weltzeit 05_2010 20 Jahre Einheit: Ein Deutschland ­ Viele Gesichter

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Das Magazin der Deutschen Welle 05— Oktober 2010

20 Jahre Einheit

Ein Deutschland Viele Gesichter


Collage auf Leinwand von Liman Mahdi Guschua, Damatura, Nigeria: Gewinner des DW-Wettbewerbs zum Thema Deutschlandbild von 2006; weitere Motive auf den Seiten 4 und 5


vorspann

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Editorial Liebe Leserinnen und Leser, einer BBC-Umfrage in 28 Staaten zufolge sind wir das angesehenste Land der Welt. Man mag es kaum glauben. 65 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, 20 Jahre nach Überwindung der deutschen Teilung und des Kalten Kriegs genießt Deutschland in der Welt viele Sympathien. Dies ist kein Zufallsprodukt, kein Selbstläufer. Viele Menschen haben ihren Anteil daran, dass man uns im Ausland so positiv sieht: umsichtige Politiker und engagierte Kulturschaffende, Mittlerorganisationen, Wirtschaftsvertreter, Sportler – und die unzähligen Deutschen, die privat Kontakte zu Menschen aus anderen Kulturen und Ländern pflegen. Anteil daran hat auch die Deutsche Welle. Sie trägt ein umfassendes Deutschlandbild in die Welt, stets mit dem Ziel, den Austausch und die Verständigung zwischen den Völkern zu fördern. Das ist unser Auftrag, und den nehmen wir sehr erfolgreich wahr. Umfassende Evaluierungen und vielf ältige Rückmeldungen von unserem Publikum belegen dies. Das erfüllt mich mit Freude – auch mit ein wenig Stolz.

20 Jahre nach Vollendung der deutschen Einheit stellen wir in dieser Sonderausgabe der weltzeit Stimmen und Stimmungen zusammen: Journalistinnen und Journalisten aus allen Kontinenten blicken aus ihrer individuellen Perspektive auf unser Land. Darunter finden Sie auch bereits erschienene Beiträge aus der Serie Deutschlandbild. Nutzer und Partner der DW kommen zu Wort. „Präzise, objektiv und zugleich schonungslos ehrlich“ sei die Berichterstattung der DW, schreibt ein Nutzer aus dem Jemen. Für die Programmmacher des deutschen Auslandssenders das schönste Kompliment. Zugleich müssen sie stets den richtigen Ton treffen. Nur deshalb stehen wir für Objektivität und Glaubwürdigkeit. Nur so gewinnen wir Freunde für Deutschland. Und weil man gewonnene Freundschaften pflegen muss, bleiben wir dran – Tag für Tag. Ich wünsche Ihnen viel Freude bei der ­L ektüre dieser Sonderausgabe. Ihr Erik Bettermann

In dieser Ausgabe 04-05

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» Stimmen aus aller Welt

06-19

deutschlandbild » Alexander Warkentin, Russland: Und vergesst mir die Mauer nicht! » Hao Gui, China: Ortswechsel mit Rollentausch » Elisabeth Cadot, Frankreich: Friedenstauben und Rabenmütter » Josephat Charo Nyiro, Kenia: Ihren Fahrschein bitte! » Sanja Blagojevic, Serbien: Sie hüpften wild umher » Mercedes Sosa, Paraguay: Nur einen Sommer » Eskandar Abadi, Iran: Drei Fragen und ein Snack

interview » Im Gespräch: Die Chefredakteure Dagmar Engel und Marc Koch

24-35

deutschlandbild » Sanjiv Burman, Indien: Vermittler – mit einem gewissen Abstand » Marina Borisowa, Russland: Quadratisch, praktisch, gut » Peter Craven, Großbritannien: Die Erweiterung der Definition » Blagorodna Grigorova, Bulgarien: Vom Puzzle zum Kunstwerk » Dima Tarhini, Libanon: Über Grenzen hinweg » Dr. Naser Shrouf, Palästina: Eine schier unendliche Auswahl

Impressum Deutsche Welle Unternehmenskommunikation 53110 Bonn T. 0228.429.2041 F. 0228.429.2047 weltzeit@dw-world.de www.dw-world.de/presse Verantwortlich: Dr. Johannes Hoffmann Redaktion: Berthold Stevens Gestaltung: Lisa Flanakin, Alexandra Schottka, Marco Siebertz Druck: Brandt GmbH · Bonn Fotos und Illustrationen: Deutsche Welle (Titel und Seiten 2, 3, 4, 5, 6, 7, 9, 10, 13, 15, 16, 17, 19, 21, 24, 27, 28, 30, 32, 34), picture-alliance (8, 10, 12), R. Vukorepa (14), vario images (18), Gaffel/V. Kloubert (22), mauritius (25), Jacobs University Bremen (26), Jahreszeiten Verlag (29), fotolia.de/contrastwerkstatt (35) Anzeigen T. 0228.429.2043 F. 0228.429.2047 weltzeit@dw-world.de Werbung im Programm T. 0228.429.3507 F. 0228.429.2766 werbung@dw-world.de Möchten Sie die ­weltzeit ­regelmäßig kostenlos erhalten? Möchten Sie den weltzeitNewsletter beziehen? Senden Sie eine Mail an: weltzeit@dw-world.de


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»Die Deutschen sollten stolz sein auf ihr Qualitätsbewusstsein. Danke für das Weiterführen dieser Tradition.« Sharon Kay Oliver, USA

»Das wiedervereinigte Deutschland ist Symbol für echte Versöhnung, Vergebung, Liebe und Frieden.« Mathieu Atchenem , Tschad

»Vor drei Jahren habe ich hier in Mosambik einen Jungen adoptier t. Es wurde auch für ihn wichtig, Programme der DW zu hören, um eine Fremdsprache zu lernen. Sein Deutsch ist inzwischen so gut geworden, dass er ,Schwarzwälder Kirschtorte‘ ohne Akzent aussprechen kann.« Isa Gerster, Maputo, Mosambik

»Ich bin beeindruckt, wie hoch entwickelt Deutschland nur 65 Jahre nach Kriegsende ist, und frage mich, wie weit das Land ohne den Krieg gekommen wäre.« Halima Sani, Journalistin bei Free dom Radio, Nigeria (Par tnersender der DW)

»Einen besseren Vertreter der Kulturnation Deutschland als den äthiopisch-deutschen Unternehmensberater und Autor Asfa-Wossen Asserate könnte ich mir nicht vorstellen. Ihre Sendung ,typisch deutsch‘ zeigt die Weltoffenheit Deutschlands im Geist des traditionellen Bildungsbürgers.« Kai Nicholson , Pune, Indien

»Ich habe zwölf Jahre lang in Deutschland gelebt und gearbeitet, daher ist es schwierig, objektiv auf das Land zu schauen. Ich verbinde mit Deutschland Frieden und Beschaulichkeit, einen gleichmäßigen Lebens-Rhythmus, ein organisiertes, funktionierendes Sozialsystem. Als Journalistin, die seit einem Jahr nicht mehr in Deutschland wohnt, sehe ich es als mächtiges Land, das erfolgreich die Wirtschaftskrise überwunden hat und jetzt beginnt, sich auf der internationalen Bühne zu behaupten.« Sunanda Rao-Erdem, Neu-Delhi, Indien (vormals DW-Volontärin, jetzt bei der Unternehmensberatung »CNC – Communications & ­Network Consulting AG«)

»Erstens ist Deutschland ein demokratisches Land, das als Vorbild dienen kann. Zweitens ist es ein Land des Wissens und der Wissenschaften. Deutschland hat mit der Entwicklung des Buchdrucks durch Gutenberg dazu beigetragen, die Künste, die Geschichte und die Philosophie festzuhalten und zu verbreiten.« Farouk Idris, Algerien

»Deutschland hat ­afghanischen Flüchtlingen in Not ­geholfen, was wir niemals vergessen werden.« Mastufa Momand, Provinz Kunar, Afghanistan

»Ich finde Deutschland immer paradox. Bei allem, was passiert ist (Krieg, Teilung…), hat es das Land geschafft, Motor der europäischen Wirtschaft zu werden. Das ist eine hervorragende Leistung.« Bihame Mumbere James, Ruanda

»In den vergangenen Jahren habe ich zahlreiche Deutsche getroffen und alle waren überrascht, dass ich mich entschieden hatte, Deutsch zu lernen. Das wiederum war für mich überraschend. Offenbar nehmen die Deutschen die internationale Bedeutung der deutschen Sprache nicht wahr, ebenso wie den positiven Wandel des Images von Deutschland im Ausland seit der Wiedervereinigung.« Sethuram Seshadri, Bangalore, Indien

»Ich hatte das Privileg, ,Mutter Courage und ihre Kinder‘ im Brecht-Theater zu sehen, als ich 1969/70 als Austauschstudentin in Berlin war. Es ist das beste Theaterstück, das ich jemals gesehen habe, der stärkste Appell gegen den Krieg.« Barbara Friis, USA


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»Zweifellos ist Deutschland ein Spitzenreiter, wenn es um soziale Gerechtigkeit geht.« Alex, Russland

»Ich habe Ende Oktober 1989 zehn Tage in Berlin verbracht. Zurück in den USA, saß ich in Tränen vor dem Fernseher, als die Mauer fiel. Bis heute war West- und Ost-Berlin der interessanteste Ort, den ich jemals besucht habe. Ich bin dankbar, ihn gesehen zu haben, bevor er in dieser Form für immer verschwand.« Mark McGraw, USA

»Auf dass die Wiedervereinigung anderen Nationen als Vorbild diene, vor allem uns Afrikanern! Einigkeit macht stark.« Ahamed Awali, Togo

»Ich bin 49 Jahre alt, Mutter, und gerade dabei, großer Fan von Tokio Hotel zu werden. Ich habe ein FranzösischDeutsch-Wörterbuch gekauft. Ich hätte nie gedacht, dass ich eines Tages deutsch werde, aber Tokio Hotel schafft es, dass ich mich dafür interessiere.« Sylvie Bruneau, Kanada

»Unsere Beziehungen – das sind alle möglichen menschlichen Kontakte und Begegnungen, Hoffnungen und Reisen, gegenseitige Beschuldigungen und Schuldbekenntnisse. Das sind Rammsteins atemberaubender Erfolg in Russland, Putin, der sich auf Deutsch verständigen kann, und Merkel, die zögerlich Russisch spricht… Wichtig dabei sind ausschließlich wir – die Menschen.« Nina Anisonjan, Russland

Ist der Ruf erst kultiviert… Deutschland genießt bei Nutzern der Deutschen Welle ein hohes Ansehen. Eine Online-Umfrage des deutschen Auslandsrundfunks vom Herbst 2009 zeigt: 92 Prozent der Befragten haben eine positive Einstellung gegenüber Deutschland. 86 Prozent sind der Meinung, dass Deutschland einen positiven Einfluss auf die Welt hat. 8.379 Personen in Süd- und Nordamerika, in der arabischen

»Zu Deutschland habe ich eine enge Beziehung, da ich auch von deutschen Lehrkräften am Amani-Lyceum in Kabul ausgebildet wurde. Ich wünsche mir, dass Sie im Kampf gegen Terroristen in Afghanistan den ersehnten Erfolg erreichen werden.« Jamshid, afghanischer Flüchtling

»Von der Zusammenarbeit Russlands und Deutschlands war Europas Schicksal immer abhängig.« Alexander Spirin, Russland

Welt, Europa, Asien, Australien und Afrika hatten sich an der Umfrage beteiligt. Ein weiteres Ergebnis: 81 Prozent sagen, dass die Angebote der DW ihnen helfen, die deutsche Gesellschaft besser zu verstehen. Und 76 Prozent ermöglichen die Programme ein besseres Verständnis des politischen Systems Deutschlands. 86 Prozent sind auch der Meinung, dass sie ihnen helfen, zu verstehen, was man in Deutschland über wichtige Ereignisse denkt. Dass die DW hilfreich für sie ist, um die deutsche Sprache zu lernen, geben 78 Prozent der Befragten an, deren Muttersprache nicht Deutsch ist und die mindestens eines der deutschsprachigen ­Angebote nutzen. Mit der Deutschen Welle verbinden 89 Prozent der Befragten „kulturelle Vielfalt“. „Freiheit“ (60 Prozent) und „Toleranz“ (58

»Aufgrund Ihrer TV-Programme habe ich Deutschland viel besser kennengelernt und erkannt, dass Ihr Land wunderschöne und hochinteressante Reiseziele bietet. Vor allem Berlin, das Ruhrgebiet, die Berglandschaften Bayerns, die Sächsische Schweiz entwickeln sich bei mir zu Traumdestinationen, die ich in den nächsten Jahren besuchen und über die ich berichten möchte.« Susanne Pacher, Reisejournalistin, Toronto, Kanada

Prozent) werden ebenfalls genannt. Welch guten Ruf Deutschland in der Welt hat, zeigt auch eine Umfrage der BBC vom April 2010 unter mehr als 29.000 Menschen in 28 Ländern. Demnach ist die Bundesrepublik die angesehenste Nation, gefolgt von Japan und dem Vereinigten Königreich. Besonders gute Bewertungen für Deutschland gab es aus Frankreich und Südkorea.


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sonderausgabe

„Wir werden lockerer. Wir

lachen mehr, manchmal sogar über uns selbst“: Public Viewing bei der ­WM 2006 – für Alexander Warkentin ein Meilenstein im Wandel des Deutschlandbildes

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Und vergesst mir die Mauer nicht! Deutschland erschloss sich ihm vom Osten her, von Sibirien über Moskau und Ost-Berlin in den Westen. Die journalistische Karriere lief von Print über Adaptionen zum Radio – und ins Netz. Alexander Warkentin erzählt, wie er „rübergemacht“ hat.

