Die beste Zeit

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DIE BESTE ZEIT Das Magazin für Lebensart

Ausgabe 17, 2012 - 3,50 Euro

Peter Paul Rubens Von der Heydt-Museum Wuppertal

PIXAR - 25 Years of Animation Bundeskunsthalle Bonn

Neue Kunstbücher Die Moderne in der Konvention

Anja Harteros Eine Sopranistin der Weltspitze

Wieder gelesen Hermann Schulz

Der Mensch ist gut erzählt von Karl Otto Mühl

Ulle Hees Nachruf von Ulrike Müller

That’s amore Komödie von Richard Alfieri

10. Wuppertaler Jazzmeeting Viele namhafte Jazz-Musiker

Schöne Post im Kasten Geschichte der Postkarte

Renate Massmann 40 Jahre für die Lebenshilfe

Kulturnotizen Kulturveranstaltungen in der Region

ISSN 18695205

Wuppertal und Bergisches Land

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Editorial Liebe Leserinnen, liebe Leser, mit dieser Ausgabe erscheint unser Magazin Die Beste Zeit bereits im 4. Jahrgang. Es hat sich in dieser Zeit etabliert und ist zu einer interessanten Lektüre für die Stadt am schwarzen Fluss geworden. Seit Beginn im Jahr 2009 sind mit der aktuellen Ausgabe fast 1000 Seiten Kulturinformation aus der Region entstanden. So danke ich an dieser Stelle allen Autoren, die uns auf diesem Weg mit ihrer Arbeit immer wieder unterstützt haben und die das Magazin zu dem gemacht haben, was es heute ist - eine informative Quelle des kulturellen Lebens unserer Region. Ganz besonders möchte ich an dieser Stelle Frank Becker, den Herausgeber des Internetportals Musenblätter, den Kunsthistoriker Thomas Hirsch sowie den Journalisten Matthias Dohmen hervorheben, die das Magazin mit ihren Beiträgen regelmäßig unterstützen. Aber auch Marlene Baum, Karl Otto Mühl und Heiner Bontrup steuern immer wieder fachkundige Artikel für Die Beste Zeit bei. Ohne sie wäre eine erfolgreiche Arbeit für mich nicht möglich. Dank aber auch den hier namentlich nicht genannten Autoren sowie dem Von der Heydt-Museum, das uns regelmäßig mit Beiträgen aus den laufenden Ausstellungen unterstützt. Erfreulicherweise konnte ich Herrn Michael Maus von der Firma Maus Marketing für unsere Anzeigenakquise gewinnen. Gemeinsam möchten wir die wirtschaftliche Basis des Magazins stärken, ohne dabei unsere eigentliche Aufgabe zu vernachlässigen. Michael Maus hat exklusiv für Die Beste Zeit ein Anzeigenformat entwickelt, das auf die Verbindung von analoger und digitaler Werbung setzt. Über einen in die Anzeige integrierten QR-Code können die Leser mit ihren Smartphones direkt zusätzliche Informationen abrufen – zum Beispiel Videos. Unsere Inserenten, die sich für diese Kombination aus traditioneller Anzeige und multimedialem Auftritt entscheiden, erhalten für das Komplettpaket einen Sonderpreis. Lassen Sie sich unverbindlich von Herrn Maus beraten! Lesen Sie in dieser Ausgabe u. a. eine Ankündigung zur großen Peter Paul Rubens-Ausstellung im Von der Heydt-Museum, die am 16. Oktober eröffnet wird. Zu dieser Ausstellung werden wieder tausende Besucher aus dem ganzen Bundesgebiet in der Stadt erwartet. Weiterhin finden Sie ein Porträt der Sopranistin Anja Harteros, einen Nachruf auf die Bildhauerin Ulle Hees sowie einen Bericht über die Geschichte der Postkarten. Ferner werden wir das 10. Wuppertaler Jazzmeeting ankündigen, das ein kleines Jubiläum dieser erfolgreichen Konzertreihe Wuppertaler Jazzmusiker darstellt. Und erneut werden wir einen weiteren ‚Ort der Stille‘ vorstellen. Darüber hinaus erwarten Sie viele kulturell informative Beiträge aus der Region. Es ist die umfangreichste Ausgabe, die wir seit Entstehen herausgebracht haben. Ihnen wünsche ich nicht nur beim Lesen der 17. Ausgabe Muße für Die Beste Zeit. Herzliche Grüße Ihr HansPeter Nacke

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Wir gratulieren zur

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Impressum Die Beste Zeit erscheint in Wuppertal und im Bergischen Land Erscheinungsweise: alle zwei Monate Verlag HP Nacke KG - Die beste Zeit Friedrich-Engels-Allee 122, 42285 Wuppertal Telefon 02 02 - 28 10 40 E-Mail: verlag@hpnackekg.de

Kßrzungen bzw. Textänderungen, sofern nicht sinnentstellend, liegen im Ermessen der Redaktion. Fßr unverlangt eingesandte Beiträge kann keine Gewähr ßbernommen werden. Nachdruck - auch auszugsweise - von Beiträgen innerhalb der gesetzlichen Schutzfrist nur mit der ausdrßcklichen Genehmigung des Verlages. Trotz journalistischer Sorgfalt wird fßr VerzÜgerung, Irrtßmer oder Unterlassungen keine Haftung ßbernommen.

V. i. S. d. P.: HansPeter Nacke ErfĂźllungsort und Gerichtsstand Wuppertal

Bildnachweise/Textquellen sind unter den Beiträgen vermerkt.

Gastbeiträge durch Autoren spiegeln nicht immer die Meinung des Verlages und der Herausgeber wider. Fßr den Inhalt dieser Beiträge zeichnen die jeweiligen Autoren verantwortlich.

Abbildung Cover: Peter Paul Rubens, Dianas Heimkehr von der Jagd, um 1616 (Ausschnitt), Gemäldegalerie Alte Meister, Dresden, Š Staatliche Kunstsammlungen Dresden

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Inhalt Ausgabe 17, 4. Jahrgang, Oktober/November 2012 Lichteinfall

Von der Heydt-Museum Ausstellung Peter Paul Rubens 16. 10. 2012 – 28. 2. 2013

Seite 6

Gedicht von Roman Libbertz

Eine Hommage Seite 18

Einmal Wupper rauf und runter mit Dorothea Bohde und Matthias Schriefl Seite 49

10. Wuppertaler Jazzmeeting

Renate Massmann

mit vielen namhaften Künstlern aus der Szene Seite 22 von Rainer Widmann

Vierzig Jahre für die Lebenshilfe von Joachim Krug

Dennis Scharlau

Leser, Sammler, Verkäufer

ein Nachruf auf den Wuppertaler Fotografen Seite 26 von Magdalene Zuther

Annäherungen an ein Porträt über Michael Kozinowski

Pina Bausch-Kalender 2013

Paragraphenreiter

mit Fotografien von Jochen Viehoff von Susanne Buckesfeld

Seite 27

Interessantes zu den Themen Steuern und Recht

Schöne Post im Kasten

Geschichtsbücher, Buchgeschichten

Geschichte der Postkarte von Frank Becker

Porträtiert von Matthias Dohmen

Seite 31

Seite 56

Die Moderne in der Konvention Vorgestellt von Thomas Hirsch

Seite 58

Schüsse aus dem Geigenkasten Seite 33

Kalender der Bergischen Symphoniker von Frank Becker

Seite 60

Der Mensch ist gut

Stille Tage in der Lüntenbeck Abende gab es, die gingen in den Farben des Allvaters

Seite 54

Neue Kunstbücher

Glückwunsch, Edgar 20 Jahre Edgar E-Cards von Frank Becker

Seite 51

Seite 57

Seite 28

Die Postkarte auf dem Rückzug Volkskundler untersuchen die Geschichte der Postkarte – von Andreas Rehnolt

Seite 47

Seite 14

Ulle Hees Ein Nachruf auf die Wuppertaler Künstlerin von Ulrike Müller

Seite 46

Traum

Anja Harteros Eine Sopranistin der Weltspitze begann in Wuppertal – von Klaus Göntzsche

Schwarz-Weiß-Fotografie von Elisabeth Heinemann

erzählt von Karl Otto Mühl

Seite 61

Seite 34

PIXAR - 25 Years of Animation

SPEEciale im Opernhaus-Foyer

Ausstellung in der Bundeskunsthalle in Bonn

Veranstaltungen der Friedrich-Spee-Akademie Seite 64 von Joachim Krug

Seite 39

Kulturnotizen

Wieder Gelesen Auf dem Strom von Hermann Schulz von Matthias Dohmen

Kulturveranstaltungen in der Region

Seite 67

Seite 42

That’s amore Komödie von Richard Alfieri von Frank Becker

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Peter Paul Rubens Ausstellung im Von der Heydt-Museum Wuppertal 16. 10. 2012 – 28. 2. 2013

Peter Paul Rubens war das künstlerische Genie des 17. Jahrhunderts. Er schuf Porträts, Landschaften, Genrebilder und mythologische Werke, vor allem aber historisch-politische Bilder und religiöse Werke aus dem Geist der katholischen Reform. Rubens verkehrte mit Königen, Fürsten und den bedeutendsten Heerführern seiner Zeit, er bewegte sich auf den politischen Bühnen Europas und korrespondierte mit wichtigen Intellektuellen. Abgesehen von Rubens‘ umfangreichem und vielfältigem, künstlerischem Schaffen, avancierte er in den frühen zwanziger Jahren auch zu einem der angesehensten Diplomaten des 17. Jahrhunderts. Als Ratgeber und Unterhändler entfaltete er im Einklang mit den Interessen seiner Vaterstadt Antwerpen und der Landesherren in Brüssel an den Höfen in Madrid, Paris, Den Haag und London seine Vision eines geeinten Europas. Gemälde, aber auch

Zeichnungen, Tapisserien, Buchillustrationen, Grafiken und Briefe gaben seinen politischen Ideen weit über Europa hinaus einprägsame Gestalt. Unter Einsatz seiner tagespolitisch zu deutenden Historienbilder leistete er seinen Beitrag, um den 30- jährigen Krieg zu beenden. Kein anderer Künstler wirkte mit seiner Kunst so direkt auf die politischen Prozesse seiner Zeit. Malend gelang es ihm gerade in schwierigen Missionen, den politischen Akteuren Visionen mit tagespolitischer Zuspitzung vor Augen zu führen und so Möglichkeiten zur Überwindung der Konflikte zu eröffnen.

Linke Seite: Peter Paul Rubens mit seiner Frau Isabella Brant, 1609/1610, Alte Pinakothek, München rechts: Peter Paul Rubens (und Werkstatt) Mucius Scaevola vor Porsenna, 1616-18 ©Museum of Fine Arts, Budapest, Hungary/Bridgeman Berlin

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Die Ausstellung gliedert sich in acht, an der Biografie orientierte Kapitel, die die komplexe Verbindung zwischen künstlerischen und politischen Themen erfahrbar machen. Am Anfang steht „Das Haus des Diplomaten", in dem nicht nur Rubens‘ persönliches Umfeld vorgestellt, sondern auch seine literarischen, antiquarischen und politischen Interessen aufgezeigt werden. Während die folgende Sektion seinen Aufenthalt in Italien beleuchtet, präsentiert das dritte Kapitel den Maler im Dienst seiner wichtigsten frühen Auftraggeber, des Erzherzogs Albrecht und der Erzherzogin Isabella, in Brüssel. Das Kapitel „Rubens und die Kirche" stellt seine Rolle in der katholischen Reformbewegung dar. Neben einer Auswahl triumphaler Themen für kirchliche und private Auftraggeber, zeigen wir hier die Entwürfe für die Antwerpener Jesuitenkirche, die eindrucksvoll die Politisierung der Religion vor Augen führen. Der folgende Themenkomplex „Zwei Gemäldezyklen für den französischen Hof" stellt die Entwürfe für den Medici-Zyklus und den unausgeführten Heinrich-Zyklus in den Mittelpunkt. Die Sektion „Friedendiplomatie" konzentriert sich auf Rubens‘ diplomatisch- politisch wichtigste Zeit in London, als er im Auftrag des spanischen Königs am englischen Hof Friedensverhandlungen führte. Im letzten Kapitel wird anhand einiger herausragender Spätwerke deutlich, dass seine Malerei, meist lyrische Landschaftsbilder und Mythologien, über das anhaltende Kriegsgeschehen triumphierten. Die Ausstellung, die in Kooperation mit dem Königlichen Museum für Schöne Künste in Antwerpen entsteht, wird Rubens‘ politische Ambitionen in Verbindung zu seiner herausragenden Kunst stellen und damit das alte Thema Europa aus einem neuen Blickwinkel sehen. Öffnungszeiten Di, Mi 11–18 Uhr, Do, Fr 11–20 Uhr, Sa, So 10–18 Uhr, Mo geschlossen. www.rubens-ausstellung.de

Peter Paul Rubens Dianas Heimkehr von der Jagd, um 1616 Gemäldegalerie Alte Meister, Dresden, © Staatliche Kunstsammlungen Dresden / The Bridgeman Art Library Nationality

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Peter Paul Rubens Wildschweinjagd, um 1615/16 Š MusÊe des Beaux-Arts, Marseilles, France, Giraudon, The Bridgeman Art Library Nationality

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Selbstportrait, 1623 © National Gallery of Australia, Canberra Peter Paul Rubens (1577-1640) ist der große Barock-Künstler „par excellence“. In seinem Leben wie in seiner Kunst spiegelt sich beispielhaft die Leidenschaft einer bewegten Epoche. So verkörpert der geniale und umfassend gebildete flämische Maler in seinem Schaffen den Drang des Barock nach umfassendem Begreifen, humanistischer Weltsicht und vorbildlichem Gesamtkunstwerk.

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1577 in Siegen geboren, verbrachte er die ersten zehn Jahre seines Lebens mit seiner aus Antwerpen stammenden Familie im Exil in Köln. Nach dem Tod des als Juristen tätigen Vaters, der aufgrund seines protestantischen Glaubens aus Antwerpen fliehen musste, kehrte die Familie 1589 dorthin zurück. Der junge Rubens besuchte die Lateinschule und war für kurze Zeit Page in Diensten einer Gräfin. Nach erster künstlerischer Schulung bei dem Landschaftsmaler Tobias Verhaecht, arbeitete Rubens für mehrere Jahre in der Werkstatt von Adam van Noort und später bei Otto van Veen. 1598 wurde er als Freimeister in die St. Lukasgilde, die Antwerpener Malerzunft, aufgenommen. 1600 zog er nach Italien, wo er als Hofmaler des Herzogs Vincenzo Gonzaga in Mantua tätig war. Der Fürst ermöglichte Rubens in dieser Zeit, sich in verschiedenen Städten Italiens, unter anderem in Genua und Florenz, künstlerisch weiterzubilden. 1603 ist er im Auftrag des Fürsten von Gonzaga am spanischen Königshof in Valladolid. Die entscheidende Zeit in Italien verbrachte er aber in Rom, wo er nicht nur die Meisterwerke der italienischen Renaissance und der Antike studierte, sondern auch bereits erste renommierte Aufträge ausführte, so für die Kirche Santa Croce in Gerusaleme und für Santa Maria in Vallicella. Die Nachricht von der Erkrankung seiner Mutter ließ ihn 1608 nach Antwerpen zurückkehren. Der Augenblick seiner Rückkehr nach Antwerpen war günstig, denn einige Monate später sollte der Zwölfjährige Waffenstillstand geschlossen werden, der für das wirtschaftliche, kulturelle und religiöse Wiederaufleben der Südlichen Niederlande äußerst förderlich sein sollte. Als erstes malte er 1609 für das Antwerpener Rathaus die „Anbetung der Könige" (Madrid, Museo del Prado). Im selben Jahr wurde Rubens Hofmaler des Erzherzogspaars Albrecht und Isabella, sein Wohnsitz blieb jedoch Antwerpen. Ebenfalls 1609 heiratete er Isabella Brant, die Tochter eines angesehenen Juristen. In den folgenden Jahren erhielt er zahlreiche Bestellungen für Altarbilder, darunter die monumentale „Kreuzabnahme" für die Antwerpener Kathedrale, machte sich aber ebenso einen Namen mit mytholo-

gischen Kompositionen, die auch vom humanistisch gebildeten Kaufmannspatriziat geschätzt wurden. Die zahlreichen Aufträge veranlassten ihn, nicht nur auf Bestellung, sondern auch „op stock", für den freien Markt zu malen und einen Atelierbetrieb zu organisieren, für den er ab 1616 sein großes Wohnhaus „op de Wapper" baute. Rubens‘ zahlreiche religiöse Aufträge gipfelten 1620 in der Bestellung von ca. 40 Deckengemälden für die Antwerpener Jesuitenkirche. Von diesem Zeitpunkt an, sollte sich sein Interesse zunehmend auf prestigeträchtige Aufträge für die Höfe in Brüssel, Madrid, Paris und London verlagern. Ab etwa 1617 (bis ca. 1627) erhielt Rubens Aufträge für eine Reihe großer Bilderzyklen. Unter anderem gestaltete er für den in Antwerpen lebenden, genuesischen Textilhändler Franco Cattaneo die Geschichte des römischen Konsuls Decius Mus (Sammlungen des Fürsten von und zu Liechtenstein). Zudem malte er die Stationen aus dem Leben des römischen Kaisers Konstantin und für die Erzherzogin Isabella die Entwürfe für die Wandteppichserie „Triumph der Eucharistie" (Madrid, Museo del Prado). Die französische Königinmutter Maria de Medici bestellte bei ihm für die Dekoration von zwei Galerien im Palais du Luxembourg zwei Serien von historisch- allegorischen Szenen. Einer dieser Zyklen war ihrem Leben und ihrer Regierungszeit gewidmet (Paris, Musée du Louvre), der andere sollte als Ehrenbezeugung für ihren verstorbenen Gemahl König Heinrich IV. angefertigt werden (Ölskizzen im Rubenshaus, Antwerpen und in Berlin, Gemäldegalerie, und andere Orte). 1622 begann Rubens’ diplomatische Tätigkeit, die 1628 ihren Höhepunkt erreichen würde. Im Januar des Jahres und ein weiteres Mal 1623 weilte er in Paris, um mit Maria de Medici und Richelieu über den großen Gemäldezyklus zu verhandeln. 1624 unternahm er mehrere diplomatische Reisen zwischen Brüssel und dem Feldlager Ambrogio Spinolas und im Oktober führte er geheime Friedens- und Waffenstillstandsverhandlungen für Spanien. Für den Sommer 1627 ist eine Reise in die nördlichen Provinzen dokumentiert, wo er mit den englischen Unterhändlern ebenfalls in Friedensver-


handlungen eintrat. Im darauffolgenden Jahr befand Rubens sich in diplomatischer Mission – aber auch zur Erfüllung künstlerischer Aufträge – in Spanien, wo er König Philipp IV. über die Verhandlungen mit den englischen Unterhändlern unterrichtete. Über Paris, Brüssel, Antwerpen und Dünkirchen reisend, traf er 1629 als außerordentlicher Gesandter der spanischen Krone in England ein, um mit König Karl I. Friedensverhandlungen aufzunehmen. Sein Aufenthalt in London wurde dadurch gekrönt, dass er am 3. März 1630 in Whitehall zum Ritter geschlagen wurde. In Begleitung der aus Frankreich geflüchteten Königinmutter Maria de Medici unternahm er weitere diplomatische Reisen, die ihn auch nach Den Haag führen, wo er mit

dem Prinzen Friedrich Heinrich von Oranien zusammentraf. Nach dem Tod seiner ersten Frau 1626 heiratete Rubens am 6. Dezember 1630 die junge Helene Fourment, die in den nächsten Jahren vier Kinder zur Welt bringen würde. Die letzten zehn Jahre seines Lebens verbrachte er zeitweise auf seinem Landgut in Elewijt. In den späten Jahren seines Schaffens erhielt er weiterhin bedeutende Aufträge, so führte er zum Beispiel die Entwürfe für die Festdekorationen anlässlich des feierlichen Einzugs des Kardinal- Infanten Ferdinand in Antwerpen aus. Der spanische König Philipp IV. erteilte Rubens 1636 den umfangreichen Auftrag, ca. 100 mythologische Szenen für die Dekoration seines Jagdschlosses Torre de la Parada anzufertigen. Auch andere, oft kleinere

Höfe, wie der des Wolfgang Wilhelm von der Pfalz-Neuburg, waren an seinen Arbeiten interessiert und gaben Gemälde bei Rubens in Auftrag. In den letzten Jahren seines Lebens plagten Rubens schwere Gichtanfälle, die ihn zunehmend bei seiner Arbeit behinderten. Am 30. Mai 1640 starb Rubens hoch geehrt in Antwerpen.

Peter Paul Rubens Thetis empfängt die Waffen für Achill, 1630-35, © Musée des Beaux-Arts, Pau, France, Giraudon, The Bridgeman Art Library

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Anja Harteros Eine Sopranistin der Weltspitze begann in Wuppertal

Vom langjährigen Kultur-und Sportdezernenten Heinz-Theodor Jüchter kam der Hinweis auf Anja Harteros. Als die heute zur absoluten Weltelite der Sopranistinnen zählende Sängerin ihr erstes festes Engagement zu den Zeiten der schwierigen Theater-Ehe Wuppertal/Gelsenkirchen antrat, war kaum an eine solche Karriere zu denken. Sie fiel auch damals nur wenigen Experten auf. Einer davon war Henning Dickel, viele Jahre Kultur-Redakteur der RuhrNachrichten in Gelsenkirchen: „Es war die Rolle der Gouvernante in „The turn oft he screw“. Da konnte man schon erkennen, welches Potenzial in dieser Stimme steckte. Es war für sie auch nicht einfach gegen die etablierten Kräfte.“ Henning Dickel hat uns für das Interview mit Anja Harteros auch das Szenenfoto aus der eher selten gespielten Oper vermittelt. Aber es gab noch einen weiteren Anlass, den Kontakt mit Anja Harteros aufzunehmen. Im stilvoll restaurierten Barmer Bahnhof plauderten die Besitzer Christiane und ihr Ehemann, der Wiener Megabass Kurt

Rydl mit der großen Kollegin Edda Moser, die ihre beeindruckende Karriere beendet hat und deren Memoiren erschienen sind. Mit einer euphorischen Erwähnung über Anja Harteros: „Sie ist die derzeit beste Sopranistin der Welt.“ Schließlich galt es, sich auch persönlich von den Qualitäten der so Hochgelobten zu überzeugen. Es bot sich Gelegenheit einer Gala im Düsseldorfer Opernhaus mit Frau Harteros als Mimi in Giacomo Puccinis „La Bohéme“. Obwohl es nicht ihre Paraderolle war, wurde der Abend zu einem großen Erlebnis. Daran konnten auch Außentemperaturen kurz vor 30 Grad Celsius und immerhin 100 Euro für die Karte nichts ändern. Schließlich erwies sich die Agentin Elisabeth Seifert bei der Kontaktaufnahme mit Anja Harteros als weitgehend unkompliziert. Wohltuend schließlich waren auch die Erinnerungen der heute auf allen großen Bühnen dieser Welt tätigen Sängerin an Wuppertal.

