die Internetrevolution populär gemacht hat.
Nicht nur auf China starren – Force India! Die Welt umschmeichelt China. Doch das 21. Jahrhundert ist auch wegen Indien ein
von Sandra Petersmann Reporterin und Redakteurin
asiatisches. Indien ist neben China das einzige Land mit einem Milliardenvolk. Indien ist neben China das Land mit der am schnellsten wachsenden Wirtschaftskraft. Indien und China sind strategische
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Portal Webdunia.com will die breite
Rivalen im Kampf um Ressourcen, Märk te und Macht. China hat die Nase deutlich vorn, denn Indien ist in der Reformierung seiner Wirtschaft ein Nachzügler. Die größte Demokratie der Welt hat sich dem kapitalistischen Weltmarkt in den 1990er-Jahren nur zögernd geöffnet – im Gegensatz zum energischen China.
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Wie beurteilen Sie die Chancen, mit Ihrem Angebot vor allem junge, gut ausgebildete Multiplikatoren zu erreichen? Diejenigen, die das Internet nutzen, sind sehr gut ausgebildet und zumeist jung. Wie sieht es mit dem Englischen aus? Wir haben dazu viele Studien gemacht. Selbst diejenigen Inder, die zum Beispiel in den USA arbeiten, wollen über ihre Muttersprache mit ihrem Land, ihrer Stadt und den Menschen hier in Verbindung bleiben. Es ist der persönliche Zugang. Das ist in Hindi genauso wie zum Beispiel in Tamil oder Malayalam.
Doch die Menschen in Deutschland sollten sich davor hüten, Nachzügler in der Wahrnehmung Indiens zu sein. Nach heutigen Hochrechnungen wird es in etwa 20 Jahren mehr Inder als Chinesen geben. Indien hat eine extrem junge Bevölkerung. China droht wegen seiner Ein-Kind-Politik eine ähnliche Überalterung wie Europa. Indien besitzt wie China Atomwaffen. Das Land investiert mit Hilfe der USA in die zivile Nutzung der Kernenergie und beansprucht selbstbewusst einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat. Die Feindschaft mit Pakistan heizt den Krieg am Hindukusch an. Ohne Indien wird es in Afghanistan keinen Frieden geben. Großprojekte und Reformen lassen sich im zentralistischen China schneller umsetzen. Der indische Staatsapparat mit seiner aufgeblähten Bürokratie ist träge und weit weg von den Menschen. Das angelsächsisch geprägte Justizsystem ist verkrus
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Was erwarten Sie von der Zusammenarbeit mit Partnern – insbesondere von der Deutschen Welle? Dass wir Nachrichten außerhalb Indiens aus erster Hand bekommen. Und wenn es um neue Verbreitungswege und neue Technologien geht, wie zum Beispiel Webvideos, die in Deutschland immer populärer werden, wollen wir diese über die Hindi- Redaktion der Deutschen Welle auch unseren Nutzern zugänglich machen. Den indischen Content können wir durch unsere Webportale und unsere Zeitung Naidunia selbst am besten abdecken.
tet und langsam. Indiens Wachstum ist individualistisch, das chinesische ist vom Staat orchestriert – und vom Staat abhängig. Mündig und durchsetzungsfähig: Indische Wirtschaftsgiganten wie Lakshmi Mittal und Mukesh Ambani sind unter den Top Ten in der aktuellen „Forbes-Liste“ der Milliardäre. Seit 2007 fährt das Team „Force India“ in der Formel 1. Es ist das Spielzeug des Großindustriellen Vijay Mallya. Auch das eigene Weltraumprogramm und Bollywood, die größte Filmindustrie der Welt, passen perfekt in das Bild von „Incredible India“. Mit diesem Slogan wirbt das Tourismusministerium in internationalen Medien. Die Fernsehspots porträtieren Indien als betörend, farbenfroh, dynamisch, spirituell, freundlich und offen. Doch „Incredible India“ hat eine hässliche Fratze.
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Sie waren erst kürzlich in Deutschland und haben das Deutsche Welle Global Media Forum besucht. Welche Eindrücke haben Sie mitgenommen? Ich war 1994 schon einmal in Deutschland, als junger Student, es war meine erste Auslandserfahrung. Die Wiedervereinigung war damals das beherrschende Thema. Jetzt zurückzukehren und an einer internationalen Konferenz als Experte im ehemaligen Parlament in Bonn teilzunehmen – das war sehr beeindruckend und bereichernd. Als Journalist war es zudem sehr interessant für mich, mehr über Deutschland und Europa zu erfahren. Mein Eindruck: Die Herausforderungen der Wiedervereinigung wurden bewältigt und sind nun Teil der Geschichte. Deutschland ist vereint und die Menschen wollen ihr Land nach vorn bringen. ——
Nach Angaben der Vereinten Nationen leben rund 350 Millionen Menschen von weniger als einem Dollar am Tag. Die Infrastruktur ist miserabel. Schule ist Luxus. Mädchen sind nichts wert. In keinem anderen Land der Welt gibt es mehr Analphabeten. Die Cholera ist nicht auszurotten. Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander – mit verheerenden Folgen: Separatisten, religiöse Extremisten und maoistische Rebellen bedrohen den inneren Frieden. Die Fliehkräfte in Indien und China sind riesig. Das muss uns interessieren. Es geht um 40 Prozent der Weltbevölkerung. Sandra Petersmann, DW-Expertin für Südasien und Afghanistan, wird ab Dezember 2011 ARD-Korrespondentin in Delhi
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Den Schläger schneller schwingen Delhi – In der Nationalsportart Cricket zeigt sich wie im Geschäftsleben: In Indien finden Tradition und Moderne immer schneller zusammen. Das gilt besonders für das Zeitmanagement. Ein Gastbeitrag.
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von Bernhard Steinrücke Gastautor
Indien ist Weltmeister. Am 2. April 2011 beför derte Mahendra Singh Dhoni, der Kapitän der indischen Cricket-Nationalmannschaft, den Finalgegner Sri Lanka mit einem Sechs-Punkte-Schlag aus dem Turnier – mit der höchsten Punktzahl, die in dieser Sportart mit einem einzigen Schlag erzielt werden kann. Überall im Land vergaßen die Inder darauf hin Sperrstunden und kümmerten sich noch weniger um die Vermeidung von Lärm oder um die Verkehrsregeln. Bis in die frühen Morgenstunden feierten Arm und Reich, Moslems und Hindus Arm in Arm den seit Jahrzehnten herbeigesehnten Turniergewinn. Die eigentlich ur-britische Sportart bedeutet für Indien mindestens genauso viel Identifikation wie für einen Deutschen der Fußball. Im indischen Schmelztiegel der Kulturen verschafft nichts anderes den so unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen einen gemeinsamen Bezugspunkt. Und nichts anderes erklärt auch nur annähernd so gut den indischen Umgang mit der Zeit.
Was das bedeuten kann, zeigt sich fast täglich auch in der Arbeit der Deutsch-Indischen Handelskammer. So kam es bereits vor, dass die Leibgarde eines hochrangigen Besuchers aus der Regierung sich bitterlich über den indischen Verkehr beschwerte – weil er den Personenschützern zu schnell floss. Statt der geplanten 45 Minuten hatte der Minister noch nicht einmal 30 vom Flughafen in Mumbai zum Gateway of India gebraucht, dem Wahrzeichen der Stadt. Zu anderen Tageszeiten oder bei anderem Wetter hätte dieselbe Strecke auch eine oder zwei Stunden dauern können. Planen in Deutschland ist wie Fußball. Ein Spiel dauert 90 Minuten, die Halbzeitpause 15. Das höchste der Gefühle ist vielleicht eine Verlängerung. Zeit in Deutschland ist berechenbar. Zeit in Indien hingegen ist – wie beim Cricket – sehr schwer einzuschätzen. In seiner Urform wird dieses Spiel so lange gespielt, bis es jeder Mannschaft mindestens einmal gelungen ist, alle
Bernhard Steinrücke Jahrgang 1955, ist seit Juli 2003 Hauptgeschäftsführer der Deutsch-
Strategische Partner
Indischen Handelskammer in der Megacity Mumbai. Er wurde in Frank-
Deutschland und Indien rücken enger zusammen. Eine Partnerschaft, die seit dem Zweiten Weltkrieg nur langsam in Gang kam.
furt am Main geboren und wuchs
Trotz sehr unterschiedlicher Entwicklung hatte man doch ein gemeinsames Los: die Teilung. Mit der Unabhängigkeit von Groß
in einer Bankerfamilie auf. Nach
britannien wurde Britisch-Indien 1947 in Pakistan und das heutige Indien aufgeteilt.
dem Studium der Rechts- und Wirt-
Wichtige Stationen in den deutsch-indischen Beziehungen:
schaftswissenschaften ging er zu-
»» 1951 nahmen die Bundesrepublik Deutschland und Indien diplomatische Beziehungen auf.
nächst zur Treuhandgesellschaft
»» 1952 wurde die indische Botschaft in Berlin eingeweiht.
Coopers und Lybrand, anschließend
»» 1956 und 1960 besuchte der indische Ministerpräsident Jawaharlal Nehru Deutschland. Es folgten zahlreiche Besuche
zur Deutschen Bank. Dort war er von 1989 bis 1997 als Generaldirektor tätig, fünf Jahre für das IndienGeschäft in Mumbai zuständig. Nach
hochrangiger deutscher Politiker in Indien – und umgekehrt. »» 2000 gingen Indien und Deutschland eine „strategische Partnerschaft“ ein: Man vereinbarte eine Zusammenarbeit bei der Terrorismusbekämpfung, beim Klimaschutz und in der Wissenschaft; nicht zuletzt sollte der Handel ausgeweitet werden. »» 2006 war Indien Partnerland der Industriemesse in Hannover, der Biennale Bonn und der Frankfurter Buchmesse.
einem Zwischenstopp bei der ABC
»» 2011 gab es die ersten deutsch-indischen Regierungskonsultationen.
Privatkunden-Bank in Deutschland
»» Seit einigen Wochen läuft in Indien ein offizielles „Deutschlandjahr“, dem 2012 ein „Indienjahr“ in Deutschland folgt.
kehrte er 2003 mit seiner indischen Frau und den beiden Kindern wieder in seine Wahlheimat Indien zurück.