Ost-Berlin war grau. Bröckelnder grauer Putz in Friedrichshain und Pankow, graue Betonplatte in Kaulsdorf und Marzahn. Und graue Uniformierte überall, manche mit einem Stich ins Schmutzig-Grüne. Ost-Berlin miefte. Graue Trabis ratterten und stanken. Braunkohlegestank und Staub lagen in der Luft. In West-Berlin gab es Smog-Alarm. Im Osten hustete man sich eins. In Rüdersdorf bei Berlin stürzte eine Fabrikhalle ein. Das Zementwerk hatte zwar Filter, nachts wurden sie aber abgeschaltet, um die Produktion zu steigern. Der schwere, graue Staub brachte das Hallendach zum Einsturz. Meine Tochter Julia hat Besuch aus ihrer dritten Klasse an der Grundschule. Ein freches Berliner Mäuschen, das Jaqueline heißt. Im Fernsehen läuft eine Kindersendung. Jaqueline versteckt ihr Schnäuzchen im Sofakissen und weint. „Das darf ich nicht sehen, sonst gibt’s Haue von Papi.“ Na klar, meine Tochter hatte nicht das DDR-Sandmännchen, sondern die

„Sendung mit der Maus“ eingeschaltet. Bei DEFA-Synchron wurden in grauen Baracken praktisch alle Filme synchronisiert, die die große Sowjetunion produzierte. Zwei Drittel kamen in den Bunker. Manche waren sogar für DDR-Verhältnisse zu primitiv, andere wiederum – viel zu farbenfroh, zu mutig, zu rebellisch. Mitten auf dem Studiogelände gab es noch einen Bunker. Dort lagerten die Kalaschnikows der Betriebskampfgruppe. Ab und zu zwängten die strammen Genossen ihre Bierbäuche in Uniformen und schwitzten im Gleichschritt. „Schlosser-SS“, flüsterte mir Kollege Max den Insider-Begriff für Betriebskampfgruppen ins Ohr. Max, ein Weiberheld und Hallodri. Nach dem Mauerfall kam heraus, dass er Stasi-Zuträger war.

Hammer und Meißel Natürlich war nicht alles grau. Meine Familie kommt aus der Sowjetunion in der DDR an – mit Kind und Kegel, ohne Bleibe, ohne Job, dafür politisch suspekt. Durch Vermittlung von


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Alexander Warkentin wurde 1950 in Gorno-Aldaisk in der heutigen russischen ­Region Altai geboren. Die Schule schloss er in Alma-Ata, ­heutiges Kasachstan, ab. Er studierte Anglistik und Journalis­ tik in St. Petersburg und Moskau. Ab 1971 war er Redakteur bei der russ­landdeutschen Zeitung „Neues Leben“ in Moskau. 1980 dann die Ausreise in die DDR. Bei der DEFA-Synchron in Ost-Berlin adaptierte er Drehbücher russischer Filme ins Deutsche. 1985 der Schritt in den Westen – und die Fortsetzung der journalis­tischen Karriere als Redakteur im Russischen Programm der Deutschen Welle, wo er unter anderem den „Deutschland-­Report“ verantwortet.

Bekannten werden wir im Bungalow von damals wildfremden Menschen einquartiert. Und dürfen dort monatelang bleiben, nur Miete zahlen dürfen wir nicht. Typisch deutsch? Typisch russisch? Oder ein seltener Glücksfall? Heute sind es unsere besten Freunde. „Rübergemacht“ haben wir 1985. Und erlebten den Mauerfall von der Westseite. Für zehn Mark bekam man Hammer und Meißel ausgeliehen, um ein Stück Mauer abzuknabbern. Gott, machte das Spaß! Ein Chinese an der Ecke spendierte vor Freude Frühlingsrollen. „Verstehst Du nicht? Die haben keine Chinesen in der DDR. Mauer weg, ich mache drei, vier, fünf Restaurants auf!“ Und da standen wir mit einem Freund aus der ehemaligen Ostzone am Niederwalddenkmal. Was macht man mit Gästen, wenn man in Köln oder Bonn zu Hause ist? Man f ährt mit ihnen die Weinstraße ab. Also standen wir am Niederwalddenkmal, und ich frotzelte: „Was für ein bombastischer nationalistischer Kitsch!“ Und biss mir auf die Zunge, der Freund weinte. Er, ein Deutscher, dessen Stammbaum ins Mittelalter reicht, durfte mit 50 Jahren zum ersten Mal den Rhein sehen.

Ich beneide Menschen, die sagen können: Hier ist meine, meinetwegen, kleine Heimat. Dies ist meine Stadt, meine Schule, mein Elternhaus. Das alles fehlt mir. Mein Leben war ein Treck von Osten, von einem Kaff irgendwo in Sibirien, an der chinesischen Grenze, nach Wes­ ten. Ist das vereinte Deutschland jetzt westlich genug?

Kümmelbrot und Freiheit Nun, machen wir uns nichts vor: Wir sind immer noch Provinz. Wir essen zwar Lamm, Kümmelbrot und mancher sogar Auberginen, aber wir stellen immer noch Sicherheit über Freiheit. Wir haben ein kurzes Gedächtnis, sonst wüssten wir aus der eigenen Geschichte, dass es ohne Freiheit keine Sicherheit gibt. Aber wir werden lockerer. Wir lachen mehr, manchmal sogar über uns selbst. Der Deutsche als solcher – und da zähle ich mich dazu – ist nicht mehr so verbissen-rechthaberisch. Wir werden toleranter: Prominent ist, wer mit Dieter Bohlen oder Boris Becker Tee trinkt. Könnte fast sein, dass ich in meiner Wahlheimat angekommen bin. ——

»Stramme Genossen schwitzten im Gleichschritt.«


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sonderausgabe

Ortswechsel mit Rollentausch Deutschland ist Menschen auf anderen Kontinenten näher als man denkt. Davon ist Hao Gui überzeugt. Und doch sei die Aufgabe, dieses Land anderen – Chinesen – in allen Facetten vorzustellen, „ein schwieriger Auftrag“. 01

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Oft vernachlässigt, aber

herausragend als Aushängeschild Deutschlands: die gelebte freiheitliche Demokratie, universelle und unteilbare Menschenrechte, Rechtsstaat und Toleranz

Peking, 1995. Das Goethe-Institut befindet sich an der dritten Ringstraße im Westen der chinesischen Hauptstadt. Das viergeschossige Gebäude aus grauem Backstein ist das Zentrum der Deutschland-Informationen. Im Lesesaal im ersten Obergeschoss werden Bücher ausgestellt: Friedrich Nietzsche, Ludwig Feuerbach, Friedrich Schiller und eben Johann Wolfgang von Goethe, auf Deutsch und Chinesisch. Beliebt ist auch die deutsche Presse, obwohl die Zeitungen und Zeitschriften über den Postweg fast immer vier bis sechs Wochen später ankommen. „FAZ“, „Stern“ oder „Brigitte“ erzeugen fast immer einen Aha-Effekt. Viele Leser sprechen gebrochen Deutsch, Deutschland kennen sie aber nicht.

Einen Raum weiter, in der sogenannten Mediathek, laufen auf drei VHS-Rekordern fast ununterbrochen deutsche Nostalgie-Filme: „Einmal wird die Sonne wieder scheinen“ mit Heintje oder die Sissi-Trilogie mit Romy Schneider und Karlheinz Böhm, im deutschen Originalton versteht sich. Von Filmgenuss kann nicht die Rede sein. Die Zuschauer müssen Kopf hörer tragen – nur maximal zwei lassen sich am Rekorder anschließen. Videokassetten kann man nicht ausleihen, die Audiokassetten dagegen schon, produziert von Inter Nationes und der Deutschen Welle. Für maximal 14 Tage – später, wegen des großen Zuspruchs, sieben Tage – darf man eine Kassette ausleihen. Darauf muss man mindestens zwei Wochen warten. Auch ich ­d arf


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in den Genuss der heiß begehrten Tonmaterialien kommen. Wow! Mein Deutschlandbild Mitte der 1990er Jahre ist bunt gemischt, geprägt von vielen Klischees: Die Deutschen trinken Bier als Grundnahrung und demonstrieren den Wohlstand mit dem Bauchumfang; die Deutschen haben Musik­t alent und können philosophisch denken, sonst wäre die deutsche Grammatik nicht so verdammt schwer; die Deutschen lieben die Umwelt und bauen trotzdem dicke Autos; Deutschland gelingt es beispiellos, sich selbst im Wiedervereinigungsprozess zu überwinden. Ich bilde mir ein, Deutschland ausreichend zu kennen.

Vom Rezipienten zum Vermittler Bundesstadt Bonn, anno 2010. Ich sitze mit diesen Vorkenntnissen im hellen Schürmannbau mit Blick auf den Rhein, den ich früher aus dem Gedicht „Loreley“ von Heinrich Heine kannte. Jetzt wohne und arbeite ich am Rhein. Aus den Bruchteilen der einzelnen Deutschlandbilder wird ein Meisterwerk. Ich sitze mittendrin in der Landschaft. Menschen mit Migrationshintergrund werden in Deutschland Kulturvermittler genannt. Deutschland und Europa zu vermitteln ist das tägliche Brot der DW, genau wie die deutschen Perspektiven zu den regionalen Themen. Ich habe die Stereotypen der Zielgruppe nicht vergessen: junge Menschen, die fleißig auf der Suche nach einem Hauch Deutschland-Gefühl sind. Sie wollen sich umfassend über das politische, wirtschaftliche und kulturelle Leben in Deutschland informieren und die etwas anderen Perspektiven „Made in Germany“ erfahren. Im Zuge der Globalisierung hat das Markenzeichen Deutschland in Fernost andere Ausprägungen – materieller Art: den silbernen Stern als Kühlerfigur im Straßenverkehr, den Zwilling als Küchengarnitur im Haushalt. Das Kulturleben in Deutschland ist vielen Menschen in der vernetzten Welt nicht mehr fremd. Auf Goethe und Schiller folgen Thomas Mann und Günter Grass. Beethoven und Bach sind Landsleute von Modern Talking, den Toten Hosen und Tokio Hotel.

Oft vernachlässigt, aber herausragend sind als Aushängeschild Deutschlands die gelebte freiheitliche Demokratie, universelle und unteilbare Menschenrechte, Rechtsstaat und Toleranz – Begriffe, die in einigen Ländern zwar in der Verfassung stehen, jedoch nicht in vollem Umfang umgesetzt werden. Dafür trete ich zusammen mit allen DW-Mitarbeitern ein, indem wir für die Grundrechte werben, die wir in Deutschland genießen.

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»Wir werben für die Grundrechte, die wir in Deutschland genießen.«

Der kurze Draht Zu Menschen auf anderen Kontinenten ist Deutschland näher als man denkt. Die Suche nach Deutschland lässt sich heute einfach gestalten. Jeder heiße Draht über DSL-Router oder Modem, sogar fast jedes mobile Teil, sei es Kurzwellenradio oder Handy, führt nach Deutschland. Unsere Zuschauer, Zuhörer und Nutzer unseres Internetangebots – in meinem Fall in China – erwarten von uns unabhängige, umfassende, objektive und pluralistische Informationen aus der Mitte Europas. Das ist ein schwieriger Auftrag, den ich schultern muss. Denn ich kenne die Triebkraft der Menschen: die brennende Neugier nach Informationen aus und über Deutschland. Diesen Erwartungen müssen wir gerecht werden. Das Goethe-Institut in Peking ist wegen förmlich explodierender Nachfrage und großen Platzbedarfs umgezogen: In einem modernen Bürogebäude belegt es die komplette 17. Etage. Bibliothek und Mediathek mussten sogar ausgelagert werden. Ich träume jetzt von einem Auftritt in „meinem“ Goethe-Institut, um Interessenten von Deutschland zu erzählen. Das wird ein ­langer Vortrag sein. ——

Hao Gui Jahrgang 1977, studierte Journalis­ tik und Germanistik in Dortmund und Peking. Nach einem Volontariat beim WDR begann er 2003 bei der Deutschen Welle als Redakteur in der Chinesisch-­Redaktion. Mittlerweile ist er Chef vom Dienst in der AsienAbteilung. Als Experte tritt Gui bei DW-TV und in weiteren ARD-Sendern auf. Er veröffentlichte Fachbücher über den chinesischen Medienmarkt.


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Friedenstauben und Rabenmütter Erstaunt, auch erschrocken, zugleich beeindruckt. So umschreibt Elisabeth Cadot ihre Empfindungen, als sie sich in den Achtzigern ein Deutschlandbild macht. Von Paris kam die Journalistin an den Rhein und dort zur Deutschen Welle. Hunderttausende friedliche Demonstranten auf dem Hofgarten in Bonn, Polizisten mit Blumen am Revers: So hatte ich mir Deutschland wirklich nicht vorgestellt, als ich Anfang der Achtzigerjahre Paris verließ. Die große Umwelt- und Friedensbewegung war soeben aufgekommen. Die düstere Zeit der RAF, die das Bild Deutschlands im Ausland, insbesondere in Frankreich, geprägt hatte, schien zu Ende zu gehen. Kaum angekommen jedenfalls, mit einem Jura-Diplom in der Tasche und ersten Erfahrungen als Journalistin, entdeckte ich durch meine Arbeit als Reporterin ein neues Gesicht Deutschlands: Deutsche, die – entgegen aller Klischees – gewaltlos marschierten. Junge Demonstranten und Veteranen des Zweiten Weltkriegs, die gegen militärische

Aufrüstung protestierten. Ich staunte und viele andere in Europa und außerhalb des Kontinents staunten auch. Viele Emotionen (Angst vor den Pershing-II-Raketen, vor der Atomkraft), diffuse Ziele, auch Experimentierfreude und nicht zuletzt Kritik am vorherrschenden Wirtschafts(wachstums)system prägten diese Bewegung. Ein schwer durchschaubarer Cocktail für ausländische Journalisten und Korrespondenten. Ich hatte jedenfalls allerhand zu tun.