Plácido Domingo als Simon Boccanegra und Anja Harteros als seine Tochter Maria Boccanegra (Foto: picture-alliance/dpa)

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Anja Harteros: Eigentlich wollte sie in Wuppertal nur Vorsingen ßben‌

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Als Gouvernante in der Benjamin Britten-Oper „The turn of the screw” 1998 in Wuppertal und Gelsenkirchen. Foto: Rudolf Finkes Ihre Auftrittsorte sind heute die bedeutenden Opernhäuser der Welt. Die Kammersängerin Anja Harteros, 1972 in Bergneustadt als Tochter eines griechischen Vaters und einer deutscher Mutter geboren, gilt als eine der vollkommensten Sopranistinnen unserer Zeit. Die internationale Karriere der Sängerin des Jahres 2009 begann 1999 mit dem Gewinn des „Cardiff Singer of the world“ Wettbewerbs der BBC und brachte sie über die Grenzen Deutschlands zu Auftritten in Berlin, München, Hamburg, Köln, Frankfurt, Dresden und dem Festspielhaus von Baden-Baden auf die Bühnen von Mailand, New York, Paris, Salzburg, Wien, London, Amsterdam, Boston, Florenz, Edinburgh, Tel Aviv, Boston und Vicenza. Daran war kaum zu denken, als Anja Harteros Ende der 90-er Jahre ihr erstes festes Engagement am damaligen SchillerTheater Wuppertal/Gelsenkirchen antrat. Im Grunde als zunächst wenig beachtete Anfängerin und nach einer Premiere von „The turn of the screw“ (Die sündigen Engel) am 25.Januar 1998 im überschaubar gefüllten Wuppertaler Opernhaus (wie das gesamte Ensemble) mit nur mit bescheidenem Applaus bedacht. Doch bereits nach der Premiere von „Hänsel und Gretel“ am 15.November 1997 – mit Claudia Visca als „Mutter“ und dem Öl-

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Als Desdemona in Othello mit Hanna Hipp als Emilia © ROH / Catherine Ashmore berger Kinderchor – gab es großes Lob der Fachwelt für sie in der Gretel-Rolle und ihrer Kollegin Anke Sieloff als Hänsel. Beste Zeit: Welche Erinnerungen sind für Sie mit der Zeit in Wuppertal und Gelsenkirchen verbunden? Anja Harteros: Sie sind bestimmt von der aufregenden Zeit des Neuen, erste Schritte im Theaterleben zu gehen, echte professionelle Sängerin zu sein und viele nette Kollegen kennenzulernen, die teils auch neu waren, teils aber auch schon auf eine lange Zeit in diesem Beruf zurückblicken konnten und mir wertvolle Ratschläge geben konnten. Es war eine Zeit mit absolut schönen Erfahrungen, etwas schwer fielen mir allerdings die strengen Anforderungen an ein Ensemblemitglied. Ich möchte diese Zeit nicht missen und wahrscheinlich war sie unerlässlich für die nachfolgenden Schritte. Beste Zeit: Nach der Premiere der eher selten aufgeführten Benjamin BrittenOper „The turn of the screw“ am 25. Januar 1998 gab es für Sie von den Fachleuten fast euphorische Kritiken wie z. B. „Auffallend gut überzeugte Anja Harteros in ihrer Rolle als Gouvernante. Es gab kaum jemanden im Publikum, der nicht mir ihr fühlte, ja sogar mit zitterte…“ Harteros: Ich hatte nur sieben Wochen Zeit, diese schwierige Rolle zu erlernen und es sollte

eine äußerst fruchtbare Erfahrung für mich werden. Die Zusammenarbeit zum Beispiel mit den Kindern war sehr nett, Kinder spielen halt naturgemäß gerne, spontan und natürlich, was bei älteren Darstellern manchmal, vielleicht auch phasenweise, etwas untergeht. Aber auch „La clemenza di Tito“ oder „Gefährliche Liebschaften“ waren ganz tolle Projekte. Beste Zeit: Wie ist das Engagement überhaupt zustande gekommen? Harteros: Eigentlich auf etwas lustigem Wege zustande. Ich studierte damals noch auf der Hochschule für Musik in Köln, als die Stelle in Gelsenkirchen/Wuppertal vakant wurde. Ich erfuhr davon und besprach mit meiner Lehrerin, einen ersten Schritt zu wagen und das Vorsingen einfach mal zu probieren, immerhin muß man auch im Vorsingen Erfahrungen sammeln. Ich sang also in Gelsenkirchen vor und anschließend bat mich der damalige Intendant Ludwig Baum in sein Büro und eröffnete mir, dass er mich gerne engagieren würde. Ich war sehr überrascht, sagte ihm aber, dass dies nicht möglich sei, weil ich ja noch studierte und auch, weil ich das Vorsingen ja doch nur hätte üben wollen. Später dann besprach er sich mit meiner Lehrerin und konnte sie offensichtlich überzeugen und ich bekam von ihr das o.k. Beste Zeit: Verbunden mit ständigem Pendeln zwischen Gelsenkirchen und Wuppertal.


Harteros: Das war in der Tat nicht ganz so einfach, zumal ich ja montags am Ruhetag des Theaters noch in Köln mein Studium absolvieren musste. Ich nahm mir eine kleine Wohnung in Gelsenkirchen, da dort in der ersten Spielzeit meine Hauptstätte war, allerdings wohnte ich auch weiterhin noch zu Hause im Oberbergischen Kreis, da ich dort natürlich noch privat verwurzelt war. Ich war also oft auf der Autobahn.

wiedergetroffen, als ich Köln meinen ersten Meisterkurs gab, sie ist inzwischen an der Hochschule tätig. Es war ein wirklich schönes Wiedersehen.

Beste Zeit: Gibt es noch Kontakte zu Kollegen aus dieser Zeit? Mehrfach standen Sie mit Claudia Visca auf der Bühne.

Beste Zeit: In der Biographie der Kollegin Edda Moser „Ersungenes Glück“ werden Sie von ihr als die „derzeit beste Sopranistin der Welt“ bezeichnet; „Sie singt mit einer solchen Souveränität und zaubert in scheinbarer Gelassenheit solche wunderbare Phrasen, dass ich einfach dankbar bin, so große Künstlerschaft zu erleben.“ Mehr geht doch eigentlich nicht und das von einer bedeutenden Kollegin.

Harteros: Ach, Kontakte habe ich eher weniger, bin so viel unterwegs und es bleibt nicht viel Zeit. Claudia Visca, die inzwischen Professorin in Wien ist, habe ich dort wiedergesehen und wir haben angeregt miteinander gesprochen. Thomas Piffka war gleichzeitig mit mir an der Scala, allerdings habe ich ihn nicht sehen können, da wir in verschiedenen Produktionen waren. Gabi Rech allerdings habe ich kürzlich

Harteros: Eine begeisterte Operngängerin in München steckte mir nach einer Vorstellung den Abschnitt aus Edda Moser´s Buch zu und ich habe mich natürlich sehr darüber gefreut. Es ist eine ganz besondere Auszeichnung, wenn man so hoch gelobt wird von einer Sängerin, die selbst die wichtigsten Bühnen der Welt beglückt hat. Aber ich lasse mich nicht zu sehr beeindrucken von solch hohem Lob, denn ich weiß, wie

schnell sich mühsam angeeignete Qualität auch verschlechtern kann, schauen Sie nur den Leistungssport an. Immerhin ist die Stimme ein Organ unseres Körpers, abhängig von unzählig vielen kleinen und großen Faktoren und Funktionen, damit darf man weder zu verschwenderisch umgehen, noch darf man sich seiner Gesundheit und Kraft zu sicher sein. Doch die Erfahrung auf höchstem Niveau singen zu können ist eine wunderbare. Klaus Göntzsche

Anja Harteros und Jonas Kaufmann in Verdis „Don Carlo“ an der Bayerischen Staatsoper München Foto: Wilfried Hösl

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Ulle Hees Ein Nachruf von Ulrike Müller Die Malerin und Bildhauerin Ulle Hees war vieles auf einmal: Künstlerin, Kriegsgegnerin und Menschenfreundin überzeugte Europäerin, Weltbürgerin – vor allem aber Wuppertalerin ! Sie, die Alberto Giacometti verehrte, und nie von sich behauptete, etwas Neues zu machen, dafür aber immer etwas Eigenes, hat mit ihren künstlerischen Eigenheiten auch und vor allem diese Stadt geprägt. Und: sie wolllte sie etwas für diese Stadt tun ! An einem Nachmittag gebar sie ihre ihre Idee für die Figur der Mina Knallenfalls – und wer kennt s i e nicht, wie sie da seit 1979 auf der Elberfelder Poststraße steht. Ebenerdig und selbstbewußt, und die meisten, die den Namen Ulle Hees hören, denken an diese streichelfreundliche Romangestalt des Heimatdichters Otto Hausmann. Dass man die bodenständige Mina mag, hat Ulle Hees immer gefallen, aber das man ihre anderen Kunstwerke kaum kennt, hat sie stets auch geschmerzt. Sie liebte diese Stadt. Was man umgekehrt nicht immer sagen konnte, und das machte ihr diese Liebe zuweilen sehr schwer. Aber sie wußte durchaus, was sie wollte. Und was nicht. Unangepasst, gegen den Strom schwimmend. Diese Richtung kennt sie - die hat sie immer wieder eingeübt. Ihr Leben lang. Schon als Kind. Nicht das zu tun, was andere tun. Ihren Weg gehen. Das beginnt schon in der Schule, wo sie zielgerichtet ihr wahre Leidenschaft demonstriert, indem sie zeichnet, zeichnet und noch einmal zeichnet, wo immer es möglich ist. Und wenn‘s sein muß, auf der Straße.... In Vohwinkel, da, wo sie aufwächst und Tierzeichnungen – auch gerne im Großformat – aufs Pflaster zaubert. Ihre für die Schule modellierte Figur der Bremer Stadtmusikanten bringt der 11Jährigen einen Rapport bei der ungläubigen Direktorin ein. Professor Ernst Oberhoff erkennt ihr Talent sehr früh – und macht das Unmögliche möglich: Die erst 14jährige darf bei ihm an der Wuppertaler Werkkunstschule studieren...

Ulle Hees, Foto Ziad Kobeissi

Gegen den Strom gängiger Konventionen arbeitet sie sich auch fortan durch die Erwartungshaltungen einer bürgerlichen Gesellschaft im Nachkriegsdeutschland. Ein Mädchen hat so zu sein, wie es zu sein hat - Ulle Hees, die damals noch Schettler heißt, will alles sein, nur nicht so. Sie will ihr Ding machen, und das ist die Kunst. Und diese Eigen-Sinnigkeit wird auch ihr ganzes KünstlerInnen-Leben prägen, unbeeindruckt von vorherrschenden Modetrends. “Ich bin Bildhauerin“, sagt sie später “Das ist mein Beruf, und das mache ich!“ Mit gerade 16 Jahren besteht sie die Aufnahmeprüfung an der Akademie der Bildenden Künste in München. Spätestens jetzt muß aller familiärer Widerstand kapitulieren. 1958 verläßt sie Wuppertal und damit alles, was Enge ist. Auf der Suche nach neuen Perspektiven in der Fülle der Eindrücke eines Studiums, das sie in den frühen 60ern nach Rom an die dortige Akademie der Schönen Künste führen wird. Erst 1964 kehrt Ulle Hees wieder in ihre Geburtsstadt zurück - und bleibt ihr seitdem verbunden. Mit allem, was eine schwierige Beziehung ausmacht: Nähe, Sehnsucht, Streit. Womöglich Distanz für zwischendurch. Und die Versöhnung. Bis zum nächsten Streit. Ihre Plastiken und Bilder widerspiegeln Momente von menschlicher Größe, von Einsamkeit, Verfolgung, sozialer wie persönlicher Not. Von Glück, Auflehnung und Empörung. Ihre Liebe zur Kunst: das ist immer wieder aufs Neue eine Liebe auf dem schwankenden Boden der Ungewissheit. Ideen werden zu Form und formen sich doch nicht. Zerstörung und Neuanfang, bis es denn gut ist. Formale, schöne Dinge sind ihr wichtig. Aber vor allem eben, was an Aussage dahinter steht. Das, was die Bildhauerin Ulle Hees in den vergangenen Jahrzehnten geschaffen hat, findet man vielerorts. In Elberfeld, wo ihr Spielbrunnen beim Haus der Jugend immer wieder die verzaubert, die sie so geliebt hat: Kinder, die genau das hier tun dürfen, was vielerorts verpönt ist: einfach nur spielen und übermütig sein. Und ein Stück humorgetränkter Übermut durchfährt auch die Künstlerin

Ulle Hees, die im Rahmen einer öffentlichen Aktionswoche des Wuppertaler Fuhlrott-Museums 1996 mit ihrer unnachahmlichen „Hommage à Grandville“ dem großen französischen Karikaturisten des 19. Jahrhunderts ihre künstlerische Referenz erweist. Eine grazile Figur mit Baseballkappe, langem Schnabel, noch längeren Beinen und Plateauschuhen an den Füßen. Für Ulle Hees steht unverrückbar fest: Jeder Mensch hat auf seine Weise ein Pendant in der Tierwelt! In Barmen findet man die künstlerischen Spuren der Bildhauerin ebenso wie in Langerfeld oder vor der Klosterkirche in Beyenburg. In Remscheid-Lüttringhausen erinnert eine Brunnenplastik an die Geschichte der heimischen Bandindustrie, und in Hemer thematisiert die Stele ‚Aus der Tiefe‘ Leben und Kultur der Region. In Radevormwald, wo sie mit ihrer Bronzeskulptur ‚Menschenkreis‘ der zehnjährigen Städtepartnerschaft mit dem bretonischen Chateaubriant ein Denk-Mal setzt. In Sprockhövel, wo seit 2003 eine von ihr geschaffene ReliefTafel auf dem Sparkassenvorplatz an das Schicksal der durch die Gemeinde ihres Grundbesitzes beraubte und durch die Nazis vertriebene und ermordete jüdische Familie Röttgen erinnert. In Gevelsberg, wo seit dem 14. März 2004 auf dem Rathausforum ihre Stele ‚Wachsamkeit und Erinnerung‘ an die ermordeten, vertriebenen und erniedrigten Menschen dieser Stadt erinnert: Menschen jüdischen Glaubens, Roma, politisch Verfolgte und Zwangsarbeiter. Auch und vor allem ihre ‚Fingerzeige der Geschichte‘ sind es, die denjenigen, der sehen will, immer wieder zu den Tiefen menschlicher Abgründe führen. Zum Beispiel ins westfälische Ahlen, wo die Wuppertalerin Ulle Hees - übrigens im Auftrag der Stadt Ahlen! - ein Mahnmal für die Mitglieder der jüdischen Gemeinde erschaffen hat, von denen nur wenige den Holocaust überlebten. Gerade an diesem Tag, dem 20. Juli, der an den Widerstand gegen die Hitler-Barbarei erinnert, findet hier diese Trauerfeier statt. Das wäre sehr in Ulles Sinn gewesen. Aber nicht als Veranstaltung mit Gelegen-

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heit zum pflichtgemässen Kranzabwurf, sondern als Gedenken an all jene, von denen man hier lange Jahre so gar nicht gerne sprechen mochte, weil es nicht ins politische Weichbild der Bundesrepublik passen wollte. An den anderen Widerstand. Den der kleinen Leute. Ulle Hees‘ Ding war eben nicht nur Claus Schenck Graf von Stauffenberg – sie identifizierte sich mit dem Mut des Schreiners Georg Elser, der lange vor den kriegstragenden Offizieren des 20. Juli einen Anschlag auf Hitler verübt hatte – und dafür im KZ mit seinem Leben büßte. Die künstlerisch-po-

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litische Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangeheit hat das Leben der im Kriegsjahr 1941 geborenen Ulle Hees tief geprägt. Kunst war nie Selbstzweck für sie, sondern in erster Linie Ausdruck dessen, was in ihr durch visuelle Erlebnisse und Erfahrungen, auch und vor allem durch ihre Konfrontation mit Zeitgeschichte, ausgelöst wird. Die Teilnahme am Wettbewerb Gedenkstätte Synagoge in den späten 80er Jahren ist dabei nur ein - aber durchaus sehr wichtiger! - Aspekt ihrer künstlerisch-poli-

tischen Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit. Ein weiterer sind die bereits erwähnten ‚Fingerzeige der Geschichte‘, die Ulle Hees, gemeinsam mit ihrem Mann Herbert Hees, entworfen hat und die an jene MENSCHEN erinnern sollen, die einem menschenverachtenden System widersprochen haben, die aus dieser Stadt Wuppertal vertrieben oder umgebracht worden sind:

Foto aus Privatbesitz Jürgen Schäfer


Zum Beispiel an den 1894 in Barmen geborenen katholischen Arbeiterführer Bernhard Letterhaus, dem seine zutiefst christliche Überzeugung Antrieb zum Widerstand gegen die Hitler-Diktatur war... Zum Beispiel an die Barmer Synode, bei der sich vom 29. bis 31. Mai 1934 in der Gemarker Kirche Vertreter kirchlicher Gruppen aus allen Teilen des Deutschen Reiches zusammenfanden und mit der von ihnen formulierten Theologischen Erklärung als bekennende Christen Stellung bezogen gegen die Untaten des nationalsozialitischen Regimes. Zum Beispiel an die Bewohner des jüdischen Altersheimes in der Elberfelder Friedrich Ebert-Straße. Hees‘ Entwurf einer Figurengruppe alter gebeugter Menschen, deren müde und geschwächte Körper ihre letzte Habe ins grausige Ungewisse mitschleppen, macht dem Betrachter bewußt, dass es auch hier einmal eine jüdische Gemeinde gegeben hat. Zum Beispiel an die Opfer der Wuppertaler Gewerkschaftsprozesse vor über 75 Jahren. Arbeiter und ‚Kleine Leute‘ waren es vor allem, die den Mut hatten, der braunen Welle entgegenzutreten. Aber, so der ehemalige Bundespräsident Johannes Rau, anlässlich der Enthüllung des Mahnmals 1995 vor dem Justizhochhaus auf der Gerichtsinsel: „Es hat lange, zu lange gedauert, dass die Opfer der Gewerkschaftsprozesse ein Denkmal bekommen“ haben - und verweist damit auf das jahrelange Bemühen um die Austellung eines solchen Mahnmals, das schließlich - nach Jahren des Wartens im Keller des Gewerkschaftshauses – durch die Geldspenden von vielen Gewerkschaftern letztendlich doch noch hat realisiert werden können. Nach dem Umbau der Justizgebäude ist das Mahnmal auch neu installiert worden – allerdings nicht, wie von der Künstlerin urspünglich gewünscht – in Augenhöhe, sondern in unaufdringliche Tiefe verbannt. Liegt es womöglich daran, dass diese Fingerzeige auf u n s weisen, die wir hier in dieser Stadt leben und die uns nicht aus der Verantwortung entlassen für das, was auch hier in der Zeit des Nationalsozialismus geschehen ist? Denn: auch

in Wuppertal sind Bücher verbrannt worden – und zwar, in vorauseilendem Gehorsam – bereits Anfang April 1933, sechs Wochen vor den reichsweiten Aktionen am 10. Mai! Geächtet und verbrannt worden sind auch Bücher von Söhnen und Töchtern dieser Stadt. Eine davon ist die expressionistische Dichterin Else Lasker-Schüler, die 1869 im Tal der Wupper geboren, 1933 aus Deutschland vertrieben, 1945 im Jerusalemer Exil stirbt. Auch und gerade diese Frau ist es, mit der Ulle Hees so vieles gemein hatte. Mit jener Fee aus dem Märchen. Zauberhaft. Geheimnisvoll. Perlenglitzernd. Mit all dem Lachen und Weinen. Mit all der Freude und Trauer. Spielverträumt und übermütig. Ungebärdig. Verrückt. Unordentlich. Anders eben als die anderen. „Ich habe Liebe in die Welt gebracht Das blau zu blühen jedes Herz vermag...“ Diese Worte der Dichterin hat die Bildhauerin ihrer Bronze-Stele zu Else Lasker-Schüler mit auf den Weg gegeben. Um sie zu sehen und auf sich wirken zu lassen, muss der Betrachter ganz nah an das „Zerbrochene Herz“ herantreten. Sich behutsam dieser Frau nähern. Die Berührung wagen und den Blick ins dunkel-patinierte Innere. Das Äußere des Herzens ist licht und hell. Mit Zeichnungen von Ulle Hees, die mit denen der Else LaskerSchüler verwoben sind. Eingebettet in die Lyrik der Dichterin. Ein Leben erzählt sich so fast wie von selbst. Verspielt und ernst. Schwer und leicht zugleich. Für Ulle Hees war es ein langer und mit vielen Widerständen gepflasterter Weg von den ersten Gedanken und Entwürfen bis zu dieser Stele, die von der Enno und Christa Springmann-Stiftung der Stadt Wuppertal geschenkt worden ist, und die zuerst im Rathaus Barmen ihren Standort hatte, bis zum Umzug ins wuppernahe Schauspielhaus, nach Elberfeld. Man hat es auch Else Lasker-Schüler bis heute nicht leicht gemacht in ihrer Geburtsheimat. Denn kaum ist sie angekommen, wird sie erneut zur Emigrantin. In ihrer eigenen Stadt. Wieder muss sie weichen. Diesmal sind es Bauaufsicht und Haushaltslage, die der ungeliebten Dichterin im baufälligen Schauspielhaus den Garaus

machen. Im Barmer Opernhaus wartet die Flüchtige nun, abgestellt und ebenerdig, auf ein ungewisses Morgen... Die Dichterin Else Lasker-Schüler u n d die Fingerzeige der Geschichte gehören zu dieser und in diese Stadt. Genauso wie Mina Knallenfalls und der Zuckerfritz (mit bürgerlichem Namen Fritz Pothen) - die eben weit mehr sind als bloße Wuppertaler Originale, sondern die für Menschen stehen, ob sie, den Rücken krumm gebeugt, die Hände schwielig, in den Textilfabriken dieses Tales geschwitzt oder als Habenichtse und kleine Schubkarrenfahrer eben immer zu denen ‚da unten‘ gehört haben. Auch ihnen hat die Bildhauerin Ulle Hees ein Denkmal gesetzt. Wenige Monate vor ihrem Tod war der französische Schriftsteller- Diplomat, Emigrant und Widerstandskämpfer Stéphane Hessel für eine Lesung in Düsseldorf zu Gast. Ulle Hees wollte so gerne noch hinfahren – es hat nicht mehr sollen sein. Dabei war es etwas sehr Besonderes, was auch diese beiden Menschen im Geiste verbunden hat: die Kraft des Eigen-Sinns und zum Widerspruch. „Indignez-vous!“ „Empört Euch!“ hat der über 90jährige Hessel seine kleine Streitschrift überschrieben - d a s hat Ulle Hees direkt und außerordentlich gefallen - solche Menschen mochte sie zeitlebens! Und daraus hat sie immer auch die Kraft ihres Werkes geschöpft. Ein großer Herzenswunsch erfüllte sich für Ulle Hees noch im vergangenen Herbst: Ein Katalog und Werkverzeichnis zu ihren Plastiken im Öffentlichen Raum. Sie hatte noch so vieles vor. Nicht alles hat sie beenden können. Ihre Arbeiten zu Pina Bausch genauso wenig wie eine Skulptur der Wuppertaler Frauenrechtlerin Helene Stöcker, und auch die Zeichnungen für ein Buch über ihre New Yorker FotografenFreundin Ellen Auerbach bleiben nunmehr ungezeichnet. Aber eines bleibt uns allen: die Liebe, die Ulle Hees mit ihrem künstlerischen Werk in die Welt gebracht hat. Dafür, liebe Ulle, und für vieles mehr, danken wir Dir! Ulrike Müller

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Saxophon, Foto Thorsten Leiendecker 22


10 Jahre Jazzmeeting von Rainer Widmann

Rainer Widmann und Ulrich Armbruster Foto Thorsten Leiendecker

Alle Musikinteressierten sollten sich Freitag, den 26. Oktober im Kalender dick anstreichen. An diesem Tag feiert das Wuppertaler Jazzmeeting runden Geburtstag. Zum zehnjährigen Jubiläum bietet das Festival an einem Abend auf zwei Bühnen acht Gruppen mit über vierzig hervorragenden Jazzmusikern und -musikerinnen, von denen die meisten aus der Region um Wuppertal kommen. Am Anfang des neuen Jahrtausends traf sich eine Gruppe musikbegeisterter Wuppertaler, unter ihnen Peter Kowald, um darüber nachzudenken, wie man die lokale Jazzszene fördern und beleben könnte. Als Ergebnis ihrer Überlegungen installierten sie ein Festival, dessen Grundgedanke war, vorwiegend Bands und Projekte aus Wuppertal zu präsentieren. Die Macher der ersten Stunde waren optimistisch genug, die Veranstaltung, die am 3. Oktober 2003 zum erstenmal stattfand, „1. Wuppertaler Jazzmeeting“ zu nennen, obwohl es damals noch in den Sternen stand, ob es je ein zweites geben würde. Das Jazzmee-

ting etablierte sich jedoch rasch im Café ADA als Schauplatz aktueller Jazztrends und als Szene-Treff im Wuppertaler Musikherbst. Nun findet am 26. Oktober schon das 10. Jazzmeeting statt. Dass es so eine Erfolgsgeschichte werden würde, hatte niemand vorausgesehen. Auch im Jubiläumsjahr werden ab 19:30 h wieder acht Bands und Projekte jeweils im Wechsel auf beiden ADA-Bühnen präsentiert. Das treue und zahlreiche Publikum ist aufs Neue eingeladen, aufregend innovative Gruppen und Musikprojekte aus dem Tal und der Region zu entdecken. Auftragskomposition von Carolin Pook aus New York für Peter Brötzmann Besonderer Höhepunkt des 10. Jazzmeetings ist eine Auftragskomposition eigens für das Jubiläum, die das JazzmeetingTeam an die junge in New York lebende Geigerin Carolin Pook vergeben hat. Die Komponistin, die bei der Aufführung anwesend sein wird, hat das Stück für Peter Brötzmann und das Schlagzeug-

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Ensemble Q hat der Vibraphonist und Leiter des Düsseldorfer Mallet-Institute Matthias Goebel. Dirigent des gesamten Projekts ist der Cronenberger Musikprofessor Werner Dickel.

Carolin Pook Ensemble Q geschrieben. Das Ensemble Q besteht aus vier klassischen Musikern und vier Studenten der Wuppertaler Musikhochschule aus der Klasse von Professor Roderburg. Die klassisch ausgebildeten Schlagzeuger werden sich bei der Zusammenarbeit mit Peter Brötzmann, dem Nestor des deutschen Freejazz, in einem für sie ungewohnten Kontext bewegen. Die Leitung des

Wiedersehen mit „Das Pferd“ Ein weiteres Highlight wird der Auftritt der legendären Wuppertaler FusionBand „Das Pferd“. Die in den neunziger Jahren von Jan Kazda und Wolfgang Schmidtke gegründete Jazzrock-Gruppe, die internationale Erfolge feiern konnte, kommt einzig für das Jazzmeeting-Jubiläum noch einmal zusammen. Aus Wuppertal stammt der Meister des Poetry-Slam Patrick Salmen. Er verfasst Lyrik und Prosa, ist Buchautor und Kabarettist. Mit seiner gewagten Wortakrobatik ist Salmen auf deutschsprachigen Bühnen präsent und überaus erfolgreich. Das von dem John-Scofiled-Preisträger Alex de Macedo gegründete Quartett „Maceedo Groove Square“ mit Schlagzeug, Bass, Keyboard und Macedo an der Gitarre

Peter Brötzmann

Marvin Dillmann machte im Rahmen der Fußball-EM mit einem Bob-Marley-Cover Furore und wird beim Jazzmeeting seinen elektronischen, groovenden Jazzrock mit brasilianischer Lebendigkeit und Leichtigkeit vorstellen.

