Die beste Zeit Nr. 16

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DIE BESTE ZEIT Das Magazin für Lebensart

Ausgabe 16, 2012 - 3,50 Euro

Bella Italia Von der Heydt-Museum Wuppertal

Orte der Ruhe Der Mühlenhof Breckerfeld

Claes Oldenburg Museum Ludwig Köln

Christian Hellmich Von der Heydt-Kunsthalle Barmen

Anselm Kiefer Bundeskunsthalle Bonn

Auf die Lady... Portrait Mechthild Großmann

Kuss der Freiheit Wuppertaler Literatur Biennale

Wuppertals grüne Anlagen Öffentliches Grün

Später Besuch Elisabeth Heinemann

Nachwirkung einer Lesung Luisa Altergott

German Song Teo Otto Theater Remscheid

Neue Bücher zu Geschichte und Kunst

ISSN 18695205

Wuppertal und Bergisches Land

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© Elisabeth Heinemann Magdeburg Wege der Weltweisheit 2009 Fotografie (Ausschnitt)

Impressum „Die beste Zeit“ erscheint in Wuppertal und im Bergischen Land Erscheinungsweise: 5 – 6 mal pro Jahr Verlag HP Nacke KG - Die beste Zeit Friedrich-Engels-Allee 122, 42285 Wuppertal Telefon 02 02 - 28 10 40 E-Mail: verlag@hpnackekg.de V. i. S. d. P.: HansPeter Nacke Erfüllungsort und Gerichtsstand Wuppertal Bildnachweise/Textquellen sind unter den Beiträgen vermerkt.

Gastbeiträge durch Autoren spiegeln nicht immer die Meinung des Verlages und der Herausgeber wider. Für den Inhalt dieser Beiträge zeichnen die jeweiligen Autoren verantwortlich. Kürzungen bzw Textänderungen, sofern nicht sinnentstellend, liegen im Ermessen der Redaktion. Für unverlangt eingesandte Beiträge kann keine Gewähr übernommen werden. Nachdruck - auch auszugsweise - von Beiträgen innerhalb der gesetzlichen Schutzfrist nur mit der ausdrücklichen Genehmigung des Verlages. Trotz journalistischer Sorgfalt wird für Verzögerung, Irrtümer oder Unterlassungen keine Haftung übernommen.


Editorial Liebe Leserinnen, liebe Leser, Dass Wuppertal Musik- und Kunststadt ist, weiß man hier im Tal. Die Wuppertaler zieht es in die Oper, aber genauso auch in den Skulpturenpark Tony Craggs. Wegen der Bildenden Kunst, aber auch wegen der Konzerte, die dort gegeben werden. Die Bergische Metropole war und ist es eines der Zentren der freien und improvisierten Musik. Weltweit wird Wuppertal mit dem Tanztheater Pina Bausch in Verbindung gebracht. Nun hat die erste Literatur Biennale vom 6. bis 16. Juni gezeigt, dass Wuppertal auch Literaturstadt werden kann. Anknüpfungspunkte in der Historie gibt es genügend: Die große Lyrikerin Else Lasker-Schüler, der mutige Freiheitskämpfer und Schriftsteller Armin T. Wegner und der Sozialphilosoph und Koautor des Kommunistischen Manifests Friedrich Engels stammen aus dem Wuppertal. Und Wuppertal verfügt über eine sehr aktive und vielfältige Literaturszene. Dazu gehören der Peter Hammer Verlag, der Nordpark Verlag ebenso wie die Literaturgesellschaften. Und natürlich die Autoren. Drei seien hier stellvertretend genannt: Karl Otto Mühl, Herrmann Schulz und Michael Zeller. Doch die junge Generation drängt nach. So war es die Idee Monika Heigermosers, Leiterin des Kulturbüros, diese Potenziale in einem auch überregional ausstrahlenden Literaturfest zusammenzuführen. Von Anfang an war klar, dass man dazu über den Tellerrand des Bergischen Landes schauen musste. Die gemeinsame Klammer ergab sich aus dem Blick auf die Vergangenheit und die Gegenwart. Else Lasker-Schüler, Armin T. Wegner und Friedrich Engels: So unterschiedlich ihr Leben und Werk waren, so stehen sie doch gemeinsam für die Idee der Freiheit. Daher und im Hinblick auf die revolutionären Bewegungen in der arabischen Welt einigte sich der Künstlerische Beirat nach einigen Diskussionen auf die Freiheit als Rahmenthema der ersten Wuppertaler Literatur Biennale. Mit der Literatur-Nobelpreisträgerin Herta Müller, Christoph Ransmayr, Felicitas Hoppe, Margriet de Moor und John van Düffel wurden zudem prominente Autoren eingeladen. Mehr als 3.000 Menschen besuchten die insgesamt 24 Veranstaltungen der Literatur Biennale. Ein großartiger Erfolg. Mehr über die (Hinter-) Gründe erfahren Sie in dieser Ausgabe der Besten Zeit. Auch die Beste Zeit folgt dem Prinzip einer Mischung aus lokaler und überregionaler Orientierung. So blicken wir sowohl auf die Italiensehnsucht der Deutschen im Spiegel früher Photographien und Gemälde im heimischen von der Heydt-Museum als auch auf zwei großartige Ausstellungen in den Rheinmetropolen Köln und Bonn: Im Museum Ludwig ist dem Pop Art Künstler Claes Oldenburg unter dem Titel „The Sixties“ eine großartige Retrospektive gewidmet; in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik (Bonn) werden Werke Anselm Kiefers präsentiert. Viel Vergnügen beim Lesen wünscht Heiner Bontrup

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und Nacht 66 36 74


Inhalt Ausgabe 16, 4. Jahrgang, August/September 2012

Von der Heydt-Museum

The Sixties

Sehnsucht nach Italien Bella Italia von Ulrich Pohlmann

Ausstellung Claes Oldenburg Museum Ludwig, Köln Seite 6 Auf die Lady

Von der Heydt-Kunsthalle Ausstellung Christian Hellmich von Beate Eickhoff

Seite 9

von Elisabeth Heinemann

Seite 16

Seite 19

von Mattias Dohmen

Seite 21

Nichts als die Wahrheit Vorgestellt von Thomas Hirsch

Seite 49

Seite 51

Geschichtsbücher, Buchgeschichten Seite 29

vorgestellt von Mattias Dohmen

Öffentliches Grün

Angenagte Herzen

Wuppertals grüne Anlagen von Antonia Dinnebier

E-Mail-Dialog im TiC-Theater Wuppertal von Frank Becker

Seite 33

Seite 53

Seite 54

Kulturnotizen

German Song Teo Otto Theater, Remscheid von Anne-Kathrin Reif

Seite 47

Neue Kunstbücher

Diego Kurzgeschichte von Dorothea Müller

Kurzgeschichte von Karl Otto Mühl

Annäherung an ein Porträt von Heiko Meins

Anselm Kiefer - Am Anfang Aus der Sammlung Hans Grothe Bundeskunsthalle Bonn

Seite 46

Arbeitsscheuer Präsident

Orte der Ruhe Der Mühlenhof in Breckerfeld von Matthias Dohmen

Seite 43

Seite 11

Nachwirkung einer Lesung von Luisa Altergott

Portrait Mechthild Großmann von Klaus Göntzsche

Später Besuch

Kuss der Freiheit Wuppertaler Literatur Biennale Rückblicke von Heiner Bontrup

Seite 38

Kulturveranstaltungen aus der Region

Seite 56

Seite 36

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Sehnsucht nach Italien Bella Italia – Fotografien und Gemälde 1815 – 1900 aus den Sammlungen Siegert, Münchner Stadtmuseum und Von der Heydt-Museum 10. Juli – 9. September 2012

Giorgio Sommer Makkaronifabrik, Neapel, um 1875 Albuminpapier, 20,5 x 25,4 cm Sammlung Dietmar Siegert

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In den vergangenen Jahren fanden in europäischen Museen immer wieder Ausstellungen statt, die der Grand Tour und der Künstlerreise nach Italien im 18. und 19. Jahrhundert gewidmet waren. Die Konzeption der aktuellen Ausstellung und Publikation ist von mehreren Ideen und Fragestellungen angeregt worden. Zum einen beschäftigt sich Bella Italia mit dem wechselvollen Verhältnis von Fotografie und Malerei im 19. Jahrhundert. Insbesondere die Fotografen aus der Pionierzeit waren in der Wahl ihrer Motive und deren pittoreske Wiedergabe nachhaltig von der zeitgenössischen Malerei und der Druckgrafik des frühen 19. Jahrhunderts beeinflusst. Umgekehrt veränderte sich mit der allgegenwärtigen Präsenz und Verbreitung der Fotografie auch das Erscheinungsbild vieler Gemälde. Die Künstler reagierten auf

den Detailreichtum und die Präzision der Fotografie, aber vor allem auf deren Wirklichkeitstreue. Ein weiterer Fokus dieser Ausstellung liegt auf dem Italienbild der Deutschen im 19. Jahrhundert, wie es in zahllosen Reiseberichten überliefert worden ist. Der Fotografie kam in diesem Zusammenhang eine besondere Aufgabe zu. Viele Reisende haben vor Ort Fotografien von Landschaft, Bau- und Kunstwerken als Souvenir erworben und später in Erinnerungsalben zusammengestellt, wo diese Memorabilien einer Bildungs- oder Vergnügungsreise für die Nachwelt überdauerten. Auf diese Weise konnte man nicht nur den Daheimgebliebenen von den Abenteuern und Anstrengungen anschaulich berichten, sondern sich das vergangene Geschehen auch selbst ins Gedächtnis


rufen. Reisefotografien repräsentierten im 19. Jahrhundert ein wichtiges Schaufenster zur Welt, das die Wahrnehmung der Fremde ähnlich präkonditionierte wie die literarischen Reiseberichte und Guiden, die dem Touristen den Ablauf der Reise vorstrukturierten. Unter dem Eindruck des südlichen Klimas und Lichtes verwandelte sich das Reiseerlebnis oft zu einem sinnlichen Prozess der Selbstfindung, wie Friedrich Theodor Fischer anlässlich eines Aufenthaltes in Rom im Jahre 1839 feststellte: »Als ich [nach Italien] kam, war mein Auge noch ein ungeschliffenes Glas; jetzt fange ich an zu sehen.« Der Deutsch-Römer Hans von Marées fasste 1872 in einem Brief an Adolf von Hildebrand die Sehnsucht nach persönlicher Reifung in die Worte

»Italien ist sozusagen in uns selbst.« Bei der Lektüre der Reiseberichte stößt man zwangsläufig auf Stereotypen und Klischees, die in Bezug auf die italienische Halbinsel und ihre Bewohner existierten. Fotografien spielten bei der Konstruktion dessen, was man nördlich der Alpen als typisch italienische Lebenskultur ansah, ebenfalls eine wichtige Rolle.

das Erscheinungsbild der Stadt bestimmten und die Trümmer des antiken bzw. mittelalterlichen Roms dem Reisenden wie ein versprengtes Skelett erschienen. Die Fotografen blendeten das moderne Leben weitgehend aus, um stattdessen ein harmonisches Gesamtbild der Stadt zu repräsentieren, ohne die täglichen Eindrücke von Lärm, Schmutz und Chaos.

Wenn man die Fotografien und Reiseliteratur miteinander vergleicht, dann stehen diese beiden Darstellungen häufig in einem Spannungsverhältnis, gelegentlich auch im Widerspruch zueinander. Wenn man beispielsweise dem Reisejournal von Adolf Stahr Glauben schenken darf, dann waren romantische Schwärmereien für die Antike in Rom um 1860 unberechtigt, da die Neubauten vielerorten

Neben den Besichtigungstouren zu den klassischen Sehenswürdigkeiten hielten sich die Fremden vorzugsweise dort auf, wo man anderen gleichgesinnten Reisenden begegnete. Man traf sich in den gepflegten Touristenhotels und -restaurants. Oder im Caffè Greco in Rom und der Bierkneipe Zum Kater Hiddigeigei auf Capri, die ihren Namen dem Versepos »Der Trompeter von Säckingen«

Oswald Achenbach, Blick auf Capri, 1884, Öl auf Leinwand, Von der Heydt-Museum Wuppertal

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von Josef Viktor von Scheffel verdankte. Diese Lokalitäten waren in Deutschland hinlänglich bekannte Zufluchtstätten, in denen sich die leutselige Gemütlichkeit des Nordens mit italienischer Lebenskultur zu vereinen schien. Vielfach bewegten sich die Touristen auf ihren Besichtigungsreisen wie Fremdkörper durch die Städte, ohne dabei zu merken, dass sie selber bereits Gegenstand intensiver Betrachtung durch die Italiener wurden. Sie repräsentierten mit ihren exzentrisch anmutenden Verhaltensformen den »komischen« Fremden, der im populären Pfennig-Magazin im Jahre 1851 in sechs verschiedene Kategorien unterteilt wurde, die zwischen dem Plattfußtouristen und »undurchdringlichen«

Reisenden variierten. Die Ausstellung Bella Italia folgt der klassischen Reiseroute von Nord- nach Süditalien. Traditionelle Schwerpunkte der Italienreise setzen Venedig, Rom und die Umgebung Neapels mit ihren Sehenswürdigkeiten, die zahllose prominente und weniger bekannte Reisende in ihren Bann zogen. Die Ausstellung präsentiert 210 Originalfotografien und Gemälde aus dem Zeitraum von 1815 bis 1900. Die Gemälde aus der Sammlung des Von der HeydtMuseums sind fast ausnahmslos in der Spätromantik, also der präfotografischen Epoche entstanden. Die Fotografien, von mehr als 50 der bedeutendsten in- und ausländischen Fotografen aufgenommen, stammen aus der Sammlung Dietmar

Siegert und aus der Sammlung Fotografie des Münchner Stadtmuseums. Ulrich Pohlmann Zur Ausstellung ist ein reich bebilderter Katalog (240 Seiten) im Kehrer Verlag, Heidelberg, erschienen. Buchhandelsausgabe 35 Euro, Museumsausgabe 25 Euro Öffnungszeiten: Di – So 11 – 18 Uhr, Do 11 – 20 Uhr Mo geschlossen www.von-der-heydt-museum.de

Truogoli di Santa Brigida, Genua Francesco Ciappei, 1880 Albuminpapier, 26,1 x 21,3 cm Münchner Stadtmuseum, Sammlung Fotografie

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Christian Hellmich Von der Heydt-Kunsthalle, Barmen bis 7. Oktober 2012

Christian Hellmichs (*1977) Malerei ist präzise und salopp zugleich. Die aktuelle Ausstellung in der Von der Heydt-Kunsthalle zeigt mehr als 30 Arbeiten von 2006 bis zu den jüngsten, im April 2012 entstandenen Bildern. Stand zunächst die gegenständlich anmutende Darstellung von Architekturen im Zentrum seines Schaffens, so treten in neueren Bildern Figuren und Formen hinzu. Mit Hilfe imaginärer Bauzäune, Pavillons, Stationen erkunden die Bilder die Grenze zwischen dem Konkreten und dem Abstrakten, dem Wie und dem Was der Malerei. Mit einem bewusst modulhaften Zusammensetzen der Bilder verweist er auf die Konstruiertheit der Wahrnehmung und die Möglichkeiten der Malerei. Seine

Arbeiten sind, wie Hellmich es beschreibt, „ein Schnitt durch das visuelle Rauschen unserer Zeit“. Der Produktionsprozess bleibt sichtbar und erzeugt Bilder, die zwischen Offenheit und Geschlossenheit vermitteln. Man fühlt sich an Versatzstücke der Realität erinnert, ohne diese konkret benennen zu können. Genau diese irritierende Präzision in der Bestimmung des Vagen zieht sich durch das gesamte bisherige Werk des Künstlers. Hellmich lotet aus, wie weit er dieses Konzept in Richtung Abstraktion treiben und trotzdem eine Art Gegenständlichkeit aufrechterhalten kann. Er schöpft dabei aus den unterschiedlichsten

The World is mine 2011, Öl auf Leinwand 64 x 50 cm Courtesy Tanja Pol Galerie, München © VG Bild-Kunst, Bonn 2012

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Lift, 2011 Öl auf Leinwand 40 x 30 cm Courtesy Tanja Pol Galerie, München © VG Bild-Kunst, Bonn 2012

Magazin und Kulisse, 2009 Öl auf Leinwand 64 x 50 cm Courtesy Tanja Pol Galerie, München © VG Bild-Kunst, Bonn 2012

Still, 2011 Öl auf Leinwand 150 x 95 cm Courtesy Tanja Pol Galerie, München © VG Bild-Kunst, Bonn 2012 Quellen – dem eigenen Fotoarchiv über den Bildervorrat der Kunstgeschichte bis hin zu ganz profanen Discounter-Prospekten. Ziel ist eine wertfreie Nebeneinanderstellung, schließlich auch eine Neukontextualisierung verschiedener Bildwelten und -realitäten. Als Maler fordert Hellmich ein „Erkennen ohne Wiedererkennen“ heraus und

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spielt gekonnt mit dem Kontrast präziser Linien und abstrahierender Motivdarstellungen, mit klarer Kontur und leuchtenden Farbflächen, mit räumlicher Tiefe und Flachheit. Verwaiste, halbbekannte Bildräume lassen den Betrachter vor dem Bild zur Hauptfigur werden, lassen ihn förmlich in die Szenerie hineintreten. Beate Eickhoff Katalog mit Texten von Ludwig Seyfarth und Markus Heidingsfelder, 15 Euro Öffnungszeiten: Di – So 11-18 Uhr, Mo geschlossen


Kuss der Freiheit Rückblicke auf die erste Wuppertaler Literatur Biennale Dicht drängen sich die Menschen in dem hinteren dunklen, weil fensterlosen Raum der „Viertelbar“, die so heißt, weil sie so klein ist und in einem Szeneviertel Wuppertals liegt. Üblicherweise verkehrt hier ein jüngeres Publikum. Aber heute istLiteratur Biennale und da ist alles anders. Längst ist der Raum prall gefüllt und noch immer drängen Menschen – die meisten von ihnen über 50 – nach. Es ist Donnerstag, die Fußball-EM läuft und doch ist diese Veranstaltung schon lange ausgebucht.

Lesebühne: Szene aus Miranda Hubers Schauspiel „Gelandet“

Abbas Khider hatte Mut bewiesen. Bereits als 19-jähriger hat er sich für die Freiheit in seinem Heimatland Irak eingesetzt. Doch das Regime unter Saddam Hussein schlug zurück. Abbas Khider musste ins Gefängnis und wurde gefoltert. Seine Lebenserfahrungen und das alltägliche Leben von Menschen in den Zeiten der Diktatur hat er in zwei Romanen verarbeitet. Jetzt sitzt er in der Viertelbar, erzählt aus seinem Leben und liest aus seinen Werken „Der falsche Inder“ und „Die Orangen des Präsidenten“. Vampire Abbas Khider, der von weitem und bei oberflächlicher Betrachtung dem Fußballer Sami Khedira ähnelt, hat das Publikum mit seinem virilen Charme schnell um den Finger gewickelt. Er erzählt, wie er als Pennäler Graffitis mit versautem Inhalt an die Schulwände schmierte und lange Zeit nicht erwischt wurde. Bis ihn jemand verriet. Die Strafe, die er dafür erhielt, sollte ein bitterer

Vorgeschmack sein für das, was er dann durch die Folterknechte Saddam Husseins im Gefängnis erleiden musste. Das Publikum hängt an den Lippen des gebürtigen Irakers, genießt vielleicht auch den Ausflug ins Reich der Schrecken – im Bewusstsein der eigenen Sicherheit: hier in Deutschland, hier in einem Land mit freiheitlich-demokratischer Grundordnung, hier im Dunkel der Viertelbar. Khider erzählt, wie er mit Fördermitteln der Bundesrepublik nach Ägypten reisen konnte, um dort die Revolution zu unterstützen. In dem sicheren Bewusstsein, dass er, sollte es dort gefährlich werden, Schutz bei der deutschen Botschaft finden würde. Das sind Augenblicke, in denen sich die Schatten der Vergangenheit des eigenen Lebens und der verzweifelte Kampf der Menschen in Ägypten und Syrien um Freiheit und Würde ins Anekdotenhafte aufzulösen drohen. Und es ist der Moment, in der eine Dame – sie mag so um die 60 sein – es nicht

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mehr aushält. Sie bittet um das Wort und erzählt mit nur mühsam kontrollierter Wut in der Stimme, dass sie erlebt habe, dass die deutsche Botschaft sich eben nicht um Angehörige ihres Staates gekümmert habe, insbesondere wenn diese politisch missliebig seien. Und sie erinnert an die unerträglichen Zustände in deutschen Asylbewerberheimen. Und an subtile Formen der Zensur im eigenen Land. Es ist ein Moment, in dem der arabische Frühling mitten in Wuppertal, in dieser Literatur Biennale, angekommen ist. Denn Freiheit, radikal, also von der Wurzel her betrachtet, ist unteilbar. Das Publikum hält den Atem an, die Moderatorin holt Luft, wohl um der Dame das Wort zu verbieten. Im Namen der Freiheit? Aber es ist auch und vor allem ein Moment der Wahrheit über Abbas Khider. Er kommt der Moderatorin zuvor, gibt der Dame Recht und berichtet von den deprimierenden Erfahrungen in den deutschen Heimen. Abbas Khider gewinnt in diesem Augenblick an Glaubwürdigkeit. Die Gefahr jener falschen deutschen Gemütlichkeit, die schon Goethe im „Faust“ karikiert hatte, ist gebannt:

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Das ging schon zu Goethes Zeiten nicht und geht heute in einer globalisierten Welt noch weniger. Es ist Abbas Khider, der diesen Weltzusammenhang am Ende in einem schönen Bild zusammenfasst: „Wir Menschen in der arabischsprachigen Welt waren lange Zeit Vampire. Wir wagten uns nur nachts und wenn niemand von den Spitzeldiensten uns zuhören konnte, das Blut der Wahrheit zu saugen. Dann trauten sich die ersten und sagten die Wahrheit auch am hellen Tag. Und je mehr Menschen mutig wurden, umso mehr verbreitete sich der Geruch der Freiheit. Vielleicht ist der arabische Biss in die Kehle der Wahrheit ein Kuss der Freiheit für die ganze Welt.“

Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen, // Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei, // Wenn hinten, weit, in der Türkei, die Völker aufeinander schlagen. // Man steht am Fenster, trinkt ein Gläschen aus // Und sieht am Fluss hinab die bunten Schiffe gleiten; // Dann kehrt man abends froh nach Haus und segnet Fried’ und Friedenszeiten.

