Sinfoniekonzert
10. Februar 2024, 20:00 Uhr
Maurice Ravel Nikolai Rimski-Korsakow
10. Februar 2024, 20:00 Uhr
Maurice Ravel Nikolai Rimski-Korsakow
L’HEURE ESPAGNOLE
Musikalische Komödie in einem Akt mit einem Libretto von Franc-Nohain
– Pause –
„Scheherazade“
Sinfonische Dichtung, Opus 35
Concepción [Frau des Uhrmachers] Isabelle Druet
Torquemada [Uhrmacher] Burkhard Ulrich
Ramiro [Maultiertreiber ] Alexandre Duhamel
Gonzalve [Student] Philippe Talbot
Don Iñigo Gomez [Bankier] Padraic Rowan
Konzertmeisterin / Solo-Violine Elisabeth Glass
Dirigat Maxime Pascal
Orchester der Deutschen Oper Berlin
L’HEURE ESPAGNOLE [Die spanische Stunde].
Aufführung an der Deutschen Oper Berlin, 1985. Illustration von Gerd Hartung.
Toledo, 18. Jahrhundert
Der Uhrmacher Torquemada ist in seiner Werkstatt beschäftigt, als der Mauleseltreiber Ramiro eintrifft, um eine Uhr reparieren zu lassen. Torquemada sieht die Uhr an, doch seine Frau Concepción erinnert ihn daran, dass er aufbrechen muss, da er jeden Donnerstag zur gleichen Zeit die Uhren der Stadt wartet und aufzieht.
Concepción, die von ihrem Ehemann gelangweilt ist, nutzt seine einstündige Abwesenheit üblicherweise, um ein Rendezvous mit einem ihrer Verehrer zu arrangieren. Allerdings hat sie die Rechnung heute ohne Ramiro gemacht, der vom Meister gebeten wird, im Laden auf ihn zu warten. Um Ramiro abzulenken, lässt Concepción ihn Standuhren zwischen Laden und erstem Stock hin- und hertragen.
Nacheinander kommen zwei Liebhaber Concepcións in den Laden – erst der Dichter Gonzalve und später der Bankier Iñigo. Damit die Affären nicht auffliegen, versteckt Concepción die beiden in Standuhren, die Ramiro bereitwillig in den ersten Stock ins Schlafzimmer schleppt. Concepcións Idee, dort oben mit einem der beiden intim zu werden, geht leider nicht auf, weil ersterer nicht leidenschaftlich genug ist und letzterer im Uhrengehäuse stecken bleibt. Enttäuscht lässt Concepción beide Uhren von Ramiro wieder nach unten tragen, um dann festzustellen, dass es eigentlich der Maultiertreiber ist, der sie beeindruckt mit seiner Stärke, Heiterkeit und Bescheidenheit – und so wird Ramiro zum neuen Liebhaber auserkoren und ins obere Stockwerk eingeladen.
Während die beiden sich dort miteinander vergnügen und für die nächsten Tage verabreden, kehrt Torquemada zurück und findet die zurückgelassenen Verehrer in den Uhren. Um den eigentlichen Grund ihrer Anwesenheit nicht zu verraten, behaupten sie, die Uhren kaufen zu wollen.
So sind am Ende alle glücklich: Torquemada hat ein gutes Geschäft gemacht, Gon zalve und Iñigos Absichten wurden nicht offenbart und Concepción und Ramiro haben die Aussicht auf ein wöchentliches Stelldichein zur spanischen Stunde – der l’heure espagnole. Gemeinsam stimmen alle die letzten Zeilen der musikalischen Komödie an: „Das ist die Moral von Boccaccio: Unter allen Liebhabern zählt nur der Erfolgreiche. Es kommt ein Augenblick im Zeitvertreib der Liebe, wo der Maultiertreiber zum Zug kommt!“
Nikolai
„L’heure espagnole“
Alina Bernholt
Nacht für Nacht erzählt Scheherazade ihrem Mann Geschichten, doch handelt es sich hierbei nicht um die liebevolle Routine eines Ehepaares, sondern um eine kalkulierte List: Von der Untreue seiner ersten Ehefrau nachhaltig gekränkt, beschließt der Sultan Schahriar, ausschließlich Jungfrauen zu heiraten und diese am Morgen der Hochzeitsnacht hinzurichten, sodass sie ihm die Treue gar nicht erst brechen können. Um das Grauen aufzuhalten, lässt sich Scheherazade mit dem Sultan verheiraten. In der Hochzeitsnacht beginnt sie, ihm eine Geschichte zu erzählen. Die Neugierde auf den Ausgang der Handlung hindert den Sultan daran, Scheherazade zu töten. So erzählt sie ihm Nacht für Nacht Geschichten, bis er von ihrer Treue überzeugt ist und den Beschluss, sie zu töten, fallen lässt.
