Over dit boek Dit is een digitale kopie van een boek dat al generaties lang op bibliotheekplanken heeft gestaan, maar nu zorgvuldig is gescand door Google. Dat doen we omdat we alle boeken ter wereld online beschikbaar willen maken. Dit boek is zo oud dat het auteursrecht erop is verlopen, zodat het boek nu deel uitmaakt van het publieke domein. Een boek dat tot het publieke domein behoort, is een boek dat nooit onder het auteursrecht is gevallen, of waarvan de wettelijke auteursrechttermijn is verlopen. Het kan per land verschillen of een boek tot het publieke domein behoort. Boeken in het publieke domein zijn een stem uit het verleden. Ze vormen een bron van geschiedenis, cultuur en kennis die anders moeilijk te verkrijgen zou zijn. Aantekeningen, opmerkingen en andere kanttekeningen die in het origineel stonden, worden weergegeven in dit bestand, als herinnering aan de lange reis die het boek heeft gemaakt van uitgever naar bibliotheek, en uiteindelijk naar u. Richtlijnen voor gebruik Google werkt samen met bibliotheken om materiaal uit het publieke domein te digitaliseren, zodat het voor iedereen beschikbaar wordt. Boeken uit het publieke domein behoren toe aan het publiek; wij bewaren ze alleen. Dit is echter een kostbaar proces. Om deze dienst te kunnen blijven leveren, hebben we maatregelen genomen om misbruik door commerciële partijen te voorkomen, zoals het plaatsen van technische beperkingen op automatisch zoeken. Verder vragen we u het volgende: + Gebruik de bestanden alleen voor niet-commerciële doeleinden We hebben Zoeken naar boeken met Google ontworpen voor gebruik door individuen. We vragen u deze bestanden alleen te gebruiken voor persoonlijke en niet-commerciële doeleinden. + Voer geen geautomatiseerde zoekopdrachten uit Stuur geen geautomatiseerde zoekopdrachten naar het systeem van Google. Als u onderzoek doet naar computervertalingen, optische tekenherkenning of andere wetenschapsgebieden waarbij u toegang nodig heeft tot grote hoeveelheden tekst, kunt u contact met ons opnemen. We raden u aan hiervoor materiaal uit het publieke domein te gebruiken, en kunnen u misschien hiermee van dienst zijn. + Laat de eigendomsverklaring staan Het “watermerk” van Google dat u onder aan elk bestand ziet, dient om mensen informatie over het project te geven, en ze te helpen extra materiaal te vinden met Zoeken naar boeken met Google. Verwijder dit watermerk niet. + Houd u aan de wet Wat u ook doet, houd er rekening mee dat u er zelf verantwoordelijk voor bent dat alles wat u doet legaal is. U kunt er niet van uitgaan dat wanneer een werk beschikbaar lijkt te zijn voor het publieke domein in de Verenigde Staten, het ook publiek domein is voor gebruikers in andere landen. Of er nog auteursrecht op een boek rust, verschilt per land. We kunnen u niet vertellen wat u in uw geval met een bepaald boek mag doen. Neem niet zomaar aan dat u een boek overal ter wereld op allerlei manieren kunt gebruiken, wanneer het eenmaal in Zoeken naar boeken met Google staat. De wettelijke aansprakelijkheid voor auteursrechten is behoorlijk streng. Informatie over Zoeken naar boeken met Google Het doel van Google is om alle informatie wereldwijd toegankelijk en bruikbaar te maken. Zoeken naar boeken met Google helpt lezers boeken uit allerlei landen te ontdekken, en helpt auteurs en uitgevers om een nieuw leespubliek te bereiken. U kunt de volledige tekst van dit boek doorzoeken op het web via http://books.google.com
Über dieses Buch Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Regalen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfügbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde. Das Buch hat das Urheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch, das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist. Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei – eine Erinnerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat. Nutzungsrichtlinien Google ist stolz, mit Bibliotheken in partnerschaftlicher Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nichtsdestotrotz ist diese Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch kommerzielle Parteien zu verhindern. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen. Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien: + Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche für Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden. + Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials für diese Zwecke und können Ihnen unter Umständen helfen. + Beibehaltung von Google-Markenelementen Das "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht. + Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein, sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben. Über Google Buchsuche Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser Welt zu entdecken, und unterstützt Autoren und Verleger dabei, neue Zielgruppen zu erreichen. Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter http://books.google.com durchsuchen.
437 - /
Das Leben des
Johann Amos Comenius, Bischofs der böhmischen Brüderkirche, (nach palact )
und defen / Testament der sterbenden Mutter der Brüder-Unität.
Aus dem Böhmischen übersetzt.
Leipzig. C. H. Reclam sen. 1866.
Das „Ceßen des
Johann Amos Comenius.
---
Johann Amos Comenius gehört zu den merk
würdigsten Männern aller Zeiten. In einem geringen Ort geboren, und sein ganzes Leben hindurch von vielfältigem Unglück wunderbar verfolgt, zeichnete er sich doch immer so aus, daß er nicht nur in seinen Tagen bei allen gebildeten Völkern laut und rühmend genannt wurde, son dern auch bis jetzt unter den Wohlthätern der
Menschheit dankbar erwähnt zu werden pflegt, so wie auch noch heutiges Tages sein Name dem
kindlichen Alter in den Schulen fortwährend will kommen ist. Bei einem so weit verbreiteten Ruf scheint es von geringerem Gewicht zu sein, daß er der letzte Bischof der Unität der böhmischen und mährischen Brüder war, und daß in der
6
Literatur unters Volkes ihm bis jetzt keiner in
kerniger und lebendiger Schreibart gleichkommt; uns jedoch macht ihn schon dies allein, neben seinen andern Verdiensten, der Erwähnungwerth. Unser Comenius wurde geboren in Mähren, in dem Städtchen Nivnitz in der Herrschaft Ostrau,“) nicht weit von Ungarisch-Brod, im
Jahre 1592, den 28. März. Seine Aeltern be kannten sich zur Unität der böhmischen Brüder, welche in jener Gegend viele Mitglieder zählte, und ihrer Kirche, so wie der Literatur unters Volks schon mehr als einen ausgezeichneten Mann, wie zum Beispiel Johann Blahoslav, (gest. 1571) gegeben hatte. Der Vater des Comenius, der
ein Müller war, ging nebst einer Gattin noch während der Kinderjahre ihres Sohnes aus der
*) Gewöhnlich hält man das DorfKomna in der Herr chaft Světlau für seinen Geburtsort; aber G. K. Rieger, welcher unter den alten Schriftstellern die genauesten Nach richten über Comenius hatte, nennt Nivnitz, was auch wahr scheinlicher ist. Vielleicht stammte das Geschlecht des Come nius aus Komna. Ostrau war ein alter Sitz der böhmischen Brüder, wo sie auch eine Druckerei hatten. Comenius selbst nannte sich Hunnobrodensis Moravus, da Nivnitz nur eine Stunde von Ungarisch-Brod entfernt ist.
7
Zeit; doch hinterließen sie ihrem verwaisten Sohne ein Vermögen, das, wie es scheint, zu einer wei teren Erziehung hinreichend war. Dazu hatte ihm auch die Natur reichlich ihre schönsten Gaben mitgetheilt; ein sanftes und klares Gemüth, nach Kenntniffen begierig, ein lebendiges und tiefes Gefühl, ein Herz, inbrünstig im Vertrauen und in der Liebe zu Gott und den Menschen, und einen Willen, ebenso eifrig und thätig, als fest und unerschrocken. Aber als ob dem Schicksal diese ihm bewiesene Freigebigkeit leid thäte, wurde er schon von Kindheit an durch allerlei Unglücks fälle verfolgt und bedrängt, so daß sein ganzer Lebenslauf einer Schiffahrt auf einem unruhigen Meere gleicht, wobei ein jedes Schiffzertrümmert wurde, das ihm hätte Zuflucht gewähren können, bis ihm endlich erst an den westlichen Enden der Welt im Grabe Ruhe vergönnt ward. Die Vormünder des Comenius sorgten auf keine Weise für seine Erziehung. Kaum hatte er sich zu Hause die Anfangsgründe des Lernens angeeignet, so wuchs er heran als ein sich selbst überlassener Knabe, ohne einen bestimmten Beruf vor sich zu haben, sondern beliebig allerlei Be
8
schäftigungen ergreifend, die er jedoch immer bald wieder verließ. Erst im sechzehnten Jahre seines Alters (im Jahre 1608) erwachte in ihm ein un widerstehliches Verlangen nach höherer Bildung und Wissenschaft und trieb ihn in die lateinische Schule, obgleich es unmöglich ist zu bestimmen, wo und in welcher Schule er damals zu studieren anfing. Eine solche Verspätung im Lernen, be sonders der lateinischen Sprache, welche damals,
wie auch noch heutigen Tages, für die wichtigste galt, und doch auf eine ziemlich unverständige, ja der Natur widerstrebende Weise behandelt wurde, schlug später unerwartet zum Besten der Wissenschaft selbst aus. Da sich nämlich Comenius der für Kinder bestimmten Zucht in den Schulen
bei schon gereifterem und gefeilterem Verstande unterwarf, konnte er nicht umhin, den Unverstand und die Ungeschicklichkeit der damals allgemein herrschenden Weise des Unterrichts lebhaft zu fühlen; dies machte ihn später zu dem großen Erneuerer der ganzen Didaktik. Nachdem er sich zum Dienst in der Kirche der Brüder-Unität entschloffen hatte, mußte er zur Erwerbung von weiterer Bildung und Er
9
fahrung, besonders in den theologischen Wiffen schaften nach der Ansicht der reformierten Kirche, sich in die Fremde begeben. Dort studierte er zuerst in der Stadt Herborn, im Herzogthum Naffau, bis zum Jahr 1612; von Herborn wandte er sich nach der Universität Heidelberg, wo er sich jedoch nicht lange aufhielt; denn nachdem er seine Studien abgethan hatte, begab er sich auf den Weg nach den westlichen Ländern am Meere, und vielleicht auch über das Meer nach England;
bei der Gelegenheit kam er im Jahre 1614 als zweiundzwanzigjähriger Jüngling zum
ersten
Mal nach Amsterdam, indem er ohne Zweifel nicht daran dachte, daß diese berühmte und leb
hafte Stadt einmal für ihn, als einen überall verfolgten Greis, der letzte Zufluchtsort werden sollte.
Mit einem ungewöhnlichen Vorrathvon Kennt niffen, die er in der Fremde gesammelt, aber auch mit um so heißerem Verlangen, sie zu Hause zu ergänzen und zu erweitern, kehrte Comenius noch in demselben Jahre (1614) nach seinem Va terland, Mähren, zurück. Da er wegen seiner
Jugend noch nicht zur Führung eines kirchlichen
Amtes in der Brüder-Unität geeignet war, wurde er von dem großen Gönner und Förderer ge lehrter Männer und vornehmsten Vertreter der
Brüder-Unität, Herrn Carl dem Aelteren von
Zerotin, der damals noch Landeshauptmann der Markgrafschaft Mähren war, nach einer Stadt Prerau zum Vorsteher der Brüderschule berufen, welche daselbst schon seit langer Zeit blühte. Da ihm nun noch eine eigenen Erlebnissein den Schulen erinnerlich waren, und da er der ihm anvertrauten
Jugend zu etwas Befferem verhelfen wollte, fing er an über eine Unterrichtsweise nachzudenken, mittelst welcher den Schülern größere und wichtigere Kennt niffe mit geringerer Beschwerde beigebracht wer den könnten; denn er gründete nun gewissermaßen die erste Realschule. Von seinen Abhandlungen, die er zu diesem Zweck zu schreiben anfing, wurde eine im Jahre 1616 in Prag dem Druck über geben, nämlich eine neue und leichtere Unter weisung zur Erlernung der lateinischen Sprache, welche aber wohl kaum mehr irgendwo in Biblio theken zu finden ist. Da Comenius indessen im
Jahre 1616 das vierundzwanzigste Jahr seines Alters erreicht hatte, wurde er zu einem Geist
11
lichen der Brüder-Unität ordiniert und zum Pre digtamt berufen. obgleich nicht möglich ist zu sagen, an welcher Gemeine, und so wurde er von der Beschäftigung bei der Schule abgezogen. Bald aber wandte er sich derselben wieder zu, als er im Jahre 1618 an die Gemeine zu Ful
nek, dem hauptsächlichten und ältesten Sitz der böhmischen Brüder in Mähren, als Prediger und Aufseher der dort neu eingerichteten Schule begehrt wurde. Hier genoß Comenius endlich während einer kurzen Zeit seines Lebens ein ungetrübtes Glück, indem er in der Ehe lebte und in einem
würdigen und achtbaren Kreis durch eine Thä tigkeit den Leuten jener Gegend allerlei Wohl thaten, Rath und Hülfe, besonders was die Ver besserung ihres Lebensunterhalts und der Land wirthschaft betraf, zukommen ließ. Denen, die mit der Geschichte unters Vater landes bekannt sind, braucht man nicht weitläufig auseinanderzusetzen, welche Begebenheiten und
Umstände damals sowohl das häusliche als auch das öffentliche Glück nicht nur des Comenius, sondern auch einer nicht zu zählenden Menge seiner Mitbrüder für immer zu Grunde richteten.