Dauerlächeln In Lesungen wie dieser ging das Konzept der ersten Literatur Biennale auf: durch die Begegnungen mit den literarischen Protagonisten des Arabischen Frühlings Verständnis und Empathie für die Menschen in der arabischsprachigen Welt herzustellen, einer Welt, der wir oft mit Vorurteilen begegnen - insbesondere wenn es um den Islam geht. Für eine nüchterne, differenzierte und pragmatische Betrachtung der aktuellen Vorgänge in der arabischen Welt warb der Politikwissenschaftler Dr. Jochen Hippler in seinem Vortrag bei der inhaltlich überfrachteten Auftaktveranstaltung im feierlichen Mendelssohn-Saal der Stadthalle. Man solle genau hinschauen, das Bild der arabischen Welt lasse sich nicht schwarz-weiß malen: hier die guten demokratischen und weltoffenen Kräfte, dort die dumpfen, noch

Herta Müller

Samar Yazbek

im Mittelalter lebenden reaktionären Kräfte der Muslimbrüderschaften oder eines feindseligen Islamismus. Ein Bild in vielen Grautönen käme der Wahrheit näher, so Hippler, denn demokratische Kräfte gebe es bei den religiös Überzeugten ebenso wie Partikularinteressen bei den religionsfernen und demokratiefeindlichen Kräften. Und er zeichnete ein realistisches Zukunftsszenario: Es werde noch lange dauern, bis die Länder, die sich im sogenannten Arabischen Frühling auf den Weg zu einem Mehr an Freiheit aufgemacht haben, die demokratischen und rechtsstaatlichen Standards der Westlichen Welt erreichten. Aber ein einfaches Zurück in den ehemals von westlichen Staaten tolerierten und sogar aus geostrategischen Gründen unterstützten Despoten wäre ebenso unmöglich. Dass die zur Eröffnung eingeladenen Autorin Samar Yazbek (Syrien) und der Schriftsteller Chalid Al Chamissi (Ägypten) eine andere Sicht der Dinge haben, ist naheliegend. Ihre Erfahrungen, Erlebnisse und Einschätzungen der Revolutionen vermittelten sie am Tag nach der Eröffnungsveranstaltung im intimeren Rahmen der türkischen KulturKneipe ADA. Die Lesung aus Chalid al Chamissis Buch „Taxi in Kairo“ zauberte ein Dauerlächeln in das Gesicht der Zuhörer, weil es mit viel Ironie und Humor das Alltagsleben im vorrevolutionären Ägypten schildert. „Wer wissen will, unter welchen Bedingungen die Ägypter bisher zu leben hatten und warum sie die Revolution wollten, der lese dieses Buch“, schreibt Kersten Knipp in der

Margriet de Moor


Frankfurter Rundschau. Der Zuhörer im ADA erfährt noch mehr: wie Literatur, Humor und Ironie zu Überlebensmitteln in schwer erträglichen Zeiten werden können. Samar Yazbek, die in ihrer Heimat Syrien Romane schrieb und als Journalistin arbeitete, dokumentierte die Protestbewegungen in ihrer Heimat. Als ihr Name auf der Todesliste der Geheimdienste auftauchte, tauchte sie ab und floh mit ihrer Tochter ins Ausland. Ihr Buch über ihre Erfahrungen im Gefängnis ist – wie der Titel – „ein Schrei nach Freiheit“, der bei den Zuhörern im ADA dort ankam, wo er hingehört: mitten ins Herz. Woher noch Stühle nehmen? Als der Künstlerische Beirat dieser ersten Wuppertaler Literatur Biennale zusammentraf, gab es sehr ernste und kritische Diskussionen zum Rahmenthema. Ob wohl ein solch dezidiert politisches Thema im Rahmen eines Literaturfestivals richtig verortet sei? Ob die Wuppertaler sich durch ein solches Thema – wenn hinten weit im Morgenland – bewegen lassen würden? Die Biennale hat gezeigt, dass sich die inneren und äußeren Wirklichkeiten durch nichts besser transportieren lassen als durch Literatur. Die Wuppertaler haben sich bewegen lassen: Weit mehr als 3.000 Menschen kamen zu den 24 Veranstaltungen der Biennale. „Oft hatten wir das Problem, woher wir noch Stühle bekommen“, sagte Monika Heigermoser, Leiterin des Kulturbüros und Initiatorin der Literatur Biennale. Hinzu kamen 50 Schullesungen des VS, die in die Literatur Biennale eingebunden waren.

Jörg Degenkolb-Deg˘erli

Der Erfolg beruht wohl auch auf dem vom Beirat entwickelten Konzept, das Thema „Freiheit“ multiperspektivisch abzubilden. So las John van Düffel in der prall gefüllten Universitätsbibliothek aus seinem Roman „Houwelandt“, in dem es um das Ausbrechen aus verkrusteten Familienstrukturen geht. In der von der Wuppertaler Kulturjournalistin Anne Linsel sensibel moderierten Lesung mit der niederländischen Autorin Margriet de Moor portraitiert die Autorin eine junge Frau, die aus ihrer Heimat Dänemark in das Amsterdam Rembrandts reist. Ein Schrei nach Freiheit ist der Mord an ihrer Zimmerwirtin, den sie nicht bereuen kann und will. Sie wird zum Tode verurteilt. Wenige Stunden nach ihrer Hinrichtung zeichnet sie ein Rembrandt nachempfundener Maler; er will diesen Augen-Blick festhalten, den Verfall aufhalten, dem gewesenen Leben Ewigkeit, dem Tode Schönheit abtrotzen. Der Roman ist ein großartiges artistisches Spiel und zugleich ein Ringen um den Zusammenhang von Kunst und Leben. Gelungen war das Zusammenspiel von Musik und Lesung. Ein Trio für Alte Musik (Viola da Gamba, Gitarre und Cembola) entführte die Zuhörer auch atmosphärisch in die Zeit des 17. Jahrhunderts.

Bassisten und Improvisationsmusiker Harald Eller und Christoph Ramsmayr, der im Barmer Bahnhof aus seinem Roman „Morbus Kitahara“ las und die Zuschauer in eine apokalyptische Welt nach einem fiktiven Krieg entführte, in der sich die Sieger an den früheren Peinigern rächen. Die beklemmenden Stimmungen, Bilder und Geschichten, aufgebaut aus komplexen Satzkaskaden und in einer filmisch bildhaften Sprache, spiegelte Eller in seinen Bass-Soli atmosphärisch präzise wieder.

Musik und Wort Überhaupt erwies sich die musikalische Kontextualisierung der Literatur als ein gelungener Baustein dieser ersten Wuppertaler Literatur Biennale. Besonders beeindruckend war das „Zusammenspiel“ zwischen dem

Zu dem Konzept der Biennale gehörte von Anfang an, neben Großautoren wie Christoph Ransmayr, Margriet de Moor und Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller auch den Wuppertaler Autoren Gehör zu verleihen. Denn die Wuppertaler Literaturszene war und ist lebendig. Karl Otto Mühl, Jahrgang 1923, Nestor der Wuppertaler Literaten, trat im Slam Poetry Wettbewerb gegen die Enkel-Generation Jörg Degenkolb-Degerli und Andre Wiesler an. Altersunterschied: 50 Jahre. Herrmann Schulz, langjähriger Leiter des Wuppertaler Peter-HammerVerlages, Autor zahlreicher Romane und Jugendbücher betrat ebenfalls die „Generation-Stage“ und ließ sich auf die Kunst des schnell wirksamen Wortes ein. Der Wuppertaler Schriftsteller Michael Zeller, von der Heydt- und Andreas-Gryphius-Preisträger, erörterte mit seinen Kollegen Artur Becker und Dariusz Muzer – alle drei wurden in Polen geboren – die vielfältigen Formen der Zensur im Polen des real existierenden Kommunismus.

Karl Otto Mühl

Michael Zeller

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Schöne Ideen Mühl und Zeller waren auch mit von der Partie, als sich die Bergische Zeitschrift für Literatur „Karussell“ in der überfüllten Galerie Epikur vorstellte. Die Wuppertaler Autorin Friederike Zelesko hatte, als sie von den Planungen der Biennale erfuhr, die schöne Idee, rechtzeitig zum Start des Festivals eine Literaturzeitschrift zu gründen. Mit finanzieller Unterstützung des Herausgebers der „Besten Zeit“ und des früheren Betreibers der Galerie Epikur Hans-Peter Nacke konnte dieser Plan verwirklicht werden. Die Zeitschrift, die mit mehr als 100 Seiten eher ein Almanach wurde, hat fast alle in Wuppertal schreibenden Autoren zwischen zwei Buchdeckeln zusammengeführt und vermittelt so einen beeindruckenden Überblick über die literarische Vielfalt im Wuppertal. Unter den zahlreichen Texten finden sich nicht wenige literarische Juwele.

sen gegenüber einer Schriftstellerin, der später „Hirnerweichung“ vorgeworfen werden sollte. Für die Biennale-Macher sollte die Auseinandersetzung mit diesen literarischen Wurzeln Wuppertals zu einer Konstante des Literaturfestes werden.

Ebenfalls eine sehr schöne Idee war es, einen Autor aus einem Werk lesen zu lassen, das leider noch immer einen Verleger sucht. Für viele war es einer der berührendsten Veranstaltungen der Bi-

Besinnung auf die Wurzeln Zu Gehör kamen am historischen Ort – der Concordia – auch die drei großen historischen Gestalten der Wuppertaler Literatur: Friedrich Engels, Armin T. Wegner und Else Lasker-Schüler, jeweils wunderbar vorgetragen von Rolf Becker. Die Musik – Klavierstücke von Arnold Schönberg – passten ausgezeichnet zu diesem Nachmittag, weil Schönberg in seiner neu gefundenen Musiksprache auch aus den Erstarrungen seiner bürgerlichen Herkunft und ihrer in der Musik seiner Zeit Ausdruck findenden Ästhetik ausbrechen will. Auch er vollzieht wie die Literaten den Bruch mit der bürgerlichen Welt – aber auf seine ganz eigene Weise. Hervorzuheben ist die kluge und sensible Textauswahl durch Michael Okroy, der origineller- und dankenswerter Weise nicht noch einmal die in Wuppertal schon häufig gehörte Else LaskerSchüler zu Wort kommen lässt, sondern einen Rezensenten, der die Lesung der Lyrikerin in ihrer Heimatstadt sehr anschaulich beschreibt und dabei das für die damalige Zeit Fremde, den neuen Ton beschreibt, aber auch die verständnislosen Reaktionen einiger Zeitgenos-

Blick zurück und nach vorn „Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen“ lässt Goethe den erfolgsorientierten und geschäftstüchtigen Schauspieldirektor im „Faust“ sagen. Goethe, der das Theater in Weimar geleitet hat, wusste, wovon er spricht. Ein Erfolgsrezept, das auch in der Jetztzeit in Wuppertal aufgegangen ist. Neben der Vielfalt der Orte – Kirchen und Kneipen, Stadthalle und Botanischer Garten, Schauspielhaus und Off-Theater – war es sicherlich auch das bunte, an verschiedenen Zielgruppen orientierte Programm der Biennale, die den Start dieses Literaturfestes zu einem grandiosen Erfolg werden ließ. Dazu gehörten Veranstaltungsformate wie Slam Poetry und HipHop-Performances im Schauspielhaus ebenso wie die Lesebühne, bei der Schauspielschüler der Folkwang Universität drei Stücke junger Dramatiker in einer szenischer Lesung vorstellten. Eine hochkarätig besetzte Jury hatte diese drei Stücke ausgewählt, in deren Zentren junge Menschen stehen, die sich gegen alle Widerstände couragiert zur Wehr setzen. Ihre Schöpfer Michael Decar, Thomas Paulmann und Miranda Huber (Kanada) haben für die existentiellen Konflikte ihrer Protagonisten die richtige Sprache gefunden. Gerade

Lopango Ya Banka (Rap)

Dariusz Muszer

Hermann Schulz

So wurde der Abend – moderiert von der Wuppertaler Autorin Christiane Gibiec – ein heiteres literarisches Potpourri. Menschen setzten sich auf den Boden, weil es keine Stühle mehr gab, standen auf der Treppe, lehnten an Wänden, um den Wuppertaler Literaten zu lauschen. Die Zeitschrift soll fortgeführt und zu einer Plattform für literarische Talente Wuppertals werden.

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ennale: Thomas Hoever las aus seinem Roman “Lilli“, in dem er die Entwicklung eines Mädchens mit Down-Syndrom vom ungeliebten, vernachlässigten Kind hin zu einer selbstbestimmten und freien Persönlichkeit beschreibt. Freiheit hat eben viele Facetten. Ebenso schön war auch die Idee, Felicitas Hoppe im Namen der Freiheit in einer Haftanstalt lesen zu lassen.


die von Gerold Theobalt und Jan Niklas konzipierte Lesebühne war ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, dass ein Literaturfestival viel mehr bieten kann als die klassische Wasserglas-Lesung. Wuppertal hat gezeigt, dass Vielfalt nicht wie so häufig in der Festivallandschaft Beliebigkeit bedeuten muss. Die Orientierung an einem Rahmenthema, der Anspruch auf Qualität und Originalität waren Schlüssel zum Erfolg. Zu einem ähnlich Eindruck kommt auch die Rheinische Post: „Literatur Biennale? Ein zu pompöser Name, denkt man – aber nur bis zum ersten Blick ins Programm. 42 Seiten ist es dick und listet (…) Namen wie Herta Müller und Christoph Ransmayr, wie Felicitas Hoppe und John van Düffel, wie Margriet de Moor und Michael Kleeberg so selbstverständlich auf, als habe die Lit. Cologne neuerdings einen bergischen Ableger. Die Literatur Biennale ist aber anders als das kölsche Spektakulum: Sie ist das unglaubliche Produkt einer Zusammenarbeit von 23 Wuppertaler Kulturinstitutionen.“ Die Literatur Biennale ist großartig gestartet, sie birgt das Potenzial in sich, Wuppertal auch überregional als (Literatur-)Stadt strahlen zu lassen. Neue Medienpartner müssen gefunden werden. Kontinuität ist gefordert, aber auch der Mut, weiterhin neue und überraschende Wege zu gehen. Heiner Bontrup Foto Hermann Schulz: Fritz Kohmann, Foto David Grashoff: Thomas Winkelhagen, alle anderen Fotos: Antje Zeis-Loi

Thomas Hoever

von links: Christoph Ransmayr, Harald Eller

Die Literatur Biennale wurde von Monika Heigermoser, Leiterin des Wuppertaler Kulturbüros, initiiert. Ihre Idee war es, die Literaturvereinigungen der Stadt sowie viele weitere Institutionen wie die Universität und die Gedok zusammen zu führen. Eher ungewöhnlich, wurde auf den Einkauf eines Festivalleiters verzichtet, was nicht nur viel Geld sparte, sondern auch die Möglichkeit der Kooperation auf „Augenhöhe“ ermöglichte. Dem Künstlerischen Beirat gehören an: Monika Heigermoser, Ruth Eising (Literaturagentin), Anne Linsel (Kulturjournalistin, Dokumentarfilmerin und Publizistin), Gerold Theobalt (Bühnenautor, freier Dramaturg, Dozent an der Folkwang Universität), Herrmann Schulz (Schriftsteller) und Heiner Bontrup (Lehrer und Autor)

David Grashoff

Ernest Wichner

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Fremde Freiheit Nachwirkung einer Lesung Am 16. Juni 2012 las Literatur-Nobelpreisträgerin Herta Müller auf Einladung der ElseLasker-Schüler-Gesellschaft im Rahmen der ersten WuppertalerLiteratur Biennale in der bis auf den letzten Platz gefüllten Barmer Immanuelskirche aus ihren Werken. Moderiert wurde die Lesung von dem langjährigen literarischen Wegbegleiter Ernest Wichner, Leiter des Literaturhauses Berlin. Über Ernest Wichner sagt Herta Müller, „dass wohl niemand mein Werk so gut kennt wie er“. Die sehr sensibel aufeinander abgestimmten Gespräche und Lesungen enthüllten, wie Menschen in Diktaturen wie dem Ceausescu-Regime Rumäniens sich selbst entfremdet werden. Zugleich zeigte die Lesung aber auch, wie Literatur zum Überlebensmittel in Zeiten des geistigen und seelischen Terrors werden kann. Luisa Altergott, die gerade an Gesamtschule Else Lasker-Schüler ihr Abitur gemacht hat, war bei der Lesung dabei. In einem literarischen Text verarbeitet sie den eigenen rezeptionsästhetischen Prozess und kommt gerade dadurch der verstörenden und betörenden Schönheit der Erzählweise Herta Müllers auf die Spur. (Heiner Bontrup) Luisa Altergott wird am 20. Oktober 1991 in dem kleinen russischen Dorf Karkawino geboren. Karkawino hat nur zwei Straßen und liegt im Grenzgebiet der Mongolei und Kasachstans. Die Tochter einer Russlanddeutschen geht mit nur acht Mitschülern in eine Dorfschulklasse. In der Familie wird nur russisch gesprochen. Im Oktober 2002 – Luisa ist gerade 11 Jahre alt geworden – siedelt die Familie nach Deutschland um. Zunächst in ein Wohnheim in Barmen. Dort lebt die Familie – die alleinerziehende Mutter sowie die vier Schwestern – auf engstem Raum in nur e i n e m Zimmer. Mit elf Jahren (!) muss Luisa nun die 3. Grundschulklasse besuchen. Sie findet einen Lehrer, der sie fördert und so lernt sie schnell Deutsch. Danach besucht sie die Gesamtschule Else Lasker-Schüler, wo sie wegen hervorragender Leistungen in allen Fächern das 7. Schuljahr überspringen kann. Dort erwirbt sie in diesem Jahr das Abitur mit einer Durchschnittsnote von 1.6. Ihre Lieblingsfächer sind Deutsch und Philosophie. Hinsichtlich ihrer Studienwünsche ist sie offen für vieles. Aber eines ist klar: „Literarisches Schreiben soll eine Konstante in meinem Leben sein!“

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Heute ist der 16.06.2012, ich sage es, damit ich es nicht vergesse. Heute ist Samstag, ich sitze in einer Kirche mit hohen Decken und schlichter Verzierung, aber die Schlichtheit steht dem Raum. Die meisten Plätze sind verlassen, der Raum hat sich ebenso schnell geleert, wie er sich vor knapp zwei Stunden gefüllt hatte, eine lange Schlange hat sich vorne gebildet. Ich sehe Bücher in jeden Händen und sehe wie sie unterschreibt. Herta Müller. Nobelpreisträgerin. Talent bedarf keiner Preise, aber manchmal bedarf es Preise, um Talent erkennbar zu machen. Im Geiste umfliegen mich Gedanken, ich habe mich immer noch nicht von dem hier Gehörten gelöst, die Befangenheit will nicht von mir weichen. Fast ist mir, als schließe ich die Augen, ich schließe sie und höre etwas in mir leise flüstern. Unzählige Szenen werden von neuem aufgegriffen aus den Romanen „Niederungen“ „Herztier“, „Atemschaukel“. Bücher, die den Zuhörer sanft in ihren Bann ziehen. Auch mich hat der Bann erfasst und lässt die Szenen des Abends vor meinen Augen zu Bildern werden, die sich zu Wellen zusammenschließen und zu Wind und Blättern und mich ins Unbekannte ziehen, wo ich nicht Ich bin, wo niemand Ich ist, wo der Leser und der Erzähler und das Erzählte zusammenfallen. So sind es nicht meine Szenen und auch nicht meine Geschichten. Es sind Figuren, Schatten erzählter Worte, aber hier und jetzt sind sie ein Teil von mir. Ich sehe die kleinen Mäuse neben dem Kissen auf dem Bett, ihre rosige Haut, die

kaum gelernt hat zu atmen. Ich sehe ihn, der die Mäuse in seinem Bett entdeckt. Ihn, den Deportierten, den zu Zwangsarbeit in einem Arbeitslager in der Ukraine verurteilten. Den Verlorenen, den Vergessenen. Die Mäuse, ein Herzschlag aus Glas und Porzellan, ein Hauch von Dasein und Leben, in dieser Welt, in der das Atmen einer Strafe gleicht und Leben einem Verbrechen. Doch seine Augen leuchten, beinah so, als ob er es nicht weiß. Ich fühle, wie er sich leise freut und sich umschaut und denkt auserwählt worden zu sein. Ich fühle die Liebe dieser Figur, die ein Schatten aus einer Geschichte ist und ein Teil von mir, vor allem fühle ich aber, dass er ein junger Mann ist, der ein Kind zu sein wünscht und beinah ein Kind zu sein glaubt und dass er nun mit einem Augenblick begreift, dass diese Mäuse bald fressen müssen. Hier, auf trockenem Boden, wo nur Hunger und Verzweiflung erwächst. Wo Menschen zum Nichts verenden, wo niemand erwünscht ist und niemand willkommen. Er weiß, dass er die Mäuse nicht behalten kann. Und es schmerzt, auch wenn es ein stiller Schmerz ist, ein vermummter. Und sogleich bin ich das Kind, das er zu sein wünscht, seine Gedanken werden zu meinen. Um ein Kind zu sein, genügt der Wunsch allein nicht mehr, die Zeit nimmt keine Wünsche an. Diese Mäuse können und dürfen nicht leben. Ich fühle die Kleinen, wie ich sie trage, etwas hat mich stumm gemacht, ich trage sie und lasse los und versuche nicht daran zu denken, wohin sie fallen, und beinahe sehe ich es doch.