Priya Esselborn
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Spieler des Gegners vom Platz zu werfen. Auf Weltklasse-Niveau kann das einen Tag dauern – oder fünf. Wer diesem Spektakel beiwohnen möchte, braucht viel Zeit und viel Flexibilität. In Indien kommt es auch außerhalb des Cricketfeldes auf Ausdauer an. Wer hier als Ausländer Fuß fassen möchte, muss viel Gelassenheit mitbringen, ob im Verkehrschaos, beim Verhandeln von Verträgen oder bei bürokratischen Angelegenheiten. Gerade wer geschäftliche Interessen in Indien verfolgt, muss sich in Geduld üben können. Denn bevor Inder Verträge aushandeln, wollen sie ihren Geschäftspartner kennenlernen und genau wissen, mit wem sie es zu tun haben. Wer zu schnell zu geschäftlich wird, fliegt im schlimmsten Fall ohne Ergebnis nach Deutschland zurück. Kommt es zum Geschäft, zeigt sich das Verhandlungsgeschick der Inder, das in erster Linie dazu dient, die eigene Geschäftstüchtigkeit unter Beweis zu stellen. Sie zögern, allein um des Verhandelns Willen, ihre Unterschrift gern um Tage oder Wochen hinaus, auch wenn sie schon eine mündliche Zusage gegeben haben. Selbst wenn ein Vertrag bereits unterzeichnet wurde, sind Nachverhandlungen von Seiten der Inder nicht auszuschließen. Inzwischen ticken die Uhren jedoch auch in Indien zunehmend schneller. Mit der Öffnung der eigenen Marktwirtschaft
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titel
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und dem rasanten wirtschaftlichen Aufschwung der vergangenen Jahre nähert sich das südasiatische Land immer weiter dem Westen an. Diese Entwicklung lässt auch die indische Nationalsportart nicht unberührt. Großbritannien begann bereits in den 1960er-Jahren damit, die Dauer von Cricketspielen zu verkürzen, indem es das Ein-TagesCricket einführte. 2003 kam dann eine weitere, noch kürzere Spielform im Vereinigten Königreich auf, die „Twenty20“ genannt wird und zum Ziel hat, ein Spiel auf drei Stunden zu limitieren. Da diese Form kommerziell schnell populär wurde, hat die Internationale Cricket-Gemeinschaft diese weltweit anerkannt. Der indische Cricketverband richtete 2008 erstmals die Indian Premier League aus, in der Spielform des Twenty20-Cricket. Das zeitlich unbegrenzte Spielmodell ist zwar nach wie vor die wichtigste und angesehenste Austragungsform, doch auch in Indien wird Zeit ein knapperes Gut. Nicht jeder Inder hat mehr die Muße, ein Spiel über mehrere Tage zu verfolgen. Manchmal geht es auch ganz schnell – zum Beispiel, wenn sich eine Weltmeisterschaft in einem meisterlichen Schlag des Kapitäns entscheidet. ——
Weltmeister Indien:
die Cricket-Nationalmannschaft
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feiert den historischen Sieg
profil
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© picture-alliance/ dpa
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„Max Müller Bhavan“ alias
Solange alles nach Plan läuft
Goethe-Institut: Werbefahrt zum 60. Geburtstag auf einer Bahn im indischen Kalkutta
Seit sechs Monaten studierte sie in England, als sie zum ersten Mal nach Deutschland kam. Ziel: Schloss Neuschwanstein. Amrita Cheema hatte Bilder vom Schloss in einem Lufthansa-Kalender gesehen, als sie noch in Indien zur Schule ging. Ein PostkartenEinstieg in eine leidenschaftliche Geschichte der Annährung an die Wahlheimat. Meine Deutschkenntnisse waren anfangs sehr bescheiden, speisten sich aus britischen „War-Comics“, die ich in meiner Kindheit gelesen hatte. Da kamen „Blitz und Donner“ vom „Himmel“, da hieß es „Achtung! Die Engländer kommen!“ (Meine ersten Freunde in Deutschland hatten immerhin die Güte, mein Vokabular amüsant zu finden.) Dann besuchte ich das Goethe-Institut in Bonn. Fünf Stunden Grammatik täglich, exzellente Lehrer, ein netter Haufen Studenten und viel Zuspruch von Menschen in Bad Godesberg, wo ich lebte. In der „Dorf kneipe“ konnte ich meine Kenntnisse einsetzen – was nach einem Glas Kölsch spürbar leichter fiel. Ich war noch nicht lange in Deutschland, da brachte das Magazin Der Spiegel einen A rtikel
zur Das-Boot-ist-voll-Debatte. Für mich die erste Begegnung mit Spannungen in der deutschen Gesellschaft. Deutschland ist kein Einwanderungsland, sagte man mir. „Die Republikaner“ betraten die politische Bühne, es gab die Kam pagne „Kinder statt Inder“, der Begriff M ultikulti wurde überdehnt und missbraucht. Später noch die Debatte um die sogenannte Leitkultur.
„Kinder statt Inder“ Seither hat sich eine Menge verändert. Das Verhältnis zur Nation ist entspannter geworden. Die Fußball-WM von 2006 erschien mir wie eine „zweite Wende“. Die Menschen legten die Scheu vor der eigenen nationalen Identität ab. Nationalspieler mit „Migrationshintergrund“, das Anwerben von Facharbeitern aus dem Ausland
profil
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– all das sind Zeichen dieses Wandels. Auch Musik, Literatur, Film und Kunst spiegeln die neue Gemütslage der Deutschen. Und doch kann ein Mann wie Sarrazin noch immer die öffentliche Meinung polarisieren mit ethnischen Stereotypen. Allerdings sind auch viele seiner Kritiker wiederum deutsche Landsleute. Als Inderin fiel mir der Einstieg in Deutschland nicht schwer. Dies mag daran liegen, dass viele Deutsche ein positives Bild von Indien haben, was zurückgeht auf die Epoche der Romantik im 19. Jahrhundert. In Indien heißt der bekannteste Deutsche übrigens Max Müller. Max wer? – werden viele fragen, denn von diesem Sprachwissenschaftler und Professor der Vergleichenden Religionswissenschaften haben hierzulande eher wenige gehört. Goethe-Institute in Indien heißen „Max Müller Bhavan“. Im Jahr 2000 hatte ich die Gelegenheit, für DW-TV einen Film über Max Müller zu machen, zu dessen 100. Todestag. Inder bewundern deutsche Philosophie, Kunst und Kultur. Vor allem aber schätzen sie das technische Know-how der Deutschen. Kürzlich sah ich in Delhi ein Plakat mit Werbung für Herrenunterwäsche – und dem Spruch „Made with German Engineering“!
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befreiend. Wenn mich jemand auf der Straße unhöflich anblafft, gebe ich das schon mal ebenso unhöflich zurück. Hah! Ich habe einen gewissen Respekt vor deutschem Organisationstalent. Ich sage „gewissen“ Respekt. Denn wenn die Dinge hierzulande nicht nach Plan laufen, herrscht plötzlich heilloses Chaos. Inder hingegen sind gerade unter chaotischen Bedingungen höchst erfinderisch!
Einheit und Vielfalt Mein starkes Interesse an Geschichte machte die deutsche Einheit für mich zu einem durchdringenden Erlebnis. Als die Mauer fiel, flog ich umgehend nach Berlin und berichtete von dort für das indische Fernsehen. Ich habe später eine Dokumentation darüber gemacht, was die Wiedervereinigung für das neue Bundesland Mecklenburg-Vorpommern bedeutet hat. Zum 20. Jahrestag der Einheit war ich wieder im Osten Deutschlands. Es war beeindruckend, wie sich die Infrastruktur in der Region gewandelt hat. Das können nur die Deutschen – war meine spontane Reaktion! Ich wohne jetzt in Berlin-Mitte, unweit des Check Point Charlie, wo ich einst zum ersten
Dr. Amrita Cheema stammt aus Delhi, studierte Geschichte an der Oxford University in Großbritannien, wo sie auch promovierte. 1988 kam sie nach Deutschland und arbeitete im Englischen Programm der Deutschen Welle. 1994 ging sie für einige Jahre nach Indien zurück, arbeitete bei Indiens erstem Privatfernsehen TVI und beim bedeutendsten Nachrichtensender NDTV in Delhi. Wieder in Deutschdeutsche Staatsbürgerin – auch heute wieder vor der Kamera, nachdem sie von 2005 bis 2008 beim nationalen, multikulturellen Sender SBS in Sydney, Australien, Station gemacht hatte.
Salonfähiges und Chaotisches Ich habe Deutschland zweimal längere Zeit verlassen, um in Indien und später in Australien neue Erfahrungen zu sammeln. In beiden Fällen großartige Aufgaben. In beiden Fällen hat mir von Deutschland eines am meisten gefehlt: die Deutschen! Auf meinen vielen Auslandsreisen musste ich häufig die Deutschen vor negativen Stereotypen in Schutz nehmen. Im Gegensatz zu weit verbreiteten Vorstellungen habe ich viele Deutsche als warmherzig, emotional und vertrauenswürdig kennengelernt. Auch als ernsthaft und direkt. So direkt, dass selbst eine gewisse rüde Art salonf ähig erscheint. Das hat mich anfangs schockiert. Inzwischen empfinde ich es auch als
Mal als Studentin die deutsch-deutsche Grenze passierte. Ich bin fasziniert von der Vielschichtigkeit, in der Geschichte in dieser Stadt sichtbar wird. Auch vom Facettenreichtum, ob in den politischen Debatten, in den Spielarten von Kunst und Kultur oder der bunten alternativen Szene. Während Indien meine große Liebe bleibt, Australien mein größtes Abenteuer war, ist Deutschland meine große Leidenschaft! ——
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land, war sie ab 1999 als Moderatorin und Redakteurin für das Journal bei DW-TV in Berlin tätig. Dort steht sie – inzwischen
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„Wir brauchen eine Allianz für die Menschenrechte“
© Susanne Nickel
von Susanne Nickel Freie Journalistin
Bonn – Es war das richtige Thema zur richtigen Zeit, das sich das vierte Deutsche Welle Global Media Forum auf seine Fahnen geschrieben hatte: „Menschenrechte und Globalisierung – Herausforderungen für die Medien“. Die Vehemenz der Diskussionen in vielen der mehr als 50 Workshops belegte dies eindrucksvoll. Experten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und internationalen Organisationen treffen auf Medienschaffende – dieses Konzept ging einmal mehr auf. Entsprechend groß war der Gewinn für die rund 1.600 Teilnehmer aus 100 Ländern.
„2011 ist für mich das Jahr der Menschenrechte.“ Mit diesen Worten eröffnete Erik Bettermann, Intendant der Deutschen Welle, am 20. Juni das internationale Medienforum im Plenarsaal des ehemaligen Bundestags, dem heutigen World Conference Center Bonn. „Die Menschenrechte sind nicht teilbar. Wir müssen ihnen universell Geltung verschaffen – und wir dürfen einzelne Rechte nicht gegeneinander ausspielen“, mahnte Bettermann und nahm die Medien als „Scout im Informationsdschungel“ in die Pflicht: „Medien können ein mächtiges Instrument bei der Verwirklichung der Menschenrechte sein: als Informationsbrücke und Instrument der Auf klärung.“ Im breit gef ächerten Themenspektrum der Konferenz zog sich die Frage nach der Rolle der Medien im Kontext von Menschenrechten und Meinungsvielfalt wie ein roter Faden durch die Diskussionen. Der Grundsatz, dass ohne freie Medien keine demokratischen Strukturen möglich sind, steht außer Zweifel – doch immer häufiger und immer drastischer werden kritische Stimmen
zum Schweigen gebracht. Wir erinnern uns: Ende 2010 erschien der jährliche Bericht des New Yorker Komitees zum Schutz von Journalisten (CPJ). Die Zahlen spiegeln ein zunehmend restriktives Klima für Medien und Medienschaffende. Laut CPJ saßen im vergangenen Jahr 145 Reporter im Gef ängnis – so viele wie seit 14 Jahren nicht mehr. China und Iran führen diese Liste an.