12
Die Stände unter beiderlei Gestalt (sub utraque)
in Böhmen und in Mähren empörten sich mit Gewalt gegen die unerträgliche und listige Unter drückung ihrer Parthei und erregten einen Bür gerkrieg, welcher nach der Schlacht am weißen Berge (den 8. Nov. 1620) blutig auf ihre eigenen Häupter zurückfiel. Von allen mährischen Herren war nur der einzige edle Carl von Zerotin, das Haupt der Brüder-Unität, seinem Könige treu geblieben. Der siegreiche König strafte das Ver: gehen der Stände unter beiderlei Gestalt mit maßloser Strenge; alle, ohne Ausnahme, erfuhren die härtesten Schicksale. Im Jahre 1621 fiel ein
spanisches Kriegsheer, das dem Kaiser Ferdinand zu Hülfe geschickt war, nicht weit von Fulnek ein, plünderte und verbrannte die Stadt. Bei
dieser Gelegenheit verlor Comenius eine ganze Habe, seine Bücher, und, was ihm schmerzlicher als dies war, auch seine Handschriften, welche er bis dahin zur Verbesserung der Erziehung der Jugend und für andere Zwecke verfertigt hatte. Dies war der Anfang seiner Trübsal und seiner Leiden. Gewiß bald darauf, nämlich im Jahre 1622, wurde er gezwungen, seine Gemeine zu
13
verlassen, weil den Brüdergeistlichen überallzuerst und immer strenger die Freiheit des Gottesdienstes
genommen wurde. Nur Herr Carl von Zerotin genoß indeß die frühere Freiheit aufallen seinen ausgedehnten und ergiebigen Herrschaften, so daß dieBrüdergeistlichen,von andern Orten vertrieben, überall bei ihm Zuflucht suchten; von diesen nahm er bis zur Zahl von vierundzwanzig bereitwillig bei sich auf, und ernährte sie auf seinen Gütern liebreich und großmüthig.") Unter diesen war
*) In dem Zeitraum von 1526 bis 1620(sagt Safarik, Geschichte der slawischen Sprache und Literatur 1826, Seite 334) hat die vaterländische Literatur den böhmischen Brü dern ohne Zweifel das Meiste zu verdanken. Da wohl habende Beschützer an ihrer Spitze fanden, vergaßen sie nicht ihre Muttersprache, in welcher sie ihre Gottesdienste ver richteten, mit großer Sorgfalt auszubilden, zu verfeinern und zu erweitern. Und auf diese Weise erwarben sich die
Barone Johann und Carl Zerotin, Vater und Sohn, als die größten Beschützer und Förderer der Bildung und Wahr heit in ihrem Vaterland, einen unvergänglichen Ruhm. Unter ihrem mächtigen Schutz und durch ihre unerhörte Freigebigkeit verwandelten die Brüder das ganze mährische Vaterland in eine Werkstätte der Literatur unseres Volkes. Die Uebersetzung der ganzen Bibel nebst Auslegung in 6 Bänden in 49 (in Kralitz 1579–1593), von den Brüdern verfaßt, und die Werke des Comenius schließen die tausend
14
Comenius, welcher bei diesen schrecklichen Be drängniffen zu seinen andern Unglücksfällen noch seine liebe Gattin und zwei Kinder verloren hatte.
-
Im Jahr 1623, da er grade nichts zu thun hatte, und doch nicht müßig gehen wollte, machte er sich daran, jenes liebliche Buch zu seinem
Trost zu schreiben, welches bis auf den heutigen Tag allen Böhmen und Mähren bekannt ist: Das Labyrinth der Welt, und das Paradies des Herzens (Labyrintsvětaarajsrdce),nämlich eine Allegorie des menschlichen Lebens, wie Alles darin eitel ist, außer der rechten Frömmigkeit des Herzens, worin er, unter dem Bild einer Wan derung durch die Welt, den Gang und die Art aller irdischen Dinge lebendig schildert.“) Im Jahr 1624 wurde Herrn Carl von Ze rotin von kaiserlichen Commiffaren,die dazu ein
gesetzt waren, streng eingeschärft, daß er keine jährige böhmische Literatur ab, indem sie die Stufe der Ausbildung bezeichnen, welche dieselbe erreichte; denn bald darauf ging leider so schnell. Alles rückwärts. *) Das Labyrinth der Welt wurde jedoch erst in Liffa 1651, in 49, in Druck gegeben.
15
Brüdergeistlichen mehr auf seinen Gütern beher bergen solle. Und wie kräftig dieser Herr auch das Recht, das ihm seine Unschuld und seine Freiheit gaben, beidem Kaiser selbst suchte, so richtete er doch nichts aus, so daß der größte Theil dieser Geistlichen, und unter diesen auch Comenius, seine Herrschaften verließen, und indem fie sich in ihrem Vaterland in Wäldern, Felsen und Höhlen verbargen, in beständiger Gefahr, daß sie ergriffen, und, wie es oft. Vielen erging, blutig gestraft wurden, ein elendes Leben führten. Während einer solchen Unruhe und Verfolgung von allen Seiten, schrieb Comenius im Jahr 1625 seine zweite böhmische Schrift, unter dem Titel: Der Mittelpunkt der Sicherheit (Hlubina bezpečnosti, lat. centrum securitatis)“)
Obgleich nun Comenius in beständiger Ge fahr vor seinen Feinden war, vergaß er indeß doch nicht, noch heimlich eine verlaffene Gemeine zu besuchen und sie mit den Sakramenten zu be dienen. Das Jahr darauf (1626) richtete er auch in Angelegenheit der Brüder-Unität eine *) Der Mittelpunkt der Sicherheit kam in Liffa heraus, 1632, in 12, und hat denselben frommen Zweck.
16
Botschaft nach Polen aus, obgleich es sich nicht bestimmen läßt, was der Zweck war. Es scheint aber nicht, daß es die Auswanderung der Brüder nach Polen war, denn da sie immer noch die Hoffnung hegten, daß die Zeitum stände doch noch einmal für sie eine bessere Wendung nehmen würden, wollten sie gar nicht an das gänzliche Verlaffen ihres Vaterlandes denken. Als Comenius damals durch Görlitz reiste, machte er Bekanntschaft mit Kotter, dem berüchtigten Propheten jener Zeit, einem Gerber aus Sprottau in der Lausitz, der ihm später durch seine Prophezeihungen so viel zu schaffen machte.
Aus Polen zurückgekehrt, hielt er sich meist beim Riesengebirge auf, auf den Gütern des Herrn Georg Sadovsky von Slaupno, welcher in Böh
men auf gleiche Weise, wie Herr von Zerotin in Mähren, die böhmischen Brüder muthig hegt und beschützte.
-
Erst zu Anfang des Jahres 1628 verloren die Brüder allen Schutz im Vaterland, als schon nicht nur Herr Sadovsky, sondern selbst auch Herr
Carl von Zerotin aus dem Lande verwiesen wurde, und dieselben sich zum Gehen in die
17
Verbannung anschickten. Comenius, welcher die Zeit hindurch sich treulich zu seinem ehrwürdigen Schwiegervater, Johann Cyrill, vormals (1618 bis 1621) Aeltesten der Brüder-Unität beim Prager Consistorium, gehalten hatte, verließ mit ihm und mit Herrn Sadovsky, mit der berüchtigten Christina Poniatovska und mit einigen andern Geistlichen gegen Ende Januar 1628, im strengen Winter, sein Vaterland für immer. Als sie an der Grenze angekommen waren, welche Böhmen von Schle fien trennt, fielen sie. Alle auf die Kniee, und baten Gott den Herrn schluchzend und mit vielen Thränen, daß er doch eine Barmherzigkeit nicht gänzlich von ihrem lieben Vaterlande abwenden, noch den Samen seines Wortes in demselben
ganz unterdrücken lassen wolle. Den 8. Februar kamen sie in Polnisch-Liffa an, wo sie sich einen Ort für ihre Verbannung ausgesucht hatten. Liffa, eine Stadt im jetzigen Großherzogthum Posen, nicht weit von der schlesischen Grenze,
gehörte
damals Herrn Raphael, Grafen von Liffa, Herzog von Beelitz, einem angesehenen polnischen Herrn der die Verbannten auf einen ausgedehnten Herrschaften menschenfreundlich aufnahm, und
18
ihnen viele Wohlthaten erwies. Bald darauf strömte eine Menge anderer Verbannter aus Böhmen und Mähren nach Liffa zusammen, so
daß daselbst eine ganze, zahlreiche böhmische Nie derlaffung entstand, und indem sie sich unter den Ihrigen befanden, vergaßen sie, daß sie in der Verbannung seien. Da Comenius bei einer so großen Anzahl
von Brüdergeistlichen in Liffa nichts zu thun hatte, so übernahm er die Leitung des Gymna fiums in Liffa, und trat selbst als Lehrer auf Da fing er aufs neue an, und zwar gründlicher
wie bisher, sich mit seinen didaktischen Studien zu beschäftigen. Er schrieb zuerst, und zwar ur
sprünglich in böhmischer Sprache, drei Bücher, welche erst später ins Lateinische und Deutsche übersetzt und herausgegeben wurden. 1. Die große Didaktik“), 2.Die Schule der Kindheit (Mutterschule),3. Die volksthümliche Schule, in drei Abschnitte getheilt. In diesen Büchern
*) Die Didaktik ist die Lehre davon, welche Weise man beim Unterricht überhaupt beobachten soll, (bei Comenius aber zugleich die ganze Pädagogik).
19
zeigte und tadelte Comenius sehr gründlich die Mängel der damaligen Schulen und Hörsäle. Die didaktische Regel, daß die Sprache nicht ohne die Sache gelehrt werden darf, gab Come nius Gelegenheit zu weiterem Nachdenken über die natürliche Verbindung, welche zwischen den Worten, als Zeichen für das menschliche Ge
dächtniß, und den Sachen, oder Gegenständen der menschlichen Erkenntniß, stattfindet.
Den Anfang einer solchen Arbeit, für das Bedürfniß der Kinder in der Schule, besonders zur leichteren Erlernung der lateinischen Sprache, hatte er schon im Jahre 1629 geschrieben, und ließ ihn dann auf Begehren seiner Freunde im Jahre 1631 unter dem Titel: „Die Thüre der
Sprachen aufgeschlossen“ (Janua linguarum reserrata) in Liffa drucken. Kaum war dies Buch herausgekommen, als demselben fast von Allen, Gelehrten und Ungelehrten, unerhörtes Lob zu
Theil wurde, und dasselbe nicht nur häufig in Schulen eingeführt, sondern auch in fremdeSprachen
übersetzt wurde, so daß man heutiges Tages von keinem andern Buch in der Welt weiß, die hei
lige Schrift ausgenommen, daß daffelbe so unter 2
20
die Völker verbreitet, so oft von neuem gedruckt, gelesen und studiert worden wäre. Denn nicht nur wurde es zehn Jahre nach seinem ersten Er scheinen in alle europäischen Sprachen, sondern auch in einige asiatische, wie z. B. ins Arabische,
Türkische, Perfische und Mongolische übersetzt, sondern auch bis auf den heutigen Tag ist es den Schülern noch nicht überall aus dem Ge dächtniß entschwunden, vielmehr wird es noch häufig zur Erlernung von mancherlei Sprachen gebraucht.
-
--
Aber noch sind auch einige andre Dinge zu erwähnen, die den Comenius in diesen Jahren
als Geistlichen der Brüder-Unität betrafen Im Jahre 1632 wurde in Liffa eine allgemeine Ver jammlung oder Synode der Unität gehalten, auf der unser Amos nebst Andern zum Aeltesten oder Senior der Unität befördert wurde. Hier wurde
auch von der Versammlung die Abfaffung und
Herausgabe einiger Schriften für nöthig erachtet, und auch dies wurde nebst Andern dem Come
nius aufgetragen, z. B. einer Geschichte der schweren Verfolgungen der böhmischen
Kirche, und: Von der kirchlichen Ordnung
21
und Zucht in der Brüder-Unität; dann hatte er auch einen Antheil an der Erklärung der Brüder gegen M. Sam. Martini von Drazau, und schrieb gegen den Socinianer Melch. Scheffer ein Büchlein über die Frage, ob Christus der Herr sich selbst aus eigner Macht von den Todten auf erweckt habe? welches erst im Jahre 1638 in Liffa deutsch veröffentlicht wurde. Früher schon hatte er durch Liffaer Druck nicht nur „das Labyrinth der Welt“ und „der Mittelpunkt der Sicherheit“, sondern auch „die Uebung in der Gottseligkeit“ veröffentlicht. Samuel Hartlieb, ein gelehrter Mann jener Zeit in London, verlangte von Comenius eine weitere Darlegung seiner Gedanken, wie man nach Art jener „Thüre der Sprachen“ eine ent sprechende „Thüre der Weisheit“ abfaffen könne, damit ebenso wie dort gewissermaßen der Schatz der Sprache, so hier der Schatz aller brauchbaren
und nützlichen menschlichen Erkenntniß in einem organischen System kurz und schön enthalten wäre. Nachdem nun Comenius eine vorläufige und kurze Abhandlung darüber geschrieben hatte,
schickte er sie ihm nach England; dieser ließ sie
unverzüglich, und ohne sich darüber mit Comenius zu besprechen, zuerst im Jahr 1637 in Oxford, und dann im Jahre 1639 in London, unter dem Titel: Pansophiae prodromus“) in Druck erschei nen.