Ein anderes Bild, verschwommen, umschattet, ergreift sodann Besitz von mir. Ich sehe das Kätzchen, das der Gefangene, als er noch ein Kind war, in die Ecke getrieben hat und wie es nach dem Fremden faucht. Ich fühle, wie das Herz der Fremden sich für einen Augenblick zusammenzieht und ich sehe die ausgestreckte Hand und wie die Zähne des Kätzchens sich in sein Fleisch bohren und nicht loslassen. Ein leiser Stich durchfährt mich, mich, die ich zur Fremdem werde, zu Worten auf Papier. Ich bin nicht die Figur, und dennoch sind es beinah meine Finger, die sich um den kleinen Hals schließen und zudrücken. Es sind nur Augenblicke, bloß Sekunden, in denen ich nicht anders kann und mich Bitterkeit umschließt. Und dann ist es auch schon zu spät. Wenn man geben will und wird gebissen … die wahre Wunde ist dann nicht zusehen. Doch wie viel ist die Liebe wert, wenn sie den anderen nicht erreicht und kann es gar zu viel der Liebe geben? Vor allem wenn man gar nicht weiß, was Liebe ist und gar nicht weiß, was man bewirken kann … Das Bild verblasst, ein anderes drängt sich mir auf. Ich sehe, wie die alte Russin die Suppe auf den Tisch stellt und wie der Gefangene, der ich bin und doch nicht ich, die Suppe verschlingt. Ich sehe die zwei Hühner auf dem Stuhl. Ich sehe den Sohn der alten Russin, der in der Fremde ist. Ich sehe, wie der Gefangene unwohl auf dem Stuhl verharrt. Wie er die Last der Sehnsucht dieser alten Frau fühlt, die ihr Eigenkind zu sehen wünscht. In ihren Augen spiegelt sich sein Spiegelbild, er ist es nicht, nach dem das Herz ihr schreit. Ich sehe, wie er fühlt zwei Personen in einem zu sein und es ihn zerreißt, da schon er selbst zu sein zu viel ist. Ich sehe, wie die alte Russin ihm das Taschentuch reicht, das einem Schatz gleich entgegengenommen wird. Ich sehe, wie er fühlt, dass es zu viel ist. Ich sehe das Huhn, das auf dem Rückweg an ihm vorbei läuft. Ich sehe ihn, der zu einem Klumpen aus Leim zerfällt. Er, der ein Zaun ist, ein Schatten, ein Gegenstand. Formlos, unsichtbar, vergänglich, bewegungslos und stumm. Er, der verkommen ist, zu Etwas Seelenlosem Totem. Die Schönheit, die das Taschentuch birgt, schmerzt, es

macht bewusst, welch Hässlichkeit einen umgibt. Doch zugleich ist es die Naht, die einen an die Hoffnung bindet. Ich habe das Bild der Großmutter vor mir, die sagt, dass man zurückkehrt, dann klammert sich die Hand erneut an das Taschentuch, sacht, weil es zu kostbar ist. Und ich fühle das leise Versprechen, dass dieses Taschentuch meine Zukunft ist und mein Schicksal. Ich sehe die Frau, die am Telefon steht und lautlos schluckt, doch laut genug, dass sie ertappt zu sein glaubt, mit einer Hand geht sie über ihren Hals und senkt für einen Augenblick den Kopf. Ihr Blick huscht zur Seite, fällt auf zerrissene Briefumschläge und neueingegangene Post. Eine Sekunde lang stockt ihr der Atem, sie braucht den Inhalt gar nicht erst zu lesen. Fast hört sie die Drohbriefe leise lachen, als hätten sie gewonnen. Am Ohr hängt immer noch der Hörer, doch sie vernimmt nichts mehr. Ihre Freundin kommt. Weshalb, warum, fragt der Verstand, und wie? Doch das Herz hat Klebeband und hört es nicht. Ich sehe, wie sie kommt und sie ihr glauben will. Auch als sie sagt, sie wurde hergeschickt und dass sie sie nicht verrät. Sie will ihr glauben und sie tut es nicht. Und weil sie es nicht tut, schließt sie die Augen. Die Hände krallen sich nach Halt, meine Hände, ihre Hände, ich bin sie und sie ist ich. Dinge, denen ich mich nicht stelle, die gibt es nicht. Also lasse ich sie alleine. Vor dem Auge ziehen sich Fäden zu einem Band zusammen, die Fäden reißen, fügen sich zusammen, greifen ineinander. Und sodann zerfließt das Band in Bilder aus Farben, die darauf beharren nicht nur Erinnerungen zu sein. Ich sehe den Schlüssel, mein Herz vergisst für einen Augenblick zu schlagen, meine Beine stolpern zu der Tür, der Schlüssel passt. Eine Mauer hat sich aufgebaut. Ich lasse sie den Koffer packen, wir stehen da und sehen uns nicht an. Sie will bleiben, auch ich will, dass sie bleibt und dennoch muss sie gehen. Sie weint nicht, der Kopf steht wie auf Steinen, auf den Lippen brennen Worte und sie schweigt. Auch sie versteht, dass Worte hier nichts mehr bedeuten. Sie geht, ich schicke sie zurück und schicke ein Stück von mir mit ihr und ein Stück von ihr bleibt hier zurück.

Ich sehe Bilder um Bilder in mir schwören. Bilder, die ich nur sehen, doch nicht beschreiben will. Ich sehe ein Leben, das nicht meines ist und das sich meiner Vorstellung beinah ganz entzieht. Ich kenne nicht das Gefühl, in einem Dorf erdrückt zu werden. Einen Staat, der Bücher zu Feinden erklärt, einen Staat, der Andersdenkende fürchtet und entsorgt. Es lebt, atmet und wächst, ein Ungeheuer, das sich in Kleider fremder Freiheit zwängt und das Unrecht zum Gesetz sich macht. Es lebt, aber ich kenne es nicht. Es ist ein Bild, das in mir erwächst, wie die Bilder der erzählten Geschichten. Es bleibt meiner Vorstellung überlassen, was ich denke. Und Vorstellen heißt nicht Erleben, Vorstellen heißt nicht Verstehen, aber es heißt, verstehen zu wollen und nichts anderes zählt, die Alternative ist Augen schließen. Herta Müller. Lesen. Schreiben. Menschen die Wahrheit aufzuzeigen, die eigene Wahrheit, sodass sie im Geiste eines jeden zu neuer Wahrheit münden kann. Die Autogrammstunde neigt sich dem Ende, ich nenne meinen Namen und schaue zu, wie sie unterschreibt. Im Grunde ist sie für mich eine Fremde, und dennoch empfinde ich es nicht so. Ich fühle nur die Bilder. Buchstaben erheben sich zu Wellen, Wasser, das mit sanfter Entschlossenheit auf Felsen prallt, auf Stein der Jahrhunderte und zerschellt. Giganten aus Stein ragen aus kalter Erde hervor und türmen sich zu Riesen, doch den Wellen wachsen Flügel und aus Wasser werden Diamanten. Kein Stein kann Wasser je bezwingen und niemals beugt es sich Giganten. Es sind nicht bloße Worte auf Papier. Luisa Altergott

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Orte der Ruhe Mühlenhof Breckerfeld Gerade die kleinste der neun Städte im benachbarten Ennepe-Ruhr-Kreis ist eine Reise wert. Weithin sichtbar, bildet die Bockwindmühle ein Wahrzeichen der Gemeinde, die etwas mehr als 9.000 Einwohner zählt und aus dem kleineren Ortsteil Waldbauer und dem größeren Breckerfeld besteht. Die alte Hansestadt liegt an der Grenze zum Märkischen Sauerland, verfügt über einen historischen Ortskern mit Wehrmauer und hat einige besuchenswerte Kirchen. Bekannt ist weit über die Grenzen des staatlich anerkannten Erholungsortes die Glörtalsperre.

Fotos: Stadt Breckerfeld, Wikipedia

Alles original: Die Bockwindmühle, das Herzstück des Mühlenhofs Breckerfeld, stand ursprünglich in Beeskow bei Frankfurt an der Oder, wo sie 1846 erbaut wurde. 150 Jahre später wurde sie dann ab- und dort aufgebaut, wo sie heute steht. Zur Ausstattung zählen zwei Kammräder, ein Sackaufzug und ein Steinhebekran. Zwei der vier Flügel sind mit Segeltuch bespannt, die anderen sind so genannte Jalousieflügel. Aus der Bauernschaft Ostönnen im Kreis Soest stammt der Backspeicher mit Backstube, Küche und „Altenteilerstuben“, in denen zu früheren Zeiten die nicht mehr aktiven Familienmitglieder einer Bauernfamilie ihre letzten Jahre verbrachten. Ebenfalls Kreis-Soester Ursprungs sind der Kornspeicher und das Bienenhaus. Eine weitere Attraktion: das Backhaus, das anno 1775 im westmünsterländischen Heiden als Dreiständerhaus erbaut wurde. Bis kurz nach dem Ersten Weltkrieg lebten hier die Bauersleute mit Gesinde und Tieren unter einem Dach. Auch das Backhaus, in dessen Erdgeschoss sich ein Krämerladen befindet, wurde vor nunmehr 16 Jahren

ab- und in Breckerfeld wieder aufgebaut. Im Laden gibt es frisches Mühlenbrot, Vollkorn- und Müslibrot, Stuten, Schinken, Hausmacherwurst und Käse zu kaufen. Im ersten Stock befindet sich ein Selbstbedienungscafé mit zivilen Preisen. Im Backspeicher gleich nebenan existiert ein Restaurant, das sich auf jeden Fall zu besuchen lohnt und das dem Gast eine den beengten Verhältnissen angepasste Karte mit nahrhaften wie wohlschmeckenden Speisen präsentiert: Waffeln und Pfannkuchen, Sauerbraten und Rouladen, Wurstplatten und die klassische bergische Kaffeetafel, von der es in einem Bericht auf der Internetseite reisen.ciao.de heißt, dass man dafür „mindestens einen Tag hungern sollte“, sind zu empfehlen. Backhaus wie Backspeicher stehen voll mit alten Möbeln beziehungsweise Mobiliar aus den 1950erJahren. Der Mühlenhof ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln, aber natürlich auch mit dem Auto erreichbar (kostenlose Parkplätze). Die Öffnungszeiten: Mittwoch und Donnerstag sowie am Wochenende und an

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Feiertagen von 12 bis 20 beziehungsweise 22 Uhr. Einen Besuch lohnt auch die Alte Schmiede. Fast 400 Jahre alt, diente sie bis zu ihrer Umwidmung der Herstellung von Kleineisenteilen, sprich Feuerzangen, Zirkeln oder Kohlenschaufeln. Mitte der 1960erJahre renoviert, profilierten Maria und Helmut Kühne ihre Gaststätte mit Steaks aus dem Schmiedefeuer, Waffeln, Irish Coffee und fränkischem Wein. Der lukullische Ort ist dienstags bis samstags von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Wer vor dem guten Essen oder auch danach wandern möchte, verfügt an der Schnittstelle von Ruhrgebiet, Bergischem Land und Sauerland über ein reichliches Angebot, wozu nicht zuletzt die höchste Erhebung des Ennepe-Ruhr-Kreises und des gesamten Ruhrpotts gehört, der 442 Meter hohe Wengeberg. Um die alte Hansestadt herum locken etwa 100 Kilometer Rundwanderwege mit 19 Streckenführungen. Jede Menge Infos finden sich auf der sehr schön gestalteten und übersichtlichen Website ennepe-ruhr-tourismus.de, auf der auch die Städte des EN-Kreises vorgestellt werden, nämlich Ennepetal,Gevelsberg, Hattingen, Herdecke, die Kreisstadt Schwelm, Sprockhövel, Wetter (Ruhr), Witten und eben Breckerfeld. Wer es ausführlich liebt, ist mit dem vom Heimatverein herausgegebenen Festbuch „Breckerfeld 600 Jahre Stadt“ gut bedient. Es ist übrigens in dem Jahr erschienen, das der Stadt den Mühlenhof bescherte. Matthias Dohmen Ausflugtipp Die Fachbuchhandlung Baedecker, Friedrich-EbertStraße 31 (Elberfeld), www.baedecker-buecher.de, Tel. 0202/305011, empfiehlt für Wanderungen rund um Breckerfeld den Wanderführer „20 Wanderungen im EnnepeRuhr-Kreis“ von Jörg Mortsiefer, erschienen im Droste Verlag. Im engeren Umkreis von Breckerfeld sind allein drei schöne Rundwanderungen beschrieben. Kartenskizzen im Buch runden die Touren ab. Das Buch kostet 9.95 Euro

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Die topografische Karte Hagen / Gevelsberg, Iserlohn, Witten, Blatt 17, im Maßstab 1:25.000, ist für Touren im Gebiet empfehlenswert. Die Stadt Hagen liegt im Zentrum der Karte, Breckerfeld im unteren Drittel. Erschienen im Geo-Center Verlag mit der Kartografie des Landesvermessungsamtes NRW. Die Karte kostet 7,95 Euro


Am Anfang – Anselm Kiefer Werke aus dem Privatbesitz Hans Grothe Noch bis 16. September 2012 in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn

Anselm Kiefer schuf im Laufe seiner künstlerischen Produktion seit Ende der 60er Jahre systematisch seinen eigenen labyrinthischen Kosmos, was ihm bis heute erlaubt, existenziellen philosophischen Fragen nach den Mythen, der christlichen Religion, der jüdischen Mystik, der Geistesgeschichte, der Natur, der Musik und der Literatur in bildnerischen Strategien nachzugehen und sie immer wieder neu oder in anderen Zusammenhängen zu komponieren.

In der Ausstellung werden 24 teilweise mehrteilige, großformatige Werke aus den Jahren 1978 bis 2012 aus dem Privatbesitz der Familie Grothe gezeigt. Weltweit einmalig ist dieses größte Werkkonvolut in einer privaten Sammlung. Die Auswahl des Sammlers belegt – auch in der Ergänzung um neu erworbene skulpturale Werke – die Einzigartigkeit von Anselm Kiefers Werk. Die ausgestellten Gemälde und Skulpturen belegen exemplarisch die umfassende Themenvielfalt bei Kiefer

Shebirat Ha Kalim 1990, Blei, Glas, Kleid, Asche und Frauenhaar auf Holz, 380 x 250 x 35 cm Privatbesitz Familie Grothe © Anselm Kiefer, 2011, courtesy Stiftung für Kunst und Kultur e.V., Bonn

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und bieten vielfältige Assoziationsmöglichkeiten: Themen, die seinen persönlichen ‚Bild-Gedächtnis-Kosmos‘ spiegeln und die er durch Erinnerungen und Spurensetzungen reflektiert und interpretiert. Anselm Kiefers epische Werke sind durch ihre ungewöhnliche Materialwahl geprägt, die die inhaltliche Aussage unterstützt: Dick aufgetragene Farbschichten, Erde, Blei, Lack, Pflanzen, Kleidung oder Haare sowie skulpturale Applikationen – wie Boote oder Flugzeuge – lassen die Arbeiten über den zweidimensionalen Bildraum hinausgreifen und die Grenze zwischen Bild und Skulptur erweitern. Kiefer sucht die Geschichte hinter der Geschichte: „Ich mache ein Loch und gehe hindurch.“ Dieser Ansatz beinhaltet auch das Prozesshafte von Geschichte und Gedächtnis / Erinnerungen, gekoppelt mit der subjektiven Interpretation, dem sehr persönlichen, freien Gebrauch, der individuellen Mythologie und der eigenen künstlerischen Geste. So zeigen Werke in der vom Künstler mit inszenierten Ausstellung wie 20 Jahre Einsamkeit, 1971/91, oder Volkszählung (Leviathan), 1987–1989, viel von Kiefers persönlicher, innerer Haltung, während die für die Ausstellung speziell dem Raum angepasste, spiralförmige Skulptur Bavel Balal Mabul (Babel, Sprachverwirrung, Sintflut), 2012, mehr auf die Themenvielfalt und -vernetzung bei Kiefer verweist. Katalog zur Ausstellung Am Anfang – Anselm Kiefer. Werke aus dem Privatbesitz Hans Grothe Eine Kooperation mit der Stiftung Kunst und Kultur e.V. 200 Seiten mit 5 Klapptafeln, Format: 24,5 x 28 cm Preis: 32 Euro, Buchhandelsausgabe bei Wienand, Köln ISBN 978-3-86832-104-3 Öffnungszeiten Di und Mi: 10 bis 21 Uhr, Do bis So: 10 bis 19 Uhr Fr für Gruppen ab 9 Uhr geöffnet, Mo geschlossen www.bundeskunsthalle.de

Wege der Weltweisheit: Die Hermannsschlacht 1978/1991, Holzschnitt auf Papier, 400 x 580 cm Privatbesitz Familie Grothe, © Anselm Kiefer, 2011, courtesy Stiftung für Kunst und Kultur e.V., Bonn

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Ausstellungsansicht Am Anfang, Anselm Kiefer – © Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland – Foto: David Ertl 24


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Anselm Kiefer ist einer der bedeutendsten internationalen Künstler unserer Zeit. Seine epischen Werke faszinieren nicht zuletzt durch ihre ungewöhnliche Materialwahl, die die inhaltliche Aussage unterstützt: Dick aufgetragene Farbschichten, Erde, Blei, Lack, Pflanzen, Kleidung oder Haare lassen die Arbeiten über den zweidimensionalen Bildraum hinausgreifen. Parallel zur dOCUMENTA 13 in Kassel präsentiert die Bundeskunsthalle in Bonn auf über 2000 m² wichtige Werke des 1945 geborenen Künstlers aus dem Privatbesitz Familie Grothe. Von den Arbeiten Anselm Kiefers hat sich Hans Grothe 2005 beim Verkauf seiner umfangreichen Sammlung nicht getrennt, da die Faszination des Sammlers für die einzigartige künstlerische Haltung Kiefers ungebrochen über die Jahrzehnte anhielt. Erstmalig wird in der Bundeskunsthalle dieses größte Werkkonvolut aus einer privaten Sammlung fast vollständig präsentiert. Eine Auswahl der wichtigsten Werke aus drei Jahrzehnten wurde mit dem Schwerpunkt auf der 2000er-Dekade getroffen – hier belegen Bildensembles aus den Jahren 2010 und 2011 Kiefers großes Interesse am Thema des Panoramas. Es dominieren christlich-jüdische und mythologische Themen im Gegensatz zu den frühen Bildern und Ensembles vor der Übersiedlung des Künstlers nach Frankreich vor 20 Jahren, die sich mit der deutschen Vergangenheit und Mythologie befassen. Das oft beschriebene Pathos in Kiefers Werken erscheint in diesen neuen Arbeiten eigentümlich gebrochen, zurückgenommen und neutralisiert.