Im Zweifel für die Freiheit „Das iranische Regime ist ohne Zweifel der größte Feind der Freiheit.“ Das sagte der iranische Journalist Houshang Asadi auf dem Forum in Bonn. 15 Jahre seines Lebens hat er in iranischen Gef ängnissen verbracht, wo er massiv gefoltert wurde. Für sein Buch „Briefe an meinen Folterer“ erhielt Asadi in diesem Jahr in Wien den „International Human Rights Book Award“. In Iran sei er durch das Fegefeuer gegangen, erklärte der Autor und Journalist, der heute in Frankreich lebt: „Es ist paradoxe Realität: Der Körper der iranischen Gesellschaft ist modern
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„Wasser kommt nicht einfach vom Himmel“ Stimmen vom Deutsche Welle Global Media Forum „Investigativer Journalismus
„Jedes Unternehmen kann
hat seinen Preis. Aber trotz
sich für Menschenrechte ein-
externer Geldgeber müssen
setzen. Jedes Unternehmen
Qualitätsmedien ihre Unab-
sollte seine Zuliefererkette
hängigkeit bewahren. Finan-
genau anschauen und verste-
zierung von unabhängigen
hen: Es sind Menschen, die die
Medien ist gleichbedeutend
Produkte herstellen.“
mit der Finanzierung von Qualitätsjournalismus.“
Christopher Davis, Direktor
Verantwortung übernehmen Houshang Asadi ist kein Einzelfall, aber er gibt den entscheidenden Fragen der Diskussionen ein Gesicht: Wie kann es sein, dass in unserem Zeitalter der Globalisierung die Opfer von Menschrechtsverletzungen nicht oder zu wenig gehört werden? Und wer legt den Finger in die Wunde?
den „United Nations Business
Panel „Entwicklung und Men-
Leaders Award 2010“ für seine
schenrechte und die Rolle der
Kampagne „Stop Sex Trafficking
Medien“
Die Medien haben eine Wächterrolle. Jedoch sollten sich auch weltweit agierende Unternehmen als Botschafter eines aufgeklärten Wertekanons verstehen. So lautete das Fazit der Plenumsveranstaltung, in der die Wirtschaft als eine der wichtigen Protagonisten unter die Lupe genommen wurde. „Heute gibt es keine Grenzen mehr“, sagte der ehemalige österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel im Plenum: „Es sind nicht unbedingt die positiven Werte, wie Demokratie und Menschenrechte, die über die Grenzen getragen werden.“ Sein Plädoyer: „Gute Regierungsführung und wirtschaftlicher Erfolg bedingen einander.“
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of Children and Young People“.
International besetztes Plenum: das World
Conference Center im ehemaligen Plenarsaal des Deutschen Bundestags
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„Es ist paradoxe Realität“: der iranische
Journalist Houshang Asadi, in der Welt geachtet, vom Regime in der Heimat geächtet
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„Gute Regierungsführung und wirtschaft-
licher Erfolg bedingen einander“: Österreichs ExKanzler Wolfgang Schüssel
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Broadcasting Union, EBU) im
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und gleicht mehr dem eines europäischen Landes. Dabei vermittelt das Regime, das diesen Körper steuert, Ansichten, die älter als das Mittelalter sind. Unsere Aufgabe muss es sein, nach Wegen zu suchen, das Land durch die Demokratie zu erleuchten.“
bei The Body Shop. Er erhielt
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für internationale Kampagnen Ingrid Deltenre (European
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Weltweit tätige Unternehmen könnten ihren Erfolg nur dann nachhaltig sichern, wenn sie sich ihrer sozialen Verantwortung gegenüber der Bevölkerung ihres Partners bewusst seien, betonte Markus Löning, Menschenrechtsbeauftragter der Bundesregierung: „Unternehmen, die im Ausland tätig werden wollen, müssen bei den jeweiligen Regierungen auf die Einhaltung der Menschenrechte pochen“, forderte Löning. Globalisierung kann sich positiv auswirken, wenn sie einhergeht mit verantwortlichem Handeln. Dies gilt für Medien, Unternehmen und Regierungen gleichermaßen. Hier komme
den Auslandssendern eine wichtige Aufgabe zu, wenn es ihnen gelinge, die Balance zu halten zwischen Engagement in der Sache und Objektivität in der Berichterstattung, meint die thailändische Medienrechtlerin Supinya Klangnarong und fügt an: „Zum Beispiel, indem sie denjenigen eine Stimme geben, die sonst nicht gehört werden.“ Diesen Gedanken griff Erik Bettermann in seinem Schlussplädoyer auf. Der DW-Intendant forderte eine „weltweite Allianz für die Menschenrechte“. Die Situation der Menschenrechte im Licht der Globalisierung sei ein Thema, „das
Asyl und Obdach für Blogger The BOBs, der internationale Blog-Award der Deutschen Welle, sei „Asyl und Obdach für Blogger in aller Welt“. Was Jury-Mitglied Claire Ulrich in ihrer Laudatio für die 27-jährige tunesische Dozentin und Bloggerin Lina Ben Mhenni sagte, zielte zugleich auf jene Preisträger, die nicht zur Verleihung nach Bonn kommen konnten – zum Teil, weil sie Probleme mit den Behörden fürchteten. Am 20. Juni wurden die BOBs-Preisträger im Rahmen des Deutsche Welle Global Media Forum im früheren Plenarsaal des Deutschen Bundestags geehrt. In sechs Kategorien hatte die DW die weltweit besten Blogs ermittelt. Im Bild Blogger und Projekt-Verantwortliche der DW: (hinten v. l.) Claire Ulrich, Programmdirektor Christian Gramsch, Chefredakteur Marc Koch, Mohamed Ibrahim (Best Social Activism Campaign: We are all Khaled Said), Judith Torrea (Reporter-ohne-GrenzenPreis: Ciudad Juárez), Lina Ben Mhenni (Best Blog: A Tunisian Girl) und Hannah Kaviani, Radio Free Europe (Best Video Channel: Stands With Fist) – (vorn v. l.) Pavel Senko (Best Use of Technology for Social Good: Rospil), Rights in the Middle East), Benoît Hervieu, Reporter ohne Grenzen, und Gabriel González Zorilla (The BOBs-Team). www.thebobs.com
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Petra Füchsel, The BOBs-Team, Ahmed Zidan (Special Topic Award: Migrant
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unsere Aufmerksamkeit in b esonderer Weise verdient, das jeden angeht, in jedem Teil der Welt“. Sender wie die Deutsche Welle könnten das Thema verstärkt aufgreifen und zum Engagement einladen. Auch in Europa, denn „die Achtung der Menschenrechte und ihre Umsetzung beginnen immer vor der eigenen Haustür.“ Das Thema Menschenrechte bleibt auf der Agenda des Deutsche Welle Global Media Forum. Vom 25. bis 27. Juni 2012 geht es an gleicher Stätte drei Tage lang um Bildung und Kultur. ——
Mehr Informationen und Stimmen zum Deutsche
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Welle Global Media Forum 2011:
haltung der Menschenrechte pochen“: Menschen-
www.dw-gmf.de
rechtsbeauftragter Markus Löning – im Gespräch mit
„Unternehmen müssen im Ausland auf Ein-
Teilnehmern weltzeit-Blog: blogs.dw-world.de/weltzeit
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Mitschnitte und Videos von der Konferenz:
im Plenum und in den Workshops
soundcloud.com/dwgmf www.youtube.com/user/GMF2011
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Meinungsvielfalt: rege Diskussionen
„Wir sollten nicht vergessen, dass Medien
für uns alle berichten. Sie verdienen deshalb unMultimedia-Projekt:
seren Schutz, ja wir schulden ihnen diesen Schutz“:
www.dw-world.de/menschenrechte2011
Dunja Mijatovi´c, OSZE-Representantin, hier mit Morten Kjaerum, EU-Grundrechteagentur
„Es ist wichtig, dass wir ge-
„Auslandssender haben die
„Für viele Menschen kommt
rade dann, wenn autoritäre
Aufgabe, denjenigen eine
Wasser offenbar einfach vom
Systeme ökonomisch erfolg-
Stimme zu geben, die sonst
Himmel. Die größte Heraus-
reich sind, die Menschen-
nicht gehört werden.“
forderung für Journalisten,
rechtsfrage immer wieder
die über das Menschenrecht Supinya Klangnarong, thailän-
auf sauberes Wasser berich-
dische Medienrechtlerin
ten, ist die Schwierigkeit, die Geschichten zu verkaufen.“
im Auswärtigen Amt, im DW-
Kieran Cooke, Journalist,
Interview
© DW
Werner Hoyer, Staatsminister © DW
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aufwerfen.“
„Medien sind nicht so ausge-
„Mein Handy funktioniert in
„Freie Medien sind zugleich
stattet, um in der erforder-
Bangladesch besser als in New
Quelle und Wurzel einer
lichen Tiefe über wichtige
York. Und selbst auf dem Land
Zivilgesellschaft.“
Themen zu berichten.“
kann man E-Commerce über
U. Roberto Romano, US-Filme-
SMS nutzen und 40 Ziegen
Hans-Jürgen Beerfeltz, Staats-
kaufen.“
sekretär im Bundesministerium
macher. In seinem neuen Film
für wirtschaftliche ZusammenMark Belinsky, Gründer der
derarbeit in den USA.
NGO „Digital Democracy“ in New York
arbeit und Entwicklung (BMZ) © DW
„The Harvest“ geht es um Kin© DW
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BBC und Financial Times
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spot
EBU und Europarat: Gemeinsam für Menschenrechte Bonn – Die Europäische Rundfunkunion (EBU) und der Europarat wollen ihre Kooperation ausbauen, um der Achtung der Menschenrechte, insbesondere im Bereich der Meinungs- und Pressefreiheit, mehr Nachdruck zu verleihen. Anlässlich des Deutsche Welle Global Media Forum in Bonn u nterzeichneten die Leiterin der EBU-Generaldirektion, Ingrid Deltenre, und der Generalsekretär des Europarats, Thorbjørn Jagland (im Bild rechts), ein „Memorandum of Understanding“ – im Beisein von DWIntendant Erik Bettermann. Jagland hatte zuvor in einer viel beachteten Rede den Kongress in Bonn eröffnet. Deltenre diskutierte im Workshop zum Thema „Entwicklung und Menschenrechte“.