Waldsterben Umso mehr als der „Tod des deutschen Waldes“ ankündigt wurde – Spiegel-Titel im November 1981. Eine wahre Hysterie verbreitete sich über das Land. Eine Untergangsstimmung. Franzo-

Elisabeth Cadot wurde 1951 in Basel geboren. An der Universität Paris X hat sie Jura studiert und mit einer Maîtrise in ­Öffentlichem Recht ­(Internationales und Europäisches Recht) abgeschlossen. Die Co-Autorin juristischer Ratgeber über Lebensgemeinschaften und Scheidung ist Mutter einer Tochter. Ihre Karriere als Journalistin begann sie in Paris. Anschließend war sie Korrespondentin französischer Zeitungen in Deutschland (unter anderem für Libération und L’événement du Jeudi). Seit 1985 ist sie ­Redakteurin bei der ­Deutschen Welle, viele Jahre in der Französisch-Redaktion für Afrika, aktuell in der Zentralen Programm-­Redaktion. Hier hat Elisabeth Cadot insbesondere zahlreiche Europa-Projekte der Deutschen Welle mit konzipiert und betreut.


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Le „Waldsterben“: die Vokabel

blieb im Französischen, das Umwelt­ bewusstsein im Deutschen

sen mokierten sich über „die deutsche Seele, verloren in den Tannen“. Auf dem schwarzen Kontinent hingegen, Zielgebiet der FranzösischRedaktion der Deutschen Welle, meines Tätigkeitsfeldes, war das Echo groß. Die Sorgen der Deutschen korrespondierten mit den Sorgen vieler Afrikaner, dort bangte man um den Verlust der imposanten Natur. Der deutsche Wald hat offensichtlich überlebt – übrigens auch das Wort „Waldsterben“ als ins Französische eingewanderte Vokabel. Über den sauren Regen spricht heute fast keiner mehr. Aber, und das ist typisch deutsch für mich: Nach den starken Emotionen hat der Pragmatismus triumphiert. Deutschland hat umweltfreundliche Waschmaschinen, Kühlschränke und Autos auf den Markt gebracht, Solarmodule und Windräder entwickelt, kurz: Produkte „made in Germany“, die sich vortrefflich exportieren lassen. Gute Geschäfte mit sauberem Gewissen…

Schlüsselkinder Gesellschaftspolitisch – familienpolitisch vor allem – war dieser Pragmatismus indes lange Zeit Fehlanzeige. Was mich anfangs besonders irritierte, waren die vielen Steine, die man Müttern offenbar in den Weg legte, um sie von der Arbeit fernzuhalten: keine Schule nachmittags, kein Mittagessen in der Schule... Welche Frau kann unter diesen Umständen einen Beruf ausüben! Ich musste Vokabeln lernen, die mir

kein Lehrer beigebracht hatte: zum Beispiel die „Rabenmutter“. Ich kannte den Raben aus den Fabeln von Lafontaine – er hält einen leckeren Käse im Schnabel vor der Nase des Fuchses. Aber was war eine Rabenmutter? Schlimmer noch wurde es mit den „Schlüsselkindern“. Ein Zwitterwesen aus einer anderen Galaxie vielleicht? Aber nein, es hatte etwas mit dem praktischen Sinn der Deutschen zu tun: Die Schlüssel hängen um den Hals. Das Kurioseste an der Sache war, dass die Frauen selbst zum Teil einen ideologisch anmutenden Kampf führten um einen diffusen und schweren Begriff: „die gute Mutter“. Ich war sehr überrascht. Die gute Mutter, hieß es, lasse ihr Kind nicht von Fremden erziehen! Inzwischen ist die „Super-Woman“ auch in Deutschland angekommen, à la Ursula von der Leyen, Ministerin mit sieben Kindern. Und aktuellen Zahlen zufolge melden in diesem Jahr sogar 66 Prozent der Eltern Bedarf an einen Kita-Platz an. Unsere beiden Länder sind zwar Nachbarn und leben unter dem gleichen großen Dach der europäischen Familie. Deutschland und Frank­ reich gehen aber nicht unbedingt dieselben Wege – auch nicht immer im selben Tempo. Der Dialog ist deshalb manchmal schwierig. Das gilt umso mehr für ein Europa der 27! ——

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Le „Waldsterben“: die Vokabel

blieb im Französischen, das Umwelt­ bewusstsein im Deutschen

»Familienpolitisch war der deutsche Pragmatismus lange Zeit Fehl­ anzeige.«


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Ihren Fahrschein bitte! Josephat Charo Nyiro kam aus Kenia nach Deutschland – in eine für ihn völlig neue Welt. Der Redakteur in der Kisuaheli-Redaktion hat eine kenianische und eine deutsche ­Familie. Er möchte keine von beiden missen.

»Jemand kommt, setzt sich neben mich und sagt – nichts.«

4. Juni 2004, Flughafen Frankfurt am Main. Es ist kurz nach sechs Uhr morgens. Ich bin gerade mit der Maschine aus Addis Abeba gelandet. Am Tag zuvor war ich in Nairobi in eine Maschine der „Ethiopian Airways“ gestiegen. Ich habe meine Heimat verlassen mit wilden Vorstellungen über Deutschland: ein Land voller Wolkenkratzer, mit Gold und Silber bedeckten Straßen, kein Gras, keine Bäume, nur Häuser, riesige Autos, Industrieunternehmen – und Fußballstadien überall. Mit meinen Freunden zu Hause hatte ich immer „Football Made in Germany“ im Fernsehen geschaut, als ich noch in meinem Dorf Shariani lebte. Daher kannte ich natürlich Rummennige, Beckenbauer, Bierhoff und Klinsmann. In Frankfurt, da war ich ganz sicher, würde ich einen dieser Stars treffen… Sechs Jahre sind seither vergangen. Ich warte immer noch auf eine Begegnung mit einer deutschen Fußballlegende. Und die vielen anderen Klischees? Auch Legende. Stattdessen habe ich jede Menge Menschen wie du und ich kennengelernt. Ich habe jetzt zwei Familien: meine Eltern, Geschwister, Onkel und Tanten in Kenia – und eine Familie

hier in Deutschland, die Familie einer ehemaligen Kollegin. Sie hat mich ins Herz geschlossen und ist immer für mich da. Das hätte ich mir vor einigen Jahren nicht träumen lassen.

Es kam anders Ich hatte nie den Wunsch, nach Deutschland zu kommen. Stattdessen hatte ich immer von den USA und von Großbritannien geträumt. An der Schule in Nairobi hat kaum jemand über Deutschland gesprochen. Irgendwann mussten wir zwischen Deutsch und Musik wählen. Ich habe mich für Deutsch entschieden. Ich wollte die Sprache lernen, um eines Tages in einem der Hotels an der Küste Kenias, wo es viele deutsche Touristen gibt, zu arbeiten. Es kam anders. In Erinnerung ist mir noch mein erstes Weihnachten in einer deutschen Familie. Eine Kollegin hatte mich eingeladen. Mir fiel auf, dass die Bindung zur Familie in Kenia enger ist: Dort ist es üblich, häufig bei seiner Familie vorbeizuschauen. Hier in Deutschland ist es wohl normal, dass man am anderen Ende der Republik wohnt und sich lange nicht sieht. Aber an Weihnachten geht es natürlich nach Hause, auch hier. ­Sicher,


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Manches hat irritiert

Familie muss deshalb für die Menschen in Deutschland nicht weniger wichtig sein. Ich habe hier gelernt, Holz zu hacken, mit einem Trecker zu fahren und Rasen zu mähen. Neue Erfahrungen. Neu war für mich auch, dass man in Deutschland immer einen Fahrschein dabei haben muss, wenn man in eine Straßenbahn oder einen Zug steigt. Man erklärte mir, ich müsste 40 Euro Strafe zahlen ohne Fahrschein. Wenn ich erwischt würde. Wenn nicht, kann man also auch kostenlos fahren. Deutschland, welch wunderschönes Land mit disziplinierten Bürgerinnen und Bürgern und bemerkenswerter Zahlungsmoral! Das wird man in meinem Heimatland wohl niemals einführen.

Mein heutiges Leben in Deutschland und mein vorheriges in Kenia – nein, sie lassen sich nicht vergleichen. Ich musste mich hier an so vieles gewöhnen. Bleiben wir beim Beispiel Zug fah­ ren: Jemand kommt, setzt sich neben mich und sagt – nichts. Wenn er aussteigen will, steht er auf, schaut mich an, lächelt und sagt Tschüss. Das passiert übrigens auch oft im Aufzug. Anfangs hat mich dieses Verhalten irritiert und gestört, inzwischen bin ich daran gewöhnt. Überrascht war ich auch, als ich zum ersten Mal Radfahrer sah – in der Stadt! Ich dachte, in Deutschland gäbe es Fahrräder nur auf dem Land. Inzwischen bin ich überzeugt: Fahrräder sind auch in der Stadt besser, nicht nur für die Umwelt. So radle ich nun jeden Tag zum Funkhaus. Da kommt auch kein Kontrolleur, der mich auffordert: „Ihren Fahrschein bitte!“ Als Kenianer freue ich mich, wenn ich in deutschen Medien hochwertige Dokumentationen über den vielf ältigen Kontinent Afrika sehe. Gleichzeitig bin ich glücklich, als Journalist in Deutschland zu arbeiten und in „meinem“ Programm der Deutschen Welle den Menschen in Afrika Deutschland näher zu bringen. Meine Heimat ist Kenia. Auch Deutschland wird langsam zu meiner Heimat. Vor kurzem habe ich geheiratet. Meine Ehefrau stammt auch aus Kenia. Bald wird sie nach Bonn kommen. Dann habe ich hier noch eine Familie – die ­d ritte, meine eigene. ——

Josephat Charo Nyiro wurde 1976 in Shariani, einem kleinen Ort an der kenianischen Küste, geboren. Nach dem Besuch des Starehe Boys Centre and School in Nairobi studierte er Pädagogik, Psychologie und Deutsch an der Kenyatta Universität. Ab Februar 2002 war er beim Radio- und TV-Sender Kenya Broadcasting Corporation (KBC) tätig; 2003 erwarb er zusätzlich ein Diplom im Bereich Personalentwicklung. Seit Juni 2004 arbeitet er in der Kisuaheli-­ Redaktion der Deutschen Welle in Bonn – zunächst einige Monate als Praktikant, später als Redakteur. Josephat Charo Nyiro ist unter anderem am Bildungsradio „Learning by Ear“ beteiligt – die Radionovelas zu Themen aus dem Alltag junger Menschen in Afrika produziert die DW gemeinsam mit Partnern in afrikanischen Ländern; ausgestrahlt werden die Sendungen von der DW und vom Partner vor Ort.


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Sie hüpften wild umher Humorlose Menschen, die hart arbeiten, keinen Spaß verstehen und sich in einer schwierigen Sprache unterhalten – so in etwa sieht das Klischee-Bild aus, das man sich in Serbien von den Deutschen macht. Aber Sanja Blagojevic hat zum Glück auch Tröstliches zu berichten.

Wenn es um das Land geht, sieht es deutlich besser aus. Wenn man in Serbien von Deutschland spricht, sind die ersten Assoziationen: Reichtum und Ordnung. Die Mehrheit der Serben denkt immer noch, dass in Deutschland Milch und Honig fließen und alles perfekt funktioniert.

Zugegebenermaßen war ich vor gut zehn Jahren auch nicht frei von Klischees mit Blick auf die Deutschen. Vor allem, wenn es um die Sprache ging. Damals dachte ich, man müsse besondere sprachliche und körperliche Fähigkeiten entwickeln, um deutsche Wörter aussprechen zu können. Folglich wollte ich mich mit so etwas Kompliziertem nie beschäftigen. Das Leben war hart genug. Dann kam der Sommer 1999, in dem sich alle meine Wertungen diesbezüglich über Nacht änderten: Ich lernte einen netten Deutschen kennen. Zwei Jahre später lebte ich bereits in Deutschland. Genauer gesagt: in Berlin. Was bedeutete, dass ich mich mit der ungeliebten Aufgabe nun befassen musste – ich musste Deutsch lernen. Den täglichen Weg in die Sprachschule und zurück nutzte ich, um die Deutschen zu beob­ achten und die Klischees abzuchecken. Klischee Nr. 1: Deutsche können nur arbeiten, sie verstehen keinen Spaß. Mag sein. Aber wer sind dann all diese Leute, die den ganzen Tag durch die Berliner Cafés tingeln, auch nachts viel ausgehen, und so aussehen, als ob sie viel Spaß hätten? Oder sind es nur die Berliner? Wenn das die Deutschen sind, wer arbeitet dann und sorgt für den Wohlstand? Was in Serbien das Klischee Nr. 2 über Deutschland ist.

Im „balkanesischen“ Rhythmus

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„Was das Tanzen betrifft, da können

die Deutschen noch etwas von uns lernen“: Balkan-Beat-Party in Berlin

Das war nicht alles. Die größte Überraschung kam, als ich die Balkan-Beat-Partys entdeckte. Gypsy Grooves, Tribal Beats und Balkan Ska, dazu viele „Jugos“ auf dem Dance Floor – das ist ungef ähr das, was ich von einer „Balkan-Party“ erwartet habe. Ich sage bewusst „Jugos“, denn bei den Partys von Balkan Beats tummelten sich von Anfang an Serben, Kroaten und Bosnier und keiner hatte ein Problem mit dem anderen (das ist umso beachtlicher, als es die Partys schon gab, während in Bosnien noch der Krieg tobte). Was die Musik betrifft, lag ich absolut richtig. Sie war voll „balkanesisch“. Natürlich gab es dort viele Leute aus ExJugoslawien, aber sie waren nicht die Mehrheit.


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Es waren hauptsächlich Deutsche, die wild auf „unsere“ Musik tanzten. Nicht hundertprozentig im Rhythmus, aber leidenschaftlich. Deutsche und Nicht-Deutsche auf dem Dance Floor – man konnte sie leicht unterscheiden. Bei den „Jugos“ war klar: Sie sind mit der Musik groß geworden. Ihre Bewegungen waren sanft und selbstverständlich. Ganz anders die Deutschen: Sie hüpften wild umher und fuchtelten mit den Armen herum. Aber: Was so aussah, als ob große Verletzungsgefahr bestehen würde, war nur Freude und Ausgelassenheit. Man hatte einfach Spaß an der Musik. Nach dieser Erfahrung war mir klar: Die deutsche Realität passte nicht in das serbische Bild. Die Klischees haben sich eins nach dem anderen in Luft aufgelöst. Aber ich wollte mich an irgend­ etwas festhalten. Was war noch übrig? Natürlich, die Sprache. Mag sein, dass die Deutschen nicht nur arbeiten, sondern auch Spaß haben. Mag auch sein, dass es ihnen nicht so gut geht, wie man in Serbien glaubt. Aber die Sprache ist nach wie vor schwierig und nicht so schön. Das war meine feste Überzeugung. Bis ich eines Tages die ersten Sätze auf Deutsch sprach. Plötzlich konnte ich mich mit meinem Mann nicht

nur auf Englisch unterhalten, sondern auch in seiner Muttersprache.