„Tausendundeine Nacht“, jene Geschichtensammlung, die vom Geschichtenerzählen handelt, hat Nikolai Rimski-Korsakow zum Programm seiner sinfonischen Suite „Scheherazade“ gemacht. Das Prinzip einer Rahmenhandlung mit darin eingebetteten Binnenhandlungen übertrug Rimski-Korsakow auf seine Komposition. Vor, zwischen und nach den vier Sätzen der Suite, die jeweils für eine Geschichte stehen, ertönt rahmend Scheherazades Stimme in Form eines Violinsolos. Der dritte Satz beispielsweise wird durch ihr Thema unterbrochen, wodurch RimskiKorsakow seinen programmatischen Stoff – Scheherazades Unterbrechen der Geschichten, damit der Sultan auf den Ausgang der Märchen bis zur nächsten Nacht warten muss – musikdramaturgisch fruchtbar macht. Die Sätze der Komposition sind zwar jeweils einer anderen Geschichte aus der Sammlung gewidmet, sie werden jedoch durch Scheherazades Thema zusammengehalten. Die zart schmelzenden Triolen der Geige erzeugen in Verbindung mit den HarfenArpeggien ein archaisches wie sinnliches Klangbild. Ihrem Thema gegenübergestellt ist das des Sultans, mit dem die Suite eröffnet wird. Es besteht aus einer absteigenden Linie im Fortissimo, die vom gewaltigen Klang der Posaunen und der Tuba dominiert wird. Gerade die in e-Moll leiterfremden Töne werden durch Akzente betont. Bevor das Orchester klangmalerisch in Scheherazades Märchen eintaucht, werden die beiden Hauptfiguren in all ihren Kontrasten paradigmatisch einander gegenübergestellt. Wenn man allerdings genau hinhört, kann man Schahriars vom Ton e ausgehende, absteigende Linie in Scheherazades ersten Triolen wiederfinden. Ihre Stimme leitet schließlich über nach E-Dur in die erste Geschichte.
Aus den unzähligen Märchen, die Scheherazade erzählt, hat Rimski-Korsakow für die vier Sätze seiner Suite jene von Sindbads Schiff, des Prinzen Kalender sowie die des jungen Prinzen und der jungen Prinzessin ausgewählt. Der letzte Satz ist überschrieben mit den programmatischen Angaben „Fest in Bagdad – Das Meer –Das Schiff treibt gegen den Magnetberg und zerschellt“. Kaum zufällig entschied sich der Komponist gleich zweimal für eine Geschichte mit einem Schiff in prominenter Stellung, denn Rimski-Korsakow hatte eine ganz besondere Beziehung zur Seefahrt. In seiner Jugend schlug er nach dem Vorbild seines älteren Bruders eine Marinelaufbahn ein. Noch während der Ausbildung zum Seekadetten nahm Rimski-Korsakow Klavierunterricht und besuchte Opernvorstellungen. 1861 machte der Siebzehnjährige die Bekanntschaft mit dem Komponisten Mili Balakirew, der Michail Glinka noch kurz vor dessen Tod kennenlernte und dessen Idee einer nationalrussischen Musik weitertrug. Über Balakirew eröffnete sich Rimski-Korsakow der Zugang zu Kreisen, denen unter anderem Modest Mussorgski und der Kunstkritiker Wladimir Stassow angehörten, durch die er die sogenannte Neudeutsche Schule und damit die von Franz Liszt geprägte Programmmusik kennenlernte. Nach seiner Ausbildung war er für zwei Jahre auf Seereise, die ihm, so zumindest reflektierte der Komponist die Reise nachträglich, zwar „die herrliche Natur ferner Länder“ gezeigt habe, doch seine „Neigung zu künstlerisch-schöpferischer Arbeit war erstickt“. Das Schiff, das sich im letzten Satz seiner 1888 komponierten „Scheherazade“ durch die schäumenden Wellen in den Holzblasinstrumenten kämpft, bis es schließlich im dreifachen Forte der Posaunen und der Tuba zerschellt, beweist durchaus das Gegenteil. Allerdings ist ausgerechnet das Thema des Schiffes – in den heroischen Klang der Hörner und Trompeten gehüllt – eine Variante von Schahriars Thema. Dadurch wird der rabiate Sultan mit der brachialen Kraft des Schiffes gleichgesetzt, welches jedoch schlussendlich der Naturgewalt des Meeres unterliegt. Sinfonische Arbeit und programmatische Anlage sind in der Suite nahtlos ineinander verschränkt.
Die „verführerisch programmatischen Satzbezeichnungen“
Die Gattungsbezeichnung ,Suite‘ wählte der Komponist ganz bewusst, diente sie nicht zuletzt als Abgrenzung von dem unter anderem durch Beethoven vorbelasteten Sinfoniebegriff. Die Gattung der Suite war in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus der Mode gekommen und entwickelte sich in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts zu einer Bezeichnung für Werke, deren Sätze programmatisch oder musikalisch zusammengehalten werden. In der autobiographischen, posthum erschienenen „Chronik meines musikalischen Lebens“ betonte Rimski-Korsakow jedoch gerade nicht die programmatische Kohärenz, sondern den sinfonischen Charakter seines Werkes: „Die vermeintlichen Leitmotive sind vielmehr nichts anderes als rein musikalisches Material oder Motive zur sinfonischen Verarbeitung.“ Nicht nur Scheherazades Thema kehrt immer wieder, sondern auch die Motive der Märchen finden sich in den jeweils anderen Sätzen wieder. Dabei erhalten sie jedoch immer wieder eine neue Bedeutung, da „sie bei jedem Auftreten andere Momente und Stimmungen ausdrücken und jedesmal anderen Vorstellungen, Ereignissen und Bildern entsprechen.“
I. Das Meer und Sindbads Schiff
(Largo e maestoso – Allegro non troppo)
II. Die Geschichte vom Prinzen Kalender (Lento – Andantino – Allegro molto – Con moto)
III. Der junge Prinz und die junge Prinzessin (Andantino quasi allegretto – Pochissimo più mosso – Come prima – Pochissimo più animato)
IV. Fest in Bagdad – Das Meer – Das Schiff treibt gegen den Magnetberg und zerschellt (Allegro molto – Vivo – Allegro non troppo maestoso)
Tatsächlich ließ Rimski-Korsakow „die verführerisch programmatischen Satzbezeichnungen“, wie sie der Komponist selbst charakterisierte, aus späteren Drucken entfernen. Er wollte dem Trachten nach einem konkreten Programm beim Hören seiner Suite entgegenwirken, ging es ihm vielmehr darum, auf den Kosmos von „Tausendundeine Nacht“ zu verweisen, „die Ausmalung der Details“ aber sollte jedem selbst überlassen sein.