© GMB Akash
KLICK!-Wettbewerb: Bestes Foto aus Bangladesch Bonn – GMB Akash aus Bangladesch hat den Fotowettbewerb „KLICK! – Your View of Human Rights and Globalization“ gewonnen. Die Teilnehmer des Deutsche Welle Global Media Forum wählten sein Bild „Children’s Hands“ zum besten Motiv. Ausgezeichnet wurden auch Fotos von Josef Hinterleitner aus Österreich und Monowara Begum Moni aus Stuttgart. Die DW hatte den Wettbewerb gemeinsam mit Amnesty International ausgeschrieben. Eine Vorauswahl der 30 besten Fotos ist im Internet zu sehen und illustriert ein Plakat mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte – kostenlos zu bestellen bei weltzeit@dw-world.de. www.dw-world.de/klick
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Anhörung im Bundestag: Gefahren für die Pressefreiheit Berlin – Auch in einigen europäischen Staaten sei die Pressefreiheit nicht garantiert, seien Medien staatlichen Einflüssen ausgesetzt und in ihrer Unabhängigkeit eingeschränkt. So warnten Gerda Meuer, Direktorin der DW-AKADEMIE (Foto), Michael Rediske von Reporter ohne Grenzen und Andreas Weiss, bei der ARD für Internationale Berichterstattung zuständig, am 6. Juli in einer Anhörung vor dem Kultur- und Medienausschuss des Bundestags. Die Kritik zielte auf das ungarische Mediengesetz, ebenso auf Tendenzen der Einflussnahme in Italien und Frankreich. Gerade Europa, so der Appell der Experten, sollte ein „sicherer Hafen für bedrohte Journalisten“ sein.
© DW
DW-Magazin in Russland: GLOBAL 3000 auf RBC-TV Moskau – Der russische Sender RBC-TV übernimmt GLOBAL 3000, das Globalisierungsmagazin von DW-TV. Der Partnersender ist der führende Wirtschafts- und Informationssender Russlands. Nach Angaben von RBC-TV können 53 Millionen Menschen in mehr als 600 Städten – auch in angrenzenden Ländern der GUS und im Baltikum – den Sender empfangen. Die Webseite ist mit monatlich 230 Millionen Seitenaufrufen das populärste Portal für Wirtschaftsnachrichten in Russland. Das Magazin GLOBAL 3000 wurde bereits mehrfach ausgezeichnet. www.rbctv.ru — www.dw-world.de/global3000
Medienforum in Mexiko: Gradmesser der Demokratie
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Guadalajara – Auf Einladung des mexikanischen Netzwerks kultureller und bildungspolitischer Rundfunksender trafen sich Anfang Juni Medienvertreter aus 190 Ländern in Guadalajara (Mexiko). Sie diskutierten über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die journalistische Qualität sei ein „Gradmesser der Demokratie“, Unabhängigkeit und eine solide Finanzausstattung seien Voraussetzungen, so die Botschaft der Konferenzteilnehmer, die sich auch in einem Appell an die UNESCO wandten. Die DW zeichnete eine Diskussionsrunde für die Reihe „Debatten ohne Grenzen“ mit Moderator Gonzalo Cáceres (Foto) auf und war mit einem Informationsstand präsent.
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Typische „Deutschland 11“
Quer durchs Land reiste die Redaktion, um aus einer langen Liste von Namen elf Geschichten auszuwählen. Stellvertretend für einige Millionen Menschen in Deutschland erzählen ihre Protagonisten, seit wann sie hier leben und inwieweit sie – vermeintliche wie tatsächliche – deutsche Traditionen und Eigenarten in ihre Lebensweise integriert haben. Da ist zum Beispiel der Jodelmeister Takeo Ischi aus Japan, der in Reit im Winkl lebt. Neben seinem Interesse für Japanische Gärten zählt er Wandern und eben Jodeln zu seinen Hobbys. „Als ich das erste Mal Jodelmusik hörte – das war Gänsehaut“, erinnert er sich. Oder der Berliner Brezelbäcker Oren Dror aus Israel. Als Jude in Deutschland habe er kein Problem damit, ein WeißwurstFrühstück auf seine Speisekarte zu setzen. Sie und die anderen aus der „Deutschland 11“ spielen mit, wenn es darum geht, „typisch deutsch“ zu sein. So bekundet FIFA-Schiedsrichter Babak Rafati (Foto), Hannoveraner mit iranischen Wurzeln: „Die Spieler merken sofort, dass das eine deutsche Schule ist, nach der ich pfeife. Da ist Ordnung und Disziplin
© picture-alliance/dpa
Bonn/Berlin – Und die „Deutschland 11“ kam doch ins Finale. Nicht die Fußballerinnen der deutschen Nationalelf sind hier gemeint, leider. Es geht um ein Special der Deutschen Welle: Elf Deutsche mit Migrationshintergrund werden vorgestellt. „Typische Deutsche im Jahr 2011 eben“, so das „Trainerteam“ der DW.
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von Daniela Gollob Freie Mitarbeiterin
angesagt.“ Und den bayerischen Bierbrauer Eric Toft aus den USA schätzt ein Braumeister-Freund als „richtigen Urbayer – mit dem Mund und auch im Kopf “. Vor allem zeigen die authentischen Geschichten, wie eng Bundesgeschichte und Integrationsgeschichte in Deutschland zusammengehören: „Als Kosovo-Flüchtling und Gastarbeitertochter deutscher Fußballprofi geworden“ – das ist das Kurzprofil der Nationalstürmerin Fatmira Bajramaj, die auch in der „Deutschland 11“ der DW nicht fehlt. Das DW-Team hat eine schlagkräftige Mannschaft zusammengestellt, die viele Talente und Erfahrungen vereint. Zum Team gehören die Autoren Jan Hendrik Hinzel, Simon Kremer und Marc Röhlig, begleitet von Redakteur Dennis Stute, Multimediaredakteur Marcus Bösch und Projektleiter und DW-Chef redakteur Marc Koch. Anstoß jederzeit online. www.dw-world.de/d11
Ein Sommer mit Goethe
Das Kulturinstitut fördert nicht nur die deutsche Sprache im Ausland, es hat sich zu einem renommierten Netz internationaler Kulturkooperation entwickelt. Die neunteilige Sommer-Serie der DW zeigt, wie vielf ältig, oft auch schwierig die deutsche Sprachund Kulturarbeit ist: etwa in Kairo, wo nach der Revolution gegen das Mubarak-Regime eine Gesellschaft im Umbruch ist. Oder in Medellin, Kolumbien, wo sich Dichter aus der ganzen Welt zum Lesefestival treffen und sich mit Poesie gegen Gewalt stemmen. Oder in Kamerun, wo das Goethe-Institut mit einem Künstlerprojekt an die gemeinsame Kolonialgeschichte erinnert.
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Berlin – Das Goethe-Institut wird 60. Die Deutsche Welle gratuliert! Das Magazin Kultur.21 führt die Z uschauer weltweit durch das Goethe-Universum mit rund 150 I nstituten in 100 Ländern. Auch ein Online-Schwerpunkt ist Teil des P rojekts.
Auch in New York und in Südosteuropa, in Schwäbisch Hall und in Asien beobachten Kultur.21-Reporter, was hinter der weltweiten Kulturarbeit steckt. www.dw-world.de/kultur · www.dw-world.de/kultur21
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von Loay Mudhoon Redaktionsleiter Qantara.de
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Wann ist ein Märtyrer ein Märtyrer? Bonn – Zehn Jahre nach den Anschlägen vom 11. September 2001 brauchen international präsente Medien, gleich welcher Herkunft, einen Konsens. Nicht nur hinsichtlich der Verwendung zentraler Begriffe. Gemeinsame Standards und ethische Normen für Krisensituationen sind unabdingbar. Ein Standpunkt.
Wie kann es international präsenten Medien wie BBC World, Al Dschasira, Deutsche Welle oder France 24, gelingen, in Krisenzeiten und Konfliktsituationen objektiv und ausgewogen zu berichten? Wie können sie jenseits von Natio nal- und Kulturgrenzen konfliktentschärfend wirken? Können sich westliche und muslimische Medienschaffende zehn Jahre nach dem epochalen Bewusstseinsschock vom 11. September 2001 auf gemeinsame professionelle Standards und klare ethische Maßstäbe für die Berichterstattung einigen? Und können sie einen Konsens erzielen über den Umgang mit umstrittenen Begriffen wie „Märtyrer“, „Islamistischer Terrorismus“ oder „Gezielte Tötung“? Denn einerseits erleben wir zwar eine Internationalisierung der Kommunikation, andererseits erfolgt die Be01 richterstattung immer mehr vor dem kulturellen Hintergrund des jeweiligen Senders. Spätestens seit dem „großen“ Karikaturenstreit von 2005/2006, der als Wendepunkt im Verhältnis zwischen Europa und der islamisch geprägten Welt in die Geschichte einging, bilden diese Fragen den Kern der Debatte über die Rolle dieser Medien im internationalen Kontext. Denn ich bin überzeugt: Dieser Konflikt hat uns vor Augen geführt, wie groß das Potenzial für grenzüberschreitende Eskalation sein kann, wenn sensible Themen in einem Kulturkreis ohne kulturelle Kompetenz und ohne das nötige Hintergrundwissen behandelt werden.
Ein vermeidbarer Konflikt
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Damals waren nicht wenige Medienmacher und -wissenschaftler von der Wucht dieser Kettenreaktion der Missverständnisse überrascht. Sie fragten sich: Wie konnte es nach Veröffentlichung der sogenannten MohammedKarikaturen zu diesen ost-westlichen Irritationen kommen und vor allem zur gewaltsamen
Eskalation? Die Erklärung liegt heute auf der Hand: Die meisten nationalen und internationalen Medien tappten in eine gef ährliche Perzeptionsfalle, denn aus westeuropäischer Sicht ging es vor allem darum, die Meinungsfreiheit prinzipiell zu verteidigen. Man dürfe sich auch über die Religion der Muslime lustig machen, so rechtfertigten viele westliche Medien die Publikation der umstrittenen Karikaturen. Aus muslimischer Sicht wurde schnell deutlich, dass viele die Bilder als sehr beleidigend und kränkend empfanden, da die Person des Propheten Mohammed in ihrer Religion einen heiligen Stellenwert genießt. Durch ihre fast ausschließliche Orientierung am jeweils eigenen kulturellen Kontext haben Medien in Ost und West allzu schnell eine ein01 seitige Bewertung vorgenommen – und somit zur Verschärfung dieses vermeidbaren interkulturellen Konflikts beigetragen. Aus diesen Fehlern scheint der Großteil international präsenter Medien gelernt zu haben: Nur drei Jahre nach dem medialen Super-Gau haben sie weitgehend sachlich und differenziert über den anti-islamischen Film „Fitna“ des niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders berichtet. Sie haben ihrem Publikum vor allem den politischen Kontext in den Niederlanden erklärt und auf die von Wilders kalkulierte politische Provokation dezidiert hingewiesen. D eshalb
Qantara.de will zum Dialog mit der islamischen Welt beitragen. Das arabische Wort „qantara“ bedeutet Brücke. Das Internet-Portal ist ein Projekt der Deutschen Welle, an dem auch das Goethe-Institut, das Institut für Auslandsbeziehungen und die Bundeszentrale für politische Bildung beteiligt sind. Es wird vom Auswärtigen Amt gefördert.
www.qantara.de
dialog
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e rregte dieser Film – obwohl im Vergleich zu den Mohammed-Karikaturen wesentlich radikaler und populistischer – nicht annähernd ähnliche Reaktionen.