Als dies Buch bekannt wurde, (obgleich
gegen den Willen des Comenius, der seinen Ge danken für noch unreif hielt,) wurden endlich die Augen aller Gelehrten in Europa auf ihn ge richtet. Es gelangten Schreiben von berühmten Männern aus allen Ländern an ihn, welche ihn ermunterten, mit einer so großen und rühmlichen Arbeit fortzufahren; didaktische und panophische Studien wurden mit einem Mal von Wichtigkeit
für das ganze gebildete Europa, obgleich bei sol chem Beifall auch Neid und in Folge davon auch Haß gegen den edlen Mann emsig genug waren, wie dies ja immer in der Welt das Schicksal jederlei Verdienstes ist. In Schweden,das damals unterdem König Gu stav Adolfund unterdessen Statthalter,dem Reichs kanzler Oxenstjerna, so siegreich war, wurde zuerst *) Panophie, eine besondere Art Encyklopädie, oder Zusammenfaffung aller menschlichen Kenntniffe und Lehren.
-
-
23
und am meisten die Aufmerksamkeit aufComenius gerichtet. Schon im Jahr 1638 wurde er durch einen besondern Beschluß des höchsten Reichsraths nach diesem Lande berufen, um in demselben die ganze Schulordnung nach seiner Lehrweise zu erneuern. Aber da er sich fürchtete, sich eine so große und gefährliche Last aufzubürden, damit er nicht einen raschen, allgemeinen Umschwung der menschlichen Leidenschaften gegen sich hervorrufe, und indem er außerdem noch andere Gründe
vorschützte, weigerte er sich, diesen Ruf anzu nehmen; er rieth jedoch, daß irgend ein paffender Mann aus Schweden zu ihm geschickt würde, indem er bereit sei, zu diesem Zweck, so weit er im Stande sein würde, mit Rath und allem An
dern willig zu dienen. Noch eifriger und für Comenius angenehmer wurde die Sache bei den Engländern angefangen. Man kam daselbst auf den Gedanken, daß eine so zweckmäßige und heilbringende Arbeit, wie die neue Panophie zu werden versprach, nicht dem Comenius allein zur Ausführung übergeben würde, sondern daß man ihm Gehülfen gäbe, und daß zu dem Zweck einmal ein panophisches Col
-
24
legium errichtet würde. Die Sache wurde, be sonders aufVeranlassung von Hartlieb, auch dem englischen Parlament vorgelegt, und Comenius
wurde durch Beschluß dieser Versammlung nach England berufen. Er begab sich also auf den Weg, und kam den 21. September 1641 nach London, als das Parlament schon auf ein Viertel jahr auseinander gegangen war, der König aber sich in Schottland aufhielt. Er mußte also den ganzen Winter in England warten, bis das Par lament wieder zusammentrat, und, nachdem es von seiner Anwesenheit Kunde erhalten, ihn ein wenig warten hieß, bis es einige wichtige An
gelegenheiten erledigt hätte, und ein besonderes Comite aus seiner Mitte bestellen könne, das eine Angelegenheit der Art gehörig untersuche, und sich mit ihm ins Einverständniß setze. Indessen ließ man ihn vorläufig wissen, daß man die Ab
ficht habe, ihm irgend ein besonderes Collegium, mit hinreichenden Einkünften, zur Erziehung eini
ger gelehrter Männer anzuweisen, sei es auf einige Jahre, sei es für immer; zu dem Zweck wurde in London das Sabaudeum genannt,
außerhalb Londons das Collegium in Winchester,
25
oder nahebei in Chelsea, von dem ihm auch ein Ueberschlag der Einkünfte vorgelegt wurde. Schon fing nun Comenius an, sich der bestimmten
Hoffnung hinzugeben, daß hier der Wunsch des weiland großen Baco sich erfüllen werde, nämlich
die Errichtung eines allgemeinen Collegiums von Gelehrten irgendwo in der Welt, und zwar sol cher,die nur für die Fortbildung der Wissenschaften
zu sorgen hätten. Aber leider! grade als man darüber unterhandelte, brach in Irland jene furcht bare Verschwörung gegen die Engländer aus, in der diese alle, fünfzehntausend an Zahl, auf ein mal ermordet wurden. König Carl I. überwarf sich mit dem Parlament, verließ plötzlich London, und der grausame Bürgerkrieg, dem der König nach einigen Jahren zum Opfer fiel, entbrannte schon von allen Seiten. Da Comenius sah, daß er unter solchen Umständen nichts würde aus richten können, so verließ er England mit ver nichteter Hoffnung, und das um so lieber, weil ihn eine neue Einladung nach Schweden rief Damals wohnte in Schweden, in der Stadt
Norköping, ein merkwürdiger Mann, Herr Lud wig de Geer, ein niederländischer Edelmann, der
26
sich aber wegen seiner ausgedehnten Handels geschäfte schon seit etwa zwölf Jahren in Schwe den aufhielt. Da er bei seinen Handelsgeschäften
sehr besonnen und ungewöhnlich glücklich war, so wurde er sehr reich, so daß er auf seine Kosten eine ganze Flotte auf einmal ausrüsten, und die Bedürfniffe eines ganzen Krieges allein beschaffen konnte. Aber ebenso wie sein Reichthum uner meßlich war, so war auch seine Wohlthätigkeit und eine edle Freigebigkeit unerhört. Wo er von einem Unglück und einer Noth in irgend einem Lande, oder von einem rühmlichen Unter nehmen, wobei Hülfe nöthig sein könnte, hörte, da wartete er nicht auf Bitten, sondern kam dem
Leuten mit seiner Hülfe entgegen, so daß ihm das schönste Lob zu Theil wurde das des „Groß almoseniers“ von Europa. Auch die böhmischen und mährischen Auswanderer erfuhren viele Wohl thaten von ihm. Dieser Mann nun hatte durch
den Verwalter eines Hauses in Amsterdam, mit Namen Hotton, von Comenius gehört, und von deffen nützlichem Bestreben, den Mißständen in
den Schulen abzuhelfen, und berief ihn aus Eng land zu fich, in einem sehr freundschaftlichen
27
Schreiben, worin er ihm und seiner Familie, und so viel gelehrten Männern, als er sich bei gesellen wolle und könne, hinlängliche Versorgung auf viele Jahre zusicherte, damit sich derselbe nach Schweden begäbe, und dort in seinen Studien weitere Fortschritte mache. Indem nun Come nius über Amsterdam und Leyden von London zurückkehrte, berieth er sich mit den Seinigen und seinen Freunden, was er thun solle; als diese nun die Reise nach Schweden billigten, doch so, daß er sich von seiner Panophie nicht abbringen ließe, so beschloß er, diesem Rufe zu folgen. Im August des Jahres 1642 segelte er nach Schweden, und begab sich zuerst nach Norköping zu seinem neuen Mäcenas, de Geer, der ihn sehr liebreich aufnahm, und nach einigen Tagen mit ihm nach Stockholm reiste, zum Reichskanzler Oxenstjerna und zum Herrn Johann Skyte, Kanzler der Universität Upsala. Diese hatten einige Tage lang mancherlei Unterredungen mit ihm. Indeß drang Herr Skyte fortwährend in ihn, indem er hinzufügte, wenn er mit seiner Familie nicht nach Schweden ziehen wolle, daß er sich dann wenigstens irgendwo in der Nähe
28
niederließe, namentlich in Preußen, und zwar in Elbing. Als endlich auch Herr de Geer, nachdem er mit Comenius nach Norköping zurückgekehrt war, dies billigte, und ihn bat, doch nicht anders zu handeln, so versprach es Comenius, in der Hoffnung, daß es ihm möglich sein werde, in nicht zu langer Zeit diese Arbeit abzuthun. Aber eine solche den Schweden bewiesene Willfährigkeit mißfiel den Engländern sehr, und sie versuchten auf alle Weise, ihn von seinem Vorhaben abzu bringen. Es sei ja schon genug – schrieb ihm Hartlieb – in der Didaktik zu Stande gebracht, und was noch mangele, könnten. Andere ergänzen ; in der Panophie sei aber kaum noch der Grund
gelegt, und doch könne die Welt davon einen noch viel größeren Nutzen erwarten, als von den lateinischen Studien. Aber wenn er auch hätte
zurückkehren wollen, so legte doch dem Comenius die neue Verbindung eine andere Verpflichtung auf; er schrieb daher in einiger Zeit eine weit läufigere Pansophiae diatyposis, ließ sie in Dan zig im Jahre 1643 drucken, und da er mit den Seinigen schon in Elbing wohnte, widmete er sich ganz der Abfaffung von Schriften über
29
Sprachforschungfürs Schulbedürfniß. Gegen eine eigene Erwartung verbrachte er mit dieser Arbeit sechs ganze Jahre, bis zum Jahre 1648, außer dem daß er zwischenein, als Aeltester der Brüder
Unität, bei den Zusammenkünften, die König Wladislaw zur freundschaftlichen Ausgleichung der aufkommenden religiösen Streitigkeiten in den Jahren 1644 und 1645 einige Mal in Polen berief, sich persönlich einstellte, und zu dem Zweck verschiedene Schriften verfaßte, welche jedoch gro ßentheils niemals veröffentlicht worden sind. Im Jahre 1646 reiste er dann mit dem, was er bis
dahin für das Schulbedürfniß geschrieben hatte, nach Schweden, von einem Mäcenas, Herrn de Geer, dazu aufgefordert. Die dazu bestellten drei Commissare unterwarfen eine neuen didaktischen
Arbeiten einer Prüfung, billigten sie, und em pfahlen ihm, dieselben zum Nutzen ihrer Schulen dem Druck zu übergeben, nachdem er zur Feile die letzte Hand daran gelegt. Im Jahre 1648 mußte Comenius nach Liffa zurückkehren; denn in diesem Jahre wurde er, nach dem Tode des obersten Bischofs der Brüder Unität, des Bruders Laurentius Justin, an seiner
30
Stelle zum geistlichen Haupt der ganzen Unität gewählt, und dies war und blieb er bis zu einem Tode, einsam zuletzt und ohne Nachfolger. Hier in Liffa gab er die obenerwähnten Bücher in Druck, und fing auch aufs neue an, für das Wohl der ihm anvertrauten Heerde zu sorgen, so wohl durch häusliche Erbauung in aller Zucht und Gottesfurcht, als auch durch Beschaffungweiteren, weltlichen Schutzes.