Über TV-Serien zur Literatur Da ich im Gegensatz zu den meisten meiner Mitschüler nun auch zu Hause Deutsch sprach, konnte ich die Sprache wesentlich schneller, auch intensiver erlernen. Sehr hilfreich war es auch, täglich TV-Serien anzuschauen. Einfache Handlung, einfache Dialoge – ein einfacher Weg, mich mit der Sprache vertraut zu machen. Später stieg ich vom Fernsehen auf Bücher um. Nachdem ich sämtliche Krimis von Henning Mankell – in deutscher ­Version, versteht sich – verschlungen hatte, wagte ich mich an große deutsche Literatur haran: Fontanes „Effi Briest“ zum Beispiel. Spätestens da merkte ich, dass Deutsch eine schöne, wortreiche Sprache ist, die äußerst viele Möglichkeiten bietet sich auszudrücken. Inzwischen lebe ich seit gut neun Jahren in Deutschland, seit knapp drei Jahren in Bonn. Lange genug, um in manchen Dingen schon sehr deutsch geworden zu sein. Nur, was das Tanzen betrifft, da können die Deutschen noch etwas von uns lernen. ——

»Die Klischees haben sich eins nach dem anderen in Luft aufgelöst.«

Sanja Blagojevic ist seit 2007 Leiterin des Serbischen Programms der Deutschen Welle. Die studierte Lebensmittel-Ingenieurin, die 1968 in Belgrad geboren wurde, war ab Mitte der 1990er Jahre zunächst Produktions- und Marketing-Managerin. Von 1999 bis 2001 war sie dann als Producerin und Korrespondentin für verschiedene internationale Fernsehsender, darunter auch die Deutsche Welle, tätig. Gemeinsam mit Kollegen konzipierte und produzierte sie die Fernsehsendung „Rikoshet“, eine der erfolgreichsten Informationsformate des serbischen Fernsehens. Anfang 2001 zog sie nach Deutschland. Ab 2002 moderierte Blagojevic die serbische Ausgabe des DW-TV-Magazins „Europa Aktuell“. 2004 bis 2006 war sie Deutschland-Korres­ pondentin für den TV-Sender B92 in Belgrad, anschließend Chefin vom Dienst beim dortigen TV-Sender FOX. Zu ihren journalistischen Arbeiten gehören auch Motorrad-Reportagen und Dokumentarfilme über Montenegro und ­Litauen.

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Nur einen Sommer Sie sei, sagt sie, in einem reichen und sehr ordentlichen Land gelandet, wo die Menschen sich freiwillig an Regeln halten. Ein Land, das Qualität verspricht. „Made in Germany“ eben. Einen Sommer wollte sie hier verbringen, dann mit ihrem Mann nach Südamerika gehen, um in Chile zu leben.

»Zum Glück werde ich die deutsche Sprache wohl nie beherrschen.«

Ich habe einen Fehler gemacht: Ich kam schon im September hierher. Das bedeutete: Vor dem Sommer musste ich erst den Herbst, den Winter und den Frühling erleben. Außerdem konnte ich kein Wort Deutsch – weder sprechen noch verstehen. Nun ja, für einen kurzen Aufenthalt musste ich ja nicht unbedingt die Sprache lernen. Eine Sprache, die in einem Wort endlos viele Konsonanten haben kann, die zudem alle gleichzeitig ausgesprochen werden müssen. Ich hatte schließlich genügend Menschen um mich, die Spanisch sprachen. So ergab sich nicht die Not, Deutsch zu lernen. In einem reichen und modernen Land ist ohnehin alles automatisch! Das hat mein Mann anfangs fünf Mal täglich wiederholt. Mit einem einzigen Schlüssel können wir die Eingangs-, Wohnungs-, Garagen- und Kellertür öffnen. Das Licht im Treppenhaus geht von alleine an und aus. Und im Supermarkt, wo man die gesammelten Pfandflaschen abgibt, geht natürlich auch alles automatisch. Das war neu für mich. In der Schlange vor dem Rückgabe-Apparat gestand mir mein Mann, er habe mich belogen: Hinter dem Automaten, so hatte er gesagt, stehe jemand, der ausrechnet, wie viel Geld der Kunde bekommt, und die Flaschen in die richtigen Kästen einsortiert. Nein, einen derart komplizierten Automaten gebe es selbst in Deutschland nicht, stellte er richtig... Da ging auch schon die Tür neben dem Automaten auf. Im Innenraum sah man einen Mann, der Flaschen in Kästen einsortierte. Die Augen meines Mannes waren weit geöffnet, er stotterte. Er erklärte mir noch einige Dinge mehr: In Deutschland braucht man nichts zu kontrollieren, alle kennen ihre Pflichten, die Regeln und Gesetze – und halten sich daran. Die Leute stehen an der roten Ampel und warten, bis es Grün wird, zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem Auto. Jeder bezahlt sein Bahnticket. In den

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Gewohnheiten übernommen:

„Ich grüße längst nicht mehr jeden, der mir begegnet, auch nicht im Fahrstuhl.“


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Supermarkt darf man mit Rucksack oder Tasche gehen, niemand klaut etwas. Und wenn man in der Kneipe Bier trinkt, braucht man nicht weiter zu bestellen: Sobald das Glas leer ist, bringt der Kellner (in Kölner Brauhäusern „Köbes“ genannt) automatisch ein neues. Im Laufe der Zeit habe ich viele Gewohnheiten automatisch übernommen. In der Tat kann ich inzwischen hervorragend an allem etwas aussetzen, bin sehr oft unzufrieden, obwohl ich keinen Grund dazu habe, und grüße längst nicht mehr jeden, der mir begegnet, auch nicht im Fahrstuhl. Und natürlich bin ich nie schuld, versuche mein Verhalten immer zu begründen. Zum Glück habe ich ein paar gute deutsche Freunde, die mich ständig beraten. Sobald sie bei mir ein unpassendes Verhalten beobachten, erklären sie mir, wie es richtig ist. Zum Beispiel: Du darfst Leute nicht einfach duzen, die ältere Person muss es dir anbieten. Oder: Pass auf, in welcher Kleidung du zur Arbeit kommst; deswegen wirst du von vielen Leuten direkt in eine Schublade gesteckt. Ausländerin bin ich hier heute noch, in meiner Heimat inzwischen eher eine Deutsche, wie meine Familie und Freunde meinen. Als wir zu einer Familienfeier eingeladen waren, musterte mich meine Schwester und sagte: „So angezogen kommst du nicht mit!“ Ich betrachtete mich im Spiegel: Dunklere und langweiligere Farben für eine Sommer-Party kann man sich nicht aussuchen. Etwas Helles und Buntes muss es sein! Typisch brasilianische Farben nennt mein Mann das. Als ich vor einigen Jahren in der deutschen Botschaft in Asunción einen Empfang für Partner der Deutschen Welle organisierte, ging ich offenbar mit derartiger Akribie und Präzision vor, dass der Presseattaché der Botschaft meinte: „Seien Sie doch nicht so deutsch, der Deutsche bin schließlich ich hier!“ Das hatte gesessen und blieb mir als Mahnung im Gedächtnis, denn allzu deutsch wollte ich nie werden, möchte meine Wurzeln nicht verleugnen, mein Temperament bewahren. Zum Glück werde ich zumindest die deutsche Sprache wohl nie wirklich „beherrschen“. Nach mittlerweile zwölf kalendarischen Sommern in Deutschland, was meteorologisch zwei gefühlten entspricht, kann ich festhalten: Es ist ein schönes, ein reiches, ein ordentliches Land. In der Summe gef ällt es mir. ——

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Mercedes Sosa stammt aus Paraguay und wurde 1966 in Asunción geboren. Nach dem Studium der Betriebswirtschaft in Paraguay erhielt sie 1998 den Magis­ ter in Controlling der Katholischen Universität von Valparaíso, Chile.­ Sie arbeitet seit 2000 bei der Deutschen Welle, zunächst als Sachbearbeiterin im Vertrieb ­Lateinamerika. Seit 2006 ist sie freie ­Mitarbeiterin im Vertrieb Amerika und übernimmt unter anderem Auswertungen bezüglich Partnern und Ländern im Zielgebiet. Einmal im Leben wollte Mercedes Sosa ihrer prominenten Namenskollegin, der international berühmten argentinischen Künstlerin Mecedes Sosa, persönlich begegnen. 2008, rund ein Jahr vor deren Tod, kam ein solches Treffen tatsächlich zustande: Unkompliziert möglich gemacht haben es die Organisatoren eines Konzerts – in Dortmund.


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Drei Fragen und ein Snack Wahrscheinlich zählt er zu den seltenen Menschen, die gern zwischen zwei Stühlen sitzen – sofern diese Stühle Iran und Deutschland heißen. „Wozu hat man schließlich zwei Pobacken“, sagt Eskandar Abadi. Der Journalist iranischer Abstammung mit deutschem Pass ist blind. Deutschland sieht er heute farbig, sagt er. Auch auf der Klaviatur feiner Ironie spielt der vielseitige Musiker gekonnt.

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„Frankfurter Würstchen im

Speisewagen“: Dieser Zug ist abgefahren

Als ich mit 20 Jahren im September 1980 in die Bundesrepublik kam, verband ich mit Deutschland den Volkswagen, ein ordnungsbehaftetes Volk und eine harte Sprache, die meist aus den Konsonanten „ch“ bestand. Heute bin ich 50 und weiß, dass ich ziemlich ungerecht war – zunächst der Sprache gegenüber. Es war nämlich die deutsche Sprache, die mich warmherzig aufnahm und mir gleich eine unbefristete Aufenthaltsberechtigung gewährte: Persisch und Deutsch waren enge Nachbarn und ich konnte bequem zwischen diesen Stühlen sitzen. Ansonsten musste ich 20 Jahre warten, bis ich offiziell ein Bürger dieses Landes wurde. Ich war ein Mitbürger. Ich lief auf Mitbürgersteigen, feierte in Mitbürgerzentren und lebte in Mitwohnheimen und Mitwohnungen. In der Sprache gab es aber diese Vorsilbe an diesen Stellen nicht. Es lag also alles in meiner Hand. Je schneller und besser ich Deutsch ­konnte, desto mehr Möglichkeiten bekam ich, mich heimischer zu platzieren. Ich weiß noch, dass ich davon träumte, das Radio einschalten und mir Sendungen anhören zu können, ohne

mich fragen zu müssen, was dieses und jenes Wort bedeutet.

Zugzwang Dem Volkswagen bin ich hier kaum begegnet. Dafür war ich ein Achtel meiner 30-jährigen Zeit in Deutschland in oder auf der Bahn. In den Achtzigern fuhr ich Eil- und D-Züge, in den Neunzigern Interregios und danach oft Intercity. Ich aß im Speisewagen Brötchen zu Frankfurter Würstchen, heute esse ich Snacks im Bistrowagen. In den Achtzigern erlebte ich selten eine Reise, auf der ich nicht die drei deutschen Fragen gestellt bekam – die Fragen, die allen Ausländern gestellt werden. Im November 2000 hat sie mir zum vorläufig letzten Mal jemand gestellt: Mit dem frisch erhaltenen deutschen Ausweis in der Tasche, fuhr ich von Marburg nach Köln, um meine Tochter abzuholen, die Karnevalsbeginn feierte. „Ist das ein Buch, was Sie da lesen?“, fragte mich eine akademisch und bayerisch anmutende tiefe Stimme. - „Ja, ein Roman“, antwortete ich. „Sie sprechen aber sehr gut Deutsch.“


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(Dabei verriet mein „Ja, ein Roman“ nicht eben viel von meinen Deutschkenntnissen.) „Woher kommen Sie eigentlich?“ – „Aus Marburg.“ – „Nein, ich meine ursprünglich.“ – „Aus dem Iran.“ – „Und das ist bestimmt arabisch, was Sie lesen…“ Ich war in meine persische Lektüre vertieft und ein wenig genervt. Ich winkte einsilbig ab, aber da kam schon die zweite Frage: „Und wie lange schon in Deutschland?“ – „20 Jahre.“

nicht lieber noch einen Monat dort bleiben und arbeiten möchte, verneinte ich, weil ich schneller nach Köln – nach Hause wollte. Mein Bild von Deutschland war anfangs schwarz-weiß, heute ist es farbig. Und dies hat nicht nur mit meiner Sicht und Perspektive zu tun, sondern tatsächlich mit der Entwicklung dieses Landes. Es hat sich in meinen Augen binnen 30 Jahren von einer bisweilen rustikalen Gemeinschaft in eine europäische Gesellschaft verwandelt. Ich habe Deutschland bewundern

Eskandar Abadi arbeitet seit 2002 in der Farsi-Redaktion der Deutschen Welle. Abadi wurde 1959 in Bandarmashoor, Iran, geboren. Nach dem Studium des Staatsrechts an der Universität Teheran kam er 1980 nach Deutschland. In Frankfurt am Main lernte er zunächst Deutsch, um anschließend an der Philipps-Universität Marburg Politik und Sprachwissenschaften zu studieren. Nach Tätigkeiten als Dolmetscher und Dozent machte er erste Hörfunksendungen und kam schließlich zur Deutschen Welle. Eskandar Abadi spricht mehrere Fremdsprachen. Er beherrscht einige Musikinstrumente – und komponiert eigene Stücke.

