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Die Verwandlung

Er singt Orest in ELEKTRA und betritt am Schluss plötzlich blutverschmiert die Bühne. Für den Wechsel bleiben Tobias Kehrer nur fünf Minuten

Ich sehe fast das gesamte Stück über recht normal aus, trage Bundfaltenhose und Hemd. Wenn ich am Ende blutverschmiert einen Blick im Spiegel erhasche, hilft das, um mich in die Rolle hineinzufühlen. Viel wichtiger ist aber der psychologische Aspekt. Orest ist eine Figur aus der griechischen Mythologie, besonders gut gefällt mir Sartres Adaption in »Les Mouches«, sie gibt der Rolle mehr Tiefe. Dort ist Orest kein Rächer, der seine Mutter ermordet, sondern er erlöst sich und seine Schwester Elektra von ihren Traumata – Mord als Befreiungsschlag. Diesen Aspekt versuche ich einzufangen, die Maske ist da eher Zubrot. Das lateinische Wort für Maske, persona, kann auch »durchtönen« bedeuten. Darum geht es: Die Stimme durchtönt den Charakter, verleiht ihm Ausdruck, sie ist die eigentliche Maske. Außerdem riecht unser Filmblut angenehm und schmeckt nach Kirsche – will man sich in einen Mörder hineinversetzen, ist das nicht sehr hilfreich.

ELEKTRA im März > 5 im Spielplan

Sieht gefährlicher aus, als es sich anfühlt: Vor dem Finale wird der Bass mit Filmblut beschmiert. Das übrigens angenehm süßlich riecht und nach Kirsche schmeckt

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