Damals kamen nun auch
einige Schriften zum Besten seiner Kirche heraus darunter die bekanntesten sind das achte Buchder Brüdergeschichte des Herrn Lajitius, la teinisch und böhmisch im Jahre 1649 in Liffa her ausgegeben, und das Testament der sterbenden Mutter der Brüder-Unität (Kšaft umf
rajici matky Jednoty bratrské) im Jahre 1650. Indeffen fingen die neuen didaktischen Schriften des Comenius an, neue Früchte zu tragen. Nicht nur fing man an, im Hinblick auf Comenius, eine natürlichere Weise beim Unterricht der Jugend einzuführen, sondern es wurden auch neue Schu len nach seiner Ansicht eingerichtet. So schickte in Polen der angesehene und gelehrte Herr Chri stoph Opalinsky von Bnin, Herzog von Posen,
31
da er in seiner Stadt Sirak ein neues Gym
nasium gründete, den Rektor desselben zu Co menius nach Liffa, damit er sich die ganze Lehr weise von ihm aneigne, und sie in dieser Schule einführe; dies geschah auch, und diese Schule blühte, bis sie durch den unerwarteten Einfall der Schweden
Polen im Jahre 1655 aufge
löst wurde. In Ungarn war damals Johann Tolnai, ein aufgeklärter Mann, Rektor der re formierten Schule in Saros Patak, früher Er
zieher der Fürsten Ragozy, welche damals Sie benbürgen und den angrenzenden Theil von
Ungarn beherrschten. Dieser machte beidemjun gen Fürsten Siegmund und seiner verwitweten Mutter Susanna Lorandef so dringende Vor stellungen über die Nothwendigkeit der Umge staltung der ihm anvertrauten Schulen nach der Lehrweise des Comenius, daß in Folge davon
die Fürstin und ihr Sohn durch wiederholt nach Liffa entsendete Briefe den neuen Bischof auffor derten, daß er wegen der nothwendigen Be sprechung hierüber sich nicht weigere, nach Ungarn zu kommen. Indem nun Comenius erwog, wie viele böhmische und mährische Verbannte unter
32
der Oberhoheit dieses Fürstenhauses Schutz und Hülfe gefunden hätten, so hielt er es für seine Schuldigkeit, ein solches Begehren nicht zurück zuweisen, sondern nach dem Rath und mit Be willigung der Seinigen und der übrigen Mit glieder der Brüder-Unität in Liffa begab er sich im Mai 1650 dorthin. Unterwegs hielt er sich in Eperies beim Herrn Andreas von Klobusie, dem Vorsitzenden des fürstlichen Raths, auf, wel cher, ihm unerwartet, sehr in ihn drang, sich ganz jammt den Seinigen in Ungarn niederzulaffen, und nicht mehr nach Polen zurückzukehren. Come nius willigte nicht ein, bis er endlich, als er nach
Tokay gekommen, auf viele Bitten sich auf einige Jahre verpflichtete, um eine Schule einzurichten, unter der Bedingung, daß auch die Einwilligung des Herrn de Geer, an den er durch ein Ver sprechen gebunden war, erlangt würde, und daß für die Bedürfnisse dieser neuen Schule in Patak, nebst andern Dingen, ebenfalls eine genügende Büchersammlung, und daneben ein naturwissen schaftliches und technisches Kabinet, so wie eine Buchdruckerei, eingerichtet würden. Der eifrige und wahrhaft aufgeklärte Fürst Siegmund ging
33
auf jede Bedingung ein, so daß Comenius nur auf kurze Zeit nach Liffa zurückkehrte, und im Herbst desselben Jahres mit einer ganzen Familie nach Saros Patak übersiedelte. Aber leider, als am 4. Februar 1652 der junge Fürst Siegmund starb, verschwand nun auch jede Hoffnung auf die weitere Einrichtung und den Fortgang einer solchen Schule. Die ganze Arbeit blieb nun hängen, nachdem bis dahin die drei ersten Klaffen eingerichtet waren. Auf den Wunsch der fürst
lichen Mutter und des Fürsten Georg von Sie benbürgen, ihres ältesten Sohnes, blieb Comenius, wiewohl ungern, noch länger in Patak, damit er wenigstens den Anfängen, die sich gebildet hatten, durch seine Anwesenheit zu einem gedeih lichen Aufschwung verhelfe. Hier schrieb er auch einige Bücher, und gab sie heraus. Auch der bekannte „Orbispictus“ ist zuerst hier von Come nius geschrieben worden. Im Jahre 1654, im Juni, wurde Comenius wegen dringender Angelegenheiten seiner Kirche genöthigt, mit den Seinigen nach Liffa zurückzu kehren. Seinem in Patak gegründeten Werk drohte ein baldiger Verfall; nämlich eine große
34
Pest, die im Jahre 1655 sich in den obern Theilen von Ungarn verheerend verbreitete, trieb mit der Zeit das ganze Collegium auseinander; und den noch ging auch nachher, als man sich aufs neue zu sammeln anfing, mancher von Comenius früher ausgestreute Same von selbst auf, und trug wohl gerathene Früchte. Im Jahr 1655 entstand ein unglücklicher
Krieg zwischen den Polen und Schweden, in wel chem Carl Gustav, König von Schweden, so zu jagen in einem Feldzug ganz Polen bis nach Krakau eroberte. Auch Liffa, der Sitz der böhmi schen Verbannten, unterwarf sich den Schweden. Möglich, daß Comenius sich nicht nur wegen ihres verwandten Gottesdienstes, sondern auch aus alter
Bekanntschaft freundlicher gegen die benahm, als es sich gegen Feinde des Vaterlandes
schickte;
jedoch haben wir keine glaubwürdigen Beweise davon, nur unbestimmte und unbegründete '
klagen seiner persönlichen Feinde, welche ihn später beschuldigten, daß er an dem Unglück, welches über ihn und seine Heerde hereinbrach, selbst
Schuld sei. Dem sei wie ihm wolle, so viel is gewiß, daß im Jahr 1656, früh den 1.
35
ein polnisches Heer sich wieder Liffas bemächtigte, und die ganze Stadt in Schutt und Asche ver wandelte, so daß alle Einwohner, auch Comenius mit seiner Familie, sich auf die Flucht begaben, und kaum mit dem Leben davon kamen.
Dies
war ein neuer, sehr grausamer Schlag des Ge schicks, der unsern Comenius traf. Bei diesem Unglücksfall verlor er wieder seine ganze Habe und den größten Theil der Handschriften, die er seit mehr als zwanzig Jahren verfertigt hatte; darunter beklagte er am meisten, was er zur
Ausführung seiner Gedanken über Panophie ge schrieben, und das Material zu seinem großen, böhmisch-lateinischen und lateinisch-böhmischen Wörterbuch.“) Nur einige seiner kleinen Schrift chen, die, als die Gefahr schon vor der Thüre war, nicht nach Auswahl, sondern blindlings
*) „Die böhmischen Wörter (sagt Comenius selbst) habe
ich über 20 Jahre mit großem Fleiß, sowohl durch das Lesen alter Bücher jeder Art als auch durch Unterhaltung von allen Seiten zusammengesucht, aufgezeichnet und geordnet, damit wir unsern Sprachvorrath, vielleicht vollständiger, als
irgend ein anderes Volk, beisammen haben könnten.“ Die fer Verlust ist noch bis auf den heutigen Tag unersetzlich.
36
und nach dem Zufall in eine ausgehöhlte Grube geworfen und mit der Hand verscharrt wurden, haben sich erhalten. Comenius flüchtete mit den Seinigen nach dem nahen Schlesien zum Herrn V. T. von B., einem schlesischen Edelmann, der zehn Tage nach der Zerstörung Liffa’s seine Leute dorthin schickte, durch die er dessen vergrabene Sachen heraussuchen, und sie ihm wieder zustellen ließ. Die ganze Niederlaffung böhmischer Ver bannten in Liffa zerstreute sich so, daß sie seit dem nie wieder sich vereinigten; sie zerstoben nach Preußen, der Mark, der Lausitz, nach Sachsen, Ungarn, Holland und anderswohin. Comenius
wollte sich in Frankfurt an der Oder niederlaffen, aber die Pest, die dort wieder um sich griff, ver trieb ihn abermals, so daß er sich bis nach Ham burg begab. Von dort berief ihn der edle Herr
Laurentius de Geer, Sohn des Herrn Ludwig, zu sich nach Amsterdam, und bot ihm daselbst freigebig und liebreich die ihm nöthige und zu gleich sichere Zuflucht an. So begab er sich noch in demselben Jahr 1656 schließlich dorthin, im 64. Jahre seines Alters. In Amsterdam wurde er mit großer Freund
37
lichkeit und Achtung aufgenommen, nicht nur von der Familie de Geer, sondern auch von andern angesehenen Herrn dieser berühmten Stadt; seine besondern Gönner unter ihnen waren: Cornelius
Witson, Corn.de Vlaming,Cor.de Graaf, Corn. van Vlooswyk, Gerhard Schaap, Jan van de Pol, Nik. Tulp, und der Prediger Johann Rulik, alles Männer, daheim und auswärts berühmt, und dabei vermögend. Indem sie den ehrwürdi gen Greis dringend zu sich einluden, verhehlten sie ihm nicht ihre Hoffnung,daß seine didaktischen
Bestrebungen nicht nur der Amsterdamer Jugend zum Nutzen, sondern auch der Stadt selbst zum Ruhme gereichen könnten. Bald wurde er durch einen Beschluß des Amsterdamer Senats ersucht, daß er sich doch nicht weigern wolle, Alles, was er zum Besten der Schuljugend jemals heraus gegeben habe, bald wieder zu veröffentlichen, weil seine Schriften in der Stadt nicht zu haben seien. Er that dies gleich im folgenden Jahr 1657, in dem er alle seine früheren didaktischen Schriften in drei Theilen herausgab, in Folio unter dem Titel: „J. A. Comeni didactica opera omnia, denen er noch einen vierten Theil beifügte, näm
38
lich der neuen Schriften, die er erst in Amsterdam verfaßt hatte; dieses ganze Werk widmete er der
berühmten Stadt Amsterdam und ihrem Magistrat. Der hohe Ruf, in dem er stand, stieg auch hier sehr, und obgleich ihm derselbe die Liebe und Verehrung der Menschen erwarb, so weckte er doch auch Neid und Haß gegen ihn, der bald eine bequeme Gelegenheit fand, ihn öffentlich an zuschwärzen.
Im Jahr 1657 trat eine dunkle Zeit im
Leben unsers Comenius ein. Nämlich jener schon oben erwähnte lausitzische Prophet Kotter ent zündete noch einige andere, ihm ähnliche Geister, und Comenius ließ sich bewegen, diese Weissagun gen (obgleich ohne Namensnennung) dem Druck zu übergeben. Es ist dies jenes berüchtigte Buch: Lux in tenebris, d. h. Licht in der Finsterniß, genannt – welches zugleich der Anfang der Lei den und Verfolgungen seines Urhebers wurde.
Die ganze damalige gelehrte Welt erhob sich des wegen gegen Comenius, und der Arme mußte sich einige Mal durch Streitschriften zu rechtfertigen suchen. Aber während solcher Streitigkeiten vergaß er doch immer nicht seine liebe böhmische Brüder
39
kirche. Im Jahr 1658 gab er für sie das be kannte „Manualnik“ oder Kern der ganzen hei ligen Schrift heraus; im Jahr 1659 ein böhmi sches Gesangbuch u. . w. Sonst lebte Comenius nachher noch eilf Jahre, aber oft an Leib und Seele leidend. Er befaßte sich in dieser letzten Zeit seines Lebens am meisten mit Gedanken an die Wiederherstellung des Frie dens unter den Menschen, und die Verbesserung aller menschlichen Dinge in der Welt. Deswegen schickte er auch im Jahr 1667 an den Congreß der englischen und holländischen Abgesandten in Breda seine Schrift,genannt:„Engel des Friedens;“
obgleich auch dies, so wie sein damaliger häufiger Umgang mit der berüchtigten, überspannt religiös den Schriftstellerin Antoinette Bourignon ihm von denen, die ihn verspotteten, sehr schiefausge
legt wurde. Seine letzte Schrift und gleichsam sein Schwanengesang erschien im Jahr 1668 la teinisch in Druck: „Das Eine Nothwendige, Unum necessarium“, das er auch in böhmischer Sprache handschriftlich hinterließ.
-
Im 80. Jahr seines Alters beschloß Comenius still und ruhig sein Leben, den 15. November
40
des Jahres 1671 in Amsterdam. Sein Leichnam wurde zur Beerdigung nach der Stadt Naarden in Holland gebracht. Er hinterließ (wie es scheint von seiner zweiten Gattin) einen Sohn, mit Namen Daniel, und eine Tochter Elisabeth, vermählt mit Peter Jablonsky, dessen Sohn der nachmals be rühmte Daniel Ernst Jablonsky war. Er ist einige Mal abgebildet worden, nicht nur auf dem Titel seiner didaktischen Werke in Amsterdam, im Jahr 1657, sondern nach dem Zeugniß von Granger auch (im Jahr 1641?) von dem berühmten
Künstler Wenzel Hollar, einem böhmischen Flücht ling in London, und von andern Kupferstechern. Er war ein Mann von schöner und ansehn licher Gestalt, mit einem langen Kinn, hoher Stirn, einem sanften, dabei aber einen stillen Kummer offenbarenden Blick, im Umgang mit
Menschen war er über die Maßen freundlich, vertragsam und demüthig; immer bereit, seinen Nächsten zu dienen, und sich für ihr Wohl aufzuopfern. Sein tiefes Gefühl, seine Güte, seine Aufrichtigkeit und seine rechtschaffene Got
tesfurcht sind nicht nur in allen seinen Schrif ten offenbar, sondern auch in seinen Handlungen
-
------
-
41
und in einem ganzen Wandel. Niemals ver galt er seinen Gegnern mit gleichem MaĂ&#x;, nie mals verurtheilte er Jemand, was fĂźr Unrecht er auch immer von ihm erduldete; durchaus in Allem ehrte und pries er mit vollkommener Er gebung die Hand des Herrn, mochte sie ihm Freude oder Leid auferlegen.
Das Testament der sterbenden
Mutter der Brüder-Anität, worin sie, in ihrem Volk und in ihrer Besonderheit endend, die ihr von Gott anvertrauten Güter unter ihre Söhne und Erben verheilt.
Im Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen.
Geliebte Söhne und ihr Alle, zu denen viel leicht diese meine Stimme durchdringt, höret mich an.