„Ach so, deshalb so gut Deutsch, ist ja bekanntlich eine sehr schwere Sprache.“ – „Chinesisch ist schwieriger.“ – „Ja ja ja, aber sagen Sie mal: Möchten Sie eigentlich hier bleiben, oder lieber in den Irak (!) zurückkehren?“ Ich klappte das Buch zu und sagte bübisch: „Wenn Sie jetzt mir eine Frage beantworten…“ „Bitte!“ – „Sind sie verheiratet?“ – „Ja klar.“ – „Und wollen Sie eigentlich verheiratet bleiben, oder möchten Sie sich lieber scheiden lassen?“… Meine blöde Frage noch im Ohr, stieg der Mann aus und blieb für mich im 21. Jahrhundert ein Einzelfall. Im Grunde ging mit der Öffnung gen Osten eine gewisse Lockerheit und Internationalität in Deutschland einher.

Wahlfreiheit Als mich in meiner Studentenzeit eine Reporterin im Rahmen einer Studie über blinde Ausländer fragte, ob ich in Deutschland jemals Ausländerfeindlichkeit begegnet sei, antwortete ich: „Ich habe nix gesehen.“ Als mich aber ein iranischer Fernsehsender vor zwei Jahren in Los Angeles fragte, ob ich

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gelernt, weil es mir meine kritische Haltung bewahren und zum Ausdruck bringen half, selbst gegen vieles, was hier falsch läuft. Ich habe es schätzen gelernt, weil es mich von einem melodiebetonten zu einem harmoniebewussten Musiker entwickelte. Und ich habe es lieben gelernt, weil es mir Wahlverwandtschaften schenkte und eine Stimme, die bei den Wahlen nicht so einfach verzählt oder gar abgewürgt werden kann. Ich bezeichne mich heute als Mensch mit deutschen Stärken und iranischen Schwächen, wobei Schwäche auch in der Bedeutung zu verstehen ist, wie man sie für Süßigkeiten hat. Und da nun Ehrlichkeit bei mir größer geschrieben wird als Höflichkeit, muss ich noch auf solch eine Schwäche hinweisen: Mein Freundeskreis besteht zu einem Drittel aus Deutschen, alle anderen sind Ausländer. Noch dazu habe ich eine große Schwäche für Nicht-Iraner, die Persisch sprechen, zumal, wenn sie waschechte Deutsche sind. Wenn ich an Deutschland denk’ bei Tag – „kein schöner Land“ kommt auch infrag’. ——

»Ich bezeichne mich heute als Mensch mit deutschen Stärken und iranischen Schwächen.«


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„Gelassenheit und Selbstironie helfen“ Die Deutsche Welle hat den gesetzlichen Auftrag, der Welt ein umfassendes Deutschlandbild zu vermitteln. Wie setzt die DW dieses Deutschland-Puzzle zusammen, damit es auf allen Kontinenten erkennbar wird? Fragen an die Chefredakteure Dagmar Engel (Fernsehen) und Marc Koch (Hörfunk und Internet).

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»Deutschland gilt als stark, aber nicht bedrohlich. Seriös, aber nicht mehr langweilig.«

20 Jahre Deutsche Einheit – ein schöner Anlass, um der Welt noch einmal zu zeigen, wie zusammengewachsen ist, was zusammengehört? Dagmar Engel: Ein großartiger Anlass, ganz sicher. Wir haben ja schon das ganze Jahr über, seit dem Jahrestag des Mauerfalls, den Weg zur Einheit begleitet. Selbstverständlich wurde auch darüber berichtet, dass zwar die Mauer weg ist, der eine oder andere Graben aber noch da. Das Ganze kulminiert nun in der Berichterstattung am 3. Oktober. Zum Mauerfall haben wir uns 24 Stunden live vor allem auf Berlin konzentriert, den historischen Ort. Diesmal ist allen Bundesländern je eine Programmstunde gewidmet, vor Ort moderiert und mit Gästen, die aus der jeweiligen Region kommen und für das Thema Deutsche Einheit stehen. Marc Koch: In einem immer noch absurd geteilten Land wie Korea wird die Deutsche Wiedervereinigung bis heute als „Wunder“ bezeichnet – und das ist durchaus ein treffender Ausdruck. Deshalb ist der 20. Jahrestag dieses wunderbaren Ereignisses ein ebenso wunderbarer Anlass, der Welt noch einmal zu zeigen, was damals passiert ist, wie es weiterging, was wir bisher erreicht haben, was wir heute sind. Klar, auch was noch besser werden muss, wo wir Fehler gemacht haben. Das alles zeigt die DW in ihren Angeboten zu diesem Tag: Multimedial, in Reportagen und Berichten, in Fakten, persönlichen Geschichten, Erinnerungen und Ausblicken. Wichtig ist, dass wir immer auch nach vorn schauen und nicht nur verklärend zurück. Der Prozess der Wiedervereinigung ist noch in vollem Gange.

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Über die Deutschen gibt es noch immer gefestigte Klischees – das Oktoberfest lässt grüßen. Sind diese Bilder auch ­deshalb unausrottbar, weil wir im Grunde so sind? Marc Koch: Ja, klar sind wir auch so! Und unser Publikum mag das: Bildergalerien über das

Oktoberfest, den Karneval, deutsche Weihnacht. Aber auch über deutsche Technik und Wissenschaft. Alles, was das Klischee bedient, sorgt zuverlässig für die höchsten Klickzahlen auf unseren Internet-Seiten. Das Schöne ist, dass Deutschland in den vergangenen 20 Jahren offener, bunter, lebhafter und auch – ganz wichtig! – gelassener geworden ist. Dadurch können wir mit diesen Klischees gut leben: Sie werden heute humorvoller genommen, weil das Selbstbewusstsein gestiegen ist. Man könnte auch sagen: Deutschland ist in der Wirklichkeit angekommen. So gesehen, ist „typisch deutsch“ heute ein Mix aus praktiziertem Klischee und entspannter Realität: Ja, wir sind penetrant pünktlich! Und: Ja, wir rennen beim ersten Sonnenstrahl in den Biergarten und sitzen mit Japanern, Amis, Spaniern und Türken auf der Bank und quatschen. Dagmar Engel: Ich denke, in dem Moment, in dem wir auf hören, Klischees ausrotten zu wollen, sind wir ein paar entscheidende los. Gleichzeitig helfen Gelassenheit und die Fähigkeit zur Selbstironie. Und eine Fußballnationalmannschaft, die so spielt wie bei der WM in ­Südafrika. Was heißt schon „typisch deutsch“ – auf ein ganzes Volk angewandt? Ich persönlich liebe den Wald und fahre sehr gern sehr schnell Auto. Zugegeben, etwas widersprüchlich, aber sehr deutsch. Abgesehen davon, dass es auf meine Freundin Annamaria aus Rom genauso zutrifft, wobei ihre Arbeitsauffassung noch preußischer ist als meine. Je mehr wir über andere Menschen wissen, desto mehr sehen wir sie doch als Individuen und nicht als austauschbaren Teil einer so oder anders etikettierten Masse.

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Streit zwischen CDU und CSU, Steuerreform, Postengeschacher auf Länderebene… Ist der politische Alltag hierzulande, das journalistische Schwarzbrot, vermittelbar? Dagmar Engel: Ist er, wenn es tatsächlich etwas zu erzählen gibt. Sind Streit und Konflikt nicht konstituierender Bestandteil von Demokratie?


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„Darum geht es doch: Wo berührt eine Geschichte mein eigenes Leben?“: Dagmar Engel, Chefredakteurin DW-TV

Gleichzeitig funktionieren Geschichten von Siegern und Verlierern überall auf der Welt. Wenn es gelingt, die Erzählung zu finden, die den Zuschauer und Nutzer auf dieser emotional tief verankerten Ebene anspricht, wird auch der politische Alltag in Deutschland für ihn interessant. Darum geht es doch: Wo berührt eine Geschichte mein eigenes Leben? Kenne ich ähnliche Konflikte und Herausforderungen aus meinem persönlichen Umfeld? Demokratie in Deutschland und Europa kann darin Laborcharakter haben, und manchmal auch Vorbild sein. Zugegeben, für ein deutsches Publikum funktioniert diese Anknüpfung bei deutschen Themen anders. Deshalb ist die Auf bereitung gerade der innenpolitischen Themen bei ARD und ZDF anders, voraussetzungslos: Das deutsche Publikum kennt das Umfeld. Zu den wichtigsten Aufgaben der DW gehört, dass wir den Hintergrund vermitteln.

Marc Koch: Wir haben einen klaren Auftrag: Wir zeigen, wie dieses Land ist, wie seine Bürger miteinander umgehen, wie Deutschland im „internationalen Konzert“ klingt und welche Position es da einnimmt. Die siebte Lesung des vierten Nachtrags zur achten Novelle des dritten Sozialgesetzbuches ist unseren Zielgruppen nicht zu vermitteln – denn in vielen unserer Zielgebiete fallen Menschen ohne Arbeit schlicht aus allen sozialen Rastern. Aber dass Deutschland seine Bürger, die ihren Job verloren haben, unterstützt, ihnen hilft, wieder Fuß zu fassen, und dass diese Hilfe eine von der Gesellschaft getragene und an ihren Werten orientierte Maßnahme ist – das ist eines unserer Themen. Auch dass wir uns bei solchen Diskussionen einmischen, unsere Position originell und kreativ vertreten und auf mögliche Alternativen zur Praxis in unseren Zielgebieten hinweisen, ist ein weiteres wichtiges Thema.

„Für regional interessante Themen sorgen erfahrene, meinungsfreudige – und auch mutige – Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“: Marc Koch, Chef­ redakteur DW-RADIO und ­DW-WORLD.DE


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»Typisch deutsch ist heute ein Mix aus praktiziertem Klischee und entspannter ­Realität.«

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Die DW will Menschen erreichen, die in ihren Ländern Einf luss auf die öffentliche Meinung haben. Können wir den Deutschlehrer in Indien, den oppositionellen Blogger in Ägypten und den Ingenieur in Chile mit unserem Deutschlandbild gleichermaßen beglücken? Marc Koch: Können wir, klar! Das Stichwort heißt Regionalisierung: Wir sehen uns genau an, wie die Zielgruppe in der jeweiligen Region lebt, wie ihr Alltag, ihre Wünsche, Sorgen, Ideen und Erwartungen aussehen. Daran orientieren wir unser Angebot, seine Gewichtung und unsere Ausspielwege – vom klassischen Kurzwellenradio bis zu UMTS-angepassten mobilen Angeboten für Smartphones. Für São Paulo in Brasilien, wo es eine Million iPhones gibt, machen wir ein anderes Angebot als für Sansibar

in Ostafrika, wo unser Programm abends über Kurzwellenradio auf dem Marktplatz gehört wird. Allen Angeboten gemeinsam ist, dass sie Werte, Sichtweisen und Meinungen vermitteln, für die wir stehen. Dass dies in unseren 30 Sprachangeboten ergänzt wird durch regional interessante Themen, dafür sorgen erfahrene, meinungsfreudige – und auch mutige – Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dagmar Engel: Jeder ist in seinen Interessen ernst zu nehmen. Glück ist sehr individuell, die zentralen Geschichten sind es aber wert, überall erzählt zu werden. Nicht alle Angebote sind für alle, wobei unser Land mit seiner Vielfalt für alle eine ­Geschichte zu bieten hat. Um glaubwürdig und interessant zu sein, kann man nicht nur über Deutschland reden, sondern ebenso über die ­g roßen internationalen Themen, als verlässliche


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Informationsquelle mit deutscher Perspektive. Gleichzeitig gibt es selbstverständlich regional Gewichtiges, zum Beispiel für das deutsch-chinesische Verhältnis von Bedeutung, aber uninteressant für Mexiko.

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Stasi-Erbe und Gold-Franzi Angebote der Deutschen Welle rund um den 20. Jahrestag der Deutschen Einheit – eine Auswahl von Sondersendungen, Reihen und Dossiers in Fernsehen, Hörfunk und Internet:

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Auf jeden Fall ist Deutschland – so eine aktuelle BBCStudie – derzeit das angesehenste Land weltweit. Haben Sie dafür eine Erklärung? Dagmar Engel: Vielleicht liegt die Erklärung darin, dass wir es uns selbst nicht so richtig erklären können: Selbstzweifel und die damit verbundene Bescheidenheit sind ein durchaus liebenswerter Charakterzug. Deutschland gilt auf der Welt als Macht ohne Hegemonialstreben, nationaler Chauvinismus liegt uns inzwischen fern, religiöser Fanatismus sowieso. Deutschland gilt als stark, aber nicht bedrohlich. Seriös, aber nicht mehr langweilig, schon gar nicht mit einer Hauptstadt wie Berlin. Eine repräsentative Studie, die das Image Deutschlands in Russland und den USA untersucht hat, kommt zum Ergebnis, dass Deutschland ein überdurchschnittlich gutes Image bei den Menschen hat, die die DW nutzen. Ganz unbescheiden: Liegt es vielleicht auch an uns, die wir das Programm der Deutschen Welle produzieren, dass das Deutschlandbild so auffallend positiv ist? Marc Koch: Die Erklärung ist nicht schwer: Deutschland hat gelernt, mit Widersprüchen, offenen Fragen und gesellschaftlichen Konflikten umzugehen, sie nicht unter den Teppich zu kehren. Deutschland ist ein Labor, eine Gesellschaft mitten in Europa, die ständig mit Veränderungen, Herausforderungen und neuen Erfahrungen umgehen muss. Auch das ist ein Ergebnis der Wiedervereinigung. Und damit geht Deutschland sympathisch, entspannt, manchmal aufgeregt, aber immer interessant um. Das war nie so deutlich zu spüren wie bei der Fußballweltmeisterschaft 2006. Vielleicht sollte man mal wetten, wann „lockeres Völkchen“ das nächste Klischee über die Deutschen wird. ——

