Franz Hartmann, Redakteur - Lotusblüten, Band IX., 1897

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£ofusblüfhen

Ein monatlich erscheinendes Journal

enthaltend

Originalartikel und ausgewählte Übersetzungen

aus der orientalischen Litteratur

in Bezug auf die Grundlage der Religionen des

Ostens und der THEOSOPHIE.

"cofusblüfhen.

Herausgegeben von

FRANZ HARTMANN, M. D.

Mitglied der Theos. Oesel1sch, in Amerika.

Jahrgang 1897. L Semester.

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(Heft LII—LVTI.)

LEIPZIG.

Verlag von Wilhelm Friedrich.

Ein monatfich erscheinendes Journal

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enthaltend

Originalartikel und ausgewählte Übersetzungen aus der orientalischen Litteratur in Bezug auf die Grundlage der Religionen des Ostens und der THEOSOPHIE. Herausgegeben von

FRANZ HARTMANN, M. D. Mitglied der Theo•• Gue11lcb. iJl Amerika.

Jahrgang 1897. I. Semester. (Heft LII-LVII.)

LEIPZIG. Verlag von Wilhelm Friedrich.

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Inhaltsverzeichnis.

Seite

Lotusblüthen und Theosophie 1

Lust und Schmerz. Von Mabel Collins 8, 9o

Christliche Mystik. Aus Angelus Silesius 22, 98

Theosophie in China 33. '39

Bruchstücke aus den Mysterien 51, 359

»Lucifer« 79

Inhaltsverzeichnis.

Moderne Legende. Von Dor. Goebeler 149

Mystik und Mysticismus 161

Die Erkenntnislehre der Bhagavad Gita. 174, 252, 318, 427

Karma 194, 277, 333, 44o

Ein Blick in die Kabala 233

Seite

Ein Märchen 297

Über die »Geheimlehre« von H. P. Blavatsky und ihre Quelle 3o9

Lotusblüthen und Theosophie .

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1

Das Leben und die Lehren von Paracelsus 387

Briefkasten 75, 152, 222, 299, 378

Lust und Schmerz.

Von Mabel Collins

Christliche Mystik.

Aus Angelus Silesius .

8, 90

Theosophische Rundschau No. I, 2, 3.

Theosophie in China .

.

.

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.

22,

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.

Bruchstücke aus den Mysterien Generated for John Patrick Deveney (University of Chicago) on 2014-11-22 18:06 GMT / http://hdl.handle.net/2027/hvd.hnue9i Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www.hathitrust.org/access_use#pd-us-google

:.Lucifer« .

.

.

Modeme Legende.

.

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.

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33. 139 51. 359

.

79 149

Von Dor. Goebeler.

Mystik und Mysticismus.

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161

Die Erkenntnislehre der Bhagavad Gita.

174t 25 2 , 3 18, Kanna . . . . . . . . 194t 277, 333, Ein Blick in die Kabala. . . . . • . . . • • • Ein Märchen. . . . . . . . • • • . . . . . Über die »Geheimlehre« von H. P. Blavatsky und ihre Quelle Das Leben und die Lehren von Paracelsus . . . Briefkasten . . . . . . . • . 75, 15 2 , 222, 299.

Theosophische Rundschau No.

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98

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42 7 440 233 297 309 387 378

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Lotusblüthen und Theosophie.

..Zu Richtern wirft sich auf der Schriftgelehrten Zunft

Doch wir empfehlen Dir Schiedsrichterin Vernunft."

Eückert.

w enn auch heutzutage unter dem Na-

men »Theosophie« sich vielfach hohle Schwär-

merei und ein krankhafter Mysticismus ver-

birgt, so bedeutet doch das Wort d-eöv ocxpia

in seinem wahren Sinne nichts anderes als

die Erkenntnis Gottes und aller seiner Werke;

mit anderen Worten: die Erkenntnis der

ewigen Wirklichkeit und ihrer Offenbarun-

gen in der ganzen Natur. Die Erkenntnis

Lotusblüthen und Theosophie.

der Wahrheit ist das Höchste, wonach der

Mensch streben kann; denn es kann n1chts

Höheres gefunden werden als dasjenige, was

wahr, wirklich, wesentlich und die ewige,

unvergängliche Grundursache alles Vergäng-

lichen im Reiche der Erscheinungen ist. Die

"Zu Richtern wirft sich auf der Schriftgelehrten Zunft Dooh wir empfehlen Dir Sohiedsriohterin Vernunft." Rüokert.

Erkenntnis der Wahrheit ist der Endzweck

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Lotushlüthon LH. I

Wenn auch heutzutage unter dem amen »Theosophie« sich vielfach hohle Schwärmerei und ein krankhafter Mysticismus verbirgt, so bedeutet doch das Wort {tEOV ooq;la in seinem wahren Sinne nichts anderes als die Erkenntnis Gottes und aller seiner Werke; mit anderen Worten: die Erkenntnis der ewigen Wirklichkeit und ihrer Offenbarungen in der ganzen Natur. Die Erkenntnis der Wahrheit ist das Höchste, wonach der Mensch streben kann; denn es kann nichts Höheres gefunden werden als dasjenige, was wahr, wirklich, wesentlich und die ewige, unvergängliche Grundursache alles Vergänglichen im Reiche der Erscheinungen ist. Die Erkenntnis der Wahrheit ist der Endzweck Lotushlüthon LU.

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des Daseins eines jeden einzelnen Menschen

und das Ziel der ganzen Menschheit ist, dass

des Daseins eines jeden einzelnen Menschen und das Ziel der ganzen Menschheit ist, dass sich alle Menschen in dieser Gotteserkenntnis, welche die wahre, über allen Selbstwahn erhabene Liebe ist, zusammenfinden. Wird diese Wahrheit überall erkannt und diese Liebe durch die That-- verwirklicht, so werden alle die Reformen, welche die Menschheit jetzt ohne diese Liebe auf erkünsteltem Wege zu erzwingen sucht, von selber eintreten und die Erde nicht länger ein Ort der Qual für Millionen von Geschöpfen, sondern für alle ein Himmel sein.

sich alle Menschen in dieser Gotteserkennt-

nis, welche die wahre, über allen Selbstwahn

erhabene Liebe ist, zusammenfinden. Wird

diese Wahrheit überall erkannt und diese

Liebe durch die That verwirklicht, so wer-

den alle die Reformen, welche die Mensch-

heit jetzt ohne diese Liebe auf erkünsteltem

Wege zu erzwingen sucht, von selber ein-

treten und die Erde nicht länger ein Ort

der Qual für Millionen von Geschöpfen, son-

dern für alle ein Himmel sein.

Diese Erkenntnis der Wahrheit und Ver-

einigung ist das Endziel aller Religion und

Wissenschaft und es kann auf keine andere

Weise erreicht werden, als dass jeder Ein-

zelne darnach bestrebt ist, nicht bloss auszu-

forschen suchen, ob diese oder jene Theorie

wahrscheinlich richtig ist, sondern die Er-

kenntnis der Wahrheit in seinem eigenen

Innern zur lebendigen Kraft werden zu las-

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sen. Wer die Einheit des Wesens aller Ge-

schöpfe in Wahrheit richtig erkennt, der

liebt in allen Menschen nicht bloss seinen

»Nächsten«, sondern sein eigenes göttliches

Diese Erkenntnis der Wahrheit und Vereinigung ist das Endziel aller Religion und Wissenschaft und es kann auf keine andere Weise erreicht werden, als dass jeder Einzelne darnach bestrebt ist, nicht bloss auszuforschen suchen, ob diese oder jene Theorie wahrscheinlich richtig ist, sondern die Erkenntnis der Wahrheit in seinem eigenen Innern zur lebendigen Kraft werden zu lassen. Wer die Einheit des Wesens aller Geschöpfe in Wahrheit richtig erkennt, der liebt in allen Menschen nicht bloss seinen »Nächsten«, sondern sein eigenes göttliches

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Selbst, und diese allumfassende, alldurch-

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dringende und alles belebende Liebe wird

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in ihm zur That und drückt sich in allen

seinen Handlungen aus. Dies ist die wahre

Selbst, und diese allumfassende, alldurchdringe1?'de und alles belebende Liebe wird in ihm zur That und drückt sich in allen seinen Handlungen aus. Dies ist die wahre »Theosophie« oder die im Menschen verwirklichte göttliche Selbsterkenntnis (Weisheit), welche nichts mit vergänglichem Gelehrtenkram, noch mit philosophischen Spekulationen über Wahrscheinlichkeiten, noch mit Autoritätenglauben und am allerwenigsten mit »geheimwissenschaftlicher« Phantasterei oder mystischer Schwärmerei zu thun hat, sondern in der Verwirklichung der höchsten Ideale der Menschheit besteht. Ohne diese Ver-. wirklichung, welche am Ende auch in alle Schichten des äusserlichen und materiellen Lebens eindringen muss, hat alle Theorie keinen Wert.

»Theosophie« oder die im Menschen verwirk-

lichte göttliche Selbsterkenntnis (Weisheit),

welche nichts mit vergänglichem Gelehrten-

kram, noch mit philosophischen Spekulationen

über Wahrscheinlichkeiten, noch mit Auto-

ritätenglauben und am allerwenigsten mit

»geheimwissenschaftlicher« Phantasterei oder

mystischer Schwärmerei zu thun hat, sondern

in der Verwirklichung der höchsten Ideale

der Menschheit besteht. Ohne diese Ver-

wirklichung, welche am Ende auch in alle

Schichten des äusserlichen und materiellen

Lebens eindringen muss, hat alle Theorie

keinen Wert.

Die Lotuspflanze ist seit uralten Zeiten

als das Symbol der Weisheit gebraucht wor-

den. Ihr Stengel wurzelt in der Erde, ihre

Blätter schwimmen im Wasser, ihre Blüthe

erhebt sich über das Wasser in die Luft und

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wenn sie von den Strahlen der Sonne be-

rührt wird, so öffnet sich ihr Kelch, um das

Licht zu empfangen. Sie thut dies, weil sie

Die Lotuspflanze ist seit uralten Zeiten als das Symbol der Weisheit gebraucht worden. Ihr Stengel wurzelt in der Erde, ihre Blätter schwimmen im Wasser, ihre Blüthe erhebt sich über das Wasser in die Luft und wenn sie von den Strahlen der Sonne berührt wird, so öffnet sich ihr Kelch, um das Licht zu empfangen. Sie thut dies, weil sie I'"

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den Einfluss des Sonnenlichtes auf ihre Weise

empfindet und nach nichts anderem sucht.

So sollte sich auch der Mensch an der

den Einfluss des Sonnenlichtes auf ihre Weise empfindet und nach. nichts andere~ sucht So sollte sich auch der Mensch an der Lotusblume ein Beispiel nehmen. Mit seiner materiellen Natur wurzelt er im Materiellen und zieht daraus seine Kraft, seine Seele schwimmt im Meere des Lebens und sollte von den Unreinigkeiten desselben nicht beschmutzt werden und nicht davon untergehen, sondern die Blüthe der Selbsterkenntnis entfalten, welche sich über alles Materielle und Vergängliche erhebt und das Licht der ewigen Weisheit in sich aufnimmt, indem der Mensch demselben sein Herz eröffnet.

Lotusblume ein Beispiel nehmen. Mit seiner

materiellen Natur wurzelt er im Materiellen

und zieht daraus seine Kraft, seine Seele

schwimmt im Meere des Lebens und sollte

von den Unreinigkeiten desselben nicht be-

schmutzt werden und nicht davon unter-

gehen, sondern die Blüthe der Selbsterkennt-

nis entfalten, welche sich über alles Mate-

rielle und Vergängliche erhebt und das Licht

der ewigen Weisheit in sich aufnimmt, in-

dem der Mensch demselben sein Herz er-

öffnet.

Was aber den Menschen daran hindert,

der Lotusblume gleich sich zu entfalten, dies

sind die Irrtümer und Vorurteile, Ausserlich-

keiten und Täuschungen, denen er anhängt.

Wo es an der eigenen Erkenntniskraft fehlt,

da sieht auch der Forscher nach Wahrheit

nichts als die äussere Form, den Buchstaben,

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welcher tötet, nicht aber den Geist, welcher

das Leben von allem ist. Die Wahrheit ist

überall und in jedem Dinge enthalten; denn

wo in Wirklichkeit nichts vorhanden ist, da

Was aber den Menschen daran hindert, der Lotusblume gleich sich zu entfalten, dies sind die Irrtümer und Vorurteile, Äusserlichkeiten und Täuschungen, denen er anhängt. Wo es an der eigenen Erkenntniskraft fehlt, da sieht auch der Forscher nach Wahrheit nichts als die äussere Form, den Buchstaben, welcher tötet, nicht aber den Geist, welcher das Leben von allem ist. Die Wahrheit ist überall und in jedem Dinge enthalten; denn wo in Wirklichkeit nichts vorhanden ist, da

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ist auch nichts da, was in die Erscheinung

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treten könnte. Ja selbst der Lüge liegt die

Wahrheit zu Grunde, nur zeigt sie die Wahr-

heit verkehrt. Deshalb ist auch Wahrheit in

ist auch nichts da, was in die Erscheinung treten könnte. Ja selbst der Lüge liegt die Wahrheit zu Gru~de, nur zeigt sie die Wahrheit verkehrt. Deshalb ist auch Wahrheit in allen Religionssystemen und in allen Vorgängen in der Natur enthalten; es handelt sich bloss darum, sie zu finden. Durch bloss äusserliche Beweise kann man die Wahrheit nicht finden; dieselben zeigen höchstens darauf hin, dass in dem Dinge, welches man untersucht, Wahrheit enthalten ist. Die Wahrheit selbst wird auf keine andere Weise gefunden, als dass man sie erkennt, und wir können sie nur dann wirklich erkennen, wenn sie in uns offenbar wird. Wird die Wahrheit offenbar, so ist sie auch schon erkannt und bewiesen. Sie selbst ist ihr eigener Beweis. Der Weise erkennt sie, der Blinde schreit nach Beweisen, und der Narr verwirft die Beweise, welche er hat. Sankaracharya sagt: »Die erste Bedingung zur Erlangung der Selbsterkenntnis ist der Besitz der Fähigkeit, das Dauernde von dem Nichtdauernden zu unterscheiden.« Man muss die Kraft haben, in einem Menschen nicht bloss die Person (Maske), sondern den dahinter verborgenen Charakter, in den Naturerschei-

allen Religionssystemen und in allen Vor-

gängen in der Natur enthalten; es handelt

sich bloss darum, sie zu finden. Durch bloss

äusserliche Beweise kann man die Wahrheit

nicht finden; dieselben zeigen höchstens dar-

auf hin, dass in dem Dinge, welches man

untersucht, Wahrheit enthalten ist. Die Wahr-

heit selbst wird auf keine andere Weise ge-

funden, als dass man sie erkennt, und wir

können sie nur dann wirklich erkennen, wenn

sie in uns offenbar wird. Wird die Wahr-

heit offenbar, so ist sie auch schon erkannt

und bewiesen. Sie selbst ist ihr eigener Be-

weis. Der Weise erkennt sie, der Blinde

schreit nach Beweisen, und der Narr ver-

wirft die Beweise, welche er hat. Sankara-

charya sagt: »Die erste Bedingung zur Er-

langung der Selbsterkenntnis ist der Besitz

der Fähigkeit, das Dauernde von dem Nicht-

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dauernden zu unterscheiden.« Man muss die

Kraft haben, in einem Menschen nicht bloss

die Person (Maske), sondern den dahinter

verborgenen Charakter, in den Naturerschei-

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nungen nicht bloss die Erscheinung, sondern

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die bewegende Ursache, in den verschie-

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denen Religionssystemen und „heiligen"

Schriften nicht bloss die äussere Form und

nungennicht bloss die Erscheinung, sondern die bewegende Ursache, in den verschiedenen Religionssystemen. und "heiligen" Schriften nicht bloss die äussere Form und die Schrift oder den Buchstaben, sondern den darin enthaltenen Geist, die durch die Schrift dargestellte Wahrheit zu erkennen. Die Wahrheit aber wird am leichtesten dort erkannt, wo die Form, unter der sie sich darstellt, am reinsten ist.

die Schrift oder den Buchstaben, sondern

den darin enthaltenen Geist, die durch die

Schrift dargestellte Wahrheit zu erkennen.

Die Wahrheit aber wird am leichtesten dort

erkannt, wo die Form, unter der sie sich

darstellt, am reinsten ist.

Zu den Formen, in denen die ewige Weis-

heit noch am reinsten und unverfälscht er-

scheint, gehören die Schriften der Weisen

aller Nationen, die der indischen Weisen so-

wohl als die der christlichen Mystiker. Die

Veden sowohl als die Bibel der Christen

enthalten dieselbe ewige Wahrheit; man

braucht nur den Willen und die Fähigkeit

zu haben, sie darin zu erkennen, und sich

nicht von der äusseren Form irre führen zu

lassen. Wird aber einmal die Wahrheit er-

kannt, so liegt auch ihre praktische Anwen-

dung nicht ferne. Man kann die Wahrheit

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nicht bethätigen, solange man sie nicht kennt,

und die Erkenntnis der Wahrheit wird erst

Zu den Formen, in denen die ewige Weisheit noch am reinsten und unverfälscht erscheint, gehören die Schriften der Weisen aller Nationen, die der indischen Weisen sowohl als die der christlichen Mystiker. Die Veden sowohl als die Bibel der Christen enthalten dieselbe ewige Wahrheit; man braucht nur den Willen und die Fähigkeit zu haben, sie darin zu erkennen, und sich nicht von der äusseren Form irre führen zu lassen. Wird aber einmal die Wahrheit erkannt, so liegt auch ihre praktische Anwendung nicht ferne. Man kann die Wahrheit nicht bethätigen, solange man sie nicht kennt, und die Erkenntnis der Wahrheit wird erst vollkommen durch die That.

vollkommen durch die That.

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Der Zweck der »Lotusblüthen« ist, eine

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Sammlung derjenigen vorzüglichsten Schrif-

ten des Altertums sowohl als der neueren

Zeit darzustellen, in welchen die ewige Wahr-

Der Zweck der »Lotusblüthenc ist, eine Sammlung derjenigen vorzüglichsten Schriften des Altertums sowohl als der neueren Zeit darzustellen, in welchen die ewige W ahrheit auf die leichtfasslichste Weise dargestellt ist, und durch geeignete Erklärungen dem Leser behilflich zu sein, die in diesen Schriften enthaltene Wahrheit zu erkennen, indem durch die beigefügten Erklärungen die verkehrten Ansichten, Irrtümer und anerzogenen Vorurteile, welche sich der eigenen Erkenntnis in den Weg stellen, beseitigt werden. Da es heutzutage immer noch wenige Menschen giebt, welche die Wahrheit um der Wahrheit selbst willen suchen (und nur diese werden sie finden), so wird auch die Abonnentenzahl der »Lotusblüthenc schwerlich viel grösser werden, als sie es ist, und es sind dieselben vielmehr ein Werk der Liebe für die Wenigen, als eine finanzielle Spekulation.

heit auf die leichtfasslichste Weise darge-

stellt ist, und durch geeignete Erklärungen

dem Leser behilflich zu sein, die in diesen

Schriften enthaltene Wahrheit zu erkennen,

indem durch die beigefügten Erklärungen

die verkehrten Ansichten, Irrtümer und an-

erzogenen Vorurteile, welche sich der eige-

nen Erkenntnis in den Weg stellen, beseitigt

werden. Da es heutzutage immer noch we-

nige Menschen giebt, welche die Wahrheit

um der Wahrheit selbst willen suchen (und

nur diese werden sie finden), so wird

auch die Abonnentenzahl der »Lotusblüthen«

schwerlich viel grösser werden, als sie es ist,

und es sind dieselben vielmehr ein Werk

der Liebe für die Wenigen, als eine finan-

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zielle Spekulation.

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Lust und Schmerz.

Ein Aufsatz über den praktischen Okkultismus

bestimmt für

die Leser des »Licht auf dem Weg«.

Von Mabel Collins.

(Übersetzt.)*)

KAPITEL I.

Unser ganzes Leben in seiner jetzigen

Daseinsform ist aus Lust und Schmerz zu-

sammengesetzt und wir können uns von

keinem anderen Zustande eine Vorstellung

machen, in welchem wir ohne die Hilfe dieser

Empfindungen Bewusstsein haben könnten.

Lust und Schmerz.

Sie bilden nicht nur unser^ jetziges Dasein,

sondern sie sind in der That die goldenen

*) Dieses neue Werk der bekannten Verfasserin kann

als eine Fortsetzung und Erläuterung ihres vorhergehenden

Ein Aufsatz über den praktischen Okkultismus

Werkes, welches wohl den meisten Lesern der »Lotus-

blüthen« bekannt sein dürfte, betrachtet werden.

bestimmt. für

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die Leser des »Licht auf dem Weg«.

Von Mabel Collins. (Übersetzt.) *)

KAPITEL 1. Unser ganzes Leben in seiner jetzigen Daseinsform ist aus Lust und Schmerz zusammengesetzt und wir können uns von keinem anderen Zustande eine Vorstellung machen, in welchem wir ohne die Hilfe dieser Empfindungen Bewusstsein haben könnten. Sie bilden nicht nur unser. jetziges Dasein, sondern sie sind in der That die goldenen *) Dieses neue Werk der bekannten Verfassenn kann als eine Fortsetzung und Erläuterung ihres vorhergehenden Werkes, welches wohl den meisten Lesern der »Lotusblüthen« bekannt !tein dürfte, betrachtet werden.

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Thore, durch welche wir zu einem höheren

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Leben gelangen. Durch sie geht der Pfad,

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der uns zu unendlicher Macht, absoluter

Erkenntnis und vollkommener Liebe führt.

Thore, durch welche wir zu einem höheren Leben gelangen. Durch sie geht der Pfad, der uns zu unendlicher Macht, absoluter Erkenntnis und vollkommener Liebe führt. Wenn man in beiden die äusserste Grenze erreicht, und die Empfindung den Menschen gelehrt hat, dass sie eins und dasselbe sind, dann sind die Thore bereit, sich vor ihm zu öffnen. Die ersten sieben Vorschriften von »Licht auf dem Weg« beziehen sich ausschliesslich auf jenen Teil des Empfindens, welchen wir Schmerz nennen, und dieser Schmerz ist nicht derjenige des gewöhnlichen (äusseren) Menschen, sondern der des Okkultisten. Der alltägliche Mensch leidet nur wegen sich selbst oder wegen derjenigen, die ihm am nächsten und teuersten sind. Der Okkultist leidet in und mit der ganzen Welt. Er hört beständig ihren Notschrei ertönen, und nicht ehe er selbst in die tiefsten Höllen des Jammers, welche in der Welt existieren, hinabgestiegen ist und mit den Gequälten und U nterdrückten die Kreuzigung erlitten hat, können die Füsse der Seele ~im Blute des Herzens gewaschen« werden. Es kommt ein Augenblick, in welchem das ganze Leben der alleinstehenden Persönlichkeit seine Schranken zu

Wenn man in beiden die äusserste Grenze er-

reicht, und die Empfindung den Menschen

gelehrt hat, dass sie eins und dasselbe sind,

dann sind die Thore bereit, sich vor ihm zu

öffnen. Die ersten sieben Vorschriften von

»Licht auf dem Weg« beziehen sich aus-

schliesslich auf jenen Teil des Empfindens,

welchen wir Schmerz nennen, und dieser

Schmerz ist nicht derjenige des gewöhnlichen

(äusseren) Menschen, sondern der des Ok-

kultisten. Der alltägliche Mensch leidet nur

wegen sich selbst oder wegen derjenigen, die

ihm am nächsten und teuersten sind. Der

Okkultist leidet in und mit der ganzen Welt.

Er hört beständig ihren Notschrei ertönen, und

nicht ehe er selbst in die tiefsten Höllen des

Jammers, welche in der Welt existieren, hinab-

gestiegen ist und mit den Gequälten und Unter-

drückten die Kreuzigung erlitten hat, können

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die Füsse der Seele »im Blute des Herzens ge-

waschen« werden. Es kommt ein Augenblick,

in welchem das ganze Leben der allein-

stehenden Persönlichkeit seine Schranken zu

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sprengen und in seinem Mitgefühl unendlich

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zu werden scheint. Dann strömt das Blut

des Herzens nach aussen und fliesst in die

sprengen und in seinem Mitgefühl unendlich zu werden scheint. Dann strömt das Blut des Herzens nach aussen und fliesst in die Tiefe zusammen mit dem Herzblute der Opfer der Welt. Aber ehe diese Stunde kommen kann, hat der Jünger die Fähigkeit verloren, seine eigenen persönlichen Übelstände zu beklagen, und somit sind seine Augen thatsächlich unfähig geworden, Thränen zu vergiessen; denn für denjenigen, welcher den Verlust seines eigenen Kindes oder das Leiden, das ihm ganz nahe steht, beweinen kann, wird diese Erleichterung zur Unmöglichkeit, wenn er die Menge des Jammers, der in der Welt existiert, erfasst. Thränen sind zu unbedeutend, um sie an einem solchen Schreckensaltare zu opfern, wo zu jeder Stunde den Tyranneien, Grausamkeiten und der Habsucht der blibden Menschheit Opfer gebracht werden. Der Erlöser der Welt geht mit trockenen Augen durch die dunkeln Orte derselben, vertieft in die Betrachtung der erbarmungslosen Herrschaft des Schmerzes, welche stets auf ihrem Throne sitzt, mächtig wie eine rächende Göttin. Sein eigener Schmerz. sein Verlust oder Schmerz sind nur Tropfen in dem grossen

Tiefe zusammen mit dem Herzblute der

Opfer der Welt. Aber ehe diese Stunde

kommen kann, hat der Jünger die Fähigkeit

verloren, seine eigenen persönlichen Übel-

stände zu beklagen, und somit sind seine

Augen thatsächlich unfähig geworden, Thrä-

nen zu vergiessen; denn für denjenigen, welcher

den Verlust seines eigenen Kindes oder das

Leiden, das ihm ganz nahe steht, beweinen

kann, wird diese Erleichterung zur Unmög-

lichkeit, wenn er die Menge des Jammers,

der in der Welt existiert, erfasst. Thränen

sind zu unbedeutend, um sie an einem sol-

chen Schreckensaltare zu opfern, wo zu je-

der Stunde den Tyranneien, Grausamkeiten

und der Habsucht der blinden Menschheit

Opfer gebracht werden. Der Erlöser der

Welt geht mit trockenen Augen durch

die dunkeln Orte derselben, vertieft in

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die Betrachtung der erbarmungslosen Herr-

schaft des Schmerzes, welche stets auf ihrem

Throne sitzt, mächtig wie eine rächende Göt-

tin. Sein eigener Schmerz, sein Verlust oder

Schmerz sind nur Tropfen in dem grossen

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Ocean von Kummer, und er hat erfahren,

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dass Thränen nur für diejenigen sind, welche

noch immer sich von dem Ganzen trennen

und gegen das Schicksal, welches sie befällt,

Ocean von Kummer, und er hat erfahren, dass Thränen nur für diejenigen sind, welche noch immer sich von dem Ganzen trennen und gegen das Schicksal, welches sie befällt, sich sträuben. Persönliche Sorge ist eine Eigenschaft des Menschen, ehe er angefangen hat dem Lichte entgegen zu wachsen. Er stöhnt, wie ein Tier, welches verwundet wird und Schmerz als eine Ungerechtigkeit empfindet. Am Anfange dieser grossen Belehrung betrachten wir die zwei Empfindungen von Lust und Schmerz als gänzlich von einander getrennte Dinge, so wie die Tiere es thun. Der Verlust dieses Gefühles in Bezug auf unser persönliches Selbst bezeichnet die ersten Schritte auf. dem grossen Wege. So geschieht es, dass die Augen nicht mehr weinen, wenn sie geöffnet sind. Deshalb verliert das Ohr seine Empfindsamkeit, wenn der Schall des göttlichen Rufes es erreicht; - nicht das intellektuelle Hören der Stimme des Lebens geht ihm verloren, sondern seine Empfindsamkeit in Bezug auf persönlichen Schmerz. Lästerungen, verletzende Worte, Spöttereien gegen die eigene Persönlichkeit, gegen das eigene individuelle Leben, werden nicht mehr beachtet. Solche Dinge sind wertlos

sich sträuben. Persönliche Sorge ist eine

Eigenschaft des Menschen, ehe er angefangen

hat dem Lichte entgegen zu wachsen. Er

stöhnt, wie ein Tier, welches verwundet wird

und Schmerz als eine Ungerechtigkeit em-

pfindet. Am Anfange dieser grossen Beleh-

rung betrachten wir die zwei Empfindungen

von Lust und Schmerz als gänzlich von ein-

ander getrennte Dinge, so wie die Tiere es

thun. Der Verlust dieses Gefühles in Bezug

auf unser persönliches Selbst bezeichnet die

ersten Schritte auf. dem grossen Wege. So

geschieht es, dass die Augen nicht mehr

weinen, wenn sie geöffnet sind. Deshalb

verliert das Ohr seine Empfindsamkeit, wenn

der Schall des göttlichen Rufes es erreicht;

— nicht das intellektuelle Hören der Stimme

des Lebens geht ihm verloren, sondern seine

Empfindsamkeit in Bezug auf persönlichen

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Schmerz. Lästerungen, verletzende Worte,

Spöttereien gegen die eigene Persönlichkeit,

gegen das eigene individuelle Leben, werden

nicht mehr beachtet. Solche Dinge sind wertlos

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und das Ohr trägt keinen Ton des Schmerzes

davon zu dem im Inneren lauschenden Geiste.

Es beschäftigt sich mit derjenigen Arbeit,

und das Ohr trägt keinen Ton des Schmerzes davon zu dem im Inneren lauschenden Geiste. Es beschäftigt sich mit derjenigen Arbeit, welche ihm zufällt, wenn die Fesseln der Persönlichkeit gesprengt sind, es führt der Seele die Töne der Stimmen des Ganzen zu, nicht nur das göttliche Geflüster des Himmels, sondern auch die Wehklagen der Erde und die Stimmen der Hölle. Diese Töne können erst gehört werden, wenn das Ohr nicht mehr seiner selbst weg e n empfindsam ist, und sie erklingen zusammen, vermengt, vermischt, der eine übertönt oftmals den anderen. Dies kann nicht anders sein, so lange der Mensch noch Mensch ist. Vergiss nicht, dass die Stimmen gleichwertig sind. Nur durch die äusserste Erfahrung auf Erden können wir zum Himmel gelangen. Der Schwärmer, welcher in Visionen lebt, muss seine bittere Lehrzeit ein anderes Mal abdienen und dadurch die in Träumen versäumte Zeit nachholen. Deshalb darf das Ohr, obgleich es seine Empfindsamkeit verlieren muss, dennoch das Hören nicht verlernen; sondern dasselbe soll vergrössert, erweitert und lebendig gemacht werden, so wie alles was ein Teil des Werk-

welche ihm zufällt, wenn die Fesseln der

Persönlichkeit gesprengt sind, es führt der

Seele die Töne der Stimmen des Ganzen

zu, nicht nur das göttliche Geflüster des

Himmels, sondern auch die Wehklagen

der Erde und die Stimmen der Hölle. Diese

Töne können erst gehört werden, wenn

das Ohr nicht mehr seiner selbst

wegen empfindsam ist, und sie erklingen

zusammen, vermengt, vermischt, der eine

übertönt oftmals den anderen. Dies kann

nicht anders sein, so lange der Mensch noch

Mensch ist. Vergiss nicht, dass die Stimmen

gleichwertig sind. Nur durch die äusserste

Erfahrung auf Erden können wir zum Him-

mel gelangen. Der Schwärmer, welcher in

Visionen lebt, muss seine bittere Lehrzeit

ein anderes Mal abdienen und dadurch die

in Träumen versäumte Zeit nachholen. Des-

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halb darf das Ohr, obgleich es seine Em-

pfindsamkeit verlieren muss, dennoch das

Hören nicht verlernen; sondern dasselbe soll

vergrössert, erweitert und lebendig gemacht

werden, so wie alles was ein Teil des Werk-

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zeuges des Geistes, der Tempel des Göttlichen,

ist. So ist es mit der Stimme. Ehe der

Geist die Wahrheit aussprechen, Seelen er-

zeuges des Geistes, der Tempel des Göttlichen, ist. So ist es mit der Stimme. Ehe der Geist die Wahrheit aussprechen, Seelen erwecken und zum Leben bringen kann, muss die Stimme des Menschen unfähig geworden sein, ein hartes oder grausames Wort auszusprechen, oder irgend· eine Persönlichkeit, irgend ein Individuum zu verletzen. Wenn das Sehen sowohl als das Hören und Sprechen demgemäss von der Sünde der Getrenntheit frei geworden sind, dann kann die Seele sich erheben und in jenem Ausfluss unendlichen Mitleidens stehen, welcher '>das Blut des Herzens« genannt wird. Viele, denen es vollkommen ernst mit ihrem Verlangen ist, auf dem grossen Pfade zu wandeln, verlieren ihren Weg, weil sie nicht begreifen können, was es heisst, den Sinn des Getrenntseins zu verlieren. Sie meinen, dass dies eine Erfahrung der Seele aei, welche im Seelenleben ihren Anfang und ihr Ende hat, und während eines ekstatischen Zustandes der Seele stattfindet. Zweifellos findet dies während dieses Zustandes statt, aber wenn es ein wirkliches Ding und ein blosser Traum ist, so zeigt sich das Resultat darin, dass das ganze Leben eines solchen Menschen sich

wecken und zum Leben bringen kann, muss

die Stimme des Menschen unfähig gewor-

den sein, ein hartes oder grausames Wort

auszusprechen, oder irgend eine Persönlich-

keit, irgend ein Individuum zu verletzen.