1. Was in dem Buch Gottes verkündigt wird, daß ein Geschlecht vergehet, das andere kommt, die Erde aber ewiglich bleibt (Pred. 1, 4), das
43
hat sich an Allen erfüllt, die vor uns waren, und erfüllt sich an uns Allen, die wir jetzt sind, und wird sich an Allen erfüllen, die nach uns sein werden: daß wir auf die Welt kommen von da, von wo uns der allmächtige Herr herausführt, von dem Ort ewigen Schweigens, hier verweilen, wie er einem jeden die Zeit eines Aufenthalts auf Erden zumißt, und wieder dahin gehn, wo hin er uns führt, um uns zu bringen an den Ort ewigen Bleibens. Und wie dies die Weise ist bei jedem einzelnen Menschen, so ist es auch beijeder menschlichen Gesellschaft,Häusern,Städten, Königreichen und Kirchengemeinschaften,daß über all Eins vergeht und ein Anderes entsteht; und
was jetzt unter dem Himmel geschieht, seht ihr; es vergehn und verändern sich einige Königreiche, und in ihnen Völker,Sprachen, Gesetze und Gottes verehrungen, ohne Zweifel darum, weil eine neue Zeit entsteht; es vergeht auch die Kirche der Unität, ohne Zweifel darum, weil Gott erneuern will die Gestalt der Erde (Ps. 104, 30). 2. Da ich unter diesen Veränderungen auch meine Veränderung und meinen Untergang sehe, daß ich um meiner Sünden willen in die Zucht
44
Gottes genommen bin, aus meinem Volk und meiner Sprache unter Fremde verstoßen, und auch schon von meinen Nachbarn verlaffen bin, die, sich selbst Ruhe bereitend, mich und mein Vater land vergeffen haben, so daß, falls der Herr das bestätigt, was Menschen thun, ich, wie ich sehe, entschlafen werde, nachdem ich dem Willen Got tes gedient habe (Ap.-Gesch. 13, 36): so will ich nun thun, was die Klugen dieser Welt zu thun
pflegen, wenn sie etwas zu vermachen haben, daß sie die Erben zu vergleichen suchen, und den ihnen von Gott verliehenen Segen unter die ver theilen, damit derselbe nicht verloren gehe oder verstreut werde, und damit nach ihrem Tode nicht Hader entstehe. Darauf führt auch jener an den Hiskias ergangene Befehl Gottes: Bestelle dein Haus, denn du wirst sterben (Jes. 38, 1), und erinnert einen jeden, dem Gott ein Haus anver traut hat, nicht ohne Bestellung desselben die Welt zu verlaffen. 3. Kommt daher, meine Söhne, stellt euch um mein Sterbebett, und merkt auf die Worte,
welche ich, eure Mutter, die ich euch geboren habe, zu euch reden werde. Ach, meine Söhne,
45
ich habe euch mit Freuden erzogen, und trenne mich von euch mit Jammer und Herzeleid, denn ihr habt euch gegen Gott euren Herrn versündigt, und was böse ist in seinen Augen, habt ihr ge than. Was soll ich aber nun mit euch machen? Geht, meine Söhne, und erbittet euch vom Herrn Barmherzigkeit (Neh. 2, 4). 4. So will ich euch nun in vier Haufen theilen, und nachdem ich euch, einer jeden Ab theilung für sich, gesagt habe, was nöthig ist, werde ich meine Rede an andre Kirchengemein schaften richten, wie an meine älteren und jün geren Schwestern, mit denen und unter denen der Herr mich groß gezogen hat, und von denen er mich wohl jetzt zu sich ruft, damit ich Alles unter euch vertheile, was mir die Gnade des Herrn
anvertraut hat. Zwar meine äußeren Verhält niffe waren zu jeder Zeit meines Lebens von der Art, daß ich mit dem Apostel Petrus sagen mußte: Gold und Silber habe ich nicht (Ap. Gesch. 3, 6), da ich, ebenso wie mein Herr, auf Erden kaum hatte, wo ich mein Haupt hinlegen konnte, und hatte ich etwas von der kleinen, täg lichen Nothdurft, ein Häuschen, einen kleinen
46
Betsaal, etwas Aecker und Weinberge, so haben sie mich, da sie mich vertrieben, auch dessen ent blößt, wie meinen Herrn seines Rocks, als sie ihn an's Kreuz schlugen, und haben es unter sich ver theilt. Aber doch habe ich etwas, dessen ich mich rühmen kann in Christo Jesu, der mich reich ge macht hat an geistlichen Gütern, so daß Gottes Wort reichlich bei mir wohnte. Von diesen seinen mir nach seinem Willen anvertrauten Schätzen will ich euch nun vermachen, je nachdem ich finde, daß ein jeder von euch, meine Söhne und Freunde, es bedarf 5. Euch, meine Söhne, die ich geboren und auferzogen habe, sehe ich nicht in einerlei Lage, und darum kann ich euch auch nicht mit einerlei Wor
ten anreden, sondern ich werde euch mir besonders eintheilen; denn Einige sind mir und dem Vater der Geister, dem ich euch geboren habe, untreu geworden, indem sie nicht in meinen Anfechtungen bei mir beharret, sondern mich verlassen haben. Andere haben geharrt, und harren vielleicht noch, halb meinen Feinden schmeichelnd, und an ihrem
Feuer sich wärmend, aber sich doch noch immer umsehend nach mir, eurer Mutter, und sehnlich
47
verlangend, wenn der Herr mich vielleicht aus der
Macht meiner Feinde erlösen sollte, wieder in meinen mütterlichen Schooß zurückzukehren. An dere von euch sind muthigeren Geistes, und find mir nachgefolgt, als ich unter dem Kreuze strau chelte, immer bereit, mein Leiden mir mir zu thei len, und haben sich nicht geekelt, den bittern Kelch mit mir zu trinken, den der Herr mir eingeschenkt hat, welcher durch das Herbe der jetzigen Welt uns zur Süßigkeit der zukünftigen Welt führt. Aber wiederum sehe ich Einige von euch durch das Alter, oder von Leiden abgehärmt, ermatten und davongehn, während ich von Andern die Hoffnung hege, daß der Herr sie für künftige Zeiten hält und erhält. Euch, die ihr bisher treu waret, und in dieser Treue standhaft beharret, und schon das Ende eures Glaubens erreicht, tröste ich mit dem Trost, womit unser übertreuer
Herr uns getröstet hat, mit diesen einen heiligen Worten: Ihr seid es, die ihr beharret habt bei mir in meinen Anfechtungen, und ich will euch das Reich bescheiden, wie mir's mein Vater be schieden hat, daß ihr effen und trinken sollt über meinem Tische in meinem Reich (Luk. 22,28–30).
48
Nehmt diesen Trost hin, meine Söhne, und be trübet euch nicht mehr über den Verlust eures irdischen Vaterlandes, und der Hütte eurer Woh nung, und der Hütten Gottes hier auf Erden, denn zu herrlicheren Dingen führt uns der, wel cher gesagt hat: Verkündige meinem Volk, daß ich ihnen gebe das Königreich des ewigen Jeru salems, das Israel verheißen ist, und daß ich mir ihr Lob gefallen lasse, und ihnen ewige Hütten gebe, die ich bereitet habe. Das Holz des Lebens soll ihnen stets eine wohlriechende Salbe sein, und sie sollen nicht arbeiten noch müde werden
(4 Esra 2, 10–12); seid bereit, mit dem König reich belohnt zu werden; fürwahr, das unver gängliche Licht wird euch ewiglich leuchten, ent
fliehet nur den Schatten dieser Welt, und nehmt zum Trost die Herrlichkeit in Empfang (ebenda V. 35, 36); denn ihr sollt hinzugethan werden,
nach eurem Abscheiden von hinnen, zu jener gro ßen Schaar, vor dem Stuhle stehend, und vor dem Angesicht des Lammes, angethan mit weißen Kleidern und Siegespalmen in ihren Händen, von denen die himmlische Stimme spricht: Diese sind es, die gekommen sind aus großer Trübsal,
49
und haben ihre Kleider gewaschen, und haben ihre Kleider helle gemacht im Blute des Lammes; darum sind sie vor dem Stuhle Gottes, und die
nen ihm Tag und Nacht in seinem Tempel (Offenb. 7, 9, 14, 15).
6. Daß ihr eines solchen Trostes, der theurer als die Welt ist (denn was hülfe es dem Men schen, wenn er die ganze Welt gewönne, und nähme doch Schaden an seiner Seele? oder was kann der Mensch geben, daß er seine Seele wieder löse? Matth. 12,26), daß ihr defen euch beraubt
habt, ihr Furchtsamen, daß ihr eure Probe nicht bestanden habt, und gefallen seid, darum weinet und klaget über euch selbst! Mußtet ihr denn also handeln? wolltet ihr etwa dadurch, daß ihr eine Zeit lang glaubtet, und zur Zeit der Anfechtung abfielet, beweisen, daß ihr zur Zahl derer gehöret, die aufden Felsen gesäet sind, und keine Wurzeln haben (Luk. 8, 13)? Ach warum
hat nicht einer von euch wie Petrus gesagt: Herr, sollte ich auch mit dir in den Tod gehn, so ver
läugne ich dich nicht, verlasse dich nicht? Und wo ist es geschehn? Ihr seid aus einander gestoben, als die Windsbraut über den Herrn und sein -
-
4
50
Evangelium kam. Ach, habt ihr denn nicht auf die vergangenen Zeiten merken wollen? Wer ist jemals zu Schanden geworden, der auf ihn ge
hofft hat? Wer ist jemals verlassen, der in der Furcht Gottes geblieben ist? Oder wer ist jemals von ihm verschmäht, der
ihn angerufen hat?
Wehe denen, die an Gott verzagen, und nicht festhalten, und dem Gottlosen, der hin und wie der wanket. Wehe den Verzagten, denn sie glau ben nicht, darum werden sie auch nicht beschirmet. Wehe denen, so nicht beharren. Wie will es ihnen gehn, wenn sie der Herr heimsuchen wird? (Sirach 2, 10–12 und 14–17).
-
7. Noch ist Rath;thut, was Petrus nach seinen
Falle that, besinnet euch, gehet heraus aus dem bischöflichen Palast in irgend einen Winkel, wo
andre Jünger sich verbergen, weinet und jammert mehr als Andere, weil ihr mehr als Andere ge
jündigt habt. Wollt ihr nicht gleich herausgehn, so lange noch der Hahn Gottes euch kräht, und
so lange noch der Herr, in Banden vor seinen ungerechten Richtern stehend, euch ansieht, so wer det ihr seiner Zeit dies gewiß bereuen. Denn wartet ihr, bis euer Gewissen, wie das des Judas,
T 51
sich verhärtet, so wird es zu spät sein. Heute, heute, so ihr seine Stimme hört, so verstocket eure Herzen nicht, sondern erweicht sie; demüthigt euch, beffert euch, werdet fest, so lange ihr noch
auf dem Wege seid. Solche Petrus-Schritte,
mit denen ihr zu dem Haufen zurückkehrt, den ihr verlassen habt, rathe ich euch als meinen letz ten Willen, o ihr verirrten Söhne!
8. Was soll ich nun euch andern Ueber resten der Gemeine, welches eure Zahl auch ein
mag, in meinem Testament vermachen? Weinen vermache ich euch, Buße und Besserung vor dem Angesicht des allmächtigen Herrn. 9. Ein solches Weinen empfehle ich euch, wie es der Herr dem ganzen Haus Israel empfahl, als er seine Priester mit Feuer in seiner Hütte verbrannt hatte, weil sie fremdes Feuer vor dem
Herrn geopfert hatten, da Gott der Herr den übriggebliebenen Priestern nicht erlaubte zu wei nen, sondern das Volk sollte weinen (3. Mo .
10, 1–6). Auch jetzt haben meine Erstgeborenen gesündigt, die Wächter meines Heiligthums unter
euch, denn sie haben getragen oder tragen lassen in die Hütte der Gemeine fremdes Feuer, das
52
Feuer der Weltweisheit, das Feuer der Fleisches lust, das Feuer der Hoffarth, der Prunksucht, des Putzes, des Muthwillens, des Geizes, der Gleich gültigkeit u. s. w., und ach, darum sind sie ge tödtet und liegen sterbend vor eurem Angesicht
um ihrer Sünden willen; aber ihr sollt weinen, denn die Wunde trifft euch und eure Kinder nach euch. 10.