Das orientalistische Klangbild, welches vor allem durch ornamentale Verzierungen sowie die exaltierte Verwendung von Rohrblatt- und Schlaginstrumenten erzeugt wird, kann gewiss auch ohne Programm seine Wirkung entfalten. Und trotzdem vermögen die Motive und Themen weit mehr, als nur musikalischen Zusammenhalt zu stiften. Scheherazades Thema kehrt am Schluss der Suite wieder, in ihm spiegelt sich das nächtliche Ritual des Erzählens, das letztendlich dem Sultan ihre Treue beweist. Über dem gehaltenen e in der Violine am Ende des Themas setzt auch das des Sultans erneut ein, jedoch diesmal in ganz veränderter Form und Farbe. Nur von den Kontrabässen und Celli gespielt in vorsichtigem Pianissimo und ohne die scharfen Akzente, die dem Thema noch zu Beginn der Komposition Nachdruck verliehen haben, klingt es jetzt zwar immer noch dunkel, aber besänftigt. Die über dem Thema in hoher Lage spielende Violine leistet die entscheidende Überzeugungsarbeit. Am Anfang der Suite endet das Thema des Sultans leiterfremd in e-Moll auf einem f, jetzt aber entlockt das für Scheherazade stehende Instrument den tiefen Streichinstrumenten ein e, das sich mit den anderen Stimmen zu einem e-Moll-Akkord vermischt. Die solistische Violine muss noch zu einem letzten Lauf ansetzen, bis schließlich ein leiser E-Dur-Akkord aufschimmert. Scheherazade hat das Herz ihres Mannes mit ihrem beständigen Erzählen der wundersamen Geschichten erweichen können – die Kunst triumphiert nicht nur über die niederträchtigen Instinkte des Sultans, sondern kann ihn gleichsam zum Guten hin wandeln.
Scheherazade ist längst nicht die einzige Frauenfigur in den Künsten, die einen Mann von ihrer Treue überzeugen muss. Gerade in der Opernliteratur wird allzu oft die „gerühmte Weibertreue“, wie sie Don Alfonso in Mozarts COSÌ FAN TUTTE spottend bezeichnet, verhandelt. Heliane aus Korngolds gleichnamiger Oper wird als „Dirn’ und Engel“ des Ehebruchs bezichtigt; Wagners fliegender Holländer sucht vergeblich eine treue Frau, bis Senta ihm wortwörtlich „die Treue bis zum Tod“ hält; in Beethovens einziger Oper wird Florestan durch die „Pflicht der treuen Gattenliebe“ seiner Frau Leonore, die sich unter dem sprechenden Namen Fidelio als Mann tarnt, gerettet; der Herzog aus Verdis RIGOLETTO deklariert die Unbeständigkeit der Frauen – „La donna è mobile“. Treue Frauen sucht man scheinbar meist vergeblich und damit die Eine ihre Treue beweisen kann, muss sie dafür nicht selten ihren Körper hergeben.
Maurice Ravels L’HEURE ESPAGNOLE (dt. „Die spanische Stunde“) eröffnet einen ganz anderen Blick auf die „Weibertreue“. Die Oper zeichnet das Bild einer nahezu pathologisch untreuen, aber selbstbestimmten Frau, die sich weder für einen Mann opfern muss noch auf die Probe gestellt wird. Concepción ist ihr Name, der ironischerweise auf die unbefleckte Empfängnis verweist. So wie Scheherazade ihre Treue mittels ihres nächtlichen Rituals beweist, hat Concepción ihre Untreue ritualisiert, der sie eine Stunde jede Woche nachgeht, bis es eben zu der einen Stunde kommt, in der ein Maultiertreiber alles durcheinanderbringt.