»» 24 Stunden aus 16 Bundesländern: Reporter von DW-TV berichten am Sonntag, 3. Oktober, insbesondere über die regionale Entwicklung Deutschlands und lassen zwischen Ostsee und Zugspitze interessante Gesprächspartner zu Wort kommen. Es geht um deutsche Karrieren in Ost und West, um Stadtentwicklung in den vergangenen 20 Jahren unter anderem an den Beispielen Bitterfeld, Berlin und Dresden. Um die Besonderheiten der Deutschen und wie sie sich durch die Einheit verändert haben. In der Woche nach dem 3. Oktober porträtiert DW-TV in der sechsteiligen Reihe „Generation Deutschland“ Persönlichkeiten, für die das vereinigte Deutschland prägend war. »» Eine Dokumentation in Hörfunk und Internet stellt Quedlinburg am Ostharz vor. In den 1960er Jahren sollte die Altstadt abgerissen werden. Heute erstrahlt das restaurierte Gelände rund um die alte Kaiserpfalz im neuen Glanz und zieht als UNESCO-Weltkulturerbe Millionen Touristen an. DW-Reporter besuchten die Stadt und sprachen mit Zeitzeugen. »» Aufbau Ost, Berliner Republik, der Sport nach der Wende und Meilensteine auf dem Weg zur Einheit: Das sind Stichworte im Themenmix der multimedialen DW-Angebote. »» Ein weiteres herausragendes Projekt: die fünfteilige Reihe über ostdeutsche Weltmarktführer. DW-Reporter besuchen unter anderem „German Pellets“ in Wismar, den europäischen Marktführer in Sachen Holzpellets. Und die Firma „Kirow Ardelt“ in Leipzig, die es mit dem Bau von Spezialkränen an die Welt­ spitze geschafft hat. »» Politik-Redakteure untersuchen den gewachsenen „Einfluss der Ostdeutschen in der Politik“ – nicht nur geprägt durch die ostdeutsche Bundeskanzlerin. »» Aus dem Hauptstadtstudio der DW kommen weitere Beiträge, die sich mit der wirtschaftspolitischen Leistung „Aufbau Ost“ befassen. Die Transferleis­ tungen belaufen sich auf rund 1,2 Billionen Euro. »» „Wie stark schmerzt erfahrenes Unrecht noch heute?“, fragt die Redaktion Stasi-Opfer. Die Aussagen der Zeitzeugen sind als Audios und Videos abrufbar. »» O nline steht auch das Themenpaket zu Gewinnern und Verlierern der Einheit. Eine interaktiv aufbereitete Deutschland-Karte macht die Unterschiede deutlich, etwa in den Bereichen Arbeitslosigkeit, Einkommen und Entwicklung der Bevölkerungszahlen. »» In mehr als 20 Sprachen zeigt die DW ihrem Publikum außerdem Ausschnitte deutscher Sportgeschichte – darunter Erben des DDR-Dopings wie Schwimmstar Axel Mitbauer oder Kugelstoßerin Heidi Krieger, auch erfolgreiche, von Doping nicht belastete Ostdeutsche wie DFB-Sportdirektor Matthias Sammer oder „Gold-Franzi“ van Almsick.

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www.dw-world.de/einheit Lange Saison: „Ja, wir rennen

beim ersten Sonnenstrahl in den Biergarten“


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Vermittler – mit einem gewissen Abstand Ganz normal. So lautet die Zwischenbilanz von Sanjiv Burmann nach etwas mehr als einem Jahrzehnt in Deutschland. Aber: Kann man sich „wie ein Deutscher“ fühlen, wenn man einen „Migrationshintergrund“ hat?

„Was?! Sie wissen nicht, was Kaution und Provision sind? Sie sprechen doch so gut Deutsch!“… Es war mein erster Monat in Deutschland, ich war auf der Suche nach einer passenden Wohnung. Das war 1999. Ich hatte soeben meine Tätigkeit als Redakteur im Bengali-Programm der Deutschen Welle aufgenommen. Rund 15 Jahre nach meinem ersten Kontakt mit der deutschen Sprache. In der Zwischenzeit war ich zwar ein paar Mal in Deutschland, hatte aber nie in diesem Land gelebt. Kein Wunder also, dass die Begegnung mit einem leibhaftigen deutschen Makler für mich ziemlich anspruchsvoll war. Viel lieber hätte ich mit ihm über die Nachkriegsliteratur, über Methodik und Didaktik im Bereich Deutsch als Fremdsprache oder über die Reformpolitik des seinerzeitigen Bundeskanzlers Schröder gesprochen – Themen, mit denen ich als Deutschlehrer und durch meine Tätigkeit im deutschen Generalkonsulat in Kalkutta eher vertraut war. Für jemanden, der Deutschland lange fast ausschließlich aus der Ferne beobachtet hat, kann die reale Begegnung nur ein kontinuierlicher Prozess der Auseinandersetzung sein. „Die Deutschen“, die ich aus meiner Zeit in Indien

Sanjiv Burman Jahrgang 1968, geboren und aufgewachsen in Kalkutta, ­Indien, erwarb sein Deutschlehrerdiplom im Goethe-Institut, München. Burman studierte Germanistik (MA) im indischen Hyderabad. Bis 1999 war er im deutschen Generalkonsulat in Kalkutta im Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit tätig. Außerdem arbeitete er gut zehn Jahre als Deutschlehrer im Goethe-Institut Kalkutta sowie als DAAD-Lektor an der dortigen Universität. Als Redakteur im Bengali-Programm der Deutschen Welle ist er unter anderem für die Sendung ­„Deutschland – Europa“ verantwortlich.

in Erinnerung hatte, habe ich hier selten wiedergefunden. Andererseits habe ich Menschen kennengelernt, die in meinem Bewusstsein ein völlig neues Bild geprägt haben. Und mit Maklern, Handwerkern, Automechanikern und anderen „einfachen Leuten“ habe ich mittlerweile auch hinreichend Erfahrung.

Die latente Diskriminierung Was mich vor dem Neuanfang in Deutschland auch bewegte: Wie würde ich in meiner neuen Wahlheimat aufgenommen werden? Gibt es wirklich Diskriminierung? Auch wenn sie eine eher latente Form hat? Reichen allein die Sprachkenntnisse? Oder muss man in Deutschland geboren sein, um einen uneingeschränkten Zugang zur Gesellschaft zu haben? Fragen, die mich intensiv beschäftigt haben. Nun lebe ich seit elf Jahren in Deutschland – nein, besser gesagt, im Rheinland. Heute kann ich sagen: Ich habe hier Freunde, die mir Geborgenheit bieten, mir zur Seite stehen. Wenn ich meine Erfahrungen der vergangenen elf Jahre zusammenfassen müsste, dann am besten mit den Worten: ganz normal. Als ich bei meiner bisher letzten Wohnungssuche von meinem Vermieter bevorzugt wurde – obwohl sich mehrere deutsche Familien für das Objekt interessierten – da war mir klar: Mein Status als Festangestellter war für ihn wichtiger als meine Hautfarbe. Er wollte in erster Linie seine Mieteinnahmen sicherstellen. Diese Einstellung dürfte auch der Hintergrund gewesen sein, als sich ein Verkäufer in einem Kauf haus erstaunlich viel Zeit für mich nahm – mit der Folge, dass zwei ungeduldige deutsche Studentinnen ihm vorhielten, er habe offenbar wenig Lust, sich um Kunden zu kümmern, deren Kaufkraft er geringer einschätze… Man muss aber Diskriminierung nicht am eigenen Leib erleben, um einen bitteren Beige-


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„Die Begegnung mit einem

leibhaftigen deutschen Makler war für mich anspruchsvoll“: Sanjiv Burman

schmack zu bekommen. Man beobachtet Dinge, erf ährt sie von Betroffenen. Dass es in vielen deutschen Einrichtungen eine Gleichstellungsbeauftragte gibt, hat mich doch verwundert. Selbst in einem hochindustrialisierten Land mit einem hohen Bildungsniveau sind Frauen immer noch Diskriminierungsversuchen ausgesetzt.

Das gewisse „Etwas“ In meiner täglichen Arbeit als Redakteur geht es nicht zuletzt um die Vermittlung eines Deutschland- und Europabildes an Hörer und Internetnutzer in Indien und Bangladesh. Dabei spielt natürlich auch das persönliche, im Unterbewusstsein verankerte Bild eine starke Rolle. Andererseits betrachte ich die Zielländer mit einem Abstand, der wertvolle Einblicke verschafft – in eine Region, die immer bedeutender wird. Schon in meinen früheren Tätigkeiten hatte ich diese Vermittlerrolle, sei es als Deutschlehrer oder als Konsulatsmitarbeiter. Diese „Brückenfunktion“ ist bereichernd. So f ällt es mir als Inder offenbar viel leichter, mich mit dem europäischen Integrationsprozess zu identifizieren, als vielen Europäern, die diesen Prozess noch immer nicht schätzen gelernt haben.

Wenn ich heute meine ursprüngliche Heimat besuche, werde ich auch mit Fragen konfrontiert, wie mein Leben im fernen Deutschland aussieht und ob ich mich mittlerweile wie ein Deutscher fühle. Kann man sich „wie ein Deutscher“ fühlen, wenn man einen „Migrationshintergrund“ hat? Wenn man nicht in Deutschland geboren und aufgewachsen ist? Ist es überhaupt erstrebenswert, einen solchen Zustand zu erreichen? Zumal, wenn man sich als Ausländer im Großen und Ganzen wohlfühlt? Selbst wenn man diesen Versuch unternimmt, könnte es ja heißen: Wer nicht wenigstens aus dem europäischen Kulturraum stammt, der kann die europäischen beziehungsweise deutschen Grundwerte nicht verinnerlichen. Da mag er noch so gut Deutsch sprechen und in die Gesellschaft integriert sein – dem fehlt dieses gewisse „Etwas“. Vielleicht ist da ein gewisser Abstand doch schonender. ——

»Ist es erstrebenswert, sich wie ein Deutscher zu fühlen?«


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Quadratisch, praktisch, gut Nie Journalismus als Hauptberuf ausüben, nie länger als ein Jahr in Deutschland bleiben, nie einen deutschen Freund haben… „Nie“ schien für Marina Borisowa ein Zauberwort zu sein. Aber aus nie entwickelt sich manchmal einiges. Und von nichts kommt nichts, auch das beherzigt diese russische Seele. 01

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„Man muss gut sein, um in

Deutschland erfolgreich zu werden“: das traditionelle „Hat Toss“ an der Jacobs University in Bremen

Mit den Internationalen Wirtschaftbeziehungen als Studiengang habe ich einen Glücksgriff getan. Ich wollte grenzüberschreitende Erfahrungen sammeln. Zuerst über eigene Grenzen gehen – so habe ich parallel zu meinem Hauptstudium an der Plehanow-Wirtschaftsakademie das Studium an der Moskauer Lomonossow-Universität begonnen und mit dem Freien Russisch-Deutschen Institut für Publizistik einen Schwerpunkt „Deutschland“ für meinen Werdegang ausgewählt. Man lernt dort viel über das Land: politisches System, Geschichte, Pressefreiheit. Demokratie. Man lernt noch mehr, wenn man diese Dinge vor Ort erlebt. Man schreibt eine Diplomarbeit zum Thema „Wandel der Unternehmensethik in Europa und Russland“, vergleicht Werte in deutschen und russischen Unternehmen und

stellt den Nachholbedarf für das eigene Land in Sachen Korruptionsbekämpfung und sozialer Verantwortung fest. In Deutschland wird man dann Zeitzeuge einer Serie von Korruptionsskandalen in den führenden Konzernen. So lernt man: Menschen sind Menschen, und sie haben gleiche Probleme. Den Unterschied macht nur die Problemlösung. Als ich zum ersten Mal ein Praktikum in Deutschland machte – in Köln beim Institut der Deutschen Wirtschaft – wurde mir die Frage nach meinem Deutschlandbild gestellt. Ich antwortete mit einem bekannten Slogan aus der Werbung: „Quadratisch, praktisch, gut“. Nach fünf Jahren in Deutschland stehe ich zu meinen Worten. Man muss praktisch sein, man muss „quadratisch“ sein – das heißt, nicht so emotional wie eine komplizierte russische Seele – und


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man muss gut sein, um in Deutschland erfolgreich zu werden. Das simple Erfolgsmodell birgt aber Schwierigkeiten, die man zu überwinden hat. Mit jeder neuen Hürde öffnet sich mir das Land mehr und ich lerne gern. Mein Deutschlandbild ist nicht scharf. Auf der Oberfläche liegen Stereotypen, die man aus dem Ausland mitbringt. Aber bevor man tiefer geht und die realen Dinge verinner­ licht, vergehen Jahre. Die Frage nach der Wahrnehmung wird oft gestellt. Es scheint, die Deutschen interessieren sich sehr dafür, was die anderen über sie denken. „Stimmt es, dass die Russen so viel Wodka trinken, wie wir Bier?“ Bis heute ist es mir nicht gelungen festzustellen, ob sich in dieser Frage Begeisterung, Verwunderung, Angst um das Wohlbefinden der russischen Bevölkerung oder ein tiefes Bedauern verbergen. Die Generation, zu der ich gehöre, betrachtet Deutschland aus neuen Perspektiven. Deutschland – das Land der Ideen für Studium, Berufserfahrung und Kulturaustausch. Studieren an einer deutschen Elite-Universität? Praktikum bei einem Global Player oder forschen bei einem renommierten Institut? Einiges ist heute möglich, man muss nur die Initiative ergreifen. Nach Deutschland zu kommen mit einem Ziel ist eine Sache. In Deutschland eine Idee zu entwickeln, eröffnet andere Perspektiven – nicht zuletzt mit Blick auf eine Umsetzung im eigenen Land. Mit Deutschland allein als Marke kann man die jungen Leute, das junge Publikum nicht erreichen. Mein Deutschlandbild ist nicht vollendet. Das Land ist zu interessant, die Leute sind zu unterschiedlich. Im Hinterkopf kursieren bei mir schon Gedanken, wie man in meiner Heimat den Menschen das Deutschlandbild näher bringen kann: Deutschland leben, und das Leben in Deutschland lieben. Natürlich fehlt mir das Riesenland Russland. Ein Deutschlandbild zu zeichnen, ist für mich eine Herausforderung, vor allem wegen der ­g roßen Vielfalt regionaler und ­lokaler

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»Mit Deutschland allein als Marke kann man die ­jungen Leute nicht erreichen.« Marina Borisowa ist seit vier Jahren Mitarbeiterin der Russischen ­R edaktion der Deutschen Welle. Im Juli 2009 wurde sie in München mit dem renommierten Peter-Boenisch-­ Gedächtnispreis ausgezeichnet. Der Preis wird jährlich im Rahmen des ­P etersburger Dialogs an junge Journalisten aus Deutschland und Russland vergeben. Die DWRedakteurin wurde für eine multime­d ial aufbereitete Beitragsreihe aus dem Bereich „Campus und ­K arriere“ gewürdigt. Marina Borisowa studierte Publizistik an der Lomonos­ sow-Universität und Internationale Wirtschaftsbeziehungen an der Plehanow-Wirtschaftsakademie in ­M oskau sowie Wirtschaftsingenieurwesen an der Universität Karlsruhe. An der Plehanow-Wirtschaftsakademie bereitet sie parallel zur journalistischen Tätigkeit derzeit ihre Promotion vor. Thema der Dissertation: Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands bei Informationsund Kommunikationstechnologien. Bevor sie zur Deutschen Welle kam, war Marina Borisowa über ein Jahr im Bereich Internationale Wirtschaftsförderung der Stadt Karlsruhe tätig.