Wenn das Sehen sowohl als das Hören und

Sprechen demgemäss von der Sünde der

Getrenntheit frei geworden sind, dann kann

die Seele sich erheben und in jenem Aus-

fluss unendlichen Mitleidens stehen, welcher

»das Blut des Herzens« genannt wird. Viele,

denen es vollkommen ernst mit ihrem Ver-

langen ist, auf dem grossen Pfade zu wandeln,

verlieren ihren Weg, weil sie nicht begreifen

können, was es heisst, den Sinn des Ge-

trenntseins zu verlieren. Sie meinen, dass

dies eine Erfahrung der Seele »ei, welche im

Seelenleben ihren Anfang und ihr Ende hat,

und während eines ekstatischen Zustandes der

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Seele stattfindet. Zweifellos findet dies wäh-

rend dieses Zustandes statt, aber wenn es ein

wirkliches Ding und ein blosser Traum ist,

so zeigt sich das Resultat darin, dass das

ganze Leben eines solchen Menschen sich

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ändert. Diese Änderung tritt ein ohne Lärm

-

und ohne Ankündigung, sie findet auf so

ändert. Diese Änderung tritt ein ohne Lärm und ohne Ankündigung, sie findet auf so ganz natürliche Weise statt, dass sich niemand darüber verwundert, denn sie ist nicht das Resultat eines Gedankens oder Entschlusses, sie ist aus der Überzeugung und Er,kenntnis geboren. Der wirkliche' Okkultist hat das Bewusstsein, mit dem Ganzen und für das Ganze zu leben, von dem Augenblicke an, in welchem er zuerst die göttliche Lust des freien und unbeschränkten Lebens genossen hat. Es kann sein, dass er nur ein Anfänger und noch dazu unwissend ist, wenn die Morgenröte der höheren Intelligenz in ihm zuerst anbricht, aber er wird über alle Hindernisse hinwegsteigen, alle Schwierigkeiten überwinden und den rechten Weg finden. Dies geschieht, ohne dass er es selbst will, denn er hat angefangen zu wachsen, und er strebt ebenso unfehlbar empor, wie der Same, der in der Erde keimt. Und es giebt manchen ergebenen Jünger, manchen, der grosse Wahrheiten lehrt, manche ernste und edle Seele, in welcher die Quelle von Übel lebt und Früchte bringt. Dieses Übel ist das Selbst; es ist der eiserne Riegel, welcher die Thore verscWiesst, durch die das

ganz natürliche Weise statt, dass sich niemand

darüber verwundert, denn sie ist nicht das

Resultat eines Gedankens oder Entschlusses,

sie ist aus der Überzeugung und Erkenntnis

geboren. Der wirkliche Okkultist hat das

Bewusstsein, mit dem Ganzen und für das

Ganze zu leben, von dem Augenblicke an,

in welchem er zuerst die göttliche Lust des

freien und unbeschränkten Lebens genossen

hat. Es kann sein, dass er nur ein Anfänger

und noch dazu unwissend ist, wenn die

Morgenröte der höheren Intelligenz in ihm

zuerst anbricht, aber er wird über alle Hin-

dernisse hinwegsteigen, alle Schwierigkeiten

überwinden und den rechten Weg finden.

Dies geschieht, ohne dass er es selbst will,

denn er hat angefangen zu wachsen, und er

strebt ebenso unfehlbar empor, wie der

Same, der in der Erde keimt. Und es giebt

manchen ergebenen Jünger, manchen, der

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grosse Wahrheiten lehrt, manche ernste und

edle Seele, in welcher die Quelle von Übel

lebt und Früchte bringt. Dieses Übel ist

das Selbst; es ist der eiserne Riegel, wel-

cher die Thore verschliesst, durch die das

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Ich wandert, indem es den beschränkten

Horizont seines eigenen persönlichen Lebens

mit dem unendlichen des einen, welches alles

Ich wandert, indem es den beschränkten Horizont seines eigenen persönlichen Lebens mit dem unendlichen des einen, welches alles Leben umfasst, vertauscht. Dieses Wunder oder diese Auferstehung ist etwas, das jetzt und hier vollbracht werden muss, hier in diesem Wirbel der thätigen, leidenden und sich erfreuenden Welt. Kein Okkultist hat das Recht, zu wünschen, diese Welt zu verlassen oder sich von ihr abzuschliessen, so lange er lebt; denn er selbst ist die Welt, wie er auch selbst alles dasjenige ist, was jenseits derselben ist. Er ist ein Teil des Ganzen, und deshalb verantwortlich. So lange es gilt, ein Unrecht recht zu machen, eine Ungerechtigkeit zu beseitigen, so lange es Leiden und Sünde gieht, so lange giebt es für ihn ununterbrochen zu thun; denn, wer er auch sein mag, oder wie unwichtig seine Stellung im Leben sei, es ist immerhin seine Pflicht, denjenigen, welche leiden, zu Hilfe zu kommen, und diejenigen, welche leiden, zu erlösen. Er gehört der Heerschar der Liebe an, und muss gegen die grossen, starken und dicht gedrängten Reihen des Hasses kämpfen. Er darf seinen Posten nicht verlassen. Verlässt er ihn, so ist er nicht mehr

Leben umfasst, vertauscht. Dieses Wunder

oder diese Auferstehung ist etwas, das jetzt

und hier vollbracht werden muss, hier in

diesem Wirbel der thätigen, leidenden und

sich erfreuenden Welt. Kein Okkultist hat

das Recht, zu wünschen, diese Welt zu ver-

lassen oder sich von ihr abzuschliessen, so

lange er lebt; denn er selbst ist die Welt,

wie er auch selbst alles dasjenige ist, was

jenseits derselben ist. Er ist ein Teil des

Ganzen, und deshalb verantwortlich. So lange

es gilt, ein Unrecht recht zu machen, eine

Ungerechtigkeit zu beseitigen, so lange es

Leiden und Sünde giebt, so lange giebt es

für ihn ununterbrochen zu thun; denn, wer

er auch sein mag, oder wie unwichtig seine

Stellung im Leben sei, es ist immerhin seine

Pflicht, denjenigen, welche leiden, zu Hilfe

zu kommen, und diejenigen, welche leiden,

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zu erlösen. Er gehört der Heerschar der

Liebe an, und muss gegen die grossen, star-

ken und dicht gedrängten Reihen des Hasses

kämpfen. Er darf seinen Posten nicht ver-

lassen. Verlässt er ihn, so ist er nicht mehr

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ein Streiter, den der grosse »Krieger« seines

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höheren Selbsts überschattet, sondern ein

Auswürfling.

ein Streiter, den der grosse »Krieger« seines höheren Selbsts überschattet, sondern ein Auswürfling.

Das Selbst ist so stark, dass es ohne

Unterlass bekämpft werden muss. Viele, die

es nicht begreifen, dass der Weg, um von

ihm zu entrinnen, durch Lust und Schmerz

geht, kämpfen vergebens. Grosse Naturen

werden oftmals durch ihre eigene Grösse

betrogen. Sie finden in sich selbst höhere

Das Selbst ist so stark, dass es ohne Unterlass bekämpft werden muss. Viele, die es nicht begreifen, dass der Weg, um von ihm zu entrinnen, durch Lust und Schmerz geht, kämpfen vergebens. Grosse Naturen werden oftmals durch ihre eigene Grösse betrogen. Sie finden in sich selbst höhere Gaben als andere Menschen besitzen, und sie finden in deren Ausübung eine immer wachsende Lust. Sie sehen Erlösern ähnlich, dennoch ist dabei stets das Wachstum des Selbsts in ihrem eigenen Innern wuchernd und stark, es erstickt am Ende ihren göttlichen Teil und bringt· ihn zum Schweigen; denn sie begingen den Irrtum, in der Lust an ihrem eigenen Werke zu leben und vergassen, dass das Leid und das Leiden, welches ein Teil des Lebens der Welt, auch ihr eigenes Erbteil ist. Sie müssen darin leben und ohne Unterlass arbeiten, um das Böse darin in Gutes zu verwandeln; sie müssoo durch die niedrigsten Orte gehen und mit denjenigen leiden, die in die äusserste Dunkelheit ge-

Gaben als andere Menschen besitzen, und

sie finden in deren Ausübung eine immer

wachsende Lust . Sie sehen Erlösern ähnlich,

dennoch ist dabei stets das Wachstum des

Selbsts in ihrem eigenen Innern wuchernd

und stark, es erstickt am Ende ihren gött-

lichen Teil und bringt ihn zum Schweigen;

denn sie begingen den Irrtum, in der Lust

an ihrem eigenen Werke zu leben und ver-

gassen, dass das Leid und das Leiden, welches

ein Teil des Lebens der Welt, auch ihr eigenes

Erbteil ist . Sie müssen darin leben und ohne

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Unterlass arbeiten, um das Böse darin in

Gutes zu verwandeln; sie müssen durch die

niedrigsten Orte gehen und mit denjenigen

leiden, die in die äusserste Dunkelheit ge-

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worfen sind. So lange eine einzige geblen-

-

dete Seele noch in dem Netze der Trunk-,

sucht oder Betäubung gefangen ist, so lange

worfen sind. So lange eitle einzigegeblendete Seele noch in dem Netze der Trunk.. sucht oder Betäubung gefangen ist, so lange hoffnungslose Armut unter uns herrscht, so lange unsere Gesetze voreingenommen, parteilich und ungerecht sind, so lange die Schreckensthaten der Folterkammer des Mittelalters in unseren Laboratorien erlaubt sind und ausgeübt werden, so lange hat auch der Okkultist hier seine Arbeit zu thun, und er wird, wenn er davon erlöst wird, über dasjenige trauern, was er unvollendet zurücklassen musste; denn er kann sich nicht von irgend einem von diesen Dingen trennen; das geringste Tier, welches einen Ruf des Schmerzes oder des Entsetzens ausstösst, ist sein Selbst. Es ist die für ihn bestimmte Arbeit, diesen Schmerz in Lust, die Furcht in Vertrauen zu verwandeln, und damit das Böse, welches dies verursacht hat, zu zerstören. Möchten die Okkultisten, welche nach der Erkenntnis der göttlichen Weisheit streben, darnach trachten, diese erste Lektion zu studieren und sie durchaus zu begreifen, sonst werden sie bei weiterem Fortschreiten die fürchterliche Aufgabe vorfinden, den verfehlten Weg wieder zurückzugehen. Das

hoffnungslose Armut unter uns herrscht, so

lange unsere Gesetze voreingenommen, par-

teilich und ungerecht sind, so lange die

Schreckensthaten der Folterkammer des

Mittelalters in unseren Laboratorien erlaubt

sind und ausgeübt werden, so lange hat

auch der Okkultist hier seine Arbeit zu

thun, und er wird, wenn er davon erlöst

wird, über dasjenige trauern, was er un-

vollendet zurücklassen musste; denn er kann

sich nicht von irgend einem von diesen

Dingen trennen; das geringste Tier, welches

einen Ruf des Schmerzes oder des Entsetzens

ausstösst, ist sein Selbst. Es ist die für ihn

bestimmte Arbeit, diesen Schmerz in Lust, die

Furcht in Vertrauen zu verwandeln, und da-

mit das Böse, welches dies verursacht hat, zu

zerstören. Möchten die Okkultisten, welche

nach der Erkenntnis der göttlichen Weisheit

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streben, darnach trachten, diese erste Lektion

zu studieren und sie durchaus zu begreifen,

sonst werden sie bei weiterem Fortschreiten

die fürchterliche Aufgabe vorf1nden, den ver-

fehlten Weg wieder zurückzugehen. Das

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LotuabUlthen LU.

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Selbst wird durch Schmerz zerstört, es kann

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keine angenehme oder leichte Aufgabe sein,

es zu vernichten; aber es ist angenehmer

Selbit wird durch Schmerz zerstört, es kann .keine angenehme oder leichte Aufgabe sein, es zn vernichten; aber es ist angenehmer und leichter, dies nach und nach zu thun, iDdem man es stets zurückweist und zu diesem Kampfe dadurch Kraft gewinnt, dass man beständig in das Leben des Ganzen eingebt; als dass man am Ende eines Lebens ein :.Riesenunkrautc vorfindet, welches das Wachstum der Seele so erstickt hat, dass sie weder sehen noch hören, weder sprechen noch stehen kann. Wenn sie dann in der Gegenwart des Meisters sich wie eine Göttin erheben sollte, ist sie nicht mehr als ein hilfloses Kind. Vergesset nicht, dass ein Baum an seinen Früchten erkannt wird. Du kannst dich selbst und andere an dem Grade der Selbstsucht, die im täglichen Leben zum Vorschein kommt, erkennen. Selbstlos zu sein, bedeutet einen grossen Schritt nach v-orwärts, aber es bleibt eine negative Eigenschaft, so lange nicht die Augen geöffnet sind und die Seele erwacht ist. Selbstloses Wirken, das enthusiastische Wirken des Fanatikers ist das erste bezeichnende Merkmal des Okkultisten. Daher kommt es, dass, obgleich der Ehrgeiz die erste Gefahr ist,

und leichter, dies nach und nach zu thun,

indem man es stets zurückweist und zu

diesem Kampfe dadurch Kraft gewinnt, dass

man beständig in das Leben des Ganzen

eingeht; als dass man am Ende eines Lebens

ein »Riesenunkraut« vorfindet, welches das

Wachstum der Seele so erstickt hat, dass sie

weder sehen noch hören, weder sprechen

noch stehen kann. Wenn sie dann in der

Gegenwart des Meisters sich wie eine Göttin

erheben sollte, ist sie nicht mehr als ein hilf-

loses Kind. Vergesset nicht, dass ein Baum

an seinen Früchten erkannt wird. Du kannst

dich selbst und andere an dem Grade der

Selbstsucht, die im täglichen Leben zum

Vorschein kommt, erkennen. Selbstlos zu

sein, bedeutet einen grossen Schritt nach

vorwärts, aber es bleibt eine negative Eigen-

schaft, so lange nicht die Augen geöffnet

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sind und die Seele erwacht ist. Selbstloses

Wirken, das enthusiastische Wirken des

Fanatikers ist das erste bezeichnende Merk-

mal des Okkultisten. Daher kommt es, dass,

obgleich der Ehrgeiz die erste Gefahr ist,

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welche vermieden werden soll, er für das

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Ganze mit demselben Eifer wirken muss, mit

-

dem der ehrgeizige Mensch für sich selbst

arbeitet. Somit achtet er auch dieses Leben

welche vermieden werden soll, er für das Ganze mit demselben Eifer wirken muss, mit dem der ehrgeizige Mensch für sich selbst arbeitet. Somit achtet er auch dieses Leben ebenso hoch für alle, als wie diejenigen, welche mit verzweiflungsvoller Begierde darari hängen, wenn er auch gleich den bl0t!J8 vorübergehenden Wert desselben kennen gelernt hat. Der Wert des Lebens ist überaus hoch; weil es eine Lehre lehrt, welche durch nichts anderes gelernt werden kann, und man darf es nicht gering schätzen; selbst wenn es nur das Leben eines Sperlings oder eines Insektes wäre. Wenn es geopfert werden muss, so soll es mit Ehrfurcht geopfert werden; denn es ist jenes göttliche und ge· heimnisvolle Ding, Leb e n, welches wir nehmen, aber nicht wiedergeben können; selbst wenn es nur in dem Körper eines Käfers oder einer Wespe wohnt. Lebe in der Atmosphäre des Ewigkeitsgedankens, so wirst du erkennen, wie gross der Wert jedes Geschöpfes, der grossen sowie der kleinen ist; wie gross der Wert von jedem Schritte auf dem Pfade, wenn er auch nur ein kurzer ist. Das Leben eines Schmetterlings ist wohl kurz, aber es ist ein Leben, und in der Gegenwart

ebenso hoch für alle, als wie diejenigen,

welche mit verzweiflungsvoller Begierde da-

ran hängen, wenn er auch gleich den bloss

vorübergehenden Wert desselben kennen ge-

lernt hat. Der Wert des Lebens ist überaus

hoch; weil es eine Lehre lehrt, welche durch

nichts anderes gelernt werden kann, und man

darf es nicht gering schätzen; selbst wenn

es nur das Leben eines Sperlings oder eines

Insektes wäre. Wenn es geopfert werden

muss, so soll es mit Ehrfurcht geopfert

werden; denn es ist jenes göttliche und ge-

heimnisvolle Ding, Leben, welches wir

nehmen, aber nicht wiedergeben können;

selbst wenn es nur in dem Körper eines

Käfers oder einer Wespe wohnt. Lebe in

der Atmosphäre des Ewigkeitsgedankens, so

wirst du erkennen, wie gross der Wert jedes

Geschöpfes, der grossen sowie der kleinen

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ist; wie gross der Wert von jedem Schritte auf

dem Pfade, wenn er auch nur ein kurzer ist.

Das Leben eines Schmetterlings ist wohl kurz,

aber es ist ein Leben, und in der Gegenwart

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des Gedankens der Ewigkeit ist die Zeit so-

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wohl als deren Dauer so viel wie nichts.

Schon bei dem ersten Schritte, den der

des Gedankens der Ewigkeit ist die Zeit sowohl als deren Dauer so viel wie nichts.

Okkultist macht, begegnet er der Lehre des

Leidens und kann ihr nicht entrinnen; denn

er dringt immer tiefer in die Erkenntnis ein,

und wenn er den Erfahrungen des für sich

allein Leidens und Lernens entwachsen ist,

so tritt er in Zustände ein, in denen er mit

Schon bei dem ersten Schritte, den der Okkultist macht, begegnet er der Lehre des Leidens und kann ihr nicht entrinnen; denn er dringt immer tiefer in die Erkenntnis ein, und wenn er den Erfahrungen des für sich allein Leidens und Lernens entwachsen ist, so tritt er in Zustände ein, in denen er mit und für die Vielen und sogar mit und für das Ganze leidet und erkennt. Er lässt dann hinter sich die beschränkten Erfahrungen seiner eigenen Persönlichkeit und tritt in das grosse Feld des allgemeinen Lebens ein. Und hier wird er Gefährten und auch Lehrer finden. Wenn er zu den Meistern Heht, dass sie in sein eigenes stilles und störungsloses Gemach kommen und zu seiner eigenen Seele in deren Einsamkeit sprechen sollen, so wird er vergebens bitten, denn in dieser Einsamkeit spricht nur eine einzige Stimme, die eine, von der wahre Führung verlangt werden kann; die Stimme seiner eigenen Seele. Wenn diese Stimme stark und rein genug ist, um ihm zu sagen, er solle heraustreten und für andere so wirken, wie er für sich selbst

und für die Vielen und sogar mit und für

das Ganze leidet und erkennt . Er lässt dann

hinter sich die beschränkten Erfahrungen

seiner eigenen Persönlichkeit und tritt in das

grosse Feld des allgemeinen Lebens ein.

Und hier wird er Gefährten und auch Lehrer

finden. Wenn er zu den Meistern fleht, dass

sie in sein eigenes stilles und störungsloses

Gemach kommen und zu seiner eigenen Seele

in deren Einsamkeit sprechen sollen, so wird

er vergebens bitten, denn in dieser Einsam-

keit spricht nur eine einzige Stimme, die eine,

von der wahre Führung verlangt werden

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kann; die Stimme seiner eigenen Seele. Wenn

diese Stimme stark und rein genug ist, um

ihm zu sagen, er solle heraustreten und für

andere so wirken, wie er für sich selbst

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wirken möchte; dann wird er eines Tages an

den Krankenbetten, in den Höhlen, wo die

Armut wohnt, oder dort, wo die Abscheu-

wirken möchte; dann wird er eines Tages an den Krankenbetten, in den Höhlen, wo die Armut wohnt, oder dort, wo die Abscheulichkeiten der »wissenschaftlichen« Tierfolter verübt werden, einen starken Arm finden, der ihn aufrecht hält, den Arm von jemanden, der stärker ist als er selbst, um den Schwachen zu schützen; und in der Stunde der höchsten Hingebung an irgend eine edle, wenn auch unpopuläre Reform, im heissen Kampfe gegen die Mächte der Tyrannei und Grausamkeit, darf er hoffen, einen Gefährten in seinem Streben zu finden; denn nur die weissen Seelen, in denen das Göttliche zu ihrem eigenen Bewusstsein gekommen ist, haben die Fähigkeit des selbstlosen Wirkens und Heldenmuts.

lichkeiten der »wissenschaftlichen« Tierfolter

verübt werden, einen starken Arm finden,

der ihn aufrecht hält, den Arm von jemanden,

der stärker ist als er selbst, um den Schwa-

chen zu schützen; und in der Stunde der

höchsten Hingebung an irgend eine edle,

wenn auch unpopuläre Reform, im heissen

Kampfe gegen die Mächte der Tyrannei

und Grausamkeit, darf er hoffen, einen Ge-

fährten in seinem Streben zu finden; denn

nur die weissen Seelen, in denen das Gött-

liche zu ihrem eigenen Bewusstsein gekommen

ist, haben die Fähigkeit des selbstlosen Wir-

kens und Heldenmuts.

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(Fortsetzung folgt.)

(Fortsetzung folgt.)

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Ausgewählte Verse aus Joh. Angelus Silesius

(Joh. Scheffler, 1624—1677)

Der cliiTuhiiiisilif Wandersmann.

Vorbemerkung. Der Schlüssel zur Theosophie

(Gotteserkenntnis) ist die Gotteserkenntnis selbst. Es giebt

keinen anderen. So lange wir uns Gott als etwas Ent-

ferntes, Unbekanntes und uns Fremdartiges vorstellen,

haben die Schriften der Mystiker für uns keinen Sinn.

Deshalb werden auch die folgenden Verse manchem, der

von Gott nichts weiss, nur als leere Phrasen oder fromme

Schwärmerei erscheinen; wer aber Gott in sich selber ge-

funden hat und seine Allgegenwart erkennt, der wird auch

den tiefen Sinn der hier folgenden mystischen Lehren be-

greifen; wenn auch deren Form manches zu wünschen

übrig lässt. Der Mystiker, welcher den Sinn dieser

Christliche Mystik.

Knittelverse versteht, braucht nichts weiter zu wissen.

Christliche

Ausgewählte Verse aus Jett. Angelus Silesius Generated for John Patrick Deveney (University of Chicago) on 2014-11-22 18:06 GMT / http://hdl.handle.net/2027/hvd.hnue9i Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www.hathitrust.org/access_use#pd-us-google

(Joh. ScheIDer, 1624-1677)

Der cber"iDiselw WandenmauD. Vor be m er k u n g. Der Schlüssel zur Theosophie (Gotteserkenntnis) ist die Gotteserkenntnis selbst. Es giebt keinen anderen. So lange wir uns Gott als etwas Entferntes, Unbekanntes und uns Fremdartiges vorstellen, haben die Schriften der Mystiker für uns keinen Sinn. Deshalb werden auch die folgenden Verse manchem, der von Gott nichts weiss, nur als leere Phrasen oder fromme Schwärmerei erscheinen; wer aber Gott in sich selber gefunden hat und seine Allgegenwart erkennt, der wird auch den tiefen Sinn der hier folgenden mystischen Lehren begreifen; wenn auch deren Form manches zu wünschen übrig lässt. Der Mystiker, welcher den Sinn dieser Knittelverse versteht, braucht nichts weiter zu wissen.

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— 23 —

-

Einleitung.

23

Der Himmel senket sich, er kommt und wird

zur Erden;

Wann steigt die Erd' empor und wird zum

Einleitung.

Himmel werden?

Der Mensch, der seinen Geist nicht über sich

erhebt,

Der Himmel senket sich, er kommt und wird zur Erden; Wann steigt die Erd' empor und wird zum Himmel werden? Der Mensch, der seinen Geist nicht über sich erhebt, Der ist nicht wert, dass er im Memschenstande lebt. Ein Tier, das siebet Gott, ein Mensch den Erdklotz an, Aus diesem was er ist, ein jeder kennen kann. Du willst kein Heiliger sein, und doch in' Himmel kommen? o Narr! Es werden bloss die Heiligen angenommen. Der Weise geht nie irr, er hängt aufjeder Bahn Der ewigen Wahrheit (Gott) mit allen KrfU:. ten an. Ich bin der Tempel Gott's, und meines Herzens Schrein Ist's Allerheiligste, wenn er ist leer und rein. Dann wird das Tier ein Mensch, der Mensch ein englisch' Wesen, Und dieses Gott, wenn wir vollkommlich sind genesen.

Der ist nicht wert, dass er im Menschen-

stande lebt.

Ein Tier, das siehet Gott, ein Mensch den

Erdklotz an,

Aus diesem was er ist, ein jeder kennen kann.

Du willst kein Heiliger sein, und doch in'

Himmel kommen?

O Narr! Es werden bloss die Heiligen ange-

nommen.

Der Weise geht nie irr, er hängt auf jeder Bahn

Der ewigen Wahrheit (Gott) mit allen Kräf-

ten an.

Ich bin der Tempel Gott's, und meines Her-

zens Schrein

Ist's Allerheiligste, wenn er ist leer und rein.

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Dann wird das Tier ein Mensch, der Mensch

ein englisch' Wesen,

Und dieses Gott, wenn wir vollkommlich sind

genesen.

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HARVARD UNIVERSITY


— 24 —

-

Die Selbsterkenntnis.

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-

Man braucht kein Fernglas, in den Himmel

einzusehen,

Die Selbsterkenntnis.

Kehr' dich nur von der Welt und schau',

so wird's geschehen.

Man braucht kein Fernglas, in den Himmel einzusehen, Kehr' dich nur von der Welt und schau', so wird's geschehen. Der Weg zu Gott ist durch der Liebe Thür, Der Weg der Wissenschaft bringt dich nur langsam für. Viel Bücher, viel Beschwerd' ! Wer eines recht gelesen, (Ich meine Jesus Christ)*) ist ewiglich genesen. In Schulen dieser Welt wird Gott uns nur beschrieben, In heil'gen Geistes Schul' lernt man ihn schau'n und lieben. Wenn du nicht Mensch mehr bist und dich verleugnet hast, So ist Gott selber Mensch und träget deine Last. Die Meinungen sind Sand, ein Narr, der baut darein; Baust du auf Meinungen, wie kannst du weise sein? Die Schrift ist Schrift, sonst nichts. Mein Trost ist Wesenheit Und dass Gott in mir spricht das Wort der Ewigkeit.

Der Weg zu Gott ist durch der Liebe Thür,

Der Weg der Wissenschaft bringt dich nur

langsam für.

Viel Bücher, viel Beschwerd'! Wer eines

recht gelesen,

(Ich meine Jesus Christ)*) ist ewiglich genesen.

In Schulen dieser Welt wird Gott uns nur

beschrieben,

In heil'gen Geistes Schul' lernt man ihn

schau'n und lieben.

Wenn du nicht Mensch mehr bist und dich

verleugnet hast,

So ist Gott selber Mensch und träget deine Last.

Die Meinungen sind Sand, ein Narr, der baut

darein;

Baust du auf Meinungen, wie kannst du

weise sein?

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Die Schrift ist Schrift, sonst nichts. Mein

Trost ist Wesenheit

Und dass Gott in mir spricht das Wort der

Ewigkeit.

*) Das Licht der Erkenntnis.

*) Das Licht der Erkenntnis.

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— 25 —

-

Der ist ein weiser Mann, der Gott und sich

25

-

wohl kennt;

Wem dieses Licht gebricht, ist unweis' und

Der ist ein weiser Mann, der Gott und sich wohl kennt; Wem dieses Licht gebricht, ist unweis' und verblend't. Mensch, geh' nur in dich selbst, denn nach dem Stein der Weisen Braucht man nicht erst in fremde Länder reisen. Gott wohnt in einem Licht, zu dem die Bahn gebricht; Wer es nicht selber wird, der sieht ihn ewig nicht.

verblend't.

Mensch, geh' nur in dich selbst, denn nach

dem Stein der Weisen

Braucht man nicht erst in fremde Länder reisen.

Gott wohnt in einem Licht, zu dem die Bahn

gebricht;

Wer es nicht selber wird, der sieht ihn

ewig nicht.

Soll ich mein letztes End' und meinen Anfang

finden,

So muss ich mich in Gott und Gott in mir

ergründen;

Muss werden, was Er ist, ich muss ein Schein

im Schein,

Ein Wort im Wort, Gott in der Gottheit sein.

Ich trage Gottes Bild; wenn Er sich will

besehen,

So kann es nur in mir und wer mir gleicht

geschehen.

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Ich bin nicht ausser Gott und Gott nicht

ausser mir;

Ich bin sein Glanz, sein Licht, und er ist

meine Zier.

Soll ich mein letztes End' und meinen Anfang finden, So muss ich mich in Gott und Gott in mir ergründen; Muss werden, was Er ist, ich muss ein Schein im Schein, Ein Wort im Wort, Gott in der Gottheit sein. Ich trage Gottes Bild; wenn Er sich will besehen, So kann es nur in mir und wer mir gleicht geschehen. Ich bin nicht ausser Gott und Gott nicht ausser mir; Ich bin sein Glanz, sein Licht, und er ist meine Zier.

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— 26 —

26

Je mehr du dich aus dir kannst austhun

und entgiessen,

Je mehr muss Gott in dich mit seiner Gott-

Je mehr du dich aus dir kannst austhun und entgiessen, Je mehr muss Gott in dich mit seiner Gottheit fliessen. Gott ist das was er ist; ich, was durch ihn ich bin; Kennst du den Einen wohl, so kennst du mich und ihn. Gott ist mein Fleisch und Blut, mein Geist und mein Gebein.*) Wie sollt' ich denn durch ihn nicht ganz vergöttert sein. Ist meine Seel' im Leib, und gleich durch alle Glieder, So sag' ich recht und wohl: der Leib ist in ihr wieder. Ich bin so grass als Gott, er ist wie ich so klein, Er kann nicht über mir, ich unter ihm nicht sein.

heit fliessen.

Gott ist das was er ist; ich, was durch ihn ich bin;

Kennst du den Einen wohl, so kennst du

mich und ihn.

Gott ist mein Fleisch und Blut, mein Geist

und mein Gebein.*)

Wie sollt' ich denn durch ihn nicht ganz ver-

göttert sein.

Ist meine Seel' im Leib, und gleich durch

alle Glieder,

So sag' ich recht und wohl: der Leib ist in

ihr wieder.

Ich bin so gross als Gott, er ist wie ich

so klein,

Er kann nicht über mir, ich unter ihm nicht sein.

*) Es giebt Leute, welche glauben, mit Verachtung auf

den physischen Körper herabsehen zu können. Wenn aber

alles dem Wesen nach Gott ist, so ist auch das Wesen des

Körpers und der Materie Gott. In der That ist gerade der

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physische Körper des Menschen insofern von höchster Be-

deutung, als in ihm alle geistigen Kräfte aufgespeichert und

sozusagen krystallisiert sind. Der Geist ist die Intelligenz,

die Materie die Energie. Ohne den physischen Körper

gäbe es keine geistige Entwicklung, ebensowenig als kein

Baum wachsen könnte, wo kein Same dazu vorhanden wäre.

*) Es giebt Leute, welche glauben, mit Verachtung auf den physischen Körper herabsehen zu können. Wenn aber alles dem Wesen nach Gott ist, so ist auch das Wesen des Körpers und der Materie Gott. In der That ist gerade der physische Körper des Menschen insofern von höchster Bedeutung, als in ihm alle geistigen Kräfte aufgespeichert und sozusagen krystallisiert sind. Der Geist ist die Intelligenz, die Materie die Energie. Ohne den physischen Körper gäbe es keine geistige Entwicklung, ebensowenig als kein Baum wachsen könnte, wo kein Same dazu vorhanden wäre.

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— 27 —

-

Dass Gott so selig ist und lebet ohn' Verlangen,

27

Hat er sowohl von mir, als ich von ihm

empfangen.