Treugesinnte Frauen und komische Inkongruenzen
Ravels L’HEURE ESPAGNOLE dauert etwa eine Stunde, erzählte Zeit und Erzählzeit stimmen überein. Breit angelegte, artifizielle Gefühls ausbrüche sucht man hier vergeblich. Vorbei die Zeit der statischen Arien der italienischen Belcanto-Oper, in der die Handlung temporär zum Stillstand kommt und die Emotion in all ihren Schattierungen ausgebreitet wird. Ende des 19. Jahrhunderts war die Gattung Oper in eine Krise geraten. Nach Wagners Gesamtkunstwerk schien keine Weiterentwicklung möglich, also musste man ganz neue Wege einschlagen. ‚Neu‘ bedeutete in Ravels Fall jedoch nicht ‚noch nie dagewesen‘, ganz im Gegenteil schwebte dem Komponisten mit L’HEURE ESPAGNOLE die Wiederbelebung einer antiquierten Gattung vor. Als Schablone diente ihm die italienische Opera buffa einerseits mit ihrem Parlando-Stil des Rezitativs, den er übernahm, andererseits mit ihrem genuin komischen Stoff. Und einen solchen fand Ravel in dem Sprechstück L’HEURE ESPAGNOLE von Maurice Legrand, der besser unter seinem Pseudonym Franc-Nohain bekannt ist. Dieser verfasste mit seinem Text einen Gegenentwurf zum belgischen Symbolismus. Die mystischen, mit Andeutungen durchzogenen Werke eines Maeterlinck sollten durch FrancNohains burleskes Theaterstück demaskiert werden. Ravel, der selbst noch einige Jahre zuvor die Vertonung eines Textes von Maeterlinck im Sinn hatte, komponierte 1907 seine Kurzoper basierend auf Franc-Nohains Komödie. Auch er hatte im Sinn, sich von einem symbolistischen Werk abzugrenzen. 1902 wurde Debussys drame lyrique PELLÉAS ET MÉLISANDE an der Pariser Opéra-Comique uraufgeführt, das seinerseits auf einem Schauspiel Maeterlincks basiert. Debussy wollte dem Pathos und der sinfonischen Anlage der Wagner’schen Musikdramen mit seiner impressionistischen Oper etwas entgegensetzen. Die Rückbesinnung auf die Buffa-Tradition war also eine geschickte Wahl Ravels, um sich von Wagner und Debussy gleichzeitig loszulösen. „[D]em Operettenhaften in Nohains Text“, so der Musikwissenschaftler Theo Hirsbrunner, „ließ Ravel so viel Kunst und Raffinement angedeihen, dass es […] fast durchweg eine Persiflage auf die ernsten Töne der Symbolisten und Wagnerianer wurde, die Ravel […] immer unglaubwürdiger erschienen.“
Die Handlung ist zu jedem Zeitpunkt offengelegt, es gibt keinen doppelten Boden, der erst entdeckt werden muss. Concepción redet nicht um den heißen Brei herum. Ihr Vorhaben für die eine Stunde jeden Donnerstag, während der ihr Ehe mann außer Haus ist, soll für das Publikum ebenso offensichtlich sein, wie es für den naiven Ramiro, der unermüdlich die Standuhren in ihr Zimmer trägt, unverständlich ist. Aufgrund des anstößigen Stoffes wurde der Einakter an der Opéra-Comique vorerst nicht angenommen. Die Prüderie des Operndirektors Albert Carré, der für die Verzögerung der Uraufführung von L’HEURE ESPAGNOLE ver antwortlich war, kommentierte Ravel spöttisch: „Ist er nicht noch etwas jung, um über ein Einsiedlerdasein nachzudenken?“
Als das Werk am 19. Mai 1911 – vier Jahre nach der Komposition – endlich auf die Bühne kam, sollte ein zuvor im „Le Figaro“ veröffentlichter Brief Ravels einem Skandal um die Uraufführung vorbeugen. Darin betont er den komischen Gehalt seiner Oper, der jedoch nicht im Text liege, sondern „rein musikalisch“ sei. Dass es Ravel hierbei sicherlich um eine ästhetische Rechtfertigung seines Werkes ging, um die anzüglichen Stellen des Librettos in den Hintergrund zu rü-
Treugesinnte Frauen und komische Inkongruenzen
cken, mag seine Aussage erklären, ist der Text nur so durchzogen von Wortspielen, überzeichneten Stereotypen und Situationskomik. Doch gleichzeitig sollte man Ravels Worte ernst nehmen. Metrisch verschobenes Uhrenticken, verschiedene Glockenklänge, lautmalerisch wird jede Spieldose und jeder wunderliche Musikautomat zum Klingen gebracht – so beginnt L’HEURE ESPAGNOLE und ruft damit unmittelbar die Geräuschkulisse von Torquemadas kuriosem Uhrmacherkabinett auf. Überhaupt wird keine Gelegenheit ausgelassen, Handlungen, Orte und Dinge akustisch erfahrbar zu machen. Der Stierkampf, von dem der Maultiertreiber Ramiro erzählt, wenn er Torquemada zu Beginn um die Reparatur seiner Uhr bittet, wird mit einem Flamenco-Rhythmus unterlegt, und das losstürmende Tier ist unmissverständlich im Glissando der Posaunen und der Tuba zu hören. Komik entsteht aber auch immer wieder durch den absurden Zusammenfall von hohen und niederen Elementen. Concepcións Liebhaber Gonzalve – seine Partie ist im Übrigen die einzige, die vom ansonsten geforderten Parlando ausgenommen ist – trällert mit höchstem Pathos seine Tenor-Serenade, während er in einer Standuhr steckt. Ausgehend von der Inkongruenztheorie des schottischen Philosophen James Beattie aus dem 18. Jahrhundert entsteht eine komische Wirkung durch die Kombination von zwei inkongruenten, eigentlich widersprüchlichen Elementen und die dadurch sich einstellende Fallhöhe. Dieser Ansatz lässt sich auf Ravels Musik übertragen: Das eigentlich Komische sind nicht die zahlreichen Lautmalereien, die verschiedenen spanischen Tanzrhythmen oder die Anspielungen auf andere Werke, sondern deren Zusammenfall. „Denn nicht durch Überzeichnung eines Klischees, sondern durch Verbindung heterogener KlischeeElemente […] entsteht hier musikalische Ironie“, formuliert es die Opernforscherin Sabine Henze-Döhring. Wenn E. T. A. Hoffmanns Musikautomaten – Ravel hatte für eine nicht in die Tat umgesetzte Oper basierend auf Hoffmanns Erzählung „Der Sandmann“ eine „Uhrensinfonie“ komponiert, die er für den Beginn von L’HEURE ESPAGNOLE verwendete – auf Flamenco-Rhythmen und die Peitschenschläge von Ramiros Maultieren treffen, könnte die musikalische Inkongruenz kaum größer sein.