Eine solche Buße
-und
solche Gebete
empfehle ich euch, wie sie Gott zur Zeit eines großen Zornes empfahl, daß sich Alle zum Herrn
bekehren sollten von ganzem Herzen, mit Fasten, mit Weinen, mit Klagen, ihre Herzen zerreißend und nicht nur ihre Kleider; daß eine Versamm lung berufen werde, daß die Aeltesten sich sam meln, die Kinder und Säuglinge, daß der Bräu tigam gehe aus einer Kammer und die Braut aus ihrem Gemach, daß die Priester, des Herrn Diener, weinen (Joel 2, 12, 13, 16, 17). Und
wie die Juden Buße thaten zur Zeit des Ahas verus in der Stadt Susan, da sie ihre Ausrottung fürchteten, daß sie fasteten drei Tage, und nicht aßen oder tranken, weder Tag noch Nacht (Eth. 4, 16). Und die Nineviten vom König bis zum
–
53
Hirten, vom Menschen bis zum Thier, vom Greis bis zum Unmündigen nichts thaten, als zum Himmel schreien (Ion. 3. 6 c) Und wiederum wie die Juden mit Weinen und Fasten und auf der Erde liegend drei Tage lang ohne Aufhören zum barmherzigen Herrn beteten (2. Makk. 13 12). O meine Söhne! bis jetzt seid ihr noch zu keiner solchen Buße und zu keinem solchen Eifer gekommen, sondern ihr habt gethan, wie viele Juden in ihrer Zerstreuung, daß ihr auch an den Orten, wohin euch der Zorn des Herrn vertrieben hat, weiter gesündigt, und seinen heiligen Namen verunreinigt habt vor dem Angesicht derer, unter denen ihr ihn hättet heiligen sollen. Als die Israeliten nur zweimal geschlagen waren, blieben fie vor dem Herrn, weinten, fasteten, opferten Opfer (Richt. 20, 26). Ihr seid nicht nur zwei mal, sondern mehr als zwanzigmal in den letzten dreißig Jahren geschlagen worden, und beständig in Gruben gefallen, aus denen man weder heraus kommen konnte noch kann, und doch seid ihr nicht dazu gekommen, eure Buße auf besondere Weise zu bethätigen, und darum bekehret euch wenigstens jetzt noch von ganzem Herzen zum Herrn, denn
54
er ist gnädig, barmherzig, geduldig und von gro ßer Güte, und reuet ihn des Uebels. Wer weiß, es mag ihn wiederum gereuen (Joel 2, 12, 14), daß noch eine Errettung sei, wie der Herr ver
heißen hat, nämlich bei den Uebrigen, die der Herr berufen wird (ebenda 3, 5).
11. So vermache ich euch auch das, wenn ihr der Gnade des Herrn theilhaftig werden wollt, daß ihr ernstlich beharret bei einer Besserung mit der That, und zu der verlassenen, ersten Liebe wieder zurückkehrt. Jetzt erst, da ich dessen beraubt
bin, gedenke ich mit Thränen daran, wie mich der Herr vor anderen Gemeinen beehrt hat, und mit
welchen Kleinodien er meine Söhne und Töchter geschmückt hat. Denn wo findet sich nun die heiße Liebe zu Gott und zu
einer Verehrung
und dagegen der Haß der Welt und ihrer Thor
heit? Das allgemeine, gegenseitige, schlichte, aufrichtige Wesen meiner Kinder unter einander ist euch jetzt abhanden gekommen. Statt dessen aber hat sich eingestellt Mißtrauen, Argwohn, Uneinigkeit, Zank, Trachten nach eigenem Vor theil; daraus hat sich gegenseitige hochmüthige Geringschätzung und Spaltung nach der Reihe
55
fast unter Alle eingeschlichen. Und wie ihr damit schon zu Hause angefangen habt, so habt ihr
damit in der Verbannung nicht aufgehört, sondern in eurer Zerstreuung ist eure Gesinnung noch uneiniger geworden. Einige sind an Orte ge kommen, wo sie zu etwas ernannt worden sind, und haben sich dem Stolz und der Widerspenstig
keit ergeben. Einige haben sich dem Geiz über laffen, mehr als im Vaterland, und darüber habt
ihr vergessen, was der vornehmste Grund eures Ausgangs gewesen ist, nämlich das Wort Gottes.
Andre von euch sind wieder in die entgegengesetzte Krankheit gerathen, haben sich der Leichtfertigkeit, dem Müßiggang, der Trägheit, ja der Bettelei hingegeben, und
haben dadurch nicht nur ihr
Loos als Exulanten, sondern auch sich selbst, und was noch mehr ist, ihr ganzes Volk in Spott
und Verachtung gebracht. Einige von euch haben das Joch der Zucht abgeworfen, indem sie sich
an solchen Orten niedergelassen haben, wo es ihnen frei stand zu thun, was sie wollten. Ach
Kinder! so denkt ihr an das, wozu ihr berufen seid, und auf welchem Wege ihr geleitet seid!
Nicht für dies Leben und die Dinge dieses Lebens
56
sind wir hier, es ist nur eine Pilgerreise, und nur zufällige, vergängliche Dinge für Pilger sind hier; unser Vaterland ist im Himmel, und darum müffen wir uns auch mit himmlischen Dingen beschäftigen. Hier ist nur Libanon, Suchoth und Zarthan, wo der himmlische Salomo Holz und lebendige Steine für seinen ewigen Tempel sammelt und bereitet, wo er sie aushauen und behauen und spalten und zimmern und hobeln, und uns, seine
Harze flüssig machen, und daraus Gefäße,für seinen Gebrauch tauglich, gießen läßt, hier jenseits des Jordans, in dicker Erde, wo wir uns nur im
Lehm wälzen. Aber worauf es der ewige Salomo mit uns abfieht, das ist Jerusalem, welches droben
ist, und wenn wir uns hier nach seinem Willen bilden laffen, so wird dort Alles trefflich zusam menpaffen. 12. Namentlich du, liebe Tochter, polnische Gemeine, die mich der Herr in der Mitte meiner Lebenstage, da ich noch kräftig war, hat gebären laffen, zu dem Zweck, wie ich nun sehe, damit du herangewachsen die Wärterin meiner übrigen Kinder würdet: du hast wohl gethan, daß du die aus dem Vaterland Verstoßenen in deinen -
57
Schooß aufgenommen und gepflegt hat. Der Herr vergelte es dir, und laffe nicht zu, daß du verlaffen und verwaist werdet. Ich bitte dich aber, gedenke daran, aus was für einem Weinstock du entsproffen bist, damit du darnach trachtet, ein mit guten Reben bepflanzter Weinberg zu sein, und dich nicht in Heerlinge verwandelt (Jes. 5). Christus sagt dort von jenen Verruchten: Sie sagen, sie sind Juden, und sind es nicht (Offenb. 3. 9). Siehe zu, daß nicht auch von den Deinen gesagt werde: Sie sagen, sie sind ein Saame der böhmischen Brüder, und sind es nicht. Es ist Zeit, liebe Tochter, daß du einer solchen Lüge zuvorkommt. Denn es wird Wahrheit aus ihr, wenn manche deiner Söhne fleischlichen Muth willen treiben, sich dem Joch der Zucht entziehn, indem sie Gefallen finden an der Freiheit des Fleisches, an Bequemlichkeit, an reichlichen Ein künften, an Zusammenscharren von Geld, so daß sich bei Vielen das Hirtenamt in einen Lohndienst verwandelt hat. So gut, wie es anderswo ge schieht, habt auch ihr gelernt, das Haus Gottes für Geld auf- und zuzuschließen, gegen das Ge bot Gottes und das Beispiel eurer Väter. Wenn
58
die Jungen bei den Alten, die Söhne bei den Vätern wohnen, so verlangen und bekommen sie Bezahlung nach dem Beispiele der Fremden. Und was thun nicht die Alten! Man sieht nur zu deutlich, daß der Geist meiner Väter von euch, meinen Söhnen, gewichen ist, denn ihr habt den Schlüffel des Verständnisses verloren, von dem dort Laditius geschrieben hat, daß eure Väter eine besondere Meisterschaft darin besaßen, Ordnung aufrecht zu halten, Zucht, Eintracht, und im In nern Liebe unter einander, ohne den Zwang äußerer Macht oder die Hülfe des weltlichen Ar
mes. Aber mit euch, meine Lieben, sowohl vom polnischen als auch vom böhmischen und mährischen Volk ist es nun dahin gekommen, daß ihr weder euch selbst, noch eure Geistlichen, noch die ge wöhnlichen Leute in Ordnung halten könnt, ja nicht einmal eure jungen Leute, mit denen ihr euch selbst keine Mühe geben wollt, weswegen ihr sie in ausländische Schulen geschickt habt und noch schickt, damit man ihnen eine Feile gebe. Und was bringen diese Anderes mit sich als Ungebun denheit, Fremdes in ihren Gewohnheiten, Wunder liches in ihrer Tracht, Afterweisheit in ihrem
59
Gehirn, kurz Alles eher, als die Einfalt Christi und der lieben Vorfahren, und handeln dann, wie es geschieht, bis Alles seinem Ursprung ent
fremdet wird, und sich selbst nur wenig ähnlich sieht. So kommt es, daß das Volk, Unterthanen und Patrone, großentheils matt werden und er kalten, und nicht Wenige bei jedem Wind der Anfechtung, wie Bäume, die keine gesunden Wur zeln mehr haben, umgeworfen werden; so daß auch bei euch allmählig Alles schwach wird und sich zum Falle neigt. Gehet daher in euch, meine Söhne, ehe der Herr auch euch zu Boden wirft, und kommt durch aufrichtige Besserung und Ex neuerung alles Guten seinem Zorn zuvor, damit er nicht auch euren Leuchter von seiner Stelle wegstoße. 13.
-
Sollte er ihn aber wegstoßen, und auch
euch zu Ende gehn laffen (der, welcher bei seinem Hause das Gericht anfängt, und „was ihm nicht gefällt, zu zerstören anhebt, bis er es völlig zer stört hat, damit er von Grund aus baue), und sollte dadurch meine Ordnung, Zucht, Reihenfolge, und mein ganzer kirchlicher Dienst aufhören, was werdet dann ihr, meine Ueberreste von den Geist
60
lichen und dem Volk, thun? Diesen Rath ertheile ich euch, meine Söhne: Sollten. Einige von den Predigern übrig bleiben, die zu Hause niemand zu predigen und zu bedienen haben, so dienet Christo, wo ihr könnt, in irgend einer evange lischen Kirche,die eure Dienste begehrt; aber denkt dabei nur daran, daß ihr in meiner Einfalt, in der ich euch geboren, und zu der ich euch ange leitet habe, den graden Mittelweg geht, nicht Einen beidem Andern verläumdet, und euch nicht zur Verstärkung der unter ihnen stattfindenden Uneinigkeit hergebt, sondern eher Liebe, Einigkeit und alles nur mögliche Gute in der Kirche, unter dem euch anvertrauten Volk aber nur den reinen
Glauben an Christum und eifrige Gottesfurcht und die Hoffnungder süßen Ewigkeit aufzurichten, und ihnen durch die That zu beweisen sucht, wo her ihr gekommen seid. Aber, ihr verwaisten Zu hörer, sollte es dahin kommen, daß ihr den lau teren, kirchlichen Gottesdienst nach der Ordnung der Brüdergemeine nicht mehr haben könnt, so nehmt diesen Rath an, daß ihr auf die sehet, die also wandeln, wie ihr uns habt zum Vorbilde (Phil. 3, 17), nämlich solche, die euch nicht lehren,
-- -----
--- -- --
… - -- - -- - –
61
irdischen Meistern, Vätern und Führern zu folgen, sondern euch zu dem einigen Meister, Vater und Führer hinweisen, der im Himmel ist (Matth. 23, 8). Und indem ihr euch einer solchen Kirche anschließt, in welcher ihr das wahre Evangelium Christi findet, betet für ihren Frieden, und sucht sie im Guten zu erbauen, und indem ihr euer Beispiel in andern guten Dingen leuchten laßt,
so thut dies besonders durch eifriges Gebet,damit der Zorn des Allmächtigen, welcher über die ganze, in so viele Irrthümer und Spaltungen hinein gerathene Christenheit gerechter Weise gekommen ist, wenigstens bei mir, und euch, meinen Söhnen, zum Stehen gebracht werde (3 Makk. 7. 38). 14. Auch euch kann ich nicht vergessen, liebe Schwestern, ihr evangelischen Kirchen, noch auch dich, unsere Mutter, von der wir gekommen sind, römische Kirche! Du warst unsere Mutter, aber du bist uns zur Stiefmutter geworden, ja du hast dich in eine Auerkuh verwandelt, die das Blut
ihrer Kinder schlürft. Ich wünsche dir, daß du doch in deinem Alter in dich gehet und Buße thust, und ausgeht aus dem Babel deiner Gräuel.