Eine einmalige Chance Der Tod des Al-Kaida-Chefs Osama Bin Laden bietet gegenwärtig eine historische Chance, die Ära der Konfrontation und des simplen Dualismus zwischen dem „Westen“ und der „Islamischen Welt“ ad acta zu legen. Hinzu kommt, dass der „Arabische Frühling“ zu einer merklichen Annährung zwischen westlichen und arabischen Medien führte, da beide die arabischen Demokratiebewegungen grundsätzlich wohlwollend begleiten. Diese relative Entspannung im makropolitischen Kontext darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass gemeinsame Standards und verbindliche ethische Normen für die Berichterstattung in Krisensituationen unabdingbar bleiben. Insbesondere arabischen Medien dürften verbindliche Leitlinien zugutekommen. Denn hier kann eine professionelle Medienkultur
auch Korrektiv für ein noch nicht ausreichend funktion ierendes Mediensystem sein. Diese internationalen Standards sollten Medienschaffende selbst entwickeln. So können sie die transkulturelle Sensibilisierung der Medienmacher stärken und größtmögliche Akzeptanz gewährleisten. Deshalb wäre es wünschenswert, wenn nachhaltige Kooperationen zwischen westlichen und muslimischen Medien, vor allem im Bereich praktischer Weiterbildungsprojekte und wissenschaftlichen Austauschs, stärker gefördert und institutionalisiert würden. ——
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Vor dem Bewusstseinsschock vom 11. September 2001:
die Zwillingstürme des World Trade Center in New York
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Vor der Eröffnung am 11. September 2011: das 9/11
Memorial, das am 10. Jahrestag der Anschläge offiziell eingeweiht werden soll
DW-TV: Sechs Stunden Arabisch zur Primetime Der 11. September 2001 war auch für den deutschen Aus-
Quadriga kommen vier neue, auf Arabisch geführte Talksen-
landsrundfunk ein einschneidendes Ereignis. Die Deutsche
dungen – mit Beteiligungsmöglichkeiten für die Zuschauer:
Welle baute in der Folge das journalistische Angebot in ara-
»» Shabab ist eine Koproduktion mit Al Hayah-TV, dem erfolg-
bischer Sprache deutlich aus: 2002 wurde das Arabisch-Pro-
reichsten ägyptischen Sender. Junge Vertreter der Demo
gramm von DW-TV gestartet, im Online-Angebot gehörte Ara-
kratiebewegung in Ägypten diskutieren mit Deutschen aus
bisch zu den Schwerpunktsprachen und auch im Hörfunk gab
Jugendorganisationen, Parteien und anderen Organisationen.
rüber hinaus Qantara.de online. „Das Dialog-Portal genießt
»» Dialog bringt arabische und deutsche Experten zusam-
weit über die Fachwelt hinaus Ansehen als fundierte Informa-
men. Sie widmen sich Fragen der Demokratisierung,
tionsquelle und offene Plattform für ebenso kontroverse wie
Politik, Wirtschaft, der Rolle des Staates, der Justiz und
qualifizierte Debatten“, sagt Redaktionsleiter Loay Mudhoon und verweist auf Rückmeldungen von Nutzern und Autoren. Zehn Jahre später konsolidiert die DW ihr arabisches TV-Programm: Es umfasst ab 12. September 2011 täglich einen sechsstündigen Sendeblock, gefolgt von 18 Stunden Englisch. Ausgestrahlt wird das arabische Programm in der Hauptsendezeit im Zielgebiet.
der Religion. »» Der Presseclub ist eine Diskussionsrunde mit deutschen und europäischen Chefredakteuren, die mit arabischen Kollegen diskutieren. »» Zu Gast bittet jeweils eine Persönlichkeit ins Studio, die zu aktuellen Entwicklungen im arabischen Raum befragt wird. Das Programm richtet sich an arabischsprachige Zuschauer,
Vier halbstündige Journal-Sendungen bilden den Kern des
die sich für Deutschland und deutsche Positionen zu interna-
arabischen Angebots. Hinzu kommen arabisch synchroni-
tionalen und regional relevanten Themen interessieren und
sierte Magazinsendungen, darunter Kultur.21 und GLOBAL
bei DW-TV zudem verlässliche Informationen über das eige-
3000, sowie Talkformate. Zur bestehenden Diskussionsrunde
ne Land erwarten.
© AP
es zusätzliche Sendungen. Gemeinsam mit Partnern ging da-
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26—
dialog
Ein Tag, der die Welt verändert hat? Darüber streiten die Gelehrten auch im zehnten Jahr nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 noch. Unbestritten hat die Schockwelle, die von den Flugzeug attentaten ausging, die amerikanische Politik und damit auch das Leben zahlreicher Menschen verändert. Von Kabul über Basra bis New York. Für das Multimedia-Projekt der Deutschen Welle „9/11 und die globalen Folgen“ haben DW-Reporter persönlich Betroffene auf vier Kontinenten aufgesucht und Menschen in aller Welt befragt, wie der historische Tag ihr Leben verändert hat. Die Idee, Menschen zu finden, deren Leben am 11. September 2001 eine entscheidende Wendung genommen hat, wurde in einer redak tionsübergreifenden Kreativgruppe geboren, mit Kontakten in die USA, nach Afghanistan und Irak. Hier sollten unsere Reporter nicht nur Protagonisten suchen, sondern auch Spuren der Veränderung beschreiben, die zehn Jahre der globalen Terrorbekämpfung hinterlassen haben. Im Guten wie im Schlechten. In der persönlichen Geschichte von Menschen Geschichte erlebbar zu machen, das stand als ambitionierte Grundidee hinter dem Projekt. Martin Gerner hatte von der Dari/PaschtuRedaktion den Auftrag bekommen, eine Menschenrechtsaktivistin und Parlamentarierin der Sikh-Minderheit in Afghanistan zu befragen. Doch leider sagte die Frau, die mit ihrer Biografie für viele der Veränderungen steht, die in Afghanistan seit dem Sturz der Taliban eingetreten sind, das vereinbarte Interview in letzter Minute ab. Angst vor zu viel Öffentlichkeit in westlichen Medien beziehungsweise die Furcht, von konservativen Kreisen in ihrem Land als „unislamisch“ gebrandmarkt zu werden, mögen eine Rolle gespielt haben. Ein Ja wird schnell zu einem Nein in Afghanistan – zehn Jahre nach dem durch die USA und ihre Verbündeten herbeigeführten Sturz der Taliban.
Furcht vor Taliban und bärtigen Männern
© DW
von Daniel Scheschkewitz Redakteur und Projektleiter
Unser Multimedia-Reporter traf den regierungskritischen Zeitungsverleger Fahim Dashty, der 2001 selbst Opfer eines Terroranschlags geworden war. Auch die aktuellen Ängste der kleinen Leute in Kabul vor einer Rückkehr der Taliban werden in den Reportagen greif bar. So berichtete uns Haji Murad Ali über die Schikanen und Einbrüche in seiner Kabuler Kleinbäckerei. Momentaufnahmen in einem
dichten Stimmungspanorama aus Afghanistan, wo der spürbare Fortschritt beim Wiederauf bau der Stadt mit einer zunehmenden Desillusionierung der Menschen und einer wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich einherzugehen scheint. DW-Reporter Khalid El Kaoutit aus der Arabisch-Redaktion sollte herausfinden, ob im Zuge der tunesischen Jasmin-Revolution radikalislamische Gruppierungen im Land an Einfluss gewinnen. In den Straßencafés der Hauptstadt Tunis traf unser Reporter eine weit verbreitete Skepsis gegenüber den „bärtigen Männern“ an, einem Synonym für die religiös-fundamentalistischen Kräfte in der tunesischen Politik. Die Jugend Tunesiens agiert in einem eigenen Spannungsverhältnis von Moderne und Tradition.
Zäsur durch Tod Bin Ladens Mitten in unsere Recherchen und Reportage reisen platzte die Nachricht vom Tod Bin Ladens. Für DW-Reporter Michael Knigge bestand die Herausforderung darin, jemanden zu finden, der über die langwierige Jagd nach Bin Laden nicht nur aus eigener Erfahrung berichten kann, sondern es auch darf und schließlich macht. John McLaughlin war dafür genau der Richtige: Als leitender Mitarbeiter der CIA war er schon mit Osama Bin Laden beschäftigt, bevor ihn die Welt kannte. Und die Jagd auf ihn war eine Konstante in McLaughlins Berufs leben. Die englische Stadt Luton lebt seit den Terroranschlägen auf den Londoner Nahverkehr im Sommer 2005 mit dem negativen Image, eine Brutstätte für europäische Ableger des Al-KaidaNetzes zu sein. Dabei hatten die Attentäter von London damals Luton nur auf der Durchreise passiert. Die Stadt investiert seitdem erhebliche Ressourcen, um das in großen Teilen von den
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weltzeit 04_2011
Medien bestimmte Klischee von der muslimischen Extremisten-Hochburg zu korrigieren. DW-Reporter Lars Bevanger konnte sich auch ein Bild davon machen, wie empfindlich die Bürger Lutons inzwischen auf Journalisten reagieren.
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© Martin Gerner
Interviews mit von Katastrophen betroffenen Menschen sind immer eine schwierige Sache. Wie soll man einem Mann begegnen, der am 11. September 14 Kollegen verloren hat, der als Mitglied einer Polizei-Sondereinheit monatelang den giftigen Schutt am Ground Zero wegräumte und noch immer unter den psychischen und physischen Folgen von 9/11 leidet? Beim Ausräumen von Vorbehalten gegenüber Pressevertretern half unserer USA-Korrespondentin Christina Bergmann ein kleiner Hund. Coco hatte einen großen Anteil daran, dass der pensio nierte Polizist Glen Klein so geduldig auf ihre Fragen und die Foto-Wünsche reagiert hat. Christina Bergmann besuchte Klein in seinem Haus auf Long Island wenige Tage, nachdem Osama Bin Laden getötet worden war. Bei Klein war die Erinnerung an 9/11 wieder schmerzlich frisch. Doch Coco, die dreijährige gelbe Labrador-Dame, schloss sofort mit unserer Korrespondentin Freundschaft. Das half über die unbehaglichen ers ten Momente hinweg und ebnete den Weg für persönliche Einblicke in die Psyche eines Menschen, für den der 11. September 2001 bis heute nicht zu Ende gegangen ist. ——
© Dirk Eusterbrock
Ein Hund bricht das Eis
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Das Multimediaprojekt (ab 10. August): www.dw-world.de/nine-eleven-german
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Glen Klein erinnert sich: Bilder von seinem
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Drangsaliert von den Taliban: Haji Murad Ali,
Bäcker in Kabul
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Zehn Jahre nach 9/11 – Bauboom in Kabul:
Arbeiten am Dach eines Hotels
© Martin Gerner
Rettungseinsatz am Ground Zero
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„Da sind Mauern eingerissen worden“ Bonn/New York – Eric Schmitt ist Journalist und Terrorexperte bei der New York Times. Im Juni war er zu Gast auf dem Deutsche Welle Global Media Forum in Bonn. Im weltzeit-Interview äußert er sich zum Wandel in der amerikanischen Medienlandschaft und zur Rolle des veränderten Journalismus seit 9/11.