Voyage au bout de la nuit, 2001 Öl, Emulsion, Mischtechnik und Blei auf Leinwand, 385 x 560 cm Privatbesitz Familie Grothe © Anselm Kiefer, 2011, courtesy Stiftung für Kunst und Kultur e.V., Bonn

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Robert Fleck verlässt Bundeskunsthalle Die Vorwürfe an den Intendanten der Bonner Bundeskunsthalle waren hart. Mit der Präsentation von Werken des Künstlers Anselm Kiefer, die ausschließlich aus der Privatsammlung Grothe stammen, hat die Kritik an Robert Fleck einen Höhepunkt erreicht. Am Montag wurde bekannt, dass Fleck das Haus Ende kommenden Jahres verlassen wird. Der Vertrag werde in gegenseitigem Einvernehmen nicht mehr über 2013 verlängert, teilte ein Sprecher von Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) in Berlin mit. Fleck wolle sich verstärkt seiner Lehrtätigkeit an der Düsseldorfer Kunstakademie widmen. Wieder wird ein neuer Intendant für die Bundeskunsthalle gesucht, die der Bund mit jährlich rund 16,5 Millionen Euro finanziert. Nach einem Bericht des Bundesrechnungshofes, der der Leitung der Kunsthalle wirtschaftliche Fehler und Versäumnisse im Umgang mit Bundesmitteln vorgehalten hatte, hatte 2007 Intendant Wenzel Jacob sein Amt eingebüßt. Unter seiner Ägide hatte sich das Haus mit zahlreichen Eigenproduktionen internationales Renommee erworben und zu einem Besuchermagneten entwickelt. Fleck löste 2009 den zwei Jahre zuvor eilig berufenen Interimsintendanten Christoph Vitali ab. Da waren die Besucherzahlen schon in den Keller gerutscht. Die Bundeskunsthalle sei ein Haus unter den ersten zehn Häusern der Welt, sagte Fleck beim Amtsantritt. Es sei ein Haus, das eine kulturpolitische Funktion habe. „Wenn man die überantwortet

bekommt, ist das mit die tollste Aufgabe, die einem eigentlich übertragen werden kann.“ Kritiker meinen, das habe er nicht geschafft. International beachtete Ausstellungen seien ihm schon seit längerem nur in Ausnahmefällen gelungen, hieß es in der „Süddeutschen Zeitung“. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ spricht im Zusammenhang mit der Kiefer-Schau von einem Skandal. Es sei in der Bundeskunsthalle inzwischen üblich geworden, einzelnen Sammlern ein Denkmal zu setzen, statt ihre Kollektionen sorgsam in einen kunsthistorischen Zusammenhang einzugliedern. Bei der Vorstellung der Kiefer-Ausstellung hatte Fleck erklärt, es sei die bedeutendste

The art of tool making

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Retrospektive seit 1991. Allerdings waren Teile der Grothe-Sammlung von Oktober 2011 bis Februar 2012 in der Sammlung Frieder Burda in Baden-Baden ausgestellt. Auch das Wiener Essl Museum zeigt in diesem Jahr eine umfangreiche Ausstellung Kritik gab es aber auch zuvor. So wurde eine lange angekündigte Ausstellung von Rosemarie Trockel kurzerhand ohne Begründung abgesagt. Selbst an der erfolgreichen Max-Liebermann-Ausstellung gab es Beanstandungen. Die Kenner bemängelten das Fehlen wichtiger Bilder aus dem Werk der Künstlers. Felix Heyder / dpa


Diego Dorothea Müller

lebt und arbeitet in Wuppertal. Mitglied im Verband Deutscher Schriftsteller (VS) , Arbeitsgebiete: Lyrik, Prosa, Theaterszenen, Texte für Kinder und mit Kindern. (Kinderschreibwerkstatt, Buchprojekt: „Ich und du“, interkulturelles Kinderbuch, 2003). Buchveröffentlichungen: „Netz über dem Abgrund“, „Als der Supermarkt noch Tante Emma hieß“. Weitere Veröffentlichungen in Zeitungen, Zeitschriften, Anthologien, Rundfunk (WDR).

Als erstes waren mir seine Hände aufgefallen. Sensible Hände und doch kraftvoll, langfingrig mit kurz geschnittenen Nägeln. Er hatte sie in einer zärtlich anmutenden Geste seinem Sohn entgegen gestreckt, um ihn willkommen zu heißen. Erschrocken versuchte ich die Tränen zurück zu halten, die mir unvermutet in die Augen geschossen waren, zusammen mit einem schmerzlichen Ziehen, das jäh meinen ganzen Körper erfasst hatte. Ich verspürte das drängende Verlangen, mich in diese Hände zu schmiegen, um in ihnen, wie in einer Höhle, Zuflucht zu finden. Sekunden später, als wir einander vorgestellt wurden, hatte ich mich wieder in der Gewalt und versuchte ein Lächeln, das zurückhaltend erwidert wurde. Ich war gekommen um mir die Bilder anzusehen, von denen der Sohn erzählt hatte. Möglicherweise konnte das ein oder andere für eine geplante Sammelausstellung geeignet sein.

Nachdem der Sohn sich verabschiedet hatte, führte der Maler mich in das Atelier, das neben der kleinen Wohnung über den Hof lag. Diego, wie er seine Werke signierte, zeigte mir schweigend seine Leinwände. Viele der Bilder waren großformatig, von politischen oder sozialkritischen Themen geprägt, andere dagegen erinnerten an Miniaturen. Stillleben lagerten neben Porträts, surrealistische neben abstrakten Werken, dazwischen zartfarbene Aquarelle. Erstaunlich viele Bilder waren unvollendet, so, als hätte er mitten in der Arbeit den Pinsel niedergelegt, um etwas anderes zu beginnen. Ich stellte ihm einige Fragen, die er aber kaum beantwortete. Das war eigenartig und verwirrend, konnte aber an möglichen Sprachdefiziten liegen. Darum verabschiedete ich mich schnell, nicht ohne das Versprechen, von mir hören zu lassen. Mit dem Sohn als Dolmetscher und Moderator würde wir wohl zu einer Verständigung kommen.

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Unvermutet traf ich Diego wenige Tage später in der Fußgängerzone unserer Stadt. Er schien sich über unsere Begegnung zu freuen, und so lud ich ihn spontan in das kleine Eiscafe am Marktplatz ein, das später ein häufiger Treffpunkt für uns werden sollte. Vor dem Cafe spielte sich eine groteske Szene zwischen einem älteren Paar ab, über die wir herzlich lachen mussten. Er begann von seinen Eltern zu erzählen, seiner Kindheit in der kleinen Stadt, wo er in den Staub des Hofes mit einem Stock seine ersten Zeichnungen geritzt hatte, begleitet vom Lachen seines Vaters. Sie waren zu arm gewesen, um Papier und Stifte zu besitzen. Ich war überrascht und erfreut, dass er unsere Sprache so gut beherrschte. Kaum einmal suchte er nach dem passenden Wort. So floss seine Erzählung dahin, und entführte mich in die Sonne und zu dem Duft seines Landes. Doch allzu schnell brachte mich der Terminkalender wieder in meinen Alltag zurück. Am nächsten Abend fand ich in meinem Briefkasten die wunderschöne Zeichnung eines Schmetterlings, der mich zu einem Abendessen bei Diego einlud. Heute denke ich manchmal über die Symbolik dieses Motivs nach. Damals fand ich es einfach nur entzückend. Diego war ein ausgezeichneter Koch. Der Tisch, mit Blumen und Kerzen geschmückt, zeugte von Geschmack und Gastlichkeit. Lediglich eine Schale mit überreifen Bananen, die auf der Fensterbank stand, störte das perfekte Ambiente. Der Duft des köstlichen Essens aber übertönte schon bald den unangenehmen Geruch er schon fast schwarzen Früchte, und ließ sie auch mich vergessen. Wie so Vieles, was ich vielleicht nicht vergaß, aber beiseite legte während der Zeit, in der Diego immer tiefer in mein Leben drang, und ich in das seine.

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Noch nie in meinem Leben hatte ich so viel Zuwendung, Fürsorge und Zärtlichkeit erfahren. Ich, die ohne Vater aufgewachsen war, fand in ihm all das, was ich lebenslang entbehrt und gesucht hatte. Und mehr als das. Aber auch ich konnte ihm helfend beistehen. Es war mir nicht lange verborgen geblieben, dass die banalen Dinge des Alltags ihm Schwierigkeiten bereiteten. So faszinierend die Gespräche mit ihm waren, die mir neue Sichtweisen zeigten, niemals belehrend, aber unendlich bereichernd, so erschreckte mich andererseits seine Unfähigkeit, den einfachsten Ordnungsregeln zu folgen. Ungeöffnete Rechnungen fanden sich zwischen Zeitschriften und Buchseiten, Mahnungen wurden ignoriert, Briefe und Anfragen nicht beantwortet. Nach und nach übernahm ich für diesen Teil seines Lebens die Führung. Er ließ mich gewähren, ja, er schien dankbar zu sein, wenn ich vertrackte Situationen entschärfte, Dinge klärte und erledigte, zu denen er nicht in der Lage war, oder die ihm lästig erschienen. Dank meiner Beziehungen konnte ich ihm zu einigen Aufträgen verhelfen und ebnete ihm manche Wege, indem ich ihn mit einflussreichen Leuten bekannt machte. Die Dinge entwickelten sich gut und versprachen, noch besser zu werden. Zwischen uns hatten sich schon bald einige Rituale entwickelt. Niemals zuvor hatte ich so vertraut, mich einem anderen Menschen so geöffnet. Diego hatte eine besonderen Namen für mich. Wenn er in bestimmten Momenten, ohne es zu bemerken, in seine Muttersprache wechselte, bekam dieser Name eine besondere Melodie, voller Harmonie und Wärme. Einmal, als unsere Körper schweißnass neben einander lagen und unser Atem sich noch nicht beruhigt hatte, sprach Diego plötzlich von Trennung. Erst als seine Tränen und Küsse mich wieder berührten, konnte ich mich aus der schweigenden Erstarrung lösen.

Am nächsten Tag empfing mich eine Blumen geschmückte Wohnung. Inmitten der blühenden Pracht thronte eine Pierrot-Puppe. Schwarz glänzte die Träne im weißen Maskengesicht. Diegos Umarmung glich eher einer Umklammerung. Bis heute bin ich nicht sicher, ob ich die Zeichen nicht sah, oder sie nicht zu deuten wusste. Zwar spürte ich zeitweise ein diffuses Unbehagen, das sich aber nicht manifestierte, sondern durch unsere leidenschaftliche, enge Beziehung, die fast symbiotische Züge angenommen hatte, verdeckt wurde. All diese Gefühle überrollten mich fast, waren beglückend und stark. Es war, als würde ein inneres Leuchten mich erfüllen. Diego war ebenso erfüllt, schien in einem Schaffensrausch. Es entstanden zahlreiche Bilder, ausdrucksstark und beeindruckend. Bald sollte seine erste Einzelausstellung stattfinden, deren Ankündigung in der Presse bereits ein großes Echo gefunden hatte. Während Diego wie besessen gemalt hatte, hatte ich alle erforderlichen Gespräche und Verhandlungen geführt. Diegos Stimmung, die häufig großen Schwankungen unterworfen war, wechselte immer häufiger zwischen Euphorie und Resignation, Selbstzweifeln und Überheblichkeit. War er kurz zuvor noch der zärtliche Freund oder leidenschaftliche Geliebte gewesen, begegnete er mir plötzlich verschlossen und ablehnend, fast so, als sei ich ihm zuwider. In dieser Zeit begann ich, Beruhigungsmittel zu nehmen, um den emotionalen Wechselbädern gewachsen zu sein, und um meine Arbeit weiterhin verrichten zu können. Arbeit, die sich zu einem nicht unerheblichen Teil auf Diegos Karriere bezog. Zwei Tage vor einer wichtigen Pressekonferenz, die Diegos Teilnahme erforderte, war er verschwunden.


Der Zustand der Wohnung ließ auf einen wütenden und hastigen Aufbruch schließen. Er hatte keine Nachricht hinterlassen. Anrufe bei Freunden und Bekannten blieben ohne Ergebnis. Der Sohn befand sich schon seit vielen Monaten in den Staaten. Von ihm waren weder Rat noch Auskunft zu erwarten. In mir wechselten sich Sorge, Panik und Wut ab. Um mich abzulenken, und meinem inneren Aufruhr Herr zu werden, begann ich am nächsten Tag Ordnung in das Chaos der Wohnung zu bringen. Eine kostbare Vase lag zerbrochen am Boden, das Blumenwasser hatte die Seiten mehrerer Bücher durchtränkt, zerrupfte Blüten und faulig riechende Blütenstängel bildeten ein trauriges Stillleben. In der Küche lag alles Besteck auf dem Tisch, als wären die Schubladen achtlos ausgekippt worden, um Salat und Obst unter sich zu begraben.

Ich hatte ihn nicht kommen hören. Erst als er im Türrahmen stand, spürte ich seine Gegenwart und drehte mich um.

Schweigend legte der Anwalt das letzte Blatt, von dem er abgelesen hatte, auf den vor ihm liegenden Aktenstapel.

Mit einem schiefen Lächeln und ausgebreiteten Armen kam er auf mich zu.

Der Vorsitzenden Richter schob den Ärmel seiner Robe zurück und verkündete eine einstündige Verhandlungspause.

Zum ersten Mal drehte ich mich von ihm weg und entzog mich seiner Umarmung. Wie eine plötzliche Eruption brachen Worte und Sätze aus ihm heraus. Flüsternd, schreiend, zischend schrie er mir Beleidigungen entgegen, Worte voller Erniedrigung, demütigende Worte, die in die Schwärze des Gedächtnisses gefallen sind. Nur die Gefühle wirbelten in einem roten Feuerstrom heiß durch Kopf und Körper.

Die Angeklagte wurde aus dem Gerichtssaal geführt. Sie hielt das Gesicht hinter den Händen verborgen. Hoch über dem Gerichtsgebäude flog am strahlend blauen Himmel eine Formation Wildgänse Richtung Süden. Dorothea Müller

Da war kein Denken mehr, nur dieser rote Wirbel in und außer mir. Ich weiß nicht, wie das Messer in meine Hand kam. Rot der Feuerstrom, rot, rot wie das Blut, das viele Blut, und Diego am Boden.

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Kunst und Kultur prägen die gesellschaftliche Entwicklung. Die Sparkassen-Finanzgruppe ist der größte nicht-staatliche Kulturförderer Deutschlands. Auch die Stadtsparkasse Wuppertal ist ein wichtiger Partner für Kunst und Kultur in unserer Stadt. Das ist gut für die Kultur und gut für Wuppertal. www.sparkasse-wuppertal.de

Sparkasse. Gut für Wuppertal.

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Wuppertals grüne Anlagen Öffentliches Grün braucht Öffentlichkeitsarbeit

links: Platanenallee im Nordpark unten: Blick vom Weyersbuschturm

Mit Gartencharme hat Wuppertal noch selten von sich reden gemacht. Erinnert sich doch Mancher, der die Stadt besucht hat, nur an die große Anzahl von Bahnhöfen oder Autobahnabfahrten und hat das lange Tal als Abfolge städtebaulicher Sünden und Löcher in Erinnerung. Doch gerade in dieser Stadt verbergen sich Freiräume ungeahnter Größe und Bedeutung. Wer die „Talachse“ B 7 verlässt und die Höhen erwandert, findet nicht nur versteckte Haus- und Villengärten und zahllose Kleingartensiedlungen. Ausgedehnte Parkanlagen und Wälder überraschen, die die Stadt mit einem grünen Kranz umgeben. Zu verdanken ist dies einerseits dem früh zu wirtschaftlicher Kraft gelangten Bürgertum, Stichwort „Frühindustrialisierung“. Andererseits gehörte der Gegensatz von elenden Lebensbedingungen weiter Bevölkerungsteile und außerordentlichem

sozialem Engagement zur Konstellation, aus der die ungewöhnliche Größe des öffentlichen Grüns in Wuppertal herrührt. Wird der grüne „Schatz“ Wuppertals von der Bevölkerung auch stark genutzt, so fehlt doch die rechte Wertschätzung in der Stadt. So ist der Förderverein Historische Parkanlagen Wuppertal e.V. vor einigen Jahren angetreten, Aufklärungsarbeit zu leisten. Der Bau einer Tiefgarage ausgerechnet, brachte eine Gruppe von Bürgern zum Nachdenken über Geschichte und Bedeutung der anscheinend einfach gegebenen Freiräume in der Großstadt an der Wupper. Aus der Empörung über neue Bauten in und am De Weerth Garten wuchs bald die Erkenntnis, dass eine reiche Gartenkultur die Stadt nicht weniger prägt als die industrielle Vergangenheit. Die intensive Suche nach der Vergangenheit des De Weerth Gartens führte

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in Archive, zu Zeitzeugen und Familiendynastien. Es stellt sich heraus, dass hier einst der erste Landschaftsgarten im Wuppertal angelegt worden war. Der vermögende Elberfelder Rentier Peter de Weerth hatte sich für die Anlage seines Gartens eine Kapazität geholt, Peter Joseph Lenné den Älteren. Die Recherche lieferten interessante Erkenntnisse über das Wirken des Bonner Hofgärtners, der in der Gartenkunst-Forschung bislang kaum mehr denn als Vater des berühmten Preußischen Hofgärtners gleichen Namens beachtet worden ist. Schon bald konnten die Ergebnisse in Vorträgen und Ausstellungen der Öffentlichkeit näher gebracht werden. Schließlich entstand die Idee, die reiche Geschichte des einst privaten Gartens und heutigen Stadtparks vor Ort zu erzählen. 2006 stellte der Verein sechs Tafeln auf, für die das Grafikbüro Neisser Zöller ein Corporate Design mit hohem Wiedererkennungswert erfand. Fruchtbar hat sich auch die Zusammenarbeit mit dem Gartenamt entwickelt, das die privat initiierte Öffentlichkeitsarbeit für öffentliches Grün zu schätzen weiß. Die Vereinsaktivitäten dehnten sich auf weitere Parks aus, und so erschien 2006 erstmals die patentgefaltete Karte „Wuppertals grüne Anlagen. Freiräu-

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me, Stadtparks, Naturerlebnisse“. 33 Anlagen laden jederzeit griffbereit in der Handtasche zum Parkbesuch ein. Nachdem die ersten 10.000 Exemplare bald verteilt waren, erschien 2010 eine aktualisierte Auflage. Auch in einer Stadt nämlich, die sich gern als Looser präsentiert, tut sich in Sachen Grün durchaus Neues und das gleich spektakulär. Mit der Nordbahntrasse ist ein noch im Bau befindlicher Rad- und Wanderweg in die Karte aufgenommen worden, der an die bürgerschaftliche Tradition im Tal auf neue Weise anknüpft und auf einer breiten Beteiligung basiert. Von hohem Niveau ist der Skulpturenpark Waldfrieden, den der Bildhauer Tony Cragg in seiner Wahlheimat Wuppertal ins Leben gerufen hat. Seine Stiftung geht nach furiosem Anfang bereits auf Erweiterungskurs. – Keine Frage also, dass die beiden grünen Neuzugänge nun in der Karte zu finden sind.

des 200-jährigen Jubiläums des Landschaftsgartens Hardt erschien die erste Broschüre, für die Rose Wörner, Grand Dame der deutschen Gartendenkmalpflege, den Text verfasste. Daraus ist die Reihe „Wuppertals grüne Anlagen“ erwachsen, für die sich die Wuppertaler Edition Köndgen begeistern ließ. Im letzten Jahr erschienen die beiden Führer „Waldanlage Nordpark“, der die Faltkarte beiliegt, und „Grüne Meile Lüntenbeck“. Im Herbst wird der Band „Wasserreich Mirker Hain“ die großartige Parkanlage am Vogelsangbach und ihre Umgebung vorstellen.

Inzwischen sind auch in anderen Parkanlagen Tafeln aufgestellt worden: 2007 Hardt, 2009 Hohenstein und Nordpark. Das erarbeitete Wissen wird außerdem in Führungen und Vorträgen sowie in Texten weitergegeben.