Dazu vermache ich dir, wenn es dir noch irgend
62 helfen kann, mein Beispiel, da ich dem Gott, welcher in unserm Elend an uns dachte, die Ehre gegeben habe, und im Lichte seines Wortes wan delnd, durch seine Barmherzigkeit aus der Finster
niß deines Götzendienstes ausgegangen bin. Willst du aber nicht Buße thun, so vermache ich dir nichts, außer im Innern den Wurm eines bösen Gewissens, und von außen stelle ich wider dich als Zeugniß das Blut meiner Söhne, und andrer Zeugen Jesu Christi, die du gemordet hast zwi schen dem Tempel und Altar. Du geberdest dich wie das geistliche Jerusalem, und freilich bist du's, aber ähnlich dem Jerusalem, wie es zur Zeit der
Propheten und Christi und der Apostel war, und was der Herr als Zeugniß wider dasselbe aus gesprochen hat, das hinterlasse ich dir als Erb
theil: Jerusalem, Jerusalem, die du tödtelt die Propheten, und steinigt, die zu dir gesandt sind! Wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne versammelt ihre Küchlein unter
ihre Flügel, aber ihr habt nichtgewollt. Siehe, euer Haus soll euch wüste gelaffen werden (Matth. 23, 37, 38). Das ist dein Urtheil, du Jerusalem des neuen Bundes! harre der Voll
63
streckung! Deinen Söhnen aber vermache ich das Recht, welches Gott ihnen gegeben hat, daß sie
sich annehmen der Ehre des ewigen Vaters, dem fie von dir geboren sind (Hes. 23, 24), daß sie rechten mit dir, ihrer Mutter, und beweisen, du eist nicht sein Weib, wenn du nicht deine Hu rerei von deinem Angesicht wegthust (Hos. 2, 2). Wenn du dich aber auch so nicht beffert, und dich über die Rückkehr deiner Söhne zu ihrem Vater nicht freut, so vermache ich den Königen der Erde, welche dich bis jetzt auf ihrem Rücken ge
tragen haben, göttlichen Eifer, daß sie dich ver abscheuen, wie eine unreine Braut, und dich mit Feuer verbrennen (Offenb. 17, 16). 15. Auch zu euch, geliebte Schwestern, rede ich, die ihr nach dem Willen Gottes (Ho . 2, 2) rechtet mit dieser eurer Mutter, um euch wieder,
so wie ich, mit dem ewigen Bräutigam verloben zu lassen, damit ihr den Herrn erkennt (Hos 2,
20). Freuet euch mit mir, daß euch die Gnade
zu Theil geworden ist, nicht allein an Christum zu glauben, sondern auch um seinetwillen zu lei den (Phil. 1, 29). Gnade, Gnade, Gnade ist uns widerfahren, daß der ewige Bräutigam durch
64
eine zu uns gesandten Brautführer sich uns kund gethan und uns sich hat verloben laffen als seine
Braut. Mir wurde der treue Freund des Bräu
tigams (Joh. 3, 29), Magister Johann Huß, ge sandt, dessen Zeugniß, ich um so lieber ange nommen habe, da er es mit seinem Blute, befie
gelt hat. Dir, deutsche Kirche, wurde Doktor Martin Luther gesandt, in Geist und Kraft des Elias (Luk. 1, 17), und du hast wohl gethan, daß du das brennende und scheinende Licht nicht
verwarfest, sondern in dem Licht, das er dir dax reichte, fröhlich warst (Joh. 5, 35). Auch dir, helvetische Kirche! wurde Johann Calvin gesandt,daß er dich vertraue und zubrächte, als eine reine Jungfrau dem Einen Manne, Christus (2 Kor. 11,2), und du hast wohlgethan, als die Stimme der Turteltaube sich hören ließ, daß du dich aufgemacht und bereitet hat, und
deine Feigenbäume haben Knoten gewonnen, und deine Weinstöcke haben Augen gewonnen, und ihren Geruch gegeben (Hohelied 2, 12, 13). Laffet uns im Herrn uns freun, und fröhlich sein in un erm Gott, denn er hat uns angezogen mit Klei dern des Heils, und mit dem Rock der Gerech
65
tigkeit gekleidet, wie eine Braut, die sich in ihrem Geschmeide bärdet (Jes. 61, 10). Aber doch habe ich, eure nun von euch scheidende Schwester, euch noch etwas zu sagen, geliebte Schwestern; höret mir zu! 16. Du, deutsche Kirche! warst meine liebste
Schwester, die mir der Herr, als ich hier in mei ner Einsamkeit umherblickte, zuerst zu meinem Trost erweckt hat, und die ich herzlich geliebt habe, obgleich deine Liebe zu mir, wegen meiner Einfachheit, bald erkaltete. Das liebste Kleinod, das mir mein Herr anvertraut hat, habe ich gleich anfangs nicht unterlaffen dir anzubieten, indem ich begierig war, es dir mitzutheilen; auch höre ich nicht auf zu wünschen, daß ich noch im Ster ben dir nützlich werden möchte; und was ich am meisten zu deinem Heil dir wünsche, das vermache ich dir als Erbtheil; eine strengere Ordnung, als du hast, eine ordentlichere Zucht, und ein besseres Verständniß der Lehre von der Rechtfertigung, ohne jenen so schändlichen Mißbrauch, wie er bei deinen Söhnen überhand nimmt.
Gut hat der
angefangen, den dir der Herr zum Führer gab, aber die, welche an seine Stelle kamen, haben die 5
66
gute Sache nicht gut geführt. Seine Arbeit war,
fast ein ganzes Leben hindurch, Babel zu zer stören; es war auch nicht anders möglich, denn
nicht durfte ein Werk, von Menschen gegründet, an der Stelle ein, wo das Werk des Allerhöchsten
anfing zum Vorschein zu kommen (4 Esra 10,54). Als es aber zum Aufbau Zions kommen sollte, und der Herr ihn von der Arbeit zur Ruhe ab rief, da ließen es seine Gehülfen, die bauen sollten, in dem Zustand, und indem sie sich nur an das
hielten, was er ausgerichtet, nahmen sie es als ihren Gewinn hin, unter den Trümmern zu woh nen. Denn ihr habt ja kaum etwas Anderes,
als was er vom Papstthum nicht zerstört hat, und wovon er urtheilte, daß es
stehn bleiben
könne; das ist euer Palast, darin triumphiert ihr; wovon aber Andere geurtheilt haben und noch urtheilen, daß es auch zerstört werden muß, das
habt ihr nicht nachträglich zerstört, noch wollt ihr davon etwas hören, geschweige daß zur Aufrich tung einer schönen kirchlichen Ordnung,zur Grün dung derselben auf dem Grunde der Einigkeit, zum Ausbau derselben durch die Mauer der Zucht, und zur Erhöhung der Thore, und zur Ein
67
hängung der Thüren in dieselben, nebst Riegel und Schloß mit den Schlüffeln Christi fortge schritten wäre. Vielmehr habt ihr im Geiste an gefangen und vollendet im Fleisch, wie jene sonst eifrigen Galater (3,3), nur aufumgekehrte Weise; jene begannen ihr Christenthum im Glauben, und
wollten endigen mit den Werken des Gesetzes, ihr habtim lebendigen Glauben angefangen,und endigt im todten Glauben, wie er es ja ohne Werke ist. O meine Freunde! ich, der ich unter der Zucht des starken Gottes stehe,will euch lehren (Hi 27,11), und wünsche, ihr möchtet es merken,daß Christum zu erkennen, ohne Christo nachzufolgen, und sich des Evangeliums zu getrösten, ohne das Gesetz der Liebe, worauf das Evangelium hinzielt, zu beobachten, nicht. Anderes ist, als Mißbrauch des
heiligen Evangeliums, und klarer, wenn auch jenem ersten im Papstthum entgegengesetzter, Be trug und Lüge.
17. Dir aber, helvetische Kirche! die du mir als Liebhaberin der Ordnung und Zucht zu meinem Troste gegeben wurdest, was soll ich dir vermachen? Den Sinn der Beharrlichkeit, des
Wachsthums in allem Guten, nach dem Auftrag
68
Christi, daß wer fromm ist, immerhin fromm sei, und wer heilig ist, immerhin heilig(Offenb.22,11). Bist du nun, geliebte Schwester, auch unter der Zahl derjenigen, denen es gegeben ist, die Gaben und die Gnade Gottes nach und nach zu erlan gen, so laß mich dir auch etwas zugeben, den Wunsch nämlich, daß, wenn du dir einbildet, et was Besonderes zu haben, du es auch wirklich habet, und daß du nicht, durch deine Einbildung verführt, mit den Schalen spielt, sondern zum Kern durchdringelt. Daher wünsche ich dir zu erst Aufrechthaltung der Gottesfurcht und der dazu dienenden Ordnung, Zucht, Einmüthigkeit in fleißigeren Werken, damit es nicht blos der Anstrich, sondern die Sache selbst sei. Im Den ken wünsche ich dir mehr Einfalt und weniger Grübelei, sparsameres Reden von Gott und sei nen übertiefen Geheimniffen, als sich dies bei Einigen deiner Söhne findet, wodurch sie auch dich und sich in klägliche Spaltungen hineinge führt haben, und indem sie sich gegen dich und untereinander zusammenrotteten, sind aus dir
hervorgegangen. Wiedertäufer, Socinianer, Armi nianer und anderes vielgestaltiges Geschmeis,
69
Besonders liegt dies jetzt in England am Tage, wo die Scheu vor der weltlichen Macht eine Zeit lang aufgehört hat; dort haben deine Söhne, die immer nach neuen Dingen trachten, und bei nichts stehen bleiben können, sich selbst der Kirche Gottes zu einem traurigen und ärgerlichen Schauspiel, dir aber einen schlechten Namen unter den Völkern
gemacht. O geliebte Schwester! Gott gebe, daß alle deine Söhne mit David beten lernen: Schlecht
und recht, das behüte mich (Ps. 25, 21). 18. Euch christlichen Gemeinen allen insge jammt vermache ich eine Sehnsucht nach Einige keit, nach Versöhnung und Verbindung zur Ein heit des Geistes im Glauben und in der Liebe. O daß doch über euch. Alle der Geist kommen möchte, den mir der Vater der Geister gleich von Anfang an verliehen hat, daß ihr nämlich eben so herzlich, wie ich es gethan, euch sehnen möch tet nach Verbindung in der Wahrheit des Christen thums mit allen denen, die den Namen Christi in Wahrheit anrufen. O möchte euch Gott den Grundsatz finden laffen, wie er mich ihn hat fin den laffen, von dem Wesentlichen, Abhängigen und Zufälligen, damit ihr Alle verstehn lernt,
70
wofür man eifern oder nicht eifern, wofür man mehr oder weniger eifern muß, und euch
des
Eiferns im Unverstand enthaltet, das nicht zur Erbauung, sondern zur Zerstörung der Kirche dient, dagegen da, wo feuriger Eifer nöthig ist, für die Ehre Gottes bis zur Daransetzung eures
Lebens feurig eifern lernt. O daß ihr euch doch Alle sehntet nach wahrer Theilhaftigkeit an der Barmherzigkeit Gottes, nach wahrer Theilhaftig keit an dem Verdienste Christi, nach wahrer Theil haftigkeit an den so süßen, inneren Gaben des heiligen Geistes, welches Alles man durch wahren Glauben, wahre Liebe und wahre Hoffnung zu Gott erlangt; darin besteht dasWesen desChristen thums. Dies aber erlangt man wiederum durch den Dienst der von Gott verordneten Diener,
mittelt des Wortes, der Schlüffel und der Sakra mente, deren Kraft sich am besten inwendig als Kraft des Geistes beweist, wenn man sich der
selben schlicht und aufrichtig, demüthig und zu versichtlich, als von Gott gegebener Mittel, ohne von Menschen erdachte Form und Schmuck be dient. O möchtet ihr doch Alle verstehn, was unser Herr gesagt hat: das Reich Gottes kommt -
-
71 nicht mit äußerlichen Geberden, denn es ist in wendig in euch (Luk. 17, 20, 21); daß ihr euch
Alle das Eine angelegen sein ließet, nämlich das gute Theil, welches Maria erwählte, als sie sich still zu den Füßen des Herrn setzte, und das Herumlaufen unterließ, damit ihr endlich das treffet, worüber das Herz unsers Erbarmers froh
locken würde, der ja für uns. Alle zum Vater ge betet hat, nämlich auf daß sie. Alle eins seien (Joh. 17, 21), daß Alle, die sich zum Hause der Kirche rechnen, nur ein Haus Gottes würden, ein in sich wohlgeordnetes und allseitig verbun denes Haus, und ein Gesinde Gottes in einem
Hause, unter einerlei göttlicher Aufsicht, in Ein tracht, Liebe und gegenseitiger Hülfsleistung da stehend wie ein Leib, wenn auch von vielen Glie dern und doch durch alle Gelenke in Handreichung
verbunden, zum Wachsthum und zur Besserung seiner selbst in der Liebe (Eph. 4, 16),damit doch endlich einmal für die christliche Kirche, ja für
die Engel die Zeit komme, den Gesang anzustim men: Siehe, wie fein und lieblich ist es, weuu Brüder einträchtig bei einander wohnen (Ps. 133. 19. Dich aber, böhmisches und mährisches
72
Volk dich mein liebes Vaterland kann ich bei meinem letzten Abschied von dir auch nicht ver
geffen, sondern zu dir vor Allem wende ich mich, und mache dich zum Haupterben meiner Schätze, die mir der Herr anvertraut hat, nach dem Bei spiel mancher reichen römischen Bürger und ihnen benachbarter Könige, welche sterbend den römischen
Staat, der die Leitung des Erdkreises in Händen hatte, in ihrem Testament zum Erben ihres Be fitzthums einsetzten. Ich habe aber die Zuversicht zu Gott, daß die Windsbraut des Zornes, die unsere Sünden über unser Haupt geführt haben, vorübergehn wird, und daß die Leitung deiner Angelegenheiten dir wird wiedergegeben werden,
o böhmisches Volk! Und in dieser Hoffnung mache ich dich zum Erben alles dessen, was mir
meine Vorfahren hinterlassen haben, und was ich in schweren und harten Zeiten aufbewahrt habe;
und auch alles Gute, worin ich durch die Arbeit meiner Söhne und den Segen Gottes reicher ge worden bin, das Alles insgesammt vermache und schenke ich dir, und zwar namentlich: Vorerst die Liebe zur Wahrheit Gottes, der
reinen, die uns der Herr zuerst vor andern Völ
- -- -
--
-- - -
-
- --
-
73
kern durch den Dienst unsers Magisters Johann Huß hatzeigen wollen,und die derselbe nebst einem Gehülfen und vielen andern gläubigen Böhmen mit seinem Blute besiegelt hat, und von der dich der Antichrist damals durch eine List auf der basler Kirchenversammlung, nun aber durch krie
gerische und grausame Gewalt abgebracht hat, die ich aber mit meinen Söhnen, welche willig waren ans Licht zu kommen, bis daher zu erhal ten gesucht habe; dein ist das Erbe, dir vor andern Völkern gegeben, o liebes Vaterland! Eigne dir dein Recht wieder an, als das deinige, wenn dir der Herr Barmherzigkeit erzeigt, und der Herr, dein Erbarmer, seiner Wahrheit wieder Eingang verschafft. Zum Andern empfehle ich dir ein eifriges Ver
langen nach immer völligerem und klarerem Ver ständniß diesergöttlichen Wahrheit,damit du, nach dem du den Herrn erkannt,dich befleißigest, ihn im
mer reichlicher zu erkennen (Ho . 6, 3). Und weil uns der Herr aufgetragen hat, in der heiligen Schrift zu forschen (Joh. 5, 39), so vermache ich dir als Erbtheil das BuchGottes,die heilige Bibel, welche meine Söhne mit großem Fleiß aus den
74
Ursprachen, in denen sie Gott hat schreiben laffen, in’s Böhmische übertragen haben, indem mehrere
gelehrte und gläubige Männer an funfzehn Jahre auf diese Arbeit verwandt haben; und Gott der Herr hat dies so gesegnet, daß es nur erst wenige Völker giebt, welche in ihrer eigenen Sprache die heiligen Propheten und Apostel so richtig, deut lich und schön reden gehört haben. Nimm dies also hin als dein besonderes Kleinod, mein liebes Vaterland, und brauche es zur Ehre Gottes, und dir zur guten und heilsamen Erbauung. Und obgleich die Feinde die Exemplare dieses göttlichen Buchs verbrannt haben, wo sie dieselben auftrei -ben konnten, so wird doch die Barmherzigkeit
Gottes, der die von dem gottlosen König Joja kim zerschnittenen und verbrannten Schriften des Jeremias aufs neue zu schreiben befahl(Jer.36), und das von dem Tyrannen Antiochus zerriffene und verbrannte Gesetz Gottes (2 Makk. 1, 59) bald darauf, indem er den frommen Ptolomäus erweckte, in die griechische Sprache übertragen, und andere Völker damit bekannt werden ließ,
auch dir dies Buch Gottes erhalten; das glaube und daran zweifle nicht.