Dass Gott SO selig ist und lebet ohn' Verlangen,

Gott ist in mir das Feu'r, und ich in ihm der

Schein;

Hat er sowohl von mir, als ich von ihm empfangen. Gott ist in mir das Feu'r, und ich in ilun der Schein; Sind \\ir einander nicht ganz inniglich gemein? Ich selbst bin Ewigkeit, wenn ich die Zeit verlasse, Und mich in Gott und Gott in mich zusammenfasse.

Sind wir einander nicht ganz inniglich gemein?

Ich selbst bin Ewigkeit, wenn ich die Zeit

verlasse,

Und mich in Gott und Gott in mich zu-

sammenfasse.

Rein, wie das feinste Gold, fest wie ein

Felsenstein,

Und lauter wie Krystall soll dein Gemüte sein.

Ein Senfkorn ist mein Geist; durchscheint ihn

seine Sonne,

So wächst er auf gleich Gott mit freuden-

reicher Wonne.

Ich selbst muss Sonne sein, ich muss mit

meinen Strahlen

Das farbenlose Meer der ganzen Gottheit

malen.

Nimm hin der Sonne Licht. Mein Jesus*)

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ist die Sonne,

Die meine Seel' erleucht' und macht sie vol- 1er Wonne.

Rein, wie das feinste Gold, fest wie ein Felsenstein, U nel lauter wie Krystall soll dein Gemüte sein. Ein Senfkom ist mein Geist; durchscheint ihn seine Sonne, So wächst er auf gleich Gott mit freudenreicher Wonne. Ich selbst muss Sonne sein, ich muss mit meinen Strahlen Das farbenlose Meer der ganzen Gottheit malen. Nimm hin der Sonne Licht. Mein Jesus*) ist die Sonne, Die meine' See}' erleucht' und macht sie voller Wonne.

*) Die Weisheit.

*) Die Weisheit.

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— 28 —

28

Wer in der Sonne ist, dem mangelt nicht

das Licht,

Das dem, der ausser ihr verirret geht, gebricht.

Wer in der Sonne ist, dem mangelt nicht das Licht, Das dem, der ausser ihr verirret geht, gebricht. Du grübelst in der Schrift, und meinst mit Klügelei Zu finden Gottes Sohn. Auf! Mache dich doch frei Von dieser Sucht und komm' zum Stall, ihn selbst zu küssen; *) So wirst du bald die Kraft des Gotteskinds . geniessen. Viel Wissen blähet auf; dem geb' ich Lob und Preis, Der den Gekreuzigten in seiner Seele weiss. Was hilft's mich, Gabriel, dass du Maria grüsst, Wenn du nicht auch bei mir derselbe Bote bist? Ich muss Gott-schwanger sein, sein Geist muss mir obschweben, Und Gott in meiner Seel' wahrhaftig machen Leben. Ist deine Seele Magd und wie Maria rein, So muss sie augenblicks vom Geiste schwan. ger seIn.

Du grübelst in der Schrift, und meinst mit

Klügelei

Zu finden Gottes Sohn. Auf! Mache dich

doch frei

Von dieser Sucht und komm' zum Stall, ihn

selbst zu küssen;*)

So wirst du bald die Kraft des Gotteskinds

geniessen.

Viel Wissen blähet auf; dem geb' ich Lob

und Preis,

Der den Gekreuzigten in seiner Seele weiss.

Was hilft's mich, Gabriel, dass du Maria grüsst,

Wenn du nicht auch bei mir derselbe Bote bist?

Ich muss Gott-schwanger sein, sein Geist

muss mir obschweben,

Und Gott in meiner Seel' wahrhaftig machen

Leben.

Ist deine Seele Magd und wie Maria rein,

So muss sie augenblicks vom Geiste schwan-

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ger sein.

*) Der »Stall« ist die niedere Seelenregion des Men-

schen, wo die tierischen Instinkte und Leidenschaften hau-

sen; der Ochse des Eigendünkels und der Esel des Aber-

glaubens etc.

*) Der »Stalle ist die niedere Seelenregion des Menschen, wo die tierischen Instinkte und Leidenschaften hausen; der Ochse des Eigendünkels und der Esel des Aberglaubens etc.

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— 29 —

-

Berührt dich Gottes Geist mit seiner Wesen-

29

-

heit,

So wird in dir gebor'n das Kind der Ewig-

Berührt dich Gottes Geist mit seiner Wesenheit' So wird in dir gebor'n das Kind der Ewig. keit. Du darfst zu Gott nicht schrei'n, der Brunnquell ist in dir; S topfst du den Ausgang nicht, so fliesst er für und für. Die Seel' ist ein Krystall, die Gottheit ist ihr Schein; Der Leib, in dem du lebst, ist ihrer beiden Schrein. Wer Gott recht finden will, muss sich zuerst verlieren Und bis in Ewigkeit nicht wiederseh'n noch spüren. Die zarte Gottheit ist ein Nichts und über Nichts; Wer nichts in allem sieht, Mensch! glaube mir, der sieht's. Die Gottheit ist mein Saft; was aus mir grünt und blüht, Das ist sein heil'ger Geist, durch den der Trieb geschieht. Die Liebe, welche sich in dir zu Gott beweist, Ist Gottes , ewige Kraft, sein Feu'r und heil'· ger Geist.

keit.

Du darfst zu Gott nicht schrei'n, der Brunn-

quell ist in dir;

Stopfst du den Ausgang nicht, so fliesst er

für und für.

Die Seel' ist ein Krystall, die Gottheit ist ihr

Schein;

Der Leib, in dem du lebst, ist ihrer beiden

Schrein.

Wer Gott recht finden will, muss sich zuerst

verlieren

Und bis in Ewigkeit nicht wiederseh'n noch

spüren.

Die zarte Gottheit ist ein Nichts und über

Nichts;

Wer nichts in allem sieht, Mensch! glaube

mir, der sieht's.

Die Gottheit ist mein Saft; was aus mir grünt

und blüht,

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Das ist sein heil'ger Geist, durch den der

Trieb geschieht.

Die Liebe, welche sich in dir zu Gott beweist,

Ist Gottes ewige Kraft, sein Feu'r und heil'-

ger Geist.

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Mensch, schickst du dich dazu, so zeugt Gott

seinen Sohn

.

All' Augenblick in dir, gleichwie in seinem

Thron.

30

-

Mensch, schickst du dich dazu, so zeugt Gott seinen Sohn All' Augenblick in dir, gleichwie in seinem Thron.

Einheit

Der Weise sucht nur Eins, und zwar das

höchste Gut;

Ein Narr nach Vielerlei und Kleinem streben

thut.

Viel wissen ist zwar fein, doch giebt's nicht

solche Lust,

Als sich von Kindheit an nichts Böses sein

bewusst.

Die Weisheit ist ein Quell, je mehr man aus

Einheit.

ihr trinkt,

Je mehr und mächtiger sie wieder treibt und

springt.

Der Weise sucht nur Eins, und zwar das höchste Gut; Ein Narr nach Vielerlei und Kleinem streben thut. Viel wissen ist zwar fein, doch giebt's nicht solche Lust, Als sich von Kindheit an nichts Böses sein bewusst. Die Weisheit ist ein Quell, je mehr man aus ihr trinkt, Je mehr und mächtiger sie wieder treibt und springt. All's kommt aus Einem her und muss in Ei. nem sein, Wo es nicht will gezweit und in der Vielheit sein. Die Zahlen alle sind aus einem Eins geflossen, Und die Geschöpfe all aus Gott, dem Eins entsprossen. Gleich wie die Einheit ist in einer jeden Zahl,

All's kommt aus Einem her und muss in Ei-

nem sein,

Wo es nicht will gezweit und in der Viel-

heit sein.

Die Zahlen alle sind aus einem Eins geflossen,

Und die Geschöpfe all aus Gott, dem Eins

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entsprossen.

Gleich wie die Einheit ist in einer jeden Zahl,

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So ist auch Gott das Eins in Dingen überall.

--

Wie all' und jede Zahl ohn' Eins kann nicht

3I

bestehen,

So müssen die Geschöpf ohn' Gott, das Eins,

So ist auch Gott das Eins in Dingen überall. Wie all' und jede Zahl ohn' Eins kann nicht bestehen, So müssen die Geschöpf' ohn' Gott, das Eins, vergehen. Das Nichts, die Kreatur, wenn's Gott vorangesetzt, Gilt· nichts; steht's hinter ihm, dann wird es erst geschätzt. Im Eins ist Alles Eins; kehrt Zwei zurück hinein, So ist es wesentlich mit ihm ein einz'ges Ein. Die Heil'gcn alle sind ein Heiliger allein; Weil sie ein Herz, ein Geist, ein Sinn, ein Leben sein. Zehn ist die Kronenzahl ; sie wird aus Eins und Nichts; Wenn Gott und Kreatur Eins werden, so geschieht's.

vergehen.

Das Nichts, die Kreatur, wenn's Gott voran-

gesetzt,

Gilt nichts; steht's hinter ihm, dann wird es

erst geschätzt.

Im Eins ist Alles Eins; kehrt Zwei zurück

hinein,

So ist es wesentlich mit ihm ein einz'ges Ein.

Die Heil'gen alle sind ein Heiliger allein;

Weil sie ein Herz, ein Geist, ein Sinn, ein

Leben sein.

Zehn ist die Kronenzahl; sie wird aus Eins

und Nichts;

Wenn Gott und Kreatur Eins werden, so

geschieht's.

Christus.

Der wahre Gottes Sohn ist Christus nur allein;

Doch muss ein jeder Christ derselbe Christus

sein.

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Ich muss Maria sein und Gott in mir gebären,

Soll er mich ewiglich der Seligkeit gewähren.

Christus. Der wahre Gottes Sohn ist Christus nur allein; Doch muss ein jeder Christ derselbe Christus sein. Ich muss Maria sein und Gott in mir gebären, Soll er mich ewiglich der Seligkeit gewähren.

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— 32 —

32

Wird Christus tausendmal zu Bethlehem ge-

boren,

Und nicht in dir, so bleibst du ewiglich ver-

Wird Christus tausendmal zu Bethlehem geboren, Und nicht in dir, so bleibst du ewiglich verloren. Das Kreuz von Golgatha kann dich nicht von dem Bösen, Wo es nicht auch in dir wird aufgericht', erlösen. Werd' Gott, willst du zu Gott. Gott macht sich nicht gemein. Mit dem, was nicht in Ihm, will Gott J was Er ist, sein. Ich sag', es hilft dir nichts, dass Christus auferstanden, So du noch liegen bleibst in Tod und Sündesbanden. Mensch! Deine Seligkeit kannst du dir selber nehmen, So du dich nur dazu willst schicken und bequemen. Gott zeuget seinen Sohn, und weil es ausser Zeit, So währet die Geburt auch alle Ewigkeit.

loren.

Das Kreuz von Golgatha kann dich nicht

von dem Bösen,

Wo es nicht auch in dir wird aufgerichf, er-

lösen.

Werd' Gott, willst du zu Gott. Gott macht

sich nicht gemein.

Mit dem, was nicht in Ihm, will Gott, was

Er ist, sein.

Ich sag', es hilft dir nichts, dass Christus auf-

erstanden,

So du noch liegen bleibst in Tod und Sün-

desbanden.

Mensch! Deine Seligkeit kannst du dir sel-

ber nehmen,

So du dich nur dazu willst schicken und

bequemen.

Gott zeuget seinen Sohn, und weil es ausser

Zeit,

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So währet die Geburt auch alle Ewigkeit.

(Fortsetzung folgt.)

(Fortsetzung folgt.)

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Theosophie in China.

Betrachtungen über das Tao-Teh-King.

(Der Weg, die Wahrheit und das Licht.)

Aus dem Chinesischen des Lao-tze.

(Fortsetzung.)

LXIV.

Was ruhig ist, kann leicht gehalten

werden.1)

Was erwartet wird, ist leicht zu ver-

schaffen.2)

x) Nur in einem unbewegten, ruhevollen

Gemüte kann das Ebenbild der Gottheit sich

in Klarheit abspiegeln.

2) Wer auf die göttliche Gnade hofft, in

Theosophie in China.

dem findet sie keinen Widerstand.

Lotusbliithen LH. 3

Betraebtnngen über das Tao-Teh-King. Generated for John Patrick Deveney (University of Chicago) on 2014-11-22 18:06 GMT / http://hdl.handle.net/2027/hvd.hnue9i Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www.hathitrust.org/access_use#pd-us-google

(Der Weg, die Wahrheit und das Licht.) Aus dem Chinesischen des Lao-tze. (Fortsetzung.)

LXIV. Was ruhig ist, kann leicht gehalten werden. 1) Was erwartet wird, ist leicht zu verschaffen.2) 1) Nur in einem unbewegten, ruhevollen Gemüte kann das Ebenbild der Gottheit sich in Klarheit abspiegeln. 2) Wer auf die göttliche Gnade hofft, 1n dem findet sie keinen Widerstand. Lotuablttthen LII.

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3

Origillal from

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-

— 34 —

34

-

Was zerbrechlich ist, wird leicht zer-

brochen.3)

Was zerbrechlich ist, wird leicht zerbrochen.S)

Was klein ist, ist bald verweht.4)

Besorge Dein Werk, ehe es Gestalt

annimmt.5)

Ordne die Dinge, ehe Verwirrung ein-

tritt.

Was klein ist, ist bald verweht. 4)

Der Baumstamm, den man mit zwei

Armen umspannt, wuchs aus einer zarten

Besorge Dein Werk, ehe es Gestalt annimmt. 5)

Wurzel.

Das Schloss mit neun Stockwerken

wurde auf einem Haufen Erde gebaut.

Die Reise von tausend Meilen fing

mit einem einzigen Schritte an.

Ordne die Dinge, ehe Verwirrung eintritt.

Wer entwirft, der zerstört.

Wer ergreift, der verliert.

3) Irrtümer, an denen man nicht festhält,

werden leicht zerstreut.

Der Baumstamm, den man mit zwei Armen umspannt, wuchs aus einer zarten Wurzel.

4) Ein Wahn, der nur klein ist, verschwin-

det leicht.

5) Siehe zu, dass die Grundlage, auf der

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Du baust, eine sichere ist.

Das Schloss mit neun Stockwerken wurde auf einem Haufen Erde gebaut. Die Reise von tausend Meilen fing mit einem einzigen Schritte an. Wer entwirft, der zerstört. Wer ergreift, der verliert. 3) Irrtümer, an denen man nicht festhält, werden leicht zerstreut.

4) Ein Wahn, der nur klein ist, verschwindet leicht. 5) Siehe zu, dass die Grundlage, auf der Du baust, eine sichere ist.

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— 35 —

-

So handelt der Weise nicht, und des-

halb bringt er keinen Schaden.6)

35

-

Er greift nach nichts und verliert des-

halb nie.

Aber die Leute mit ihren Unterneh-

mungen sehen sich getäuscht am Vor-

abende des Erfolges.

So handelt der Weise nicht, und deshalb bringt er keinen Schaden. 6)

Wären sie ebenso vorsichtig am Ende

als am Anfange, so würden keine solche

Täuschungen stattfinden.7)

Deshalb strebt der Weise nach dem,

was die anderen verachten, und schätzt

dasjenige nicht, was schwer zu erlangen

ist.8)

Er erstrebt keine gewöhnliche Gelehrt-

heit, sondern widmet sich dem, woran die

6) Was dem einen Vorteil bringt, bringt

dem andern Verlust.

Er greift nach nichts und verliert deshalb nie. Aber die Leute mit ihren Untemehmungen sehen sich getäuscht am Vorabende des Erfolges.

7) Würden sie nur nach dem Ewigen stre-

ben, so könnten sie nichts verlieren.

8) Die Wahrheit wird von den anderen ver-

achtet. Das, was schwer zu erlangen ist, ist

3*

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der Schein, weil er entflieht.

Wären sie ebenso vorsichtig am Ende als am Anfange, so würden keine solche Täuschungen stattfinden. 'T) Deshalb strebt der Weise nach dem, was die anderen verachten, und schätzt dasjenige nicht, was schwer zu erlangen ist. 8) Er erstrebt keine gewöhnliche Gelehrtheit, sondern widmet sich dem, woran die ~)

Was dem einen V orteil bringt, bringt dem andem Verlust. 7) Würden sie nur nach dem Ewigen stre-

ben, so könnten sie nichts verlieren. 8) Die Wahrheit wird von den anderen verachtet. Das, was schwer zu erlangen ist, ist der Schein, weil er entflieht. 3*

Original from Digitized bJ

HARVARD UN VERSITY


— 36 —

-

Menge (ohne es zu beachten) vorüber ge-

36 . -

gangen ist9)

So strebt er in allen Dingen nach

Menge (ohne es zu beachten) vorüber gegangen ist 9) So strebt er in allen Dingen nach natürlicher Entwicklung und handelt ohne (eigennützigen) Zweck. 10)

natürlicher Entwicklung und handelt ohne

(eigennützigen) Zweck.10)

9) Die göttliche Selbsterkenntnis ist das

Höchste, nach dem der Mensch streben kann;

aber wenige beachten dieselbe.

10) Seine Handlungen entspringen nicht

der Begierde, sondern der Weisheit.

LXV.

Die Alten, welche Tao ausübten, be-

nützten es nicht, um das Volk glänzen zu

machen, sondern um es einfach und natür-

lich werden zu lassen.1)

9) Die göttliche Selbsterkenntnis ist das Höchste, nach dem der Mensch streben kann; aber wenige beachten dieselbe.

*) Die höchste Civilisation besteht nicht in

der Ausbreitung des Wissens, sondern in der

Vollkommenheit in der Tugend. Man kann

viel wissen und doch keine Tugend haben,

d. h. nichts taugen. Es giebt eine Einfachheit,

welche aus Unwissenheit (Tamas), eine andere,

Seine Handlungen entspringen der Begierde, sondern der Weisheit.

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10)

nicht

LXV. Die Alten, welche Tao ausübten, benützten es nicht, um das Volk glänzen zu machen, sondern um es einfach und natürlich werden zu lassen. 1) 1) Die höchste Civilisation besteht nicht in der Ausbreitung des Wissens, sondern in der Vollkommenheit in der Tugend. Man kann viel wissen und doch keine Tugend haben, d. h. nichts taugen. Es giebt eine Einfachheit, welche aus Unwissenheit (Tamas), eine andere,

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HARVARD UNIVERSITY


— 37 —

-

Die Schwierigkeit im Regieren liegt

37

darin, dass man zu viel Diplomatik an-

wendet.

Die Schwierigkeit im Regieren liegt darin, dass man zu viel ,Diplomatik anwendet. Wer das Reich durch Diplomatik zu regieren versucht, ist eine Geissei für dasselbe; während deIjenige, welcher ohne Diplomatik regiert, ein Segen ist 2)

Wer das Reich durch Diplomatik zu

regieren versucht, ist eine Geissei für das-

selbe; während derjenige, welcher ohne

Diplomatik regiert, ein Segen ist.*)

Die Erkenntnis dieser zwei Dinge ist

das beste Mittel, um gut zu regieren, und

deren beständige Beachtung ist, was ich

„einfache Tugend" nenne.

welche der Begierde (Rajas) entspringt; die

wahre und höchste Einfachheit und Natürlich-

keit ist diejenige, welche der Erkenntnis der

Wahrheit (Sattwa) entspringt. Die Welt be-

findet sich in einem widernatürlichen Zustande.

Niemand kann geistig werden, ohne vorher

natürlich geworden zu sein. Der Weg der

Die Erkenntnis dieser zwei Dinge ist das beste Mittel, um gut zu regieren, und deren beständige Beachtung ist, was ich "einfache Tugend" nenne.

Evolution geht aus der unbewussten Einheit

durch die geträumte Vielheit zur selbstbe-

wussten Einheit zurück.

2) Unter „Diplomatik" ist Übervorteilung,

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Ungerechtigkeit, Lüge, Betrug, Anwendung

unheiliger Mittel zu selbstsüchtigen Zwecken,

zu verstehen.

welche der Begierde (Rajas) entspringt; die wahre und höchste Einfachheit und Natürlichkeit ist diejenige, welche der Erkenntnis der Wahrheit (Sattwa) entspringt. Die Welt befindet sich in einem widernatürlichen Zustande. Niemand kann geistig werden, ohne vorher natürlich geworden zu sein. Der Weg der Evolution geht aus der unbewussten Einheit durch die geträumte Vielheit zur selbstbewussten Einheit zurück. 2) Unter ,,Diplomatik" ist Übervorteilung, Ungerechtigkeit, Lüge, Betrug, Anwendung unheiliger Mittel zu selbstsüchtigen Zwecken, zu verstehen.

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Tief und weit ist diese einfache Tugend,

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und wenn sie, auch anderen Methoden

entgegen ist, so kann sie doch völlige

Tief und weit ist diese einfache Tugend, und wenn sie, auch anderen Methoden entgegen ist, so kann sie doch völlige Ordnung bringen. 8)

Ordnung bringen.3)

3) Tief und weit ist die Liebe, die gerecht

gegen alle Geschöpfe ist.

LXVI.

Dasjenige, was die grossen Flüsse und

Meere befähigt, alle Ströme zu empfangen,

ist ihre Niedrigkeit. Darin besteht ihre

Hoheit.

.

Deshalb spricht der Weise, der das

Volk beherrschen will, von sich selbst, als

3) Tief und weit ist die Liebe, die gerecht gegen alle Geschöpfe ist.

ob er unter ihm wäre, und wenn er zu

oberst zu sein wünscht, stellt er sich

hinten hin.

Auf diese Weise empfinden die Leute

sein Gewicht nicht; während er doch über

ihnen ist, und der Umstand, dass er vor

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ihnen ist, bildet für sie kein Hindernis.

LXVI. Dasjenige, was die grossen Flüsse und Meere befähigt, alle Ströme zu empfangen, ist ihre Niedrigkeit. Darin besteht ihre Hoheit. Deshalb spricht der Weise, der das Volk beherrschen will, von sich selbst, als ob er unter ihm wäre, und wenn er zu oberst zu sein wünscht, stellt er sich hinten hin. Auf diese Weise empfinden die Leute sein Gewicht nicht; während er doch über ihnen ist, und der Umstand, dass er vor ihnen ist, bildet für sie kein Hindernis.

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Deshalb erhöht ihn die ganze Welt mit

ihrem Beifall und niemand wird beleidigt.

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Und weil er kein Streber ist, so ist

Deshalb erhöht ihn die ganze Welt mit ihrem Beifall und niemand wird beleidigt. Und weil er kein Streber ist, so ist niemand sein Feind. 1)

niemand sein Feind.1)

*) Die tiefste Demut der Selbstheit ist die

grösste Erhebung des Geistes.

I

LXVII.

Jedermann giebt zu, dass mein Tao-

tum zwar gross, aber dennoch unzuläng-

lich ist. Aber es ist seine Grösse, die es

unzulänglich erscheinen macht. Wäre es

so wie die anderen, so würde man es

1) Die tiefste Demut der Selbstheit ist die grösste Erhebung des Geistes.

längst als zulänglich erkannt haben.1)

*) So ist z. B. die göttliche Liebe, welche

keinen besonderen Gegenstand hat, weil sie

alle Dinge ohne Unterschied mit ihrem ganzen

Wesen umfasst, viel zu gross, um von ge-

wöhnlichen Menschen begriffen zu werden.

Im menschlichen Leben ist „lieben" so viel

als ein bestimmtes Ding einem anderen Dinge

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vorziehen. Im Göttlichen giebt es keine Be-

LXVII. Jedermann giebt zu, dass mein Taoturn zwar gross, aber dennoch unzulänglich ist. Aber es ist seine Grösse, die es unzulänglich erscheinen macht Wäre es so wie die anderen, so würde man es längst als zulänglich erkannt haben. 1) 1) So ist z. B. die göttliche Liebe, welche keinen besonderen Gegenstand hat, weil sie alle Dinge ohne Unterschied mit ihrem ganzen Wesen umfasst, viel zu gross, um von gewöhnlichen ~Ienschen begriffen zu werden. Im menschlichen Leben ist "lieben" so viel als ein bestimmtes Ding einem anderen Dinge vorziehen. Im Göttlichen giebt es keine Be-

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— 4° —

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Aber ich halte mich an drei köstliche

-

Dinge, welche ich auch hochschätze.

Das erste ist die Sanftmut.

Aber ich halte mich an drei köstliche Dinge, welche ich auch hochschätze. Das erste ist die Sanftmut. Das zweite die Sparsamkeit. 2) Das dritte die Demut Vermittelst solcher Sanftmut kann ich tapfer sein. Vermittelst solcher Sparsamkeit kann ich freigebig sein. Vermittelst solcher Demut kann ich gross sein im Dienste als ein Gefäss der Ehre. Aber in diesen Zeiten verlassen die Menschen die Sanftmut und werden aufdringlich. Sie verlassen die Sparsamkeit und werden ausgelassen. Sie wollen nicht den letzten Platz ein-

Das zweite die Sparsamkeit.2)

Das dritte die Demut.

Vermittelst solcher Sanftmut kann ich

tapfer sein.

Vermittelst solcher Sparsamkeit kann

ich freigebig sein.

Vermittelst solcher Demut kann ich

gross sein im Dienste als ein Gefäss der Ehre.

Aber in diesen Zeiten verlassen die

Menschen die Sanftmut und werden auf-

dringlich.

Sie verlassen die Sparsamkeit und wer-

den ausgelassen.

Sie wollen nicht den letzten Platz ein-

vorzugung des Gegenstandes oder der Person.

Da liebt sich die Liebe selbst und liebt sich

dort am meisten, wo sie am meisten zum Be-

wusstsein gekommen ist.

2) Die innerliche Sammlung der geistigen

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Kräfte.

vorzugung des Gegenstandes oder der Person. Da liebt sich die Liebe selbst und liebt sich dort am meisten, wo sie am meisten zum Bewusstsein gekommen ist. 2) Die innerliche Sammlung der geistigen Kräfte.

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— 41 —

-

nehmen, sie streben nach Vorrang und

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-

dadurch nach Tod.3)

Die Sanftmut siegt immer im Angriff

nehmen, sie streben nach Vorrang und dadurch nach Tod. S) Die Sanftmut siegt immer im Angriff und hat in der Verteidigung nichts zu fürchten. Wenn deshalb der Himmel einen Menschen erretten will, so umgiebt er ihn mit Sanftmut.')

und hat in der Verteidigung nichts zu

fürchten.

Wenn deshalb der Himmel einen Men-

schen erretten will, so umgiebt er ihn mit

Sanftmut.4)

3) Je mehr der Egoismus wächst, um so

kleinlicher wird der Mensch. Das Wachstum

des sterblichen „Selbsts" führt zum Tode des

geistigen.

4) Vgl. Matthäus V, 3.

LXVIII.

Wer gut zu befehlen versteht, ist nicht

herrisch.

Wer gut kämpft, ist nicht aufgeregt.

Der oberste der Sieger streitet nicht.

Der beste Herr beherrscht seine Diener

durch Herablassung.

Dies ist die Tugend des Nichtbe-

8) Je mehr der Egoismus wächst, um so kleinlicher wird der Mensch. Das Wachstum des sterblichen "Selbsts" führt zum Tode des geistigen.

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kämpfens.

4) V gl. Matthäus V, 3.

LXVIII. Wer gut zu befehlen versteht, ist nicht herrisch. Wer gut kämpft, ist nicht aufgeregt. Der oberste der Sieger streitet nicht Der beste Herr beherrscht seine Diener durch Herablassung. Dies ist die Tugend des Nichtbekämpfens.

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— 42 —

-

Dies ist die Tugend der Überredung.

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--

Dies ist die Nachfolge des Himmels,

des höchsten Zieles der Alten.

Dies ist die Tugend der Überredung. "Dies ist die Nachfolge des Himmels, des höchsten Zieles der Alten.

LXIX.

Ein grosser Krieger sagte einst: „Ich

getraue mir nicht der Wirt zu sein, ich

wäre lieber der Gast."1)

Ich wage es nicht, einen Zoll vorwärts

zu gehen, ich gehe lieber um einen Fuss

zurück.

Dies nenne ich nun die Reihen auf-

stellen, ohne sie (zum Kampfe) zu ordnen;

die Waffen zu entblössen, ohne sich zum

Kampfe zu bereiten; das Schwert zu er-

greifen, ohne es aus der Scheide zu ziehen,

LXIX.

und auf den Feind losgehen, ohne ihm zu

begegnen.2)

Ein grosser Krieger sagte einst: "Ich getraue mir nicht der Wirt zu sein, ich wäre lieber der Gast." 1) Ich wage es nicht, einen Zoll vorwärts zu gehen, ich gehe lieber um einen Fuss zurück. Dies nenne ich nun die Reihen aufstellen, ohne sie (zum Kampfe) zu ordnen; die \Vaffen zu entblössen, ohne sich zum Kampfe zu bereiten; das Schwert zu ergreifen, ohne es aus der Scheide zu ziehen, und auf den Feind losgehen, ohne ihm zu begegnen. 2)

*) Ich ziehe es vor nachzugeben, als heraus-

zufordern.

2) Im Materiellen siegt die rohe Gewalt, im

Geistigen die Sanftmut. Man soll sich seiner

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Kraft bewusst sein, ohne sie zu gebrauchen.

1) Ich ziehe es vor nachzugeben, als herauszufordern. 2) Im Materiellen siegt die rohe Gewalt, im Geistigen die Sanftmut. Man soll sich seiner Kraft bewusst sein, ohne sie zu gebrauchen.

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— 43 —

-

Nichts ist so unvorteilhaft, als leicht-

43

-

sinnig in den Kampf zu ziehen.

Denn wer dies thut, der läuft Gefahr,

Nichts ist so unvorteilhaft, als leichtsinnig in den Kampf zu ziehen. Denn wer dies thut, der läuft Gefahr, das Kostbarste zu verlieren. So geschieht es, dass, wenn entgegengesetzte Mächte in der Schlacht aufeinandertreffen, diejenige, welche dies bedauert, sicherlich siegt.

das Kostbarste zu verlieren.

So geschieht es, dass, wenn entgegen-

gesetzte Mächte in der Schlacht aufein-

andertreffen, diejenige, welche dies be-

dauert, sicherlich siegt.

LXX.

Leicht sind meine Worte zu begreifen

und auch auszuüben.

Dennoch kann sie keiner begreifen oder

ausüben.

Denn meine Worte haben einen fern-

liegenden Ursprung und meine Thaten

ein höchstes Gesetz.1)

*) Die hier beschriebenen Tugenden gehören

nicht dem von der Selbstheit befangenen Men-

schen, sondern dem über alle Selbstheit er-

habenen Geiste an. Deshalb kann der selbst-

süchtige persönliche Mensch sie weder begreifen

noch ausüben, während sie im selbstlosen un-

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persönlichen Menschen von selbst sich äussern.

LXX. Leicht sind meine Worte zu begreifen und auch auszuüben. Dennoch kann sie keiner begreifen oder ausüben. Denn meine" Worte haben einen femliegenden Ursprung und meine Thaten ein höchstes Gesetz. 1) 1) Die hier beschriebenen Tugenden gehören nicht dem von der Selbstheit befangenen Menschen, sondern dem über alle Selbstheit erhabenen Geiste an. Deshalb kann der selbstsüchtig~ persönliche Mensch sie weder begreifen noch ausüben, während sie im selbstlosen unpersönlichen Menschen von selbst sich äussern.

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— 44 —

-

Wer diese nicht kennt, der kennt mich

nicht.

44 -

Wenige kennen mich und diese schätzen

Wer diese nicht kennt, der kennt mich nicht Wenige kennen mich und diese schätzen mich hoch. 2)

mich hoch.2)

Denn der Weise ist äusserlich arm,

aber er trägt sein Kleinod in seiner Brust.

2) Wer den Gottmenschen in Wahrheit er-

kennt, ist schon Eins mit ihm; denn er kann

ihn nicht erkennen, ohne Eins mit ihm zu

werden.

LXXI.