So gar nicht zusammenpassen wollen auch die vier Männer, die Concepción umgeben: Ihr impotenter Ehemann, ihr gefühlskitschiger Liebhaber Gonzalve, ihr großkotziger Liebhaber Iñigo und schließlich Ramiro, der einfach nur ein kräftiger Maultiertreiber ist. Während man Iñigos überhebliche Aussagen und Gonzalves schwülstige Ausbrüche gar nicht überhören kann, gehen Ramiros leise Phrasen –seiner Partie ist fast ausschließlich zurückhaltende Dynamik vorgeschrieben –schnell unter. Dies spiegelt sich schon im Stimmfach wider: Ravel hat die Partie mit einem Bariton-Martin besetzt. Dabei handelt es sich um einen tenoralen Bariton mit einer eher unscheinbaren Stimme. Benannt wurde das Fach nach dem Sänger Jean-Blaise Martin, der etwa 100 Jahre vor Ravels L’HEURE ESPAGNOLE auf der Opernbühne in Paris stand und insbesondere komische Rollen verkörperte. Auch Franc-Nohain äußerte sich in einem Gedicht zu der französischen Stimmengattung: „Nichts als ein Hauch von Stimme, nichts als ein Hauch, aber was für ein Hauch! So rein, so musikalisch, ein Bariton-Martin!“ Ramiros Musik ist als einzige wirklich authentisch. Die in Glissandi von Halbtonschritt zu Halbtonschritt schlurfenden Posaunen, die Iñigo begleiten, und die artifiziellen Serenaden Gonzalves, die zwar ernst ausgeführt werden sollen, aber im Kontrast
zum nüchternen Parlando wie aus der Zeit gefallen wirken, werden durch Ramiros ehrliche Einfachheit entlarvt. „Denn das, was Ramiro den dreien voraus hat,“ so Henze-Döhring, „ist nicht nur seine Muskelkraft, sondern vor allem seine Fähigkeit, sich in den Mechanismus der Uhr als der Herzensmechanik Concepcións einzufühlen.“ Er vergleicht die Uhrenmechanik, die er im Uhrmacherladen hört, mit Concepcións Herzen. So fühlt sie sich von ihm als Einzigem verstanden, wohingegen Gonzalve die Uhr zum Symbol macht und Iñigo die filigrane Uhrenmechanik mit seinem Körper zerquetscht.
Doch nicht nur für Ramiro lohnt es sich, den schlagenden Uhren ganz genau zuzuhören. Diese werden nicht bloß als Kolorit für den Uhrmacherladen eingesetzt, sondern kommentieren die Handlung. Als Ramiro allein im Laden über einen alternativen Lebensweg nachdenkt, er gerne der Uhrmacher und folglich mit Concepción verheiratet wäre, schlägt es zwölf Uhr – eine Uhrzeit, die gleichzeitig Ende und Neubeginn markiert und sich nur allzu gut auf Ramiros Gedankenspiel übertragen lässt. Und wenn Concepción ihren Mann zu Beginn der Oper an seine Aufgabe erinnert, die Uhren der Stadt aufzuziehen, er daraufhin fragt, wie viel Uhr es sei, schlägt gleichzeitig eine Uhr sieben Mal. Später, als Concepción bemerkt, dass die eine Stunde Abwesenheit ihres Mannes vorüber ist und dieser bald zurückkehren wird, schlägt die Uhr sechs Mal. Die Uhr des Uhrmachers geht rückwärts, was Torquemadas Frage nach der Uhrzeit eingangs erst erklärt.
Wie dieses Desaster um Concepción und ihre Liebhaber überhaupt noch ein gutes Ende finden soll, ist fraglich, aber ganz im Sinne ihres Gattungsvorbildes lösen sich alle Konflikte der Oper regelrecht in Luft auf. Die beiden Liebhaber werden kurzerhand von Torquemada zu zahlenden Kunden gemacht und Concepción bekommt von ihrem Ehemann zwar immer noch keine Uhr für ihr Zimmer, dieser hat aber eine andere Lösung parat: Wenn Ramiro jeden Morgen mit seinen Maultieren an ihrem Fenster vorbeikommt, solle er ihr einfach die Uhrzeit mitteilen. Jetzt hat Concepción die Zustimmung ihres Gatten, Ramiro nach Belieben morgens als ihren Liebhaber zu empfangen. Überdeutlich wird hier die Uhrzeit zum Symbol für Geschlechtsverkehr gemacht und in dieser Überspitzung die symbolistische Strömung persifliert. Für den Schluss der Oper hat sich Ravel noch etwas Besonderes überlegt, denn auf die Konfliktlösung folgt eine „Ansprache an das Publikum“, wie es in der Regieanweisung heißt. Dabei wird nicht nur die vierte Wand durchbrochen, sondern auch der deklamierende Duktus durch ein FinalVaudeville aufgelöst. Diese Form des Finales, bei der erst jede Figur eine Strophe vorträgt und anschließend alle gemeinsam den Refrain singen, war im 18. Jahrhundert typisch für die Gattung der Opéra comique. Ein weiterer Rückbezug auf eine alte Tradition beschließt L’HEURE ESPAGNOLE , mit der Ravel gleichzeitig einen Gegenentwurf zu zeitgenössischen Tendenzen schuf. Zynisch antwortet Concepción auf „La donna è mobile“ und Mozarts Don Alfonso, unterlegt von verführerischen Tanzrhythmen: „Ich bleibe treu und rein“, nur um gleich darauf Ramiro – diesmal ohne Uhr – in ihr Zimmer einzuladen.