---
75
Zum Dritten empfehle ich dir auch besonders eine besondere Liebe zu der kirchlichen Ordnung und liebreichen Zucht, wie sie unter Kindern Gottes sein soll und muß, damit Christo künftig unter euch nicht nur als dem Propheten die Kanzel, nicht nur als dem Priester und Bischof der Altar, sondern auch als dem Könige der Thron und das Scepter, um Gericht zu halten über die Ungehorsamen, übergeben werde. Was mir darin die Gnade des Herrn gegeben hat, das habe ich nicht verborgen gehalten, sondern ans Licht gebracht. Brauche auch dies zu deinem Besten, mein liebes Vaterland, entweder so, wie es bei mir war, oder wie es am meisten zur Er bauung dienen kann, nach der heiligen Schrift und dem Beispiel der ersten apostolischen Kirche; denn es ist am sichersten, auf alten Grund zu bauen, wenn der Tempel Gottes erneuert wird (Esra 3, 3?).
Zum Vierten übergebe ich euch Eifer, Gott dem Herrn zu dienen, und ihm zu dienen mit
einträchtigem Arm. Daßich von meinem Ursprung an darnach gestrebt habe, das beweisen die Ge denkschriften meiner Vorfahren, und die von mei
76
nem Thun verfaßte Geschichte des Johann Lafi tius. Zwar konnte ich nicht zum vollen Genuß davon kommen, nur daß ich im Jahr 1575 dem gemeinsamen Bekenntniß unters Volks unter bei derlei Gestalt und im Jahr 1610 dem gemein samen Consistorium beigetreten bin. Aber gebe Gott nach seiner Barmherzigkeit – und diesen
Wunsch besiegele ich mit meinem Leben oder Tod, wie es der Herr befiehlt – daß die dritte Ver einigung die vollkommenste sei, nämlich zwischen allen Uebrigen meiner Kinder und allen andern Uebrigen gläubiger Böhmen, damit das Holz Judas und das Holz Ephraims in der Hand Got tes ein Holz werde, wenn der allmächtige Herr, dem nichts unmöglich ist, unsere zerstreuten Ge beine wieder sammelt, die mit Fleisch und Haut überzieht, und mit dem Odem des Lebens erfüllt (Hesek. 37,ganz). Zum Fünften übergebe ich dir und deinen Söhnen auch die Emsigkeit im Ausfeilen, Reinigen und Ausbilden unserer lieben und liebenswürdigen Muttersprache; meiner Söhne Sorgfalt dafür war in den vergangenen Zeiten bekannt, indem Urtheilsfähigere oft sagten, daß es kein besseres
77
Böhmisch gebe, als unter den Brüdern und in ihren Schriften. Aber auch noch jetzt haben sich Einige der Meinen fleißiger darauf gelegt, selbst in ihrer Verbannung aus dem Vaterland, um durch die Abfaffung nützlicher Bücher, geschrieben mit einer feiner als früher geschnittenen Feder, deinen Söhnen zu Hülfe zu kommen, damit sie um so leichter jederlei edle Schönheit in Gegen ständen und Worten, in Weisheit und Wohl redenheit einführen und die so eben erlittene Ver wüstung glücklich wieder gut machen können, wenn der Herr nur Zeiten der Erquickung her beiführt. Was sich nun der Art findet, alte oder neue Bücher, das nimm und eigne dir von mei nen Söhnen an, um es zu brauchen, wie es dir am besten scheinen wird. Zum Sechsten empfehle ich dir eine bessere, sorgsamere und erfolgreichere Jugenderziehung, als sie zu sein pflegt. Ich habe es darin ver sehen, daß ich die Jugend Fremden anvertraut habe, die mir meine Söhne verzogen und ver dorben haben. Sollte es Gott gefallen, mir wie der Zeiten der Freiheit zu geben, so würde ich trachten, mich darin zu beffern; da ich aber alle
------- -
78
Hoffnung verloren habe, so bitte ich dich, gelieb tes Vaterland! inständig, die Verbesserung dieser Sache zu übernehmen. Auch darin haben. Einige meiner Söhne stark gearbeitet, nnd haben eine Methode (oder Weise) zu befferer Erziehung der
Jugend angegeben, die auch einige fremde Völker, und zwar ohne Unterschied des Gottesdienstes, angefangen haben anzunehmen. Aber dir kommt es vorzüglich zu, mein Vermächtniß nicht zu ver
nachlässigen, wenn es dir zu einer Zeit meine Söhne übergeben werden. Kurz meinen ganzen Nachlaß empfehle ich dir, mein liebes Vaterland,
wie die Asche nach meiner Verbrennung, damit du dir daraus eine Lauge bereitet, um deine Kinder rein zu waschen, wie mir der Herr bei meinem Ursprung gethan hat, indem er mich und
meine Kinder aus Huffens Asche hervorrief. 20. Aber was soll ich weiter reden? Ich muß aufhören, und mich von dir verabschieden, mein liebes Vaterland! Aber wie denn? So wie der
Patriarch Jakob, als er sich auf seinem Sterbe
bett von seinen Söhnen verabschiedete, ihnen einen
Segen ertheite; wie auch Moses that, als er von feinem Volk schied. Indem ich aus ihrem
-
-
-
-
-
79
Munde die Worte nehme, spreche ich sie auch über dich, o böhmisches Volk, als Abschiedsegen von Gott deinem Herrn aus, daß du dennoch seit und bleibet ein wachsender Zweig, ein Zweig, wachsend an der Quelle, ein Zweig,wachsend über die Mauer; obgleich dich mit Schmerzen erfüllen und nach dir schießen dieSchützen,die dich heimlich haffen, so bleibe doch fest dein Bogen und fest die Arme mit deinen Händen, von der Hand des Mächtigen Jakobs, von dem starken Gott, dem deine Väter gedient haben, der dir hilft, und von dem Allmächtigen, der dich segnet mit himm lischen Segen von oben, mit Segen der Tiefe, die unten liegt, mit Segen der Brüste und des Mutterleibes. Mein Segen sei stärker, als der Segen meiner Vorfahren, bis zu den Gränzen der ewigen Hügel (1. Mos. 49, 22–26). Lebe in
Gott,du geheiligtesVolk, stirb nicht,deine Männer seien ohne Zahl. Segne, o Herr, seine Ritter schaft, und laß dir das Werk seiner Hände wohl gefallen. Zerschlage die Hüften seiner Widersacher, daß seine Haffer sich nicht erheben. Es kommt deine Zeit, da die Völker von dir sagen werden:
Wohl dir,Israel, wer ist dir gleich, o Volk, erlöst
-
80
vom Herrn, der deiner Hülfe Schild und das Schwerdt deiner Hoheit ist. Deine Feinde wer
den erniedrigt werden, aber du wirst auf ihren
Höhen einhertreten (5. Moj.33, 6.11. 29). Dein, o Herr, ist die Hülfe, und dein Segen über dei nem Volk! Sela. (Ps. 3, 9).
-.
.
.
74
-
Druck von Hüthel & Legler in Leipzig.
- -- -
887
-- -
/77
Das Leben
des
Johann Amos Comenius, Bischofs der böhmischen Brüderkirche,
(nach Palacky) und dessen
Testament der sterbenden Mutter der Brüder-Unität.
Aus dem Böhmischen übersetzt,
Leipzig. C. H. Reclam sen. 1866.
FFHSH
& S.
---
…--_-_----*
-
-
-
---
z-H. Reclam sen. in Leipzig -
erschienen und
-
durch alle Buchhandlungen zu beziehen -
Altes und
M -
- - -
„ dem Gebiete der inneren Seelenkunde Herausgegeben von Hofrath Prof. Dr. G. H. v. Schubert.
- -
1. u. 2. Bd. Dritte verbesserte und schön ausgestattete Ausgabe. 1849. Preis 1 %, Thtr.
-
Der Inhalt dieses weltbekannten Buches bedarf bei einer 3. Auflage gewiß keiner neuen Empfehlung. Jeder christlich Hausvater, Hausmutter und Lehrer der Jugend findet in diesem Buche den rechten Rath und Trost für alle Kreise eines rein
durchzuführenden christlichen Wandels in wirtlichen -
fachen veranschaulicht und zur Nachahmung verliebendig
Die Epistel Pauli an Philemon in Bibelstunden zur Erbauung für das christl. Bolt ausgelegt -
-
2 Bände. und 1856F. R.1852 Kühne, Pfarrer15 Migr.
Lehen und Wirken
-
der hervorragendsten Protestanten Betrachtet aus katholischen Glaubensprincipien Jr. Bilgram Erstes Heft: Leben und Wirken des Grafen Mit Ludw vor Zinstendorf. 10 Bogen 8. geheftet. 24. Mai Der Verf. versucht hier darzusthun, daß die protestantisch
Größen, insofern sie vom Geist lebendigen Christenthum-durch drungen worden, eine Annäherung an die katholische Kirch namentlich in den Punkte gekommen, den man als den Kaidimalpunkt des Protestantismus ansieht, die Lehre von der
Rechtfertigung. Die kathol. Blätter für Lit- zur Sion Nr. 21 u. folg, nennen dies Buch eine meisterhafte Monographie Druck von Hüthel & Legler in Leipzig