Patrick Salmen Foto: Dennis Scharlau †

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Kollektiv zum Höhepunkt Der Wuppertaler Pianist Ulrich Rasch hat exklusiv für das Jazzmeeting die achtköp-


10.

wuppertaler jazzmeeting 26.10.‘12

fige Band „Meet’n Jazz“ zusammengestellt, deren Besetzung einem Who’s Who der lokalen Jazzszene gleicht: die Vocalistin Banu Böke ist Ensemblemitglied der Wuppertaler Bühnen, Altmeister Dietrich Geese an der Trompete war schon beim ersten Jazzmeeting dabei, Michael Hablitzel spielt im Sinfonieorchester Wuppertal Cello, der Percussionist Thomas Lensing ist langjähriges Mitglied der „Formation Ufermann“, am Schlagzeug sitzt Raschs langjähriger Weggefährte Peter Funda. Das „Lieblingstrio“ um Markus Chancy Gärtner, das sich in den letzten Jahren in der Region einen Namen als Liveband erspielt hat, wird in neuer Besetzung mit Dirk Schaadt an der Hammond-Orgel und Ralf Heinrich am Schlagzeug Jazzklassiker in neuem Gewand präsentieren. Mit sphärischen Klängen und magischen Rhythmen gespielt auf Instrumenten, die man im Jazz selten hört, möchte ein Duo das Publikum verzaubern: Marvin Dillmann mit dem Didgeridoo, dem HolzBlasrohr der australischen Aborigines, und Daniel Bark auf Harmonium und Flügel.

bergische brass band bergische jugendliche und afrikanisches feeling // peter brötzmann & ensemble Q unter leitung von mathias goebel // lieblingstrio back to the hammond // patrick salmen slam poetry // daniel bark & marvin dillmann klangreise mit dem didgeridoo // maceedo groove square brazilian roots // meet’n jazz kollektiv zum höhepunkt // das pferd ten years after

cafe ada wiesenstr. 6 wuppertal-elberfeld einlass 19 uhr beginn 19.30 uhr eintritt 20 / ( erm. 13 ) vorverkauf 15 / ( erm. 9 ) über: www.wuppertal-live.de info : www.jazzmeeting.de

African Brass zum Auftakt und Einstieg Eine Formation mit einer ungewöhnlichen Geschichte wird für einen furiosen Auftakt sorgen: die „Bergische Brass Band“ ist 2011 aus einer Begegnung von deutschen und kongolesischen Jugendlichen hervorgegangen. Unter der Leitung von Volker Eigemann, Susanne Strobel und Winfried Walgenbach werden die jungen Leute aus Wuppertal, Solingen, Remscheid und Schwelm Stücke von Abdulla Ibrahim (Dollar Brand) und solche aus dem Repertoire afrikanischer Brass-Bands spielen. Gefördert wird das Jazzmeeting seit einigen Jahren durch den Landesmusikrat vom Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NordrheinWestfalen aufgrund der Tatsache, dass hier Profis und Laienmusiker auf gleichen Bühnen zu gleichen Konditionen auftreten können. Dies war auch schon von Anbeginn die Intention der Festivalmacher, dass nicht nur unterschiedliche Musikstile, sondern auch immer Nachwuchsmusiker neben alten Hasen präsentiert werden und so oft ihre ersten Auftritte vor großem Publikum hatten. Karten: www.wuppertal-live.de weitere Infos unter: www.jazzmeeting.de

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Dennis Scharlau Ein Nachruf von Magdalene Zuther Der Wuppertaler Fotograf Dennis Scharlau verstarb Anfang Juli kurz vor seinem 32. Geburtstag in Wuppertal. Die Nachricht über seinen plötzlichen Tod hat alle, die ihn kannten, fassungslos zurückgelassen. Dennis Scharlau war ein Mensch mit vielen Ideen und Begabungen. Wenn er sich einer Sache widmete, dann mit ungebremster Leidenschaft und Hingabe. Nach einem anfänglichen Studium hatte er Fotografie bei Wolf Birke im Wuppertaler Luisenviertel gelernt. Danach widmete er sich viele Jahre sehr erfolgreich der Bühnenfotografie. Besonders Musiker aus dem Jazz hatten es ihm angetan: Hans Reichel, Audry Chen, Peter Brötzmann, Günter „Baby“ Sommer, das Alexander von Schlippenbach Trio, Wolfgang Schmidtke, Maik Ollhoff, Alvin Queen und viele mehr hatte er in den letzten Jahren abgebildet. Aber auch anderen Stilen und Kunstsparten wendete er sich zu. Hörte oder las man seinen Namen, begegnete man ihm im Kontext vieler namhafter Projekte in Wuppertal: OLGA, ein Raum für Kunst, den er mit dem Maler, Tänzer und Choreographen Milton Camillo in der Wuppertaler Nordstadt aufgebaut hatte, gehörte ebenso dazu wie die Konzertreihe KlangArt, die E. Dieter Fränzel im Skulpturenpark von Tony Cragg

Dave Tucker. Foto: Dennis Scharlau

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Dennis Scharlau. Foto: Helmut Steidler

Dennis Scharlau bei einem KlangArt-Konzert. Foto: K. H. Krauskopf kuratiert, das Wuppertaler Jazzmeeting, die Performance-Reihe „Sichtlaut“ um den Tänzer und Choreographen Geraldo Si, das Ernst-Jandl-Festival „tohuwabohu“ und einiges mehr, das er fotografisch begleitet hat. 2007 waren seine Arbeiten in der Wuppertaler Galerie Epikur bei dem Gemeinschaftsprojekt NorngBoy von Dennis und der Tänzerin und Performance-Künstlerin Nusara Mai-ngarm zu erleben. 2010 gewann er mit einem Bild des britischen Gitarristen Dave Tucker den von einer internationalen Community für Foto und Video ausgetragenen Wettbewerb „photokina PIONEERS“ Als Fotograf begleitete er die Arbeit der Peter Kowald Gesellschaft seit ihrer Gründung. 2011

präsentierte er dort im Rahmen der Ausstellung „7 Jahre Ort-Fotografie“ ein Bild der japanischen Jazzmusikerin Aki Takase, das er im April desselben Jahres während ihres Konzerts im Ort aufgenommen hatte. Nach einem zeitweiligen Rückzug von der Fotografie und wechselnden Aufenthalten im Sauerland, in Wuppertal, Berlin und London kam er im letzten Jahr wieder in Wuppertal an. Seine Leidenschaft für den Film brachte ihn in das Cinema, einem traditionsreichen Programmkino in Wuppertal-Barmen. Dort arbeitete er im letzen Jahr und wollte das Filmvorführen lernen.


Pina Bausch-Kalender 2013 Der neue Pina Bausch Kalender mit Fotografien von Jochen Viehoff

Pina Bausch lebt! Die aktuellen Fotografien von Jochen Viehoff im neuen Pina Bausch Tanztheater Wuppertal Kalender 2013 blättern die überraschende Lebendigkeit auf, die in den weltweiten Aufführungen des Wuppertaler Ensembles auch drei Jahre nach dem Tod der berühmten Choreografin noch auf die Bühne kommt. In den Szenenfotos zu Stücken wie Two Cigarettes in the Dark (1985) Água (2001), Nefés (2003), Sweet Mambo (2008), Bamboo Blues (2007) und … como el musguito en la piedra, ay si, si, si … (2009) richtet Viehoff den Fokus auf die überbordende Farbigkeit vor allem der jüngeren Stücke, auf die opulente Kleiderpracht der Tänzerinnen und die Intensität der Emotionen, die in den Soloszenen und Paarfiguren zum Ausdruck kommen. Vor allem die stark farbigen Fotografien des Ensembles heben sich ab von den Momentaufnahmen einzelner Tanzfiguren, deren Ausdruckskraft vor dunklem Bühnengrund gesteigert wird. Eingebunden in die traumartigen Landschaften der Videoprojektionen präsentieren die Aufnahmen eine Feier des Lebens: Ausgelassenheit, Romantik, Kälte und Schmerz werden durch die wechselnden Farbwerte besonders eindringlich vermittelt. Mit seinem guten Gespür für Komposition und Licht rückt Viehoff in diesem Jahr einige Male mit der Kamera ganz nah an die Tänzer heran. Die bildfüllenden Figuren von Ditta Miranda Jasjfi und Fernando Suels Mendoza (Nefés) oder Julie Shanahan und Michael Strecker (Two Cigarettes in the Dark), verkörpern emphatisch die komplexen Gefühle im Verhältnis zwischen Mann und Frau, so dass der Eindruck zarter Intimität entsteht. Ohne Wehmut zeigen die Fotografien, wie das Erbe von Pina Bausch auch nach ihrem Tod bis heute weiterlebt. Jochen Viehoff wurde am 15. Juni 1968 in Wuppertal geboren. Seit 1996 Zusammenarbeit mit dem Tanztheater Wuppertal von Pina Bausch. Von 1999 bis 2005 künstlerisch-wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Kunsthochschule für Medien Köln, seit Juni 2005 Kurator am Heinz Nixdorf Museums Forum in Paderborn.

Ditta Miranda Jasjfi (…como el musguito en la piedra, ay si, si, si…)

Julie Shanahan, Michael Strecker (Two Cigarettes in the Dark)

Daphnis Kokkinos, Julie Anne Stanzak (Sweet Mambo)

Ditta Miranda Jasjfi, Fernando Suels Mendoza (Nefés)

Buchveröffentlichungen u. a.: „Pina Bausch – Ein Fest. Fotografien von Jochen Viehoff“ (2000), „Rheingold. Fotografien von Jochen Viehoff“ (2004). „Es tut mir leid – Ein Novembertag in Berlin, Fotografien von Jochen Viehoff “ (2006). Information: www.jochenviehoff.de

Der neue Pina Bauch Kalender von Jochen Viehoff ist im HP Nacke Verlag erschienen und ab dem 15. Oktober über den Buchhandel zum Preis von 18,90 Euro erhältlich.

Susanne Buckesfeld M. A.

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Schöne Post im Kasten! Geschichte und Geschichten um ein rechteckiges Stückchen Karton

Seit 142 Jahren gibt es in Deutschland Postkarten. Das immer größer werdende Angebot an originellen und lustigen Exemplaren dieses praktischen Vehikels zur kurzen Nachrichten- oder Grußübermittlung regt zu einer Betrachtung an.

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Schreib mal wieder!

Elektropost

Mit diesem Slogan hat einst die Deutsche Bundespost, als sie noch nicht zum geldgierigen Kommerzbetrieb Post AG umgestaltet worden ist, jahrelang versucht, Sie und mich dazu zu bewegen, ein paar Zeilen zu Papier zu bringen und ordentlich adressiert und frankiert - natürlich mit dem Monopolisten Post - zur Freude des Empfängers und der Staatskasse zu verschicken. Lange Zeit ging das auch gut. Aber die Briefkultur, die nach Matthias Claudius, Schiller und Goethe bei Gottfried Keller, Theodor Storm und Eduard Mörike, später bei Hermann Hesse und Thomas Mann zu neuer Hochblüte gelangt war, kam von Jahr zu Jahr mehr zum Erliegen. Erste Verluste fügte früh der Fernsprechapparat der Briefpost zu, das "Fräulein vom Amt" verknüpfte schneller, als es der Briefträger schaffte. Schließlich konnte man gar selber wählen ("Wähle 333 auf dem Telefon, wähle 333 und du hast mich schon...“ - O-Ton Graham Bonney), heutzutage bis in den hintersten Winkel der Mongolei und wenn man will, mit dem Mobiltelefon von jedem Platz der Welt, ob Klo oder Linienbus („Ich bin hier grad' in der Linie 733 am Borsigplatz - ich fahr noch nachem ALDI, dann komm ich zu Hause", teilt jeder Schwachkopf den Mitreisenden und seinem Telefonpartner heutzutage mit).

Dann der nächste Schlag ins Gesicht des anständigen und aufs Briefaufkommen angewiesenen Zustellers: Fax! Häßliche Billigkopien von der Endlosrolle spie mit einem Mal der an den Fernsprechapparat angeschlossene Impulsnehmer aus, und kaum einen Atemzug später folgt noch Grausameres: beim Stichwort E-Mail („Du, ich schau mal eben in meinen Account.") bricht Liebhabern von Tintenschrift auf weißem Papier der Schweiß aus, Tränen füllen ihre Augen und die jedes anständigen Postboten, und Hersteller von Briefkuverts träumen von besseren Zeiten. Hausbriefkästen enthalten nicht mehr den berühmten duftenden Umschlag mit der „blaßblauen Frauenhandschrift“, sondern Berge unerwünschter Werbesendungen, die dem Postboten die Freude am Zustellen nehmen. Von den erotisches Glück und günstige Geldanlagen verheißenden SPAM-Fluten mal ganz zu schweigen. Mit all diesen begrenzt praktischen Neuerungen geht natürlich der Hang zur Faulheit einher - oder war es umgekehrt? Ist die Denk- und Schreibfaulheit derer, die das Verfassen umfänglicher und inhaltsreicher Botschaften, den rituellen Vorgang des Umschlagbeschriftens und Aufklebens einer Briefmarke lieber vermeiden, der Grund? Schreibt denn niemand mehr?


Schauen wir mal zurück Banausen! schreit der Fühlende gequält auf und schaut sich nach Rettung um. Dabei steht die seit besagten 142 Jahren in Deutschland unauffällig in der zweiten Reihe bereit und zeigt sich für den KurzMitteiler attraktiver und schillernder als je zuvor. Wir sprechen von der rechteckigen, aus festem Karton bestehenden Erfindung des Generalpostmeisters Heinrich von Stephan, 1865 erstmals von ihrem Erfinder der Postkonferenz der deutschen Staaten vorgeschlagen, 1869 in Österreich eingeführt und schließlich 1870 im Norddeutschen Postgebiet: der Postkarte des Weltpostvereins, anfangs Correspondenzkarte genannt. Das schlichte Stückchen Pappe wurde seitdem sehr gut angenommen und erfreut sich vor allem als Glückwunsch oder Urlaubsgruß ungebrochener Beliebtheit. Eine kurze Mitteilung sollte seinerzeit schnell den Empfänger erreichen und nicht viel kosten. Das klappte auch, denn über Jahrzehnte, bis weit ins 20. Jahrhundert konnte man für 5 Pfennige Porto innerhalb von 24 Stunden Nachrichten von Berlin nach Thorn, von Tübingen nach Hamburg oder von Lieberhausen nach Elberfeld expedieren – Absende- und Eingangsstempel belegen das. Innerhalb einer Stadt war die Übermittlung sogar vom Vor- bis zum Nachmittag garantiert: "Lieber Wilhelm, ich komme heute Nachmittag um 1/2 vier Uhr zum Kaffee bei Euch vorbei." Zustellung zweimal täglich. Goldene Zeit! Mit viel Glück gelingt das heute innerhalb 1-2 Tagen, manchmal braucht´s aber auch eine Woche und kostet in jedem Fall 45 Cent. Eine Freude für Empfänger und Sammler Aber zurück zur Geschichte der Postkarte. War es einst eine schmucklose Mitteilung, entwickelte sich bald eine Kombination von Bild- und Textseite daraus: die Ansichtskarte. Aus dem Urlaub konnte man einen Wetter- und Stimmungsbericht schicken, kurz gefaßt natürlich, denn die andere Seite der Karte zeigte eine photographische Ansicht des Urlaubsortes. Dort konnte man das Zimmerfenster des Hotels ankreuzen, hinter dem man faulenzte oder den Berg, den man tapfer

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erklommen hatte. Gilt bis heute! Schnell kamen andere Themen- und Motivkreise dazu - Glückwunschkarten zu allen möglichen Anlässen, Scherzkarten und leider auch ungezählte Feldpostkarten. Mit vaterländischem Pathos, Wehmut und Galgenhumor wurde dem Untergang ins Auge geblickt. Schier unerschöpflich zeigte sich die Welt von Illustration, Idee und Motiv. Und weil der Mensch ein Wesen ist, das sehr über das Auge lebt und genießt, wurde bald erkannt, daß Absender und Empfänger das Originelle und das Opulente zu schätzen wissen und ein Geschäft damit zu machen ist. Ein neues Steckenpferd entstand: das Sammeln von Postkarten. Die wurden in prächtige Alben gesteckt, nach Motiven und Serien sortiert und so sorgfältig aufbewahrt, daß viele davon zwei Weltkriege überdauert haben und im Nachhinein heute noch Freude machen können. Und weil das Sammeln nun mal eine Wissenschaft ist, gibt es dazu Kataloge, Untersuchungen und Sekundärliteratur.

Hand, um all die spaßige Pracht an den Mann und die Frau zu bringen. Da gibt es die fotografische Satire, die originelle Visualisierung von Texten, die Karikatur und den Cartoon, die Kunstverfremdung, Weisheiten und kluge Sprüche und vieles, vieles andere. Ganze Kollektionen wurden von namhaften Illustratoren wie Loriot und Bernd Pfarr, Michael Sowa oder André Poloczek gestaltet. Mal ist das Kartenmotiv der Träger der Botschaft, dann wieder nur höherer Blödsinn, auf den sich Verlage wie Joker, Inkognito, Voller Ernst, Retro, Weltniveau und viele andere besonders gut verstehen. Daß es darunter natürlich auch Ausreißer gibt, liegt auf der Hand. Die findet man dann (natürlich auch gesammelt) in Büchern wie „Boring Postcards“, "Langweilige Postkarten" oder „Bild der Heimat – Die Echt-Foto-Postkarten aus der DDR“. Es ist, glauben sie mir, höchst kurzweilig, sich aufmerksam auch solche Exemplare anzuschauen. Aber Vorsicht – macht süchtig!

Mit Kitsch und viel Humor

Tips, wo´s gratis ist

Die Fülle der angebotenen hübschen, ästhetischen, originellen, erotischen, witzigen und künstlerischen Bildpostkarten ist mittlerweile nahezu unüberschaubar. Unzählige oft kleinste Verlage bringen herrlich komische oder wunderschöne Motive auf den Markt und man hat als Schreiber gar nicht genug Empfänger zur

In Kneipen, Cafés und Postämtern (Tip!) gibt es häufig nette Gratis-Postkarten, die meist Werbebotschaften transportieren und kostenlos sind, z.B. "City-Cards" und "Edgar auf der Karte“ (lesen sie zu Edgar hier unseren Jubiläumsbericht). Meist im Format 10 x 15 cm gibt es eigentlich nichts, was es als Thema auf der

Karte nicht gibt: dumme Sprüche, echte Kunst oder pure Reklame – meist aber originell. Im Zweifelsfall bastelt man sich flugs selber eine. Eigene Fotos sind beliebt. Nur ein paar Beispiele aus der Fülle können wir hier zeigen, als Anregung, die Postkartenständer in Buchhandlungen, Schreibwarengeschäften, Souvenirläden und Graphik-Agenturen zu durchstöbern, die Beute zu beschriften, zu adressieren und ordentlich frankiert zur Freude der Empfänger und der Postboten auf den Weg zu bringen. Mir klingt noch der Ruf meines früheren Zustellers Heribert B. im Ohr: "Komm runter, is' schöne Post im Kasten!" Frank Becker Fotos: Archiv Musenblätter


Die Postkarte auf dem Rückzug Die Zahl verschickter Postkarten ging seit 1982 um 715 Millionen Stück zurück Volkskundler untersuchen die Geschichte der Postkarten

Volkskundler des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe haben die Geschichte der Postkarten untersucht. Die erste "Correspondenzkarte" wurde zum 1. Juli 1870 von der Postverwaltung des Norddeutschen Bundes eingeführt und hatte noch keine Bildmotive. „Postkarten stellten zunächst einmal ein kostengünstiges Medium für kurze Mitteilungen dar“, erklärte Anna Maria Löchteken kürzlich in Münster. Die Karte war nach ihren Angaben sofort „ein Verkaufshit“ und wurde in allen Bevölkerungsschichten schnell bekannt, als im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 die Feldpost-Korrespondenzkarte portofrei in die Heimat befördert wurde. Auch nach Kriegsende war die Beliebtheit ungebrochen, da nur die Hälfte des Briefportos zu entrichten war. Mit dem Aufkommen bebilderter Postkarten gewannen die Karte noch einmal an Popularität. Die ersten (selbst)-illustrierten Karten sind schon für das Jahr 1870 bekannt, offiziell wurden Ansichtskarten aber erst Mitte der 1890er Jahre von den Postverwaltungen zugelassen. Zuvor empfand man es als unangebracht, Karten mit Bildern zu verschicken. Da die Rückseite der Postkarte bis 1905 nur mit der Adresse beschriftet werden durfte, reichte der Platz auf der Bildseite kaum für mehr als einen kurzen Gruß. Ab der Jahrhundertwende gehörten Fotopostkarten fest zum touristischen

Reiserepertoire, da breite Bevölkerungsschichten auf diese Weise in der Lage waren, ihren Urlaubsaufenthalt zu präsentieren. Der Schriftsteller Hans Fallada erinnerte sich an Ferien zu Beginn des 20. Jahrhunderts und schrieb: „Ansichtspostkarten mußten geschrieben werden, an jeden erdenklichen Bekannten und Verwandten. Sie waren ein Beweis, daß man in einer Sommerfrische gewesen war, und im übrigen schickte sich dieser Gruß aus Ferientagen.“ Die Postkarte hält sich schon über 140 Jahre, hat aber in den vergangenen Jahrzehnten einen starken Einbruch zu verzeichnen. Wurden 1954 noch 920 Millionen Karten verschickt und 1982 noch 877 Millionen, haben Internet und Mobiltelefon zu einem drastischen Rückgang geführt. Nach Angaben der Deutschen Post beschränkt sich die Versendung privater Postkarten heute eher auf das Saisongeschäft im Sommer sowie zu Ostern und Weihnachten. Deutschlandweit wurden im vergangenen Jahr noch 162 Millionen Postkarten verschickt. Andreas Rehnolt Fotos: Archiv Musenblätter

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Gartendekorationen und Wohnaccessoires, Kunsthandwerk und Kunst für den Indoor- und Outdoorbereich bietet die Gärtnerei Wierzba auf ihrem 3.000 Quadratmeter großen Gelände an der Oberbergischen Straße 44 in Wuppertal: Ein ideales Areal, um unter dem Firmenmotto „Pflanzen und Kunst“ über die üblichen Dimensionen von grünen und blühenden Gewächsen aller Art hinaus zu gehen. Die Gärnerei Wierzba verbindet das Thema Garten mit dem Thema (Objekt)Kunst – und schafft auf diese Weise neue Räume. Räume draußen – aber ebenso auch Räume im Inneren eines Hauses, die mit dem Garten vor den Fenstern in enger Verbindung stehen. Deko-Details und kleines Schönes Doch „Pflanzen und Kunst“ bietet nicht nur „große“ Kunst, sondern ist auch im Segment Kunstgewerbe und kleinerer Kunstgegenstände stark: Außergewöhnliches Schiefertafel-Geschirr, nicht alltägliches Tischzubehör sowie saisonunabhängige Deko-Details erweitern das Spektrum der Gärtnerei, mit der Bernd-Ulrich Wierzba im März 2010 schon 25-jähriges Firmenjubiläum feiert, um zahlreiche Facetten.