Die reichen Hinterlassenschaften, die die Nachforschungen über Peter de Weerth im Privatbesitz einer weitverzweigten Familie zutage förderten, gaben Anstoß zur Ausstellung „Von Tugend und Glück. Die private Welt des Bürgers 1815 – 1850“. In Zusammenarbeit mit dem Bergischen Geschichtsverein brachten 2009/2010 erstmals vier Einrichtungen eigene Beiträge in eine Kooperation ein: Von der Heydt-Museum, Historisches Zentrum Wuppertal, Citykirche Elberfeld und Museum für Völkerkunde.

Mit dem Projekt, Parkführer zu veröffentlichen, erlangt die Arbeit des Vereins eine neue Qualität. Anlässlich

So hat sich aus Aufbegehren gegen Investorenpolitik ein weites Feld von Aktivitäten entwickelt, Wissen über Grün-


Wuppertal erfreut sich der Unterstützung durch Spender und Sponsoren, für die Brigitte Alexander mit den abgeschlossenen Projekten wirbt. Die Produkte mit dem einheitlichen Erscheinungsbild von Neisser Zöller haben Stil, und so finden die Veröffentlichungen auf Papier, Alu oder im Internet viele Unterstützer, die Material und Herstellung dankenswerterweise mit kleinen und großen Beträgen fördern.

Gartenruine Lilienthal anlagen in Wuppertal zu erarbeiten und öffentlich zu verbreiten. Ziel ist es dabei, auf Grün aufmerksam zu machen und Interesse für seine Vielfalt zu wecken, Lobbypolitik im besten Sinne. Grüne Anlagen unterscheiden sich nicht nur durch gestalterische Moden, sondern erzählen immer auch Naturgeschichten, Stadt-, Familien- und Sozialgeschichten. So gibt es über öffentliche Parkanlagen, Villen- und Kleingärten viel zu erzählen. Die ehrenamtliche Öffentlichkeitsarbeit des Vereins Historische Parkanlagen

Als Dach wurde die Bezeichnung „Wuppertals grüne Anlagen“ gewählt, um den Blick auf die Gartenkunst, aber auch darüber hinaus zu lenken. Die Bandbreite reicht so von Parks und Gärten über Gärtnereien, Friedhöfe und Tiergärten bis zu Wäldern, Wegen und Brachflächen. Ein locker geknüpftes Netzwerk fördert den Austausch zwischen verschiedenen Akteuren und findet gelegentlich zu gemeinsamen Aktionen zusammen. Klaus-Günther Conrads organisiert die „Offene Gartenpforte“, Dirk Fischer widmet sich den Wuppertaler Beiträge zur „Straße der Gartenkunst zwischen Rhein und Maas“. Auch Zusammenarbeit mit anderen Vereinen hat sich als produktiv erwiesen, vom Bergischen Geschichtsverein und Rheinischem Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz über den Förderverein des Botanischen Gartens bis zu

einzelnen Bürgervereinen. Die Internetseite www.wuppertals-gruene-anlagen.de ist im Aufbau. Jede Menge Kommunikationsarbeit und eine gehörige Portion Forscherdrang haben Wuppertals grünen Anlagen eine erhöhte öffentliche Wahrnehmung erobert. Dabei ist es gelungen, unterschiedliche Medien zu nutzen und verschiedene gesellschaftliche Kreise einzubeziehen. Neben den Besitzern und Nutzern von grünen Anlagen konnten zahlreiche Vereine, Wohnungsbaugesellschaften und Unternehmen für die Öffentlichkeitsarbeit gewonnen werden. Antonia Dinnebier

links und oben: Einweihungsfeier Tafeln de Weerth-Garten linke Seite: WDR am Hohenstein links außen: Spielplatz Weyersbuschturm

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German Song beeindruckte Die Rezension erschien zuerst am 5. Juni 2012 im Remscheid er General-Anzeiger „Es ist ein Weinen in der Welt, als ob der liebe Gott gestorben wär...“. Schier grenzenlose Traurigkeit und Verlorenheit spricht aus den Zeilen des Gedichts von Else Lasker-Schüler. Und wer sie schon einmal für sich gelesen - mithin „innerlich“ gehört - hat, der hat ihnen vermutlich einen entsprechend dunkelschweren Ton verliehen. Doch Caroline Keufen spricht sie ganz hell und mit einem Lächeln.

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Immer wieder schenkt die Schauspielerin und Regisseurin der literarischen Performance „German Song“ den Gedichten einen überraschend hellen, leichten Klang. Ein gekonnter Kunstgriff, denn die Irritation erzeugt eine unterschwellige Spannung, von der man als Zuhörer gepackt wird, ohne sogleich zu wissen warum. Es geht um die dunkelste Zeit deutscher Geschichte Und das zieht sich durch diesen Abend: Worte, Klänge, Tanz, Licht und Bilder in wandfüllenden Projektionen, collagenhaft zusammengesetzt, schaffen eine dichte Atmosphäre, wecken Gefühle, erzeugen wechselnde Stimmungen und unterlaufen damit eventuell vorhandene intellektuelle Barrieren zur Abwehr schwer erträglicher Inhalte. Denn leichte Kost sind die nicht, soviel ist schon im ersten Moment klar, wenn noch im Bühnendunkel ein markerschütternder Schrei ertönt.

Ein Schrei aus dem Schützengraben, vielleicht, der Schrei eines Mannes, den seine grausamen Erlebnisse bis in die Träume verfolgen. Es geht um die dunkelste Zeit deutscher Geschichte („der Tod ist ein Meister aus Deutschland“), um Schuld, die sich ebenso wenig abwaschen lässt wie das Blut im Blaubart-Märchen, um Verblendung, wenn ein 16-Jähriger sich freiwillig zur Waffen-SS meldet und in seinem Kriegstagebuch von russischen Soldaten als „Futter für mein MG“ spricht. Und am Ende auch darum, dass von solcher Art Verblendung auch der Terror unserer Tage lebt. Aber es geht auch darum, was Poesie, Kunst und Musik vermag: Unsagbares auszudrücken und zugleich Gegenwelten zu Grausamkeit und Gewalt zu schaffen. „Ich will in das Grenzenlose“ heißt es in Else LaskerSchülers Gedicht „Meinwärts“, und dazu öffnet sich lichtblau und weit der Himmel, zieht ein Vogel vorbei, und wenn die Worte verklungen sind,


im Teo Otto Theater

tragen der Tanz der phantastischen Chrystel Guillebeaud und die sachten Piano- und Percussionklänge die Zuschauer weit hinaus in den ersehnten hellen, freien Raum. Trotz einiger kleiner technischer Unstimmigkeiten bei der Uraufführung am Sonntag im Teo Otto Theater, die gelegentlich die Intensität schwächten: Dieser Abend bot eine große Dichte an Eindrücken, die sich anschicken, noch lange nachzuklingen. Anne-Kathrin Reif

Die Akteure German Song ist eine Ensembleleistung von: Heiner Bontrup (Autor/Sprecher), Ulrike Müller (Autorin), Caroline Keufen (Sprecherin/Regie), Andreas Ramstein (als Sprecher eingesprungen für Hans Richter), Faith Iyere (Sprecherin/Gesang), Chrystel Guillebeaud (Tanz), Charles Petersohn (Flügel, Syntheziser), Dietrich Rauschtenberger (Schlagwerk, Saxophon) und Wasiliki Noulesa (Videobühnenbild).

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The Sixties – Ausstellung Claes Oldenburg 22.Juni bis 30.September 2012 im Museum Ludwig, Köln Die großangelegte Ausstellung im Museum Ludwig bietet den bislang umfassendsten Überblick zu Oldenburgs künstlerischem Werdegang von den späten 1950er bis in die Mitte der 1970er Jahre, angefangen mit den historisch bedeutenden Installationen „The Street“ und „The Store“ sowie den parallel entstandenen Happenings, über die verschiedenen Soft-, Hard-, Ghost- und Giant-Versions seiner Objektskulpturen der 1960er Jahre bis hin zu den Zeichnungen und Collagen öffentlicher Monumente. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Konzeptualisierung seines Ansatzes in den 1970er Jahren, in deren Zentrum das „Mouse Museum“ steht, ein begehbares Miniaturmuseum in Form einer „Geometric Mouse“, für das Oldenburg seit den späten 1950er Jahren insgesamt 381 Gegenstände: Souvenirs, Kitschobjetke und Ateliermodelle gesammelt hat.

Shoestring Potatoes, Spilling from a Bag, 1966, Leinen gefüllt mit Kapok, Leim, bemalt mit Acryl, 274,3 x 132,1 x 101,6 cm Collection Walker Art Center, Minneapolis; Schenkung der T. B. Walker Foundation, 1966 © Claes Oldenburg

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Claes Oldenburg (*1929 in Stockholm) zählt zu den großen Namen der amerikanischen Pop Art. Seine zumeist an banalen Alltagsgegenständen orientierten Skulpturen bergen stets ein Überraschungsmoment, seien es nun die überdimensional großen Lichtschalter oder Eishörnchen aus schlaffen, gefütterten Stoffen oder seine monumentalen Außenskulpturen in zahlreichen Metropolen der Welt. Riesige, ca. zwei Meter lange Pommes frites fallen aus einer Tüte von der Decke des Ausstellungsraums, ein riesiges Tortenstück und ein ca. 3,5 Meter langes Eishörnchen aus schlaffem Stoff liegen auf Sockeln, wie auf einem riesigen Bett im Ausstellungsraum. Ein Eishörnchen aus Kunststoff befindet sich auch auf dem Dach eines Kölner Einkaufszentrums am Neumarkt. Mit derartigen Monumenten im öffentlichen Raum, die in zahlreichen Metropolen der Welt zu finden sind, ist Claes Oldenburg einer großen Zahl von Menschen bekannt geworden. Claes Oldenburg (*1929 in Stockholm) ist einer der Hauptvertreter der amerikanischen Pop Art. Er gehört zu einer Generation von Künstlern, die sich um 1960 auf die Fahnen geschrieben hatte, die Kunst aus ihren elitären Kreisen zu befreien, sie auf radikale Weise populär und lebensnah zu machen. Mit schöpferischem Elan propagierte er eine neue Kunst, die „trieft, die schwer ist und stumpf und plump und süß und blöd wie das Leben selbst“. Die Ausstellung im Museum Ludwig bietet nun den bislang umfassendsten Überblick zu Oldenburgs künstlerischem Werdegang von den späten 1950er bis in die Mitte der 1970er Jahre. Mit zahlreichen, nur selten in dieser Dichte zu sehenden Exponaten und Werkensembles, beleuchtet sie die Entstehungsgeschichte seines künstlerischen Vokabulars - angefangen mit den historisch bedeutenden Installationen: „The Street“, ein Figurenensemble aus Pappkarton, Sackleinen, Zeitungspapier und anderen gebrauchten Materialien, das von Graffiti inspirierte Darstellungen der Schattenseiten Manhattans aufgreift


oben: Lipstick (Ascending) on Caterpillar Tracks, installiert auf der Beinecke Plaza, Mai 1969 bis März 1970, Oldenburg van Bruggen Studio, Foto Shunk-Kender © Roy Lichtenstein Foundation links: Monument for Yale University: Giant Traveling and Telescoping Lipstick with Cangeable Parts in Three Stages of Extension – Modell, 1969, Pappe und Leinen, versteift mit Leim; besprüht mit Lackfarbe und beschichtet mit Schellack Raupenfahrzeug: 14 x 41,9 x 74,9 cm Lippenstift Phase 1: 10,2 x 21,6 x 26 cm Lippenstift Phase 2: 36,8 x 21,6 x 26 cm Lippenstift Phase 3: 59,7 x 21,6 x 26 cm Foto: David Heald (Guggenheim Found.)

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Two Cheeseburgers, with Everything (Dual Hamburgers), 1962, Jute, getränkt in Gips, bemalt mit Lackfarbe 17,8 x 37,5 x 21,8 cm, Museum of Modern Art, New York; Philip Johnson Fund, © Claes Oldenburg

U.S.A. Flag, 1960, Musselin getränkt in Gips über Drahtgestell, bemalt mit Lackfarbe, 61 x 76,2 x 8,9 cm, National Gallery of Art, Washington; Schenkung John und Mary Pappajohn, © Claes Oldenburg

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und „The Store“, eine Installation von 1961 in seinem New Yorker Laden-Atelier, in dem er nachgebildete Gebrauchsgegenstände, überwiegend Kleidungsstücke und Esswaren wie „White Shirt“, „Brown Jacket „ oder „Pastry Case“ präsentierte. Seit 1963 begann Oldenburg die Serie „The Home“, für die er Haushaltsgegenstände in verschiedenen Größen und unterschiedlichen Materialien als Soft-, Hard, Giant- und Ghost Versionen anfertigte. Damals entdeckte Oldenburg Vinyl als Werkstoff und entwarf Gegenstände mit

makellosen Oberflächen, denen allerdings die Spannkraft fehlt und die von der Schwerkraft zu Boden gezerrt werden. Ein Ventilator, dessen Flügel schlapp herabhängen, eine Toilette, die in sich zusammen sinkt, ein riesiger Mixer, der schlaff von der Decke hängt. Die alltäglichen Gegenstände wirken plötzlich fremd und überraschend. Da sie ihrer Funktion enthoben sind, lenken sie den Blick auf die Form. Einen Höhepunkt der Ausstellung bildet das „Mouse Museum“, ursprünglich für die documenta 5 (1972) geschaffen, das

385 kuriose Gegenstände und Ateliermodelle präsentiert, die Claes Oldenburg über Jahre hinweg gesammelt hat. Ein Kugelschreiber in Form eines Frauenbeins, eine überdimensionierte Zahnbürste, ein Tortenstück aus Plastik. Derartige Dinge bilden eine begehbare Schausammlung von Oldenburgs Motivquellen. Floor Cone (1962) vor der Dwan Gallery, Los Angeles, 1963 Oldenburg van Bruggen Studio, Foto: Dennis Hopper © Claes Oldenburg

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Teils unbekanntes Archivmaterial wie die „Clippings“, Ausschnitte aus Magazinen, deren Motive sich später in skulpturalen Werken wiederfinden und von Oldenburg selbst gedrehte Super-8 -Filme sowie Filmdokumentationen seiner Happenings bereichern die Ausstellung weiterhin. Die Ausstellung wurde von Achim Hochdörfer für das mumok Wien konzipiert, weitere Europastation ist das Guggenheim Museum Bilbao. Anschließend reist sie weiter ins Museum of Modern Art New York und ins Walker Art Center. Im Museum Ludwig Köln, das auch als größter Leihgeber firmiert, wird sie vom 22. Juni bis 30. September 2012 zu sehen sein. Kurator für das Museum Ludwig ist Dr. Stephan Diederich. Die Ausstellung wird unterstützt von der Peter und Irene Ludwig Stiftung, der Commerzbank-Stiftung sowie der Terra Foundation for American Art. www.museum-ludwig.de

Giant Soft Fan, 1966-67 Vinyl gefüllt mit Schaumstoff, Leinen, Holz, Metall, Kunststoff Fan, approximately / ca. 305 x 149,5 x 157,1 cm, Gesamtlänge mit Schnur 739,6 cm The Museum of Modern Art, New York. The Sidney and Harriet Janis Collection Photo: mumok, © Claes Oldenburg links: Soft Dormeyer Mixer, 1965 , Vinyl, Kapok Holz, Aluminiumrohre, Elektrokabel und Gummi 79.7 x 51.1 x 30.5 cm Whitney Museum of American Art, New York Purchase, with funds from the Howard and Jean Lipman Foundation, Inc. / Ankauf ermöglich durch die Howard and Jean Lipman Foundation, Foto: mumok / Jerry L. Thompson © Claes Oldenburg rechts: Soft Toilet, 1966, Holz, Vinyl, Kapok, Draht, Acrylglas auf Metallständer und bemaltem Holzsockel , 144,9 x 70,2 x 71,3 cm, Whitney Museum of American Art, New York 50th Anniversary, Schenkung Mr. und Mrs. Victor W. Ganz anlässlich des 50-jährigen Bestehens, Foto: Sheldan C. Collins © Claes Oldenburg

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Auf die Lady … … und doch nicht in der Gosse gelandet

Mechthild Großmann Szenenfoto aus „Two cigarettes in the dark“, Aufführung des Wuppertaler Tanztheater Pina Bausch aus den 80er Jahren Foto: Günter Krings

An ihrer Medienpräsenz in Wuppertal gab es eigentlich nichts zu mäkeln. Der Name Mechthild Großmann kam vor allem immer wieder ins Gespräch, wenn es um Pina Bausch ging. Der populäre Münsteraner ARD-Tatort an sich und ihre eher kleine, aber sehr wirkungsvolle Rolle als Staatsanwältin Wilhelmine Klemm im Besonderen waren ein weiterer, sehr zwingender Grund für eine Folge über Mechthild Großmann in der Beste-Zeit-Serie über die Schauspieler und Sänger, deren Karrieren eng mit dem Namen Wuppertal verbunden sind und waren. Zumal Mechthild Großmann zur Kategorie der Künstler zählt, über die man in der Öffentlichkeit trotz eines beachtlichen Bekanntheitsgrades im Grunde eher wenig als viel wusste. Das machte sie keineswegs unsympathisch, den Autor aber umso neugieriger. Nach den spannenden Erfahrungen der ersten Serie aus den Jahren 2002/2003 ging es um die Strategie, Frau Großmann von der aktiven und unbedingt wichtigen persönlichen Präsenz beim Gespräch zu überzeugen. Diesem Wunsch zu

Hilfe kam eine Information des RundschauKollegen Stefan Seitz. Er hatte Mechthild Großmann bei einer Premiere im Opernhaus gesehen und das bedeutete: sie war wohl in der Stadt. Das Netzwerk wurde verdichtet: Rundschau-Redaktionsleiter Hendrik Walder telefonierte mit der Tanztheater-Pressechefin Ursula Popp und bat um Kontaktaufnahme mit der Künstlerin und den Hinweis, sie gehöre doch nun ganz sicher in dieser Serie. Machen wir es kurz: das war ein Volltreffer und wenig später meldete sich Mechthild Großmann tatsächlich am Handy. Sie war am Zuge. Das Treffen für das Gespräch wurde sehr kurzfristig vereinbart. Etwas aufgeregt (was ansonsten eher selten vorkommt) wurde an der vereinbarten Schelle eines Hauses an der Wittensteinstraße in Unterbarmen geklingelt. Mechthild Großmann erschien, entsorgte noch etwas Hausmüll und dann ging es in Richtung Toelleturm zu einem sehr angenehmen Gespräch auf die Terrasse des Restaurants „Zur alten Bergbahn“. Mechthild Großmann war „im Kasten.“

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Achtzehn Jahre lang hat Mechthild Großmann in Wuppertal gewohnt. Sie hat in dieser Stadt gelebt, gelitten, genossen und mit Pina Bausch und ihrer Compagnie des Tanztheaters die Welt bereist. Im Jahre 1997 ist die in Münster geborene Schauspielerin nach Hamburg gezogen. Dort lebt sie im Stadtteil Uhlenhorst. Im Deutschen Schauspielhaus gegenüber dem Hamburger Hauptbahnhof (dem mit 1192 Plätzen größten deutschen Sprechtheater) ist sie anlässlich der Verleihung des renommierten Henry NannenPreise 2011 mit einer Lesung aufgetreten. Mechthild Großmann wird gern und oft für Lesungen gebucht. Kein Wunder, bei dem Bass. Der hat seine Ursache in verknorpelten Kiefer-und Stirnhöhlen, festgestellt von einem Arzt bei einer Untersuchung im Teenager-Alter wegen einer starken Erkältung. Die tiefe Stimme hat einen ihrer Deutschlehrer zu der Bemerkung veranlasst: „Du landest in der Gosse.“ Der Pädagoge irrte. Die tiefe Stimme der ausgebildeten Schauspielerin Mechthild Großmann hat – das konnte nicht ausbleiben – zu vielen Rollen von Figuren im Rotlichtmilieu geführt. Wobei einem nicht einmal Insider verraten können, ob Prostituierte bevorzugt tiefe Stimmen haben müssen. Die Stimme ist neben etlichen anderen unverwechselbaren Attributen das Markenzeichen der Rolle mit dem Namen Wilhelmine Klemm. Das ist die oftmals zu wirklichkeitsfremden Zeiten und in ebensolchem Outfit an Tatorten auftauchende, stets vom Leben und dem Alltag gezeichnet wirkende Staatsanwältin im Münsteraner Tatort. Mit Axel Prahl als Kommissar Thiel und Jan Josef Liefers als komischer Gerichtsmediziner Professor Karl-Friedrich Boerne. Und seiner aus Remscheid stammenden, kleinwüchsigen Assistentin ChristTine Urspruch als „Alberich“. Es ist Deutschlands beliebtester Tatort geworden mit Einschaltquoten von über 11 Millionen und selbst eine Wiederholung „Fluch der Mumie“ am Pfingstsonntag 2011 sahen noch sagenhafte 6,3 Millionen Menschen. Mechthild Großmann ist von Beginn des Münsteraner Tatortes dabei und die Rolle der Staatsanwältin bestand „eigentlich nur darin, dass sie rauchte.“ Mechthild Großmann hat für das Profil gesorgt.