Das beste Wissen ist die Erkenntnis

Denn der Weise ist äusserlich arm, aber er trägt sein Kleinod in seiner Brust.

der eigenen Unwissenheit.1)

J) Wer in der geistigen Unwissenheit steckt

und mit ihr deshalb identificiert ist, kann die-

selbe nicht erkennen. Zu einem Erkennen

gehört Objektivität. Der Mensch kann sein

thörichtes „Ich" erst dann objektiv erkennen,

wenn er sich über dasselbe ins Göttliche er-

2) Wer den Gottmenschen in Wahrheit erkennt, ist schon Eins mit ihm; denn er kann ihn nicht erkennen, ohne Eins mit ihm zu werden.

hebt. Dann ist es aber nicht mehr der Thor,

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welcher den Thoren erkennt, sondern der

LXXI. Das beste Wissen ist die Erkenntnis der eigenen Unwissenheit. 1) 1) Wer in der geistigen Unwissenheit steckt und mit ihr deshalb identificiert ist, kann dieselbe nicht erkennen. Zu einem Erkennen gehört Objektivität. Der Mensch kann sein thörichtes "Ich" erst dann objektiv erkennen, wenn er sich über dasselbe ins Göttliche erhebt. Dann ist es aber nicht mehr der Thor, welcher den Thoren erkennt, sondern der

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— 45 —

-

Dieses Wissen nicht zu haben, ist eine

45

-

Krankheit')

Wer es als eine Krankheit betrachtet,

Dieses Wissen nicht zu haben, ist eine Krankheit') Wer es als eine Krankheit betrachtet, der wird davon geheilt. 8) Der Weise ist von dieser'Krankheit frei.

der wird davon geheilt.3)

Der Weise ist von dieser Krankheit frei.

Er erkennt sie als das was sie ist, und

ist deshalb nicht mehr mit ihr behaftet.4)

Geist. Wer noch nicht zwischen dem Geist

und dem Selbst unterscheiden kann, in dem

wohnt noch keine geistige Erkenntnis.

2) Das Herabsteigen des Geistes in die

Materie ist wie eine Krankheit zu betrachten,

die dadurch geheilt wird, dass der Mensch in

seinen ursprünglichen geistigen Zustand zu-

rückkehrt.

Er erkennt sie als das was sie ist, und ist deshalb nicht mehr mit ihr behaftet')

3) Wer am Sinnlichen hängt, wird nicht

davon frei; wer das Sinnesleben als einen

anormalen Zustand betrachtet, der ist schon

auf dem Wege der Besserung.

4) Weise ist derjenige, welcher über das

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Selbst und dessen Begierden erhaben ist.

Geist. Wer noch nicht zwischen dem Geist und dem Selbst unterscheiden kann, in dem wohnt noch keine geistige Erkenntnis.

2) Das Herabsteigen des Geistes in die Materie ist wie eine Krankheit zu betrachten, die dadurch geheilt wird, dass der Mensch in seinen ursprünglichen geistigen Zustand zurückkehrt. 8) Wer am Sinnlichen hängt, wird nicht davon frei; wer das Sinnesleben als einen anormalen Zustand betrachtet, der ist schon auf dem Wege der Besserung. ') Weise ist derjenige, welcher über das Selbst und dessen Begierden erhaben ist.

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— 46 -

-

LXXII.

46

-

Wenn die Menschen gegenwärtige Ge-

fahren nicht beachten, so gehen sie den

LXXII.

grössten Gefährlichkeiten entgegen.1)

Hütet Euch, das Haus zu vergrössern,

wenn1 Euch Euer jetziger Zustand nicht

Wenn die Menschen gegenwärtige Gefahren nicht beachten, so gehen sie den grössten Gefährlichkeiten entgegen. 1)

mehr gefällt.2)

Wenn Ihr dasselbe nicht verschmäht,

*) Wer den Keim des Irrtums nicht aus-

rottet, in dem wird er wachsen, festwurzeln

und sich ausbreiten.

2) Damit ist nichts gedient, dass man un-

geduldig über das Leben auf Erden ist, und

Hütet Euch, das Haus zu vergrössern, wenn; Euch Euer jetziger Zustand nicht mehr gefällt 2)

für den Himmel schwärmt. Nicht durch Un-

zufriedenheit und Schwärmerei, sondern durch

das Aufblühen des göttlichen Bewusstseins im

Menschen wächst der Mensch über seine per-

sönliche Selbstheit hinaus nnd in die Gottheit

hinein. Der Mensch kann nur dadurch ein

„Übermensch" werden, dass er aufhört, in sei-

Wenn Ihr dasselbe nicht verschmäht,

nem Bewusstsein ein einzelner Mensch zu sein,

und in der Gottheit in der Menschheit auf-

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geht. Wo der beschränkte Mensch aufhört,

da fängt der allgegenwärtige Gott an.

1) Wer den Keim des Irrtums nicht ausrottet, in dem wird er wachsen, festwurzeln und sich ausbreiten. 2) Damit ist nichts gedient, dass man ungeduldig über das Leben auf Erden ist, und für den Himmel schwärmt. Nicht durch U nzufriedenheit und Schwärmerei, sondern durch das Aufblühen des göttlichen Bewusstseins im Menschen wächst der Mensch über seine persönliche Selbstheit hinaus nnd in die Gottheit hinein. Der Mensch kann nur dadurch ein "Übermensch" werden, dass er aufhört, in seinem Be\vusstsein ein einzelner Mensch zu sein, und in der Gottheit in der Menschheit aufgeht. Wo der beschränkte Mensch aufhört, da fängt der allgegenwärtige Gott an.

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— 47 —

-

so wird kein solches Missfallen über Euch

47

kommen.3)

Deshalb sucht der Weise, welcher

so wird kein solches l\lissfallen über Euch kommen})

Selbsterkenntnis besitzt, nicht zu glänzen.4)

Er liebt sich selbst, aber er schätzt

sich nicht hoch.5)

So entsagt er dem Stolz und ist zu-

Deshalb sucht der Weise, welcher Selbsterkenntnis besitzt, nicht zu glänzen:")

frieden.

3) Wer das Leben richtig erfasst, der ver-

achtet es weder, noch überschätzt er es; son-

dern er betrachtet seine jetzige Stellung als

eine notwendige Schule und seine Person als

Er liebt sich selbst, aber er schätzt sich nicht hoch. 5)

ein brauchbares Werkzeug, um auf eine höhere

Stufe zu gelangen.

4) Er erkennt, dass er ohne das wahre

Licht nur ein falscher Schein ist, und dass das

göttliche Licht das allein wahre Licht in

ihm ist.

5) Er betrachtet sich als eine Leuchte, in

welcher das Licht scheint; hält sich aber nicht

So entsagt er dem Stolz und ist zufrieden.

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für das Licht selbst.

S) Wer das Leben richtig erfasst, der verachtet es weder, noch überschätzt er es; sondern er betrachtet seine jetzige Stellung als eine notwendige Schule und seine Person als ein brauchbares Werkzeug, um auf eine höhere Stufe zu gelangen. 4) Er erkennt, dass er ohne das wahre Licht nur ein falscher Schein ist, und dass das göttliche Licht das allein wahre Licht in ihm ist. 5) Er betrachtet sich als eine Leuchte, in welcher das Licht scheint; hält sich aber nicht für das Licht selbst.

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— 48 —

LXXIII.

Wer seinen Mut durch Waghalsigkeit

zeigen will, kommt dabei um.

LXXIII.

Wer seinen Mut durch Selbstbezäh-

mung beweist, wird erhalten.1)

Wer seinen Mut durch Waghalsigkeit zeigen will, kommt dabei um. Wer seinen Mut durch Selbstbezähmung beweist, wird erhalten. 1) Somit giebt es zweierlei Arten von Mut, den schädlichen und den vorteilhaften. Wer aQer kann sagen, weshalb einer der beiden das Gericht des Himmels nach sich ziehen sollte? Deshalb findet der Weise; dass es schwer ist zu handeln. 2)

Somit giebt es zweierlei Arten von

Mut, den schädlichen und den vorteilhaften.

Wer aber kann sagen, weshalb einer

der beiden das Gericht des Himmels

nach sich ziehen sollte?

Deshalb findet der Weise,* dass es

schwer ist zu handeln.2)

*) Da die materielle Welt das verkehrte

Spiegelbild der geistigen Welt ist, so werden

auch alle Lehren, die sich auf das Geistige

beziehen, verkehrt, wenn man sie äusserlich

auffasst. Dadurch wird die Weisheit zur

Narrheit gemacht. Im Kampf ums Dasein

muss das Eine das Andere bekämpfen, um

sich selbst zu erhalten und emporzukommen;

der über die Selbstheit erhabene Geist dagegen

siegt durch die Segnungen, welche er spendet;

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durch Liebe, Sanftmut und Geduld.

2) Der Mensch kann aus eigenem Gut-

dünken nichts Gutes thun, das nicht auch zu-

1) Da die materielle Welt das verkehrte Spiegelbild der geistigen Welt ist, so werden auch alle Lehren, die sich auf das Geistige beziehen, verkehrt, wenn man sie äusserlich auffasst. Dadurch wird die Weisheit zur Narrheit gemacht. Im Kampf ums Dasein muss das Eine das Andere bekämpfen', um sich selbst zu erhalten und emporzukommen; der über die Selbstheit erhabene Geist dagegen siegt durch die Segnungen, welche er spendet; durch Liebe, Sanftmut und Geduld.

2) Der Mensch kann aus eigenem Gutdünken nichts Gutes thun, das nicht auch zu-

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— 49 —

Das himmlische Tao strebt nicht, und

-

dennoch überwindet es alles; es spricht

49

-

nicht, und dennoch ist es geschickt im

Antworten; es ruft nicht und dennoch fliesst

Das himmlische Tao strebt nicht, und dennoch überwindet es alles; es spricht nicht, und dennoch ist es geschickt im Antworten; es ruft nicht und dennoch fliesst ihm alles zu. S)

ihm alles zu.3)

Es ist ruhig in seiner Art; dennoch

sind seine Pläne vollkommen wirksam.

Das Netz des Himmels hat weite Ma-

schen, und dennoch entflieht ihm nichts.4)

gleich etwas Nachteiliges im Gefolge hat.

Zu einer absolut guten That gehört voll-

kommene Erkenntnis, und diese besitzt nur

derjenige, welcher in der Gotteserkenntnis

vollkommen ist.

Es ist ruhig in seiner Art; dennoch smd seine Pläne vollkommen wirksam.

3) Er ist die geistige Sonne, deren Licht

sich nirgends hineindrängt, und dem sich doch

alles eröffnet, was fähig ist, seine Wärme zu

empfinden.

4) Der Scheinmensch hat scheinbar eine

Das Netz des Himmels hat weite Maschen, und dennoch entflieht ihm nichts.4.)

grosse Willensfreiheit, im Grunde genommen

folgt er aber dennoch nur dem Gesetze seiner

Natur, die ihn beherrscht, und kann dem Netze

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des Karma nicht entgehen, so lange er nicht

aus dem Schein in die Wesenheit und Wirk-

lichkeit tritt, durch dieses Gesetz wird aber

gleich etwas Nachteiliges im Gefolge hat. Zu einer absolut guten That gehört vollkommene Erkenntnis, und diese besitzt nur derjenige, welcher in der Gotteserkenntnis vollkommen ist.

Lotnsblttthen LH. 4

3) Er ist die geistige Sonne, deren Licht sich nirgends hineindrängt, und dem sich doch alles eröffnet, was fähig ist, seine Wärme zu empfinden. 4) Der Scheinmensch hat scheinbar eine grosse Willensfreiheit, im Grunde genommen folgt er aber dennoch nur dem Gesetze seiner Natur, die ihn beherrscht, und kann dem Netze des Karma nicht entgehen, so lange er nicht aus dem Schein in die Wesenheit und Wirklichkeit tritt, durch dieses Gesetz wird aber Lotuabltl.then LII.

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— 5° —

5° -

alles am Ende zum Besten gelenkt, ob es der

Mensch weiss und will oder nicht. Er kann

dies nur verzögern, aber nicht aus freiem

alles am Ende zum Besten gelenkt, ob es der Mensch weiss und will oder nicht. Er kann dies nur verzögern, aber nicht aus freiem Willen erlangen. Sein Wille wird erst dann frei, wenn er keinen Wunsch mehr hat, und die Wahrheit findet nur, wer nicht selbst darnach sucht.

Willen erlangen. Sein Wille wird erst dann

frei, wenn er keinen Wunsch mehr hat, und

die Wahrheit findet nur, wer nicht selbst dar-

nach sucht.

(Schluss folgt.)

(Schluss folgt.)

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Bruchstücke aus den Mysterien.

(Fortsetzung.)

Die Initiation.

„Christas (die Verwirklichung der Wahrheit)

in uns, ist das Geheimnis der Erlösung."

(Vgl. Kol. I, 27. — Gal. IV, 19.)

Das grosse Geheimnis der Initiation oder

der Einweihung in die höchsten Geheimnisse

lässt sich vielleicht auf wissenschaftliche Art

in folgender Weise begründen: Es giebt keine

andere Erlösung aus der Täuschung, als die

Erkenntnis der Wahrheit. Die ewige Wahr-

Bruchstücke aus den Mysterien.

heit ist aber grenzenlos und die Unendlich-

keit selbst; sie kann deshalb von dem Be-

schränkten und Vergänglichen weder erfasst

(Fortsetzung.)

noch begriffen werden. Der Schlüssel zur

Erkenntnis des Ewigen ist deshalb das Ein-

gehen in das Ewige durch das Aufgeben der

Täuschung der Eigenheit, und die Kraft, wo-

Die Initiation.

durch diese Täuschung des Selbsts über-

wunden wird, ist die über allen Eigennutz

4*

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"Christus (die Verwirklichung der Wahrheit) in uns, ist das Geheimni. der Erlösung. 1I (Vgl. Kol. 1, 27. -

GaL IV, 19.)

Das grosse Geheimnis der Initiation oder der Einweihung in die höchsten Geheimnisse lässt sich vielleicht auf wissenschaftliche Art in folgender Weise begründen: Es giebt keine andere Erlösung aus der Täuschung, als die Erkenntnis der Wahrheit. Die ewige Wahrheit ist aber grenzenlos und die U nendlichkeit selbst; sie kann deshalb von dem Beschränkten und Vergänglichen weder erfasst noch begriffen werden. Der Schlüssel zur Erkenntnis des Ewigen ist deshalb das Eingehen in das Ewige durch das Aufgeben der Täuschung der Eigenheit, und die Kraft, wodurch diese Täuschung des Selbsts überwunden wird, ist die über allen Eigennutz 4*

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-

— 52 —

erhabene und deshalb „göttliche" Liebe. Da-

52 -

mit ist aber nicht viel gedient, dass wir diese

Theorie kennen, und für die selbstlose Liebe

erhabene und deshalb ,,göttliche" Liebe. Damit ist aber nicht viel gedient, dass wir diese Theorie kennen, und für die selbstlose Liebe schwärmen, oder sie anderen predigen, so lange wir selbst in der Selbstheit sind. Das Ideal wird für uns beständig nur ein unerreichbares Ideal bleiben, so lange es in uns selber nicht durch die That verwirklicht wird In uns selbst muss das Ideale verkörpert werden, sonst bleibt es für uns nur ein Traum, und alle unsere darauf bezüglichen wissenschaftlichen Theorien nichts weiter als eine gehaltlose Schwärmerei. Je mehr aber die selbstlose Liebe in uns in Wirksamkeit tritt und durch uns zur That und verwirklicht wird, um so mehr wird sie in uns zur lebendigen Kraft und erfiillt unser ganzes Bewusstsein, bis schliesslich die Täuschung det Selbstheit in diesem Allbewusstsein der schrankenlosen Liebe verschwindet, welche der' Anfang und das Ende von allem ist, weil sie aus der Empfindung der ewigen Wahrheit entspringt und sich in deren Erkenntnis vollendet.

schwärmen, oder sie anderen predigen, so

lange wir selbst in der Selbstheit sind. Das

Ideal wird für uns beständig nur ein uner-

reichbares Ideal bleiben, so lange es in uns

selber nicht durch die That verwirklicht

wird. In uns selbst muss das Ideale ver-

körpert werden, sonst bleibt es für uns nur

ein Traum, und alle unsere darauf bezüglichen

wissenschaftlichen Theorien nichts weiter als

eine gehaltlose Schwärmerei. Je mehr aber

die selbstlose Liebe in uns in Wirksamkeit

tritt und durch uns zur That und verwirklicht

wird, um so mehr wird sie in uns zur leben-

digen Kraft und erfüllt unser ganzes Be-

wusstsein, bis schliesslich die Täuschung der"

Selbstheit in diesem Allbewusstsein der

schrankenlosen Liebe verschwindet, welche

der Anfang und das Ende von allem ist,

weil sie aus der Empfindung der ewigen

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Wahrheit entspringt und sich in deren Er-

kenntnis vollendet.

So stellt sich uns in dem im Geiste wieder-

geborenen Menschen die selbstlose Liebe und

So stellt sich uns in dem im Geiste wiedergeborenen Menschen die selbstlose Liebe und

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das Licht der göttlichen Weisheit dar in

personificierter Gestalt; seine körperliche Er-

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scheinung gehört der Begrenztheit, seine Er-

das Licht der göttlichen Weisheit dar in ~rsonificierter Gestalt; seine körperliche Erscheinung gehört der Begrenztheit, seine Erkenntnis der Unendlichkeit an. Wie Alles im Geistigen sein Sinnbild im Sinnlichen hat, so können wir in einem irdischen Baume das Symbol eines im Geiste wiedergeborenen Menschen erblicken. Das Licht der Sonne erweckt den in der Erde schlummernden Keim und baut sich daraus einen Organismus auf, dessen Wurzeln sich in der Erde festklammern, um aus ihr Nahrung zu saugen, während tausend Äste wie geöffnete Arme zum Himmel gerichtet sind, um die Luft des Himmels zu atmen und das Licht, das von Oben kommt, zu empfangen. So wird das Licht an die Erde, der Geist an das Materielle gebunden und der Baum bringt Blüthen und Früchte hervor, verbreitet aber selber kein Licht. Jahre vergehen und vielleicht in einer stürmischen Nacht trifft ein zündender Blitzstrahl den Stamm. Da lodert die Flamme auf und das im Holze gebundene Licht der Sonne wird wieder frei und el'leuchtet die dunkeln Winkel des Dickichts, wohin das direkte Licht der Sonne nicht dringen kann.

kenntnis der Unendlichkeit an. Wie Alles

im Geistigen sein Sinnbild im Sinnlichen hat,

so können wir in einem irdischen Baume

das Symbol eines im Geiste wiedergeborenen

Menschen erblicken. Das Licht der Sonne

erweckt den in der Erde schlummernden

Keim und baut sich daraus einen Organismus

auf, dessen Wurzeln sich in der Erde fest-

klammern, um aus ihr Nahrung zu saugen,

während tausend Aste wie geöffnete Arme

zum Himmel gerichtet sind, um die Luft

des Himmels zu atmen und das Licht, das

von Oben kommt, zu empfangen. So wird

das Licht an die Erde, der Geist an das

Materielle gebunden und der Baum bringt

Blüthen und Früchte hervor, verbreitet aber

selber kein Licht. Jahre vergehen und viel-

leicht in einer stürmischen Nacht trifft ein

zündender Blitzstrahl den Stamm. Da lodert

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die Flamme auf und das im Holze gebundene

Licht der Sonne wird wieder frei und er-

leuchtet die dunkeln Winkel des Dickichts,

wohin das direkte Licht der Sonne nicht

dringen kann.

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Der Mensch ist die Erde, die Seele der

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Keim, die Liebe die Wärme, die Erkenntnis

das Licht. Mit vielen Wurzeln klammert

Der Mensch ist die Erde, die Seele der Keim, die Liebe die Wärme, die Erkenntnis das Licht. Mit vielen Wurzeln klammert sich das Irdische ans Irdische an und die Seele saugt aus ihm ihre Kraft; aber die Liebe erweckt den Keim des Göttlichen und der Geist der Erkenntnis baut den geistigen Organismus, dessen Gedanken nach dem Ewigen gerichtet sind und aus der U nendlichkeit ihre Nahrung empfangen. Der Weise verbreitet nicht ein eigenes vom Lichte der Weisheit verschiedenes Licht, aber das Licht der göttlichen Weisheit wird durch ihn in Gedanke, Wort und That offenbar, so wie die Schönheit und Ordnung in der Natur durch einen stattlichen Baum personificiert und offenbar wird. Die Blüthen, die der Geist durch ihn hervorbringt, sind seine edlen Empfindungen und Gedanken; die Früchte die daraus entspringenden Thaten, und der Zweck seines Daseins die U nsterblichkeit, welche er geniesst auch ehe sein Körper den Naturgesetzen gemäss in seine Elemente zerfällt. Der zündende Blitzstrahl ist das von Oben kommende Licht der Erleuchtung, das den göttlichen Funken in seiner Seele erweckt, welche auflodernd in

sich das Irdische ans Irdische an und die

Seele saugt aus ihm ihre Kraft; aber die

Liebe erweckt den Keim des Göttlichen und

der Geist der Erkenntnis baut den geisti-

gen Organismus, dessen Gedanken nach dem

Ewigen gerichtet sind und aus der Un-

endlichkeit ihre Nahrung empfangen. Der

Weise verbreitet nicht ein eigenes vom Lichte

der Weisheit verschiedenes Licht, aber das

Licht der göttlichen Weisheit wird durch

ihn in Gedanke, Wort und That offenbar,

so wie die Schönheit und Ordnung in der

Natur durch einen stattlichen Baum personi-

ficiert und offenbar wird. Die Blüthen, die

der Geist durch ihn hervorbringt, sind seine

edlen Empfindungen und Gedanken; die

Früchte die daraus entspringenden Thaten,

und der Zweck seines Daseins die Unsterb-

lichkeit, welche er geniesst auch ehe sein

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Körper den Naturgesetzen gemäss in seine

Elemente zerfällt. Der zündende Blitzstrahl

ist das von Oben kommende Licht der Er-

leuchtung, das den göttlichen Funken in

seiner Seele erweckt, welche auflodernd in

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der Flamme der Liebe das Licht der "Weis-

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heit an allen Orten verbreitet

.

der Flamme der Liebe das Licht der Weisheit an allen Orten verbreitet

Es ist ein kleines Ding, sich in gelehrten

Redensarten über die Theorie des „Monis-

mus" zu ergehen, aber ein grosses, die Ein-

heit Gottes in allen Dingen selbst zu er-

kennen, sein eigenes göttliches Ich in allen

Es ist ein kleines Ding, sich in gelehrten Redensarten über die Theorie des "Monismus" zu ergehen, aber ein grosses , die Einheit Gottes in allen Dingen selbst zu erkennen, sein eigenes göttliches Ich in allen Geschöpfen zu sehen und es in allen Geschöpfen zu lieben. Das Wissen ist nicht zu verachten, aber das Wissen allein macht keinen Gott und ist keine wahre Erkenntnis, ebensowenig als die biosse Theorie die Erfahrung ist. Die wahre Erkenntnis ist bedingt durch das eigene Werden und das Werden durch die Erkenntnis des eigenen Seins. Niemand kann Gott erkennen, als Gott selbst, um Gott zu erkennen, muss das "Selbst" des Menschen aufhören und nur noch Gott sein; dann ist es auch nicht mehr der Mensch in seinem eigenen Selbst, welcher Werke vollbringt, sondern Gott vollbringt seine Werke durch ihn.*)

Geschöpfen zu sehen und es in allen Ge-

schöpfen zu lieben. Das Wissen ist nicht

zu verachten, aber das Wissen allein macht

keinen Gott und ist keine wahre Erkenntnis,

ebensowenig als die blosse Theorie die Er-

fahrung ist. Die wahre Erkenntnis ist be-

dingt durch das eigene Werden und das

Werden durch die Erkenntnis des eigenen

Seins. Niemand kann Gott erkennen, als

Gott selbst, um Gott zu erkennen, muss das

„Selbst" des Menschen aufhören und nur noch

Gott sein; dann ist es auch nicht mehr der

Mensch in seinem eigenen Selbst, welcher

Werke vollbringt, sondern Gott vollbringt

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seine Werke durch ihn.*)

Als Jehoshua Ben Pandira noch ein Lehr-

ling war, da herrschte der Begriff der per-

*) Gal. II, 20.

Als Jehoshua Ben Pandira noch ein Lehrling war, da herrschte der Begriff der per*) Gal. TI,

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20.

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sönlichen Selbstheit in seiner Vernunft, aber

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tief in seinem Innersten war die Empfindung

sönlichen Selbstheit in seiner Vernunft, aber tief in seinem Innersten war die Empfindung des Unbekannten, Unendlichen, die Ahnung des Ewigen und Unvergänglichen, worin keine Veränderung ist. Wie in der grossen Evolution der Menschheit, so musste sich auch in ihm, wie in jedem anderen Menschen, das Selbst erst entwickeln, ehe es überwunden werden durfte. Die geistige Kraft wächst durch die Überwindung des Widerstandes der Materie. Je grösser der Widerstand des "Bösen" ist, welches überwunden wird, um so kräftiger und herrlicher geht der Geist des Guten, welcher es überwindet, aus dem Kampfe hervor. Zu was wäre ein Schlaraffenleben, das mit dem Tode endigt, gut, wenn alle persönlichen Wünsche sich von selber erfüllten, und es nichts zu erstreben und nichts zu bewältigen gäbe. Wie ein schlaftrunkener .Mensch durch Stösse und Püffe aus dem Schlafe aufgeweckt wird, so sind die Leiden und Unglücksfälle des Lebens die Püffe, welche den im Sinnestaumel Versunkenen zur Erkenntnis bringen, und ohne dies Schütteln und Rütteln von Schicksalshand kämen wohl wenige zur Vernunft. Der Friede ist nicht für die Müssiggänger; er ist erst

des Unbekannten, Unendlichen, die Ahnung

des Ewigen und Unvergänglichen, worin

keine Veränderung ist. Wie in der grossen

Evolution der Menschheit, so musste sich auch

in ihm, wie in jedem anderen Menschen, das

Selbst erst entwickeln, ehe es überwunden

werden durfte. Die geistige Kraft wächst

durch die Überwindung des Widerstandes

der Materie. Je grösser der Widerstand des

„Bösen" ist, welches überwunden wird, um

so kräftiger und herrlicher geht der Geist

des Guten, welcher es überwindet, aus dem

Kampfe hervor. Zu was wäre ein Schlaraffen-

leben, das mit dem Tode endigt, gut, wenn

alle persönlichen Wünsche sich von selber

erfüllten, und es nichts zu erstreben und

nichts zu bewältigen gäbe. Wie ein schlaf-

trunkener Mensch durch Stösse und Püffe

aus dem Schlafe aufgeweckt wird, so sind die

Leiden und Unglücksfälle des Lebens die

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Püffe, welche den im Sinnestaumel Versun-

kenen zur Erkenntnis bringen, und ohne dies

Schütteln und Rütteln von Schicksalshand

kämen wohl wenige zur Vernunft. Der Friede

ist nicht für die Müssiggänger; er ist erst

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dann dauerhaft, wenn man die Macht errungen

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hat, ihn selbst zu diktieren. Der Geist der

Wahrheit kommt nicht, um den Rebellen den

dann dauerhaft. wenn man die Macht errungen hat, ihn selbst zu diktieren. Der Geist der Wahrheit kommt nicht, um den Rebellen den Frieden zu bringen, sondern um durch das Schwert des Willens das Brauchbare vom Unbrauchbaren zu scheiden. *) Der Kampf der Götter mit den himmelstürmenden Titanen und die in der Bhagavad Gita beschriebene Schlacht zwischen dem Heere Krischnas und den Pandas finden in jedem einzelnen Menschen statt, sobald in ihm der Trieb für das Edle erwacht. Ob diese Sagen sich auf historische Ereignisse beziehen, die sich im äusserlichen Leben abgespielt haben, oder nicht, mag den Altertumsforscher interessieren; uns aber kann das einerlei sein. Für den nach der Selbstüberwindung strebenden Menschen handelt es sich nicht um die Vergangenheit, sondern um die Gegenwart; seine Unsterblichkeit hängt nicht davon ab, dass er weiss, was in der Geschichte sich zugetragen hat, sondern dass in ihm selber der Gottmensch, der Herr und der Sieger ist.

Frieden zu bringen, sondern um durch das

Schwert des Willens das Brauchbare vom

Unbrauchbaren zu scheiden.*) Der Kampf

der Götter mit den himmelstürmenden Titanen

und die in der Bhagavad Gita beschriebene

Schlacht zwischen dem Heere Krischnas

und den Pandas finden in jedem einzelnen

Menschen statt, sobald in ihm der Trieb für

das Edle erwacht. Ob diese Sagen sich auf

historische Ereignisse beziehen, die sich im

äusserlichen Leben abgespielt haben, oder

nicht, mag den Altertumsforscher interessie-

ren; uns aber kann das einerlei sein. Für den

nach der Selbstüberwindung strebenden Men-

schen handelt es sich nicht um die Vergan-

genheit, sondern um die Gegenwart; seine

Unsterblichkeit hängt nicht davon ab, dass

er weiss, was in der Geschichte sich zuge-

tragen hat, sondern dass in ihm selber der

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Gottmensch, der Herr und der Sieger ist.

Als Jehoshua durch die Kraft der in ihm

erwachten Erkenntnis den Versuchungen des

*) Math. X, 34.

Als J ehoshua durch die Kraft der in ihm erwachten Erkenntnis den Versuchungen des *) Math. X, 34.

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Sinnlichen widerstanden hatte, da war aus

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dem Lehrling ein Geselle, ein „Mitarbeiter",

oder vielmehr ein bewusstes Werkzeug des

Sinnlichen widerstanden hatte, da war aus dem Lehrling ein Geselle, ein ,,Mitarbeiter', oder vielmehr ein bewusstes Werkzeug des göttlichen Geistes geworden; denn der Geist Gottes im Menschen thut alles allein, er braucht keinen Mitarbeiter, der nicht er selber ist; die Selbstheit des Menschen kann weder ein Diener noch ein Gehilfe Gottes sein, sie ist eine Täuschung, welche überwunden werden muss, so wie das Licht die Dunkelheit überwindet, damit der Wille der Gottheit im Willen der Menschheit zum Bewusstsein gelangen und offenbar werden kann. Der Mensch kann deshalb nur insofern ein Mitarbeiter des göttlichen Geistes genannt werden, als er diesen Geist der Wahrheit in sich offenbar werden lässt, indem er seinen eigenen Willen dem Willen der göttlichen Weisheit, welcher ihm durch das stets zunehmende Licht der Erkenntnis in Herz und Verstand immer mehr klar wird, unterordnet und seine Befehle vollzieht.

göttlichen Geistes geworden; denn der Geist

Gottes im Menschen thut alles allein, er

braucht keinen Mitarbeiter, der nicht er

selber ist; die Selbstheit des Menschen kann

weder ein Diener noch ein Gehilfe Gottes

sein, sie ist eine Täuschung, welche über-

wunden werden muss, so wie das Licht die

Dunkelheit überwindet, damit der Wille der

Gottheit im Willen der Menschheit zum Be-

wusstsein gelangen und offenbar werden

kann. Der Mensch kann deshalb nur inso-

fern ein Mitarbeiter des göttlichen Geistes

genannt werden, als er diesen Geist der

Wahrheit in sich offenbar werden lässt, in-

dem er seinen eigenen Willen dem Willen

der göttlichen Weisheit, welcher ihm durch

das stets zunehmende Licht der Erkenntnis

in Herz und Verstand immer mehr klar wird,

unterordnet und seine Befehle vollzieht.

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So lange der Wahn der Selbstheit noch,

wenn auch in geringem Grade, vorhanden ist,

kann der Geselle der Meister nicht werden.

Erst wenn er ganz vom Bewusstsein des

So lange der Wahn der Selbstheit noch, wenn auch in geringem Grade, vorhanden ist, kann der Geselle der Meister nicht werden. Erst wenn er ganz vom Bewusstsein des

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Meisters durchdrungen ist, wird er der

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Meister selbst. Solange die Selbstheit wirkt,

kann die Gottheit nicht ohne Hindernis wir-

Meisters durchdrungen ist, wird er der Meister selbst. Solange die Selbstheit wirkt, . kann die Gottheit nicht ohne Hindernis wirken; wo die Unwissenheit regiert, kann die Weisheit nicht die Herrschaft führen; nur in dem Grade, als die Dunkelheit schwindet, wird es Tag.

ken; wo die Unwissenheit regiert, kann die

Weisheit nicht die Herrschaft führen; nur in

dem Grade, als die Dunkelheit schwindet,

wird es Tag.