Die Gärtnerei Wierzba „Pflanzen und Kunst“ hilft Ihnen, Ihren Lebensraum zu vergrößern und zu einer individuellen Einheit zu verschmelzen: Heben Sie mit uns die Grenzen von „drinnen“ und „draussen“ auf, holen Sie sich die Natur ins Haus und machen Sie Ihren Garten zu Ihrem ganz persönlichen „Wohlfühl Wohnbereich“! Pflanzen und Kunst Bernd-Ulrich Wierzba 42285 Wuppertal, Oberbergischen Straße 44 Telefon 0202 - 88 084 info@pflanzen-und-kunst.de

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Glückwunsch, Edgar 20 Jahre Edgar-Karten aus Hamburg Wer kennt ihn nicht? Edgar, den Mann mit dem markanten Kinn, dem Balken über den Augen und der Shag-Pfeife im Mundwinkel. Edgar-Karten sind aus Szene-Bars, Kneipen und Cafés nicht mehr wegzudenken, wenn auch vielenorts die Kartenständer nach kurzer Zeit schon leergeräumt sind und dann wochenlang sehr traurig aussehen. Edgar wartet mit frechen, hin und wieder auch recht derben Sprüchen auf, gibt sich aufmüpfig, laut, jung, mitunter ein bißchen wild - und macht Reklame. Denn das ist die Seele des Geschäfts: Werbung über Gratis-Postkarten auffällig und vielfach künstlerisch zu transportieren. Automarken und Fernsehserien, neue Kinofilme und Körperpflege, Kondome und Online-Dienste werden beworben. Kneipengänger lieben und sammeln die attraktiven Karten – und die wenigen, die heute noch „handgemachte“ Post verschicken, freuen sich, daß sie zum einen keine Karte kaufen müssen, zum anderen, daß die angepeilte Botschaft oft schon mitgeliefert wird. Jetzt feiert Edgar seinen 20. Geburtstag. Aus der ungewöhnlichen Geschäftsidee, mit einer attraktiven und dazu kostenlosen Postkarte dennoch Geld zu verdienen, wurde eine beachtliche Erfolgsstory. 1992 wurde der Gedanke in einer Hamburger Kneipe geboren und „Edgar“ getauft, abgeleitet von der „Ad-Card“ (engl. Advertising Card). Das Besondere: Edgar-Karten verbinden Kunst, Kommerz und Kommunikation und in vielen Fällen sehr originell miteinander. Meist ist der spontane Lacher, den die Botschaft auslöst, der Kontaktfunke. Mit den Einnahmen aus den Werbekarten wird u.a. junge Kunst gefördert und ebenfalls wieder im Postkartenformat mit dem Edgar-Logo verteilt – ebenso gratis, versteht sich. Konsequent geführt eroberte die Edgar-Idee die Szene-Kneipen-Welt der Republik - 1996 kamen erste Plakate dazu und seit 1997 ist Edgar im Internet.

verschickt. Andere Unternehmen mit ähnlicher Konzeption (wie z. B. City Card) drängten auf den Markt und eroberten nicht unerhebliche Anteile, doch trotz dieser Konkurrenz und der Krise in der Werbebranche im Jahr 2000 konnte Edgar glücklicherweise überleben - keine Edgar-Karten mehr zu finden, wäre für viele eine mittlere Katastrophe gewesen und begründete auf edgar.de im Internet eine Online-Community. 2006 wurde eine magische Zahl erreicht: Eine Milliarde Edgar-Karten wurden bis dahin verteilt, in der Gastronomie, aber auch in Geschäften für junge Mode, Fitness-Studios und sogar in Schulen. In der Werbewelt sind Edgar-Karten längst zum „Klassiker“ mit Kultstatus avanciert. Edgar gehört für viele Unternehmen der unterschiedlichsten Branchen einfach zu einer kreativen Werbekampagne. Nicht nur als „normale“ Postkarte auf dem üblichem Karton, auch als Spiegelkarte, 3D-Karte, Wechselbildkarte, Duftkarte oder sogar Blechkarte werben EdgarKarten für unterschiedlichste Produkte und Dienstleistungen. Neben seinem künstlerischen Engagement unterstützt Edgar soziale Kampagnen und ist lobenswerterweise in der Hamburger Szene u. a. als langjähriger Sponsor des FC St. Pauli – eines der wenigen noch wirklich echten Fußballvereine aktiv. Fußball ist ohnehin ein Thema, dem sich Edgar recht liebevoll gewidmet hat. Edgar stellt sich einer selbst gewählten Herausforderung für die nächsten Jahre: Neue Trends setzen, ohne dabei Toleranz, Kreativität und Menschlichkeit zu verlieren. Wenn das kein hehres Ziel ist! Also: noch einmal „Glückwunsch zur 20“ und toi, toi, toi für die Zukunft! Frank Becker Weitere Informationen unter: www.edgar.de

Auf www.edgar.de wurde damals die erste E-Card (elektronische Grußkarte)

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Stille Tage in der Lüntenbeck Dolce far niente am gelben Schloss in Vohwinkel

Barocker Sehnsuchtsort: Schloss Lüntenbeck (Foto: Esther Hildebrandt)

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Orte gibt es, an denen die Uhren anders ticken. Orte, die aus dem Kontinuum unserer täglichen Verrichtungen fallen. Gefährliche Orte sind dies. Denn man kommt von ihnen nur schwerlich los. Gut also, dass das Restaurant im Schloss Lüntenbeck in Wuppertal-Vohwinkel feste Öffnungszeiten hat. Man könnte hier sonst ewig verweilen. Zumal im Sommer, wenn es sich auf der Terrasse, unter der alten Marone im Schlosshof, ein Genießerpublikum versammelt, das die Pause vom Alltag sichtlich und ausgiebig genießt. Wozu das Speisen- und Weinangebot von Pilkens im Schloss Einiges beiträgt. Spanferkelbäckchen an einer Trüffeljus auf mediterranem Kartoffelstampf entwickeln in der milden Spätsommerluft vor der Kulisse des barocken Herrensitzes Lüntenbeck einen authentischen Landhauscharme – ohne das Schischi der Lifestyle-Hochglanzmagazine. Welche Erholung von brüllend heißen Augusttagen und den Aufgeregtheiten der Welt! Jürgen Tschuschke, Patron von Pilkens im Schloss, hat sich lange mit der 800-jährigen Geschichte von Schloss Lüntenbeck

beschäftigt. „Ein Rundgang durch die Anlage und ihre Gebäude ist eine faszinierende Zeitreise. Viele Epochen haben hier ihre Spuren hinterlassen – Spuren, die vom jeweiligen Zeitgeist berichten.“ Zum Beleg führt uns Jürgen Tschuschke in das schlossartige Herrenhaus mit seinen drei markanten Giebeltürmchen. Das ist sein Reich – das Restaurant Pilkens im Schloss. Hinter der schweren, hochbarocken Eingangstür öffnet sich die Diele. Eine eichene Nageltür aus der Entstehungszeit des Gebäudes führt in die Küche; zum Herrenzimmer links öffnet der Gast eine Tür in floralem Jugendstil. Gegenüber geht´s in Kaminzimmer – durch ein Rokoko-Portal. Jürgen Tschuschke hat Recht: Es ist dieser über die Zeiten gewachsene Stilmix, der die Verführungskraft von Schloss Lüntenbeck ausmacht. Das ganze Anwesen atmet Geschichte – und lässt vielleicht deshalb die Uhren anders ticken. Küchenmeister Tschuschke macht sich seinen kulinarischen Reim auf den Eklektizismus seines Domizils. Er präsentiert nunmehr seit etwas mehr als


einem Jahr eine Landhausküche, die das Rustikale nicht scheut und doch über den Tellerrand blickt und der guten, alten bürgerlichen Küche mit Anleihen aus den Rezeptbüchern Asiens und den Ländern rund um Mittelmeer auf die Sprünge hilft. Der Kalbsrücken kommt hier zum Beispiel mit Gorgonzola überbacken aus der Küche – auf Blattspinat mit TomatenSugo und Gnocchi. Die Barbarie-Entenbrust wird, zart rosa gebraten, von einem köstlichen Orangen-Graupen-Risotto und einem knackigen Pak-Choi-Gemüse begleitet. In der Küche von Pilkens im Schloss geht vieles zusammen, was auf den ersten Blick unvereinbar erscheint: Deutschland mit Asien, Italien mit dem Libanon – einem noch weitgehend unbekannten Refugium der ambitionierten Aromaküche. Tschuschke und sein Küchenteam verbinden die scheinbar widersprüchlichen Traditionen, indem sie sich auf gutes altes Kochhandwerk besinnen. „Bei uns kommt nichts aus der Tüte. Convenience-Produkte lehne ich ab. Wir ziehen jeden Fond und jede Sauce selbst – von Grund auf“, sagt der Meister, der sich seine Meriten unter anderem in der luxemburgischen Sternegastronomie verdiente. Es ist kein Zuckerschlecken, in einer Stadt wie Wuppertal mit ihren Strukturproblemen ein Restaurant der gehobenen Kategorie zu betreiben. Das weiß auch Johannes Dinnebier, ohne den es die einzige Wuppertaler Schlossanlage heute vermutlich nicht mehr gäbe. Dinnebier, Selfmademan, Visionär und Licht-Avantgardist von Weltruhm, übernahm das weitgehend verfallene Anwesen 1971 von der Stadt und begann mit der Restaurierung der Gebäude. Ein Kraftakt, in den der Unternehmer über die Jahrzehnte neben erheblichen finanziellen Mitteln vor allem eines steckte: Leidenschaft für seine Idee von einem Ort, an dem sich Historie und Moderne – jenseits von musealer Verklärung – begegnen können. Diese Vorstellung hat nicht nur das Restaurierungskonzept geprägt, sondern schlägt sich auch in der heutigen Nutzung der verschiedenen Gebäude nieder. Neben der Manufaktur Dinnebier Licht beherbergt

Kochhandwerker: Patron Jürgen Tschuschke (Foto: Michael Schumacher)

Landhausküche als Augenschmaus (Foto: Esther Hildebrandt)

Auf ein Glas unter der alten Marone... (Foto: Freistil)

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Behaglich, nicht verschnuckelt: das Restaurant (Foto: Freistil)

Terrassenfreuden am Nachmittag (Foto: Esther Hildebrandt)

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die Schlossanlage Arztpraxen, verschiedene Ateliers, einen Weinhandel, ein YogaInstitut, eine Immobilienagentur – und eben das Restaurant Pilkens im Schloss. Jürgen Tschuschke: „Johannes Dinnebier hat mit der Erhaltung von Schloss Lüntenbeck eine Großleistung vollbracht. Ich freue mich als Wuppertaler, mit meinem Restaurant einen Beitrag zu diesem Projekt leisten zu dürfen.“ Das „Projekt“ erlebt der Besucher von Schloss Lüntenbeck als ein Idyll wie aus einer anderen Zeit. Ein kleiner Spaziergang führt vorbei an stillen Teichen, auf denen Seerosen blühen, und weiter hinauf auf den Lüntenberg mit seinem alten Baumbestand. Der Blick auf das Schloss unten im Tal lässt verstehen, was Johannes Dinnebier vor vier Jahrzehnten bewog, diesen Ort vor dem Untergang zu bewahren: „Ich sah das Schloss erstmals in einer verschneiten Winternacht – und war sofort verzaubert.“

F. W. Kernekamp überm Kamin: der Trausaal (Foto: Freistil)

So ergeht es wohl manchem Besucher. Und so erging es auch Jürgen Tschuschke. „Das war Liebe auf den ersten Blick“, sagt er heute. Und wie es in der Liebe so geht, kommt mit der Zeit das Verstehen. Das Verständnis dafür, wie im Laufe der vielen Generationen dieser Ort zu dem wurde, was er heute ist. Wie aus einem alten Rittergut zunächst ein Hof des Damenstiftes Gerresheim und schließlich ein landwirtschaftlicher Betrieb mit wechselnden Besitzern wurde. Wie die Zeit Verluste forderte – durch Krieg, Brände und den Unverstand, dem nach dem Zweiten Weltkrieg noch die alte Mühlenanlage zum Opfer fiel. Wie sich adelige Besitzer im frühen 17. Jahrhundert ein Denkmal setzten, indem sie der Anlage die bis heute prägende barocke Gestalt gaben. Und wie das Adelsgut für die Bauern in der Umgebung über viele Jahrhunderte schicksalsprägend gewesen ist. Diese Zeiten sind vorbei. „Stille Tage in der Lüntenbeck“ sind heute ein ganz und gar bürgerliches Vergnügen, das Pilkens im Schloss mit einer erfreulich unprätentiösen Küche adäquat begleitet.

Stiller Wintertag in der Lüntenbeck (Foto: Freistil) zitiert ein Gast Gottfried Benn: „Aber Abende gab es, die gingen in den Farben des Allvaters.“ Drinnen im Restaurant wird der Kamin entzündet.

Die Sonne versinkt hinter dem alten Wald über dem Schloss. Ein letztes Glas von diesem wunderbaren Riesling aus dem Weingut Odinstal. Am Nachbartisch

Die wechselvolle Geschichte von Schloss Lüntenbeck hat Antonia Dinnebier in dem Bändchen „Grüne Meile Lüntenbeck“ dokumentiert. Das Buch ist in der Edition Köndgen erschienen. Michael Schumacher Pilkens im Schloss Schloss Lüntenbeck Wuppertal-Vohwinkel Telefon 0202 - 26 477 100 www.pilkens-im-schloss.de Öffnungszeiten: Mittwochs bis Sonntags, 11 bis 23 Uhr

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H A U T E C U I S I N E I N V E R T R A U T E R

M-EAT

U M G E B U N G

P R I V A T E C O O K I N G Sie möchten nicht selber das Essen zubereiten und sich mit den Weinen und sogar der Tischdekoration beschäftigen, sondern einfach mit Ihren Gästen genießen und Spaß haben? Wenn ja, sehr gerne, ich stehe für Sie bereit! M-EAT – Der Name ist Programm. Sie treffen sich (meet) mit Ihren Gästen und essen gemeinsam (eat), um mehr brauchen Sie sich nicht zu kümmern. Meine Philosophie: „Exclusiv entspannt genießen.“

Gordon Berning In der Fleute 33 · 42389 Wuppertal T 0202 - 26514 - 14 · M 0173 - 7445968 Mail@m-eat-private-cooking.de www.m-eat-private-cooking.de

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PIXAR – 25 Years of Animation Bundeskunsthalle Bonn Noch bis zum 6. Januar 2013

PIXAR – 25 Years of Animation bringt die Geschichten, Charaktere und Welten aus den Animationsfilmen wie Findet Nemo, Ratatouille, Das große Krabbeln oder Cars nach Bonn. Erstmalig in Deutschland werden mehr als 500 Exponate zur Entstehung der computeranimierten Spielfilme aus den Pixar Animation Studios als Kunstausstellung präsentiert. Den Besucher erwarten Skizzen, Grafiken, Farbzeichnungen und Skulpturen, ergänzt um eine Vielzahl an Monitoren, Projektionen und Touchscreens, die einen Einblick in die Kunstfertigkeit und den Schaffensprozess geben. Kuratorin Elyse Klaidman Ausstellungsleitung Dr. Angelica Francke und Ulrich Best, Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland

F32_TS, Bob Pauley Woody und Buzz, Toy Story, 1995 Filzstift- und Bleistiftreproduktion © Disney/Pixar FIGUREN PIXAR – 25 Years of Animation bringt die Geschichten, Charaktere und Welten aus den Animationsfilmen wie Findet Nemo, Ratatouille, Das große Krabbeln oder Cars nach Bonn. Erstmalig in Deutschland werden mehr als 500 Exponate zur Entstehung der computeranimierten Spielfilme aus den Pixar Animation Studios als Kunstausstellung präsentiert. Den Besucher erwarten Skizzen, Grafiken, Farbzeichnungen und Skulpturen, ergänzt um eine Vielzahl an Monitoren, Projektionen und Touchscreens, die einen Einblick in die Kunstfertigkeit und den Schaffensprozess geben. Pixar, heute zur Walt Disney Company gehörend, begann im Jahr 1986 mit Kurz- und Werbefilmen. 1995 revoluti-

onierte das Unternehmen mit Toy Story, dem ersten vollständig computeranimierten Film, das Genre Trickfilm. Mehr als 40 Millionen Kinobesucher haben die zwölf großen Spielfilme seither in Deutschland gesehen, im Sommer 2012 kommt ein weiterer in die Kinos: Merida – Legende der Highlands. PIXAR – 25 Years of Animation ist eine Kunstausstellung, deren Arbeiten aus Filmwerkstätten kommen. Sie bietet die Gelegenheit, einen Blick hinter die Kulissen der Filmemacher zu werfen, da die Studios für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind. In den Pixar-Studios in Emeryville nahe San Francisco entsteht ein Film zunächst in den als traditionell angesehenen Methoden durch Zeichnung,

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PXR3006, Harley Jessup, Farbstudie zu Ratatouille, 2007, Digital © Disney/Pixar

Daniel_04.19.07.02, Daniel Up. 2009, Gouache © Disney/Pixar Malerei, Pastellmalerei und Modellieren. Im weiteren Prozess werden die Charaktere am Computer digital umgesetzt. Der Besucher wird in der Ausstellung keine fertige Filmszene, das Endprodukt, sehen, sondern Skizzen, Grafiken, Farbzeichnungen und Skulpturen vorfinden: erste, mit dem Filzstift skizzierte Ideen zu Filmfiguren, Farbkreidezeichnungen von Landschaften oder Städten, in denen sich die Handlung abspielt, plastische Modelle, sogenannte Maquetten, die für die Figurenentwicklung einen intensi-

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veren Eindruck ihrer dreidimensionalen Erscheinung geben und so die Weiterarbeit erleichtern. Auch Colorscripts, großformatige Farbzeichnungen, die ganze Szenen zusammenfassen und auf einen Blick die Farbstimmung des gesamten Films offenbaren, werden präsentiert. Von John Lasseter, dem kreativen Kopf von Pixar, stammt der Kernsatz, dass Pixar-Filme aus drei wesentlichen Elementen bestehen, aus „World“, „Character“ und „Story“: den Welten, in denen der Film spielt, den handelnden Figuren und den Geschichten,


F171_TS3 – James Robertson, Feuereffekte von Andrew Jimenez Storyboard: Müllverbrennungsanlage Toy Story 3, 2010, Digitalzeichnung © Disney/Pixar STORY Ausstellungsansicht, Foto: David Ertl © Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland die erzählt werden. Daraus gehen auch die drei Hauptkapitel der Ausstellung hervor, die eine Vielzahl von Monitoren, Projektionen und Touchscreens bereithält, um Filmelemente plastisch darzustellen oder Zusatzinformationen zu geben. Zu den Höhepunkten der Präsentation zählen das „Artscape“ und das „Zoetrop“. Das „Artscape“ ist ein Kinoraum, in dem auf einer breiten Leinwand ein Film über Pixars Welten in HD-Qualität mit Dolby Surround und Ambient Light zu sehen ist. Dafür wurden Originalzeichnungen und

-gemälde aus verschiedenen Filmen digital zum Leben erweckt und mit Sounddesign versehen. Der Film wurde eigens für die Ausstellung konzipiert. Das „Zoetrop“ ist ebenfalls eine für die Ausstellung entwickelte Installation, die auf die Prinzipien der Animation vor der Erfindung des Films zurückgreift. Eine Art dreidimensionales Daumenkino zeigt auf immer kleineren, konzentrisch übereinander liegenden Scheiben verschiedene Figuren aus den Filmen Toy Story und Toy Story 2, die alle in einer anderen Haltung angeordnet sind. Bei

schneller Umdrehung und Stroboskoplicht entsteht somit für das menschliche Auge die Illusion, dass sich die Figuren bewegen. Öffnungszeiten Di und Mi: 10 bis 21 Uhr, Do bis So: 10 bis 19 Uhr Fr für Gruppen ab 9 Uhr geöffnet, Mo geschlossen www.bundeskunsthalle.de

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Wieder gelesen Hermann Schulz Hermann Schulz, Schriftsteller, Weltreisender und Verleger, wurde 1938 als Sohn eines deutschen Missionars im tansanischen Nkalinzi geboren und wuchs im Wendland und am Niederrhein auf. Nach einer Buchhändlerlehre arbeitete er zunächst im Bergbau. Anschließend führten ihn Reisen in mehr als sechzig Länder Afrikas, Asiens, Lateinamerikas und des Vorderen Orients. Seit 1960 lebt Hermann Schulz in Wuppertal und war von 1967 bis 2001 Leiter des Peter-HammerVerlags, den er durch politische Literatur, Belletristik aus Lateinamerika und Afrika sowie ausgesuchte Kinder- und Jugendliteratur profilierte. Zu seinen Entdeckungen zählen Autoren wie Ernesto Cardenal und Illustratoren wie Wolf Erlbruch. Für seine verlegerische Arbeit wurde ihm u. a. 1998 die Hermann-Kesten-Medaille des PENZentrums Deutschland verliehen. Quelle: www.literaturfestival.com/teilnehmer/autoren/2006/hermann-schulz

Foto: Fritz Kohmann

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Ein Afrika-Versteher, ein Fabulierer von Rang und als Autor ein Spätberufener. Hermann Schulz war 60, als sein erster Roman erschien – seit 1998 sind insgesamt 26 größere und kleinere Buchtitel erschienen. Zehn Jahre zuvor hatte er sich bereits an einem größeren Prosawerk versucht, an dem er drei Jahre schrieb, um dann festzustellen, dass der hoffnungslos überladene Text, gewissermaßen Hermann Schulz hoch zwei, ungenießbar sei. Dieses Manuskript gilbt immer noch vor sich hin. Sein in diesem Frühjahr wieder neu aufgelegtes Debüt, „Auf dem Strom“, stieß 1998 auf eine ausgesprochene positive Resonanz. Den Roman feierte die Wochenzeitschrift „Die Zeit“ als „erzählerische Kostbarkeit“. „Selten findet man in der Jugendliteratur aus der Feder europäischer Autoren so genau ausgewogene Porträts von Schwarzafrikanern“, befand auch die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Schulz, einem Vermittler zwischen den Kulturen Europas, Lateinamerikas und Afrikas, gelingt es, über Schwarze zu schreiben, ohne Kitsch zu produzieren, auf onkelhafte Weise „Partei“ für sie zu ergreifen oder, wie er

etwa mit Blick auf Tanja Blixen sagt, „europäische Konflikte auf die afrikanische Bühne zu projizieren“. „Wir suchen dort keine Kultur, sondern schöne Strände und wilde Tiere“, weiß er aus langjähriger Beschäftigung mit literarischen Versuchen, sich dem schwarzen Kontinent zu nähern. In dem Roman, für den er im Jahr 2005 den Prix des Lecteurs erhielt, schildert er die dramatische Floßfahrt eines deutschen Missionars und seiner schwer erkrankten Tochter Gertrud hin zu einem „europäischen Krankenhaus“, das, als die beiden dort eintreffen, gerade geschlossen wird. Doch der Gottesmann Friedrich Ganse wie das Kind sind realen Personen nachempfunden … und lernen wie Menschen im nichtfiktionalen Leben. Vater und Tochter erleben auf ihrer dramatischen Fahrt viel Solidarität ihnen völlig unbekannter Menschen, und wenn Gertrud überlebt, verdankt sie das auch einem Heiler. Einem Scharlatan? „Sie waren mächtig, diese Zauberer, und Feinde der Missionare. So wie die Missionare Feinde der Zauberer waren“, heißt es in dem Buch, bei dessen Lektüre man vielfach lachen darf, etwa über die acht Kinder von Herrn Goldschmitt, die


im Herzen von Afrika in fehlerlosem Deutsch gemeinsam plärren: „Wir sind die Hoffnung Afrikas. Wir fürchten nur Papa und Mama und sonst nichts auf der Welt.“ Auch Goldschmitt ist einem Menschen nachempfunden, der tatsächlich gelebt hat. Die Feder, auch Tastatur geheißen, sträubt sich, Schulz‘ Prosa Jugendliteratur zu nennen, weil sie für Kinder und für Erwachsene verfasst ist, die mindestens so viel Gewinn beim Lesen verspüren wie ihre Nachkommen. Etwa beim Roman „Sonnennebel“, im Jahr 2000 erschienen und mit einem wunderschönen Schutzumschlag von Wolf Erlbruch versehen, den Schulz aus seiner langjährigen verlegerischen Arbeit beim Peter-Hammer-Verlag kennt. Ein fünfzehnjähriger Waise eckt ständig mit seiner Umgebung an, lässt so schnell niemanden an sich heran, frönt seiner Leidenschaft für Brieftauben (ein Hobby, über das man nicht nur im angehängten Glossar eine Menge erfährt) und erlebt auf eine anrührende Weise seine erste Liebe. Die Geschichte spielt am Niederrhein in den 1950er-Jahren. Das Buch hat Schulz dem Andenken an den Polizisten

Johannes Dicksken, der auch im Roman so benannt ist, gewidmet, der in brauner Zeit Antifaschisten warnte, die mit einer unmittelbar bevorstehenden Durchsuchung durch die Gestapo rechnen mussten. Als schicksalhaft erweisen sich für Freddy Halstenbach jedenfalls ein „blöder Lehrer mit seiner mageren Tochter“. Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten. Vor dem Freundeskreis des Instituts für Jugendbuchforschung der Goethe-Universität Frankfurt am Main hat der Weltenbummler Schulz, übrigens lange Jahre mit der Wuppertaler Bürgermeisterin gleichen Namens verheiratet, in einem längeren Vortrag sein Leben Revue passieren lassen. Die Rede ist als Broschüre erschienen und kann beim Freundeskreis gegen eine kleine Gebühr bezogen werden. Dort beschreibt er auch sein erstes Zusammentreffen mit Johannes Rau, der seinerzeit den auf die Herausgabe von Traktätchen und „Erbauungsliteratur“ spezialisierten Verlag leitete. Das erste Zusammentreffen erwies sich als leicht spannungsgeladen. Der sich schnell anbahnenden Freundschaft hat es keinen Abbruch getan.

Schulz wohnt in dem Haus, das ehedem Ruth und Willi Dirx gehörte, mit dessen Sohn Axel, dem langjährigen IG-MetallBevollmächtigten und späteren Wuppertaler Landtagsabgeordneten, er noch immer verbunden ist. Zu seinen Lieblingsautoren zählen Heinrich Böll und Günter Grass, die er persönlich kennengelernt hat, Henry Miller, Ernesto Cardenal sowie viele Autorinnen und Autoren, die er selbst verlegt hat. Täglich ackert er im eigenen Garten, pflanzend und erntend. Unterwegs ist der Träger des Von-der-Heydt-Kulturpreises oftmals an Schulen. Selbst Vater und mittlerweile Opa, stellt er immer wieder fest: Jungen kommen im Leben wie in der Literatur zu kurz. Einer der Gründe: Die Masse der Grundschullehrer wie der Kinder- und Jugendbuchverfasser ist weiblich. Dem umtriebigen Hatzfelder Autor gehen Aufgaben und Themenstellungen nicht aus.