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Mechthild Großmann mit Axel Prahl. Szenenfoto aus Tatort Münster, 2003. Foto: WDR

Mechthild Großmann mit dem Schauspieler Sierk Radzei Doch alle ARD-Tatorte, „Berlin Alexanderplatz“ mit der Legende Rainer Werner Fassbinder „Nirgendwo in Afrika“ mit der dafür Oscar-preisgekrönten Regisseurin Caroline Link und unzählige andere Auftritte dieser Frau mit ihren vielen Gesichtern und Gebärden verblassen, wenn es um Pina Bausch geht.

Obwohl die künstlerische Arbeit von Mechthild Großmann in Wuppertal keineswegs auf Pina Bausch beschränkt war und ist. Sie spielte im „Faust“ die Rolle der Marthe Schwerdtlein, die Hauptrolle in „Mutter Courage“ und wurde für ihr Ein-Personen-Stück „Wo meine Sonne scheint“ gefeiert.


Die Frau, die im Jahre 1975 eher plötzlich und unerwartet in das Leben von Mechthild Großmann trat, ist am 30.Juni 2009 nicht nur aus ihrem Leben, sondern hoch verehrt und geachtet aus dem von Menschen in aller Welt geschieden: Pina Bausch. Unser Gespräch für diesen Text auf der Terrasse des Restaurants „Zur Alten Bergbahn“ in den Barmer Anlagen begann mit einem „Zum Wohle“ und dem Blick nach oben „auf die Lady.“ Schnelle Rückblende in das Jahr 1975. Mechthild Großmann spielte am Württembergischen Staatstheater in Stuttgart, zuvor in Bremen bei Kurt Hübner und am Bochumer Schauspielhaus. Der vom Thalia-Theater aus Hamburg nach Wuppertal gewechselte Kurzzeit-Intendant Hanno Lunin hatte am Schauspielhaus an der Kluse das Schiller-Trauerspiel „Kabale und Liebe“ auf dem Spielplan, Premiere war am 17.Januar 1976. Peter Striebeck führte Regie, Mechthild Großmann war für die Rolle der „Lady Milford“ vorgesehen. Gerd Mayen spielte die Rolle des Präsidenten von Walter, Erich Leukert den Hofmarschall von Kalb und Siemen Rühaak den Ferdinand. Auch der seit Jahren in vielen TV-und Bühnenproduktionen engagierte Siemen Rühaak zählte in seiner einzigen Rolle im Wuppertaler Schauspielhaus als „Ferdinand“ zur Besetzung des Schiller-Klassikers mit dem Bühnenbild von Hanna Jordan.

Eher zufällig ist dabei Pina Bausch aufgetaucht und heute sagt Mechthild Großmann ehrlich: „Ich kannte sie nicht, war auch nie einem Stück von ihr gewesen. Sie suchte eine Sängerin und hat gefragt, ob ich das könnte. Schließlich habe ich den Surabaya Johnny von Brecht gewählt. Man musste mir aber den Text geben. Ich habe mich hinter dem Notenständer verkrochen und noch ein Bein hochzogen, damit man mich nicht sehen konnte.“ Die Kurzfassung: „Dann hat sie gefragt: wollen wir es versuchen?“ Für die damals 28-Jährige begann ein anderes Leben, als sie es jemals plante und gegen die Warnung von Kollegen „Im Ballett sieht dich kein Schwein mehr.“ Auch das war ein Irrtum. 1979 ist Mechthild Großmann Bürgerin Wuppertals geworden. Immer mit Wohnungen in fußläufiger Entfernung zu „Pinas Nest“ am Fingscheid in Unterbarmen. Weltweit unterwegs und gefeiert. Mit unzähligen kleinen und großen Erinnerungen. In Paris traf sie nach einer Vorstellung den damaligen Opern-Intendanten Rolf Liebermann wieder. 1968 war er Intendant der Hamburger Staatsoper. Dort hatte Mechthild Großmann 1968 in einer Tannhäuser-Inszenierung von Harry Meyen eine kleine Rolle, die der Studentin eine dankbar genommene Abendgage von 800 DM brachte. Mit Pina Bausch trat Mechthild Großmann

in der Mailänder Scala auf und hat auf der großen Scala-Bühne einige wenige Zeilen gesungen. Sie traute sich auf der Bühne viel zu “denn bei Pina war ich mir immer sicher. Trotzdem habe ich mich bemüht, nur Dinge zu tun, die ich richtig kann. Dafür habe ich alles benutzt: den Kopf, die Haare, die Arme, die Beine und wenn ich Menschen spiele, dann muss man sie auch riechen können.“ Zum Ende: die Todesnachricht der großen Pina Bausch hat ihr in Hamburg ihr Freund, der Tänzer Professor Lutz Förster telefonisch überbracht. Etliche Stunden vor der Information an die Öffentlichkeit. Trotzdem geht das Leben mit Pina Bausch weiter. Zu besonderen Anlässen trägt Mechthild Großmann ein Kleidungsstück von Pina Bausch. Eine leichte, sehr chice dunkle Jacke. Bei unserem Gespräch hat sie diese Jacke getragen. Auf die Lady. Klaus Göntzsche

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Alter Friseurmeister Später Besuch Die Eingangspforte führt mich in eine andere Welt. Seltsame Stille umfängt mich. Aus meinem Alltag kehre ich zurück in dieses Haus, das Altenheim am Rande der Stadt. Ein Jahr ist vergangen. Ich erinnere mich an meine Fototermine, an die Gespräche und Begegnungen mit den Menschen, die hier wohnten. Sie leben nicht mehr. Ich nehme den Fahrstuhl in die dritte Etage, werfe einen Blick durch geöffnete Türen. Die Zeit scheint sich zu verstecken. Zwischen Möbeln, Blumen und Fotoalben. An diesem Ort treffen sich Vergangenheit und Gegenwart. Meine Gedanken lasse ich treiben. Der Raum neben dem Speisesaal gehört einer vornehmen alten Dame, ehemals Primaballerina eines großen Theaters, das Zimmer gegenüber einem Friseurmeister, der begeistert über seine Arbeit redet. Die Nachbarin berichtet über ihre Flucht aus Ostpreußen im Winter 1945, die sie als junge Frau überstehen musste. Eine Bildhauerin, stark von Krankheit gezeichnet, kann ihre Gefühle nicht mehr in Worte fassen. Ihre Augen und Hände sprechen. Bald pendelt sie zwischen Wachen und Schlaf. Ich sehe die Heimbewohner vor mir. Ihre Freude, ihre Trauer. Sie haben geliebt, gelitten, gekämpft und geträumt. So wie wir. Erinnerungen werden mitgenommen auf die Reise in die Nacht. Manchmal ist es ein langsamer Abschied. Mit meinen Fotografien habe ich versucht, Augenblicke ihres Lebens zu bannen, ihnen Dauer zu verleihen. In Ihren Gesichtern spiegelt sich gelebtes Leben. Jede Falte erzählt eine Geschichte. Einige Geschichten trage ich in mir. Ich bewahre sie. Vor dem Fenster pfeift nun ein kalter Wind. Nachdenklich verlasse ich dieses Gebäude, das mir durch meine Besuche vertraut geworden ist. Die Momente, die ich mit den alten Menschen verbringen konnte, kehren nicht wieder. Alles ist in Bewegung, an eine bestimmte Zeit gebunden. Das zu akzeptieren, fällt mir schwer. Neue Bewohner sind eingezogen. Wie lange werden sie bleiben... Foto und Text: Elisabeth Heinemann

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Arbeitsscheuer Präsident Elisabeth Heinemann geboren in Zittau als Tochter von Pia-Monika Nittke und Willy Jähnig aufgewachsen in Meißen und Magdeburg, Schulzeit in Magdeburg (Abitur) Pädagogik-Studium in Erfurt (Kunst und Russisch), verheiratet, zwei Kinder seit 1993 Beschäftigung mit Fotografie seit 1996 freiberufliche Tätigkeit als Fotografin zahlreiche Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen sowie Preise bei Fotowettbewerben Arbeit am Ausstellungsprojekt „außer gewöhnlich (Künstlerportraits) gemeinsames Ausstellungsprojekt „Die Feinheit des Sehens” mit dem Maler und Grafiker Willy Jähnig Veröffentlichungen (Auswahl) 1999 fotografische Gestaltung des Gedichtbandes „Poetic Allegories”, Pennsylvania, USA mit Prof. Claude R. Foster, Lyrik, und Pia-Monika Nittke, Nachdichtung und Vertonung 2002 Kalender „Von Frauen und Katzen” mit Gedichten von Torsten Olle 2003 Lyrik-Foto-Band „schon morgen ist alles anders”- mit Dorothea Iser 2003 Fotografien für den Gedichtband „Trügerische Ruhe” von Pia-Monika Nittke 2004 Fotografien für die Anthologie „Herz über Kopf ” 2005 „Alte Liebe” - mit Dorothea Iser und Marcus Waselewski 2005 „Lebenswege Magdeburger Frauen in Porträts und Texten” 2006 und 2009 Fotografien für die Gedichtbände „Zwölf Monde” und „Zwischentöne” von PiaMonika Nittke 2010 Fotografien für das Buchprojekt „Die Facetten des Alter(n)s” von Prof. Gerd K. Schneider Weitere Informationen: www.elisabeth-heinemann.de

„Zum ersten Male habe ich ihn in der Volkshochschule gesehen, im Philosophiekursus“, sagte seine Frau zu mir, als er gestorben war. „Er kam etwas später, ging an der Wand vorsichtig an den Sitzreihen vorbei, damit er niemanden anstieß, und da dachte ich: „Wat fürn lev Männeken! Den musste haben.“ Damals waren beide etwa fünfzig Jahre alt, fiel mir ein. Es muss um 1966 herum gewesen sein. Er war etwa Vierzig, als ich ihn kennenlernte. Das war in einem Sprachkurs der Volkshochschule. Er war, wie man bei uns sagt, ein schmales Handtuch, nicht groß, immer bereit, in der Mitte ein wenig einzuknicken. Sein Gesicht war wie das eines Alien, falls Sie schon einen gesehen haben, tief liegende Augen, blass, dicke Brille, wenig Haare, ein kleiner Kopf, aber ein höfliches Gesicht. Das war der Präsident, wie wir ihn also nannten, so liebten ihn alle, vor allem wegen seiner Diskretion und Bescheidenheit. Er konnte von sich behaupten, noch nie im Leben einen Beruf ausgeübt zu haben, aber er lebte in einem interessanten, alten Haus, das er von seinen Eltern geerbt hatte. Wovon er lebte? Ich glaube, er bekam eine kleine Waisenrente – als Beamtenkind -, denn die Ärzte hatten ihn von Jugend auf als arbeitsunfähig zertifiziert, als Neurastheniker. Und doch habe ich nie erlebt, dass er krank war. Oder schwach, denn das war er eigentlich auch nicht, bei unseren stundenlangen Spaziergängen hielt er tapfer mit. Ich denke nicht, dass dies der Diagnose der Ärzte widersprechen muss. Ein Simulant war er sicherlich nicht. Vielleicht hatte er gelernt, das zu tun, was er aushielt, vielleicht auch nur das, was er gerne tat und bei dem nicht die Gefahr des Versagens bestand. Manche meinten, er sei einfach arbeitsscheu, ein Mann, der bei seinen Eltern lebte, vormittags in die Stadt ging und im Schaukasten die Zeitung las, einen langen Mittagsschlaf machte, dann einen kleinen Spaziergang, dann mit angespanntem Ge-

sicht in seinem Zimmer vor dem Radio saß. Er sammelte außerdem Schiffsmodelle. Die standen in Regalen ringsum im Zimmer. An dieser Stelle muss ich einschieben, dass in kurzer Folge seine altgewordenen Eltern starben. Er blieb jeweils einige Tage von Gemeinsamkeiten fern, dann tauchte er wieder auf. Man merkte ihm nicht an, ob ihn der Tod der Menschen, die ihn sein Leben lang beschützt hatten, sehr getroffen hatte. Eines Tages kam er auch zu uns in den TURM. Für diesen Kreis brauchten wir eines Tages, als es schon mit der TURMArbeit zu Ende ging, einen Vorsitzenden, und er ließ sich tatsächlich überreden, diesen Posten zu übernehmen. Seitdem nannten wir ihn „Präsident“. Wir beide sahen uns oft. Mir kam das entgegen, denn ich war in dieser Zeit viel allein und war es nicht gerne. Er war so anhänglich und anpassungswillig, dass ich ihn sozusagen überall mitnehmen konnte, die Leute gewöhnten sich daran, dass er mich häufig begleitete. Eine merkwürdige Kumpanei. Selten versuchte er, seinen Willen oder seine Wünsche durchzusetzen, aber es wäre falsch, zu sagen, dass man ihn nicht als Person respektierte. Schließlich war er ja ein durch und durch anständiger, bürgerlicher Mensch. Eine Führungsrolle übernahm er nie, auch nicht im TURM. Das wäre zu viel verlangt gewesen von einem Menschen, der nicht glaubte, im sozialen Gefüge irgendeine Rolle zu spielen. Er blieb bescheiden, und nie ließ er sich korrumpieren oder zu Liebedienereien hinreißen. Und noch eine Eigenschaft von ihm: Er sprach so gut wie nie von sich, aber er zeigte ein intensives Interesse an den Äußerungen anderer Leute. Es war meine Zeit langer und fast täglicher, gemeinsamer Spaziergänge. An den Wochenenden wurden Wanderungen daraus. Vielleicht wollte auch ich das Leben aufschieben. Es war auch die Zeit unserer Freundschaft. Er nahm Anteil an meinem Leben, ich an seinem.

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Was uns hauptsächlich verband, waren die unzähligen langen Abendspaziergänge, die Wanderungen an Samstagen und Sonntagen – lehmgelbe Wege, Zäune, glitzernde Kuhaugen, spiegelnde Weiher, die geheimnisvolle grüne und bemooste Schönheit von Lichtungen, weiße Wolken, unter denen der Sommerwind fächelte; sprachlose Wanderungen meistens, aber ich behaupte, sie verbanden uns, die wir widerstands- und konfliktlos miteinander durch die Zeit wanderten. Denn es vergingen Jahre. Tagsüber war ich im Büro einer mittelgroßen Versandfirma, diktierte Briefe auf ein Gerät und kümmerte mich um die Werbung. Die bestand hauptsächlich aus Postwurfsendungen, die wir zunächst in meiner Abteilung kouvertierten. Aber das hielt uns alle sehr auf, und es war gut, dass ich einen ungewöhnlichen Einfall hatte. Nachdem ich mir die Genehmigung vom Geschäftsführer besorgt hatte, fragte ich den Präsidenten, ob er die Arbeit des Werbeversands nicht bei sich zu Hause erledigen könne, gegen Bezahlung, versteht sich. Der magere, blasse Präsident erkannte, dass er keine Aufseher und keine Kritiker haben würde, und er traute sich das Adressensammeln und Einschätzen von vermuteten Abnehmern zu, das Versenden natürlich auch. Aus dem angeblich arbeitsscheuen Präsidenten war bald eine hoch motivierte Arbeitskraft geworden. Niemand in der Firma arbeitete so präzise wie er. Bald war er die erste Adresse für jeden Mitarbeiter, wenn der etwas Detailliertes über Branchen oder Firmen und deren Umsätze oder Bedarf erfahren musste – der Präsident verfügte bald über eine Fülle von Wirtschaftsinformationen. Sobald er sich eingearbeitet hatte, wurde er auch sozial aktiv. Er verabredete sich mit einer zarten, leisen Lehrerin aus dem TURM – klingt merkwürdig, aber solche gab es – und traf sich einige Male mit ihr im Café. Er hat mir nie erzählt, was sie besprachen, aber es muss Missverständnisse gegeben haben, ich weiß aus einer

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kurzen Begegnung, dass sie ein empfindliches Seelchen war und sonst niemals Männer traf. Aber für den Präsidenten war es ein tiefes Erlebnis. Ein Mensch war durch ihn bewegt worden, vielleicht enttäuscht, vielleicht sogar erschüttert. Und er hatte das auf dem Gewissen! Ich tat mein Bestes, um ihn davon zu überzeugen, dass diese Lehrerin völlig ungeeignet für eine Gemeinschaft war. Ich weiß aber nicht, ob ihn irgend jemand überhaupt von irgend etwas überzeugen konnte. Er versteckte sich ja sein Leben lang auf eine unerhört höfliche Art. Aber er hatte doch einen weiteren Schritt ins Leben getan, denke ich. Er hatte zu tun, er wurde gebraucht, er musste hier hin und dort hin – aber vor allem hatte er gefühlt, dass ein Mensch ein Vulkan ist, der ausbrechen kann. Und starke Gefühle können unerträglich sein. Das alles war vorher für ihn anders gewesen. Jetzt macht meine Erinnerung einen Sprung, der Präsident ist nicht mehr im Blickfeld, sondern die Szenen, in denen mein Lebens- und Berufsweg eine andere Richtung einschlug. Ich wechselte die Firma und zog in eine andere Stadt. Ich habe noch zu berichten, dass mein arbeitsscheuer, blasser, magerer, dünnknochiger Präsident in dem Jahr meiner Abwesenheit zum Leiter der EDV-Abteilung ernannt worden war und endlich sozialversichert. Mit Unterschriftsberechtigung. Ich glaube, er war der zuverlässigste und eifrigste Mitarbeiter geworden, dieser Eigenbrötler, der bis vor kurzem den Status Waisenkind innehatte; er, der nie direkt widersprach, der niemanden bewertete, der sich für zu unwichtig hielt, um zu erwarten, dass sich jemand um ihn kümmerte, er, dieser unendlich liebenswerte Mensch. Übrigens hatte er geheiratet. Eine ebenfalls dünnknochige, kleine Schneidermeisterin. Sie wurden ein glücklich turtelndes, betuliches Paar, er und die Frau, die, wie schon erwähnt, bei seinem ersten Anblick gedacht und gefühlt hatte: Wat fürn lev Männeken. Den musste haben.

Schließlich hatte er aufhören müssen zu arbeiten, und nun war er krank, schlimmer noch, er war halbseitig gelähmt. Er hatte einen Schlaganfall gehabt, und danach verschlechterte sich sein Zustand rasch. Schließlich konnte er nicht mehr sprechen. Ich hörte davon. Als ich anrief, sagte mir seine Frau, dass ich ihn besuchen dürfe. Ich fuhr hin und fand ihn in seinem riesigen Ledersessel in einem kleinen Wohnzimmer. Es war im Reihenhaus seiner verstorbenen Eltern, ein Haus aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg, und die Zimmer waren sehr klein. Er war immer noch das kleine, graue Männlein mit den großen, wasserblauen Alien-Augen. Sprach nicht, blickte nur vor sich hin. Ich merkte, ich konnte nur mit seiner Frau sprechen, der Präsident schien aber aufmerksam zuzuhören. Ich sah aber, dass die beiden sich mühelos verständigten. Ob sie die ganze Pflege übernahm, ob ein Pflegedienst kam, erfuhr ich nicht. Irgendwann sagte seine Frau etwas Hoffnungsvolles zu ihm, ich versuchte es auch, erinnerte an die alten Zeiten, wo wir Abend für Abend Gesundheitsspaziergänge machten, aber auch wundervolle Wochenend-Wanderungen. Die Wiesenwege im Bergischen Land tauchten auf, verlorene Paradiese, und dem Präsidenten rollten einige Tränen die Wangen herab. Ich nahm ihn in den Arm, drückte ihn an mich, und verabschiedete mich. Er sah mich stumm an, und dann liefen Tränen über sein Gesicht. Weinen konnte er noch. An der Haustür sagte ich zu seiner Frau etwas über die Kraft, die sie jetzt brauche – aber sie unterbrach mich: „Wir sind aber glücklich. Es ist so schön, dass ich ihn noch habe.“ Ich war beschämt. Ich sah, hier gab es etwas, das stärker war als das Schlimmste.

Karl Otto Mühl


Elektroniker, Geocacher, Dozent Annäherungen an ein Porträt von Heiko Meins Einer, der sich engagiert. Neugierig geblieben ist und gerne seine Kenntnisse weitergibt an Kollegen und Freunde, Auszubildende oder – Stichwort Junioruni – an Kinder: Heiko Meins, geboren am 21. März 1969 in Vohwinkel, arbeitet bei den Wuppertaler Stadtwerken (WSW), in deren Betriebsrat er seit der letzten Wahl Sitz und Stimme hat.