In dem Walten der blinden Naturkräfte

ist die göttliche Weisheit nicht offenbar; in

dem Reiche Saturns herrscht nur das blinde

Gesetz; die Erscheinungen in der Körperwelt

sind nur die Wiederspiegelungen der Bilder

im Innern, die Verkörperungen von Ideen, die

dem Bewusstsein des Irdischen entspringen,

und dieses Bewusstsein selbst ist nur Wider-

schein des göttlichen Lichts. Im Mineralreiche

äussert sich dieser Widerschein als die An-

ziehung, im Pflanzenreiche als Empfindung,

In dem Walten der blinden Naturkräfte ist die göttliche Weisheit nicht offenbar; in dem Reiche Saturns herrscht nur das blinde Gesetz; die Erscheinungen in der Körperwelt sind nur die Wiederspiegelungen der Bilder im Innern, die Verkörperungen von Ideen, die dem Bewusstsein des Irdischen entspringen, und dieses Bewusstsein selbst ist nur Widerschein des göttlichen Lichts. Im Mineralreiche äussert sich dieser Widerschein als die Anziehung, im Pflanzenreiche als Enlpfindung, im Tiere als Instinkt, im Menschen als Intelligenz; aber nur im geistig wiedergeborenen Menschen kann das eine Licht der Weisheit selbst offenbar werden. Das höchste denkbare Ideal einer Kuh ist duftiges Gras, sie weiss nichts von der Möglichkeit einer intellektuellen Entwicklung; das höchste erreichbare Ideal des herzlosen und liebeleeren

im Tiere als Instinkt, im Menschen als In-

telligenz; aber nur im geistig wiedergeborenen

Menschen kann das eine Licht der Weisheit

selbst offenbar werden. Das höchste denk-

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bare Ideal einer Kuh ist duftiges Gras, sie

weiss nichts von der Möglichkeit einer in-

tellektuellen Entwicklung; das höchste er-

reichbare Ideal des herzlosen und liebeleeren

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Verstandesmenschen ist die Entfaltung der

intellektuellen Thätigkeit; er weiss nichts

von „Geist", sondern begreift in seiner Selbst-

Verstandesmenschen ist die Entfaltung der . intellektuellen Thätigkeit; er weiss nichts von "Geist", sondern begreift in seiner Selbstheit nur das, was der Selbstheit entspringt und aus dem Selbstwahne erzeugt wurde; aber in der von der göttlichen Liebe durchdrungenen Seele wird die ewige unerscha:ffene Weisheit selbst offenbar. So steigt das Ideale· herab in die Form und wird in ihr verwirklicht, und indem es sich wieder über die Form erhebt, gelangt es zum Selbstbewusstsein seiner eigenen Herrlichkeit. Der Kampf um den Schein des Daseins aber wird im Einzelnen sowie im grossen Ganzen eine Notwendigkeit sein, so lange bis man das wahre Dasein des Ganzen im Einzelnen und das Einzelne als Ganzes erkennt.

heit nur das, was der Selbstheit entspringt

und aus dem Selbstwahne erzeugt wurde;

aber in der von der göttlichen Liebe durch-

drungenen Seele wird die ewige unerschaffene

Weisheit selbst offenbar. So steigt das Ideale'

herab in die Form und wird in ihr verwirk-

licht, und indem es sich wieder über die Form

erhebt, gelangt es zum Selbstbewusstsein

seiner eigenen Herrlichkeit. Der Kampf um

den Schein des Daseins aber wird im Ein-

zelnen sowie im grossen Ganzen eine Not-

wendigkeit sein, so lange bis man das wahre

Dasein des Ganzen im Einzelnen und das

Einzelne als Ganzes erkennt.

So leicht es auch ist, dass sich die Phan-

tasie von irgend Etwas, das man schon ein-

mal gesehen hat, eine Vorstellung machen

kann, so ist es doch ein allgemeines und

ausnahmsloses Naturgesetz, dass nur das

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Gleiche das Gleiche in Wahrheit erkennen

kann, weil alle wirkliche Erkenntnis auf

Selbsterkenntnis beruht. So kann das Sinn-

liche nur das Sinnliche, der Verstand das

So leicht es auch ist, dass sich die Phantasie von irgend Etwas, das man schon einmal gesehen hat, eine Vorstellung machen kann, so ist es doch ein allgemeines und ausnahmsloses Naturgesetz, dass nur das Gleiche das Gleiche in Wahrheit erkennen kann, weil alle wirkliche Erkenntnis auf Selbsterkenntnis beruht. So kann das Sinnliche nur das Sinnliche, der Verstand das

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Verständige, die Materie das Materielle, der

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Geist das Geistige in sich fassen und er-

ennen. Jede Form oder Erscheinung re-

Verständige, die Materie das Materielle, der Geist das Geistige in sich fassen und erennen. Jede F onn oder Erscheinung repräsentiert eine Summe von Kräften oder Eigenschaften, deren Symbol die äusserliche Erscheinung ist. Wir kennen wohl die Erscheinung aber die Kräfte selbst erkennen wir nicht, wenn nicht dieselben Kräfte in unserer eigenen Seele lebendig geworden und in unser Bewusstsein getreten sind. Dann erst können wir diese Kräfte in anderen F ormen in Wahrheit erkennen, weil wir sie in uns selber empfinden. Ein Stück Eis empfindet die Wärme nicht und ein Leichnam erkennt das Leben nicht; ebensowenig kann der geistlose Verstand den Geist der Wahrheit erken nen; wird aber der Geist der Erkenntnis im Herzen der Liebe geboren, dann erleuchtet er auch den Verstand, sowie die Sonne den Mond erleuchtet, und ihm ihren Glanz verleiht.

präsentiert eine Summe von Kräften oder

Eigenschaften, deren Symbol die äusserliche

Erscheinung ist. Wir kennen wohl die Er-

scheinung aber die Kräfte selbst erkennen

wir nicht, wenn nicht dieselben Kräfte in

unserer eigenen Seele lebendig geworden

und in unser Bewusstsein getreten sind. Dann

erst können wir diese Kräfte in anderen For-

men in Wahrheit erkennen, weil wir sie in

uns selber empfinden. Ein Stück Eis em-

pfindet die Wärme nicht und ein Leichnam

erkennt das Leben nicht; ebensowenig kann

der geistlose Verstand den Geist der Wahr-

heit erkennen; wird aber der Geist der Er-

kenntnis im Herzen der Liebe geboren, dann

erleuchtet er auch den Verstand, sowie die

Sonne den Mond erleuchtet, und ihm ihren

Glanz verleiht.

Der Sitz der Liebe ist aber nicht der

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alles zerklaubende Scharfsinn, sondern die

Seele. Sie ist der Spiegel, in welchem sich

alle durch die Sinne empfangenen Eindrücke

abspiegeln und in ihr Bilder erzeugen, wel-

Der Sitz der Liebe ist aber nicht der alles zerklaubende Scharfsinn, sondern die Seele. Sie ist der Spiegel, in welchem sich alle durch die Sinne empfangenen Eindrücke abspiegeln und in ihr Bilder erzeugen, wel-

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che dann durch den Verstand besichtigt und

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geprüft werden können; sie ist aber auch

der Sitz der wahren Erkenntnis, weil in

che dann durch den Verstand besichtigt und geprüft werden können; sie ist aber auch der Sitz der wahren Erkenntnis, weil in ihrem Innem der göttliche Funke enthalten ist, der durch den Einfluss des Lichtes der Weisheit zur Flamme der Selbsterkenntnis erweckt werden kann. Deshalb wird auch die herzlose Wissenschaft niemals in die Geheimnisse der höheren Regionen eindringen, wenn sie sich nicht durch die Kraft der geistigen Erkenntnis zu jenen Höhen erhebt, wo die Wahrheit in ewiger Klarheit über den Wolken des Irrtums strahlt.

ihrem Innern der göttliche Funke enthalten

ist, der durch den Einfluss des Lichtes der

Weisheit zur Flamme der Selbsterkenntnis

erweckt werden kann. Deshalb wird auch

die herzlose Wissenschaft niemals in die Ge-

heimnisse der höheren Regionen eindringen,

wenn sie sich nicht durch die Kraft der

geistigen Erkenntnis zu jenen Höhen erhebt,

wo die Wahrheit in ewiger Klarheit über

den Wolken des Irrtums strahlt.

So lange der Mensch nur der „Geselle"

der in seinem Inneren erwachenden Gottheit

ist, kann er wohl durch die Kraft des Geis-

tes den Versuchungen widerstehen, welche

der Täuschung der Selbstheit entspringen,

aber er wird zum „Meister" erst dann, wenn

diese Täuschung selbst überwunden ist, und

er sein eigenes wahres unendliches Ich in

sich selbst und in allen anderen Wesen er-

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kennt. Der Weg, welcher zu dieser Er-

kenntnis führt, ist nicht die wissenschaftliche

Theorie, sondern die selbstlose Liebe, welche

der Empfindung der Allgegenwart Gottes in

So lange der Mensch nur der "Geselle" der in seinem Inneren erwachenden Gottheit ist, kann er wohl durch die Kraft des Geistes den Versuchungen widerstehen, welche der Täuschung der Selbstheit entspringen, aber er wird zum "Meister" erst dann, wenn diese Täuschung selbst überwunden ist, und er sein eigenes wahres unendliches Ich in sich selbst und in allen anderen Wesen erkennt. Der Weg, welcher zu dieser Erkenntnis führt, ist nicht die wissenschaftliche Theorie, sondern die selbstlose Liebe, welche der Empfindung der Allgegenwart Gottes in

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allen Dingen entspringt und kein Produkt

der Phantasie, sondern das Allbewusstsein

Gottes ist, eine geistige Kraft, durch welche

allen Dingen entspringt und kein Produkt der Phantasie, sondern das Allbewusstsein Gottes ist, eine geistige Kraft, durch welche der Gottmensch sein göttliches Dasein im ganzen Weltall empfindet; ja diese Liebe wird zur Erkenntnis selbst, sobald der göttliche F unke im Herzen, dessen W ärrne sie ist, durch die Kraft der Weisheit zum Lichte wird. Dies allein ist die wahre Initiation, durch welche der Mensch in den Kreis der Götter aufgenommen wird.

der Gottmensch sein göttliches Dasein im

ganzen Weltall empfindet; ja diese Liebe wird

zur Erkenntnis selbst, sobald der göttliche

Funke im Herzen, dessen Wärme sie ist,

durch die Kraft der Weisheit zum Lichte

wird. Dies allein ist die wahre Initiation,

durch welche der Mensch in den Kreis der

Götter aufgenommen wird.

Die Welt ist überfüllt mit wissenschaft-

lichen Theorien in Bezug auf den Zweck des

Daseins; es wimmelt von philosophischen

Hypothesen, Moralprediger aller Art über-

häufen uns mit Regeln, welche nicht befolgt

werden, Weltverbesserer verschiedener Sorte

bringen die abenteuerlichsten Pläne zum Vor-

schein, und dennoch kann eine Besserung

nur insofern eintreten, als die Menschheit

„Gott", d. h. die allem Dasein zu Grunde

liegende Einheit erkennt, und diese Einheit

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wird in der Wahrheit nur durch die Liebe

zu dieser Einheit in allen Geschöpfen er-

kannt. Nicht durch wissenschaftliche Hypo-

thesen, noch durch das Festhalten an kirch-

Die Welt ist überfüllt mit wissenschaftlichen Theorien in Bezug auf den Zweck des Daseins; es wimmelt von philosophischen Hypothesen, Moralprediger aller Art überhäufen uns mit Regeln, welche nicht befolgt werden, Weltverbesserer verschiedener Sorte bringen die abenteuerlichsten Pläne zum V orschein, und dennoch kann eine Besserung nur insofern eintreten, als die Menschheit "Gott", d. h. die allem Dasein zu Grunde liegende Einheit erkennt, und diese Einheit wird in der Wahrheit nur durch die Liebe zu dieser Einheit in allen Geschöpfen er· kannte Nicht durch wissenschaftliche Hypothesen, noch durch das Festhalten an kirch-

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lichen Meinungen, nicht durch das Festhal-

ten an äusserlichen Formen, noch durch

deren Veränderung wird die Welt die Frei-

lichen Meinungen, nicht durch das Festhalten an äusserlichen Formen, noch durch deren Veränderung wird die WeH die Freiheit und die Erlösung aus der Knechtschaft des Irrtums erlangen, sondern allein durch die Erkenntnis, welche der göttlichen Liebe entspringt.*) Diese Liebe ist ferne von aller religiösen Schwärmerei, sie ergeht sich nicht in salbungsvollen Redensarten, sie wirkt im Stillen und wird offenbar durch die That. Sie ist "göttlicher" Natur, weil sie nicht wie die Liebe des irdischen Menschen ein Produkt seiner Phantasie und deshalb ein Schein, sondern ein Ausfluss des erwachenden Gottesbewusstseins im Menschen ist.

heit und die Erlösung aus der Knechtschaft

des Irrtums erlangen, sondern allein durch

die Erkenntnis, welche der göttlichen Liebe

entspringt.*) Diese Liebe ist ferne von aller

religiösen Schwärmerei, sie ergeht sich nicht

in salbungsvollen Redensarten, sie wirkt im

Stillen und wird offenbar durch die That.

Sie ist „göttlicher" Natur, weil sie nicht wie

die Liebe des irdischen Menschen ein Pro-

dukt seiner Phantasie und deshalb ein Schein,

sondern ein Ausfluss des erwachenden Got-

tesbewusstseins im Menschen ist.

Aber auch dieses Gottesbewusstsein ist

für den geistig wiedergeborenen Menschen

kein leerer Wahn, wenn es gleich für den

sterblichen Teil des Menschen, der es nicht

kennt, als eine Thorheit erscheint. Im wah-

ren Selbstbewusstsein des Menschen, der dem

Selbstwahn entwachsen ist, und sein gött-

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liches Selbst in sich und in allem erkennt,

ist die ganze Fülle der Gottheit enthalten**);

*) I. Korinth. XIII, 2.

**) Kol. II, 3.

Aber auch dieses Gottesbewusstsein ist für den geistig wiedergeborenen Menschen kein leerer Wahn, wenn es gleich für den sterblichen Teil des Menschen, der es nicht kennt, als eine Thorheit erscheint. Im wahren Selbstbewusstsein des Menschen, der dem Selbstwahn entwachsen ist, und sein göttliches Selbst in sich und in allem erkennt, ist die ganze Fülle der Gottheit enthalten**); *) I. Korinth.

xm,

2.

**) Kol. II, 3.

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denn da in ihm die Gottheit die Selbstheit

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aufgezehrt hat, so unterscheidet er sich in

nichts von der Gottheit; er und der Vater

denn da in ihm die Gottheit die Selbstheit aufgezehrt hat, so unterscheidet er sich in nichts von der Gottheit; er und der Vater sind Eins *); das Nichtoffenbare ist in ihm zur Offenbarung geworden; so wie das Feuer, welches Gegenstände verschiedener Art verzehrt, doch nur dabei als das eine Licht offenbar wird. In dem im Geiste wiedergeborenen Menschen, in welchem der Selbstwahn zerstört und die Gottheit im Lichte der Selbsterkenntnis offenbar geworden ist, erblicken wir deshalb den Inbegriff aller Vollkommenheit und die Verkörperung aller selbstlosen Tugenden und mystischen Kräfte. Der Mensch aber, in welchem diese Verkörperung stattgefunden hat, und der dadurch zum lebendigen Ebenbild Gottes geworden ist, wird ein "Adept" genannt; die Verwirklichung dieses höchsten Ideales ist die höchste Initiation. Wer sie erlangt, kann nichts Höheres mehr verlangen; denn es kann keinen höheren Zustand geben" als den der höchsten Vollkommenheit, und es ist auch in diesem Zustande, welcher unendlich und allesumfassend ist, kein "Selbst" mehr

sind Eins*); das Nichtoffenbare ist in ihm

zur Offenbarung geworden; so wie das Feuer,

welches Gegenstände verschiedener Art ver-

zehrt, doch nur dabei als das eine Licht offen-

bar wird. In dem im Geiste wiedergebo-

renen Menschen, in welchem der Selbstwahn

zerstört und die Gottheit im Lichte der

Selbsterkenntnis offenbar geworden ist, er-

blicken wir deshalb den Inbegriff aller Voll-

kommenheit und die Verkörperung aller

selbstlosen Tugenden und mystischen Kräfte.

Der Mensch aber, in welchem diese Verkör-

perung stattgefunden hat, und der dadurch

zum lebendigen Ebenbild Gottes geworden

ist, wird ein „Adept" genannt; die Ver-

wirklichung dieses höchsten Ideales ist die

höchste Initiation. Wer sie erlangt, kann

nichts Höheres mehr verlangen; denn es

kann keinen höheren Zustand geben, als den

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der höchsten Vollkommenheit, und es ist

auch in diesem Zustande, welcher unendlich

und allesumfassend ist, kein „Selbst" mehr

*) Joh. x, 30.

Lotusblütheu LH.

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*) Joh. X, 30. Lotusblüthen LU.

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da, welches nach irgend etwas verlangen

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könnte; dieser Zustand ist das höchste Da-

sein, die vollkommene Erkenntnis, die ewige

da, welches nach irgend etwas verlangen könnte; dieser Zustand ist das höchste Dasein, die vollkommene Erkenntnis, die ewige Seligkeit selbst. Es ist keine ausser uns selbst existierende und von uns getrennte Person, sondern ein Zustand, in den wir alle eingehen können, und in welchem ~ir bereits im a1lerinnersten Grunde unseres Herzens sind; der uns aber als etwas Fremdes erscheint, weil wir im Irrtum befangen sind und unser wahres Selbst nicht erkennen. Der mystische Schwärmer und derjenige, welcher ,,fremden Göttern" dient, indem er nach der Verwirklichung dieses göttlichen Ideales ausserhalb seines eigenen Wesens sucht, weiss nichts davon, aber der wahre Mystiker kennt den Ort, wo der Schatz verborgen liegt, und Meister Eckhart beschreibt ihn genau, indem er sagt: "Thue alles von Dir hinweg, was nicht Gott ist, und es bleibt dann nur noch Gott übrig."

Seligkeit selbst. Es ist keine ausser uns

selbst existierende und von uns getrennte

Person, sondern ein Zustand, in den wir alle

eingehen können, und in welchem wir be-

reits im allerinnersten Grunde unseres Her-

zens sind; der uns aber als etwas Fremdes

erscheint, weil wir im Irrtum befangen sind

und unser wahres Selbst nicht erkennen.

Der mystische Schwärmer und derjenige,

welcher „fremden Göttern" dient, indem er

nach der Verwirklichung dieses göttlichen

Ideales ausserhalb seines eigenen Wesens

sucht, weiss nichts davon, aber der wahre

Mystiker kennt den Ort, wo der Schatz ver-

borgen liegt, und Meister Eckhart beschreibt

ihn genau, indem er sagt: „Thue alles von

Dir hinweg, was nicht Gott ist, und es bleibt

dann nur noch Gott übrig."

Wohl wird der Frömmler, welcher so gern

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sich selbst und andere betrügt, zurück-

schrecken vor der Grösse des Gedankens,

dass Gott in ihm selber enthalten sein könnte;

denn wohin sollte er sich dann vor ihm ver-

W obI wird der Frömmler, welcher so gern sich selbst und andere betrügt, zurückschrecken vor der Grösse des Gedankens, dass Gott in ihm selber enthalten sein könnte; denn wohin sollte er sich dann vor ihm ver-

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stecken, und wie sollte er es machen, um ihn

mit erheuchelter Demut zu belügen und irre

zu führen? Aber der Weise erkennt, dass im

stecken, und wie sollte er es machen, um ihn mit erheuchelter Demut zu belügen und irre zu führen? Aber der Weise erkennt, dass im Makrokosmos der Welt nichts enthalten sein kann, was nicht auch im lVIikrokosmos des Menschen enthalten ist; denn sonst wäre der .. Mensch kein Kind der Natur, die doch eine Einheit, ein Ganzes ist. Es handelt sich deshalb nicht darum, in ihm etwas Neues und nicht bereits potentiell V orhandenes zu erschaffen, sondern nur die in ihm bereits vorhandenen aber schlummernden Prinzipien zu erwecken, damit sie in ihm zu lebendigen Kräften werden, die ihm ihre Eigenschaften erteilen. Dies aber geschieht ,auf keine andere Art, als durch den Einfluss der mit denselben korrespondierenden Kräfte im Welta1l, welche im grossen Ganzen bereits in Thätigkeit sind, und von Ewigkeit ohne Anfang in Gott vorhanden sind, wenn auch ihre Thätigkeit einen periodischen Anfang und Ende hat.*}

Makrokosmos der Welt nichts enthalten sein

kann, was nicht auch im Mikrokosmos des

Menschen enthalten ist; denn sonst wäre der

Mensch kein Kind der Natur, die doch eine

Einheit, ein Ganzes ist. Es handelt sich des-

halb nicht darum, in ihm etwas Neues und

nicht bereits potentiell Vorhandenes zu er-

schaffen, sondern nur die in ihm bereits vor-

handenen aber schlummernden Prinzipien zu

erwecken, damit sie in ihm zu lebendigen

Kräften werden, die ihm ihre Eigenschaften

erteilen. Dies aber geschieht auf keine andere

Art, als durch den Einfluss der mit denselben

korrespondierenden Kräfte im Weltall, welche

im grossen Ganzen bereits in Thätigkeit sind,

und von Ewigkeit ohne Anfang in Gott vor-

handen sind, wenn auch ihre Thätigkeit einen

periodischen Anfang und Ende hat.*)

Wäre das höchste Ideal nicht vorhanden

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und nur ein Gebilde der Phantasie, so könnte

auch von keiner Verwirklichung desselben im

Menschen die Rede sein, man könnte sich

*) Joh. I, I.

5*

Wäre das höchste Ideal nicht vorhanden und nur ein Gebilde der Phantasie, so könnte auch von keiner Verwirklichung desselben im Menschen die Rede sein, man könnte sich *)

Joh. I, x.

5*

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weder eine Vorstellung davon machen, noch

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sein Dasein empfinden; denn niemand kann

sich von nichts eine Vorstellung machen; der

weder eine Vorstellung davon machen, noch sein Dasein empfinden; denn niemand kann sich von nichts eine Vorstellung machen; der Mensch erschafft keine neuen Ideen, er kann nur aus bereits vorhandenen Ideen neue Zusammensetzungen machen, wie er aus bereits vorhandenen Materialien neue Häuser erbaut; das geistige Empfinden aber ist so wie das äusserliche ein Resultat der Berührung, ein Zustand, der nicht vorhanden ist, kann nicht berührt und auch nicht empfunden werden. Das höchste Ideal ist aber nicht nur keine Täuschung der Phantasie, sondern es ist die ewige Wahrheit, Wirklichkeit und Vollkommenheit selbst, .welche für sich selbst nicht erst verwirklicht zu werden braucht, die aber für den Menschen erst dann vorhanden ist, wenn sie in ihm selber verwirklicht, d. h. in seinem Bewusstsein offenbar wird.

Mensch erschafft keine neuen Ideen, er kann

nur aus bereits vorhandenen Ideen neue Zu-

sammensetzungen machen, wie er aus bereits

vorhandenen Materialien neue Häuser erbaut;

das geistige Empfinden aber ist so wie das

äusserliche ein Resultat der Berührung, ein

Zustand, der nicht vorhanden ist, kann nicht

berührt und auch nicht empfunden werden.

Das höchste Ideal ist aber nicht nur keine

Täuschung der Phantasie, sondern es ist die

ewige Wahrheit, Wirklichkeit und Vollkom-

menheit selbst, welche für sich selbst nicht

erst verwirklicht zu werden braucht, die aber

für den Menschen erst dann vorhanden ist,

wenn sie in ihm selber verwirklicht, d. h. in

seinem Bewusstsein offenbar wird.

Hat sich das höchste Ideal jemals in irgend

einem Menschen verwirklicht, oder mit ande-

ren Worten: ist jemals ein Mensch zur wahren

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Gotteserkenntnis gekommen? Dies scheint

uns eine müssige Frage zu sein, denn wenn

auch die Wahrheit, welche sich in der Mensch-

heit offenbart, nur eine einzige ist, so ist doch

Hat sich das höchste Ideal jemals in irgend einem Menschen verwirklicht, oder mit anderen Worten: ist jemals ein Mensch zur wahren Gotteserkenntnis gekommen? Dies scheint uns eine müssige Frage zu sein, denn wenn auch die V\Tahrheit, welche sich in der Menschheit offenbart, nur eine einzige ist, so ist doch

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-

der Grad der Erkenntnis in den einzelnen

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Menschen verschieden, und das Licht, welches

in dem einen offenbar ist, ist nicht des andern

der Grad der Erkenntnis in den einzelnen Menschen verschieden, und das Licht, welches in dem einen offenbar ist, ist nicht des andem Eigentum. Es ist mit dem Golde der Weisheit wie mit dem Golde der Erde, der eine hat mehr und ein anderer weniger in seinem Besitz, das Gold vieler ist mit unreinen Metallen vermischt, wenige besitzen es rein.

Eigentum. Es ist mit dem Golde der Weis-

heit wie mit dem Golde der Erde, der eine

hat mehr und ein anderer weniger in seinem

Besitz, das Gold vieler ist mit unreinen Me-

tallen vermischt, wenige besitzen es rein.

Was aber sollen wir nach alledem noch

über die Person von Jehoshua Ben Pandira

sagen? Nach dem was aus geschichtlichen

Überlieferungen bekannt geworden ist, zu

urteilen, erging es ihm wie es allen anderen

gegangen ist, welche die Wahrheit erkannten

und sie den Menschen verkündigen wollten.

Er bekämpfte die Lüge, und da die Lüge in

der sinnlichen Welt stärker war als die Er-

kenntnis der Wahrheit, so nahm ihn die Lüge

gefangen und brachte ihn vor den Richter-

stuhl der Vernunft, aber da die Vernunft nicht

Was aber sollen wir nach alledem noch über die Person von J ehoshua Ben Pandira sagen? Nach dem was aus geschichtlichen Überlieferungen bekannt geworden ist, zu urteilen, erging es ihm wie es allen anderen gegangen ist, welche die Wahrheit erkannten und sie den Menschen verkündigen wollten. Er bekämpfte die Lüge, und da die Lüge in der sinnlichen Welt stärker war als die Erkenntnis der Wahrheit, so nahm ihn die Lüge gefangen und brachte ihn vor den Richterstuhl der Vernunft, aber da die Vernunft nicht von der Wahrheit erleuchtet war, so konnte sie auch die Wahrheit nicht erkennen. Es heisst, dass Ben Pandira von den Juden zu Tode gesteinigt und dass dann sein Körper an ein Kreuz genagelt wurde. Auch sagt man, dass die Juden auch heute noch, wenn

von der Wahrheit erleuchtet war, so konnte

sie auch die Wahrheit nicht erkennen. Es

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heisst, dass Ben Pandira von den Juden zu

Tode gesteinigt und dass dann sein Körper

an ein Kreuz genagelt wurde. Auch sagt

man, dass die Juden auch heute noch, wenn

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— 7° —

von Ben Pandira die Rede ist, ihn nicht bei

-

seinem Namen nennen, sondern ihn nur als

-

denjenigen bezeichnen, „dessen Name nicht

genannt werden darf1.

von Ben Pandira die Rede ist, ihn nicht bei seinem Namen nennen, sondern ihn nur als denjenigen bezeichnen, "dessen Xame nicht genannt werden darf'.

Ob sich dies wirklich äusserlich so ver-

hält, oder auch hinter diesem eine allegorische

Bedeutung zu finden ist, müssen wir dem

geneigten Leser zu erforschen überlassen.

Sicher ist es aber, dass die Seele eines im

Geiste wiedergeborenen Menschen niemals

stirbt, sondern unsterblich ist, und dass das

von ihr ausgehende geistige Licht die Kraft

Ob sich dies wirklich äusserlich so verhält, oder auch hinter diesem eine allegorische Bedeutung zu finden ist, müssen wir dem geneigten Leser zu erforschen überlassen. Sicher ist es aber, dass die Seele eines im Geiste wiedergeborenen Menschen niemals stirbt, sondern unsterblich ist, und dass das von ihr ausgehende geistige Licht die Kraft der Sonne der Weisheit, welche die Herzen der Menschen erleuchtet*), vermehrt, ähnlich wie es denkbar wäre, dass ein in die Sonne stürzender Komet die Leuchtkraft der Sonne vermehren könnte. Auch ist der Geist eines geistig erhabenen Menschen nach dem Tode des Körpers nicht ein Ding, dessen U nsterblichkeit, wie es gewisse aufgeklärte Philosophen meinen, nur darin besteht, dass sich die Nachwelt seiner annimmt, denn sonst sähe es mit der Unsterblichkeit derjenigen übel aus, die sich keinen grossen Namen erworben, sondern im Stillen Gutes gethan haben; viel-

der Sonne der Weisheit, welche die Herzen

der Menschen erleuchtet*), vermehrt, ähnlich

wie es denkbar wäre, dass ein in die Sonne

stürzender Komet die Leuchtkraft der Sonne

vermehren könnte. Auch ist der Geist eines

geistig erhabenen Menschen nach dem Tode

des Körpers nicht ein Ding, dessen Unsterb-

lichkeit, wie es gewisse aufgeklärte Philo-

sophen meinen, nur darin besteht, dass sich

die Nachwelt seiner annimmt, denn sonst sähe

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es mit der Unsterblichkeit derjenigen übel

aus, die sich keinen grossen Namen erworben,

sondern im Stillen Gutes gethan haben; viel-

*) Logos.

*) Logos.

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mehr ist eine solche selbstbewusste geistige

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Kraft, wenn sie nicht mehr an den Körper

gebunden, sondern von allen Fesseln frei ge-

mehr ist eine solche selbstbewusste geistige Kraft, wenn sie nicht mehr an den Körper gebunden, sondern von allen Fesseln frei geworden ist, noch mehr wie zuvor in der Lage, ihr Licht in der ganzen Welt leuchten zu lassen.

worden ist, noch mehr wie zuvor in der Lage,

ihr Licht in der ganzen Welt leuchten zu lassen.

In dem Charakter eines Menschen und

nicht in seiner persönlichen Erscheinung liegt

seine Individualität. Die Persönlichkeit ist das

Werkzeug des individuellen Menschen, in ihr

kommt nur ein geringer Teil der Kraft,

welche der Individualität innewohnt, auf ein-

mal zum Ausdruck. Niemand ist sich seines

ganzen Wissens auf einmal bewusst; niemand

kann alles, was in ihm enthalten ist, auf ein-

mal in seiner Persönlichkeit offenbaren; die

persönliche Erscheinung eines Menschen,

/

welche wir sehen, ist nicht der ganze vor uns

stehende Mensch, sondern nur ein Werkzeug

desselben; er kann uns seine Kenntnisse mit-

teilen, ohne dabei etwas selbst zu verlieren;

sein Wille und seine Gedanken werden nicht

weniger dadurch, dass er sie auf uns über-

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trägt, auch wird seine Liebe oder sein Hass

nicht dadurch vermindert, dass er dieses oder

jenes liebt oder hasst, sondern vielmehr werden

diese Kräfte durch ihre Übung gestärkt. So-

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In dem Charakter eines Menschen und nicht in seiner persönlichen Erscheinung liegt seine Individualität. Die Persönlichkeit ist das Werkzeug des individuellen Menschen, in ihr kommt nur ein geringer Teil der Kraft, welche der Individualität innewohnt, auf einmal zum Ausdruck. Niemand ist sich seines ganzen Wissens auf einmal bewusst; niemand kann alles, was in ihm enthalten ist, auf einmal in seiner Persönlichkeit offenbaren; die persönliche Erscheinung eines Menschen, welche wir sehen, ist nicht der ganze vor uns stehende Mensch, sondern nur ein Werkzeug desselben; er kann uns seine Kenntnisse mitteilen, ohne dabei etwas selbst zu verlieren; sein Wille und seine Gedanken werden nicht weniger dadurch, dass er sie auf uns überträgt, auch wird seine Liebe oder sein Hass nicht dadurch vermindert, dass er dieses oder jenes liebt oder hasst, sondern vielmehr werden diese Kräfte durch ihre Übung gestärkt. 80-

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mit ist auch der Mensch ein nichtoffenbares

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Wesen, von dem nur bald diese bald jene

mit ist auch der Mensch ein nichtoffenbares Wesen, von dem nur bald diese bald jene Eigenschaften in aufeinanderfolgender Reihe offenbar werden. Der Nichtoffenbare ist der "Vater", der offenbare der "Sohn", und niemand kann zu seinem eigenen Vater kommen, als durch den Sohn, weil der Mensch selber der "Sohn" und die Offenbarung des Vaters ist; niemand kann sich selbst kennen lernen, indem er nur seine äussere Erscheinung und deren äusserliche Handlungen betrachtet, sondern nur dadurch, dass er seinen eigenen Geist kennen lernt, insofern sein Geist in seinem eigenen Bewusstsein offenbar wird.

Eigenschaften in aufeinanderfolgender Reihe

offenbar werden. Der Nichtoffenbare ist der

„Vater", der offenbare der „Sohn", und nie-

mand kann zu seinem eigenen Vater kommen,

als durch den Sohn, weil der Mensch selber

der „Sohn" und die Offenbarung des Vaters

ist; niemand kann sich selbst kennen lernen,

indem er nur seine äussere Erscheinung und

deren äusserliche Handlungen betrachtet, son-

dern nur dadurch, dass er seinen eigenen Geist

kennen lernt, insofern sein Geist in seinem

eigenen Bewusstsein offenbar wird.