Matthias Dohmen

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That’s amore oder Reformhaus-Margerita und Schonkaffee Sechs Tanzstunden in sechs Wochen Von Richard Alfieri Eine intelligente Komödie, die eigentlich keine ist

Inszenierung: Sabine Misiorny & Tom Müller Choreografie: Dana Großmann Bühne und Kostüme: Thomas Pfau Besetzung: Beate Rüter als Lily Harrison Michael Baute als Michael Minetti

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Eine Komödie? Vordergründig spielt sich auf der kleinen Bühne des TiC-Podiums eine charmante kleine Komödie um die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft ab. Lily Harrison (Beate Rüter), eine ältere Dame, die in einer luxuriösen SeniorenResidenz irgendwo an der Küste des sonnigen Florida ihren Lebensabend verbringt, mietet bei einer Agentur einen Tanzlehrer für „sechs Tanzstunden in sechs Wochen“ – um ein paar Tanzschritte zu lernen, wie sie sagt. Es erscheint der ebenfalls schon ein wenig in die Jahre gekommene, spitzzüngige ehemalige Broadway-Tänzer Michael Minetti (Michael Baute). Beide tragen ihre verborgenen Geheimnisse, Ängste und Lebenslügen mit sich herum, doch sie entdecken schnell die Achillesferse des anderen. Lily verdrängt den Tod ihrer Tochter, die bei einer illegalen Abtreibung ums Leben kam und versucht die Schatten ihres verstorbenen Mannes, eines bigotten Baptistenpredigers, zu verscheuchen. Sie ist in selbstgewählter Isolation einsam.

Michael, ein mäßig erfolgreicher ehemaliger Profitänzer, homosexuell und im pietistischen „Bible Belt“ des Südostens der USA wahrlich nicht gut aufgehoben, hat nach bösen Enttäuschungen und dem Krebstod seines über alles geliebten Freundes den Glauben an die wahre Liebe aufgegeben und ist einsam durch Hoffnungslosigkeit. Einsame Menschen Also: beileibe keine Komödie im simplen Sinn, wenn auch das sehr sensibel angelegte Stück spritzig, pointiert, ja höchst unterhaltsam ist und sowohl an intelligentem Witz wie an herzlichen Lachern kein Mangel herrscht. Das geht sogar, selbst wenn die Dialoge und Wortgefechte der beiden Protagonisten dunkle seelische Kammern öffnen, Krankheit, Tod und Verzweiflung aufscheinen lassen. Von den Bühnenprofis Sabine Misiorny und Tom Müller feinfühlig inszeniert, entwickelt sich die ergreifende Geschichte zweier sehr einsamer, verletzlicher Menschen, die aneinander wachsen. Stefan


zu tanzen neuen Aufschwung bekommt und dessen inniger Liebeswunsch sich schließlich zu erfüllen beginnt. Es sind die leisen Töne, mit denen die beiden Darsteller den Abend so besonders machen. Dana Großmanns Choreographie verleiht der tänzerischen Komponente – denn darum geht es ja im Stück vordergründig – mit beachtlichem Erfolg Gewicht: beide Darsteller zeigen zu Recht gefeierte Tanzeinlagen. Den Bühnenumbau zwischen den Szenen haben Müller/Misiorny mit viel Musik von Dean Martin und einer stumm agierenden, jedoch witzigen Putzfrau gestaltet – eine hübsche Idee.

Hüfner hat den Pointenreichtum von Richard Alfieris anrührendem Drama so brillant wie sympathisch ins Deutsche übertragen. Da paßt jedes Wort, sitzt jede Wendung. Mit Michael Baute und Beate Rüter hat das Regie-Team zudem eine Besetzung gefunden, die Alfieris liebevolle Späße mit dem Alter, der Einsamkeit, dem Aufeinandertreffen von Realismus und Lebensfreude bewegend umsetzt. Natürlich merkt Michael schnell, dass Lily durchaus tanzen kann: „Eigentlich brauchen sie gar keinen Lehrer.“ – worauf Lily bekennt: „Nein, aber einen Partner.“ Das wechselseitige Zugeben der

eigenen Schwächen macht beide stärker, sicherer. Esprit und Lebensfreude Beate Rüters Lily ist durch und durch glaubhaft, man nimmt der Schauspielerin das Alter und die Gebrechen ihrer Figur ab, ist tief berührt. Mit elegant gebremstem Tempo läßt sie an der trotz einer Krebserkrankung wiederkehrenden Lebensfreude Lilys teilnehmen. Michael Baute überzeugt mit leisem Understatement in seiner unaufdringlich gegebenen Rolle des einsam und älter gewordenen Homosexuellen, dessen Esprit durch die Aufgabe mit Lily

Brillante Produktion Nebenbei: man könnte dank der intelligenten Dialoge, der eingängigen Stimmen - vor allem Michael Bautes Sprache ist unbedingt rundfunktauglich - und der ausgewählten Musikeinspielungen das Stück in dieser Inszenierung ohne Verlust auch als Hörspiel genießen. Allen Beteiligten ein anerkennendes „Chapeau!“ Wieder eine bemerkenswerte Produktion des TiC-Theaters in Wuppertal. Eine uneingeschränkte Empfehlung der Musenblätter. Man sollte mal wieder Tanzunterricht nehmen. Weitere Informationen: www.tic-theater.de Frank Becker Fotos: Martin Mazur

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Traum Ich habe mir gewünscht, dass Augen fortwährend strahlen, Menschen sich ohne Argwohn in die Arme nehmen, ehrliche, notwendige Diskussionen sich friedvoll lösen, und wir uns immer verhalten, um den Anderen nicht zu verletzen. schweben durch jede Wolke, bis zum Horizont, unter einem Himmel, vielleicht, vielleicht wie Donnervögel? Ich habe mir gewünscht, dass wir uns immer die Wahrheit sagen, ohne weh zu tun, nur küssen, wenn wir es auch so meinen, nichts schmälern, und den Andern mehr lieben als uns selbst. schweben durch jede Wolke, bis zum Horizont, unter einem Himmel, vielleicht, vielleicht wie Donnervögel? Ich habe mir gewünscht, dass Menschen bleiben, selbst wenn sie gehen, Unausgesprochenes liebevoll zur Sprache wird, Menschen gegenseitig in Gemeinschaft wachsen, und das Sinnstiften jeden Tag aufs Neue lernen. In Träumen habe ich es tausendfach gesehen. und dann muss ich aufwachen. Vielleicht ist Alles was wir heute wirklich brauchen nur ein wenig mehr: Freiheit. Gleichheit. Brüderlichkeit.

Roman Libbertz

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2005 „Lebenswege Magdeburger Frauen in Porträts und Texten” 2006 und 2009 Fotografien für die Gedichtbände „Zwölf Monde” und „Zwischentöne” von Pia-Monika Nittke 2010 Fotografien für das Buchprojekt „Die Facetten des Alter(n)s” von Prof. Gerd K. Schneider www.elisabeth-heinemann.de

Elisabeth Heinemann geboren in Zittau als Tochter von PiaMonika Nittke und Willy Jähnig, aufgewachsen in Meißen und Magdeburg, Schulzeit in Magdeburg (Abitur), Pädagogik-Studium in Erfurt (Kunst und Russisch), verheiratet, zwei Kinder seit 1993 Beschäftigung mit Fotografie seit 1996 freiberufliche Tätigkeit als Fotografin zahlreiche Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen sowie Preise bei Fotowettbewerben Arbeit am Ausstellungsprojekt „außer gewöhnlich (Künstlerportraits) gemeinsames Ausstellungsprojekt „Die Feinheit des Sehens” mit dem Maler und Grafiker Willy Jähnig Veröffentlichungen (Auswahl) 1999 fotografische Gestaltung des Gedichtbandes „Poetic Allegories”, Pennsylvania, USA mit Prof. Claude R. Foster, Lyrik, und PiaMonika Nittke, Nachdichtung und Vertonung 2002 Kalender „Von Frauen und Katzen” mit Gedichten von Torsten Olle 2003 Lyrik-Foto-Band „schon morgen ist alles anders”- mit Dorothea Iser 2003 Fotografien für den Gedichtband „Trügerische Ruhe” von Pia-Monika Nittke 2004 Fotografien für die Anthologie „Herz über Kopf” 2005 „Alte Liebe” - mit Dorothea Iser und Marcus Waselewski

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Roman Libbertz wuchs, als Sohn des Rechtsanwaltes Lutz Libbertz und dem Model Uschi Mood, in München-Obermenzing auf und absolvierte 1997 das Abitur am Louise Schröder Gymnasium in Untermenzing. Nach seiner Schulzeit arbeitete er zwei Jahre als Model für Tommy Hilfiger, Bogner, Romeo Gigli, wie andere namhafte Firmen. Im Alter von zwanzig Jahren begann er ein Jurastudium an der Ludwig- MaximiliansUniversität und finanzierte sich die Studienzeit als Veranstaltungschef der Diskothek „P1“. 2000 gründete er die Eventagentur „R&M“, veranstaltete über fünf Jahre die überregional bekannte monatliche Eventreihe „Luna Lounge“ und organisierte für „Smirnoff“, „Sony“ und „Benson ´n Hedges“ und weitere Industrieunternehmen, diverse Europatourneen. Nach etwa sechs Jahren hatte er jedoch genug von alledem, brach sein Jurastudium ab, schloss seine Agentur und widmete sich nunmehr alleinig seinen Leidenschaften. Unter „Anrufe ohne Meldung“ betreibt er ein beliebtes Weblog im Internet, dessen Bekanntheitsgrad sich mit zwei deutschlandweiten Lesereisen ausdrückte. Im Jahre 2006 konzipierte er den Nachtclub „Privee“ zuerst als Bar in der Hohenzollernstrasse und später als gleichnamigen Club in der Maximilianstrasse. Unter dem Namen „Fotographie und Abstraktion“ stellte er im Herbst 2007 zum ersten Mal seine leinwandlichen Abstraktionen in der „Galerie Holzstraße“ aus. Seitdem stellt er jährlich seine Werke zur Schau. Mit „Triebjagd oder 31 gute Nachtgeschichten“ legte er im Dezember 2007 erfolgreich sein erstes Kurzgeschichtenbuch vor und wird seitdem von Literaturagentin Lianne Kolf vertreten.

Seit 20. Januar 2008 war er wöchentlich in der Literatur-Talk-Fernsehsendung „Blogshow - Nilz und Roman erklären die Welt“ (mit Nilz Bokelberg) auf „Sky“ zu sehen. Mit dem im Juli 2009 erschienen Gedichtband „Mit Liebe“, der im Grunde nur für die Mitglieder seiner Facebook-Gruppe „Mehr Liebe ist der Schlüssel“ gedacht war, erhielt er auch im lyrischen Bereich größere Anerkennung. 2010 folgte unter dem Titel „Mit mehr Liebe“ sein zweiter Gedichtband und im November 2012 wird sein Liebeszyklus mit dem bei Dotbooks erscheinenden Buch „63 x Liebe“ abgeschlossen. Das Musikstück „Donnervoegel“, in Zusammenarbeit mit DJ Daniel Falkenberg, mit einem von ihm geschriebenen, als auch gesprochenen Text erscheint Anfang August 2012. Er schreibt Kurzgeschichten, Literaturkritiken und Kolumnen für diverse Magazine. Sein erster Roman erscheint in Kürze. Seine Bilder werden vom 7. 12. 2012 bis zum 1. 2. 2013 unter dem Titel „Spontan“ in der Galerie Hegemann in München zu sehen sein. www.romanlibbertz.com

Vorherige Seiten: Lichteinfall S/W-Fotografie von Elisabeth Heinemann Stettin, 2004 Traum Gedicht von Roman Libbertz, August 2012


Eine Hommage Einmal Wupper rauf und runter mit Matthias Schriefl , - ein Konzert mit Alphorn und Trompete - und danach ein Treffen im schönen alten DB-Bahnhof Vohwinkel bei Speis und Trank und kurzen Filmen über Galerie Parnass und Fluxus. Das ganze M.A.C. ist auch eine Hommage an Wuppertal, diese liebenswürdig verschrobene Stadt, in der ich mein Studium begann. Die Stadt von Friedrich Engels, Else Lasker-Schüler, Pina Bausch, um nur einige der Bekanntesten zu nennen. Und das Epizentrum des Jazz! Musiker um Peter Brötzmann und Peter Kowald werden zur ersten Generation des europäischen Free Jazz gezählt und spielten in ganz Europa. In ganz Europa tourt und spielt auch Matthias Schriefl, der übrigens mit 13 Jahren an einem Workshop bei Peter Brötzmann im Allgäu teilnahm, der für ihn sehr prägend war. „Umtriebig und mit der Energie eines Kraftwerks bewegt sich Matthias Schriefl, 1981 in Kempten / Allgäu geboren, in der europäischen Jazzszene und außerhalb”, schreibt die „Jazzzeitung“, also genau der Richtige für dieses spannende Kunstprojekt! Matthias Schriefl wird improvisieren, auf Fluss, Bahn und Menschen reagieren. Dorothea Bohde

Fotos: links Dorothea Bohde, rechts Matthias Schriefl

Er passte zum Ereignis, der Universalsymphoniker Matthias Schriefl, der im grellbunten Aufzug und mit wilden Verrenkungen durch den Schwebebahnzug rannte, verschiedene Musikinstrumente bedienend und Texte vortragend, die 50 Jahre Fluxus, die Galerie Parnass und die Stadt an der Wupper zum Thema hatten. Hauptsächlich sah man ihn am Alphorn und an seiner Trompete. Mit 11 war er Bundessieger bei „Jugend musiziert“, vier Jahre später das jüngste Mitglied des Landesjugendjazzorchesters Bayern. Seitdem tourt er mit seiner Band „Shreefpunk“ durch Europa, Lateinamerika, Australien und Afrika. Neben anderem. Organisiert war der Event am Antikriegstag, dem 1. September, von der Künstlerin, Galeristin und Kunstwissenschaftlerin Dorothea Bohde im Rahmen ihres Projekts Mobiles Art-Café (MAC). Tatkräftige Unterstützung fand sie in dem ehemaligen Kunsthändler und umtriebigen Katernberger Klaus Stiebeling, der vielen als Oberhaupt der kleinen, aber feinen Wuppertaler Japan-Community bekannt ist. Er war gleich Feuer und Flamme, als er von Bohdes Plan erfuhr und stellte Verbindungen her zu Prof. Dipl.-Ing. Will Baltzer, dem ehemaligen Vorsitzenden des Kunst- und Museumsvereins, der 1980 die Ausstellung „Treffpunkt Parnass“ im Von-der-Heydt-Museum organisierte, und – Ehrengast am 1. September – zu dem Maler, Grafiker und Fluxus-Begleiter Jordan Boehm.

Im Bürgerbahnhof Vohwinkel, Ausgangsund Endpunkt der Kunstaktion, gab es den animierten Kunstfilm „psst-pp-piano“ zu sehen (www.psst-pp-piano.com), eine Hommage an Mary Bauermeister, ebenfalls eine Große aus der Fluxusbewegung. Doch zurück ins Jahr 1963 und zur ersten Einzelausstellung des US-Koreaners Nam June Paik, die laut „Frankfurter Allgemeine“ vom 23. Dezember 2005 „eine der Schlüsselausstellungen des 20. Jahrhunderts“ war. Der StockhausenSchüler stellte in der Galerie Parnass aus. Und es war nichts für zarte Gemüter. Der Berichterstatter der NRZ begann seinen Bericht so: „Vor der Eingangstür erwartet den Besucher ein abgehackter Ochsenkopf, bluttriefend, frisch geliefert vom Schlachthof und etwas verregnet bei dem schlechten Wetter. Später, am Ausgang, begegnet man dem Kopf wieder. Man begrüßt ihn, nach allem, was man in der Zwischenzeit erlebt hat, wie einen alten Bekannten.“ Anneliese Jährling, Frau des legendären Parnass-Galeristen, erinnerte sich später an turbulente Ereignisse. So hatte der Metzger versehentlich an die falsche Adresse geliefert, das Nachbarhaus des Oberbürgermeisters Frowein, und dort einen Aufschrei ausgelöst. Kurz nach der Ausstellungseröffnung alarmierten die Nachbarn die Polizei, einen Verstoß gegen das „Kadavergesetz“ befürchtend.

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Zwei Jahre später kam es – und daran erinnerte das Mobile Art-Café – zu dem legendären 24-Stunden-Happening, an dem sich auch Joseph Beuys, Bazon Brock, Charlotte Moorman, der erwähnte Nam June Paik, Eckart Rahn, Tomas Schmit und Wolf Vostell beteiligten. Wuppertal hatte einen ausstrahlenden Namen in der Kunstszene – vor allem Parnass galt als eine der ersten und bedeutendsten Nachkriegsgalerien im Rheinland, die für internationale avantgardistische Kunst, Literatur und Musik stand. 1995 hat sich Stella Baum im „TOPMagazin“ dieses „wohl berühmtesten europäischen Happenings“ erinnert. Das Feuilleton „Das Tor zur Welt – Die Fluxus-Bewegung in der Rückschau“ kann man in dem 2011 in ihrem im Nordpark-Verlag erschienenen Buch „Kunst ist unwiderstehlich“ nachlesen. Jährlings Kunstort war für die bildungshungrige Nachkriegsgeneration, die lange genug von „entarteter Kunst“ ferngehalten worden war, wie Baum schreibt, „das Tor zur Welt für uns“: „Man kann sich heute unseren Hunger nach internationaler Kunst gar nicht mehr vorstellen.“ 1980 schließlich fand die Retrospektive im Von-der-Heydt-Museum statt. Mit dem Ablauf der Kunstaktion in der Schwebebahn, die von den Wuppertaler Stadtwerken gesponsert wurde, ist die Veranstalterin Dorothea Bohde sehr zufrieden: „Ein ungewöhnliches Erlebnis, diese Kombination aus einzigartigem Verkehrsmittel, schwebend über Fluss und Autobahn, vorbei an Fabriken und

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Opernhaus, dazu ein Konzert dieses exzellenten Musikers, der mit Alphorn, Trompete und Quietscheente alle Register zog und adäquat zur vorbeiziehenden Landschaft mal wohltönend, mal schrill, auf jeden Fall kreativ und spannend spielte.“ Was ihr noch auffiel: Die Kölner, die einen Großteil der Besucher stellten, seien erstaunt gewesen über die vielen Wuppertaler. Die Domstädter meinten, die Wuppertaler würden „die Schwebebahn doch kennen“. (Allerdings nicht als Tatort eines Mobilen Art-Cafés.) Und Wuppertaler hätten den Kopf geschüttelt, nachdem sie in Oberbarmen beim Wechsel der Fahrtrichtung der Schwebebahn nicht hatten

aussteigen müssen: „Mein Gott, wir sind durch die Wendeschleife gefahren.“ Für die Kölner war das natürlich keine Sensation. Dorothea Bohde sitzt längst an neuen Plänen. Gerade hat sie, den Erfolg von Wuppertal im Rücken, ihre Bewerbung für eine Teilnahme an der Biennale in Venedig formuliert. Informationen über die 1946 in Hagen geborene Künstlerin findet man auf der Webseite www. dorothea-bohde.de. Von Wuppertal nach Venedig: das wäre doch ein Weg. Matthias Dohmen Weitere Inofs: http://mobilesartcafe.wordpress.com


Renate Massmann 40 Jahre für die Lebenshilfe

„Mein Leben ist die Lebenshilfe“, sagt Massmann, „und das meine ich ganz allgemein und natürlich vor allem für die `Lebenshilfe´ in Wuppertal“, die 1961 erst die zehnte Ortsstelle in der Bundesrepublik war – heute gibt es 523. Für die Allgemeinheit verantwortlich fühlte sich Massmann auch als Mutter. Zur Zeit der Geburt ihrer beiden Töchter spendete sie insgesamt 110 Liter abgepumpter Muttermilch, die besonders für Frühgeburten anderer Mütter von lebenswichtiger Bedeutung ist, an die Kinderklinik Wuppertal. Die eigenverantwortliche Arbeit bei der Lebenshilfe Wuppertal begann Mitte der 1960er Jahre. Massmann schuf eine Institution, die sich für Menschen mit Behinderung verantwortlich fühlt. Zu Beginn waren 25 Behinderte zu betreuen, 2007, am Ende von Massmanns aktiver Tätigkeit, 420. Bei ihrer Arbeit hat sich die Ärztin Massmann bewusst auf das Medizinische beschränkt, weshalb sie immer

wieder Anfragen, im Vorstand tätig zu sein, ablehnte. Sie wollte neutral und eigenverantwortlich arbeiten. Unter ihrer Leitung im medizinischen Fachbereich erarbeitete sie ein einheitliches Aufnahmeverfahren unter anderem für eine Krankenanamnese Behinderter, wobei sie komplett für den wichtigen medizinischen Bereich zuständig war. „Ich kann mich noch gut erinnern, als Teile der Ärzteschaft mich regelrecht angefeindet haben: ,Wie können Sie sich für so etwas einsetzen!‘“, erinnert sich Massmann. Ab den 1970er Jahren initiierte sie die Frühförderung von Behinderungen und erreichte auch, dass geistig Behinderte sonderschulabschlussfähig wurden. Ab 1976 gelang der rührigen Ärztin die Beteiligung der Kassen an den Krankenkosten – für Patienten der Lebenshilfe Wuppertal. Zuvor waren Behinderte lediglich über ihre Eltern krankenversichert. Heute ist sie, nachdem sie im März 2007 bei ihrer Verabschiedung von einen Laudator „als Wadenbeißerin für eine gute Sache“ bezeichnet wurde,

Ein Leben für die Lebenshilfe Wuppertal ist Dr. Renate Massmanns Beitrag für Menschen mit geistiger Behinderung in der Stadt an der Wupper. Ihre überaus positive Bilanz verdanke sie „der Kraft aus dem Elternhaus, der Ehe und der Familie“,so die immer noch vielseitig engagierte Ärztin. (Foto: Helmut J. Massmann)

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Renate Massmann, 2007 bei der Verabschiedung, Ehrenmitglied der Lebenshilfe, Trägerin der Ehrenplakette und der Ehrennadel in Gold der Bundesvereinigung. Nachdem ihr zu Beginn ihrer Arbeit Vorbehalte entgegen gebracht wurden, kann sich Massmann heute sowohl auf die Eltern der Betroffenen als auch auf die Zusammenarbeit mit der Ärzteschaft verlassen. „Es war und ist für mich immer eine Verpflichtung, die Individualität der betreuten Personen zu respektieren und auf sie in vollem Umfang einzugehen. Das Vertrauen der Behinderten und deren Eltern ist bis heute das, was mich am meisten berührt“, sagt Massmann nicht ohne Stolz. Sie initiierte den Therapiebereich der Lebenshilfe und richtete künstlerisch arbeitende Gruppen ein, außerdem regelmäßige Sportstunden, einschließlich wöchentlich stattfindende Kurse in Fußball und Schwimmen für ihre Schützlinge. Anfänglich wurden diese von

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Renate Massmann, 2007 mit dem Wuppertaler Oberbürgermeister Peter Jung den Krankenkassen minimal bezuschusst, im Zuge der Mittelverknappung erfolgte aber schließlich die endgültigen Streichung. Seit einer Benefiz- Boxveranstaltung der Lebenshilfe auf dem Barmer Rathausvorplatz fungierte Massmann zwei Jahre lang als Ringärztin für die „starken“ Männer, ein wichtiger persönlicher Beitrag für die Außenwirkung der Lebenshilfe. Darüber hinaus vertrat sie die Lebenshilfe auf nationalen Workshops und hält nach wie vor Verbindung zur Lebenshilfe Österreich. Zum 50. Jahrestag der Menschenrechte startete Massmann von der Lebenshilfe Wuppertal als Delegierte der Soroptimisten eine Aktion mit 250 blaugelben Luftballons aus Solidarität für benachteiligte Frauen und behinderte Menschen. Während eines Kamingesprächs mit Jochen Zoerner-Erb von der Friedrich SpeeAkademie am 8. November, 16 Uhr, in der Mundus Seniorenresidenz werden auch solche spektakulären Details ihrer „Öffentlichkeitsarbeit“ zur Sprache kommen. Mehrfach im Laufe ihres beruflichen Lebens erhielt Dr. Renate Massmann verschiedenste öffentliche Weihen für ihre Arbeit: 1993 das Bundesverdienstkreuz für ihre Pionierarbeit bei der Lebenshilfe durch Bundespräsident Richard von Weizsäcker und 1999 das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse für die Förderung von Künstlerinnen durch Bundespräsident Roman Herzog.

Renate Massmann, 1999 mit dem damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog

Renate Massmann, 2000 mit Herzogs Nachfolger Johannes Rau Neben ihrer ärztlichen Tätigkeit in der Lebenshilfe hat sich Renate Massmann auch für die Kunst engagiert. So hat sie 1976 die Zweigstelle der bergischen Musikschule mit begründet. Darüber hinaus war ihr die Förderung der weiblichen Kunst und der Künstlerinnen ein großes Bedürfnis. Massmann war sechs Jahre lang Leiterin der GEDOK Wuppertal und 13 Jahre lang Präsidentin der GEDOK Deutschland und Österreich. Die GEDOK ist die 1926 gegründete Gemeinschaft deutscher und österreichischer Künstlerinnenvereine aller Kunst-gattungen. Seit 2001 ist Massmann Ehrenmitglied

im Ehrenkomitee DONNE IN MUSICA/ Italien und UNESCO-Preisträgerin. Verheiratet ist die engagierte Medizinerin mit dem Internisten und Röntgenologen Dr. Helmut Massmann. Die Eheleute haben zwei erwachsene Töchter. Sie unterstützen ihre Mutter in ihrem Kampf für den Abbau von immer noch bestehenden Vorurteilen gegenüber Menschen mit Behinderungen sowie bei der Förderung von deren Akzeptanz und Integration. Joachim Krug Bilder: Kollektion Massmann Freigabe der Bildrechte besteht.