© DW
Fragen von Kristin Zeier Leiterin Englisch-Redaktion Radio und Online
»Der traditionelle Journalist ist ein Auslaufmodell. «
?
Hat das Interesse an internationalen Themen in den US-amerikanischen Medien seit dem 11. September 2001 zugenommen? Ich denke, ja. Insbesondere das Interesse am Thema Terrorismus ist bis heute in großen Teilen des Landes, vor allem in Washington D.C. und New York, groß. Besonders dort haben die Menschen die Auswirkungen der Anschläge gespürt: Es gab die Diskussion, was man mit Ground Zero machen sollte, und es gab erhöhte Sicherheitsmaßnahmen. Nach ein paar Jahren hat man aber gemerkt, dass in weiten Teilen der USA die Anschläge und ihre Bedeutung aus dem Blickfeld verschwanden. Mit unserer Berichterstattung haben wir kontinuierlich daran erinnert, woher die Bedrohung durch den Terrorismus kommt.
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Wie hat sich Ihre Arbeit als Journalist verändert? Wir haben besonders die Wirkung des Internets gespürt – sowohl als Informationsquelle als auch als Möglichkeit, uns mit Kollegen zu vernetzen und stärker zusammenzuarbeiten. Da sind im Journalismus Mauern eingerissen worden: Korrespondenten weltweit können dank der technischen Möglichkeiten schneller und umfassender Informationen austauschen. Wir können heute ohne Zeitverzögerung von abgelegenen Orten in Afghanistan und Irak oder – wie derzeit – aus dem Jemen und Nordafrika berichten.
?
Wie haben die Sozialen Medien die Rolle des Journalismus verändert? Das Auf kommen der Sozialen Medien war eine wichtige Entwicklung, insbesondere in geschlossenen Gesellschaften oder K risengebieten. Das
wird sehr deutlich, wenn man sich den „Arabischen Frühling“ ansieht und das, was wir von Menschen aus Ägypten, Libyen oder Syrien erfahren konnten. Aber auch bei diesen Informationen müssen wir dieselben journalistischen Standards anwenden. Woher wissen wir, ob jemand tatsächlich der ist, der er vorgibt zu sein? Wir müssen die neuen Informationsströme aus schwer zugänglichen Orten durch weitere Quellen überprüfen und unseren Lesern, Zuschauern und Hörern mitteilen, dass unser Wissen begrenzt ist. Immerhin können wir einen Einblick geben in das Geschehen in einer sehr komplizierten Situation, die sich zudem sehr schnell wandeln kann.
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Haben sich die Wahrnehmung der Medien und das Verständnis der Funktion des Journalismus für die Gesellschaft in den USA verändert? Ich denke, die Wahrnehmung ist verschwommen. Die Rolle des traditionellen Journalisten ist ein Auslaufmodell. Wir hören Dinge wie: Ich kann genauso gut bloggen wie jeder Journalist. Warum wird meine Meinung nicht genauso ernst genommen? Wofür braucht man eine besondere Ausbildung oder Standards, wenn man ein Ereign is mit eigenen Augen erleben kann? – Einerseits stimmt das. Das ist Bürgerjournalismus, die Vorstellung, dass Augenzeugen, die einem Thema eine besondere Sichtweise geben, die traditionelle Berichterstattung bereichern können. Es ist dasselbe Phänomen wie beim „Crowdsourcing“: Warum nicht einen Datensatz oder eine schwierige Aufgabenstellung ins Internet stellen und die Menschen an der Lösung beteiligen? Ich glaube, die Vorstellung von Journalismus erweitert sich und verändert ihre Form.
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weltzeit 04_2011
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Eric Schmitt berichtet für die New York Times als Pentagon-Korrespondent aus Washington insbesondere über nationale Sicherheit. In den vergangenen zehn Jahren war er außerdem als Reporter in Pakistan, Afghanistan und Südostasien. Zusammen mit einem Autoren© DW/K.Danetzki
team der New York Times gewann er 2009 den Pulitzer-Preis für seine Berichterstattung über Afghanistan und Pakistan. 2010 war Eric Schmitt Mitglied einer internatio-
?
Medien werden wahrscheinlich weiter zurückgedrängt, weil immer mehr Menschen wählen können, woher sie ihre Informationen beziehen wollen. Wir müssen also darüber nachdenken, wie wir unsere Informationen am besten verpacken und was die Leute anspricht. Und trotzdem muss das Ganze noch dem öffentlichen Interesse dienen, verlässliche Informationen zu verbreiten – ob über Kommunales aus Gemeindevertretungen oder über globale Themen wie Umweltschutz oder Atomwaffen. ——
Mit welchen Herausforderungen werden Journalisten Ihrer Meinung nach in den nächsten zehn Jahren zu tun haben? Informationen zu sortieren und in einen sinnvollen Kontext zu bringen, das wird eine immer wichtigere Aufgabe werden. Denn letztlich wollen die Menschen trotz der Flut an Informationen immer noch jemanden, der diese für sie einordnet. Das Bedürfnis lautet: Hilf mir, die Welt besser zu verstehen! Die traditionellen
Das Versagen nach 9/11
nalen Gruppe von Journalisten, die die Wikileaks-Dokumente zum Krieg in Afghanistan vor deren Veröffentlichung sichteten. Auf dem Deutsche Welle Global Media Forum diskutierte er unter anderem mit Agnès Callamard von ARTICLE 19.
Gernot Erlers politischer Essay beschreibt die Entwicklung der internationalen Poli-
Negativbeispiel: die seit Jahren stockenden Beitrittsverhandlungen mit der Türkei.
tik seit dem 11. September 2001 fachkundig und mit einer Menge lesenswerter histo-
An anderer Stelle empfiehlt der Autor den Internationalen Strafgerichtshof, nicht bloß
rischer Informationen.
als übergeordnete Instanz zur Ahndung von Völkermord und Verbrechen gegen die
Auf der Reflexionsebene ist es eine Abrechnung mit der eindimensionalen Anti-Terror-
Menschlichkeit, sondern auch als Instrument der Terrorismusbekämpfung. So begrü-
Strategie der USA in der Ära Bush. Einer Strategie, die vom Verteidigungsfall ausging
ßenswert eine solche Kompetenzerweiterung sein mag, Erlers Empfehlungen greifen
und die den Kampf gegen den Terror auch dorthin trug, wo er seine Wurzeln hatte.
auch hier zu kurz. Ohne den militärischen Druck der Nato müsste sich ein Muammar
Nach Afghanistan, wo Al-Kaida unter dem Schutz des Taliban-Regimes sein Reservoir
Gaddafi wohl kaum Gedanken über die Vollstreckung des internationalen Haftbefehls
an Kämpfern ausbildete. Zehn Jahre nach dem Beginn des weltweiten Kampfes gegen
gegen seine Person machen. Hätte aber Gernot Erler dem militärischen Eingreifen in
den Terror und mit dem beginnenden Rückzug der internationalen Truppen aus Afgha-
Libyen zugestimmt? Und wer, wenn nicht die für den Anti-Terror-Kampf ausgebildeten
nistan stellt der SPD-Außenpolitiker Erler in seinem kenntnisreich geschriebenen Buch
US-Spezialeinheiten, hätte Bin Laden in seinem pakistanischen Versteck stellen sol-
dieser Vorgehensweise sein Plädoyer eines „intensiven Dialogs zwischen den Kulturen
len? Der Dialog mit Pakistan, auch dies übrigens ein Teil der amerikanischen Strate-
und Religionen“ gegenüber.
gie, war da wohl weniger hilfreich.
Erlers Reflexionen sind vor dem Hintergrund der Tötung Bin Ladens und der Umwäl-
Das Versagen nach 9/11 ist trotzdem eine empfehlenswerte Lektüre, nicht zuletzt
zungen in der arabischen Welt von besonderer Aktualität. Sein Plädoyer für eine neue
wegen ihrer kompetenten Darstellung wichtiger Politikfelder und der zukunftswei-
„Wahrnehmungskultur von politischer Verantwortung und politischem Handeln“ mahnt
senden Fragestellung. Denn ganz gleich, ob die Anti-Terror-Strategien versagt haben
zur Umkehr, gerade jetzt, da sich in der demokratischen Neuorientierung der ara-
oder nicht: Der Bedrohung bleiben wir alle noch auf absehbare Zeit ausgesetzt.
bischen Gesellschaften die Chance zum Dialog neu eröffnet. Es bleiben aber Zweifel.
Daniel Scheschkewitz
Erlers Erfolgsmodell ist die EU, deren Wachstum in Richtung Osten ihm als Integrationsmuster dient. Doch im Hinblick auf deren Kapazitäten zum Dialog gegenüber Ge-
Das Versagen nach 9/11 – Mit besseren Strategien gegen den Terror. Ein Standpunkt
sellschaften, die ihre kulturellen Wurzeln im Islam haben, nennt Erler selbst das beste
von Gernot Erler. edition Körber-Stiftung 2011. ISBN 978-3-89684-143-8. 10 Euro
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partner
Mehr Engagement in Lateinamerika Mexiko-Stadt – Lateinamerika rückt in den Fokus deutscher Außenpolitik und ist für die Deutsche Welle eine ihrer Kernregionen. Vor diesem Hintergrund besuchte Intendant Erik Bettermann im Juli den Kontinent. Bei DW-Partnern in Mexiko, Chile, Paraguay, Panama, Brasilien und Kolumbien stellte er die neue Ausrichtung des deutschen Auslandssenders für Lateinamerika vor.
© DW
von Adelheid Feilcke Internationale Angelegenheiten
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Diskussionsrunde: gemeinsame
Talksendung zum Thema „Medien und
Ab Februar 2012 wird die DW ihre journalistischen Angebote auf Spanisch erheblich ausweiten. Insbesondere können Zuschauer in Lateinamerika dann 20 Stunden Fernsehen in spanischer Sprache aus Deutschland empfangen. Auch mehr Portugiesisch für Brasilien gehört zum geplanten Ausbau. Hier geht es um wöchentliche TV-Formate, die für Partnersender produziert werden. Zum Auftakt nahm Bettermann am 15. Juli gemeinsam mit Bundesaußenminister Guido Westerwelle am Mediendialog „Junge Stimmen“ in Mexiko-Stadt teil (siehe Bericht Seite 31). In Guadalajara, der zweitgrößten Stadt Mexikos, unterzeichnete Bettermann eine Kooperation mit Vertretern von La Red, dem größten öffentlich-rechtlichen Senderverbund im spanischsprachigen Lateinamerika. Darin geht es um die Übernahme von TV-, Audio- und Online-
Angeboten. In einer gemeinsamen Talksendung von DW-TV und dem mexikanischen SJRTV wurde über Herausforderungen des Journalismus im 21. Jahrhundert diskutiert.