Je grösser und erhabener ein Charakter

ist, um so grösser ist auch seine geistige

Individualität, so dass die irdische Persönlich-

keit gar nicht genügend ist, um sie zum

Ausdruck zu bringen. Auch ist die Inthätig-

keitsetzung äusserlicher Organe oft gar nicht

nötig, um eine Wirkung zu üben; ein selbst-

bewusster, genialer Geist erreicht oft schon

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durch seine blosse Gegenwart einen Erfolg

über andere, welchen ein kleiner Geist trotz

aller Überredungskunst nicht erringen kann.

Dieser Geist ist der „Gedanke", welcher lebt,

Je grösser und erhabener ein Charakter ist, um so grösser ist auch seine geistige Individualität, so dass die irdische Persönlichkeit gar nicht genügend ist, um sie zum Ausdruck zu bringen. Auch ist die Inthätigkeitsetzung äusserlicher Organe oft gar nicht nötig, um eine Wirkung zu üben; ein selbstbewusster, genialer Geist erreicht oft schon durch seine biosse Gegenwart einen Erfolg über andere, welchen ein kleiner Geist trotz aller Überredungskunst nicht erringen kann. Dieser Geist ist der "Gedanke", welcher lebt,

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wenn auch die Persönlichkeit, welche die

-

Verkörperung dieses Gedankens war, aus

dem Dasein verschwindet; .er ist aber mehr

als „Gedanke", denn er ist eine Einheit von

Gedanke und Willen, eine durch den Ge-

danken zum Selbstbewusstsein gelangte

Willensform, oder mit anderen Worten, eine

durch den Willen belebte Summe von Ideen,

welche wir deshalb „Geist" nennen müssen,

selbst auf die Gefahr hin, dass sich der Nicht-

mystiker unter „Geist" ein Gespenst oder

einen Dämon vorstellen sollte.

Dunkel sind diese Geister, welche nicht

vom Lichte der göttlichen Weisheit erleuchtet

sind; aber diejenigen, in welchen dieses Licht

offenbar wurde, sind die lebendigen Sterne,

welche am geistigen Himmel leuchten, und

deren Licht in die Herzen derjenigen scheint,

welche sich ihm nicht verschliessen. Sie alle

haben ihr Licht aus einer einzigen Quelle,

der ewigen Sonne der Weisheit erhalten, und

dennoch erscheint es in jedem verschieden

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gefärbt; so wie ein Lichtstrahl sich in einem

Wassertropfen in verschiedenen Farben bricht;

wovon keine besser als die andere, sondernjede

wenn auch die Persönlichkeit, welche die Verkörperung dieses Gedankens war, aus dem Dasein verschwindet; .er ist aber mehr als "Gedanke", denn er ist eine Einheit von Gedanke und Willen, eine durch den Gedanken zum Selbstbewusstsein gelangte Willensform, oder mit anderen Worten, eine durch den Willen belebte Summe von Ideen, welche wir deshalb "Geist" nennen müssen, selbst auf die Gefahr hin, dass sich der Nichtmystiker unter "Geist" ein Gespenst oder einen Dämon vorstellen sollte.

in ihrer Art die beste ist; alle zusammen aber

Dunkel sind diese Geister, welche nicht vom Lichte der göttlichen Weisheit erleuchtet sind; aber diejenigen, in welchen dieses Licht offenbar wurde, sind die lebendigen Sterne, welche am geistigen Himmel leuchten, und deren Licht in die Herzen derjenigen scheint, welche sich ihm nicht verschliesse n. Sie alle haben ihr Licht aus einer einzigen Quelle, der ewigen Sonne der Weisheit erhalten, und dennoch erscheint es in jedem verschieden gefärbt; so wie ein Lichtstrahl sich in einem Wassertropfen in verschiedenen Farben bricht; wovon keine besser als die andere, sondernjede in ihrer Art die beste ist; alle zusammen aber

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nur von dem Dasein des einen Lichtes und

-

seiner Herrlichkeit Zeugnis geben. Ob wir

nur von dem Dasein des einen Lichtes und seiner Herrlichkeit Zeugnis geben. Ob wir deshalb dieses Zeugnis durch IGautama Siddharta, welcher wegen des in ihm zur Offenbarung gekommenen Lichtes ein "Buddha", d. h. ein Erleuchteter genannt wird, oder durch Jehoshua (vorausgesetzt, dass derselbe eine historische Persönlichkeit war), oder durch einen anderen Sohn des Lichtes empfangen, kann uns einerlei sein: die Hauptsache ist, dass das eine Licht, welches sie alle zu Söhnen des Lichtes macht, auch in uns selbst den Irrtum und die Täuschung des Selbstwahnes überwindet, die Dunkelheit vertreibt und uns selber zu Söhnen des Lichtes macht, in welchen die göttliche Liebe durch die That offenbar wird.

deshalb dieses Zeugnis durch jGautama Sid-

dharta, welcher wegen des in ihm zur Offen-

barung gekommenen Lichtes ein „Buddha",

d. h. ein Erleuchteter genannt wird, oder durch

Jehoshua (vorausgesetzt, dass derselbe eine

historische Persönlichkeit war), oder durch ei-

nen anderen Sohn des Lichtes empfangen, kann

uns einerlei sein; die Hauptsache ist, dass das

eine Licht, welches sie alle zu Söhnen des

Lichtes macht, auch in uns selbst den Irrtum

und die Täuschung des Selbstwahnes über-

windet, die Dunkelheit vertreibt und uns

selber zu Söhnen des Lichtes macht, in

welchen die göttliche Liebe durch die That

offenbar wird.

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(Fortsetzung folgt.)

(Fortsetzung folgt.)

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Briefkasten.

Fragen von Abonnenten, weiche nicht rein persönlicher Natur,

sondern von allgemeinem Interesse sind, werden durch den Ver-

fasser der „Lotusblüthen" im „Briefkasten" besprochen.

P. W. in W. — Unter »Geheimlehre« und »Geheim-

wissenschaft" stellen sich viele irgend eine geheimgehaltene

Wissenschaft, etwas, das man einem Vertrauten in die Ohren

flüstert, aber nicht gerne ausplaudert, vor. Sie ziehen die

Briefkasten.

bei den verschiedenen Menschen verschiedengradige Er-

kenntnisfähigkeit nicht in Betracht. Die wahre Geheim-

lehre ist keine Geheimthuerei und Geheimniskrämerei, sondern

Fragen von Abonnenten, welche nicht rein persönlicher Natur, sondern von allgemeinem Interesse sind, werden dureh den Ver· fuser der ,,Lotuabll1then" im ,,Briefkasten" besproohen.

sie bezieht sich auf Dinge, welche über der menschlichen

Verstandesfähigkeit erhaben sind und nur intuitiv durch das

geistige Auge der göttlichen Weisheit (Theosophie) im Men-

schen erkannt werden können. Sie sind deshalb »geheim«,

weil sie derjenige nicht fassen kann, der keine Weisheit,

P. W. in W. - Unter »Geheimlehre« und »Geheim-

d. h. keine geistige Erkenntnis der Wahrheit besitzt.

E.. K. in W. — Wenn auch die Trennung in der

wissenschaft" stellen sich viele irgend eine geheimgehaltene Wissenschaft, etwas, das man einem Vertrauten in die Ohren flüstert, aber nicht gerne ausplaudert, vor. Sie ziehen die bei den verschiedenen Menschen verschiedengradige Erkenntnisfahigkeit nicht in Betracht. Die wahre Geheimlehre ist keine Geheimthuerei und Geheimniskrämerei, sondern sie bezieht sich auf Dinge, welche über der menschlichen Verstandesfahigkeit erhaben sind und nur intuitiv durch das geistige Auge der göttlichen Weisheit (Theosophie) im Menschen erkannt werden können. Sie sind deshalb »geheim«, weil sie derjenige nicht fassen kann, der keine Weisbeit, d. h. keine geistige Erkenntnis der Wabrheit besitzt. R. K. in W. - Wenn auch die Trennung in der T. S. mutwillig durch die Herrschsucht einer Person herbeigeflihrt wurde, so hätte dieselbe doch nicht stattfinden können, wenn sie nicht einen tiefer gelegenen und zur Reife gediehenen Grund gehabt hätte. Durch diese Trennung schieden sich von selbst diejenigen Elemente in der T. S., welche das Wesen der Theosophie erkannten, von denjenigen, welche es nicht erkannten, und wir finden nun unter denjenigen, welche sich »Theosophen« nenneu, zwei Parteien, wovon die eine diejenige Klasse repräsentiert, welche die göttliche Weisheit in ihrem eigenen Lichte, d. h. selbstlos in der Kraft der Gotteserkenntnis suchen, während die andere Partei diejenige Klasse repräsentiert, welche in die göttliche Wahrheit vermittelst des selbstsüchtigen irdischen Menschenverstandes einzudringen sucht.

T. S. mutwillig durch die Herrschsucht einer Person

herbeigeführt wurde, so hätte dieselbe doch nicht statt-

finden können, wenn sie nicht einen tiefer gelegenen

und zur Reife gediehenen Grund gehabt hätte. Durch

diese Trennung schieden sich von selbst diejenigen Ele-

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mente in der T. S., welche das Wesen der Theosophie

erkannten, von denjenigen, welche es nicht erkannten, und

wir finden nun unter denjenigen, welche sich »Theosophen«

nenneu, zwei Parteien, wovon die eine diejenige Klasse re-

präsentiert, welche die göttliche Weisheit in ihrem eigenen

Lichte, d. h. selbstlos in der Kraft der Gotteserkenntnis

suchen, während die andere Partei diejenige Klasse repräsen-

tiert, welche in die göttliche Wahrheit vermittelst des selbst-

süchtigen irdischen Menschenverstandes einzudringen sucht.

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Die eine Partei sucht sich zum Ewigen zu erheben und

wird dabei von den »Meistern der Weisheit« unterstützt,

die andere ist begierig, das Ewige in das Bereich ihrer

Die eine 'Partei sucht sich zum Ewigen zu erheben und wird dabei von den »Meistem der Weisheit« unterstützt, die andere ist begierig, das Ewige. in das Bereich ihrer »wissenschaftlichen Forschung« herunterzuziehen. Wir verurteilen die Wissbegierde derjenigen nicht, welche nicht im Stande sind, sich zu dem Ideale, welches sich die T. S. vorgesetzt hat, zu erheben. Niemand kann mehr thun, als was in seiner Kraft steht. Wer aber die Kraft der göttlichen Selbsterkenntnis nicht in sich trägt, den können wir auch nicht als einen wirklichen -»Theosophen« erkennen. R. H. in O. - Die auch von uns sehnlichst erwarteten Lieferungen der :t Reden Gotama Buddho's« von K. E. N eumann sind bereits bei W. Friedrich in Leipzig erschienen. Das Lesen derselben bedeutet einen Wendepunkt im menschlichen Leben. R. v. M. in P. - Wenn ein Mensch einmal die Wahrheit gepredigt hat und sie dann wieder verleugnet. so können Sie bestimmt annehmen, dass er dieselbe niemals selber erkannt, sondern nur dasjenige, was er gehört oder gelesen, Dachgesprochen hat. J. Q. inL. - Die »Theosophen« sind keine Sekte. Ein Theosoph ist jeder. der die in seiner eigenen Religion enthaltene Wahrheit richtig erfasst und erkennt. G. C. in R. - Das »Studium der Theosophie« besteht in der Entwicklung eines höheren Selbstbewusstseins, und ist daher gar kein »Studium«, sondern ein innerliches Erwachen. Ausser diesem Erwachen der Gotteserkenntnis im Menschen giebt es keine Gotteserkenntnis oder »Theosophie«. Das was man heutzutage gewöhnlich aber fälschlich als »Theosophie« bezeichnet, ist nicht die Gotteserkenntnis selbst, sondern die auf deren Erlangung bezüglichen und aus ihr geschöpften Lehren. Wer aber das höhere göttliche Leben in sich selbst nicht empfindet, dem kann man nicht begreiflich machen, was Theosophie ist. G. N. in F. - Das »Studium der Theosophie« besteht im geistigen Wachstum und in der Entwicklung der in der

»wissenschaftlichen Forschung« herunterzuziehen. Wir ver-

urteilen die Wissbegierde derjenigen nicht, welche nicht im

Stande sind, sich zu dem Ideale, welches sich die T. S.

vorgesetzt hat, zu erheben. Niemand kann mehr thun, als

was in seiner Kraft steht. Wer aber die Kraft der gött-

lichen Selbsterkenntnis nicht in sich trägt, den können wir

auch nicht als einen wirklichen »Theosophen« erkennen.

R. H. in O. — Die auch von uns sehnlichst erwarteten

Lieferungen der »Reden Gotama Buddho's« von K. E. Neu-

mann sind bereits bei W. Friedrich in Leipzig erschienen.

Das Lesen derselben bedeutet einen Wendepunkt im mensch-

lichen Leben.

R. v. M. in P. — Wenn ein Mensch einmal die Wahr-

heit gepredigt hat und sie dann wieder verleugnet, so können

Sie bestimmt annehmen, dass er dieselbe niemals selber er-

kannt, sondern nur dasjenige, was er gehört oder gelesen,

nachgesprochen hat.

J. Q. in L. — Die »Theosophen« sind keine Sekte. Ein

Theosoph ist jeder, der die in seiner eigenen Religion ent-

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haltene Wahrheit richtig erfasst und erkennt.

G. C. in R. — Das »Studium der Theosophie« besteht

in der Entwicklung eines höheren Selbstbewußtseins, und

ist daher gar kein »Studium«, sondern ein innerliches Er-

wachen. Ausser diesem Erwachen der Gotteserkenntnis im

Menschen giebt es keine Gotteserkenntnis oder »Theo-

sophie«. Das was man heutzutage gewöhnlich aber fälsch-

lich als »Theosophie« bezeichnet, ist nicht die Gottes-

erkenntnis selbst, sondern die auf deren Erlangung bezüg-

lichen und aus ihr geschöpften Lehren. Wer aber das

höhere göttliche Leben in sich selbst nicht empfindet, dem

kann man nicht begreiflich machen, was Theosophie ist.

Q-. ET. in F. — Das »Studium der Theosophie« besteht

im geistigen Wachstum und in der Entwicklung der in der

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eigenen Natur enthaltenen Tugenden. Wer nach dem

wahren Leben, nach Licht und Freiheit strebt, der ist in

seinem Herzen ein Theosoph und gehört bereits der theo-

eigenen Natur enthaltenen Tugenden. Wer nach dem wahren Leben, nach Licht und Freiheit strebt, der ist in seinem Herzen ein Theosoph und gehört bereits der th~ sophisehen Vereinigung aller Menschen an. Ob er sich diesem oder jenem Vereine anschliesst, ist uns ganz gleichgilltig. Ein äusserlicher Verein ist nur ein lusserliches Ding, welches ohne die vorhergehende Seelengemeinschaft keinen Wert hat. Wo aber diese Seelengemeinschaft vorhanden ist, da kann man durch eine Vereinigung im Äusseren viel mehr Gutes befördern, als jeder Einzelne fiir sich allein zu thun im Stande ist. Die Konstitution der »Theosophischen Gesellschaft« ist weit genug, um nicht nur alle fortschrittlichen Vereine, sondern die ganze Menschheit zu umfassen. P. L. in D. - Da es der Zweek der »Theosophischen Gesellschaft« ist, einen Kern zu einer allgemeinen Menschenverbrüderung zu bilden, in welcher sich alle Menschen ohne Unterschied der Nationalität in der Gotteserkenntnis zusammenfinden, so versteht es sich von selbst, dass es unser Bestreben sein wird, die »Theosophische Gesellschaft in Deutschland« nicht nUT von dem, was Sie »englische, indische und amerikanische Einflüsse« nennen, sondern auch von deutschen Einflüssen frei zu halten, insofern dieselben aus der Unwissenheit, dem Eigendünkel oder der Herrschsucht entspringen. Dagegen hoffen wir, dass sich die Einflüsse aller vernünftigen Menschen darin geltend machen, einerlei, welcher Nationalität dieselben angehören. Besonders aber sollten wir damach streben, uns für den geistigen Einfluss derjenigen empfänglich zu machen, welche man die »Meister der Weisheit« nennt, und welche als solche keiner besonderen Nationalität angehören, sondern Bürger des Weltalls und des Reiches der Unsterblichkeit sind. M. v. B. in W. - Es wird keinem vernünftigen Menschen, geschweige denn einem »Theosophen« einfallen, der wahren Wissenschaft etwas an ihrem Verdienste schmälern zu wollen. Was man aber nicht oft genug wiederholen kann und was 10 wenige begreifen, ist, dass die Theo-

sophischen Vereinigung aller Menschen an. Ob er sich

diesem oder jenem Vereine anschliesst, ist uns ganz gleich-

gültig. Ein äusserlicher Verein ist nur ein äusserliches

Ding, welches ohne die vorhergehende Seelengemeinschaft

keinen Wert hat. Wo aber diese Seelengemeinschaft vor-

handen ist, da kann man durch eine Vereinigung im Äusseren

viel mehr Gutes befördern, als jeder Einzelne für sich allein

zu thun im Stande ist. Die Konstitution der »Theosophischen

Gesellschafti ist weit genug, um nicht nur alle fortschritt-

lichen Vereine, sondern die ganze Menschheit zu umfassen.

P. Ii. in D. — Da es der Zweek der »Theosophischen

Gesellschaft« ist, einen Kern zu einer allgemeinen Menschen-

verbrüderung zu bilden, in welcher sich alle Menschen ohne

Unterschied der Nationalität in der Gotteserkenntnis zu-

sammenfinden, so versteht es sich von selbst, dass es unser

Bestreben sein wird, die »Theosophische Gesellschaft in

Deutschland« nicht nur von dem, was Sie »englische, indische

und amerikanische Einflüsse« nennen, sondern auch von

deutschen Einflüssen frei zu halten, insofern dieselben

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aus der Unwissenheit, dem Eigendünkel oder der Herrsch-

sucht entspringen. Dagegen hoffen wir, dass sich die Ein-

flüsse aller vernünftigen Menschen darin geltend machen,

einerlei, welcher Nationalität dieselben angehören. Beson-

ders aber sollten wir darnach streben, uns für den geistigen

Einfluss derjenigen empfänglich zu machen, welche man die

»Meister der Weisheit« nennt, und welche als solche keiner

besonderen Nationalität angehören, sondern Bürger des

Weltalls und des Reiches der Unsterblichkeit sind.

M. v. S. in "W. — Es wird keinem vernünftigen Men-

schen, geschweige denn einem »Theosophen« einfallen, der

wahren Wissenschaft etwas an ihrem Verdienste schmälern

zu wollen. Was man aber nicht oft genug wiederholen

kann und was so wenige begreifen, ist, dass die Theo-

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sophie nicht darin besteht, dass man viele theoretische

Kenntnisse hat, oder dass man Spukgeschichten erklären

kann, an Adepten glaubt, mystische Schwärmerei betreibt,

sophie nicht darin besteht, dass man viele theoretische Kenntnisse hat, oder dass man Spukgeschichten erklären kann, an Adepten glaubt, mystische Schwärmerei betreibt, sich mit Alchemie und Astrologie beschäftigt, die »Geheimwissenschaften« studiert u. s. w., sondern sie besteht darin, dass man sich selber, d. h. sein wahres eigenes göttliches Selbst, welches das wahre Selbst aller Menschen, das Licht, der Heiland und Christus von allen ist, in sich selbst findet und sich zu ihm erhebt. Dann erst, wenn der Mensch sich selbst in diesem Selbst, durch die Kraft der Liebe und der Erkenntnis gefunden hat, erlangt das Wissen einen wirklichen Wert; denn was sollte das viele Wissen einem Mensehen am Ende nützen, wenn die Erkenntnis seines wirklichen Daseins nicht in seinem Bewusstsein erwacht. Siehe I. Korinther XIII, 2. Dr. K. in B. - Es ist ein grosser Irrtum, wenn die »Theosophen« sich darum streiten, wer von ihnen am meisten weiss; vielmehr sollte jeder darnach trachten, den andere in selbstloser Liebe zu übertreffen. Wo diese Eigenschaft zur Kraft wird, da kommt das Verständnis filr geistige Dinge von selbst. Das »geheime Zeichen«, welches noch heutzutage im Besitze von einigen Rosenkreuzern ist, und an welchem sie sich gegenseitig erkennen, ist ein Kreuz und besteht aus folgendem:

sich mit Alchemie und Astrologie beschäftigt, die »Geheim-

wissenschaften« studiert u. s. w., sondern sie besteht darin,

dass man sich selber, d. h. sein wahres eigenes göttliches

Selbst, welches das wahre Selbst aller Menschen, das Licht,

der Heiland und Christus von allen ist, in sich selbst findet

und sich zu ihm erhebt. Dann erst, wenn der Mensch sich

selbst in diesem Selbst, durch die Kraft der Liebe und der

Erkenntnis gefunden hat, erlangt das Wissen einen wirk-

lichen Wert; denn was sollte das viele Wissen einem Men-

schen am Ende nützen, wenn die Erkenntnis seines wirk-

lichen Daseins nicht in seinem Bewusstsein erwacht. Siehe

L Korinther XTH, 2.

Dr. K. in B. — Es ist ein grosser Irrtum, wenn die

»Theosophen« sich darum streiten, wer von ihnen am meisten

weiss; vielmehr sollte jeder darnach trachten, den andern

in selbstloser Liebe zu übertreffen. Wo diese Eigenschaft

zur Kraft wird, da kommt das Verständnis für geistige

Dinge von selbst. Das »geheime Zeichen«, welches noch

heutzutage im Besitze von einigen Rosenkreuzern ist, und

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an welchem sie sich gegenseitig erkennen, ist ein Kreuz

und besteht aus folgendem:

Glaube

Hoffnung 1

Liebe

Geduld.

In der Mitte ist die Ruhe.

Druck von Carl Otto in Meerane.

+

Glaube

Hoffnung

Liebe

Geduld. In der Mitte ist die Ruhe.

Druck von earl Otto in )leere••

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1

„L u c i f e r."

„Lernet zu untersche1den zwischen dem Dauer-

haften und dem Vergänglichen."

(Sankaracharya.)

Eines der schwierigsten Probleme für den

angehenden „Okkultisten" ist, die Bedeutung

des Wortes „Lucifer" zu begreifen. „Lucifer"

ist der Gegensatz von „Christus", er ist dessen

Gegenschein. (Diabolus est deus inver-

sus.) Wer das wahre Wesen von Lucifer

erkennt, der erkennt auch das Wesen von

Christus. Wer Christus nicht kennt, erkennt

"L u c i f e f."

auch Lucifer nicht. Wer das Ewige nicht

kennt, kann es nicht vom Vergänglichen

unterscheiden.

„Lucifer" bedeutet einen „Lichtträger", d. h.

diejenige Kraft, welche dem Menschen „Licht",

Verständnisfähigkeit bringt. Es ist aber

"Lernet zu unterscheIden zwischen d m Dauerhaften und dem Vergänglichen."

zweierlei Licht zu unterscheiden, nämlich

LotnsblUthen L1II. 6

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(San karacharya.)

Eines der schwierigsten Probleme für den angehenden "Okkultisten" ist, die Bedeutung des Wortes "Lucifer zu begreifen. "Lucifer" ist der Gegensatz von "Christus", er ist dessen Gegenschein. (Diabolus est deus invers u s.) Wer das wahre Wesen von Lucifer erkennt, der erkennt auch das Wesen von Christus. Wer Christus nicht kennt, erkennt auch Lucifer nicht. Wer das Ewige nicht kennt, kann es nicht vom Vergänglichen unterscheiden. ll

"Lucifer" bedeutet einen "Lichtträger", d. h. diejenige Kraft, welche dem Menschen "Licht", Verständnisfähigkeit bringt. Es ist aber zweierlei Licht zu unterscheiden, nämlich Lotuabltitben LIII.

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-

das Licht Gottes, d. h. das Licht der göttlichen

Weisheit (Theosophia), welches kein Mensch

das Licht Gottes, d. h. das Licht der göttlichen Weisheit (Theosophia), welches kein Mensch fassen oder begreifen kann, so lange er noch in der Beschränktheit, welche ihm der Selbstwahn auferlegt, befangen ist, und der Wiederschein dieses Lichtes im irdischen Men~chen, welches der vom Eigendünkel befangene Mensch für sein "eigenes" hält, weil es aus seinem Eigendünkel entspringt. Das unvergängliche Licht ist die über alles persönliche "Selbstwissen" und "Selbstwollen" erhabene göttliche Erkenntnis und göttliche Liebe; das andere ist die Weisheit der irdischen Gelehrten, welche zum grossen Teile aus Dünken und Wähnen und aus Schlussfolgerungen aus täuschenden Erscheinungen, in welchen die Wahrheit nicht erkannt wird, beruht

fassen oder begreifen kann, so lange er noch

in der Beschränktheit, welche ihm der Selbst-

wahn auferlegt, befangen ist, und der Wieder-

schein dieses Lichtes im irdischen Menschen,

welches der vom Eigendünkel befangene

Mensch für sein „eigenes" hält, weil es aus

seinem Eigendünkel entspringt. Das unver-

gängliche Licht ist die über alles persönliche

„Selbstwissen" und „Selbstwollen" erhabene

göttliche Erkenntnis und göttliche Liebe;

das andere ist die Weisheit der irdischen Ge-

lehrten, welche zum grossen Teile aus Dün-

ken und Wähnen und aus Schlussfolgerungen

aus täuschenden Erscheinungen, in welchen

die Wahrheit nicht erkannt wird, beruht.

Wir wissen, dass jedes Ding aus einer von

den drei Grundeigenschaften in der Natur

entspringt; nämlich aus der Dunkelheit oder

Dummheit; ferner aus der Leidenschaft oder

Habsucht, und drittens aus der Wahrheit.

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Aus der Dunkelheit kann kein Licht ent-

springen; sondern wenn das Licht ins Dunkel

dringt, so verschwindet die Dunkelheit. Da-

gegen kann das Licht der Sonne von hierzu

Wir ,vissen, dass jedes Ding aus einer von den drei Grundeigenschaften in der Natur entspringt; nämlich aus der Dunkelheit oder Dummheit; ferner aus der Leidenschaft oder Habsucht, und drittens aus der Wahrheit. Aus der Dunkelheit kann kein Licht entspringen; sondern wenn das Licht ins Dunkel dringt, so verschwindet die Dunkelheit. Dagegen kann das Licht der Sonne von hierzu

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tauglichen Körpern reflektiert werden. So

wird z. B. das Licht der Sonne vom Monde

zurückgeworfen, und auf diese Weise erhält

tauglichen Körpern reflektiert werden. So wird z. B. das Licht der Sonne vom Monde zurückgeworfen, und auf diese Weise erhält der Mond sein "eigenes" Licht, was aber, im Grunde genommen, gar nicht sein eigenes ist. So lange es Nacht ist, thut uns das Mondlicht gute Dienste; geht aber die Sonne auf (was wir durch unser eigenes Wollen weder befördern noch hindern können), so bedürfen wir des täuschenden Mondscheins nicht mehr. Auch können wir das Sonnenlicht nicht in uns selber erzeugen. Wir treten ins Freie hinaus, oder öffnen den Vorhang am Fenster, und geniessen das Sonnenlicht, welches kein vernünftiger Mensch für sein "eigenes" halten wird.

der Mond sein „eigenes" Licht, was aber,

im Grunde genommen, gar nicht sein eigenes

ist. So lange es Nacht ist, thut uns das Mond-

licht gute Dienste; geht aber die Sonne auf

(was wir durch unser eigenes Wollen weder

befördern noch hindern können), so bedürfen

wir des täuschenden Mondscheins nicht mehr.

Auch können wir das Sonnenlicht nicht in

uns selber erzeugen. Wir treten ins Freie

hinaus, oder öffnen den Vorhang am Fenster,

und geniessen das Sonnenlicht, welches kein

vernünftiger Mensch für sein „eigenes"

halten wird.

So ist es auch mit dem Lichte der Intelli-

genz. Christus ist die Sonne, Lucifer der

Mond. Solange wir nicht vom Lichte der

Gotteserkenntnis erleuchtet sind, müssen wir

mit "dem Wiederschein desselben in unserer

Selbstheit vorlieb nehmen. Da aber diese

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Selbstheit nur eine Täuschung ist, hervorge-

bracht durch das „Blenden der Erscheinung"

und die daraus entspringende irrige Vorstel-

lung des Sonderseins, so werden durch diesen

6*

So ist es auch mit dem Lichte der Intelligenz. Christus ist die Sonne, Lucifer der Mond. Solange wir nicht vom Lichte der Gotteserkenntnis erleuchtet sind, müssen wir mit "dem Wiederschein desselben in unserer Selbstheit vorlieb nehmen. Da aber diese Selbstheit nur eine Täuschung ist, hervorgebracht durch das "Blenden der Erscheinung" und die daraus entspringende irrige V orstel1ung des Sonderseins, so werden durch diesen 6*

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Gegenschein auch allerlei Täuschungen ins

-

Dasein gerufen; es entsteht der Eigendünkel,

das „Selbstwissen", die „Selfcstgerechtigkeit",

Gegenschein auch allerlei Täuschungen ins Dasein gerufen; es entsteht der Eigendünkel. das "Selbstwissen", die "Selbstgerechtigkeit' Eitelkeit, Grössenwahn, Habsucht und schliesslich jene Verblendung, welche den Menschen glauben macht, die ganze Welt sei nur um seines ,,Ichs" da, und um seinen Selbstinteressen zu dienen; während die Gotteserkenntnis ihn lehrt, dass dieses vermeintliche "Ich", ein Nichts in seinem Wesen, eine vorübergehende, vergängliche Erscheinung ist. Tritt der Mensch dagegen aus dieser Beschränkung durch seinen Selbstwahn heraus, entsagt er seinem falschen ,,Ich" und wächst er aus demselben hinaus, so offenbart sich in ihm die göttliche Wahrheit; das Licht der Gotteserkenntnis (Theosophie) dringt ohne sein Zuthun von allen Seiten auf ihn ein, sobald er den Kerker verlässt, der ihn gefangen hält; es ist nicht mehr "sein" Licht, sondern das Licht des in ihm offenbar gewordenen Gottes, welches ihm leuchtet. Da ist es dann mit dem Eigendünkel, dem "Selbstwissen" zu Ende. Da sein "Selbst" in seiner V orstellung nicht mehr vorhanden ist, so kann dieses "Selbst" auch nichts mehr wissen. Das was in ihm weiss und erkennt, ist der in

Eitelkeit, Grössenwahn, Habsucht und schliess-

lich jene Verblendung, welche den Menschen

glauben macht, die ganze Welt sei nur um

seines „Ichs" da, und um seinen Selbstinter-

t

essen zu dienen; während die Gotteserkennt-

nis ihn lehrt, dass dieses vermeintliche „Ich",

ein Nichts in seinem Wesen, eine vorüber-

gehende, vergängliche Erscheinung ist. Tritt

der Mensch dagegen aus dieser Beschränkung

durch seinen Selbstwahn heraus, entsagt er

seinem falschen „Ich" und wächst er aus dem-

selben hinaus, so offenbart sich in ihm die

göttliche Wahrheit; das Licht der Gottes-

erkenntnis (Theosophie) dringt ohne sein

Zuthun von allen Seiten auf ihn ein, sobald

er den Kerker verlässt, der ihn gefangen

hält; es ist nicht mehr „sein" Licht, sondern

das Licht des in ihm offenbar gewordenen

Gottes, welches ihm leuchtet. Da ist es dann

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mit dem Eigendünkel, dem „Selbstwissen"

zu Ende. Da sein „Selbst" in seiner Vor-

stellung nicht mehr vorhanden ist, so kann

dieses „Selbst" auch nichts mehr wissen.

Das was in ihm weiss und erkennt, ist der in

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ihm geborene Gottmensch, „Jesus" genannt.

Aber wie wenige lassen sich zu dieser Höhe

erheben!

ihm geborene Gottmensch, ,,} esus U genannt. Aber wie wenige lassen sich zu dieser Höhe erheben!