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Leser, Sammler, Verkäufer Annäherungen an ein Porträt von Michael Kozinowski

Für unsere Zeitschrift hat M. K. ein paar Bücher aufgelistet, die ihn in seinem bisherigen Leser-Leben am nachhaltigsten beeindruckt haben: Michail Bulgakow, Der Meister und Margarita Das Buch habe ich während meiner Ausbildung zum Buchhändler gelesen. Die großen Themen „Gut und Böse“, „Gott und Teufel“, „Leben und Tod" haben mich fasziniert. Das Buch steckt voller absurder Ideen und ist ein Dokument über die Zustände im Moskau der 1930er-Jahre. Peter Ustinov, Der alte Mann und Mr. Smith Gott ist (anonym) in Amerika unterwegs, begleitet wird er dabei vom Teufel (Mr. Smith). Und Gott kommt aus dem Staunen über die Entwicklung seiner (!) Schöpfung nicht mehr heraus ... Liebevoll und humorvoll erzählt. Tschingis Aitmatow, Dshamilja Eine kleine, unscheinbare Liebesgeschichte: Dshamilija nimmt in dieser Erzählung ihr Schicksal selbst in die Hand und wählt, während ihr Mann im Krieg ist, mit Danijar einen neuen Lebensgefährten. Damit stellt sie sich gegen alle Traditionen ... Die Liebenden verlassen ihr Heimatdorf. Marlen Haushofer, Die Wand Eine Frau fährt mit Freunden in deren Jagdhaus in die Berge. Während ihre Begleitung zurück ins Dorf geht, bleibt sie zurück. Am nächsten Morgen ist sie abgeschnitten von der Welt. Sie stößt gegen eine (unsichtbare) Wand, hinter der offensichtlich alles in Totenstarre liegt. In dieser für sie neuen Welt versucht sie sich einzurichten. Elias Canetti, Die Blendung Bei diesem Buch erinnere ich mich nur noch an Bücherberge, Isolation, selbstgewählte Einsamkeit. Zwei Personen, die sich lieben, die sich hassen, sich benutzen?

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Lesen, die Reklametrommel rühren, verkaufen, sammeln: Es gibt so schnell nichts, was Michael zu Büchern nicht einfällt. Mitten in seiner Buchhndlung an der Ecke FriedrichEbert-Straße/Laurentiusstraße steht sein Feldherrenhügel, schlichter formuliert: sein Schreibtisch. Der leidenschaftliche Buchhändler will nicht aus der Etappe seine Angestellten dirigieren, sondern selbst ohne Umweg Ansprechpartner für Angestellte und Kunden sein. Am Anfang war das Buch. Nach Volks- beziehungsweise Grundschule und WilhelmDörpfeld-Gymnasium macht der am 30. Dezember 1956 im norddeutschen Einbeck geborene Michael Kozinowski eine Ausbildung zum Sortimentsbuchhändler. Es folgt der Zivildienst beim Diakonischen Werk in Barmen, in dem er anschließend zwei Jahre als Angestellter arbeitet. Doch dann geht es 1983 zurück in die mittlerweile 66 Jahre bestehende Buchhandlung v. Mackensen, die er am 1. Januar 1990 übernimmt. 55 Jahre alt und seit 22 Jahren selbständig, da hat man etwas zu erzählen. Vor allem, wenn man neben der originären Arbeit eine Reihe von ehrenamtlichen Tätigkeiten ausfüllt. Wie diejenige des 2. Vorsitzenden der (bundesweiten) Arbeitsgemeinschaft verlagsunabhängiger juristischer Sortimenter. Die Hälfte seines Umsatzes machen Kozinowski und seine acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen die Hälfte vollzeitbeschäftigt ist, mit Fachliteratur für Rechtsanwälte und

Steuerberater. Beim Rheinischen Einzelhandels- und Dienstleistungsverband gehört er dem Ortsvorstand Bergische Region an – und erlebt gerade mit, was es heißt, wenn David und Goliath fusionieren. Als Schatzmeister war er im nordrhein-westfälischen Landesverband des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels engagiert, der altehrwürdigen Institution in Frankfurt am Main. Die NRW-Filiale wurde allerdings dichtgemacht, auch wenn das Büro in Düsseldorf bestehen bleibt. Sein Wort hat Gewicht in der Interessengemeinschaft Friedrich-Ebert-Straße, deren Licht nicht nur in der Weihnachtszeit aufgeht und die sich um die Belange des Handels in der gleichnamigen Elberfelder Einkaufsmeile kümmert und der es weitgehend zu verdanken ist, dass sie bislang von Leerständen und der Häufung von EinEuro-Geschäften verschont blieb. Oder als 2. Vorsitzender der Friedrich-Spee-Akademie Wuppertal, die vor allem Bildungsangebote „für Menschen in der zweiten Lebenshälfte“ bereit hält. Auch die Ausbildung in seiner Branche ist ihm nicht egal. Kozinowski sitzt seit langen Jahren dem Prüfungsausschuss für Buchhändler der Industrie- und Handelskammer vor. Und – die Auflistung sei hiermit beendet – er gehört dem Aufsichtsrat eines Wuppertaler Kulturproduzenten an, der ohne Zweifel auf dem Gebiet der Literatur der 3. Welt bundesweit ganz vorne mitschwimmt,


Michael Kozinowski dem in seinen Anfangsjahren von Johannes Rau geleiteten Peter-Hammer- (ehedem Jugenddienst-) Verlag. Michael Kozinowski kann „schlecht nein sagen“. Beim Deutschlandradio spricht er

alle paar Monate Buchempfehlungen aus. Als Hobbys gibt der Vater zweier Söhne, von denen der eine, Ben (24), als Erzieher arbeitet, während der andere, Jonas (27), als Autor von drei gut verkauften Fußball-

büchern hervorgetreten ist, die Musik an: Er spielt Saxophon, gehörte einige Jahre der Kantorei Unterbarmen an und kennt fast jedes Buch über Jazz und Orgelmusik. Er fährt gern Fahrrad und … Straßenbahn: Die Bergischen Museumsbahnen sind der einzige Verein, dem er quasi privat angehört. Bücher ohne Ende hat er nicht nur tagsüber am Laurentiusplatz, sondern auch zu Hause, wobei er vor allem auf seine Sammlung von Literatur über das Bergische Land im allgemeinen und Wuppertal im besonderen stolz ist. Zum Beispiel das weltbekannte Tanztheater. Es betrübt ihn, dass die Wuppertaler so wenig mit ihrem Pfund wuchern „und es womöglich hinnehmen, dass das PinaBausch-Archiv in Solingen entsteht oder gar auf die Insel Hombroich auswandert“. Also anderwärts zu Buche schlägt und nicht dort, wo es erklärtermaßen herkommt. Ein bisschen mehr Selbstbewusstsein und ein bisschen mehr Zugehen der Politik auf die Menschen: das wünscht er sich. Matthias Dohmen

Unsere alljährliche Veranstaltung, Trösten & Erinnern, findet dieses Jahr in der Alten Kirche Wupperfeld, Bredde 69, statt. Am Mittwoch, dem 14. November, um 19:15 Uhr. Sie sind herzlichst eingeladen.

Willkommen sind alle, die Ihrer Liebsten gedenken wollen, welche nicht mehr unter uns weilen. In starker Gemeinschaft möchten wir mit ausgesuchter Musik, Worten und künstlerischen Darbietungen, Zeit für Trost und Erinnerung möglich machen. Unser Fahrdienst-Service holt Sie ab und bringt Sie wieder nach Hause. Einfach vorher anmelden: 0202 - 663674.

www.neusel-bestattungen.de

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Paragraphenreiter Interessantes zu den Themen Steuern und Recht

Kann ich mit Kunst Steuern sparen? Eigentlich nicht. Aber ich kann mich gut unterhalten, wenn die Zahlenwelt der Finanzbehörden mit der nach vollkommen anderen Maßstäben zu beurteilenden Kunstwelt in Berührung kommt. Zum Beispiel wenn ich mich als Anwalt, Zahnarzt oder Unternehmer frage, welche steuerlichen Konsequenzen es hat, wenn ich meine Kanzlei, Praxis oder Geschäftsräume mit einem Kunstwerk repräsentativ gestalten will.

Susanne Schäfer, Steuerberaterin Geschäftsführerin der Rinke Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft/ Steuerberatungsgesellschaft

Darf ich Rolf Behms „Blaue Stunde“ (1986, Mischtechnik auf Leinwand, damaliger Kaufpreis: DM 6.542,06) vom Firmenkonto bezahlen, meinem Betriebsvermögen zuordnen, Kosten der Hängung und der Versicherung steuermindernd als Betriebsausgabe ansetzen und die Kosten der Anschaffung auf 15 Jahre verteilt als Abschreibungen, oder steuerlich richtig: Absetzungen für Abnutzung, geltend machen? Das Finanzgericht Berlin hat entschieden: ich darf! Der arme Herr Behm ist nämlich kein „anerkannter“, sondern nur ein „Gebrauchskünstler“, was heißt, dass seine Werke laut den Finanzbehörden dem Verschleiß unterliegen und über die Zeit voraussichtlich im Wert sinken. Anders Markus Lüpertz. Er hat es mit „Die Bürger von Florenz, Il Principe“ (1983, Bronze, damaliger Kaufpreis: DM 47.663,55) immerhin schon zum vom Finanzgericht Berlin „anerkannten Künstler“ gebracht. Das ist zwar schön für Herrn Lüpertz, nicht aber für den Steuerpflichtigen, der ein Lüpertz´sches Werk in seinem Betriebsvermögen steuermindernd abschreiben möchte. Denn Werke „anerkannter Künstler“ werden den Finanzbehörden zufolge voraussichtlich im Wert steigen, für Absetzungen für Abnutzung ist somit kein Raum. Und da Finanzamt und Finanzgerichte sich zwar mit vielem, aber nicht mit der Anerkennung jedes einzelnen (vermeintlichen) Künstlers beschäftigen können, haben sie den interessierten Steuerpflichtigen und Künstlern gleich eine zahlen-

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mäßige Faustregel an die Hand gegeben: Kunstwerke mit einem Kaufpreis von bis zu 5.000 Euro sind grundsätzlich „Gebrauchskunst“, ein „anerkannter Künstler“ bin ich grundsätzlich erst, wenn ich meine Werke für mehr als 10.000 Euro verkaufen kann, und über den Bereich dazwischen kann man diskutieren. Bleibt die Frage, was passiert, wenn das Werk eines anerkannten Künstlers wider Erwarten doch Schaden nimmt. Was geschieht steuerlich, wenn sich der Damien Hirst´sche Hai (1992, Fisch in Formaldehyd, letzter Kaufpreis: GBP 6.500.000,00) zersetzt oder der stolze neue Besitzer seinen Gästen Picassos „Le Rêve“ (1932, Öl auf Leinwand, letzter Kaufpreis: USD 139.000.000,00) vorführt und vor Begeisterung mit dem Ellbogen durchsticht? Die Antwort: Nichts! Denn zwar kennt das Steuerrecht das Konstrukt der „Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung“, d. h. Wertminderungen aufgrund außergewöhnlicher Begebenheiten können grundsätzlich gewinn- und steuermindernd angesetzt werden. Probleme hätte es hier aber bereits bei der Anschaffung und Zuordnung derart wertvoller Werke zum Betriebsvermögen gegeben. Ist der Kaufpreis nach der Verkehrsauffassung (der Finanzbehörden, nicht des Kunstmarktes!) unangemessen hoch, ist das Werk automatisch dem Bereich der privaten Lebensführung zuzuordnen. Abschreibungen, Versicherungen, Kosten des Sicherheitsdienstes usw. mindern den betrieblichen Gewinn in diesem Fall nicht. www.rinke-gruppe.de


Geschichtsbücher, Buchgeschichten Vorgestellt von Matthias Dohmen

Es geht auch kurzweilig. In seinem „kleinen Buch der botanischen Wunder“ beleuchtet der in Potsdam lehrende Biologe PD Dr. Ewald Weber Artenreichtum, Wachstum, Vermehrung und das Zusammenleben von Pflanzen. Auch wenn sie nicht sprechen: Den Kampf ums Überleben kennen Pflanzen durchaus. Hierhin gehört das Gesetz der Selbstausdünnung, wozu es sogar eine Formel gibt (S. 117). Ein eigenes Kapitel widmet Weber den fleischfressenden (korrekter: insektenfangenden) Pflanzen, die wie der Sonnentau auf ihre außergewöhnliche Nahrung beispielsweise wegen des akuten Stickstoffmangels in Hochmooren verfallen sind – der Panzer der Insekten aber enthält das stickstoffreiche Chitin. Doch nicht alle Kannen oder Schläuche bei Pflanzen sind tödliche Fallen: In den Behältnissen einiger Pflanzen der Nepenthesart lebt der 2010 entdeckte gerade mal einen Zentimeter lange Frosch Microhyla nepenthicola (S. 124). Zwölf Zeichnungen von Sonia Schadwinkel lockern den sehr flüssig geschriebenen Text weiter auf. Bemerkungen zum Pflanzenschutz, ein Quellen- und ein Pflanzenartenverzeichnis runden den Band ab. Ewald Weber, Das kleine Buch der botanischen Wunder, München: Beck 2012 (= becksche reihe, 6033).171 S., 12,95 Euro

Mit dem reich bebilderten und überhaupt großzügig umbrochenen Buch über das „Mannesmann-Röhrenwerk in Remscheid“ legt der langjährige Chefarchivar des gleichnamigen, wenn auch inzwischen zerschlagenen Konzerns, Horst August Wessel, im Auftrag des Fördervereins Mannesmann-Haus ein Heimatbuch vor, das in die Hand jedes an der Geschichte seiner Vaterstadt interessierten Remscheiders gehört. Technik, Fabrikgeschichte, Betriebssport, der „blauer Mond“ genannte Turm im Mannesmann-Park, das Werk heute – kein Thema bleibt unbelichtet, auch nicht das Hohelob auf die kreativen Arbeiter, das der ehemalige Personalchef der AG singt. Aufregend, wenn auch aus nachvollziehbaren Gründen unkommentiert: Auszüge aus dem „SoldatenFrontbrief“ 1942 bis 1944. Freunde des Historikers finden denselben, in der Bildunterschrift unbenannt, auf dem Foto auf S. 158 links. Satzung des Fördervereins, Abbildungsnachweis, Register, Autoren und Mitarbeiter: Nichts fehlt. Horst A. Wessel (Hrsg.), Die Geburtsstunde des nahtlos gewalzten Stahlrohres. Das Mannesmannröhren-Werk in Remscheid, die Erfinder und die Mechanische Werkstatt – Geschichte und Geschichten, Essen: Klartext 2012. 189 S., 19,95 Euro

Wer weiß das noch? Der später stramm links wirkende Verband Deutscher Studentenschaften war bereits in seinen Anfangsjahren hochpolitisch, bei den damaligen Bundesregierungen wegen seines scharfen, rüden Antikommunismus aber wohl gelitten. Uwe Rohwedder verweist in seiner quellengesättigten Arbeit „Kalter Krieg und Hochschulreform“ auf zahlreiche Querverbindungen vor allem in der „Frontstadt“ Westberlin von Geheimdiensten und VDS, der offiziell die „Gleichartigkeit des Widerstandes gegen die nationalsozialistische und die stalinistische Willkür“ feststellte und sogar westdeutsche Linke bespitzeln ließ. Volte der Geschichte: Als die Übernahme von Links „drohte“, verscheuerte der VDSVorstand seine Akten handstreichartig an das Bundesarchiv: Wertvolle Bestände blieben so erhalten. Zwei Wuppertaler schafften es übrigens in die VDS-Spitze: 1962/63 der spätere Kulturdezernent Heinz-Theodor Jüchter und (in der vom Autor schon nicht mehr beleuchteten Zeit) der nachmalige Lehrer Dr. Dirk Krüger. Uwe Rohwedder, Kalter Krieg und Hochschulreform. Der Verband Deutscher Studentenschaften in der frühen Bundesrepublik (1949-1969), Essen: Klartext 2012. 240 S., 19,95 Euro

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Neue Kunstbücher Das Moderne in der Konvention vorgestellt von Thomas Hirsch Die Geschichte der Malerei kommt an Claude Lorrain (um 1600-1682) nicht vorbei. Er ist einer der Pioniere der europäischen Landschaftsmalerei, zu Lebzeiten vorwiegend von Deutschen und Engländern geschätzt, die seine Kunst in Rom kennengelernt hatten und in ihrer Heimat von ihm schwärmten. Dort wirkte sich sein Bildaufbau auf die Gartengestaltung aus, in England im 18. Jahrhundert. Lorrain, der Lothringer,

Claude Lorrain – Die verzauberte Landschaft, 252 S. mit 216 Farbabb., geb. mit Schutzumschlag, 28,7 x 23,8 cm, Hatje Cantz, 39,80 Euro der eigentlich Claude Gelée hieß, kam schon als Jugendlicher nach Rom, wo er die meiste Zeit seines Lebens blieb. Er notiert die Campagna in ihrer Klarheit und Weite, wie sie von geologischen Formationen durchzogen ist. Sein Thema ist die ideale Landschaft, die in weiches, gleichmäßiges Licht getaucht ist und stimmungsvoll Zeitlosigkeit vor Augen führt. Seine Bilder kennzeichnet eine klare Raumstaffelung, in die er mitunter Szenen der antiken und der alttestamentarischen Mythologie einfügt. Vielleicht am eindrucksvollsten sind die Hafenszenen mit ein- und ausfahrenden Schiffen. Für seine Bilder bestand damals schon ein Markt. Auch um die Gefahr der Kopie oder Fälschung zu minimieren, fertigte Lorrain Zeichnungen und Radierungen seiner Gemälde an, mit

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denen er seine Autorschaft bekundete. Als autonome Kunstwerke wurden diese grafischen Werke freilich erst in späteren Zeiten geschätzt. Das Buch, das nun zu Lorrains Ausstellung im Städel Museum Frankfurt erschienen ist, sieht hingegen den Künstler als Ganzes. Es behandelt Malerei, Zeichnung und Grafik gleichberechtigt. Im Umkehrschluss bedeutet dies allerdings, dass die Gemälde als eigentliche Hauptattraktion verhältnismäßig knapp bedacht sind, auch wenn sie kompetent gewürdigt werden.

Corot – L‘Armoire Secrete, 174 S. mit 100 Farbabb., Broschur, 28,5 x 23 cm, Hirmer, 34,90 Euro Mit Jean-Baptiste Camille Corot (1796-1875) sind wir zweihundert Jahre weiter. Corot verhält sich in seiner Landschaftsmalerei zwischen Tradition und Fortschritt. Geschult an Aufenthalten in Italien, ist seine Darstellung zwischen Klassizismus und Romantik anzusiedeln. Er führt eine Idealität vor Augen, die auf dem Einsatz klassischer Formen und einem genauen Bildaufbau beruht, der keine Überraschungen zulässt. Aber er hat auch draußen in der Natur gemalt, und das wirkt sich auf seine Arbeit im Atelier aus. Corot gehört der Schule von Barbizon an, die ihre Motive in den Wäldern vor den Toren von Paris fand und gemeinhin als Vorläufer des Impressionismus gilt. Corot malt mit einer offenen Pinselstruktur in duftend getupfter Skizzenhaftigkeit – damit ist er berühmt. Wenig bekannt ist hingegen,

dass er auch Figuren gemalt hat. Er hat sie als Porträt zumeist vor der Staffage einer Landschaft und seltener ins Interieur gesetzt. Wie Lorrain hatte er sich mit dem Kunstmarkt zu arrangieren, was bei Corot bedeutete, dass er diese Figurenbilder bei sich zurückhielt. Erst nach seinem Tod gelangten sie an die Öffentlichkeit, allerdings ohne größeres Interesse zu entfachen. Das gilt bis heute, und natürlich stellt sich die Frage, ob dies an der herausragenden Stellung seiner Landschaften liegt oder daran, dass die Figurenbilder eben nicht so bedeutend sind. Nun hat erstmals seit einem halben Jahrhundert wieder eine Ausstellung stattgefunden, die sich speziell den Figurendarstellungen zuwendet, bei der Sammlung Oskar Reinhart in Winterthur. Ausgangspunkt ist das Gemälde „Sitzendes Hirtenmädchen beim Lesen“ aus der Sammlung selbst, dessen Kontext nun untersucht wird, also das Landschaftliche einbezieht. Deshalb geht es hier um den ganzen Corot und den Ton seiner Kunst, der sich in Hingabe und Genauigkeit äußert. Bei der „Lesenden“ wird dies etwa anhand der Körperhaltung und dem Gestus, mit dem das Mädchen das Buch hält, deutlich. Aber weil Corot einem bestimmten idealen Kanon verpflichtet bleibt, sind im Bild austauschbare Versatzstücke zusammengefügt. Das Buch, welches dazu erschienen ist, führt Referenzabbildungen durch die gesamte Kunstgeschichte an und bezieht gelegentlich auch die Landschaften ein. Damit rundet sich das Bild von Corot, dessen wahre Bestimmung schlussendlich doch in der Landschaftsmalerei lag. In seiner Zeit war Hans Makart (184084) ein Held, aber sein „Malerruhm ist ebenso rasch verblichen wie seine Farben, denen er durch ein Herstellungsgeheimnis vorübergehend eine besondere Leuchtkraft zu geben wusste“, hat Egon Friedell in seiner berühmten Kulturgeschichte der Neuzeit geschrieben. Makart konnte alles, malte enorm sinnlich und hatte keine Skrupel in der Zusammenfügung unterschiedlicher Szenen. Er wird zum Regisseur der Stile seines Jahrhunderts. Makart wurde in Salzburg geboren; er hat – als außerordentliches Talent früh gefördert – an der Münchner Kunstakademie studiert. Mit wenigen Bildern wurde


Thomas Pintzke StB

Makart – Maler der Sinne, 252 S. mit 173 Farbabb., geb. mit Schutzumschlag, 28 x 23 cm, Hirmer, 39,95 Euro

Félix Vallotton – Zeichnungen, 224 S. mit 154 Farbabb., geb., 28 x 22,5 cm, Scheidegger & Spiess, 48,- Euro

er in München und in Wien schlagartig berühmt. Kaiser Franz Joseph I. berief ihn als Hofmaler nach Wien, wo er 1879 als Nachfolger von Feuerbach Professor für Historienmalerei wurde. Hans Makart malte ganz Räume aus, er veranstaltete in seinem Atelier pompöse Kostümbälle und war der Mann der Pracht und des Prunkvollen. In seiner Malerei koppelt er Vergangenheit mit Realität und lässt mythologische Motive einfließen; seine Szenen sind vielfigurig, spektakulär ist die Lichtregie, die in Verbindung mit der Farbigkeit vielleicht seine eigentliche – moderne – Leistung ist. Ein anderes ist sein Umgang mit der Vermarktung, die ihm außerordentlich gelingt: Neue Bilder wurden theatralisch vorgestellt, in Reproduktionen stellte er sich noch einer breiten Öffentlichkeit vor. Aber sein Ruf war vom eigenen Auftritt abhängig, nach seinem Tod wurde er bald vergessen. Um so sinnvoller ist nun der Werküberblick, der im Zusammenhang mit einer Ausstellung in Wien entstanden ist. Deutlich wird, warum er für einige Jahre so berühmt war und warum er wieder vergessen wurde.

Situationen des Lebens zuwendet und dabei der Theorie folgt, dass ein Bild immer doch ein Bild sei, also künstlich bleiben müsse. Er legt die Welt still, verzichtet auf jede Atmosphäre und isoliert noch die Motive. Daraus entsteht eine relative Fremdheit. Vallotton, der frühzeitig von der Schweiz nach Paris übergesiedelt ist und dort ab 1892 Mitglieder der Gruppe der Nabis war, blieb mit seiner eigenen Kunst ein Außenseiter und wurde doch mit Ausstellungen geehrt. Schon zu Lebzeiten wurden seine Zeichnungen ausgestellt. Wie wichtig sie für das Gesamtwerk sind, zeigt nun ein Katalogbuch im Verlag Scheidegger & Spiess. Mit der Spontaneität der Linie fängt Vallotton Gebärden ein, umfasst Körper und definiert die Natur. Man könnte sagen, für sich sind die Zeichnungen relativ langweilig, oft akademisch, souverän zwar, aber gerade deshalb kaum überraschend. Aber Vallotton vergegenwärtigt sich hier seiner Sujets für die Malerei. Er entwirft die Menschendarstellungen, die dann in die Gemälde einfließen. Er führt vor Augen, wie er seine Umgebung und auch die Natur erfasst und sich aneignet. In einer Qualität, die das Spezifische der Zeichnungen wiedergibt, ist das Buch dem entsprechend mit fünf Textbeiträgen relativ theoretisch angelegt, aber das macht hier besonderen Sinn.

