2 minute read

Leben im Alter mutig denken

Leben im Alter mutig denken

Die heurigen Diakonie-Dialoge, ein Fachsymposion zu Themen der Seniorenarbeit, widmeten sich der Frage: Was braucht es, damit Menschen im Alter ein selbstbestimmtes Leben, ihren eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen entsprechend, führen können?

Advertisement

Nicole Bachinger-Thaller

Vorbild Niederlande: Lavinja Sleeuwenhoek, Stadträtin in der niederländischen Gemeinde Krimpenerwaard, gab einen spannenden Einblick in die praktische Umsetzung der Begleitung von Menschen im Alter. In den Niederlanden gibt es zwei Gesetze, die sicherstellen, dass der Sozial- und Gesundheitsbereich Menschen im Alter trotz Betreuungs- und Pflegebedarf ein Leben zuhause ermöglichen. Vereinfacht gesagt: Menschen im Alter haben ein Recht darauf, zuhause betreut und gepflegt zu werden und die Kommune hat dafür Sorge zu tragen. Vor zehn Jahren hat die damalige Regierung in den Niederlanden beschlossen, keine Pflegeheime mehr zu errichten.

Unterstützen, wo Bedarf ist Brauchen Menschen im Alter Unterstützung, so führen Expertinnen und Experten der zuständigen Gemeinde eine ganzheitliche Beratung während eines Hausbesuches durch. Es wird nicht nur überlegt, welche räumlichen Anpassungen nötig sind, um den Verbleib zuhause weiter zu ermöglichen. Es wird auch analysiert, welches Netzwerk an Helferinnen und Helfern unterstützen kann, damit die betroffene Person zuhause leben bleiben kann. Professionelle Pflege kräfte, Freiwillige, Freunde und Familienangehörige stimmen sich ab und begleiten den Menschen im Alter ganz individuell, immer nach dem Prinzip, nur dort zu unterstützen, wo tatsächlich Bedarf ist.

In Österreich gibt es, basierend auf der aktuellen Finanzierungsform, zwei starre Versorgungssäulen: stationär und mobil. Ältere Personen müssen derzeit folgende Entscheidung treffen: entweder in einer Langzeitpflegeeinrichtung leben oder im eigenen Lebensumfeld mit Unterstützung durch verschiedene mobile Dienste und/oder durch nahestehende Personen. Abhängig ist dies oft von Unterstützungs angeboten, die es vor Ort gibt, oder dort eben fehlen.

Aufbrechen der Finanzierungslogik

Fragt man Menschen wie und wo sie ihren Lebensabend verbringen möchten, so antwortet die überwiegende Mehrheit mit „daheim“. Menschen im Alter ein möglichst langes Leben zuhause zu ermöglichen, würde aber nicht nur deren Lebensqualität erhöhen, sondern wäre auch ökonomisch gesehen das anzustrebende Ziel, wenn es um die Entwicklung der Versorgung von Menschen im Alter geht.

Dafür braucht es aber neben einem echten Ausbau verschiedener, flexibler, mobiler Angebote auch ein Aufbrechen der bisherigen Finanzierungslogik. Mit den bestehenden Ressourcen im System könnte man effizienter mehr Menschen im Alter bedürfnisorientierter unterstützen, wenn man nur die Versorgungsstrukturen neu denken würde. Darüber hinaus braucht es Autonomie und Wahlfreiheit für die BürgerInnen. Damit schon vorhandene oder leicht organisierbare Mit-Sorge nicht verloren geht, wie es oft mit dem Umzug in eine Langzeitpflege einrichtung der Fall ist. Menschen wollen und sollen aktiv mit gestalten, Mit-Verantwortung übernehmen, wie sie im Alter leben, ihren Alltag und ebenso ihre Umgebung (mit)gestalten wollen. Die Rolle der öffentlichen Hand muss sich vom Ver-Sorger wandeln zu einer ermöglichenden, befähigenden, ermutigenden Rolle, sowohl auf struktureller als auch auf individueller Ebene.

Mutig denken!

Die Politik braucht im Hinblick auf den demografischen Wandel neue Lösungsansätze, um auch künftig Menschen im Alter ein gutes und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen und den angestrebten Wandel von stationärer Betreuung hin zu mobiler Begleitung in der eigenen Häuslichkeit zu realisieren. Das Diakoniewerk hat basierend auf oben angeführten Überlegungen ein innovatives und mutiges Konzept erarbeitet. Das Konzept wurde bereits bei Gesprächen auf Landes- und Bundesebene vorgestellt und traf dort auf großes Interesse. Jetzt hoffen wir, für dieses mutige Konzept auch die notwendigen Rahmenbedingungen bald vorzufinden, um es gut realisieren zu können.

This article is from: