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Dr. Takt

Dr. Takt kennt die besonderen Stellen so mancher Partitur –und erklärt uns ihre Faszination

Max Reger »Bitte« op. 142.5, Takt 43

Mit »Bitte« endet Max Regers selten zu hörender Zyklus der »5 Neuen Kinderlieder« aus dem Jahr 1915 – der Zeit angemessen zeichnen sie sich durch eine eigentümliche Ambivalenz aus. Die Melodien der Lieder sind im schlichten Volksliedton gehalten; sie ließen sich mit ebenso einfachen Harmoniefolgen begleiten. Im Klaviersatz jedoch gleitet Reger subtil in harmonisch entferntere Welten. So könnte man die Tonfolge g­fis in Takt 43 als eine Septime der Zwischendominante über A­Dur interpretieren, die sich zur Terz der Subdominante D­Dur hin auflöst. Reger harmonisiert sie jedoch als kleine None und Quinte, von sich nach oben hin auflösenden Dominantseptnonakkorden über Fis ­ bzw. H­Dur. Die Komposition wird dadurch schwebend, mehrdeutig – und korrespondiert so mit dem Charakter des Stücks, das zugleich Wiegenlied und Abschied von einem verstorbenen Kind ist.

Hören Sie »Bitte« bei »Lieder und Dichter« > 9 im Spielplan

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