Félix Vallotton (1865-1925) ist in seiner Kunst ganz das Gegenteil von Makart, erst recht wenn man seine Zeichnungen vor Augen hat. Seine Kunst kennzeichnet eine große Nüchternheit, ja, Blässe. Vallotton ist Realist, der sich den einfachen

Katrin Schoenian WP/StB

Dr. Jörg Steckhan RA/WP/StB

Peter Temmert WP/StB

Anke Jagau RA/StB

Susanne Schäfer StB

www.rinke.eu Unternehmensberatung – Steuerberatung – Wirtschaftsprüfung

Andreas Niemeyer WP/StB

RINKE TREUHAND GmbH Wirtschaftsprüfungs-/Steuerberatungsgesellschaft Wall 39 – 42103 Wuppertal – 0202 2496-0

Peter Krämer WP/StB

Stephan Schmacks StB

Matthias Aprath WP/StB

VIEL MEHR ALS NUR STEUERN

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Schüsse aus dem Geigenkasten Der Kalender der Bergischen Symphoniker mit Cartoons von Robin Chadwick

Tuttischweine

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Zum Saisonabschluß der Bergischen Symphoniker stellte deren GMD Peter Kuhn den ab September 2012 alle wichtigen Termine anzeigenden traditionellen Wandkalender des Orchesters vor. Diesmal ist damit ein Orchestermitglied mit besonderer Begabung in den Mittelpunkt getreten: der Geiger Robin Chadwick. Seine humorvollen Beobachtungen des Musik(er)lebens mit dem Zeichenstift illustrieren kenntnisreich und witzig die zwölf Monatsblätter bis August 2013. Seit 1984 spielt der in Remscheid lebende Kanadier Robin Chadwick dort die 1. Violine, zunächst beim Remscheider Sinfonieorchester, später den vereinigten Bergischen Symphonikern. Im Geigenkasten hat er neben seinem Arbeitsgerät und Kolophonium stets einen Skizzenblock und einen gut gespitzten Bleistift. Mit viel Humor und liebevoller Ironie beobachtet der Musiker, der sich auch gelegentlich als Conferencier einen guten Namen gemacht hat, das Orchesterleben, seine Kollegen und deren Eigenarten. Chadwick tritt damit in die Fußstapfen des großen englischen Musik-Karikaturisten Gerard Hoffnung, ohne jedoch den genialen Spötter zu kopieren. Der von den Orchesterfreunden finanzierte Kalender ist ab sofort für nur 10,- Euro zum Besten der Symphoniker beim Orchesterbüro zu bekommen:

Tel. 0212-2801-584 oder Kontakt@ BergischeSymphoniker.de per E-Post. Schon bei den beiden Abschlußkonzerten in Solingen und Remscheid konnte Chadwick kaum so schnell signieren, wie ihm die Kalender förmlich aus der Hand gerissen wurden. Fast 400 Stück gingen insgesamt in nur wenigen Minuten über den Verkaufstisch. Bereits 2004 ist im Kölner Verlag Dohr eine Auswahl von 75 der köstlichen Cartoons und Karikaturen Chadwicks in Buchform erschienen: „Hornflakes - und andere musikalische Leckereien“, und 2008 bekam er eine Einzelausstellung im Remscheider Vaßbender-Saal. Da sieht man den nicht so sensiblen Pultnachbarn und die „Tuttischweine“ (als ein solches hat er weiland in Remscheid seinen Dienst aufgenommen), erlebt den Brennwert der Bratsche und den Unterschied zwischen Mozart und Brahms. Die Sportlichkeit des Dirigenten lernt man kennen, erfährt, wie Musiker Brot schneiden und darf über musikalische Marotten schmunzeln. Dies und mehr füllt die 42x30 cm großen Blätter des Kalenders mit Spiralheftung, ein Bonbon und Muss für alle Freunde des Orchesters, Cartoonkenner und die gesamte Musikwelt. Text und Foto-Repros: Frank Becker


Der Mensch ist gut Der Tag begann recht herzstärkend. Auf der Hinfahrt zur Bäckerei kam ich durch den vertrauten Wald, war sicher, dass er mich wiedererkannte, traf Freunde dort, den Schriftsteller, den Bildhauer, den mehrfachen unehelichen Vater; und ihnen allen sah ich an, dass sie nichts an mir auszusetzen hatten. Ich war und blieb sicher, dass sie recht hatten. Der Bildhauer wird im Folgenden wieder eine Rolle spielen, ich nenne sie hier eine vertrauensbildende. Ausgerüstet mit der Überzeugung, zumindest ausreichend in Ordnung zu sein, begab ich mich auf den gewohnten Kurzspaziergang auf dem Höhenweg; beobachtete eine der blonden, schlanken Postbotinnen, mit denen die Post zumindest in unserem Viertel den Eindruck zeitlich gestreckter Zustellung zu verwischen scheint, sah im Vorbeigehen, ob der Wagen der Millionärsfrau, die hier wohnt, zuhause war, sah die farbigen Fensterrahmen der Psychotherapeutin, von der ich manchmal erfahre, hörte junge Joggerinnen mit Hund sich bedanken, denen ich höflich auswich, traf sogar auf einen alten Getränkelieferanten, der sich dankbar

meine Gesundheitsermahnungen wegen seiner Fettleibigkeit anhörte und war beruhigt („Sie leben also noch“), als ich die gewohnten Frühtrinker durch das Fenster des Gasthauses an der Theke sah. Nach einer angemessenen Strecke begab ich mich auf den Rückweg zum Auto. Schon fast angekommen, sah ich auf der anderen Straßenseite einen jüngeren Mann - zumindest jünger als ich - aufmerksam zu mir herüber blicken. „Hallo!“ Ich schaute ratlos zu ihm. „Moment! Ich komme.“ Er überquerte die Straße, nun stand er vor mir. Ein freundliches Gesicht in den Vierzigern. Er war aus einem der gegenüberliegenden Häuser gekommen, hatte einen Freund besuchen wollen, wie er sagte, aber der Freund war weggezogen, und, kenne ich ihn denn nicht mehr? Er sei doch der Antonio, der Lehrling, der Schlosser in unserer Firma war, und sein Vater sei doch der Giuseppe, der den Gabelstapler fuhr, und ich, wo war ich denn noch? Ich sei im Export gewesen, sagte ich. Richtig, richtig. Ich sei gut zu „die Italie-

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ner“ gewesen, ja, ich liebe die Italiener. Er wisse das noch. Ich erinnerte mich nicht, aber es kam Ăśfter vor, dass mich alte Kollegen oder frĂźhere Lehrlinge aus dem Betrieb ansprachen. Ich glaube, dass sie mich als den erkennen, der ich immer sein wollte, ja vielleicht sogar bin – selbstlos und fĂźrsorglich, und immer sind sie sicher, viel von mir gelernt zu haben. So ein Lehrling muss Antonio gewesen sein. Aber woher wusste er, dass ich die Italiener liebe? Mir selbst war es nie besonders aufgefallen. Er musste es ahnen, er war ja ein feinfĂźhliger Mensch. Auch das wusste ich vor fĂźnf Minuten noch nicht. Das Leben hat Ăœberraschungen. Und er? Was mache er? frage ich. Er sei wieder nach Italien gezogen. Alle Italiener zĂśgen irgendwann wieder nach Italien. Und ich? Was mache ich? „Ich schreibe.“ „Genau! BĂźcher, nicht wahr?“ „Ja“, sage ich. Auch das ahnt er, dachte ich. „Wie Dante Alighieri, haha.“ Klassische Bildung, denke ich. Wenigstens Ansätze dazu. Er war zwar in der Schlosserei, aber er muss an sich und seiner Bildung gearbeitet haben. Nicht umfassend, aber das macht nichts, ich akzeptiere gerade solche strebsamen Menschen. Antonio muss sensibel sein. Darum hat sich auch die Erinnerung an mich so tief eingeprägt. Und dann kommt es ganz plĂśtzlich. Er hat ein Geschenk fĂźr mich. Eine Ăœberraschung. Ob ich mich freue? „Na ja“, sage ich. „Vielleicht muss ich anschlieĂ&#x;end die Schwester Ihrer Frau heiraten -„ Aber in Wahrheit weiĂ&#x; ich diese Ăźberquellende Herzlichkeit zu schätzen. Ich

muss ihm ein Geschenk wert sein. Es wird sich vielleicht als eine alberne Kleinigkeit herausstellen, irgend eine Kleinigkeit aus Plastik aus einem Billigladen, aber ich werde rĂźckhaltlose Dankbarkeit zeigen. Das hat ein Mensch verdient, der so viel Anhänglichkeit beweist.. „Nein, Nein,“ sagt er, „eine richtige Ăœberraschung. Freuen Sie sich?“ Ich weiĂ&#x; es immer noch nicht. „Warten Sie“ sagt er, „ ich hole die Ăœberraschung aus dem Beutel.“ Antonio kommt mit einer Tragetasche zurĂźck. Er ist ratlos, wo wir sie auspacken sollen. Wenn es denn sein mĂźsse, sage ich, mein Auto stehe dort – „Nein, nein“, sagt Antonio, „wir brauchen Platz. Wo wohnen Sie?“ Da und da wohne ich. „Gut“, sagt Antonio. „Da fahren wir hin. Ich fahre hinter Ihnen her.“ Auf der Fahrt spĂźrte ich ein gewisses Befremden. Wieso war ich plĂśtzlich in einer Situation, in der ich mich mit fremden Leuten auseinandersetzen musste. Die Bäckerei war nur einige Hundert Meter entfernt, da hatte ich mich noch vor einer Viertel Stunde sicher und geborgen gefĂźhlt, aber das hier, das war ungewohnt. Ich musste es hinter mich bringen. Alles um mich herum war bekannt und vertraut wie immer, nur mein GefĂźhl hatte sich geändert. Doch fĂźr lange Ăœberlegungen blieb keine Zeit. Wir waren bereits an unserem Haus angekommen. Angekommen, erhalte ich ein Lob. Ich fahre ja hervorragend. Gedacht habe ich mir das immer schon. Aber Antonio bemerkt eben alles. Ihm liegt eben etwas an mir.

Und schon sind wir in unserer Wohnung. Wir haben heute eine Helferin da, die uns einen Kaffee machen will. Aber Antonio lehnt ab. Er hat ein MagengeschwĂźr. Er spricht offen Ăźber alles, das merke ich. Auch, dass er spät geheiratet hat, dass er wegen seiner allein lebenden Mama zurĂźck nach Italien gezogen ist – Dies ist eine Gelegenheit, mich anbiedernd Ăźber ein Vorurteil lustig zu machen: „Alle Frauen sind Huren, auĂ&#x;er Mama.“ Aber Antonio ist jetzt zu konzentriert fĂźr meinen feinen Humor. Er hat mir seine Adresse in Mailand aufgeschrieben, damit ich ihm eine Karte schreiben kann, auch das Bild an der Wand hat er betrachtet. Nun sieht er ein Buch von mir. „Von Ihnen?“ Ich nicke. „Was steht darin? Von was handelt es?“ In diesem Buch stĂźnden tagebuchartig tägliche Begegnungen. So wie die hier mit ihm. „Ach? Wollen Sie das wirklich aufschreiben?“ „Ja. Genau so wie es passiert, also jetzt.“ FĂźr einen Augenblick wird Antonio nachdenklich. „Also genau so?“Wieder nicke ich. Antonio scheint es gleichmĂźtig hinzunehmen, er steckt das signierte Buch ein. Dann fällt ihm ein Bild an der Wand auf. „Positano!“ hat er mir auf den Kopf zugesagt. „Von wem ist es? „Von Hohberger“, antworte ich. „Hat er mir geschenkt.“ „Wunderbar.“ Aber nun will Antonio die Ăœberraschung auspacken – Nein, vorher lobt er noch unsere Wohnlage, die Wohnung, meine Klicken Sie uns an:

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Frau, die er nun leider nicht kennenlernen kann, aber die ich grüßen soll. Und jetzt packt er die Überraschung aus, drei sehr schöne Lederjacken, einen Blouson aus Ziegenleder – „kostet ca. fünzehnhundert Euro“ – aber er schenkt ihn mir, ja, das ist die Überraschung, er schenkt mir alles. Er hat es für seinen Schwiegervater in Düsseldorf ausgestellt, und, jetzt, vor dem Rückflug, will der Zoll Geld dafür haben! Nein, das macht er nicht. Da schenkt er es mir lieber. Ich muss gegen meine Rührung ankämpfen. Bis auf die Lederjacke, die darf er nicht so weggeben. „Was kostet die?“ „ Soundsoviel Euro“, sagt Antonio leise. „Aber soviel hab ich nicht hier.“ „Macht doch nix. Fahren wir eben zur Bank.“ Gut, sage ich, aber Angelika solle eben ein Foto von uns machen. „Nein. Kein Foto. Ich bin abergläubisch. Nehmen Sie mir das übel?“ „Wie käme ich dazu!“ sage ich. Ich finde Antonio so offenherzig. Wir gehen zu seinem Auto, ich sehe das Nummernschild. „Sie wohnen in Dortmund?“ „Nein“, sagt Antonio, das sei ein Leihwagen. Auf der Fahrt meldet sich das merkwürdige Gefühl, dass dies nicht so weitergehen sollte. Ich sollte die Jacken von meiner Frau begutachten lassen. Will sie die überhaupt? Aber habe ich die Kraft, jetzt auszusteigen, zurückzugehen? Ich merke wie in einer Betäubung, dass ich die Kraft jetzt nicht habe. Vielleicht gefallen ihr die Jacken ja. Und die meisten bekomme ich doch geschenkt! Auf den Parkplatz der Sparkasse will Antonio nicht fahren, nein, er parkt lieber da vorne an der Straße. Auch mit hineingehen will er nicht. Da raucht er doch lieber eine Zigarette vor dem Eingang. Die Kassiererin reicht mir die Scheine, ich gebe sie ihm. Nie werde ich verraten, wie viel es war. Unterwegs auf der Rückfahrt rätselt Antonio, wer bei der EM gewinnen würde, Griechenland oder Deutschland. Natürlich komme nur Deutschland in Frage, behauptet er. Zum Abschied küsst er mich auf die Wange.

Später steht meine Frau nachdenklich vor dem Karton mit den Lederjacken. „Also hat er sie hiergelassen? Damit du es dir überlegen kannst? Und bist zum Schein darauf eingegangen? War sehr geschickt von dir. Und – hat Angelika währenddem die Polizei gerufen?“ „Alles nicht nötig“, sage ich überlegen, „er hat sie mir ja geschenkt.“ „Alle geschenkt? Das glaube ich nicht.“ Ich muss zugeben, dass ich für eine ein bisschen bezahlt habe. Aha“, sagt meine Frau. „Und wieviel?“ Ich nenne die Summe, betone aber, dass wir ja drei Jacken dafür bekommen haben. Jetzt blickt mich meine Frau sehr lange an. Dann geht sie hinaus. Sie hat mehrere Tage nicht mit mir gesprochen. Dann erst fängt sie wieder an, mit mir zu reden. „Nun schüttele es endlich ab“, sagt sie. „Stell dir vor: Beim nächsten Mal gehst du zum Schein darauf ein, informierst aber heimlich die Polizei, und die erwartet euch bei der Sparkasse.“ Diese Vorstellung hat mich begeistert. So werde ich es machen. Hoffentlich kommt der Betrüger bald. Ich bin froh, als ich später wieder allein im Wald bin. Hier hört niemand, wenn ich zu mir sage: Du Idiot. Ein Blinder konnte den Betrug mit dem Krückstock fühlen. Ich nicht, antworte ich. Ich war in einem anderen Film. Ich sah Giuseppe mit dem Gabelstapler auf dem Fabrikhof herumkurven, ich sah die Ziegelmauern des Bürogebäudes, und vielleicht schloss ich mich aber auch zu sehr Antonios Meinung an, dass ich ein herausragender Mensch sei. Darum kümmern sich meine Bäume nicht. Sie wissen, dass über ein Kleines alles vergessen sein wird. Sie versichern mir, dass sie meine Freunde bleiben wollen und wiegen weise und gütig ihre Wipfel. Karl Otto Mühl

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SPEEciale im Opernhaus-Foyer Mit vier Sonderveranstaltungen, bei denen sich Hochkultur und kulinarischer Genuss ergänzen, geht die Friedrich-SpeeAkademie Wuppertal ins zweite Halbjahr 2012. Neben künstlerisch attraktiven Kulturträgern gibt es jeweils ein passendes kulinarisches Schmankerl, und das alles im großen Kronleuchter- Foyer des Wuppertaler Opernhauses. Partnerin für Speisen und Getränke ist die im Opernhaus beheimatete Brasserie, die sich durch ihr hochwertiges Speisen- und Getränkeangebot bereits einen Namen gemacht hat.

Los geht es mit SPEEciale Nummer eins am Montag, 24. September, 18 Uhr, mit einem Heinz-Erhardt-Abend des bekannten Autors, Journalisten und Schauspielers Stefan Keim unter dem Motto „Noch’n Gedicht“. „Alles im Leben geht natürlich zu. Nur meine Hose geht natürlich nicht zu“, so der unvergessliche Kabarettist Heinz Erhardt in den 50er und 60er-Jahren des vorigen Jahrhunderts. Kaum einer verstand sich so auf das selbstironische Spiel mit der deutschen Sprache wie der 1979 verstorbene Humorist. Neben zahlreichen Klassikerparodien wie Goethes „König Erl“ oder Schillers „Apfelschuss“ bringt Heinz Erhardt, alias Stefan Keim, sogar eine ganze Oper auf die Bühne, nämlich Bizets „Carmen.“ Stefan Keim verwandelt sich auch stimmlich und optisch in Heinz Erhardt und singt bekannte Chansons des berühmten Humoristen wie „Fräulein Mabel“ und „Linkes Auge blau.“ Klassisch deftig ist das Speisenangebot, bei dem die 50er-Jahre im Mittelpunkt stehen. Dabei darf natürlich auch der berühmte „Käse-Igel“ dieser Zeit nicht fehlen.

Andreas Beutner

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„Der Kontrabass“ – ein Einakter von Patrick Süskind steht im zweiten SPEEciale im Mittelpunkt, den am Freitag, 12. Oktober, 18 Uhr, Andreas Beutner – „ein „intimer Kenner der Seelenlagen von Orchestermusikern“ - (so ein Kritiker) im Opernhaus-Foyer zur Aufführung bringt. Hassliebe verbindet Süskinds Kontrabassisten mit seinem Instrument. „Manchmal möchte’ ich ihn am liebsten zerhacken“ – aber er kann nicht anders. Er ist Gefangener seines Instruments am dritten Pult im Staatsorchester, wo seine Position so sicher ist, „dass er spielen und lassen kann, was er will; er fliegt nicht.“ Darüber flüchtet er in Tagträume, von der blutjungen Sängerin an der Oper: Sarah. Aber die lässt sich lieber von Gastsängern in teure Fischlokale einladen. „Ich habe das mal beobachtet, die Seezunge kostet da 52 Euro. Ich finde das widerlich.“ Gar nicht widerlich wird dem Publikum die Seezunge schmecken, die an diesem Abend von der Brasserie – Gastronomie serviert wird. Zusammen mit Patrick Süskind schauen Andreas Beutner und das Publikum in die Seele eines Orchestermusikers und erleben eine tieftraurige Komödie, bei der das Lachen bisweilen im Halse stecken bleibt.

Stefan Keim als Heinz Erhardt mit „Noch’n Gedicht“


Gail Gilmore, stimmgewaltiger Mezzosopran, wuchs als Tochter eines farbigen Baptistenpfarrers auf, dessen Großeltern noch als Sklaven geboren wurden. Schon als junges Mädchen sang Gail Gilmore, die zum dritten SPEEciale am Mittwoch, 21.November, 18 Uhr, im Wuppertaler Opernhaus-Foyer auftritt und die über 40 Opernpartien an allen großen Opernhäusern der Welt gesungen hat, in der Kirche ihres Vaters Gospels und Spirituals, in denen das Leid, aber auch die Frömmigkeit der Sklaven und ihre Lebensfreude zum Ausdruck kommen. Mit „Back to the roots“ – zurück zu den Wurzeln - hält Gail Gilmore in ihren Konzerten die Erinnerung an die entwürdigende Zeit der Rassendiskriminierung wach und schenkt

ciale die Welt des Mittelmeers und erleben die „Säulen des Herkules“ im Westen als das Ende der Welt in der Antike und die östliche Levante als zwei mittelmeerische Landschaften. Das „mare nostrum“ des römischen Imperiums ist so etwas wie die Wiege der Kultur und Zivilisation der Menschheit – ungebrochen seit der Antike bis in die Gegenwart. Kraft Eike Wrede erinnert sowohl an Charles Baudelaire und seine „Liebesinsel“ Kythera, als auch an Alexandria – Treffpunkt der eleganten Welt noch bis in die frühen 50er-Jahre, aber auch an Odysseus, der an fremde Inseln eines paradiesisch-glückseligen Lebens vorgestoßen war. Doch auch der Fall Konstantinopels 1453, ein bis heute im kollektiven Gedächtnis der Griechen

Gail Gilmore

Kraft Eike Wrede

zugleich Hoffnung auf eine gerechtere Welt. Kritiker loben ihre „machtvolle sonore Stimme, eine wahrhaft gestochene und prägnante Diktion.“Am Flügel begleitet Andreas Bügel Die Brasserie liefert „All-AmericanFood“ mit seinen Burgern, Salaten und Snacks, die sich als „Welternährung“ rund um den Globus ausgebreitet haben. Kurz vor Weihnachten, Mittwoch, 12. Dezember, 18 Uhr, führt eine nicht nur mediterrane Lesereise unter dem Motto „Reif für die Insel“ mit Kraft Eike Wrede rund ums Mittelmeer. Nur eine Kreuzfahrt ist teuerer. Mit Kraft Eike Wrede hören und sehen die Besucher des vierten SPEE-

kaum bewältigtes Trauma, findet Eingang in Wredes Leseabend. Mittelmeer – Tapas stehen im Mittelpunkt des kulinarischen Teils des Abends, für den auch dieses Mal die Brasserie zuständig ist. Für Mitglieder der Spee-Akademie kostet der Abend inklusive Kulturprogramm und kulinarischen Teil 20 Euro, die rund fünf Tage vor dem Programmabend auf der Sonderkonto der Spee-Akademie 623 470 bei der Stadtsparkasse Wuppertal(BLZ 330 500 00) eingezahlt werden müssen (für Nicht-Mitglieder 30 Euro). Joachim Krug, FSA: Bilder: FSA-Archiv

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GOLDFIEBER!

Wuppertaler stĂźrmen Juwelier Dalmann in der

HerzogstraĂ&#x;e 5 in Wuppertal. Super-Kurs treibt Edelmetallbesitzer zum Verkauf. Seit Wochen erreichen die Goldpreise ständig neue RekordhĂśhen. Das bringt immer mehr Menschen dazu, in ihren Schmuckschatullen zu kramen. Viele von ihnen entdecken dabei wahre Schätze, die sie schnell beim Juwelier Dalmann in Geld umwandeln

„Weil er damals fĂźr mich zu altmodisch wirkte, hatte ich ihn schnell vergessen“, erzählt sie. „Da ich in den letzten Tagen immer wieder von Rekordpreisen fĂźr Gold gelesen habe, entschied ich, jetzt zu handeln.“ Wert des Goldschatzes: rund 2.950 Euro. Auch bei Juwelier Dalmann in der HerzogstraĂ&#x;e 5 in Wuppertal, Tel.: 0202 - 94607923 blĂźht das Goldgeschäft. „Ich glaube, die Marke von 40.000 Euro pro Kilo Feingold war fĂźr viele die magische Grenze“, sagt Herr AlegĂśz, während eine Kundin bei ihm anfragt, wie viel sie fĂźr ihren Schmuck bekommen wĂźrde. 795 Euro zahlt er der Kundin fĂźr Zahngold, Armband und Kette. „Das ist alter Familienschmuck, der im Schrank versauerte“.

kÜnnen. (LQH GHU DNWXHOO )LOLDOHQ EH¿ QGHW VLFK direkt im Zentrum von Wuppertal. Allein in den letzten Wochen stieg der Goldverkauf um 40 Prozent, so Willi Fichel, Geschäftsfßhrer des Bundesverbands der Juweliere. Ob Ringe, Broschen oder Zahnkronen-Gold, zu versilbern liegt im Trend. Sandra Schäfer entdeckt beim Aufräumen in der Wohnung Goldschmuck, den sie von ihrer Mutter geerbt hatte. Hier gehts zum DALMANN Video

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Gold habe in den letzten Jahren einen rasanten Preisanstieg hingelegt. Schon seit Wochen erreichen die Goldpreise bis dahin fĂźr unmĂśglich gehaltene Rekordstände. Derzeit steht der Preis bei ca. 1.300 Euro je Feinunze (31,1 Gramm). Wer im Jahr 1970 ein breites italienisches Armband fĂźr 600 Mark gekauft hat, bekommt heute dafĂźr mĂśglicherweise 990 Euro angerechnet“, sagt Juwelier Dalmann, der zurzeit mehr als doppelt so viele Kunden hat wie sonst. Auch Markenuhren, wie Rolex, Breitling und ähnliche werden beim Juwelier Dalmann angekauft. Denn fĂźr viele Menschen LVW HV GLH VFKQHOOVWH 0|JOLFKNHLW ZLHGHU Ă€  VVLJ ]X werden.

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Kulturnotizen Müllers Marionetten-Theater

Versprechen muss man halten

zessin ihre Versprechen halten muss. Natürlich soll sie dafür auch belohnt werden.