„Lucifer" kann deshalb als der menschliche

Scharfsinn, „Christus" (richtiger geschrieben

Chrestos) als der von aller Selbstheit be-

freite göttliche Verstand, die Selbsterkenntnis

der Wahrheit, betrachtet werden. Dieses

Licht der Erkenntnis kommt von selbst und

ohne dass man sich darum bemüht, zu jedem,

der das Licht, welches von Lucifer kommt,

"Lucifer" kann deshalb als der menschliche Scharfsinn, "Christus" (richtiger geschrieben Chrestos) als der von aller Selbstheit befreite göttliche Verstand, die Selbsterkenntnis der Wahrheit, betrachtet werden. Dieses Licht der Erkenntnis kommt von selbst und ohne dass man sich darum bemüht, zu jedem, der das Licht, welches von Lucifer kommt, überwindet; wer aber das Licht Gottes vermittelst des Lichtes von Lucifer sucht, der wird es nicht finden. Wer vermittelst seinQS eigenen Scharfsinns in die göttlichen Geheimnisse einzudringen versucht, der wird dadurch nichts anderes als gehaltlose Theorien finden. Die Wahrheit ist viel zu gross und der Mensch viel zu klein, als dass er sie sich in seiner Selbstheit aneignen könnte. Wer die ewige Wahrheit kennen lernen will, der muss in sie eingehen, indem er sich ihr aufopfert; er muss ihr sein Herz eröffnen und ihr sein Dasein weihen, und dies kann nur durch die Kraft der göttlichen, d. h. der selbstlosen Liebe geschehen.

überwindet; wer aber das Licht Gottes ver-

mittelst des Lichtes von Lucifer sucht, der

wird es nicht finden. Wer vermittelst seines

eigenen Scharfsinns in die göttlichen Ge-

heimnisse einzudringen versucht, der wird

dadurch nichts anderes als gehaltlose Theorien

finden. Die Wahrheit ist viel zu gross und der

Mensch viel zu klein, als dass er sie sich in

seiner Selbstheit aneignen könnte. Wer die

ewige Wahrheit kennen lernen will, der muss

in sie eingehen, indem er sich ihr aufopfert;

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er muss ihr sein Herz eröffnen und ihr sein

Dasein weihen, und dies kann nur durch die

Kraft der göttlichen, d. h. der selbstlosen

Liebe geschehen.

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- 84 —

-

Wenn daher das Licht der göttlichen

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Weisheit auch zu uns kommt, ohne dass wir

deshalb die geringste Anstrengung machen,

Wenn daher das Licht der göttlichen Weisheit auch zu uns kommt, ohne dass wir deshalb die geringste Anstrengung machen, sobald wir nur aus dem beschränkten Kreise unseres Eigendünkels herausgehen, so bedarf andererseits gerade dieses Herausgehen, dieses Loslassen der geliebten Selbsttäuschung, der grössten Kraft, die nur in der Liebe zur Wahrheit gefunden werden kann. Damit ist nichts gedient, dass wir uns einbilden, "Lucifer" ignorieren zu können, so lange wir "Christus" nicht gefunden haben. Nicht durch ein Ignorieren Lucifers, sondern nur durch eine Überwindung desselben durch Christi Kraft können wir zu Christus gelangen. Sind wir zu Christus, d. h. zur Erkenntnis der Wahrheit gelangt, dann können wir Lucifer getrost ignorieren. Damit ist mit anderen Worten gesagt: So lange wir nicht zur innerlichen Erleuchtung durch das Licht der Gotteserkenntnis gelangt sind, können wir auch auf das eigene Denken und Streben nicht verzichten; tritt aber die Erkenntnis der Wahrheit in uns ein, dann sind wir über alles eigene Streben erhaben. Wird die ewige Wahrheit in uns offenbar, so hört alles eigene Dünken und Wähnen

sobald wir nur aus dem beschränkten Kreise

unseres Eigendünkels herausgehen, so be-

darf andererseits gerade dieses Herausgehen,

dieses Loslassen der geliebten Selbsttäu-

schung, der grössten Kraft, die nur in der

Liebe zur Wahrheit gefunden werden kann.

Damit ist nichts gedient, dass wir uns ein-

bilden, „Lucifer" ignorieren zu können, so

lange wir „Christus" nicht gefunden haben.

Nicht durch ein Ignorieren Lucifers, sondern

nur durch eine Überwindung desselben durch

Christi Kraft können wir zu Christus ge-

langen. Sind wir zu Christus, d. h. zur Er-

kenntnis der Wahrheit gelangt, dann kön-

nen wir Lucifer getrost ignorieren. Damit

ist mit anderen Worten gesagt: So lange

wir nicht zur innerlichen Erleuchtung durch

das Licht der Gotteserkenntnis gelangt sind,

können wir auch auf das eigene Denken

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und Streben nicht verzichten; tritt aber die

Erkenntnis der Wahrheit in uns ein, dann

sind wir über alles eigene Streben erhaben.

Wird die ewige Wahrheit in uns offenbar,

so hört alles eigene Dünken und Wähnen

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auf. Wenn wir in das Licht eingehen und

es in uns erkennen, so sind wir selbstgdas

Licht, und brauchen nicht mehr nach dem

Lichte zu suchen. Vor dem Lichte der

auf. Wenn wir in das Licht eingehen und es in uns erkennen, so sind wir selbstldas Licht, und brauchen nicht mehr nach dem Lichte zu suchen. V or dem Lichte der göttlichen Selbsterkenntnis schwindet alle menschliche Theorie, so wie der Morgennebel sich zerteilt, wenn die Sonne emporsteigt. Wo der Selbstwahn aufhört, da ist nur mehr Gott.

göttlichen Selbsterkenntnis schwindet alle

menschliche Theorie, so wie der Morgen-

nebel sich zerteilt, wenn die Sonne empor-

steigt. Wo der Selbstwahn aufhört, da ist nur

mehr Gott.

Die Wahrheit im Menschen erkennt die

Wahrheit, der Schein den Schein. Zur Er-

forschung der äusserlichen Erscheinungen

in der Natur und deren Verhältnisse zu

einander bedarf es des vergleichenden, ana-

lysierenden menschlichen Verstandes; aber

die ewige Wesenheit aller Dinge ist nur

eine einzige. Es giebt da nichts zu ver-

gleichen und zu analysieren. Wer sie er-

kennt, der erkennt das Wesen der Dinge

und hört auf, die Erscheinung für das Wesen

zu halten, sowohl in Bezug auf sich selbst,

als auch in Bezug auf alles, was ihn um-

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giebt; er erkennt das Wesen von allem in

Die Wahrheit im Menschen erkennt die Wahrheit, der Schein den Schein. Zur Erforschung der äusserlichen Erscheinungen in der Natur und deren Verhältnisse zu einander bedarf es des vergleichenden, analysierenden menschlichen Verstandes; aber die ewige Wesenheit aller Dinge ist nur eine einzige. Es giebt da nichts zu vergleichen und zu analysieren. Wer sie erkennt, der erkennt das Wesen der Dinge und hört auf, die Erscheinung für das Wesen zu halten, sowohl in Bezug auf sich selbst, als auch in Bezug auf alles, was ihn umgiebt; er erkennt das Wesen von allem in sich, und sein eigenes, wahres, unendliches Selbst als das Wesen von allem. Auf diesem Grunde von Gotteserkenntnis sollte alles

sich, und sein eigenes, wahres, unendliches

Selbst als das Wesen von allem. Auf diesem

Grunde von Gotteserkenntnis sollte alles

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menschliche Wissen aufgebaut sein, von die-

sem Mittelpunkte der direkten Wahrheits-

erkenntnis sollten alle Dinge beurteilt werden;

menschliche Wissen aufgebaut sein, von diesem Mittelpunkte der direkten Wahrheitserkenntnis sollten alle Dinge beurteilt werden; dann erst könnte von einer wirklichen und wahren Wissenschaft und Philosophie die Rede sein. Es handelt sich da nicht um ein Schwärmen und Träumen des Selbsts, sondern um die Überwindung dieses schwärmenden, träumenden, dünkenden und wähnenden "Selbsts". Was nützt es mich, wenn ich alle möglichen Theorien über Ringe, Rassen und Runden, über die "Astralebene" und was nach dem Tode passieren kann u. s. f. gelesen habe, und auch verstanden habe, was damit gemeint ist. Alle diese Theorien, insofern sie richtig sind, sind gut, um an die Stelle anderer Theorien, welche unrichtig sind und uns verhindern, die Wahrheit zu erkennen, zu treten; aber sie sind noch lange keine Erkenntnis der Wahrheit. Was ein anderer uns sagt, ist nicht unsere Erkenntnis; nur wenn die Wahrheit selbst in uns offenbar wird, verschwindet das Dunkel, das "Ich" und es tritt Klarheit ein.

dann erst könnte von einer wirklichen und

wahren Wissenschaft und Philosophie die

Rede sein. Es handelt sich da nicht um ein

Schwärmen und Träumen des Selbsts, sondern

um die Überwindung dieses schwärmenden,

träumenden, dünkenden und wähnenden

„Selbsts". Was nützt es mich, wenn ich alle

möglichen Theorien über Ringe, Rassen und

Runden, über die „Astralebene" und was nach

dem Tode passieren kann u. s. f. gelesen habe,

und auch verstanden habe, was damit ge-

meint ist. Alle diese Theorien, insofern

sie richtig sind, sind gut, um an die Stelle

anderer Theorien, welche unrichtig sind und

uns verhindern, die Wahrheit zu erkennen,

zu treten; aber sie sind noch lange keine

Erkenntnis der Wahrheit. Was ein anderer

uns sagt, ist nicht unsere Erkenntnis; nur

wenn die Wahrheit selbst in uns offenbar

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wird, verschwindet das Dunkel, das „Ich" und

es tritt Klarheit ein.

In weitaus der grössten Mehrzahl der

Menschen leuchtet das Licht Lucifers und

In weitaus der grössten Mehrzahl der Menschen leuchtet das Licht Lucifers und

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— 87 —

blendet sie, so dass sie das Licht der Wahr-

heit nicht erkennen. Das Licht der Wahr-

heit scheint in alle Herzen, aber nur wenige

erkennen es; weil es nur durch Selbstauf-

blendet sie, so dass sie das Licht der Wahrheit nicht erkennen. Das Licht der Wahrheit scheint in alle Herzen, aber nur wenige erkennen es; weil es nur durch Selbstaufopferung in der Kraft der Liebe erkannt werden kann. Nicht durch das Aufgeben des Wollens und Wissens, oder durch Unthätigkeit, sondern durch die Überwindung des "Selbstwollens" und "Selbstwissens", durch die Geburt des Gottmenschen im tierischen Menschen, durch das Erwachen der Gotteserkenntnis im irdischen Menschenverstande, wobei alles Irdische darin verschwindet, durch ein Erwachen des wahren Selbstbewusstseins, in welchem keine Täuschung der Selbstheit mehr existiert, wird es gefunden. Diese Selbstaufopferung in der Kraft der göttlichen Liebe führt zur wahren Erkenntnis, zum ewigen Leben und zur Kraft der Weisheit oder "weissen Magie". Der andere Weg ist, dass man die einströmende Kraft der Gotteserkenntnis dem eignen tierischen Selbst unterzuordnen, und sie dessen Selbstinteressen, mit allem was damit zusammenhängt, dienstbar zu machen sucht. Dieser Weg führt zur "schwarzen Magie" und zum Tode der Seele; denn alles was das täuschende "Ich" im Men-

opferung in der Kraft der Liebe erkannt

werden kann. Nicht durch das Aufgeben

des Wollens und Wissens, oder durch Un-

thätigkeit, sondern durch die Überwindung

des „Selbstwollens" und „Selbstwissens", durch

die Geburt des Gottmenschen im tierischen

Menschen, durch das Erwachen der Gottes-

erkenntnis im irdischen Menschenverstande,

wobei alles Irdische darin verschwindet, durch

ein Erwachen des wahren Selbstbewusstseins,

in welchem keine Täuschung der Selbstheit

mehr existiert, wird es gefunden. Diese

Selbstaufopferung in der Kraft der göttlichen

Liebe führt zur wahren Erkenntnis, zum ewi-

gen Leben und zur Kraft der Weisheit oder

„weissen Magie". Der andere Weg ist, dass

man die einströmende Kraft der Gottes-

erkenntnis dem eignen tierischen Selbst unter-

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zuordnen, und sie dessen Selbstinteressen, mit

allem was damit zusammenhängt, dienstbar

zu machen sucht. Dieser Weg führt zur

„schwarzen Magie" und zum Tode der Seele;

denn alles was das täuschende „Ich" im Men-

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schen stark macht, dient nur dazu, etwas Ver-

gängliches zu stärken, welches der wahren

Erkenntnis im Wege steht, und nicht ge-

sehen stark macht, dient nur dazu, etwas Vergängliches zu stärken, welches der wahren Erkenntnis im Wege steht, und nicht gekräftigt, sondern überwunden werden sollte. Da aber dieses Selbst vergänglich ist, und da alles am Ende wieder zu seinem U rsprunge zurückkehrt, so geht mit diesem vergänglichen "Ich" auch all sein "Selbstwissen" und "Selbstkönnen" zu Grunde. Viele betreiben das Suchen nach. der Weisheit als "Sport", viele um sich selber mit ihr zu schmücken, aber nur 'wenige lieben die Weisheit mehr als sich selbst. Allerdings sind uns auch die göttlichen Kräfte gegeben, um sie nach unserm besten Wissen zu verwenden, aber da diese Kräfte aus Gott kommen, sollten wir sie nicht missbrauchen, indem wir sie zu eigennützigen Zwecken verwenden; sie gehören der Gottheit im Menschen und nicht dem tierischen Menschen an. Aus diesem Grunde soll man auch das Gute, das man thut, nicht aus Eigendünkel oder aus Eigennutz, sondern in der Kraft der göttlichen Liebe nur um des Guten selbst willen vollbringen. Das wirklich Gute kann aber nur dann vollbracht werden, wenn die Erkenntnis vollkommen ist; denn erst dann

kräftigt, sondern überwunden werden sollte.

Da aber dieses Selbst vergänglich ist, und

da alles am Ende wieder zu seinem Ur-

sprunge zurückkehrt, so geht mit diesem

vergänglichen „Ich" auch all sein „Selbst-

wissen" und „Selbstkönnen" zu Grunde. Viele

betreiben das Suchen nach der Weisheit als

„Sport", viele um sich selber mit ihr zu

schmücken, aber nur wenige lieben die Weis-

heit mehr als sich selbst. Allerdings sind

uns auch die göttlichen Kräfte gegeben, um

sie nach unserm besten Wissen zu verwenden,

aber da diese Kräfte aus Gott kommen,

sollten wir sie nicht missbrauchen, indem wir

sie zu eigennützigen Zwecken verwenden;

sie gehören der Gottheit im Menschen und

nicht dem tierischen Menschen an. Aus

diesem Grunde soll man auch das Gute,

das man thut, nicht aus Eigendünkel oder

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aus Eigennutz, sondern in der Kraft der

göttlichen Liebe nur um des Guten selbst

willen vollbringen. Das wirklich Gute kann

aber nur dann vollbracht werden, wenn die

Erkenntnis vollkommen ist; denn erst dann

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ist die Unterscheidung zwischen dem Guten

und Bösen vollkommen. Diese selbstlose

Erkenntnis ist die göttliche Weisheit oder

ist die Unterscheidung zwischen dem Guten und Bösen vollkommen. Diese selbstlose Erkenntnis ist die göttliche Weisheit oder "Tbeosoph·le".

„Theosophie".

Von der reinen Gotteserkenntnis zu unter-

scheiden sind die heutzutage unter dem Na-

men „Theosophie" verbreiteten Lehren, deren

Zweck es ist, den Menschen richtige Begriffe

über ihre eigene Natur, ihre Stellung im

Weltall und den Zweck ihres Daseins auf

Erden beizubringen. Dieselben sind nicht die

Theosophie selbst, und eine theoretische

Kenntnis derselben genügt noch nicht, um

Von der reinen Gotteserkenntnis zu unterscheiden sind die heutzutage unter dem Namen "Theosophie" verbreiteten Lehren, deren Zweck es ist, den Menschen richtige Begriffe über ihre eigene Natur, ihre Stellung im Weltall und den Zweck ihres Daseins auf Erden beizubringen. Dieselben sind nicht die Theosophie selbst, und eine theoretische Kenntnis derselben genügt noch nicht, um jemanden zum Theosophen zu machen. Sie sind nur die Lehren der Theosophie, insofern als sie von Menschen ausgehen, welche in Wirklichkeit zur Selbsterkenntnis der Wahrheit gekommen sind, und ihr Zweck ist, für diejenigen, welche noch nicht dazu gelangt sind, den Weg zur Erlangung derselben zu ebnen. Ob aber diese Lehren dem geborgten Lichte Lucifers oder dem Lichte der Selbsterkenntnis entspringen, darüber entscheidet nur das Licht der Erkenntnis der Wahrheit selbst.

jemanden zum Theosophen zu machen. Sie

sind nur die Lehren der Theosophie, insofern

als sie von Menschen ausgehen, welche in

Wirklichkeit zur Selbsterkenntnis der Wahr-

heit gekommen sind, und ihr Zweck ist, für

diejenigen, welche noch nicht dazu gelangt

sind, den Weg zur Erlangung derselben zu

ebnen. Ob aber diese Lehren dem geborgten

Lichte Lucifers oder dem Lichte der Selbster-

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kenntnis entspringen, darüber entscheidet nur

das Licht der Erkenntnis der Wahrheit selbst.

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Lust und Schmerz.

Ein Aufsatz über den praktischen Okkultismus

bestimmt für

die Leser des »Licht auf dem Weg«.

Von Mabel Collins.

(Übersetzt.)

CAPITEL II.

Die einundzwanzig Regeln werden im

Astrallichte an den Wänden der Vorhalle

angeschrieben von allen Jüngern gesehen,

welche nach der Flamme im Mittelpunkte

wandeln und sich von der Finsternis des

Selbsts hinweggewandt haben. Und jene,

welche die früheren nicht gelernt haben, die

Lust und Schmerz.

sich alle auf das Geheimnis des Leidens be-

ziehen, müssen ihre Schritte wieder zurück-

wenden auf den beschwerlichen Weg des

materiellen Lebens, und vielleicht sogar in

Ein Aufsatz über den praktischen Okkultismus Generated for John Patrick Deveney (University of Chicago) on 2014-11-22 18:06 GMT / http://hdl.handle.net/2027/hvd.hnue9i Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www.hathitrust.org/access_use#pd-us-google

bestimmt

rur

die Leser des »Licht auf dem Weg«.

Von Mabel Collins. (Übersetzt.)

CAPITEL ll. Die einundzwanzig Regeln werden im Astrallichte an den Wänden der Vorhalle angeschrieben von allen Jüngern gesehen, welche nach der Flamme im Mittelpunkte wandeln und sich von der Finsternis des Selbsts hinweggewandt haben. Und jene, welche die früheren nicht gelernt haben, die sich alle auf das Geheimnis des Leidens beziehen, müssen ihre Schritte wieder zurückwenden auf den beschwerlichen Weg des materiellen Lebens, und vielleicht sogar in

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eine noch mehr materielle Welt als diese.

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Diejenigen, welche glücklich genug sind, diese

Regeln zu lesen und ihren Sinn zu begreifen,

eine noch mehr materielle Welt als diese. Diejenigen, welche glücklich genug sind, diese Regeln zu lesen und ihren Sinn zu begreifen, haben, während sie hier verkörpert sind, eine grosse Verantwortlichkeit. Wenn du sie zu erfüllen versäumst, so wird dir sicherlich eine noch schwierigere Aufgabe zufallen.

haben, während sie hier verkörpert sind, eine

grosse Verantwortlichkeit. Wenn du sie zu

erfüllen versäumst, so wird dir sicherlich eine

noch schwierigere Aufgabe zufallen.

Diejenigen, welche den Weg zeigen, werden

in die Welt gesandt, bewaffnet mit klarer

Sprache, die wie ein Messer schneidet. Der

Zweck und die Absicht dabei ist, die Wert-

schätzung der Täuschungen zu erniedri-

gen, welche die Welt dem grossen Haufen

derer, die darin leben, angenehm machen.

Diese Ernte muss gesammelt und beiseite ge-

worfen werden, ehe das Unkraut des Selbsts

an seinen Wurzeln gepackt werden kann,

und lange ehe der „kleine Baum" des per-

Diejenigen, welche den Weg zeigen, werden in die Welt gesandt, bewaffnet mit klarer Sprache, die wie ein Messer schneidet. Der Zweck und die Absicht dabei ist, die Wertschätzung der Täuschungen zu erniedrigen, welche die Welt dem grossen Haufen derer, die darin leben, angenehm machen. Diese Ernte muss gesammelt und beiseite geworfen werden, ehe das Unkraut des Selbsts an seinen Wurzeln gepackt werden kann, und lange ehe der ,,kleine Baum" des persönlichen Wachstums abgeschnitten und aUl: den Boden des Tempels gelegt wird. Der Vers, welcher vor den einundzwanzig Regeln steht *), bezieht sich ausschliesslich auf diese voranzugehende Ernte, auf die Zerstörung der angenehmen Täuschungen. Für die

sönlichen Wachstums abgeschnitten und aui

den Boden des Tempels gelegt wird. Der

Vers, welcher vor den einundzwanzig Regeln

steht*), bezieht sich ausschliesslich auf diese

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voranzugehende Ernte, auf die Zerstörung

der angenehmen Täuschungen. Für die

*) „Es genügt nicht. Du hast geerntet, jetzt musst du

säen" etc.

"Es genügt nicht. Du hast geerntet, jetzt musst du säen" etc. '1<)

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schwachen Seelen, welche kaum angefangen

haben zu wachsen, sind diese Illusionen gut;

für die starke Seele, den Okkultisten, sind

schwachen Seelen, welche kaum angefangen haben zu wachsen, sind diese Illusionen gut; für die starke Seele, den Okkultisten, sind sie ein Hindernis, welches fortgeschafft werden muss. Vom ersten Augenblicke an, in welchem der Wunsch nach Geborenwerden sich in ihm regt, und er den beschwerlichen Weg zu gehen versucht, muss er den Thatsachen des Lebens ins Gesicht sehen und die Wirklichkeit desselben lernen. Die hübschen Blumen gehören dem gewöhnlichen Leben an, in welchem der gewöhnliche Mensch sein kurzes. Dasein verbringt, nur an sich selbst und seine Familie denkt und immer wieder, durch unzählige Wiederverkörperungen zu denselben Erfahrungen zurückkehrt, so wie ein Kind sein erstes Unterrichtsbuch wieder aufnimmt und sein Alphabet lernt, ehe es weiter fortschreitet. Der Zweck des Okkultisten ist, das Leben zu verstehen und darüber hinauszuwachsen; seine Pflicht ist es, andere zu diesem schwierigen Bestreben anzuleiten. Der Weg ist zu gleicher Zeit in ihm und ausser ihm (siehe Regel 18 und 19). Dieser Weg kann nicht an dem Orte, den man sich zum Studium ausgewählt hat, oder in der Einsamkeit der Seele allein ge-

sie ein Hindernis, welches fortgeschafft wer-

den muss. Vom ersten Augenblicke an, in

welchem der Wunsch nach Geborenwerden

sich in ihm regt, und er den beschwerlichen

Weg zu gehen versucht, muss er den That-

sachen des Lebens ins Gesicht sehen und

die Wirklichkeit desselben lernen. Die hüb-

schen Blumen gehören dem gewöhnlichen

Leben an, in welchem der gewöhnliche Mensch

sein kurzes Dasein verbringt, nur an sich

selbst und seine Familie denkt und immer

wieder, durch unzählige Wiederverkörperun-

gen zu denselben Erfahrungen zurückkehrt,

so wie ein Kind sein erstes Unterrichtsbuch

wieder aufnimmt und sein Alphabet lernt,

ehe es weiter fortschreitet. Der Zweck des

Okkultisten ist, das Leben zu verstehen und

darüber hinauszuwachsen; seine Pflicht ist es,

andere zu diesem schwierigen Bestreben an-

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zuleiten. Der Weg ist zu gleicher Zeit in

ihm und ausser ihm (siehe Regel 18 und

19). Dieser Weg kann nicht an dem Orte,

den man sich zum Studium ausgewählt hat,

oder in der Einsamkeit der Seele allein ge-

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funden werden; da ist nur die Hälfte davon.

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Diese Wahrheit kann nicht genug betont und

nicht oft genug wiederholt werden. Bei jedem

funden werden; da ist nur die Hälfte davon. Diese Wahrheit kann nicht genug betont und nicht oft genug wiederholt werden. Bei jedem Schritte in der Erkenntnis, welchen der Jünger erringt, muss er der Welt ein Geschenk machen; denn sonst wird das Gesetz der Getrenntheit ebenso stark in seinem Heiligtum herrschen, als es den von Begierden erfüllten Menschen in seinem Leben in der Welt beherrscht, und ihm eine härtere Strafe bringen; denn der eiserne Riegel der Persönlichkeit wird fest die Thore verschliessen , und der Jünger, welcher ihnen durch die engen Pforten der Entsagung und Überwindung und auf den Pfaden der Vertiefung und Betrachtung vielleicht schon sehr nahe gekommen ist, wird in Verzweiflung versinken, wenn er findet, dass sein Weg verschlossen ist, und dass er wieder zurückkehren muss.

Schritte in der Erkenntnis, welchen der Jün-

ger erringt, muss er der Welt ein Geschenk

machen; denn sonst wird das Gesetz der Ge-

trenntheit ebenso stark in seinem Heiligtum

herrschen, als es den von Begierden erfüllten

Menschen in seinem Leben in der Welt be-

herrscht, und ihm eine härtere Strafe bringen;

denn der eiserne Riegel der Persönlichkeit

wird fest die Thore verschliessen, und der

Jünger, welcher ihnen durch die engen Pfor-

ten der Entsagung und Überwindung und

auf den Pfaden der Vertiefung und Betrach-

tung vielleicht schon sehr nahe gekommen ist,

wird in Verzweiflung versinken, wenn er

findet, dass sein Weg verschlossen ist, und

dass er wieder zurückkehren muss.

Diese Illusionen begegnen uns überall und

solange wir leben, bis dass sie zerstört sind.

Sie machen das Leben möglich und ange-

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nehm, von dem Augenblicke, in dem für uns

der Tag anbricht, bis wir des Nachts schlafen.

Die erste dieser Täuschungen ist, dass ihr

glaubet, es sei oder könne irgend etwas in

Diese Illusionen begegnen uns überall und solange wir leben, bis dass sie zerstört sind. Sie machen das Leben möglich und angenehm, von dem Augenblicke, in dem für uns der Tag anbricht, bis wir des Nachts schlafen. Die erste dieser Täuschungen ist, dass ihr glaubet, es sei oder könne irgend etwas in

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der Welt sein, dass euch nichts angeht und

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-

wofür ihr nicht verantwortlich seid. Dieser

der \Velt sein, dass euch nichts angeht und wofür ihr nicht verantwortlich seid. Dieser Irrtum ist die erste Frucht des Wahnes des Sonderseins, und wenn sie nicht mit Entschlossenheit stets wieder und wieder abgeschnitten wird, so wird sie euch ersticken und lähmen. Sie bringt euch in die Lage des wandernden Kleinen in einem der phantastischen aber wahrheitsgetreuen 1vlärchen von Macdonald, welcher in einen kleinen mit Epheu umrankten Turm hineinging und darin Ruhe und Sicherheit zu finden glaubte, statt dessen aber sich darin gefangen sah. Der Epheu überwucherte die Öffnung, und das Kind sah, dass es zwischen vier Mauern eingeschlossen war, und konnte nur mehr durch eine kleine Öffnung den Himmel erblicken. So ergeht es dem 1tfenschen, welcher sich von seiner eigenen Persönlichkeit einsargen lässt und sich darin vor den Verantwortlichkeiten und Beschwerlichkeiten des äusseren Lebens zurückzieht. Es ist für den Okkultisten ebenso nutzlos, zu versuchen, ein Rätsel des Lebens unberücksichtigt zu lassen, als es für einen Schuljungen, welcher Arithmetik lernen muss, nutzlos ist, eine der ersten Regeln derselben zu übergehen. Alle Rätsel,

Irrtum ist die erste Frucht des Wahnes

des Sonderseins, und wenn sie nicht mit Ent-

schlossenheit stets wieder und wieder abge-

schnitten wird, so wird sie euch ersticken und

lähmen. Sie bringt euch in die Lage des

wandernden Kleinen in einem der phantas-

tischen aber wahrheitsgetreuen Märchen von

Macdonald, welcher in einen kleinen mit

Epheu umrankten Turm hineinging und

darin Ruhe und Sicherheit zu finden glaubte,

statt dessen aber sich darin gefangen sah.

Der Epheu überwucherte die Öffnung, und

das Kind sah, dass es zwischen vier Mauern

eingeschlossen war, und konnte nur mehr

durch eine kleine Öffnung den Himmel er-

blicken. So ergeht es dem Menschen, welcher

sich von seiner eigenen Persönlichkeit ein-

sargen lässt und sich darin vor den Verant-

wortlichkeiten und Beschwerlichkeiten des

äusseren Lebens zurückzieht. Es ist für den

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Okkultisten ebenso nutzlos, zu versuchen, ein

Rätsel des Lebens unberücksichtigt zu lassen,

als es für einen Schuljungen, welcher Arith-

metik lernen muss, nutzlos ist, eine der ersten

Regeln derselben zu übergehen. Alle Rätsel,

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welche das Leben aufgiebt, müssen bewältigt

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und gelöst werden: Armut, Elend, Bosheit,

Laster und Verbrechen. Sie sind alle unsere

welche das Leben aufgiebt, müssen bewältigt und gelöst werden: Armut, Elend, Bosheit, Laster und Verbrechen. Sie sind alle unsere Lehrmeister. Dies wurde als eine grausame Lehre bezeichnet, da man es so auslegte, als müsse der Jünger sich dem Bösen ergeben, um dessen Lehren zu lernen. Dies ist nicht so; aber der Schüler muss selbst ebenso willig in die Atmosphäre des Bösen eindringen, als ob es seine eigene wäre. Er muss darnach trachten, Armut und Leiden zu erleichtern und einsehen, wie hart und mächtig dieselben sind; er muss damach trachten, den Verbrecher und den Tyrannen zu erlösen und begreifen, wie dieselben an das Böse in ihnen gekettet sind. Auf diese Art werden diese Lehren gelernt; nicht von jenen, welche selber diese Erfahrungen machen und durch den Staub der Arena, in welcher sie mit den Schatten kämpfen, geblendet sind. Auf diese Weise wird die Begierde nach Sinnlichkeit und der Hunger nach eigenem Wachstum zerstört, sie welken hin vor dem Kummer, welcher die Seele trifft, wenn sie anfängt, die Leiden der Welt zu erfassen; vor der Leidenschaft des Mitleids, welches auf diese Erkenntnis folgt, des hungernden

Lehrmeister. Dies wurde als eine grausame

Lehre bezeichnet, da man es so auslegte, als

müsse der Jünger sich dem Bösen ergeben,

um dessen Lehren zu lernen. Dies ist nicht

so; aber der Schüler muss selbst ebenso

willig in die Atmosphäre des Bösen ein-

dringen, als ob es seine eigene wäre. Er

muss darnach trachten, Armut und Leiden

zu erleichtern und einsehen, wie hart und

mächtig dieselben sind; er muss darnach

trachten, den Verbrecher und den Tyrannen

zu erlösen und begreifen, wie dieselben an

das Böse in ihnen gekettet sind. Auf diese

Art werden diese Lehren gelernt; nicht von

jenen, welche selber diese Erfahrungen machen

und durch den Staub der Arena, in welcher

sie mit den Schatten kämpfen, geblendet sind.