Im Westen der Stadt ist er aufgewachsen: Nach dem Besuch der Grundschule Elfenhang und der Hauptschule Alte Dorfstraße ging er bei den WSW in die Lehre, die er als Elektroanlageninstallateur und Energieanlagenelektroniker abschloss. Im Unternehmen durchlief er verschiedene Abteilungen und ist momentan als technischer Sachbearbeiter in der „Planung und Projektierung Strom“ beschäftigt. So gehörte es zu seinen Aufgaben, den voraussichtlichen Strombedarf der neuen Justizvollzugsanstalt in Ronsdorf zu ermitteln und zu überprüfen, welche neuen Leitungen zu bauen waren, damit nicht am Tag X die Lichter in der JVA an- und in der Umgebung ausgingen. Dabei kam ihm seine Weiterbildung zum staatlich geprüften Techniker (Fachrichtung Elektrotechnik) zugute, die er 2001 beendete. Diese Qualifikation ist mit dem Fachabitur verbunden. Zwei Jahre zuvor hatte er schon die Berechtigung erworben, selber auszubilden. Kindern Grundkenntnisse der Elektronik zu vermitteln, macht ihm großen Spaß. Bisher hat er als Dozent an der Junioruniversität sieben bis zehn Jahre

alte Mädchen und Jungen auf eine Reise in die Elektrotechnik mitgenommen. „Wie kommt der Strom in die Steckdose?“ hieß die Ausgangsfrage. Warum bleiben Haare am Kamm hängen? Das Phänomen kennt jeder, die Erklärung ist eine andere Sache. Heiko Meins demonstriert an einem Luftballon, an dem ein Wollschal gerieben wird, wie sich Elektronen bilden: Styroporkügelchen bleiben jetzt an dem Ballon hängen, die vorher, also ohne Reibung mit dem Schal, nicht gehaftet hätten. Komplexe Vorgänge anschaulich zu machen, ist sein Anspruch. Die Kinder sollen „keine Angst, aber Respekt“ vor technischen Abläufen haben, die ja auch bei Fehlbenutzung gefährlich werden können. Sein jüngster Kurs über Mikrocontrollerprogrammierung richtet sich an Zehn bis 14-Jährige. Mikrocomputer stecken heutzutage in jeder Waschmaschine oder jedem Handy, das Interesse ist schnell geweckt. Die Arbeit für die Junioruni ist ehrenamtlich. „Sie gibt mir sehr viel.“ Aus „Spaß an der Freude“ ist Meins auch Schöffe geworden. Einmal im Monat nimmt er an einer Gerichtsverhandlung teil. Bei der Konstellation „ein Richter, zwei Schöffen“ kann es durchaus

Auf der Weihnachtsfreier der SPD Heckinghausen-Heidt Foto: David Mintert

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vorkommen, dass die Beisitzer den ausgebildeten Juristen überstimmen. Bei einem seiner letzten Fälle ging es um den Diebstahl von Thermomixgeräten, in denen, der Leser ahnt es schon, ebenfalls ein kleiner Mikrocomputer steckt, der ausgelesen werden kann und Auskünfte darüber gibt, wie lange solch ein innovativer Küchenhelfer benutzt worden ist und ob es sich beispielsweise um ein Vorführgerät handelt. Aus diesem „Fall“ lässt sich unter Weglassung von Namen und Daten durchaus lebendiger Unterricht gestalten. Nicht meckern, sondern anpacken, könnte sein Lebensmotto heißen, und so ließ er sich auch nicht lange bitten, als ihm sein SPD-Ortsverein nahelegte, für die Bezirksvertretung Heckinghausen zu kandidieren. Über seine Arbeit in dem Gremium berichtet er kontinuierlich auf seiner eigenen Internetseite www.heiko-meins.de. Erfreut konnte er bei einem der letzten – regelmäßig stattfindenden – Informationsstände seiner Partei feststellen, dass Öffentlichkeitsarbeit zu bestimmten Zeiten aufmerksam registriert wird: „Ihr seid die Einzigen, die sich auch, wenn keine Wahlen angesagt sind, blicken lassen.“ Dem umtriebigen Meins sind auch in seiner Freizeit schweißtreibende

Geocaching: beim Klettern (Nordpark Wuppertal) Foto: Michael Diederichs

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Tätigkeiten nicht fremd. Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Claudia Schmidt, die im Einzelhandel beschäftigt ist, geht er regelmäßig in die Tanzschule: Standard und Latein sind die Disziplinen. Beide leben seit sieben Jahren zusammen. Dritter im Bunde ist eine Katze namens „Pünktchen“. Und beide frönen einer weitgehend noch unbekannten Lieblingsbeschäftigung, dem Geocaching. Dabei handelt es sich um eine „Schnitzeljagd per Satellit“, wie es in einer Reportage heißt, die in der WSWMitarbeiterzeitschrift „Kontakt“ erschienen ist. Heiko Meins wurde zu diesem Zweck auf die Hardt begleitet, wo er mittels eines „Cashes“ und eines GPS-Empfängers eine knifflige Aufgabe zu bewältigen hatte. Das Gerät, das der Verarbeitung des global positioning systems, das vielen Autofahrern vom Navi her ein Begriff ist, dient, sieht aus wie ein in die Jahre gekommenes Handy und ist das wichtigste Werkzeug des „Schatzsuchers“.

Die Koordinaten des Caches holt sich der Interessent von bestimmten Seiten im Internet, die www.geocaching.de oder ähnlich heißen. Ein Geocache ist in der Regel ein wasserdichter Behälter, in dem

sich ein Logbuch, in das sich der Besucher einträgt, und kleine Gegenstände befinden, beispielsweise eine CD oder DVD oder ein Buch, die man herausnimmt beziehungsweise tauscht. Die Kunst besteht darin, das Versteck zu finden, in dem der Cache deponiert ist. Bei komplizierteren Aufgaben müssen Koordinaten ermittelt werden, die zu weiteren Caches führen. Dieses moderne Schatzsucherspiel ist vor allem in den nordeuropäischen Ländern Dänemark, Finnland, Schweden und Norwegen stark verbreitet. Weltweit existieren 1,6 Millionen „aktive Caches“, darunter über 200.000 in der Bundesrepublik. Heiko Meins arbeitet derzeit selbst an der Installierung eines solchen Verstecks, das, so viel verrät er schon jetzt, „mit der Geschichte Wuppertals“ zu tun hat. Für den Motorradfahrer und Jogger, der 17 Jahre beim Deutschen Roten Kreuz tätig war, ist die moderne Schatzsuche „genau das richtige Hobby, weil ich dabei meine Leidenschaft für Technik, Elektronik und Informationsverarbeitung mit dem Bedürfnis, mich nach der Arbeit in der freien Natur zu bewegen, verbinden kann“. Hauptsache, man kann sich orientieren. Matthias Dohmen

Geocaching in einem Einbahntunnel am Dahler Berg (Eisenbahnstrecke stillgelegt) Foto: Heiko Meins (Selbstauslöser)


Neue Kunstbücher Nichts als die Wahrheit vorgestellt von Thomas Hirsch Robert Capa, der als Endre Friedmann 1913 in Budapest geboren wurde, ist eine Legende. Bis heute gilt er als der wichtigste, vielleicht einzig wirklich bekannteste Kriegsfotograf, auch weil er selbst seinem Metier zum Opfer gefallen ist, als er 1954 in Indochina auf eine Mine trat. Capa fotografierte für Agenturen den Spanischen Bürgerkrieg, die japanische Invasion in China, den Zweiten Weltkrieg und die Kriege in Palästina und Indochina. Zu einer Zeit, als die Fotokamera noch schweres Gepäck war, hat Capa Ikonen der Kriegsberichterstattung geschaffen. Aber er war auch Lebemann und Frauenheld. Eine gute, aus dem Französischen übersetzte und von Knesebeck verlegte Biographie von Bernard Lebrun und Michel Lefebvre geht all dem akribisch

auch zu sehen, wie Capas Fotografien in den Magazinen publiziert wurden. Schade ist, dass im Buch die eigentlichen und die begleitenden Fotografien gleich behandelt werden und vor allem deshalb nur wenig von der Energie der eigentlichen Bilder rüberkommt. Aber: Gut und lebhaft geschrieben! Hier hilft ein anderes Buch weiter.

Robert Capa, 96 S. mit 33 s/w und 10 Farbabb., Hardcover, 36 x 26,5 cm, Stern Portfolio Nr. 66. TeNeues, 18,- Euro

Bernard Lebrun, Michel Lefebvre: Auf den Spuren von Robert Capa, 264 S. mit 200 üwg. s/w-Abb., Hardcover, 26 x 21,5 cm, Knesebeck, 39,95 Euro nach und versucht die Widersprüche und die Konsequenzen herauszuarbeiten. Vor allem ordnet sie Capa in seine Zeit ein und stellt den kulturellen Kontext her, in dem sich Capa virtuos bewegte. Und sie zeigt, dass Capa über die Kriegsberichterstattung hinaus das gesellschaftliche Leben und zeitgeschichtliche Ereignisse meisterlich fotografiert hat. Das Buch konzentriert sich auf die Zeit in Paris, wo Capa Wohnsitz und Atelier hatte, welches nun gesichtet wurde. Hilfreich ist gewiss

und zwar in einer expressiv subjektiven Bildsprache, die etwas unterschwellig Bedrohliches besitzt: Es war das Jahr 1943 und die Schweiz produzierte unbehelligt Waffen für den Zweiten Weltkrieg. Tuggener hat riesige Zahnräder aus der Nähe aufgenommen, eine Lokomotive verschwindet im Rauch, die hoch aufragende Backsteinfront einer Fabrikhalle nimmt das ganze Format ein. Aber plötzlich bahnt sich die Gischt eines Gebirgsbaches einen Weg zwischen den Felsen. Die Dramaturgie ist – wie die Bilder selbst – meisterlich. Aber kaum jemand in der Schweiz wusste beim Erscheinen die Kritik zu verstehen, schon bald geriet das Buch in Vergessenheit. Großartig, dass es endlich mit Unterstützung der Jak Tuggener Stiftung als Faksimile bei Steidl wieder aufgelegt wurde, schon die Haptik des Papiers, welche das Schwarz vertieft, ist ein Genuss. Tuggener selbst sprach übrigens von einem „Bildepos“, das und seine Hinwendung zu Fragen der Zivilisation hat er mit dem so ganz anderen Künstler Dan Graham gemeinsam. Die Fotografie ist der wahrscheinlich am wenigsten bekannte Teil von Grahams Werk, das vor allem Objekte, Installationen und popkulturund gesellschaftsanalytische Texte umfasst.

TeNeues hat in seiner Reihe der Stern Portfolio zu den großen Fotografen nun den Band zu Robert Capa aufgelegt. Dort ist Robert Capa nahezu ausschließlich Kriegsberichterstatter. Die Bilder haben nun die Größe und Wucht, um etwas von dem Schockierenden zu vermitteln, das sie zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung, inmitten der Konflikte, zweifelsohne besaßen. Zumal durch die doppelseitigen Aufnahmen erschließt sich, was die Qualität von Capas Fotos ausmacht, die genau die Sekunde festhalten, die berührt. Und in anderen Aufnahmen wendet er sich den Details am Rande zu. Beide Bücher zusammen runden das Wissen um Capa. Vielleicht ist der Schweizer Fotograf und Maler Jakob Tuggener (1904-1988) in seiner Intensität dem verwandt. Seine s/w-Bildfolge „Fabrik“ enthält nicht nur Maschinen- und Fabrikaufnahmen sondern zeigt auch die Arbeiter in ganzseitigen Porträts sowie Ansichten der Natur,

Jak Tuggener, Fabrik, Ein Bildepos der Technik, 104 S. mit 95 s/w Abb., Leinen mit Schutzumschlag, 30 x 22 cm, Steidl, Faksimile der Originalausgabe von 1943, 65,- Euro

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Spiegelungen. 2006 ist es immer noch der gleiche Blick, der banale Funktionalitäten fokussiert, aber Graham wahrt nun mehr die Übersicht und zeigt das Ganze. Übrigens hat Graham einzelne der Fotografien kommentiert, lapidar, trocken. Fotografie ist hier kein autarkes Ereignis, sondern kontextorientiertes Medium zur Analyse. Das Buch aber, das Lars Müller Publishers daraus gemacht hat, gehört (obzwar leider nur in Englisch) mit zu den schönsten und besten auf dem Kunstbuch-Markt der letzten Zeit.

Dan Graham’s New Jersey, englisch, 192 S. mit 110 Farbabb., geb. in Leinen, 26 x 19 cm, Lars Müller Publishers, 45,- Euro Damit gehört Dan Graham (geb. 1942) zu den einflussreichsten US-amerikanischen Künstlern. Ein Fokus seiner Arbeit liegt auf den Riten und Formen des Bürgerlichen. Das ist nun auch das Thema der farbfotografischen Serien „Homes for America“, die Graham in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre aufgenommen hat, und des inhaltlich daran anschließenden Projektes „Dan Graham’s New Jersey“ aus dem Jahr 2006. Beides fasst nun ein grandioses Buch zusammen, für das er eine konzentrierte dialogische Auswahl getroffen hat – mitunter kehren die frühen Orte und Motive später wieder. Zu sehen sind gutbürgerliche Einfamilienhäuser, Plätze und Straßensituationen an der urbanen Peripherie, wobei sich Graham für Oberflächen, Fassaden und Architekturstrukturen interessiert. In den frühen Fotografien geht er extrem nahe heran und arbeitet mit Unschärfen und

Was ist aus der „eigentlichen“ Fotografie geworden, die im 19. Jahrhundert mit dem Anspruch angetreten ist, in einzelnen prägnanten Bildern aufrichtig nichts als die Wahrheit zu vermitteln? Bei Capa ist sie von einer bestimmten Intention gesteuert (und unterliegt bei ihm sogar der Vermutung gestellter Aufnahmen), bei Tuggener

Cindy Sherman, Das Frühwerk 19751977, 374 S. mit 240 Duplex- und 44 Farbabb., geb. mit Schutzumschlag, 28,5 x 23 cm, Hatje Cantz, 58,- Euro

verfügt sie über einen Subtext, der das fotografisch Ansichtige in Frage stellt. Mit der Autonomie als Kunstform und der Nobilitierung konzeptueller Verfahren aber ist alles möglich. Dan Graham behandelt die Fotografie als Referenzmaterial. Und Cindy Sherman (geb. 1954) setzt sie bewusst zur Camouflage ein: Sie ist Regisseurin, Kostümbildnerin und Akteurin vor und hinter der Kamera. Sie inszeniert Bilder, die bedeutungsschwanger, erzählerisch und verstörend sind. Einziger Gegenstand ihrer Aufnahmen ist sie selbst in Verkleidungen, auch die Anmutung als Bild wechselt – dazu hat Sherman ein Repertoire entwickelt, das immer weitere Kreise zieht. Wie sehr dieses schon zu Beginn ihres künstlerischen Tuns ausdifferenziert ist, das zeigt nun der Werkkatalog der Jahre 1975-77, erschienen bei Hatje Cantz. Das Frühwerk wird hier minutiös aufgeblättert; zu sehen sind Cutouts inszenierter, verkleideter Figuren, die nun an der Ausstellungswand ein Theaterstück aufführen, wobei Sherman selbst alle Rollen einnimmt. Es gibt Tableau mit Porträts, die sich unmittelbar aufeinander beziehen, oder sukzessive Serien ein und derselben fotografierten Person, wobei lediglich Körperhaltung und Mimik differieren. Vieles aus dem späteren Programm ist schon da zu sehen und deswegen ist dieses Buch so wichtig für die Rezeption von Shermans weltweit geschätztem Werk. Auch ihre soziokulturellen Themen liegen bereits vor; mit diesen behandelt Sherman Fragen der weiblichen Identität und der Entstehung von Klischees und Rollenbildern in unserer Gesellschaft und geht der emotionalen Wirkung fotografischer Bilder nach. Fotografie erweist sich bei ihr als indirektes Medium, ohne an Direktheit einzubüßen – aus diesem brisanten Wechselverhältnis erwächst bedeutende Kunst.

Kultur, Information und Unterhaltung im Internet Täglich neu – mit großem Archiv Literatur – Musik – Bühne – Film – Feuilleton – Museen – Comic – Fotografie – Reise

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Geschichtsbücher, Buchgeschichten Vorgestellt von Matthias Dohmen

Einen zu Unrecht vergessenen deutschen Spitzenpolitiker stellt Dr. Hildegard Wehrmann in ihrer wissenschaftlichen Biographie „Hermann Pünder“ vor. Der in Trier geborene Jurist war schon in frühen Jahren Staatssekretär unter Luther, Marx, Müller und Brüning sowie Regierungspräsident in Münster, in der jungen Bundesrepublik dann Oberbürgermeister von Köln und Oberdirektor der Bizone respektive Trizone. In der Weimarer Zeit Mitglied der Zentrumspartei, gehörte er nach 1945 zu den Mitbegründern der CDU und engagierte sich an exponierter Stelle für Europa. Nach dem 20. Juli 1944 wurde er verhaftet und in den Konzentrationslagern Buchenwald und Dachau drangsaliert. Zu unterschiedlichen Zeiten gehörte er dem nordrhein-westfälischen Landtag, dem Deutschen Bundestag und dem Europaparlament an. Sohn seiner Zeit, sah er die „bolschewistische Weltanschauung“ als fulminante Bedrohung gerade des westlichen Deutschland. Auch wenn das ständige Einrücken von Zitaten den Lesefluss mitunter hemmt: Dem beachtenswerten Werk ist eine große Verbreitung zu wünschen. Hildegard Wehrmann, Hermann Pünder (1888-1976). Patriot und Europäer, Essen: Klartext 2011 (= Düsseldorfer Schriften zur Neueren Landesgeschichte und zur Geschichte Nordrhein-Westfalens, Bd. 85). 523 S., 49,95 Euro

Der Wahrheit eine Gasse. In seiner außergewöhnlich materialreichen und auch noch gut geschriebenen Untersuchung „Nicht ermittelt“ weist der Historiker und Journalist Dr. Stefan Klemp nach, dass trotz erwiesener systematisch begangener Gräueltaten „Angehörige der Ordnungspolizei und insbesondere von Polizeibataillonen systematisch von einer Strafverfolgung ausgenommen worden sind“. Einer dieser Schergen schrieb 1941 über seine Verwendung an einem osteuropäischen Schauplatz an seine Frau: „Die Juden werden gänzlich ausgerottet. Liebe Hannah, mach dir keine Gedanken drüber. Es muss sein. Und dem Rüdiger nichts davon erzählen, später mal.“ Des Sohnes Altersgenossen ging es weniger kommod: „Helm. F. und ich haben einen Juden und jeder eine Jüdin, die eine ist 15 und die andere 19 Jahre alt, die eine heißt Eide und die andere Chahwa. Die machen für uns alles, was wir wollen“ (sämtliche Zitate S. 7 f.). Es kam im Westen, dem Eldorado hoher und höchster NS-Polizeioffiziere, zu ganzen 17 Verurteilungen, in der DDR dagegen zu 26 (S.10). Das wird zu gerne vergessen.

Ein Tabuthema, gewiss. Aber ein Autor, der als international renommierter Palliativmediziner und in der Philosophie von Seneca bis Schopenhauer bewanderter Mann „Über das Sterben“ schreibt und, wie es schon im Vorwort heißt, den Menschen „ein Stück weit“ die „Angst vor einem qualvollen Sterben“ nehmen will, weil Panik zu einer Art sich selbst erfüllender Voraussage werde, wie es Prof. Dr. Gian Domenico Borasio in seinem Vorwort formuliert. Das Buch ist im besten Sinne populärwissenschaftlich und bietet desungeachtet einen Anmerkungsapparat sowie eine Liste nützlicher Internetseiten. Nicht das Sterben sei das Problem, zitiert er eine britische Ärztin, sondern „festzustellen, dass man nicht gelebt hat“. „Was wissen wir über das Sterben?“, heißt das erste Kapitel. Der Autor beschäftigt sich ferner mit den Orten, an denen man zu Tode kommt (Krankenhäuser, Hospize, zu Hause), mit den Dingen, die der Mensch am Lebensende benötigt (medizinische Therapie, psychosoziale Begleitung, spirituelle Begleitung, allem gemeinsam: Kommunikation), Vorsorge, Sterbehilfe und dem „Geschenk der Palliativmedizin“.