Auf USA und China fixiert In Santiago de Chile kam Bettermann mit Staatspräsident Sebastian Piñera zusammen. Der Präsident würdigte den Beitrag, den die DW durch ihr Informationsangebot aus Deutschland und Europa und durch Koproduktionen mit Partnern leiste. Chile und Deutschland sollten enger zusammenarbeiten, ebenso wie Latein amerika und Europa insgesamt. Alicia Barcena, Generalsekretärin der „Economic Commission for Latin America and the Caribbean“ (ECLAC), sieht ebenfalls große Chancen in der Ausweitung der DW-Präsenz. Lateinamerika sei stark auf die USA bezogen
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Menschenrechte“ von DW und dem chilenischen Kultursender ARTV
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Gedankenaustausch: Kolum-
biens Staatspräsident Juan Manuel Santos Calderón (r.) und DW-Intendant
© DW
Erik Bettermann in Bogotá
partner
weltzeit 04_2011
und der Einfluss sowie das Engagement Chinas nähmen zu. Vor diesem Hintergrund sei es wichtig, die Beziehungen und den Austausch zu Europa gezielt zu unterstützen. Die DW könne beim Lateinamerika-Europa-Gipfel im kommenden Jahr in Santiago de Chile als Medienpartner aktiv mitwirken. Beim Besuch der Außenhandelskammer (AHK) in Chile bezeichnete deren Präsident René Focke das Angebot der chilenischen und lateinamerikanischen Medien insgesamt als „sehr unzureichend, national fixiert und wenig global“. Vor diesem Hintergrund sei das spanischsprachige Programm der DW „nicht nur gut, sondern notwendig“.
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© DW
Gemeinsamer Talk mit ARTV Bettermann nahm auch in Chile an einer Talksendung teil; Partner war der chilenische Kultursender ARTV. Der Intendant diskutierte mit der Journalistin Monica Gonzalez und dem Rektor der Universität Diego Portales, Carlos Peña. Unter Leitung von DW-TV-Moderator Gonzalo Cáceres ging es um die deutschchilenischen Erfahrungen beim Umgang der Medien mit der Aufarbeitung von Diktatur und Menschenrechtsverletzungen. Auf Einladung der Heinrich-Böll-Stiftung hielt Bettermann einen Vortrag und diskutierte mit Medienvertretern über das Spannungsfeld zwischen traditionellem Journalismus und Sozialen Medien sowie die Gefahren der Medienkonzentration in Chile. Im Rahmen der Lateinamerika-Reise vereinbarte der Intendant
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unter anderem noch in Asunción eine Zusammenarbeit mit dem ersten öffentlich-rechtlichen Sender Paraguays, TV P ublica. In Brasilien besuchte er den DW-Partner Terra, das größte Internetportal Lateinamerikas. In Panama nahm Bettermann an der Eröffnung der „Deutschen Wochen“ teil. Letzte Station der Reise des Intendanten war Kolumbien. In Bogotá traf Bettermann mit Staatspräsident Juan Manuel Santos Calderón zusammen. Deutschland sei ein bedeutender Partner für sein Land und „die Deutsche Welle ein wichtiger Faktor der Zusammenarbeit“, sagte der Präsident. ——
Jungjournalisten fragen – Minister und Intendant antworten Mexiko-Stadt – Bundesaußenminister Guido Westerwelle nahm sich bei sei-
spanischsprachigen Angebots. Gerade die Medien könnten den Brückenschlag zwi-
nem Mexiko-Besuch Mitte Juli auch Zeit für die Teilnehmer des Mediendialogs
schen Deutschland und der iberoamerikanischen Welt unterstützen. „Die Deutsche
„Junge Stimmen“ der DW-AKADEMIE. Gemeinsam mit DW-Intendant Erik
Welle fördert mit ihren Programmangeboten und Akademieprojekten die Demokra-
Bettermann stellte sich Westerwelle den Fragen der Nachwuchsjournalisten aus
tisierungs- und Transformationsprozesse“, so Bettermann.
Deutschland und Lateinamerika.
Die Diskussionsrunde war der Abschluss eines dreitägigen Treffens im „Club de Periodistas“ in der historischen Altstadt der mexikanischen Hauptstadt. Unter-
Die 26-jährige Ruth Zenteno aus Mexiko äußerte den Wunsch nach mehr Kontak-
stützt wurde die Veranstaltung vom Auswärtigen Amt.
ten zwischen jungen Menschen aus Deutschland und Lateinamerika. Westerwelle
„Was braucht man als junger Mensch, um erfolgreich zu sein und sich Gehör zu ver-
ermunterte die jungen Journalisten zu beständiger Kommunikation. Politische
schaffen?“ – das war eine der Leitfragen des Mediendialogs. Dazu waren 16 Jour-
Kontakte könnten nie so viel erreichen wie die soziale Vernetzung unter jungen
nalisten, Medienvertreter und Künstler eingeladen. Sie kamen aus Costa Rica,
Leuten. Die Journalistin Milena Bonse wollte wissen, ob sich die politischen Par-
Nicaragua, Kolumbien, Peru, Mexiko und Deutschland – junge Medienmacher, die ihre
teien die Neuen Medien ausreichend zunutze machten, um junge Leute zu errei-
Ideen, Geschichten und Projekte an die Öffentlichkeit gebracht haben, oft auf un-
chen. Westerwelle räumte ein, man habe die Relevanz der Neuen Medien zwar er-
konventionellen Wegen.
kannt, Politiker müssten das Internet aber noch konsequenter nutzen, um auf
Auf dem Blog vocesjovenes.posterous.com veröffentlichten sie Eindrücke, Gedan-
die Belange junger Menschen einzugehen. Das Internet sei „ein hervorragendes,
ken und Fragen rund um den Mediendialog. Um langfristig in Kontakt zu bleiben,
urdemokratisches Instrument“. Carlos Salinas, 26, aus Nicaragua erkundigte
haben die jungen Medienmacher eine gemeinsame Facebook-Seite eingerichtet.
sich bei Erik Bettermann nach der medialen Ausrichtung der Deutschen Welle in
www.dw-akademie.de · vocesjovenes.posterous.com
Lateinamerika. Der Intendant verwies auf den bevorstehenden Ausbau des
Elena Ern
neue medien
Aussichten: Wolkig Geht es nach dem Willen der großen Internetanbieter, wird künftig alles online stattfinden. Ein neues Konzept verspricht jedem Nutzer unbegrenzte Computerleistung und endlosen Speicherplatz im Netz. Während dieses „Cloud Computing“ für manche bereits Realität ist, sehen viele seiner Verheißungen wie Luftschlösser aus.
01 Cloud Computing: Diese Wolke ist nur über die Datenautobahn zu erreichen
© DW
von Dominik Ahrens Auslandsmarketing
Was Samsung der Öffentlichkeit vor kurzem unter dem Namen „Chromebook“ präsentierte, wirkt auf den ersten Blick nicht wie eine Revolution. Doch der unscheinbare Laptop beeindruckt vor allem durch das, was er nicht hat: kein Laufwerk, kaum eingebauten Speicher und vor allem praktisch keine installierten Programme. Alles, was der kleine Rechner zum Arbeiten braucht, soll er sich über eine Internetverbindung holen. Wichtige Dateien speichert er auf einem Server, seine Programme werden von fernen Großrechnern ausgeführt. Das Chromebook ist nicht viel mehr als ein Ein- und Ausgabegerät für einen virtuellen Computer, der sich irgendwo im Netz befindet. Diese Ferne und Verborgenheit hat dem neuen Konzept seinen Namen verliehen: Die neue Rechenpower befindet sich „in the Cloud“, unerreichbar und verschleiert wie in einer Wolke. Eine permanente Internetverbindung ist daher unverzichtbar für die Arbeit mit der „Cloud“. Ohne schnellen Breitbandzugang taugt ein Gerät wie das Chromebook gerade als Notizbuch. Kein Wunder, dass ausgerechnet Google mit seinem Betriebssystem „Chrome“ die treibende Kraft hinter dem Immer-online-Laptop ist. Statt Hardware und Software sollen Nutzer in Zukunft flexible Dienstleistungen bezahlen.
© iStockphoto.com/Ralph Loesche
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Wer einmal im Jahr eine Fotomontage erstellt, zahlt nicht mehr Tausende Euro für ein Profiprogramm, sondern „mietet“ es für ein paar Stunden. Ein Physikstudent quält seinen PC nicht mehr tagelang mit der Berechnung einer Simulation, sondern beauftragt die Hochleistungsrechner im Netz. Und wer nach einem Urlaub Hunderte neuer Digitalbilder unterbringen muss, bucht ein paar Gigabyte zusätzlichen OnlineSpeicherplatz. Unklar ist, wie schnell diese Entwicklung voranschreiten wird. Denn noch sind bei weitem nicht alle Nutzer an das Breitbandnetz angeschlossen, das solche Angebote erst möglich macht. Nach dem (N)ONLINER-Atlas von TNS Infratest gehen 2011 noch 15,9 Prozent der Deutschen mit Modem oder ISDN ins Netz – und 21,9 Prozent gar nicht. In den USA dagegen beschränken Provider aktiv die maximale Datenmenge, die ein Nutzer im Monat herunterladen darf – wenn erst alle Daten aus dem Web kommen, ist solch eine Beschränkung schnell erreicht. Und ob die Nutzer angesichts von H acking und Datendiebstahl überhaupt alles ins Netz auslagern wollen, ist fraglich. So bleiben die Aussichten für das Cloud Computing zunächst wolkig. ——
schlaglichter
weltzeit 04_2011
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„Halal“ statt Internet Das „Who is Who“ der Online-Medien
der Schutz von Einrichtungen der
Bericht des Wall Street Journal zufol-
Wikipedia als Weltkulturerbe
ge, das Land weitgehend vom Inter-
Der Kölner Dom steht auf der Liste
Das renommierte Nieman Journa-
Die Existenz dieser sogenannten
net abzukoppeln – zugunsten eines
des UNESCO-Welterbes, der alte
lism Lab der Harvard University in
Blauen Armee habe Geng Yansheng,
eigenen Netzes, „Halal“ genannt.
Stadtkern von Kairo ebenso. Aber
den USA bringt Licht ins Dickicht
Sprecher des chinesischen Verteidi-
Das arabische Wort „Halal“ bedeutet
Wikipedia? Das Online-Lexikon soll
der schönen neuen Online-Welt.
gungsministeriums, auf einer Infor-
erlaubt oder zuverlässig. Das laut
auch Weltkulturerbe werden, sagen
Eine Enzyklopädie namens Encyclo
mationsveranstaltung
iranischer Sprachregelung „ethische
die Initiatoren einer Petition um
sammelt Informationen zu den wich-
der englischen Times bestätigt,
und moralische“ Netz solle zunächst
Wikipedia-Gründer Jimmy Wales.
tigsten Playern und Innovatoren im
schreibt Spiegel Online.
parallel zum herkömmlichen Internet
Schließlich sei es in den vergangenen
Bereich Journalismus. Die rund 200
nutzbar sein. Banken, Regierungsbe-
zehn Jahren mit 18 Millionen Ein-
Beiträge informieren über Verlage,
hörden und bedeutende Unternehmen
trägen zur wahrscheinlich größten
Zeitschriften, Unternehmen und
Medienmesse für Medientrends
im Land hätten weiter Zugang zum
Wissenssammlung der Menschheits-
Online-Seiten von Amazon bis Wired.