­ esonderheiten. Im Süden heißt es „Grüß Gott“, B im Norden schlicht „Moin“. Für mich ist klar: Man muss lieben, um in Deutschland zu leben – die Menschen, den Alltag, die Ordnung. Aber nicht unbedingt das deutsche Essen. Eine Currywurst beispielsweise ist nicht mein Ding. Da reicht mir ein Ausflug ins Curry­w urst-Museum. ——


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Die Erweiterung der Definition „Du kannst nicht einfach Deutscher werden!“ Das sagte so mancher seiner Wegbegleiter. Doch er wurde Deutscher. Der Engländer Peter Craven, Moderator bei DW-TV, über seinen Schritt und die für ihn überzeugenden Beweggründe.

Peter Craven ist seit 1992 als Redakteur und Mo­ derator für das Fernsehen der Deutschen Welle in Berlin tätig. Der gebürtige Brite ist Diplom-Poli­ tologe, Dolmetscher und Übersetzer und verfügt über einschlägige ­E rfahrungen als Reporter und Nachrichten-Mann bei weiteren interna­tionalen Sendern. In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat er über ­Themen der jüngeren deutschen ­Geschichte ebenso wie über das Wirtschaftsleben hierzulande und den deutschen Fußball berichtet. Bei DW-TV moderiert er das ­Journal, das Flaggschiff im Programm des deutschen Auslandsfernsehens. Als Gastgeber der Sendung Talking ­G ermany, der englischen Ausgabe von ­t ypisch deutsch, spricht Peter Craven mit prominenten und weniger bekannten Gäs­ ten – stets mit dem Ziel, ein facettenreiches, modernes Deutschlandbild zu zeichnen.

Wenn ich gefragt werde, woher ich komme, dann sage ich meistens, ich sei zur Hälfte Engländer, zur Hälfte Schotte und zur Hälfte Deutscher. England, da bin ich geboren – in Yorkshire, um genau zu sein. Schottland – das Land meine Mutter. Und vor ein paar Jahren habe ich die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen. Es war ein Schritt, der vermutlich auf viele Engländer rätselhaft, vielleicht sogar provozierend wirkt. Die Engländer tun sehr viel, um Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg und den Sieg über Nazi-Deutschland wach zu halten. Dieses Bestreben spiegelt sich zum Beispiel in der Sprache der Medien wider, wenn eine etwas forsche Initiative der deutschen Regierung ohne Umschweife zum Blitzkrieg erklärt wird. Oder wenn im Fußball der unwiderstehliche Drang eines deutschen Spielers nach vorne zum alles niederwalzenden Vorstoß eines Panzers mutiert. Die jüngere deutsche Geschichte ist dunkel, mörderisch und unverzeihlich. Aber es ist genauso wahr, dass sich die Deutschen intensiv mit ihrer Geschichte konfrontieren, um daraus zu lernen. Das hat auch dazu geführt, dass Deutschland viel entspannter und viel warmherziger geworden ist – was viele Menschen 2006 vom Gastgeberland der Fußball-WM überrascht hat. Und doch: Viele in England hat selbst das nicht überzeugt. Vielleicht weil es einfach nicht ins Bild passt. Das Misstrauen den Deutschen gegenüber sitzt noch tief. „Die Deutschen sind arrogant und haben keinen Sinn für Humor.“ Vorurteile, die in vielen Pubs gepflegt werden. Mein Bruder, der in London lebt, hat neulich eine solche „Schimpf-auf-die-Deutschen-­ Runde“ unterbrochen mit der Bemerkung

„Mein Bruder ist Deutscher!“ – Jähes Schweigen. Kein Zweifel: Es war ein überraschendes und irgendwie auch peinliches Bekenntnis. Wieso bin ich Deutscher geworden? Nach mehr als zwei Jahrzehnten in diesem Land kam ich an einen Punkt, an dem ich feststellte, dass ich nicht nur eine innige Beziehung zur Literatur, zur Geschichte, zu den Landschaften und den Menschen aufgebaut hatte. Nein, es war meine Literatur, meine Geschichte, es waren meine Landschaften und meine Menschen geworden. Ich sehnte mich natürlich auch danach, volle politische Rechte wahrzunehmen. Entsprechend groß war meine Begeisterung, als ich bei einer Bundestagswahl meine Stimme abgeben durfte. Und wie wohltuend war es, nun vollständiges Mitglied der Gesellschaft und anerkannter Debattenteilnehmer zu sein. Nie wieder könnte man mich mit den Worten abtun: „Also bei uns …“ Es gibt noch einen weiteren Grund. Als ich nach Deutschland kam, tat man sich hier noch sehr schwer damit, zu akzeptieren, dass die Welt sich veränderte und sich deshalb auch die Definition des „Deutsch-Seins“ ändern müsste. Es gab keine Alternative: Integration, nicht Ausgrenzung. Mit diesem Gedanken freundete sich Deutschland inzwischen an. Indem ich die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen habe, habe ich mich zu Deutschland bekannt und Deutschland sich zu mir. Und indem ich diesen Weg gegangen bin, habe auch ich (natürlich nur ganz bescheiden) dazu beigetragen, die Definition des „Deutsch-Seins“ zu erweitern. Aber: Ausgerechnet an dem Tag, an dem ich meine Einbürgerungsurkunde überreicht bekommen hatte, traf ich einen guten Freund. Er ist Jude und er war schockiert – sehr schockiert: „Du

»Deutschland ist entspannter und warmherziger geworden.«


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kannst nicht freiwillig Deutscher werden!“ Doch, kann ich. Und du solltest das auch tun. Du könntest auch die Definition erweitern, auch dazu beitragen, dass ein neues Verständnis entsteht. Ich habe ihn immer noch nicht überzeugen können. Neulich auf einer Fete traf ich einen Griechen. Er ist mit Deutsch als zweiter Sprache aufgewachsen, er liebt Berlin, führt ein Unternehmen hier, hat eine Familie und ein Haus. Wieso bewirbt er sich nicht um die doppelte Staatsangehörigkeit? Er schluckt, er seufzt, er zögert. Und dann erzählt er, wie die Deutschen im Zweiten Weltkrieg seinen Großvater ermordeten. „Ich kann nicht einfach so Deutscher werden!“ Was ich verstehe. Aber dennoch sage

ich: Er soll es tun! Auch er würde die Definition erweitern, voranbringen. Doch ich bin nicht blauäugig. Deutschland hat Probleme wie viele andere Länder auch – und noch ein paar eigene dazu. Ich bin aber davon überzeugt, dass die deutsche Gesellschaft sich in die richtige Richtung bewegt, dass sie sich sehr darum bemüht, sich neu zu definieren. Und ich bin froh, dass ich meinen Beitrag leisten kann bei der Erweiterung der Definition. ——

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Entspannte Lage: „Es war wohl-

tuend, nun vollständiges Mitglied der Gesellschaft und anerkannter Debattenteilnehmer zu sein.“


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Vom Puzzle zum Kunstwerk Fünf Jahre lang hat sie an einem deutschsprachigen Gymna­ sium in Bulgarien Grammatik gepaukt. Endlich rein in die Praxis der deutschen Sprache – das war ihr Wunsch, als sie zum Studium nach Bonn kam. Inzwischen kennt Blagorodna Grigorova auch die berufliche Praxis: als Nachwuchsjournalistin bei der DW. Ich wollte das „wahre“ Deutschland erleben. Eine konkrete Vorstellung davon, was mich hier erwarten würde, hatte ich allerdings nicht. Auf die Begegnung mit den Deutschen wollte ich mich einfach einlassen. So landete ich im September 1999 in Bonn, wo ich innerhalb von zwei Wochen eine schriftliche und eine mündliche Aufnahmeprüfung für die Uni bestehen sollte. Am Abend vor der mündlichen Prüfung wollte ich meine etwas eingerosteten Deutschkenntnisse noch ein wenig auffrischen. „Nichts leichter als das“, sagte ich mir. Schließlich lebte ich in einem Studentenwohnheim. Also beschloss ich, in den Gemeinschaftsraum zu gehen, wo sich bestimmt viele deutsche Studenten auf hielten, mit denen ich früher oder später ins Gespräch kommen würde. Doch ich fand lediglich einen alten Professor aus China, der hier zum Austausch war. Wir kamen sofort ins Gespräch. Auf gebrochenem Deutsch fragte er mich höflich, woher ich komme. „Bulgarien“, sagte ich. Da leuchtete sein Gesicht auf: „Sie Russisch können?“ – „Ja, ein bisschen“, antwortete ich. Und von dem Moment an verlief unsere Konversation auf

Russisch. Mein Plan, Deutsch mit den deutschen Studenten zu üben, war dahin. Auch in den nächsten Tagen war es nicht einfach, in der Bundesstadt am Rhein „die Deutschen“ zu finden. Im Bus hörte ich Menschen, die auf Spanisch, Arabisch, Türkisch oder Russisch sprachen. So eine Mischung aus verschiedenen Kulturen kannte ich bis dahin nicht, denn in Bulgarien trifft man kaum Menschen aus anderen Ländern, es sei denn man lebt in einem touristischen Ort.

Das Multikulti-Land Die Deutsch-Prüfungen habe ich dennoch bestanden – und so kam ich an die Uni Bonn. Dort habe ich eine noch viel größere Nationalitätenvielfalt vorgefunden: Bereits in meiner ersten Veranstaltung habe ich Menschen aus Albanien, Lettland, Frank­reich, Ruanda, Nigeria und Kuba kennengelernt. Das Bonner Straßenbild war ähnlich bunt. Das fiel schon beim Essensangebot auf: Wenn man mittags Hunger hatte, konnte man sich nicht nur Currywurst am Imbiss kaufen, sondern auch Döner beim Türken,

Blagorodna Grigorova stammt aus Plovdiv, Bulgarien, wo sie am deutschsprachigen Gymnasium ihr Abitur machte. Von 1999 bis 2006 studierte sie an der Universität Bonn Politikwissenschaften, Osteuropäische Geschichte und Wirtschaftspolitik. 2004 kam sie erstmals in die Bulgarische ­Redaktion der DW – zum Praktikum. Ab 2007 machte sie beim deutschen Auslandssender ein ­Volontariat, zweisprachig und für den Einsatz in Hörfunk, Fernsehen und Internet. Seitdem ist sie als Freie Mitarbeiterin im Bulgarischen Programm und in der Zentralen Programmredaktion, gelegentlich auch als Videojournalistin (VJ) im Einsatz. Die 30-Jährige spricht auch Englisch und Russisch.


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Gyros beim Griechen, Pizza beim Italiener, Pleskavica beim Bosnier oder Chop-Suey beim Chinesen. Als ich irgendwann mit einer guten ostfriesischen Freundin darüber plauderte, sagte sie: „Natürlich, Bonn ist eine Multikulti-Stadt!“ Multikulti? Dieses Wort hatte ich in keinem Deutschunterricht in Bulgarien gehört. Inzwischen erscheint mir ganz Deutschland multikulti. Immerhin leben hier etwa sieben Millionen Ausländer. Wenn man diejenigen mitzählt, deren Eltern oder Großeltern aus einem anderen Land kommen, dann hat fast jeder fünfte hier lebende Bürger Wurzeln in einem anderen Kulturkreis. Auch „die Deutschen“ gibt es nicht, habe ich mir von meiner ostfriesischen Freundin erklären lassen. „Wir sind ja auch alle unterschiedlich – die Rheinländer, die Ostfriesen, die Franken, die Bayern, die Sachsen...“ Das kann ich mittlerweile aus eigener – was die regionalen Sprachf ärbungen betrifft, leidvoller – Erfahrung bestätigen.

Stimmiges Kunstwerk Wenn ich heute an Deutschland denke, sehe ich vor meinem inneren Auge ein buntes ­P uzzle. Jedes Teilchen hat sein eigenes Muster und erzählt eine andere Geschichte. Die vielen verschiedenen Farben stehen für die unter-

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schiedlichen Kulturen, die in Deutschland vertreten sind. Das Bild ist nicht vollständig. Hier und da passen die PuzzleStücke noch nicht zueinander. Es braucht eben Zeit, bis man das Bild vollständig zusammengesetzt hat. Doch für mich zeichnet sich bereits ab: Am Ende entsteht ein stimmiges Kunstwerk. In diesem bunten Deutschlandbild habe auch ich schon meinen Platz gefunden. Alle Teile in meiner Umgebung haben verschiedene Farben, denn meine Freunde kommen aus vielen Ländern – oder Bundesländern – und bringen jeweils eine andere kulturelle Erfahrung mit. Der Stoff, der uns verbindet, sind die Toleranz und das Verständnis füreinander. Auch ich habe meinen Beitrag zu MultikultiDeutschland geleistet: Mein Mann, den ich vor zehn Jahren in Bonn kennengelernt habe, hat französische und iranische Wurzeln. Wir haben inzwischen Nachwuchs bekommen. Wenn uns Freunde fragen, welche Nationalität das Kind hat, antworten wir scherzhaft: „Es ist natürlich mit einem UN-Blauhelm auf die Welt gekommen!“ ——

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»Der Stoff, der uns verbindet, sind Toleranz und Verständnis für­ einander.«


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Über Grenzen hinweg Als 1989 die jahrelang geteilte Stadt wieder eins wurde, begann für sie schlagartig ein neuer Zeitabschnitt. Zum ersten Mal war es ihr möglich, die bis dahin unüberwindbaren Checkpoints zu passieren und die andere Seite der Stadt zu erkunden… Eine vertraute Geschichte, die Dima Tarhini, DW-Moderatorin in Berlin, uns erzählt. Oder doch nicht?