Treugesinnte Frauen und komische Inkongruenzen
„Was ich versucht habe, ist ziemlich ehrgeizig: die italienische Opera buffa wiederbeleben, nur das Prinzip. […] L'Heure Espagnole ist eine musikalische Komödie. Keine Veränderungen des Textes von Franc-Nohain, abgesehen von einigen Strichen. […] Die französische Sprache hat, wie jede andere, ihre Akzente, ihre musikalischen Biegungen. Und ich sehe nicht ein, warum man von diesen Eigenschaften nicht profitieren soll, um den Versuch einer richtigen Prosodie zu machen. Der Geist des Werkes ist unverhüllt humoristisch. Ich wollte Ironie ausdrücken, vor allem durch die Musik, durch Harmonie, Rhythmus, Orchestrierung und nicht, wie in der Operette, durch willkürliche und spaßhafte Anhäufung von Worten. Seit langem dachte ich an ein humoristisches Musikwerk. Das moderne Orchester schien mir gerade geeignet, komische Wirkungen zu unterstreichen und zu übertreiben. Als ich L'Heure Espagnole von Franc-Nohain las, habe ich gemeint, daß diese spaßige Phantasie meinem Plan entgegenkomme. Eine Menge von Dingen verführten mich in dem Werk, die Mischung von vertrauter Unterhaltung und geflissentlich lächerlichem Lyrismus, die Atmosphäre ungewöhnlicher und amüsanter Geräusche, die in diesem Uhrmacherladen die Personen umhüllt. Schließlich die Vorteile, die aus den malerischen Rhythmen der spanischen Musik zu ziehen waren.“ Auszug aus einem offenen Brief von Maurice Ravel, veröffentlicht in
Die französische Mezzosopranistin absolvierte eine Tanz- und Theaterausbildung, bevor sie Gesang am renommierten Conservatoire national supérieur de musique et de danse de Paris studierte. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter „Promising Lyrical Artist 2007“ im Rahmen von ADAMI , einen Preis beim renommierten Königin-Elisabeth-Wettbewerb 2008, den Titel „Most Promising Lyrical Artist“ bei den Victoires de la Musique Classique 2010 und die Ernennung zum „Rising Star“ im Jahr 2013. Zu den Höhepunkten der Karriere von Isabelle Druet gehören die Aufführung von CARMEN an der Deutschen Oper am Rhein und der Opéra national de Lorraine, die Rolle der Baba the Turk in THE RAKE’S PROGRESS am Grand Théâtre de Luxembourg, die Rolle der Melanto in IL RITORNO D’ULISSE IN PATRIA am Théâtre des Champs-Élysées, Concepción in L’HEURE ESPAGNOLE im Auditorium Lyon, in der Salle Pleyel und am Barbican Centre sowie die Titelrollen in LA PÉRICHOLE und LA GRANDE-DUCHESSE DE GÉROLSTEIN
Der Charaktertenor wurde in Aachen geboren und studierte in Köln und Salzburg. Seit 2001 ist er Ensemblemitglied der Deutschen Oper Berlin. Gastengagements führten ihn u. a. zur Metropolitan Opera in New York, zu den Bayreuther Festspielen, zu den Salzburger Festspielen, an die Opéra national de Paris, zu den BBC Proms in London, zum Festival Aix-en-Provence, zu den Bregenzer Festspielen, zur Ruhrtriennale und an viele weitere Opernhäuser. Diverse CD - und DVDEinspielungen dokumentieren sein künstlerisches Schaffen. An der Deutschen Oper Berlin verkörpert er die großen Partien seines Faches, u. a. Herodes / SALOME , Loge / DAS RHEINGOLD, Mime / SIEGFRIED, Captain Vere / BILLY BUDD und Hexe / HÄNSEL UND GRETEL
Der Bariton Alexandre Duhamel studierte am Pariser Nationalkonservatorium, war Mitglied des Young Artist Programme der Opéra de Paris und wurde 2011 in der Kategorie „Révélation lyrique de l’année“ für den Victoires de la Musique Classique Award nominiert. Nach seinem Debüt an der Opéra national de Paris führten Alexandre Duhamel Engagements an die renommiertesten Bühnen, darunter das Grand Théâtre de Genève, das Gran Teatre del Liceu in Barcelona, das Teatro Nacional de São Carlos in Lissabon, das Teatro alla Scala in Mailand, die Salzburger Festspiele oder das Tokyo New National Theatre. Sein Repertoire spannt sich vom Barock über Gluck, Mozart, französisches und italienisches Repertoire bis hin zu Wagner. Zu seinen kommenden Projekten gehören: DIALOGUES DES CARMÉLITES am Théâtre des Champs-Elysées, CARMEN an der Opéra royal de Versailles, SIGURD von Reyer und DAS RHEINGOLD (Wotan) an der Opéra de Marseille sowie L’HEURE ESPAGNOLE in Barcelona und bei seinem Hausdebüt an der Deutschen Oper Berlin.
Philippe Talbot wurde in Nantes geboren und begann ein Gesangsstudium in seiner Heimatstadt. Im Jahr 2008 wurde er beim Pavarotti-Wettbewerb in Modena mit dem Preis für den besten Nachwuchstenor ausgezeichnet. Mit seiner enormen Spielfreude ist er immer wieder höchst erfolgreich an Produktionen wie LA PÉRICHOLE an der New York City Opera, DINORAH an der Deutschen Oper Berlin, LES BRIGANDS, FORTUNIO, LA DAME BLANCHE an der Opéra Comique und ORPHÉE AUX ENFERS in Marseille beteiligt. Zu seinen jüngsten Engagements zählen u. a. der Herzog / RIGOLETTO in Athen, Fadinard / IL CAPPELLO DI PAGLIA DI FIRENZE und Don Ottavio / DON GIOVANNI in Nantes sowie Corentin / DINORAH von Meyerbeer in der Berliner Philharmonie. Zu seinen aktuellen und zukünftigen Projekten gehören ZÉMIRE ET AZOR sowie L’HEURE ESPAGNOLE an der Opéra Comique, BÉATRICE ET BÉNÉDICT in Nantes, Rennes und Angers, LES BORÉADES in Madrid, LES BRIGANDS an der Opéra National de Paris und LE COMTE ORY an der Opéra de Québec.