Das Zusammenwachsen von Fern-
regulären Web. Möglicherweise könne
geschichte herangewachsen. Es
Nutzer können Verbesserungsvor-
sehen und Internet gehört zu den
aber das nationale Netz das globale
erfülle das UNESCO-Kriterium, ein
schläge posten, Beiträge aber nicht
wichtigsten
Internet ersetzen. Spekuliert wird,
Meisterwerk menschlicher Schöp-
direkt bearbeiten.
Zukunft. Das machten Experten auf
dass das System auch in anderen isla-
fungskraft zu sein. Dies verdiene
mischen Ländern angewandt werden
als grenzübergreifende kulturelle Leistung Anerkennung und Schutz.
Brot und Spiele als News-App(etizer)
Ende Juni in Singapur deutlich. Auf
könnte.
Käme Wikipedia zum Zuge, könnten
Das US-amerikanische Technikmaga-
Fachmesse für Multimedia- und
wohl auch Facebook und Google bald
zin Popular Mechanics hat als erster
Unterhaltungstechnologie in Asien
an die UNESCO herantreten.
Anbieter ein digitales Spiel in die
wurde erstmals das Hybrid-Broad-
hauseigene News-App eingebettet.
cast-Broadband-TV (Hbb-TV), ein
Flankierend zur herkömmlichen
in Europa entwickelter Standard,
aufnehmen, Videos produzieren und
Vor Gericht von Twitter verpfiffen
Berichterstattung können Nutzer
vorgestellt. Von den 650 Ausstel-
diese von jedem Ort aus ins Internet
Natürlich kann man sich bei Twitter
der iPad-App das Spiel „Touch-
lern machten europäische Firmen
hochladen. Die neue App(likation)
mit einem Fantasienamen anmelden.
down“ testen. Nach der Bestückung
das größte Kontingent aus. Die
„Meporter“ bündelt diese Fertig-
Das heißt allerdings nicht, dass
einer Raumfähre kann diese auf
parallel zur Fachmesse laufende
keiten und bietet eine Art mobiles
Mitglieder dadurch anonym bleiben.
unterschiedlichen Planeten landen.
internationale Konferenz hat sich
Arbeitszimmer – nicht nur für Journa-
Eine Gemeindeverwaltung in England
Kritiker bemängeln fehlende In-
zu einer gefragten Plattform für den
listen. Mit einem schlichten Interface
hat vor Gericht erreicht, dass der
teraktionsmöglichkeiten. Dennoch
Informationsaustausch über Me-
erlaubt es die App, Beiträge in alle
Internetdienst Daten von Nutzern
wird hier deutlich, wie zum Beispiel
dientechnologien und Mediendienst-
gängigen sozialen Netze einzuspei-
für eine strafrechtliche Verfolgung
einfache Datenvisualisierungen mit
leistungen etabliert. Die DW stellte
sen. Die größte Konkurrenz dürfte
herausgeben muss. Das bestätigten
Spielmechanismen aufgewertet
unter anderem ihre Anwendungen
Twitter darstellen. Denn dort laden
sowohl ein Sprecher der nordeng-
werden können.
für iPhone und Android sowie Pro-
Nutzer bereits mobil kurze Infohäpp
lischen Gemeinde als auch einer der
chen ins Netz, inklusive Foto- und
betroffenen Twitter-Nutzer. Zu den
Videolinks.
Daten, für die sich das Gericht inte-
Blaue Armee als neue Gelbe Gefahr?
ressierte, zählen die Handynummer
Chinesische Behörden haben erst-
sowie Mail- und IP-Adresse.
mals zugegeben, über eine Einheit
Die iranische Regierung plant einem
„Meporter“-App contra Twitter Mit einem modernen Smartphone kann man Texte schreiben, Fotos
Volksarmee vor Cyber-Attacken.
gegenüber
Medientrends
der
der Medienmesse BroadcastAsia der
wichtigsten
internationalen
grammprojekte wie „Global Ideas“
von Elite-Hackern zu verfügen. Offizieller Zweck der Truppe sei
und „Die Verbotenen Bücher“ im Chinesisch-Angebot vor.
zoom
© DW
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Mit Veränderungen umgehen Franz Kaf ka mag sie von den deutschen Schriftstellern am liebsten. Dabei hat Isha Bhatia aus der Hindi-Redaktion der Deutschen Welle gar nicht geplant, Deutsch zu studieren. Sie hat die Erfahrung gemacht, dass manche Dinge einfach passieren. Hindi, da liegen wir in Indien genau im Trend“, sagt sie. Mit großen Veränderungen kann sie gut umgehen: Der Vater ist als Ingenieur für die indische Armee tätig, wird regelmäßig versetzt. Schon als Kind kommt
»Hier in Deutschland ist alles viel lockerer.« sie viel herum: geboren in der Nähe der Metropole Delhi, fünf Jahre Mumbai, einige Jahre im Nordwesten des Landes. Die Offenheit für Neues ist für sie selbstverständlich. „Indien ist so vielf ältig, es gibt so viele Kulturen, Sprachen und Religionen.“ Aber auch Massenarmut – und noch immer viele Analphabeten. Dass sie auf eine Privatschule gehen konnte, dieses Privileg weiß die Journalistin, die Punjabi, Hindi, Sanskrit und Englisch gelernt hat, zu schätzen. Sie studiert Germanistik an der Universität Delhi. „Meine Eltern meinten, es sei
Zeitverschwendung, Romane zu lesen“, stattdessen solle sie Ärztin werden. Doch Isha setzt sich durch. Auf der Suche nach einem Studentenjob landet sie als Assistentin beim Schweizer Rundfunk DRS in Delhi. Eines Tages entdeckt sie auf der Webseite der Deutschen Welle, die sie aus dem Goethe-Institut kennt, die Informationen zum Volontariat beim deutschen Auslandssender – und bewirbt sich. „Zum Glück“, wie sie betont. „Ich hätte nie gedacht, dass ich Journalistin werde und eines Tages nach Deutschland komme. Seither plane ich nichts mehr und genieße meine Arbeit hier“, sagt sie mit einem Lächeln und wirkt ausgesprochen gelassen. ——
von Kathrin Reinhardt Redakteurin
© DW
Isha Bhatia kann sich mit der kaf kaesken Welt identifizieren, in der es um Angst, Bedrohung, Ausweglosigkeit geht. „Denn in Indien ist das Leben sehr stressig“, sagt die 26-Jährige, „man muss ständig kämpfen, lernen, besser sein als andere.“ Schon als Kind bekomme man das vermittelt. Der Druck im Elternhaus sei in Europa wesentlich geringer, der Spielraum, sich persönlich zu entwickeln, größer. „Hier in Deutschland ist alles viel lockerer“, sagt sie, während sie auf der Terrasse des DW-Funkhauses in Bonn an ihrem Orangensaft nippt. „Und das ist angenehm“, fügt sie hinzu. Nach Abschluss des DWVolontariats arbeitet sie seit Januar dieses Jahres in der Hindi-Redaktion. Die Zeichen stehen auf Veränderung. Seit 1. Juli gibt es kein Radio-Programm mehr. Die Redaktion stellt sich auf Video um, wird ein Wissenschaftsmagazin mit Material von DW-TV für den indischen Markt produzieren. Isha Bhatia gef ällt die neue Entwicklung. Sie ist als eine der Moderatoren der Sendung ausgewählt worden. „TV auf
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Mit ganzem Herzen dabei Debarati Guha ist Koordinatorin der Süd asien-Abteilung der Deutschen Welle. Fleißig und zielstrebig sei sie, sagen die Kolleginnen und Kollegen aus Indien, Pakistan und Bangladesch. Damit entsteht auch der Wunsch, mehr über Deutschland zu erfahren. Der Kontakt zur Deutschen Welle kommt auch per Zufall zustande. Bei einem Theaterstück, das sie in Stuttgart betreut, trifft sie einen indischen Mitarbeiter des deutschen Auslandssenders.
»Ich wollte schon immer Geschichten erzählen.« Wie stellt sich Debarati nun ihre Zukunft vor? „Vielleicht bleibe ich hier, wenn die DW eine Perspektive für mich bietet“, sagt sie. Auch eine Rückkehr in die indische Heimat schließt sie nicht aus. Das Land entwickle sich rasant, gerade der Medienmarkt biete viele Möglichkeiten. Sie interessiere sich aber auch sehr für Bangladesch, das Land ihrer Vorfahren. Sie könne sich vorstellen, sich dort um Kinder zu kümmern. „Ich wollte schon immer Geschichten erzählen. Ob ich das als Journalistin tue, als Tänzerin oder als Lehrerin: Die Hauptsache ist doch, dass man es mit ganzem Herzen macht.“ —— von Elisabeth Jahn Volontärin
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Debarati Guha ist in ihre Arbeit vertieft. Sie bastelt an einer Radio-Reportage, „eine spannende Geschichte“, sagt sie. Das sei eigentlich nicht ihre Aufgabe, aber die Bengali-Redaktion brauche das heute dringend. Auf ihrem Tisch stapelt sich das Papier. Vorlagen und Sitzungsprotokolle. Die Hindi- und Bengali-Redaktion sind – wie viele andere Bereiche der Deutschen Welle – im Umbruch. In zahlreichen Sitzungen wurden die journalistischen Produkte den neuen Herausforderungen angepasst, Arbeitsabläufe neu erstellt, Dienstpläne geändert. Kreativität und Flexibilität waren gefragt. Hintergrundberichterstattung stehe künftig im Vordergrund. Seit 2005 macht sie zwei Hospitanzen beim Fernsehen und Radio der DW. Es folgen Volontariat und zwei Jahre als Redakteurin in der Bengali-Redaktion. Seit 2009 ist sie Koordinatorin für Südasien: „Für mich war das ein Traum“, sagt sie. Doch geplant habe sie diesen Aufstieg nie. 1975 wird die Tochter bengalischer Flüchtlinge in Kalkutta, einer der Megastädte Indiens, geboren. Sie wächst mit klassischem Tanz auf, mit Musik und Poesie. Nach ihrem Magister in Musik geht sie nach Neu-Delhi, um Politik zu studieren. Per Zufall erf ährt Debarati, dass der Asien-Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung eine Assistentin sucht. Sie bekommt den Job und recherchiert zweieinhalb Jahre lang – über Indien, Afghanistan und andere Länder. „Ich habe sehr viel gelernt über die Region und die Menschen.“
B e e t h o v e n f e s t B o n n 9. 9. – 9. 1 0 . 2 0 1 1
Zukunftsmusik
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