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Autismus: Eine besondere Form der Wahrnehmung

Menschen im Autismus-Spektrum haben Schwierigkeiten damit, das Verhalten anderer zu verstehen und soziale Situationen zu interpretieren. Es ist eine besondere Welt der Wahrnehmung, in der andere Regeln gelten.

Rain Man – für viele ist es dieser Film, der Autismus in einem Bild erklärt. Ein Mann – dargestellt von Dustin Hoffman –, der in einer Sekunde Hunderte Streichhölzer, die auf den Boden gefallen sind, fehlerfrei aufsummiert. Inselbegabung nennt man diese besondere Fähigkeit, die häufiger bei Menschen im Autismus-Spektrum auftritt und eine außergewöhnliche Begabung in einem speziellen Teilbereich darstellt, oft auf Kosten sozialer Fähigkeiten. Autismus ist aber viel mehr als das. Autismus ist ein Spektrum. Autistische Menschen unterscheiden sich oft stark voneinander. Manche Betroffene

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„Ich finde es faszinierend, was den Kindern alles auffällt. Den Blick fürs Detail haben wir leider oft schon verloren.“

Lisa Erda, Klinische und Gesundheitspsychologin am Therapiezentrum Linzerberg in Engerwitzdorf, Oberösterreich können arbeiten gehen, sind verheiratet, andere wiederum müssen ein Leben lang begleitet werden. Auch wenn sich die autistischen Symptome bei jedem Menschen anders und in unterschiedlichen Ausprägungen ausdrücken, gibt es eine Gemeinsamkeit: Menschen im Autismus-Spektrum nehmen ihre Umwelt anders wahr.

Man muss es sich vorstellen wie ein anhaltendes Aufeinanderprallen unterschiedlicher Reize. Damit unser Gehirn nicht von den vielen verschiedenen Reizen überlastet wird, werden unwichtige Reize normalerweise unbewusst herausgefiltert, bevor sie überhaupt unser Bewusstsein erreichen. Menschen im Autismus-Spektrum haben mit dieser unbewussten Reizfilterung meist große Schwierigkeiten. Daher ist ihr Alltag oft anstrengend, ermüdend und belastend.

Autismus-Spektrum verstehen

Als Klinische und Gesundheitspsychologin am Therapiezentrum Linzerberg in Engerwitzdorf (OÖ) steht Lisa Erda regelmäßig vor der Herausforderung, Eltern die etwas andere Wahrnehmungswelt ihres Kindes näherzubringen. Erda versucht es dann bildhaft, indem sie auf die Uhr zeigt, die in ihrem Büro hängt: „Wenn man sich stark auf das Ticken der Uhr konzentriert, nimmt man es ganz intensiv wahr, wenn man währenddessen etwas anderes tut, schaltet das Gehirn dieses Geräusch mit der Zeit ab. Anders ist es bei Menschen im Autismus-Spektrum. Sie nehmen alle Reize gleichzeitig wahr.“ Ironie, Witze und Sarkasmus, Anspielungen, Redewendungen werden nicht erfasst, Ausdrücke wortwörtlich gemeint. Menschen im Autismus-Spektrum finden es schwierig, die Gedanken, Gefühle oder Handlungen anderer einzuschätzen und zu interpretieren. Viele Informationen werden aber bei einer alltäglichen Kommunikation gerade durch Mimik, Körpersprache oder Tonfall vermittelt.

Das Wissen um diese andere Wahrnehmung ermöglicht oft erst ein Verstehen bestimmter Verhaltensweisen. Daher ist eine Beratung des Umfelds – sei es in der Schule oder schon im Kindergarten unumgänglich. „TEACCH“, ein pädagogischer Ansatz, der Aufgaben im Alltag visualisiert und nachvollziehbar macht, kann eine mögliche Abhilfe sein. Bilder oder Gegenstände werden verwendet, um in Form eines Tagesplans Aktivitäten oder Aufgaben in der Reihenfolge abzubilden, in der sie gemacht werden sollen. Durch einen Blick auf den Plan weiß das Kind, wann es wo sein soll und was von ihm erwartet wird.

Kindern im Autismus-Spektrum hilft es, wenn ihr Tagesablauf visuell aufbereitet ist.

Strukturen schaffen

Was hilft nun Menschen im Autismus-Spektrum dabei, gut durch den Alltag zu kommen? Sprache allein reicht nicht aus, es hilft hier, visuell zu unterstützen, also mit Bildern zu arbeiten. „Struktur schaffen ist wichtig“, ergänzt Lisa Erda und erklärt: „So kann Kinder im Autismus-Spektrum die Pausenzeit beispielsweise überfordern, weil sie nicht strukturiert abläuft.“

Auch Entspannungsmomente, Musik oder ein Spaziergang in der Natur sind Möglichkeiten des Rückzugs bei einer Reizüberflutung. Denn, so Erda: „Das Leben mit Autismus wird eine Herausforderung bleiben, aber wenn man in diese besondere Form der Wahrnehmung eintaucht, wird vieles verständlich. Oft fallen den Kindern Details an Gegenständen auf oder sie studieren minutenlang einen Käfer, der über die Straße krabbelt.“ Ein Ausflug in eine andere Welt der Wahrnehmung, der auch faszinierend sein kann. Lisa Erda arbeitet gerne mit Kindern im Autismus-Spektrum: „Ich finde es faszinierend, was den Kindern alles auffällt. Den Blick fürs Detail haben wir leider oft schon verloren.“

WAS BRAUCHEN MENSCHEN IM AUTISMUSSPEKTRUM?

• Wörter wie „man“ und „wir“ vermeiden; Dinge direkt ansprechen

• mit Namen ansprechen•

Ironie oder Sarkasmus vermeiden

• Blickkontakt nicht erzwingen

• Zeit geben und Zeit lassen

• körperlich-sportliche Betätigung: Trampolin springen, Klettern, Laufen …•

• feste Redewendungen zu Beginn einer Aktivität verankern (z. B. „Hör gut zu“)

• Entspannungsübungen und -techniken: Yoga, Meditation, Qigong, Tai Chi etc.

• Achtsamkeitsübungen etablieren

• Malen, Musik

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