Padraic Rowan stammt aus Irland und studierte an der Royal Irish Academy of Music in Dublin. Er gewann zahlreiche Wettbewerbe, debütierte an der Staatsoper Stuttgart u. a. als Masetto / DON GIOVANNI und Oberpriester des Baal / NABUCCO und gastierte als Figaro / LE NOZZE DI FIGARO, Angelotti / TOSCA und Alidoro / LA CENERENTOLA in Coburg. Er konzertiert regelmäßig mit renommierten Orchestern in Irland und sang an der Irish National Opera Sprecher / DIE ZAUBERFLÖTE . Seit 2019 ist er Ensemblemitglied an der Deutschen Oper Berlin und sang u. a. Theseus / A MIDSUMMER NIGHT’S DREAM , Donner / DAS RHEIN GOLD AUF DEM PARKDECK , Jesus / MATTHÄUS-PASSION und Mesner / TOSCA . Mit Les Arts Florissants gastierte er bei den Salzburger Festspielen, am Theater an der Wien und Liceu Barcelona, weitere Gastengagements führten ihn zur Semperoper Dresden, Staatsoper Unter den Linden Berlin, Oper Leipzig, Theater Basel und das Megaron in Athen.
Maxime Pascal setzt sich leidenschaftlich für die französische Musik, die Musik des 20. Jahrhunderts und die Neue Musik ein. So hat er als Operndirigent u. a. Salvatore Sciarrinos TI VEDO, TI SENTO, MI PERDO bei der Uraufführung an der Mailänder Scala und danach an der Berliner Staatsoper, Luca Francesconis QUARTETT an der Scala, Peter Eötvös’ SLEEPLESS an der Berliner Staatsoper und am Grand Théâtre de Genève sowie die Uraufführung von Sivan Eldars LIKE FLESH an der Opéra de Lille geleitet. In der Saison 2023/24 gab Maxime Pascal sein Debüt beim Enescu-Festival mit Messiaens SAINT FRANÇOIS D’ASSISE und dirigierte erstmals das Frankfurter hr-Sinfonieorchester sowie das Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia. Weitere Höhepunkte der Saison waren u. a. eine Wiederaufnahme der DREIGROSCHENOPER in Paris, eine Neuproduktion von CARMEN am Theater Basel, ein Projekt mit dem Hallé Orchestra. Maxime Pascal ist außerdem Gründungsmitglied des Orchesters Le Balcon, mit dem er sich einem breiten Repertoire und vielfältigen Projekten widmet, die regelmäßig auch fortschrittliche Klang- und Lichttechnologien einbeziehen. 2028 soll etwa die erste Gesamtaufführung des „Licht“-Zyklus von Karlheinz Stockhausen stattfinden.
Im Jahr 2012 feierte die Deutsche Oper Berlin und mit ihr das Orchester des Hauses den 100. Geburtstag. Die wechselvolle Geschichte des Orchesters ist eng mit der der Stadt Berlin verknüpft. Es war fast eine kleine Kulturrevolution, die Berlins Bürger wagten, als sie vor mehr als hundert Jahren ein eigenes Opernhaus gründeten, das mit seinem Verzicht auf Logen das Ideal eines „demokratischen“ Opernhauses verkörperte und von allen Plätzen die volle Sicht auf die Bühne bot. In den 1920er Jahren arbeiteten berühmte Gastdirigenten wie Wilhelm Furtwängler und Bruno Walter regelmäßig an der Deutschen Oper, und es entstanden damals schon die ersten Schallplatteneinspielungen. Nach der Zerstörung des Hauses im Zweiten Weltkrieg musste sich die Deutsche Oper lange mit Ausweichquartieren arrangieren. 1961 wurde schließlich das Opernhaus in der Bismarckstraße eröffnet, in dem sie bis heute residiert. Seitdem ist die Deutsche Oper Berlin mit ihren 1860 Plätzen nicht nur das größte Opernhaus Berlins mit hervorragenden Sichtund Akustikverhältnissen, sondern auch eine erste Adresse in der internationalen Opernwelt.
Die Reihe der Dirigenten, die als Gast oder als Chefdirigent am Pult des Orchesters der Deutschen Oper Berlin standen, ist beeindruckend und reicht von Lorin Maazel und Herbert von Karajan bis zu Giuseppe Sinopoli und Christian Thielemann, der von 1997 bis 2004 als Generalmusikdirektor der Deutschen Oper amtierte. Seit 2009 hat das Orchester der Deutschen Oper Berlin mit Sir Donald Runnicles einen international renommierten Dirigenten als Generalmusikdirektor. Die herausragende Zusammenarbeit zwischen dem Orchester und seinem Chefdirigenten wird nach einer vorzeitigen Vertrags verlänge rung bis zum Jahr 2026 fortgesetzt.
Ein künstlerischer Schwerpunkt der Deutschen Oper Berlin liegt in der Pflege der Werke von Richard Wagner und Richard Strauss. Die besondere Wagnertradition des Orchesters schlägt sich auch darin nieder, dass viele seiner Mitglieder im Orchester der Bayreuther Festspiele musizieren. Ein weiteres wichtiges Element im künstlerischen Profil des Orchesters der Deutschen Oper Berlin ist die kontinuierliche Auseinandersetzung mit der Musik der Gegenwart. Zahlreiche Komponisten arbeiteten eng und produktiv mit dem Orchester zusammen, so kam es 2017 mit der Premiere der Oper L’INVISIBLE zu einer neuerlichen Zusammenarbeit mit Aribert Reimann, den bereits eine längere Uraufführungsgeschichte mit dem Orchester des Hauses verband. Detlev Glanerts 2019 entstandene Oper OCEANE wurde mit einem International Opera Award für die
„Beste Uraufführung des Jahres“ ausgezeichnet, kurz darauf erlebte Chaya Czernowins HEART CHAMBER die erste Aufführung.
Neben den Opernvorstellungen gibt das Orchester der Deutschen Oper Berlin regelmäßig Sinfoniekonzerte mit führenden Solist*innen und ist dabei sowohl im Haus in der Bismarckstraße wie in der Berliner Philharmonie zu erleben. Zudem bereichern zahlreiche von Mitgliedern des Orchesters gebildete Ensembles – vom Streichquartett bis zur Bigband – mit ihren Konzerten den Spielplan der Deutschen Oper. Die Diskografie des Orchesters umfasst mehr als 200 Titel, zu denen zahlreiche herausragende Einspielungen gehören. Die Aufnahme mit Jonas Kaufmanns Wagner-Recital wurde vielfach ausgezeichnet, u. a. erhielt der Sänger für diese Aufnahme den „Echo Klassik“. Die DVD von Leoš Janáčeks JENŮFA mit dem Orchester und Chor der Deutschen Oper Berlin unter Sir Donald Runnicles erhielt 2015 eine Grammy-Nominierung in der Kategorie „Best Opera Recording“. Der Aufnahme von Aribert Reimanns L’INVISIBLE folgte Erich Wolfgang Korngolds DAS WUNDER DER HELIANE und Alexander von Zemlinskys DER ZWERG , 2020 ebenso für einen Grammy nominiert. Zuletzt erschienen auf DVD die DIE MEISTERSINGER VON NÜRNBERG, Ruud Langgaards DER ANTIKRIST und Richard Strauss’ ARABELLA sowie, gemeinsam mit der BigBand der Deutschen Oper Berlin, die CD -Einspielung von Charles Mingus’ „Epitaph“ und das Doppelalbum „A Celebration for the ‚Duke‘ “ mit jazz-sinfonischen Werken Duke Ellingtons.
1. Violine
Elisabeth Glass, Tina Kim, Claudia Schönemann, Dietmar Häring, Martina Klar, Franziska Genetzke, Darja Jerabek, Céline Corbach, Elisa TurriTischlinger, André Robles Field, Sarah Wieck, Anastasia Tsvetkova, Ocimar Cassio Correa Filho, Svenja Lippert
2. Violine
Ikki Opitz, Daniel Draganov, Sewon Cho, Magdalena Makowska, Kai Franzke, Rainer Döll, Kaja Beringer, Iris Menzel, Esther Feustel, Gabriele Mollicone, Onyou Kim, Patrycja Ulanska
Bratsche
Sascha Frömbling, Kirsikka de Leval Jezierski, Kangryun Nam, Yi-Te Yang, Axel Goerke, Juan-Lucas Aisemberg, Alexander Mey, Manon Gerhardt, Seo Hyeun Lee, Maria Dubovik
Violoncello
Arne-Christian Pelz, Johannes Mirow, Georg Roither, Claudio Corbach, Margarethe Niebuhr, Stephan Buchmiller, Christian Strienz, Emilija Mladenovic
Kontrabass
Christoph Anacker, Florian Heidenreich, Bernd Terver, Sebastian Molsen, Fridjof Ruppert, Johannes Ragg
Flöte
Eric Kirchhoff, Jochen Hoffmann, Ruth Pereira-Medina
Oboe
Juan Pechuan Ramirez, Holger Burke, Chloé Payot
Klarinette
Leandra Brehm, Sophie Pardatscher, Rainer Greis
Fagott
Paul-Gregor Straka, Isabella Homann, Vedat Okulmus
Horn
Daniel Adam, David Brox, Berat Efe Sivritepe, Savador Belda
Trompete
Rudolf Matajsz, Josa Malich
Posaune
Jamie Williams, Rafael Mósca Mota Da Coste, Thomas Richter
Tuba
Vikentios Gionanidis
Pauke / Schlagzeug
Benedikt Leithner, Ralf Gröling, Björn Matthiessen, Rüdiger Ruppert, Thomas Döringer, Lukas Zeuner, Jonas Neumann
Harfe
Virginie Gout-Zschäbitz, Marion Ravot
Celesta
Marlowe Fitzpatrick
„Da
Iñigo in L’HEURE ESPAGNOLE
Impressum
Copyright Stiftung Oper in Berlin
Deutsche Oper Berlin, Bismarckstraße 35, 10627 Berlin
Spielzeit 2024/25
Intendant Dietmar Schwarz; Geschaftsführender Direktor Thomas Fehrle; Generalmusikdirektor Sir Donald Runnicles; Redaktion Flavia Wolfgramm, Kim Gehling; Gestaltung Uwe Langner; Druck: trigger.medien gmbh, Berlin
Textnachweise
Der Text von Alina Bernholt ist ein Originalbeitrag für dieses Heft.
Bildnachweise
S. 2, 4, 5, 10 © akg-images.
S. 20 / 21 © Bernd Uhlig.