Stefan Klemp, „Nicht ermittelt“. Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz – Ein Handbuch, Essen: Klartext 22011 (= Villa ten Hompel, Bd. 5). 601 S., 39,95 Euro

Gian Domenico Borasio, Über das Sterben. Was wir wissen – Was wir tun können – Wie wir uns darauf einstellen, München: Beck 2012.207 S., 17,95 Euro

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Angenagte Herzen Daniel Glattauers E-Mail-Dialog „Gut gegen Nordwind“ im TiC-Theater Wuppertal Regie: Ralf Budde Bühne: Iljas Enkaschew Kostüme: Wiebke Fichte Besetzung: Petra Koßmann als Emmi Rothner und André Klem als Leo Leike

unten links: Petra Koßmann als Emmi Rothner unten rechts: André Klem als Leo Leike Fotos: Martin Mazur

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Nicht neu, aber originell Es ist im Zeitalter der E-Post offenbar beinahe unmöglich, ein ZeitschriftenAbonnement zu kündigen, zumindest wenn man sich konsequent bei der elektronischen Adresse vertippt. Das passiert Emmi Rothner (Petra Koßmann), als sie das LIKE-Magazin abbestellen will und durch einen permanenten Tippfehler immer wieder im PC-Postfach des Kommunikationsberaters und Sprachpsychologen Leo Leike (André Klem) landet. Die gleichermaßen charmant unterhaltsame wie dramatisch überzeugende Geschichte, die Daniel Glattauer aus der nicht gänzlich neuen Idee („The Shop around the Coner“/“E-Mail for you“) entwickelt hat, wurde von Ralf Bude mit sicherer Hand auf zweigeteilter Bühne im Wuppertaler TiC-Theater in Szene gesetzt. Aus dem anfangs schnippischen, wenn auch neugierigen Austausch von Belanglosigkeiten entsteht bald ein reger Dialog zweier Menschen, die sich nicht kennen, aber ganz offenbar das Bedürfnis haben,

sich jemandem zu öffnen. Spitzfindig, wortreich, humorvoll, ironisch – ja, auch frivol, entwickelt sich das ewige Spiel der Geschlechter, wobei Emmi jene ist, die dabei die Köder auslegt, welche von Leo zu gerne geschluckt werden. Petra Koßmann zieht alle Register Ist Emmi wirklich verheiratet, wie sie im Moment der ersten Möglichkeit einer wirklichen Begegnung behauptet? Hat sie Angst vor einem „richtigen“ Kontakt? Und schiebt das zum Schutz vor? Es sieht ganz so aus, denn natürlich ist sie nicht verheiratet, mutmaßt der Zuschauer, die Zuschauerin, werden doch Emmis Avancen beim zweiten Anlauf intimer, erotischer. Leo hingegen räumt seine Schwachstelle, seine „Ex“ Marlene offen ein, die ihm auch jetzt noch im Kopf herumspukt. Wer und was beide aber sind, wissen sie geschickt voreinander zu verbergen, wobei Emmi den Schleier dichter hält als Leo. Während Leos verliebtes Emmi-Dossier wächst, spielt


Emmi ihr Spiel – durchaus durchtrieben und gelegentlich sogar ein bißchen perfide. Petra Koßmann, eine brillante Charakterdarstellerin, deren „Fräulein Else“, „Iphigenie“, „Camille Claudel“ oder die „Blanche“ in „Endstation Sehnsucht“ noch vital in Erinnerung sind, zog alle Register der Schauspielkunst, ließ dabei die tiefe Emotionalität erkennen, die in der scheinbaren Leichtigkeit des Stoffes liegt. So wie ihre Emmi ziemlich durchtrieben ihr Mail-Gegenüber Leo bei gelegentlichem Wechsel des Kräfteverhältnisses über die entscheidenden Strecken des Stückes führt, hatte auch Petra Koßmann mit brillanter Sprache, Körpersprache und Mimik stets den Faden des Geschehens in der Hand. Ob schmelzend sehnsuchtsvoll oder verführerisch lockend, fordernd zornig oder melancholisch betrübt, verzagt ängstlich oder forsch geradeaus, provozierend erotisch oder abwartend zögerlich – sie beherrscht nicht nur ihren (linken) Teil der Bühne (Iljas Enkaschew).

Angenagte Herzen Fast unmerklich entwickelt sich der elektronische Flirt zu einer wenn auch berührungslosen, aber doch handfesten Affäre mit unverhüllten erotischen Begehrlichkeiten, schäumender Eifersucht, vorbehaltlosen Liebesgeständnissen „Leo, Sie sind phantastisch gut gegen Nordwind!“ und unverhüllten Angeboten – wobei die erotischen Impulse genauso wie die kalten Duschen von Emmi ausgehen. Die dramatische Wendung tritt mit einer aus dem Off gelesenen Mail von Emmis Ehemann Bernhard an Leo ein Er existiert tatsächlich, ebenso wie offenbar die Kinder des Paares. Doch hier gelingt es Glattauer nicht ganz, die eigene Vorgabe spritziger Intelligenz, mit der er den Stoff angegangen ist, zu halten – es wird verstörend kitschig, wenn auch notwendig für die Katharsis. Leos Lage wird unhaltbar. André Klem vermittelt den Schockzustand, in den Leo dadurch tritt, nachvollziehbar. Doch auch trotz seines festen Entschlusses, von Emmi zu lassen, die für die Phase des ersten

Erschreckens ebenfalls Abstand zu nehmen vorhat, läßt sich Leo erneut auf das Spiel mit dem Feuer ein, erliegt der – Verzeihung meine Damen – typisch weiblichen Manipulation Emmis in typisch – Verzeihung meine Herren – männlicher Bereitschaft, sich verführen, überreden zu lassen. Die verhängnisvolle Affäre steuert unter großer Spannung auf eine Entscheidung zu… Dramatisches Kammerspiel Ralf Budde hat das sich dramatisch zuspitzende Kammerspiel auf der originellen Bühne in großer Dichte umgesetzt und dabei vor allem mit Petra Koßmann, einer mit allen Wassern gewaschenen Schauspielerin einen wirklichen Glücksgriff getan. Gelegentliche Unsicherheiten bei ihrem Partner André Klem werden sich in der Praxis der Aufführung abschleifen. Weitere Informationen unter: www.tic-theater.de Frank Becker

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Bei Vermögensübertragungen geht es immer um die Fragen, ob, wie, wann und an wen Sie Ihr Vermögen übertragen wollen. Wir unterstützen Sie, Ihre persönlichen Ziele der lebzeitigen und/oder letztwilligen Vermögensübertragung konkret zu ermitteln. Wir stellen sicher, dass die Umsetzung Ihrer Übertragungsziele steueroptimiert

erfolgt,

die

rechtlich-formalen Wirksamkeits-

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Kulturnotizen

voraussetzungen eingehalten werden und sorgen auch auf Wunsch für flexible künftige Anpassungsmöglichkeiten.

Museum Ludwig Ausstellung David Hockney 27. Oktober 2012 - 3. Februar 2013 Seine Swimmingpool-Paintings gehören zu den populärsten Bildformeln der 1960er Jahre. Als schillernde Figur des „Swinging London“ und Bildchronist eines coolen Californian Way of Life wurde David Hockney weltbekannt, aber auch mit seinen einfühlsamen Porträts, meisterhaften Stillleben oder Lanschaftsgemälden, Fotocollagen, Bühnenbildern und intelligenten Verarbeitungen kunstgeschichtlicher Phänomene hat er seit Jahrzehnten einen Platz unter den bedeutendsten Künstlern der Gegenwart.

David Hockney „The Arrival of Spring in Woldgate, East Yorkshire in 2011 (Twenty Eleven) - 2 January 2011!“ (1 Zeichnung aus einem 52 -teiligen Werk), Zeichnung auf Papier 144,14 x 107,95 cm © David Hockney

André Derain, Maurice de Vlaminck, den Norweger Edvard Munch und die jungen deutschen und russischen Expressionisten wie Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Alexej von Jawlensky, Wassily Kandinsky, Gabriele Münter und Franz Marc einander gegenüber. Die Fauves vollzogen eine grundlegende Neuerung, sie definierten in ihren Bildern das Verhältnis zwischen Natur und Kunst neu und ließen den Bildraum aus dem kraftvollen Zusammenwirken der Farben entstehen.

Max Pechstein Sitzendes Mädchen / Sitzender weiblicher Akt, 1910, Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie © 2012 Pechstein, Hamburg/Tükendorf © Foto: Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie, Roman März

Öffnungszeiten Dienstag bis Sonntag: 10 – 18 Uhr, jeden ersten Donnerstag im Monat: 10 – 22 Uhr www.museum-ludwig.de

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Museum Folkwang Im Farbenrausch - Munch, Matisse und die Expressionisten 29. September 2012 - 13. Januar 2013 Das Museum Folkwang widmet einem der spannendsten Kapitel der Kunst des frühen 20. Jahrhunderts eine einzigartige Ausstellung. Sie stellt erstmals die „Fauves“, die sogenannten Wilden in der französischen Kunst, Henri Matisse,

André Derain, Vue de Collioure, 1905, Collioure. Das Dorf und das Meer Museum Folkwang, Essen © VG Bild-Kunst, 2011 © Foto: Museum Folkwang, 2011 Öffnungszeiten: Di bis So 10-20 Uhr, Fr 10-22.30 Uhr Montags geschlossen www.museum-folkwang.de/ausstellungen


im Skulpturenpark Waldfrieden, Wuppertal

KUNST. MUSIK. NATUR. Im vierten Jahr bietet die Konzertreihe KlangArt im Skulpturenpark in der Sommerzeit 2012 mit sieben Konzerten in internationaler Besetzung ein Spektrum von zeitgenössischem Jazz, Improvisierter Musik und Weltmusik. Konzerte im August Samstag 18. > 19 Uhr > OPEN AIR > Jazz goes HipHop < SQUEEZEBAND Chico Freeman, Saxofon - Dany Martinez, Gitarre - Michel Alibo, Bass - Nino G., Beatbox - Reto Weber Schlagzeug, Perkussion

Die „Squeezeband“ ist ein Projekt des Schweizer Perkussionisten Reto Weber. Mit dem Vocalisten NINO G, der zur Weltklasse der Beatboxszene gehört, hat er das Squeezeprojekt auf einen neuen Level gehoben. Er lud weitere seiner Freunde ein, allen voran Chico Freeman aus den USA. Neu in der Squeezeband sind auch der Gitarrist und Komponist Dany Martinez aus Cuba sowie Michel Alibo aus Martinique am Bass.

Der niederländische Pianist und Komponist Jasper van’t Hof verfolgt ein besonderes Interesse an afrikanischer Musik, das zur Zusammenarbeit mit afrikanischen Musikern und zur Gründung der Gruppe „Pili Pili“ führte. www.skulpturenpark-waldfrieden.de Kunstsammlung NRW Thomas Schütte – Wattwanderung noch bis zum 9. September 2012 K21 Ständehaus Das Werk Wattwanderung setzt sich aus 138 einzelnen Radierungen zusammen, die auf einer Spannleine aufgehängt sind. Der Titel unterstreicht die Idee des Wanderns und des Entdeckens. Das Bildnis des Meeres assoziiert Ebbe und Flut, die Bewegung von einem Bild zum anderen. Die Motive bestehen zum großen Teil aus Portraits, Frauen und Blumen, Themen, die sich seit vielen Jahren wie Leitfäden durch das Oeuvre von Thomas Schütte (geboren 1954, lebt in Düsseldorf) ziehen. Die einzelnen Blätter verstehen sich auch als eine Art Tagbuch, in dem der Künstler 2001 die dramatischen und die banalen Geschehnisse des Alltags festhält.

wirft der Künstler ernste Themen und Fragen auf: „Desaster des Friedens“, „Wie sieht eine Seele aus“, „Ground zero wie geht es weiter“ oder „Atmen nicht vergessen“. Die unterschiedlichen Bilder und Wörter lösen Assoziationen aus; Bilder aus der eigenen Welt werden wachgerufen. Durch die Reise zwischen den Bildern entfaltet sich die passive Bildanschauung zu einer aktiven Bildaufnahme, in der der Betrachter selbst Position zu beziehen hat. Öffnungszeiten: dienstags bis freitags 10.00-18.00 Uhr samstags, sonntags, feiertags www.bundeskunsthalle.de 11.00-18.00 Uhr montags geschlossen www.bundeskunsthalle.de

Sinfonieorchester Wuppertal Das Orchester wird 150 Jahre alt und spielt, was die Gäste hören wollen: In der neuen Saison gibt es viele Überraschungen.

Bei der Vorstellung des Programms für die Saison 2012/2013: Chef-Dirigent Toshiyuki Kamioka mit Gerald Hacke, Nicola Hammer und Martin Schacht vom „Education-Team“ der Sinfoniker (von links nach rechts) Foto: Uwe Schinkel

Sonntag 19. > 19 Uhr > OPEN AIR > Ukuba Noma Unkungabi < JASPER VAN’T HOF‘s PILI PILI Jasper van‘t Hof Keyboards, Piano - Tutu Puoane, Gesang - Tineke Postma, Saxofon - Vasile Darnea, Violine - Anton Peisakhov Cello - Nic Thijs, Bass - Dra Diarra, Perkussion, Kora Thomas Schütte, Wattwanderung, No. 122, 2001, Kupferstich, 32 x 44 cm, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, erworben 2004, © VG Bild-Kunst, Bonn 2012 Foto: © Kunstsammlung NRW Viele der Radierungen sind mit Wörtern untermalt. Durch diese Wortspiele

Im Jubiläumsjahr gibt’s sechs statt der sonst üblichen fünf Kammerkonzerte. Neben einem Gastspiel in Mailand (27. Februar) sind auch sechs Sonderauftritte in der Heimat geplant – darunter ein Konzert, in dem Abonnenten mitspielen (2. Februar). Los geht’s mit einem Paukenschlag: Das große Festkonzert soll am Samstag, 15. September, um 20 Uhr in der Stadthalle über die Bühne gehen – mit Stücken

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Kulturnotizen von Richard Wagner (MeistersingerOuvertüre) und Ludwig van Beethoven ( Sinfonie Nr. 5 c-Moll op. 67). Beendet wird der Festreigen an der frischen Luft: Bei einer Open-Air-Gala soll sich der Laurentiusplatz am 13. Juli 2013 in eine große Bühne verwandeln. Schon einen guten Monat zuvor gibt es einen weiteren Grund zum Feiern: Mathias Christian Kosel komponiert eigens für das Wuppertaler Orchester ein neues Stück, das „Pan“ heißt und im neunten Sinfoniekonzert (2. und 3. Juni 2013) vorgestellt wird.

in dem Originalzeichnungen digital zum Leben erweckt werden und das Zoetrop, eine Art rotierendes Daumenkino. Besonders das junge Publikum dürfte sich auf eine Begegnung mit den Protagonisten aus 'Ratatouille', 'Das große Krabbeln' und 'Cars' freuen!

Bundeskunsthalle Bonn Pixar – 25 Years of Animation Fr 6. Juli 2012 - So 6. Januar 2013

Theaterfest der Wuppertaler Bühnen am 8. und 9. September 2012

Abb.: © Disney/Pixar Ab Sommer ist es soweit: Mit Nemo and Friends kommen zum ersten Mal die Helden von Pixars weltbekannten Animationsfilmen nach Deutschland und machen ein halbes Jahr lang Station in der Bonner Bundeskunsthalle. Die Ausstellung bietet die seltene Gelegenheit, einen Blick hinter die Kulissen des kalifornischen Filmkonzerns zu werfen, der 1995 mit dem ersten vollständig computeranimierten Film 'Toy Story' riesige Erfolge feierte. Mit intelligentem Humor, feinem Gespür für Charaktere und immer brandneuer Animationstechnik gelingt es den PIXARMachern seit Jahren, ein Film-Highlight nach dem anderen zu produzieren. Für die bisher 12 Spiel- und diversen Kurzfilme hat das Studio bereits 14 Oscars erhalten und war für 36 weitere nominiert. Dabei steht besonders die Arbeitsweise von Pixar mit über 500 Skizzen, Grafiken, Farbzeichnungen und Skulpturen im Fokus. Zu den Höhepunkten der Ausstellung zählen das Artscape, ein Kinoraum,

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Großes Kino an der Gathe: TALFLIMMERN – Freiluftkino im August

Museumsmeile Bonn Friedrich-Ebert-Allee 4 • 53113 Bonn Öffnungszeiten: dienstags bis freitags 10.00-18.00 Uhr samstags, sonntags, feiertags www.bundeskunsthalle.de

Unser Theaterfest, mit dem wir die neue Spielzeit 2012/2013 eröffnen, findet an einem Wochenende statt, an dem zugleich einige andere Feste gefeiert werden: am 8. und 9. September gratulieren die Wuppertaler ihrem Stadtteil Unterbarmen und der Friedrich-Engels-Allee zu ihrem 200. Geburtstag, feiern das Geschichtsfest und veranstalten am Samstagabend unter dem Titel „Flanieren auf der Allee“ ein autofreies Straßenfest. Der 9. September ist zudem der Tag des offenen Denkmals. Das Opernhaus markiert das Ende der Allee, es ist gleichzeitig ein „offenes Denkmal“ und mit einigem Recht Teil der Geschichte Wuppertals. Also nehmen wir an allen Festen teil. Am Samstag ab 14:00 Uhr lässt sich das Theater hinter die Kulissen schauen und zeigt dabei alles, was es kann: Maskenvorführungen, Kostümherstellung (inkl. Kostümversteigerung), Technikvorführungen, Beleuchtungsshows, Tonpräsentationen etc. Am Abend, wenn flaniert wird, laden wir zu musikalischen Abstechern in historische Gebäude entlang der Allee ein. Und am Sonntag öffnen wir unser Denkmal für zahlreiche Führungen und berichten über die bewegte Geschichte des Theaters in Wuppertal und des Gebäudes in Barmen.

Die Freiluftkino-Reihe in der Alten Feuerwache verspricht wieder einen guten Mix aus Mainstream und Anspruch. Mark Tykwer und Mark Rieder sind beiden Macher der „Talflimmern“-Reihe die schon die 15. Auflage erlebt. Am 7. Juli hieß es das erste Mal „Film ab!“ – mit dem Oscar-gekrönten Meisterwerk „The Artist“. Steven Spielbergs Comic-Adaption „Die Abenteuer von Tim und Struppi“ (16. August ) dürften an der Gathe ebenso ihr Publikum finden wie Andreas Dresens anspruchsvolles Drama „Halt auf freier Strecke“ (11. Juli) oder „The Lady“, das von Amnesty International am 24. August präsentierte Porträt der birmanischen Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi. Auch eine Vorpremiere ist wieder dabei: „Le Skylab – Familientreffen“ von Julie Delpy am 5. August. Dazu steht am 15. August mit „Buschka entdeckt Deutschland“ eine der im Moment angesagtesten Independent-Reportagen der Republik auf dem Spielplan. Regisseur Jörg Buschka wird seine ImprovisationsDokumentation selbst an der Gathe vorstellen – unterstützt vom Wuppertaler Musiker Sascha Gutzeit, der ab 22 Uhr das Publikum mit Live-Musik auf den Film einstimmt. Die Abendkasse ist an den jeweiligen Veranstaltungsabenden ab 20 Uhr geöffnet. Alles dazu und das volle Programm gibt es auf: www.talflimmern.de Freilichtbühne im Innenhof der Alten Feuerwache in der Elberfelder Nordstadt, Gathe 6, 42107 Wuppertal


Götterspeise

14. / 15. September 2012

Kulinarische Meile

Schloss Lüntenbeck

Öffnungszeiten: Fr von 15 – 22 Uhr | Sa von 11 – 15 Uhr | Eintritt frei | Schloss Lüntenbeck | 42327 Wuppertal | www.schloss-luentenbeck.de

KA RUS SELL

NEU

Bergische Zeitschrift für Literatur

zur Wuppertaler Literatur Biennale 2012

Ausgabe 1/2012 9,00 Euro

Wu p p e r t a l e r L i t e rat u r B i e n n a l e 2 0 1 2

Prosa | Lyrik | Essay

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von Marlene Baum, Eugen Egner, Christiane Gibiec, Arnim Juhre, Karl-Otto Mühl, Karla Schneider, Hermann Schulz, Andreas Steffens, Michael Zeller u. v. a.

Karussell | Bergische Zeitschrift für Literatur Nr. 1/2012 – 115 Seiten, 9.– Euro – ab Juni im Buchhandel Herausgeber: Verband Deutscher Schriftsteller (VS), Region Bergisch Land und die Autorengemeinschaft Literatur im Tal mit freundlicher Unterstützung durch Kulturbüro der Stadt Wuppertal Verlag HP Nacke Wuppertal ISBN 978 - 3 - 942043 - 85 - 4

TANZTRÄUME Jugendliche tanzen „Kontakthof“ von Pina Bausch. Das Buch zum Film von Anne Linsel und Ulli Weiss Verlag HP Nacke Wuppertal, 2011 120 Seiten, 23 x 17 cm, Softcover ISBN 978-3942043-81-6, 19,80 Euro Verlag HP Nacke KG Friedrich-Engels-Allee 122 42285 Wuppertal Telefon 0202 - 28 10 40 verlag@hpnackekg.de

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Der Tipp f체r alle ab 60 Mit dem B채renTicket sind Sie im ganzen VRR-Gebiet unterwegs, rund um die Uhr und in der 1. Klasse.

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