Alters-Wohngemeinschaft der deutschen Geschichte. Eine wahrhaft lustvolle Inszenierung aus den Kindern- und Hausmärchen der Gebrüder Grimm erwartet Jung und Alt zum Start in den goldenen Oktober. Aufführungstermine: 3., 6., 14., 17., 20. Oktober 2012 um 16 Uhr. Neuenteich 80, 42107 Wuppertal-Elberfeld info@muellersmarionettentheater.de www.muellersmarionettentheater.de In der Akademie Remscheid neue Wege gehen

Der Froschkönig in Müllers MarionettenTheater Weiter geht es mit der großen GrimmReihe in Müllers Marionetten-Theater. Am 27. und 28. Oktober jeweils um 16 Uhr beweist der Froschkönig der schönen Prinzessin auf entzückende Weise, dass es besser ist, ein Versprechen zu halten. Der Frosch holt der Prinzessin die Goldkugel aus dem Brunnen und dafür muss sie seine Freundin werden. Versprochen ist versprochen! Aber muss die Prinzessin den glibberigen Kerl auch küssen? – Das wundervolle Theatermärchen von Günther Weißenborn nach Grimm mit Musik von Antonin Dvorak zeigt, dass selbst eine Prin-

Aufführungstermine: 27. und 28. Oktober 2012 jeweils 16 Uhr Weitere Vorstellungstermine am 1., 3., 4., und 10. November 2012. Wohngemeinschaft für Tiere Die Bremer Stadtmusikanten zu Gast in Wuppertal

Mit den „Bremer Stadtmusikanten“ gibt Müllers Marionetten-Theater im Oktober ein weiteres Grimm-Märchen zum Besten. Esel, Hund, Katze und Hahn sind alt geworden und taugen nicht mehr zum Schleppen, Wachen, Mäusefangen und Mistkratzen. Da verlassen sie ihr zu Hause und gründen im Wald die erste

Unter neuer Leitung bietet kreativ50plus die Möglichkeit, Ideen zu gestalten Kreativ50plus, das offene Kulturprogramm an der Akademie Remscheid hat eine neue Programmleiterin. Imke Nagel gehört zum ersten Absolventenjahrgang der Weiterbildung „Kulturgeragogik – Kulturarbeit mit Älteren“ der Fachhochschule Münster und des Instituts für Bildung und Kultur (kurz IBK) Remscheid. Motivation für ihre Arbeit ist die Tatsache, dass Kreativität und die Möglichkeit neue Wege zu beschreiten nie aufhören. Zukunft und Kreativität werden aber oft nur mit Jugend assoziiert. Der neuen Programmleiterin ist es ein Anliegen, Älteren mit den Seminaren von kreativ50plus Raum und Know-How zu bieten, um eigene künstlerisch-kreative Ideen zu entwickeln und zu verwirklichen. Als Dipl.-Kulturpädagogin ist Imke

The art of tool making

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Kulturnotizen Nagel außerdem spezialisiert auf kulturelle Vermittlung in den Fachbereichen kreatives Schreiben und Kunst. So bot sie zuletzt das spielerische Schreibseminar „Herzstücke unter der Lupe“ an. Die Teilnehmerinnen im Alter von 60-87 Jahren gingen schreibend der Frage nach, was für sie Lebensqualität bedeutet. Kreativ50plus lädt mit seinem Angebot in den Bereichen Theater, Tanz, Musik, Medien und Kunst dazu ein, neue Ausdrucksformen zu erproben oder Bewährtes weiter auszubauen. Im Austausch innerhalb der Teilnehmergruppe lässt sich Entwickeltes verfeinern. Beim „experimentellen Gestalten mit Ton“ erhalten die Teilnehmenden Impulse, um Formen und Strukturen aus dem Alltag für ihre Arbeiten mit Ton zu nutzen. Auch Interessierte ohne Vorkenntnisse sind herzlich willkommen. Die abstrakten Werke des Künstlers Bernard Schultze stehen in der Reihe „Inspiration Künstlerbilder“ im Mittelpunkt. Durch verschiedene auf der Leinwand angebrachte Materialien lässt sich Malerei ins Dreidimensionale erweitern. Wer lieber schreibt, bekommt in „Darüber könnte ich ein Buch schreiben“ Tipps, um Autobiografisches schriftlich in Szene zu setzen. Weitere Informationen zu kreativ50plus erhalten Sie unter: www.kreativ50plus.de oder telefonisch unter 02191-794 212. Von der Heydt-Preis für Anne Linsel Förderpreis für Roswitha Dasch

Das Kuratorium für den Kulturpreis der Stadt Wuppertal hat entschieden: Die Kulturjournalistin und Filmemacherin Anne Linsel bekommt den Von der Heydt-Preis der Stadt Wuppertal. Der

Anne Linsel

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Roswitha Dasch Musikerin Roswitha Dasch wird der Förderpreis zuerkannt. Die zukünftige Von der Heydt-Preisträgerin, die Wuppertaler Kulturjournalistin Anne Linsel, ist seit vielen Jahrzehnten auf verschiedenen Feldern aktiv. Sie arbeitet für den Hörfunk, schreibt Literatur-, Theater- und Kunstkritiken, Reportagen und Portraits und dreht Dokumentationen. Ihr Film "Tanzträume", eine Dokumentation der Arbeit Pina Bauschs mit Wuppertaler Teenagern, fängt die weltberühmte Choreografin aus nächster Nähe ein - und das nur kurze Zeit vor Bauschs plötzlichem Tod. Die Annäherung an die scheue Gründerin und Leiterin des Wuppertaler Tanztheaters und ihre Akteure, mit denen sie die Produktion "Kontakthof" einstudierte, erlebte seine Uraufführung bei der Berlinale und wurde auf vielen Festivals gezeigt. Den Laien-Tänzern und ihren Gefühlen kommt sie mit der Kamera nah und schafft damit einfühlsame Portraits ganz normaler Jugendlicher in einer besonderen Situation. "Mit dem Preis soll ihre außerordentliche Lebensleistung gewürdigt werden", so die Begründung des Kuratoriums. Der Förderpreis geht an Roswitha Dasch. Die Musikerin studierte Violine an der Musikhochschule Köln und absolvierte eine private Gesangsausbildung. Sie beschäftigt sich intensiv mit jüdischer Kultur und Musik und steht seit Mitte der 80er Jahre mit verschiedenen Musikern auf der Bühne. "Roswitha Dasch besticht durch ihre künstlerische Vielseitigkeit - als Musikerin, Sängerin, Schauspielerin, Rezitatorin, Moderatorin und Pädagogin, kurz: Sie ist eine Allrounderin, ohne je beliebig zu sein", heißt es in der Begründung der Jury.

Der Kulturpreis der Stadt Wuppertal wird alle zwei Jahre verliehen, seit 2008 unter dem Namen Von der Heydt-Preis. Seit 1950 wurden über 100 Persönlichkeiten und Ensembles mit dem Kulturpreis ausgezeichnet, darunter Heinrich Böll, Alice Schwarzer, Pina Bausch,Tony Cragg und Tom Tykwer. Im Kuratorium des Preises sitzen acht fachkundige Bürger, die vom Kulturausschuss gewählt werden, und fünf Mitglieder, die von den Ratsfraktionen nominiert werden. Mit dem Preis werden Künstler ausgezeichnet, die durch ihr Leben und Wirken mit dem Bergischen Land verbunden sind. Der Von der Heydt-Preis ist mit 12.500 Euro dotiert, der Förderpreis mit 5.000 Euro. Die Preisverleihung ist für dieses Jahr vorgesehen.

Premieren im Oktober und November 2012

Trilogie der Sommerfrische Komödie von Carlo Goldoni Premiere 11. Oktober 2012 / Opernhaus Der Barbier von Sevilla (Il Barbiere di Siviglia) Commedia in zwei Akten von Gioachino Rossini in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln Premiere 20. Oktober 2012 Opernhaus Vom guten Ton – Die Welt ist voller Geplapper (Urauführung) Musiktheater für vier Singstimmen, vier Bläser und Zupforchester. Musik von Thomas Beimel, Text von Cornelie Müller Glückliche Reise Operette in 3 Akten von Eduard Künneke Text Max Bertuch und Kurt Schwabach Premiere 31. 10. 2012 Teo Otto Theater Remscheid, 18. 11. 2012 Opernhaus Käthe Hermann Schauspiel von Anne Lepper, Premiere 24. November 2012 Kleines Schauspielhaus


Festival 3B

Kammermusik in der Immanuelskirche. Jungstars der internationalen Klassikelite zu Gast in Wuppertal vom 22. – 28. Oktober 2012 Kammermusik pur! Ein Festival, das alle bisherigen Vorstellungen von Klassischer Kammermusik auf den Kopf stellt. Nach dem fulminanten Auftakt im Herbst 2011 findet das von der Wuppertaler Bratschistin Barbara Buntrock initiierte Festival zum zweiten Mal statt. Neben den vier Konzerten stehen für das Publikum ein öffentlicher Meisterkurs des Leipziger Streichquartetts und ein Rhythmus-Klang-Workshop, der sich an Erwachsene und Kinder ab dem Grundschulalter richtet sowie eine Late-NightLounge-Veranstaltung auf dem Programm. Neben dem Leipziger Streichquartett, das aktuell als eines der renommiertesten Kammermusikensembles weltweit gilt, sind Jungstars der internationalen Klassikelite zu

Barbara Buntrock. Foto: Sonja Werner

Gast, die allesamt bereits weltweit solistisch in den größten Konzerthäusern und auf den prominentesten Klassikfestivals spielen. Künstler des diesjährigen Festivals sind das Leipziger Streichquartett mit Stefan Arzberger (Violine), Tilman Büning (Violine), Ivo Bauer (Viola) und Matthias Moosdorf (Violoncello) sowie Alexandra Soumm (Violine), Agata Szymczewska (Violine), Erik Schumann (Violine), Werner Dickel (Viola), David Pia (Violoncello), Isang Enders (Violoncello), Kit Armstrong (Klavier), Julien Quentin (Klavier) und die Gastgeberin Barbara Buntrock (Viola). Vom 22. bis 28. Oktober kann man ihre Spielfreude und energiegeladenen Interpretationen in der Immanuelskirche in Wuppertal erleben. Veranstaltungsorte sind die Immanuelskirche Wuppertal, ein Konzertsaal, der für seine überragende Akustik international bekannt ist sowie die Hochschule für Musik und Tanz Köln, Abteilung Wuppertal. Alle Programminformationen über www. festival-3b.de www.festival-3b.de , Tickets über www.wuppertal-live.de www.wuppertal-live.de/ , die Wuppertaler Vorverkaufsstellen und die Abendkassen. Ausstellung im Skulpturenpark Waldfrieden Didier Vermeiren

vom 26. 10. 2012 bis 10. 3. 2013 In seinem gesamten Schaffen befragt Didier Vermeiren die Tradition der Skulptur und ihrer heutigen Möglichkeiten. Er gehört einer Generation von Künstlern an, die seit den 1970er Jahren im Rückgriff auf das Vermächtnis der Konzeptkunst und des Minimalismus an einer Neudefinition der Dialektik der Kunst gearbeitet haben. 1951 in Brüssel geboren erlangte Vermeiren in den 1980er Jahren internationale Bekanntheit durch Werke, die sich der Frage nach der Bedeutung der Skulpturen ausgehend von der Plinthe, auf der sie stehen, nähern. Vermeiren ist Professor an der Düsseldorfer Kunstakademie, die Ausstellung seine erste Einzelschau in Deutschland seit 1993 (damals Haus Lange, Krefeld). Im Skulpturenpark Waldfrieden, www. skulpturenpark-waldfrieden.de www. skulpturenpark-waldfrieden.de/ ; Öffnungszeiten März bis November Di – So von 10 bis 18 Uhr; Dezember bis Februar: Fr – So von 10 bis 17 Uhr

Didier Vermeiren, Étude pour l’Urne #2, 2008, plaster, painted wood, 210,5 x 124,5 x 124,5 cm, © Didier Vermeiren, ADAGP Sinfonieorchester Wuppertal Konzerte Oktober/November

So. 28. Oktober 2012, 11 Uhr 2. Sinfoniekonzert So. 4. November 2012, 11 & 15 Uhr Mendelssohn Saal 1. Familienkonzert FELIX UND FANNY AUF REISEN So. 11. November 2012, 11 Uhr 3. Sinfoniekonzert Do. 15. Nov. 2012, 10 & 12 Uhr Mendelssohn Saal 1. Schulkonzert DIE VIER JAHRESZEITEN Mo. 19. November 2012, 20 Uhr Mendelssohn Saal 1. Kammerkonzert

Osthaus Museum Hagen

Norbert Frensch – MalereI AM RAND DER SICHTBARKEIT In Duisburg und Hagen eröffnete am Wochenende eine Ausstellung in grau und schwarz. Es sind die Farben des Frankfurter Malers Norbert Frensch Mehr als ein Jahrzehnt lang glich Norbert Frenschs Atelier einer Dunkelkammer – er wollte der Malerei bis an den Rand der Sichtbarkeit folgen. Frensch (Jahrgang 1960) malte mit Ölfarbe und spiegelnder Harzlasur ein einziges Motiv: eine schlichte,

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Kulturnotizen

Blick in die Ausstellung mit Werken von Norbert Frensch im Osthaus Museum Hagen 2012 (© 2012 VG Bild-Kunst Bonn, Fotografie: Heike Wippermann, Hagen ) in tiefe Nacht getauchte, silbrig schimmernde Schale, in deren Oberfläche sich letzte Reste des Lichts zu verfangen scheinen. Das Museum DKM in Duisburg und das Osthaus-Museum Hagen widmen Norbert Frensch jetzt eine zweiteilige Werkschau. Neben den zwischen 1992 und 2004 entstandenen schwarzen Bildern umfasst sie vor allem die 2004 begonnene graue Serie. In ihr beschränkt sich Frensch ebenfalls auf wenige Motive: Auf den Gemälden einer Werkreihe sind abwechselnd helle und dunkle Farbstreifen zu sehen, die Licht und Schatten in meditative Bahnen lenken. Im privaten Museum DKM, das Frensch einen ständigen Künstlerraum eingerichtet hat, sind rund 20 schwarze und graue Bilder zu sehen. Das Osthaus-Museum zeigt etwa 50 Werke, darunter ein fast 16 Meter messendes, für das Haus konzipiertes Breitwandgemälde, zahlreiche Papierarbeiten, die „Lasuren“, und einige selten gezeigte, vor 1992 entstandene abstrakte Bilder. Termin: bis 26. 11. im Museum DKM / bis 30. 9. im Osthaus Museum www.osthausmuseum.de Klaus-Peter Kirchner „Herzensschatzi komm!“

Bilder, Objekte und Installationen Kunstmuseum Ahlen 28. Oktober 2012 – 20. Januar 2013 Ausgangspunkt für das aktuelle Schaffen Klaus-Peter Kirchners sind Selbstäußerungen von Frauen, die im 19. und frühen 20. Jahrhundert zeitweilig in psychiatrischen Anstalten lebten und sich mit der Erschaffung eigener Weltbilder gegenüber den totalitären Institutionen zu behaupten suchten. Bereits von den Surrealisten rezipiert, reflektiert Kirchner in der Ausstellung über

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das Verhältnis von bildnerischem Schaffen und Emotion, Ästhetisierung als Überlebensprinzip und das Wesen der Kunst. „Herzensschatzi komm!“ „Herzensschatzi komm!“ Mit diesem dringenden Wunsch hat Emma Hauck, Anfang des 20. Jahrhunderts Insassin der Psychiatrischen Klinik Heidelberg, in Briefen an ihren Mann vergeblich Blatt um Blatt gefüllt. Als sie im Februar 1908 erstmals in die Einrichtung kam, war sie seit viereinhalb Jahren verheiratet und Mutter zweier kleiner Kinder. Kurz nach ihrer Entlassung wurde sie für unheilbar krank erklärt und in die Heilanstalt bei Wiesloch eingewiesen. Dort starb sie 1920 im Alter von 42 Jahren. Aus den Briefen der Emma Hauck sprechen die Sehnsucht nach Zuwendung und das Leiden an den Geschlechterrollen

der damaligen bürgerlichen Gesellschaft. Einige der zahlreichen eng beschriebenen Blätter bestehen aus unleserlichen Wortreihen, die abstrakte grafische Strukturen bilden und einer modernen Bildsprache ähneln. Neben vielen anderen solcher ästhetischen Äußerungen von psychisch Kranken haben die Blätter Eingang in die berühmte Sammlung Prinzhorn gefunden. Von dem an der Heidelberger Klinik arbeitenden Arzt und Kunsthistoriker Hans Prinzhorn zusammengetragen, wurden sie 1922 unter dem Titel „Bildnerei der Geisteskranken“ veröffentlicht. Die Publikation weckte unter den Avantgarde-Künstlern jener Zeit große Aufmerksamkeit. Vor allem den Surrealisten galt sie als eine Art Bibel. Dessen Vertreter sahen in der Sammlung einen Akt der Befreiung von gesellschaftlichen Konventionen; sie hielten die Bilder für einen unverfälschten Ausdruck individuellen Gestaltungswillens. Der in Berlin und Soest lebende Künstler Klaus-Peter Kirchner hat sich in seinem aktuellen künstlerischen Schaffen eingehend mit Selbstäußerungen von Frauen beschäftigt, die um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert in psychiatrischen Einrichtungen lebten und sich mit der Erschaffung

eigener Weltbilder gegenüber den totalitären Institutionen zu behaupten suchten. Diese autonomen Individualisierungsbestrebungen äußern sich auch in den Anagrammen der surrealistischen Autorin Unica Zürn, Lebensgefährtin von Hans Bellmer, die unter Schizophrenie litt. Insbesondere aus ihrer produktiven Lust an der Zerstörung von Wörtern und Sinn – die Gedichte bestehen Zeile für Zeile aus denselben, immer wieder anders zusammen gesetzten Buchstaben – schöpft Kirchner für die Ent-wicklung einer neuen Formensprache. Mit hohem Assoziationspotential aufgeladene Bilder, Objekte, Zeichen und Symbole löst er aus ihrem ursprünglichen Kontext, um sie in völlig neue Zusammenhänge zu setzen. Die in den letzten Jahren entstandenen Arbeiten sind eindringliche Plädoyers für künstlerische Freiheit. Angeregt von den Ergebnissen seiner Kurse für künstlerisch begabte Menschen mit geistiger Beeinträchtigung, rührt Kirchner mit seinen Werken an existentielle Befindlichkeiten als Quelle der Kreativität. Eigens für die Ausstellung im Kunstmuseum Ahlen geschaffene Bilder, Objekte und Installationen treten mit älteren Arbeiten in einen Dialog und eröffnen Räume für umfassende ästhetische Erlebensmomente. Klaus-Peter Kirchner fragt nach dem Ursprung der Bilder und dem Wesen der Kunst, nach der Grenze zwischen Norm und Abweichung und nach dem Verhältnis von Ästhetik und Emotion. Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher zweibändiger Katalog. Museum Schloß Moyland KUNST. BEWEGT. 02

Joseph Beuys und der Schwan 29. September 2012 bis März 2013 Mit dieser Präsentation stellt das Museum Schloss Moyland ein rätselhaftes und

Joseph Beuys, abgestürzter Schwan, 1959 © VG Bild-Kunst, Bonn 2012


vielschichtiges Thema aus dem Schaffen von Joseph Beuys vor. Dem Schwan kam bereits in der Antike, der germanischen Mythologie, aber auch für die Stadt Kleve, in der Joseph Beuys aufgewachsen ist, große Bedeutung zu. Zeitgleich erscheint im Richter Verlag, Düsseldorf, die Publikation von Heribert Schulz „Joseph Beuys und der Schwan“. Stiftung Museum Schloss Moyland Sammlung van der Grinten Joseph Beuys Archiv des Landes Nordrhein-Westfalen Am Schloss 4, 47551 Bedburg-Hau www.moyland.de/ausstellungen Städt. Galerie Villa Zanders Salonstücke RELOADED

Künstlerräume 28. 9. 2012 – 13. 1. 2013 Dieter Froelich, Tina Haase, Karin Hochstatter, Anette Lauer, Axel Lieber, Andrea Ostermeyer, Klaus Schmitt, Heike Weber

Anette Lauer, Salonstücke 4, 1996 (© VG Bild-Kunst, Foto: D. Janecek) In den neunziger Jahren fanden unter dem Titel „Salonstücke“ Rauminstallationen im Grünen Salon der Städtischen Galerie Villa Zanders statt. Mit diesen Installationen machte das neu eröffnete Museum sich seinerzeit in Kunstkreisen schnell einen Namen. Zahlreiche Magazine druckten die eindrucksvollen Werke ab, so dass das großbürgerliche Ambiente im Kontrast mit zeitgenössischer Kunst überregional publik wurde. Die Künstlerinnen und Künstler standen damals am Anfang ihrer Karriere, heute gehören sie zur internationalen Avantgarde. Zum zwanzigjährigen Jubiläum der Städtischen Galerie Villa Zanders knüpfen wir an diese erfolgreiche Reihe mit einer Neupräsentation der damaligen Teilnehmer an. Gezeigt werden Skulptur, Malerei, Zeichnung und Video sowie neue raum-

bezogene Werke, in denen sowohl eine Kontinuität zum ehemaligen Salonstück als auch der innovative Ansatz eines jeden Werkes spürbar wird. Eintritt: 4 Euro / ermäßigt 2 Euro Städtische Galerie Villa Zanders Konrad - Adenauer - Platz 8 51465 Bergisch Gladbach www.villa-zanders+de

Der neue Pina BauschKalender Fotografien von Jochen Viehoff

Bausch Tanztheater Wuppertal 2013 Pina

Museum Ostwall Dortmund Fluxus

Zwei Ausstellungen im Dortmunder U In diesem Jahr wäre der amerikanische Komponist John Cage 100 Jahre alt geworden, zudem gab es vor 50 Jahren erstmals Fluxus-Konzerte in Deutschland. Beides ist Anlass genug, das Dortmunder U mit zwei Ausstellungen vom 25. August 2012 bis zum 6. Januar 2013 ganz unter das Zeichen von Fluxus und John Cages Einfluss auf zeitgenössische Künstler zu stellen. Das Museum Ostwall zeigt mit FLUXUS – Kunst für Alle! ein variationsreiches Spektrum künstlerischen Schaffens aus dem Fluxus-Zusammenhang. Mit der Präsentation von Werken aus der Sammlung Feelisch und der Sammlung Braun/Lieff werden erstmals zwei umfassende Kollektionen mit dem Schwerpunkt Fluxus zusammengebracht.

Milan Knížák: Ein fliegendes Buch (Flying Book), 1965/70 - Exponat der Sonderausstellung „FLUXUS - Kunst für Alle!“ im Museum Ostwall. Bildlizenz: Alle Rechte vorbehalten VG BILD-KUNST, Bonn 2012 / Foto: Jürgen Spiler Leonie-Reygers-Terrasse, 44137 Dortmund www.dortmund.de/de/freizeit_und_ kultur/museen/museum_ostwall

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Kulturnotizen

Paul Cézanne (1839–1906), Stillleben mit Äpfeln, 1893/94, The J. Paul Getty Museum, Los Angeles Wallraf-Richartz-Museum Köln 1912 – Mission Moderne

Noch bis zum 30. Dezember 2013 Die Jahrhundertschau des Sonderbundes. Große Retrospektive mit van Gogh, Gauguin, Picasso, Munch & Co Vor 100 Jahren fand in Köln eine der wichtigsten Ausstellungen der jüngeren

Kunstgeschichte statt. Die heute legendäre Kölner Sonderbundausstellung war im Sommer 1912 angetreten, dem konservativen Kaiserreich die moderne Kunst nahe zu bringen – mit durchschlagendem Erfolg. Die Schau wurde in Deutschland zum wichtigsten Wegbereiter für die Moderne. Qualität und Quantität der Exponate waren atemberaubend. Rund 650 Kunstwerke – darunter alleine 130 Gemälde von van Gogh, 26 von Cézanne, 25 von Gauguin, 32 von Munch und 16 von Picasso – waren in der eigens für die Schau errichteten Ausstellungshalle zu sehen. Das Spektrum der ausgestellten Kunst reichte vom Postimpressionismus bis hin zum deutschen Expressionismus, den jungen Malern der Brücke und des Blauen Reiters. Anlässlich des Jubiläums der Sonderbundausstellung zeigt das Wallraf mit „1912 – Mission Moderne“ bis zum 30. Dezember 2012 einen spektakulären Rückblick auf diese Jahrhun-

Henri-Edmond Cross, Die Lichtung, 1906/07, Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud, Köln dertschau. Mit mehr als hundert Meisterwerken, die damals zu sehen waren, wird die ursprüngliche Ausstellung in ihren Schwerpunkten und Zielsetzungen rekonstruiert. Die hochkarätigen Exponate kommen aus der ganzen Welt nach Köln. www.wallraf.museum

„Ein Bild ohne Rahmen ist wie eine Seele ohne Körper“ Vincent van Gogh

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Kunstsammlung NRW

des Baus am Grabbeplatz 1986 alle 100 Werke gemeinsam der Öffentlichkeit präsentiert. Die einzigartige Möglichkeit, dem Publikum die vollständige Kollektion zu zeigen, bietet neue Erkenntnisse. Die Ausstellung „100 x Paul Klee – Geschichte der Bilder“ eröffnet am 28. September 2012 in K21 Ständehaus. Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Grabbeplatz 5, 40213 Düsseldorf www.kunstsammlung.de

100 x Paul Klee

29. September 2012 bis zum 10. Februar 2013 im K21 Die Paul Klee-Sammlung in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen gehört zu den umfangreichsten Beständen mit Arbeiten dieses Künstlers in Deutschland. Den Grundstock für den Düsseldorfer Bestand bildeten 88 Werke, die das Land Nordrhein-Westfalen im Jahr 1960 erworben hatte. Heute zählt die Samm lung 100 Arbeiten, die regional Paul Klee, und international einen bedeutenden Anziehungspunkt darstellen. Noch nie wurden in Düsseldorf seit Errichtung

Kleinode, 1937,214 (U 14), Kleisterfarbe auf Baumwolle auf Jute, Umrandung mit Kleisterfarbe, auf Keilrahmen, 57,6 x 76,5 x 2,1 cm, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, erworben 1960

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