»Wenn ich heute nach Beirut fahre, dauert es keine Woche und ich vermisse Berlin.«

Zum ersten Mal in das verbotene Paradies, die verheißungsvollere Seite, die wohlhabendere und von so vielen ersehnte. Doch war das Ziel meiner Träume nicht der Westen, sondern der Osten jener Stadt. Denn die Rede ist nicht von Berlin, sondern von Beirut, der Hauptstadt des Libanon. Dort bin ich aufgewachsen. Und auch dort war die Stadt geteilt in Ost und West. 1990 – das Jahr nach der Einigung und dem Ende des Bürgerkriegs – war ein besonderes Jahr. Ein von Frieden, Freiheit und Zuversicht geprägtes. Heute lebe ich nicht mehr in Beirut, sondern in Berlin. Auch hier ist bekanntlich aus

einer geteilten Stadt, einem geteilten Land eine Einheit geworden. Ich war nicht dabei, als dies geschah. Aber ich kann sagen: Ich kann nachempfinden, wie es den Menschen in Ost- und West-Berlin, in Ost- und Westdeutschland ergangen sein muss. Weil ich etwas sehr Ähnliches erlebt habe. Und ich bin begeistert, was Deutschland in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg und der deutschen Teilung geleistet hat. Wie es mit Demut, Verantwortungsgefühl und Fleiß wieder zu einem weltweit respektierten Land geworden ist.

Am Anfang ein Kulturschock

Dima Tarhini war die erste, die live auf den Bildschirmen in der arabischen Welt erschien, als die DW mit ihrem arabischsprachigen TVProgramm auf Sendung ging. Die in Beirut, Libanon, aufgewachsene Journalistin arbeitete zuvor für Reuters in London und CNBC Arabia in Dubai. Für Al-Dschasira war sie in den Kriegsgebieten Sarajevo und Bagdad unterwegs. Heute moderiert sie bei DW-TV die Nachrichtensendung Journal und die Talkrunde Quadriga.

Ich kam 2005 nach Deutschland, um das arabischsprachige Programm von DW-TV mit aufzubauen. Wie fremd mir dieses Land war! Ich wusste nicht viel von Deutschland, aber natürlich hatte ich ein Bild im Kopf. Zwar war Deutschland in meiner Heimat ein sehr geschätztes Land, besonders unter Geschäftsleuten galt es als zuverlässiger Partner. Doch wenn ich an Deutschland dachte, dachte ich an ernste Menschen, umgeben von schlechtem Wetter. Mein Entschluss, nach Deutschland zu gehen, kam mir daher wie ein großes, schwieriges Abenteuer vor. Nach mittlerweile fünf Jahren in Berlin weiß ich zweierlei: Das Wetter ist wirklich nicht sonderlich gut, doch ich habe mich daran gewöhnt. Sonst aber entspricht das Leben hier keineswegs meinem einstigen Klischee. Ich habe hier zahlreiche offene Begegnungen gehabt und so viele Freunde gewonnen, dass ich mich pudelwohl fühle, wie die Deutschen sagen. Das war aber alles andere als leicht. Meine Ankunft begann wahrlich mit einem Kulturschock. Zum Beispiel diese Sprache! Als würden sich die Deutschen unentwegt streiten, so hart klang sie in meinen Ohren. Inzwischen weiß ich, dass es vielen Deutschen ähnlich geht, wenn sie mich Arabisch sprechen hören. Deutsch zu lernen war alles andere als einfach.


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Geradeheraus ins Gesicht Und dann diese Direktheit. Hier ist man einfach geradeheraus, man redet nicht um den heißen Brei herum. In meiner arabischen Heimat ist das anders: Dort wird Diplomatie groß geschrieben. Undenkbar, jemandem etwas direkt ins Gesicht zu sagen. Aber gerade bei der Arbeit sind die Deutschen sehr zielgerichtet und geradlinig. Ein kleines, aber vielsagendes Beispiel: Wo ich in Dubai für Interview-Schaltgespräche fünf oder gar sieben Minuten Sendezeit hatte, muss ich heute mit anderthalb Minuten auskommen. Des Öfteren musste ich meinen arabischen Gesprächspartnern erklären, dass sie sofort auf den Punkt kommen müssen. Kein leichtes Unterfangen. Auch das Sozialleben funktioniert hier anders. Trotz ihrer Direktheit schreiben die Deutschen das Wort Privatsphäre sehr groß. Wer einmal 01

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in Beirut zu zweit ins Café gegangen ist und es mit fünf neuen Bekannten wieder verlassen hat, der weiß, was ich meine. Das passiert einem in der Regel in Deutschland nicht. Neue Kontakte brauchen Zeit. Diese Leichtigkeit des Kontaktaufnehmens in meiner alten Heimat, die fehlt mir tatsächlich. Und dennoch: Wenn ich heute nach Beirut fahre, dann dauert es keine Woche und ich vermisse Berlin. Die Menschen, die Toleranz, das Unbeobachtetsein. Deutschland ist für mich längst zu einer neuen Heimat geworden. Ein mir einst so fernes Land habe ich aus der Nähe kennen und lieben gelernt. Heute fühle ich mich in beidem zu Hause: in West-Beirut genauso wie in Ost-Berlin. ——

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Berliner Café-Szene: „Diese

Leichtigkeit des Kontaktaufnehmens in meiner alten Heimat, die fehlt mir tatsächlich.“


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Eine schier unendliche Auswahl Sein Job im Vertrieb der Deutschen Welle bringt es mit sich, dass er oft unterwegs ist. Vornehmlich im arabischen Raum, wo auch seine Wurzeln sind. Dort wird Naser Shrouf immer wieder aufgefordert zu erzählen – über Deutschland.

»Dass man für politisches Engagement belohnt wird, war für mich unfassbar.«

Die Menschen wollen wissen, wie man hier lebt, wie man arbeitet. Auch, ob man sich als Ausländer nach Deutschland trauen kann, ob man mit den Deutschen klar kommen kann. Fragen, die noch präsent sind, weil die Presse in vielen Ländern oft nur negative Ereignisse aufgreift und entsprechende Bilder zeigt. Als mir ein guter Freund 1994 vorschlug, meinen Magister in Deutschland zu machen, kommentierte ich spontan: „Das ist ein schwieriges Land mit einer schwierigen Sprache.“ Das Bild von den Deutschen reichte von oberflächlichen Klischees (der Deutsche trinkt Bier zum Frühstück und geht zum Lachen in den Keller) bis zu bösartigen Vorurteilen (die Deutschen sind ausländerfeindlich und arrogant). Anscheinend waren diese Bilder in meinem Bewusstsein präsent, obwohl ich sie nicht teilen mochte. Jedenfalls ging ich schließlich doch nach Deutschland. Schon nach dem ersten Studienjahr in Mainz war klar: Man findet den fleißigen, höflichen, engagierten, toleranten, pünktlichen und ehrgeizigen Deutschen – aber auch das krasse Gegenteil davon.

b­ edingte Logik hier nicht zu gelten schien. Willkommen in einer anderen Welt. Planung! Ein weiteres markantes Stichwort. Länger als zwei bis drei Tage im Voraus zu planen war mir völlig fremd. Inzwischen ist mir der Terminkalender ebenso vertraut wie längerfristige Planung. In meinem Geburtsland stört es niemanden, wenn man die eine oder andere Verabredung verpasst – das machen alle so, lautet die Rechtfertigung! In Deutschland muss man sich entschuldigen und braucht mindestens überzeugende Ausreden. Meine erste und ernste Erfahrung zum Thema Planung kam nach gut vier Monaten in Deutschland. Im Studentenwohnheim hatte ich eine nette Deutsche kennengelernt. Wir trafen uns fast jeden Abend im Gemeinschaftsraum, unterhielten uns auf Englisch über Politik, Kultur, Religion. Eines Abends habe ich mir vorgenommen: Ich frage sie nach einem Date. Sie fand die Idee „prima, toll“ – und gab mir einen Termin, in vier Wochen. Den sie sich sogleich im Kalender notierte… Sie hinterließ mich verblüfft und sprachlos.

Termin statt Date

Stipendium statt Gefängnis

Nie werde ich meine erste Begegnung mit einer Beamtin in der Ausländerbehörde vergessen – und folgenden Wortwechsel: Sind Sie verheiratet? Nein. Haben Sie Kinder? (Ich dachte, welch eine blöde Frage!) Ich habe Ihnen doch gesagt: Ich bin nicht verheiratet. Ja und? Was hat die Frage nach Kindern mit Heiraten zu tun? – Mir wurde klar, dass eine durch meine ­Kultur

Als ich mich für ein Promotionsstipendium bei der Friedrich-Ebert-Stiftung bewarb, fragte man nicht nur nach meiner akademischen Leistung, sondern auch nach meinem politischen und sozialen Engagement. „Wir suchen jemanden, der sich an der politischen und sozialen Entwicklung seines Heimatlandes und auch dieser Gesellschaft beteiligt“, hieß es dort. Die Vorstellung,

Dr. Naser Shrouf wurde 1970 in Palästina geboren. Er studierte Englisch und Betriebswirtschaft in Jordanien, machte einen ersten Abschluss und ging 1994 nach Deutschland. An der Universität Mainz schloss er vier Jahre später das Magisterstudium in Englisch, Germanistik und Betriebswirtschaft ab. Nach einem Jahr in Ramallah kehrte er nach Deutschland zurück und promovierte. 2004 reichte er seine Dissertation im Fachbereich Deutsche Philologie an der Universität Mainz ein, wo er anschließend als Wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig war. Seit 2005 ist Naser Shrouf bei der ­Deutschen Welle, war Radio- und Online-Redakteur und leitet seit 2007 den Vertriebs­bereich Afrika/Nahost. Shrouf hat die Biographie des ehemaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder ins Arabische übersetzt.


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dass man wegen seines politischen Engagements belohnt wird, war für mich unfassbar – und faszinierend. In vielen Ländern dieser Welt gehen Menschen gerade deswegen Jahre ins Gef ängnis. Ab dem Moment war ich verliebt in dieses Land, fühlte mich ihm irgendwie verbunden, heimisch. Es war und ist immer noch ein besonderes Gefühl. Seither gilt für mich nicht mehr das Motto: Wenn Du in Rom bist, verhalte Dich wie die Römer. Sondern: Wenn Du in Rom lebst, sei selbst ein Römer! Ja, in vielen Dingen verhalte ich mich deutsch. Das spüre ich besonders, wenn ich mal wieder mein Geburtsland Palästina besuche. Alles kommt mir unendlich langsam vor; die Menschen scheinen an das „Inshallah-Prinzip“ (So Gott will) gewöhnt zu sein. Irgendwie hatte ich nicht mehr die nötige Geduld. Und für Besuche, die nicht angekündigt waren, und persönliche Fragen (die dort keineswegs als unhöflich gelten) auch kein Verständnis mehr. Also versuchte ich nach außen ruhig und freundlich zu bleiben. Hier bin ich schließlich nicht der Deutsche, sagte ich mir.

Brot statt Zeit Ein paar Wörter Deutsch kannte ich, als ich kam. Nach drei Monaten wagte ich, die Sätze, die ich gelernt hatte, anzuwenden. Dabei kamen

oft lustige Sachen raus: „Entschuldigung, darf ich Sie zerstören“, fragte ich einen netten älteren Herrn auf der Straße. Er schenkte mir einen unfreundlichen Blick und ein entsetztes „Um Gottes Willen!“ Was ich erst später verstand. Am schlimmsten war es in den Bäckereien mit ihrer schier unendlichen Auswahl – und Dialogen wie: Was darf ’s sein? Das Brot da. Meinen Sie das? Nein, das andere da. Das hier? Nein, das zweite von rechts auf dem oberen Regal… Dabei muss es in deutschen Läden doch immer schnell gehen, man darf den Betrieb nicht auf halten. Ganz im Gegensatz zu Palästina. Mit der Zeit gewöhnte ich mir an, schon von der Straße aus zu entscheiden, was ich wollte, und den richtigen Satz im Kopf parat zu haben. Nach 16 Jahren in Deutschland kann ich guten Gewissens sagen, dass mir der deutsche Gastgeber immer mit ausgesprochener Höflichkeit und Offenheit begegnet ist. Das Land hat mir viel gegeben. Mein Bild ist immer positiv gewesen und positiv geblieben. Andere Menschen, die in anderer Umgebung und unter anderen Umständen in diesem Land leben, mögen – zu Recht – ein anderes Bild von Deutschland haben. ——

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Den Betrieb nicht aufhalten:

„Das zweite von rechts auf dem oberen Regal, bitte“


B e e t h o v e n f e s t B o n n 1 0 . 9. – 9. 1 0 . 2 0 1 0 I n s o f f e n e

Martin Grubinger Paavo Järvi Sächsische Staatskapelle Dresden Hélène Grimaud Sol Gabetta Orchestre National de France Peter Ruzicka Daniel Hope Kent Nagano u. a.

t I c k e t s 0180 - 500 18 12 ( 0,14 e / Min., max. 0,42 e / Min. aus Mobilfunknetzen )

I n f o s 0228 - 20 10 345 w w w. B e e t h o v e n f e s t. d e


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