Auf diese Weise wird die Begierde nach

Sinnlichkeit und der Hunger nach eigenem

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Wachstum zerstört, sie welken hin vor dem

Kummer, welcher die Seele trifft, wenn sie

anfängt, die Leiden der Welt zu erfassen;

vor der Leidenschaft des Mitleids, welches

auf diese Erkenntnis folgt, des hungernden

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Sehnens zu helfen, des Wunsches zu trösten

und zu stärken, zu erlösen und zu retten. Die

meisten, wenn sie angefangen haben, einzu-

Sehnens zu helfen, des Wunsches zu trösten und zu stärken, zu erlösen und zu retten. Die meisten, wenn sie angefangen haben, einzusehen, welche Leiden die Armut bringt, wenn sie die Schrecken des Krieges, oder die noch niederträchtigeren, weil noch ungerechteren, Scheusslichkeiten des Vivisektionszimmers begriffen haben, oder wenn sie ein Kind misshandelt sehen und es nicht in Schutz nehmen, haben unter solchen Umständen eine schlechte Nachtruhe und beklagen sich darüber. Aber sie schlafen in der nächsten Nacht, und vergessen nach und nach, was sie hörten und sahen; aber der Okkultist vergisst nichts, er ist ein Teil des Ganzen und empfindet mit ihm. Er erwacht oftmals aus seinem ruhigen warmen Schlaf, und blickt hinaus in die Dunkelheit zum Ewigen, und frägt, weshalb solche Dinge geschehen; und in der Stille spricht die Stimme zu ihm und sagt, dass die Ursache davon er selbst, und dass dies alles seine eigene Schuld ist. Ein jeder und alle zusammen sind verantwortlich. Der gewöhnliche Mensch, der in seiner Persönlichkeit verkrochen wohnt, weiss nichts davon; aber der Okkultist weiss es, und die Stimme hat fiir ihn keine Entschuldigung. Es kann

sehen, welche Leiden die Armut bringt, wenn

sie die Schrecken des Krieges, oder die noch

niederträchtigeren, weil noch ungerechteren,

Scheusslichkeiten des Vivisektionszimmers be-

griffen haben, oder wenn sie ein Kind miss-

handelt sehen und es nicht in Schutz nehmen,

haben unter solchen Umständen eine schlechte

Nachtruhe und beklagen sich darüber. Aber

sie schlafen in der nächsten Nacht, und ver-

gessen nach und nach, was sie hörten und

sahen; aber der Okkultist vergisst nichts, er

ist ein Teil des Ganzen und empfindet mit

ihm. Er erwacht oftmals aus seinem ruhigen

warmen Schlaf, und blickt hinaus in die

Dunkelheit zum Ewigen, und frägt, weshalb

solche Dinge geschehen; und in der Stille

spricht die Stimme zu ihm und sagt, dass

die Ursache davon er selbst, und dass dies

alles seine eigene Schuld ist. Ein jeder und

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alle zusammen sind verantwortlich. Der ge-

wöhnliche Mensch, der in seiner Persönlich-

keit verkrochen wohnt, weiss nichts davon;

aber der Okkultist weiss es, und die Stimme

hat für ihn keine Entschuldigung. Es kann

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kein Frieden in dieser Welt herrschen, wo

-

das Jammergeschrei der Unschuldigen zum

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-

Himmel emporsteigt und vergebens um Hilfe

fleht, solange der Mensch nicht sich selbst

kein Frieden in dieser Welt herrschen, wo . das Jammergeschrei der Unschuldigen zum Himmel emporsteigt und vergebens um Hilfe fleht, solange der Mensch nicht sich selbst zu einem Teile des Himmels gemacht hat, indem er Hilfe und Hoffnung bringt. Der Frieden wird im Herzen der Einsamkeit der Seele, in dem innersten Heiligtume er. dann gefunden werden, wenn die (innere) Stimme von neuem spricht und sagt: >Du hast wohl gethan!«

zu einem Teile des Himmels gemacht hat,

indem er Hilfe und Hoffnung bringt. Der

Frieden wird im Herzen der Einsamkeit der

Seele, in dem innersten Heiligtume erat

dann gefunden werden, wenn die (innere)

Stimme von neuem spricht und sagt: »Du

hast wohl gethan!«

(Fortsetzung folgt.)

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7*

(Fortsetzung folgt.)

7*

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Christliche Mystik.

Ausgewählte Verse aus Joh. Angelus Silesius

(Joh. Scheffler, 1624—1677)

Der cherubinische Wandersmann.

(Fortsetzung.)

Gott

Willst du den Perlentau der edlen Gottheit

fangen,

So musst du unverrückt an seiner Mensch-

heit hangen.

Gott ist ein einzig Ein; wer seiner will ge-

messen,

Muss sich nicht weniger als Er in ihn ein-

Christliche Mystik.

schliessen.

Wie ist mein Gott geformt? Geh' schau dich

selber an;

Wer sich in Gott beschaut, schaut Gott wahr-

haftig an.

Ausgewählte Verse aus Joh. Angelus Silesius

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(Joh. ScheIDer, 1624-1677)

Der thernbinisthe Wandersmann. (Fortsetzung.)

Gott Willst du den Perlentau der edlen Gottheit fangen, So musst du unverrückt an seiner Menschheit hangen. Gott ist ein einzig Ein; wer seiner will gemessen, Muss sich nicht weniger als Er in ihn einschliessen. Wie ist mein Gott geformt? Geh' schau dich selber an; Wer sich in Gott beschaut, schaut Gott wahrhaftig an.

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-

In Gott wird nichts erkannt; er ist ein ewig Ein;

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Was man in ihm erkennt, das muss man

selber sein.

In Gott wird nichts erkannt; er ist ein ewigEin; Was man in ihm erkennt, das muss man selber sein. Gott wohnet in sich selbst; sein Wesen ist sein Haus; Drum gehet er auch nie a:us seiner Gottheit aus. In Christus ist Gott Gott; in Engeln englisch' Bild; In Menschen Mensch, und all's in allem, wenn du willt. Gott ist ein lauter Nichts. Thn rührt kein »Nune noch »Hiere; Je mehr du nach ihm greifst, je mehr entflieht er dir. Gott ist das wahre Licht; du hast sonst nichts als Glast, Im Falle du nicht ihn, das Licht der Lichter hast. Licht ist des Herren Kleid; gebricht es dir an Licht, So wisse, dass dir Gott doch noch nicht selbst gebricht. Wenn du denkst, Gott zu schaun, so bilde dir nichts ein; Das Schaun wird in uns selbst, nicht ausser. halb uns sein.

Gott wohnet in sich selbst; sein Wesen ist

sein Haus;

Drum gehet er auch nie aus seiner Gott-

heit aus.

In Christus ist Gott Gott; in Engeln eng-

lisch' Bild;

In Menschen Mensch, und all's in allem,

wenn du willt.

Gott ist ein lauter Nichts. Ihn rührt kein

»Nun« noch »Hier«;

Je mehr du nach ihm greifst, je mehr ent-

flieht er dir.

Gott ist das wahre Licht; du hast sonst nichts

als Glast,

Im Falle du nicht ihn, das Licht der Lichter

hast.

Licht ist des Herren Kleid; gebricht es dir

an Licht,

So wisse, dass dir Gott doch noch nicht

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selbst gebricht.

Wenn du denkst, Gott zu schaun, so bilde

dir nichts ein;

Das Schaun wird in uns selbst, nicht ausser-

halb uns sein.

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IOO

-

Es ist vom höchsten Gut viel Redens und

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Geschrei;

Es ist vom höchsten Gut viel Redens und

Ich schwöre, dass dies Gut allein die Liebe sei.

Die Lieb' ist Gott's Natur; er kann nichts

Geschrei; Ich schwöre, dass dies Gut allein die Liebe sei. Die Lieb' ist Gott's Natur; er kann nichts andres thun; Drum, wo du Gott willst sein, lieb auch in jedem :&Nunc:. Gott ist die Liebe selbst und thut auch nichts als lieben; Drum will er auch, dass wir die Liebe sollen üben. Die Lieb' beseligt aIl's; auch Gott den Herrn dazu; Rätt' er die Liebe nicht, er sässe nicht in Ruh. Der Welt Lieb' hat die Art, dass sie sich abwärts neigt; Der göttlichen Natur ist, dass sie aufwärts steigt. Die Liebe fürcht' sich nicht; sie kann auch nicht verderben; Es müsste Gott zuvor in seiner Gottheit sterben.

andres thun;

Drum, wo du Gott willst sein, lieb auch in

jedem »Nun«.

Gott ist die Liebe selbst und thut auch nichts

als lieben;

Drum will er auch, dass wir die Liebe sollen

üben.

Die Lieb' beseligt all's; auch Gott den Herrn

dazu;

Hätt' er die Liebe nicht, er sässe nicht in Ruh.

Der Welt Lieb' hat die Art, dass sie sich

abwärts neigt;

Der göttlichen Natur ist, dass sie aufwärts

steigt.

Die Liebe furcht' sich nicht; sie kann auch

nicht verderben;

Es müsste Gott zuvor in seiner Gottheit sterben.

Ruh' ist das höchste Gut, und wäre Gott

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nicht Ruh',

Ich schlösse vor ihm selbst die beiden Au-

gen zu.

Wer unbeweglich ist in Freude, Leid und Pein,

Ruh' ist das höchste Gut, und wäre Gott nicht Ruh', Ich schlösse vor ihm selbst die beiden Augen zu. Wer unbeweglich ist in Freude, Leid und Pein,

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Der kann nun nicht mehr weit von Gottes

Gleichheit sein.

Der Vogel in der Luft, der Stein ruht auf

Der kann nun nicht mehr weit von Gottes Gleichheit sein. Der Vogel in der Luft, der Stein ruht auf dem Land, Im Wasser lebt der Fisch, mein Geist in Gottes Hand. Mensch! suchst du Gott um Ruh', so bist du noch nicht recht; Du suchest dich, nicht Ihn; bist noch nicht Kind, nur Knecht. V om ersten Anbeginn, und noch bis heute zu Sucht das Geschöpf sonst nichts, als seines Schöpfers Ruh'.

dem Land,

Im Wasser lebt der Fisch, mein Geist in

Gottes Hand.

Mensch! suchst du Gott um Ruh', so bist

du noch nicht recht;

Du suchest dich, nicht Ihn; bist noch nicht

Kind, nur Knecht.

Vom ersten Anbeginn, und noch bis heute zu

Sucht das Geschöpf sonst nichts, als seines

Schöpfers Ruh'.

Gott gründ't sich ohne Grund, und misst

sich ohne Mass.

Bist du ein Geist in ihm, Mensch, so ver-

stehst du das.

Gott ist unendlich hoch! Mensch, glaube dies

behende;

Er selbst find't ewiglich nicht seiner Gott-

heit Ende.

Zeit ist wie Ewigkeit, und Ewigkeit wie Zeit;

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So du nur selber nicht machst einen Unter-

scheid.

Schau, alles, was Gott schuf, ist meinem

Geist so klein,

Gott gründ't sich ohne Grund, und misst sich ohne Mass. Bist du ein Geist in ihm, Mensch, so verstehst du das. Gott ist unendlich hoch! Mensch, glaube dies behende; Er selbst find't ewiglich nicht seiner Gottheit Ende. Zeit ist wie Ewigkeit, und Ewigkeit wie Zeit; So du nur selber nicht machst einen U nterscheid. Schau, alles, was Gott schuf, ist meinem Geist so klein,

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102

102

Dass es in ihm nichts als ein Pünktchen

scheint zu sein.

Gott ist mein Stab, mein Licht, mein Pfad,

Dass es in ihm nichts als ein Pünktchen scheint zu sein. Gott ist mein Stab, mein Licht, mein Pfad, mein Ziel, mein Spiel, Mein Vater, Bruder, Kind, und alles, was ich will. Der Weise sucht nur eins, und zwar das höchste Gut, Ein Narr nach Vielerlei und Kleinem streben thut. Gott ist die ew'ge Ruh', weil er nichts sucht noch will; Willst du ingleichen nichts, so bist du ebensoviel.

mein Ziel, mein Spiel,

Mein Vater, Bruder, Kind, und alles, was

ich will.

Der Weise sucht nur eins, und zwar das

höchste Gut,

Ein Narr nach Vielerlei und Kleinem streben

thut.

Gott ist die ew'ge Ruh', weil er nichts sucht

noch will;

Willst du ingleichen nichts, so bist du eben-

soviel.

Dreieinigkeit.

Der Sinn, der Geist, das Wort, die Lehren

frank und frei,

(So du es fassen kannst), wie Gott dreieinig sei.

Gott Vater ist der Brunn'; der Quell, der ist

der Sohn;

Der heil'ge Geist, der ist der Strom, so messt

davon.

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Die Schöpfung ist ein Buch; wer's weislich

lesen kann,

Dem wird darin gar fein der Schöpfer kund

gethan.

Dreieinigkeit Der Sinn, der Geist, das Wort, die Lehren frank und frei, (So du es fassen kannst), wie Gott dreieinig sei. Gott Vater ist der Brunn'; der Quell, der ist der Sohn; Der heil'ge Geist, der ist der Strom, so fliess t davon. Die Schöpfung ist ein Buch; wer's weislich lesen kann, Dem wird darin gar fein der Schöpfer kund gethan.

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— 103 —

1°3

Weil Gott dreieinig ist, so hat er Lust und Ruh'.

-

Ruh' kommt von Einheit her und Lust der

Dreiheit zu.*)

Weil Gott dreieinig ist, so hat er Lust und Ruh'. Ruh' kommt von Einheit her und Lust der Dreiheit zu. *)

Gott und Mensch.

Der Mensch ist alle Ding'. Ist's, dass ihm

eins gebricht,

So kennet er fürwahr sein' Reichtum selber

nicht.

Der Himmel ist in dir und auch der Hölle

Qual;

Was du erkiest und willst, das hast du überall.

Ich ward das, was ich war, und bin, was ich

.Gott und Mensch.

gewesen;

Und werd' es ewig sein, wenn Leib und Seel'

genesen.

Der Mensch ist alle Ding'. Ist's, dass ihm eins gebricht, So kennet er fürwahr sein' Reichtum selber nicht. Der Himmel ist in dir und auch der Hölle Qual; Was du erkiest und willst, das hast du überall. Ich ward das, was ich war, und bin, was ich gewesen; Und werd' es ewig sein, wenn Leib und Seel' genesen.

Ich bin nicht ich noch du, du bist das Ich

in mir;

Drum geb' ich dir, mein Gott, allein die Ehr-

gebühr.

Sag' zwischen mir und Gott, was ist der

Unterscheid?

*) Es kann keine Seligkeit geben ohne Erkenntnis.

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Hierzu gehören aber drei Dinge, nämlich der Erkenner,

das Erkannte und die Kraft des Erkennens.

Ich bin nicht ich noch du, du bist das Ich in mir; Drum geb' ich dir, mein Gott, allein die Ehrgebühr. Sag' zwischen mir und Gott, was ist der Unterscheid? *) Es kann keine Seligkeit geben ohne Erkenntnis.

Hierzu gehören aber drei Dinge, nämlich der Erkenner, das Erkannte und die Kraft des Erkennens.

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— 104 —

104

Es ist mit einem Wort nichts als die Ander-

-

heit.

Eh' als ich Ich noch war, da war ich Gott

Es ist mit einem Wort nichts als die Anderheit. Eh' als ich Ich noch war, da war ich Gott in Gott;*) Drum kann ich's wieder sein, wenn ich nur mir bin tot. Der Leib von Erde her wird wiederum zur Erden ;**) Sag', weil die Seel' von Gott, ob sie nicht Gott wird werden? Gott ist wahrhaftig nichts, und so er etwas ist, So ist er's nur in mir, wie er mich ihm erkiest. Die ew'ge Weisheit baut; ich werde der Palast, Wenn sie in mir und ich in ihr gefunden Rast. Wer lautern Herzens lebt und geht auf Christi Bahn,***} Der betet wesentlich Gott in sich selber an.

in Gott;*)

Drum kann ich's wieder sein, wenn ich nur

mir bin tot.

Der Leib von Erde her wird wiederum zur

Erden ;**)

Sag', weil die Seel' von Gott, ob sie nicht

Gott wird werden?

Gott ist wahrhaftig nichts, und so er etwas ist,

So ist er's nur in mir, wie er mich ihm erkiest.

Die ew'ge Weisheit baut; ich werde der Palast,

Wenn sie in mir und ich in ihr gefunden Rast.

Wer lautern Herzens lebt und geht auf Christi

Bahn***)

Der betet wesentlich Gott in sich selber an.

Wo Gott ein Feuer ist, so ist mein Herz

der Herd,

Auf welchem er das Holz der Eitelkeit verzehrt.

*) Dies sagt auch die Lehre von der Wiederverkör-

perung oder Reinkarnation.

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**) Unter dem »Leib von Erde« ist im okkulten Sinne

nicht der physische Körper, sondern die irdische sterbliche

Persönlichkeit, deren äussere Erscheinung der Körper ist,

zu verstehen.

***) »Christus« ist das Licht; das Licht die Wahrheit;

die Erkenntnis der Wahrheit die Bahn.

Wo Gott ein Feuer ist, so ist mein Herz der Herd, Aufwelchem er das Holz der Eitelkeit verzehrt. *) Dies sagt auch die Lehre von der Wiederverkörperung oder Reinkarnation. **) Unter dem »Leib von Erde« ist im okkulten Sinne nicht der physische Körper, sondern die irdische sterbliche Persönlichkeit, deren äussere Erscheinung der Körper ist, zu verstehen. ***) »Christus« ist das Licht; das Licht die Wahrheit; die Erkenntnis der Wahrheit die Bahn.

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— 105 —

105

Wie klein ist doch der Mensch, der etwas

gross thut schätzen,*)

Und sich nicht über sich in Gottes Thron

Wie klein ist doch der Mensch, der etwas grass thut schätzen,*) Und sich nicht über sich in Gottes Thron einsetzen! Bist du aus Gott gebor'n, so blühet Gott in dir, TI nd seine Gleichheit ist dein Saft und deine Zier. Wer Gott will gleich sein, der muss allem ungleich werden, Muss ledig seiner selbst und los sein von Beschwerden. Wenn ich durch Lauterkeit zu Gott geworden bin, So wend' ich mich, um Gott zu finden, nirgends hin. Ich bin so breit als Gott, nichts ist in dieser Welt, Das mich (0 Wunderding) in sich umschlossen hält. Ich weiss, dass ohne mich Gott nicht ein Nun kann leben, Werd' ich zu nicht, muss er vor Not den Geist aufgeben.**)

einsetzen!

Bist du aus Gott gebor'n, so blühet Gott in dir,

Und seine Gleichheit ist dein Saft und deine

Zier.

Wer Gott will gleich sein, der muss allem

ungleich werden,

Muss ledig seiner selbst und los sein von

Beschwerden.

Wenn ich durch Lauterkeit zu Gott gewor-

den bin,

So wend' ich mich, um Gott zu finden, nir-

gends hin.

Ich bin so breit als Gott, nichts ist in dieser

Welt,

Das mich (o Wunderding) in sich umschlos-

sen hält.

Ich weiss, dass ohne mich Gott nicht ein

Nun kann leben,

Werd' ich zu nicht, muss er vor Not den

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Geist aufgeben.**)

*) Zu dem, was gering zu schätzen ist, gehört vor allem

das eigene persönliche »Selbst«.

**) Wenn das Gottesbewusstsein im Menschen gänzlich

verschwindet, so ist Gott in ihm »tot«.

*) Zu dem, was gering zu schätzen ist, gehört vor allem das eigene persönliche »Selbit«. **) Wenn das Gottesbewusstsein im Menschen gänzlich verschwindet, so ist Gott in ihm »tot«.

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— 1o6 —

106

Halt an! Wo läufst du hin? Der Himmel ist

-

in dir.

Suchst du ihn anderswo, du fehlst ihn für

Halt an! Wo läufst du hin? Der Himmel ist in dir. Suchst du ihn anderswo, du fehlst ihn für und für. Wo dich noch dies und das bekümmert und bewegt, So bist du noch nicht ganz mit Gott ins Grab gelegt. Wie selig ruht der Geist in des Geliebten Schoss, Der Gott's und aller Ding und seiner selbst ist bloss.*) Mensch! werd' aus Gott gebor'n; bei seiner Gottheit Thron Steht niemand andrer als der eingeborne Sohn.**) Vermöcht' ich Gott's so viel als Christus zu empfangen, Er liesse mich dazu im Augenblick gelangen. Ja, wenn der Teufel könnt' aus seiner Seinheit gehn, So sähest du ihn stracks in Gottes Throne stehn.***)

und für.

Wo dich noch dies und das bekümmert und

bewegt,

So bist du noch nicht ganz mit Gott ins

Grab gelegt.

Wie selig ruht der Geist in des Geliebten Schoss,

Der Gott's und aller Ding und seiner selbst

ist bloss.*)

Mensch! werd' aus Gott gebor'n; bei seiner

Gottheit Thron

Steht niemand andrer als der eingeborne

Sohn.**)

Vermocht' ich Gott's so viel als Christus zu

empfangen,

Er Hesse mich dazu im Augenblick gelangen.

Ja, wenn der Teufel könnt' aus seiner Sein-

heit gehn,

So sähest du ihn stracks in Gottes Throne

stehn.***)

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*) »Gottes ledig sein« heisst über alle objektive Vor-

stellung von Gott erhaben sein.

**) Der eingeborene Sohn ist das alleinige göttliche

Selbst aller Menschen.

***) Der Teufel ist der Selbstwahn, aus dem alle Übel

entspringen.

*) »Gottes ledig seine heisst über alle objektive Vor-

stellung von Gott erhaben sein. **) Der eingeborene Sohn ist das alleinige göttliche Selbst aller Menschen. ***) Der Teufel ist der Selbstwahn t aus dem alle Übel entspringen.

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— 107 —

10

Mensch, hast du noch nach Gott Begierde

7

und Verlangen,

So bist du noch von ihm nicht ganz und

Mensch, hast du noch nach Gott Begierde und Verlangen, So bist du noch von ihm nicht ganz und gar umfangen. Wer Gott vereinigt ist, den kann er nicht verdammen, Er stürze sich dann selbst mit ihm in Tod und Flammen.*) So du den höchsten Gott willst deinen Vater nennen, So musst du dich zuvor sein Kind zu sein bekepnen. So viel die See!' in Gott, so viel ruht Gott in ihr; Nicht minder und nicht mehr, Mensch, glaub' es, wird er dir. Gott selber, wenn er dir will leben, muss er sterben ;**) Wie denkst du ohne Tod sein Leben zu erwerben? Wenn du gestorben bist und Gott dein Leben worden,

gar umfangen.

Wer Gott vereinigt ist, den kann er nicht

verdammen,

Er stürze sich dann selbst mit ihm in Tod

und Flammen.*)

So du den höchsten Gott willst deinen Vater

nennen,

So musst du dich zuvor sein Kind zu sein

bekennen.

So viel die Seel' in Gott, so viel ruht Gott

in ihr;

Nicht minder und nicht mehr, Mensch, glaub'

es, wird er dir.

Gott selber, wenn er dir will leben, muss er

sterben;**)

Wie denkst du ohne Tod sein Leben zu er-

werben?

Wenn du gestorben bist und Gott dein Leben

worden,

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*) Der Tod ist die Nichterkenntnis der Wahrheit; die

Flamme die Leidenschaft.

**) Im Allbewusstsein taucht das individuelle Bewusst-

sein auf und verschwindet darin; die Wiederverkörperung

ist die Gefangenschaft, die geistige Wiedergeburt ist das

Wiedererwachen zur Freiheit.

*) Der Tod ist die Nichterkenntnis der Wahrheit; die

Flamme die Leidenschaft. **) Im Allbewuastsein taucht das individuelle Bewusstsein auf und verschwindet darin; die Wiederverkörperung ist die Gefangenschaft, die geistige Wiedergeburt ist das Wiedererwachen zur Freiheit.

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So trittst du erst recht in der hohen Götter

Orden.*)

108

Indem der weise Mann zu tausend Malen

-

stirbt,

So trittst du erst recht in der hohen Götter Orden.*) Indem der weise Mann zu tausend Malen stirbt, Er durch die Wahrheit selbst um tausend Leben wirbt. Ich sterb' und lebe Gott. Will ich ihm ewig leben, So muss ich ewig auch für ihn den Geist aufgeben.

Er durch die Wahrheit selbst um tausend

Leben wirbt.

Ich sterb' und lebe Gott. Will ich ihm ewig

leben,

So muss iGh ewig auch für ihn den Geist

aufgeben.

Der Wille.

Der Will' macht dich verlor'n, der Will'

macht dich gesunden,

Der Wille macht dich frei, gefesselt und ge-

bunden.

Der Streit ist nicht genug, du musst dich

überwinden,

Wo du willst ew'ge Ruh' und ew'gen Frie-

den finden.

Von Gott wird Gott gebor'n; soll er dich

neu gebären,

So musst du ihm hierzu den Willen erst ge-

währen.

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*) Dies ist der „mystische Tod".

Der Wille. Der Will' macht dich verlor'n, der Will' macht dich gesunden, Der Wille macht dich frei, gefesselt und gebunden. Der Streit ist nicht genug, du musst dich überwinden, Wo du willst ew'ge Ruh' und ew'gen Frieden finden. Von Gott wird Gott gebor'n; soll er dich neu gebären, So musst du ihm hierzu den Willen erst gewähren. *) Dies ist der "mystische Tod".

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— log —

10<)

Zwei Menschen sind in mir, der eine will,

was Gott;

Der andre, was die Welt, der Teufel und

Zwei Menschen sind in mir, der eine will, was Gott; Der andre, was die Welt, der Teufel und der Tod. Ein Mensch, der seine Kräft' und Sinne kann . regteren, Der mag mit gutem Recht den Königstitel führen. Sobald mein Wille tot, so muss Gott, was ich will; Ich schreib' ihm selber vor das l\Iuster und das Ziel Gott ist so viel an mir, als mir an ihm gelegen, Sein Wesen helf' ich ihm, wie er das meine, hegen. Die Weisheit schauet sich in ihrem Spiegel an; Wer ist's? - Sie selbst und wer zur Weisheit werden kann.

der Tod.

Ein Mensch, der seine Kräft' und Sinne kann

regieren,

Der mag mit gutem Recht den Königstitel

führen.

Sobald mein Wille tot, so muss Gott, was

ich will;

Ich schreib' ihm selber vor das Muster und

das Ziel.

Gott ist so viel an mir, als mir an ihm gelegen,

Sein Wesen helf ich ihm, wie er das meine,

hegen.

Die Weisheit schauet sich in ihrem Spiegel an;

Wer ist's? — Sie selbst und wer zur Weis-

heit werden kann.

Mensch, senke dich herab, so steigest du

hinauf,

Lass ab von deinem Gehn, so fanget an dein

Lauf.

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Wie thöricht sind wir doch, dass wir nach

Ehre streben!

Gott will sie ja nur dem, der sie verschmähet,

geben.

Mensch, .senke dich herab, so steigest du hinauf, Lass ab von deinem Gebn, so fanget an dein

Lauf. Wie thöricht sind wir doch, dass wir nach Ehre streben! Gott will sie ja nur dem, der sie verschmähet, geben.

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— HO

110

Der Ichtheit ist Gott feind; Verleugnung ist

-

er hold,

Er schätzt sie beide so, wie du den Kot

Der Ichtheit ist Gott feind; Verleugnung ist er hold, Er schätzt sie beide so, wie du den Kot und Gold. Auch Christus, wär' in ihm ein kleiner Eigenwille, Wie selig er auch ist, Mensch, glaube mir, er fiele. Gott, dessen Wollust ist, bei dir, 0 Mensch, . zu seIn, Kehrt, wenn du nicht daheim, am liebsten bei dir ein. Dass Gott sich selbst so liebt, macht die Vollkommenheit, Die er sonst nirgends find't, die bleibt in Ewigkeit.

und Gold.

Auch Christus, war' in ihm ein kleiner Eigen-

wille,

Wie selig er auch ist, Mensch, glaube mir,

er fiele.

Gott, dessen Wollust ist, bei dir, o Mensch,

zu sein,

Kehrt, wenn du nicht daheim, am liebsten

bei dir ein.

Dass Gott sich selbst so liebt, macht die

Vollkommenheit,

Die er sonst nirgends find't, die bleibt in

Ewigkeit.

Das „Ich".

Mensch! so du noch was bist, was weisst,

was liebst und hast,

So bist du, glaub' es mir, nicht ledig deiner

Last.*)

*) Es ist zu unterscheiden zwischen dem „Selbst", das

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nichts anderes als sich selbst und was damit zusammen-

hängt liebt, und dem „Nichtselbst", welches das wahre

Selbst und über alle „Selbstheit" und „Selbstliebe" und

alles, was auf dieses Scheinselbst Bezug hat, erhaben ist,

und dagegen das Wesen von allem umfasst.

Das "Ich". Mensch I so du noch was bist, was weisst, was liebst und hast, So bist du, glaub' es mir, nicht ledig deiner Last.*) *) Es ist zu unterscheiden zwischen dem "Selbst", das

nichts anderes als sich selbst und was damit zusammenhängt liebt, und dem "Nichtselbst" , welches das wahre Selbst und über alle "Selbstheit" und "Selbstliebe" und alles, was auf dieses Scheinselbst Bezug hat, erhaben ist, und dagegen das Wesen von allem umfasst.

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Und so du Gott noch pflegst fur dies und

I I I

das zu danken,

Bist du noch nicht versetzt aus deiner Schwach-

heit Schranken.

Und so du Gott noch pflegst für dies und das zu danken, Bist du noch nicht versetzt aus deiner Schwachheit Schranken. Und denkst du Gott zu schaun, dort oder hier auf Erden, So muss dein Herz zuvor ein reiner Spiegel werden.*) Christ! schätze dir die Reis' in' Himmel nicht so weit; Der ganze Schritt hinein ist keines Schrittes breit. Gott kann sich nicht entziehn, er wirket für und für; Fühlst du nicht seine Kraft, so liegt die Schuld an dir. Zu wem du dich gesellst, dess' Wesen trinkst ·du ein; Du wirst ein Gott bei Gott, beim Teufel Teufel sein. Der Leib muss sich im Geist, der Geist in Gott erheben, So du in ihm, 0 Mensch, willst ewig selig leben.

Und denkst du Gott zu schaun, dort oder

hier auf Erden,

So muss dein Herz zuvor ein reiner Spiegel

werden.*)

Christ! schätze dir die Reis' in' Himmel nicht

so weit;

Der ganze Schritt hinein ist keines Schrittes

breit.

Gott kann sich nicht entziehn, er wirket für

und für;

Fühlst du nicht seine Kraft, so liegt die

Schuld an dir.

Zu wem du dich gesellst, dess' Wesen trinkst

'du ein;

Du wirst ein Gott bei Gott, beim Teufel

Teufel sein.

Der Leib muss sich im Geist, der Geist in

Gott erheben,

So du in ihm, o Mensch, willst ewig selig

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leben.

*) Das Herz ist erst dann rein, wenn es nicht nur von

allen schlimmen Eigenschaften des Selbsts, sondern vom

Selbstwahne selbst gänzlich frei geworden ist.

LotubUthen LUX 8

*) Das Herz ist erst dann rein, wenn es nicht nur von

allen schlimmen Eigenschaften des Selbsts, sondern vom Selbstwahne selbst ginzlich frei geworden ist. LotubUlthen LIIL

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8.

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Drum hüte dich vor dir. Bist du mit „Selbst"

-

beladen,

112

So wirst du dir viel mehr als tausend Teufel

schaden.

Drum hüte dich vor dir. Bist du mit ,,selbst" beladen, So wirst du dir viel mehr als tausend Teufel schaden.

Wiedergeburt

Das neu' Jerusalem bist du vor Gott, mein

Christ,

Wenn du aus Gottes Geist ganz neugeboren

bist.

Ach könnte doch dein Herz zu einer Krippe

werden,

Gott würde noch einmal ein Kind auf dieser

Erden.

Die Seel', in der Gott wohnt, die ist, o Selig-

keit!

Ein wanderndes Gezelt der ew'gen Herrlich-

keit

Wiedergeburt.

.

Der Geist, der allezeit in Gott steht auf-

gericht',

Empfängt ohn' Unterlass in sich das ew'ge

Das neu' Jerusalem bist du vor Gott, mein Christ, Wenn du aus Gottes Geist ganz neugeboren bist. Ach könnte doch dein Herz zu einer Krippe werden, Gott würde noch einmal ein Kind auf dieser Erden. Die Seer, in der Gott wohnt, die ist, 0 Seligkeit! Ein wanderndes Gezelt der ew'gen Herrlichkeit. Der Geist, der allezeit in Gott steht aufgericht', Empfangt ohn' Unterlass in sich das ew'ge Licht

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Licht.

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— 113 —

113

Ruhe.

-

So viel mein „Ich" in mir verschmachtet und

abnimmt,

Ruhe.

So viel des Herren Ich dafür an Kraft ge-

winnt.*)

Die Seel', ein ew'ger Geist, ist über alle Zeit,

So viel mein "Ich" in mir verschmachtet und abnimmt, So viel des Herren Ich dafür an Kraft gewinnt*) Die Seel', ein ew'ger Geist, ist über alle Zeit, Sie lebt auch in der Zeit schon in der Ewigkeit. Christ! Der ist herrlich tot, der allem abgestorben, Und sich dadurch den Geist der Armut hat erworben. So lange dir, mein Freund, im Sinn liegt Ort und Zeit, So fasst du nicht, was Gott ist und die Ewigkeit. Gott fordert nichts von dir, als dass du ihm sollst ruhn; Thust du dies, so wird er das andre selber thun. Drum dünke dich nur nicht vor Gott mit Werken viel, Denn aller Menschen Thun ist Gott ein Narrenspiel.

Sie lebt auch in der Zeit schon in der Ewig-

keit.

Christ! Der ist herrlich tot, der allem abge-

storben,

Und sich dadurch den Geist der Armut hat

erworben.

So lange dir, mein Freund, im Sinn liegt

Ort und Zeit,

So fasst du nicht, was Gott ist und die Ewig-

keit.

Gott fordert nichts von dir, als dass du ihm

sollst ruhn;

Thust du dies, so wird er das andre selber thun.

Drum dünke dich nur nicht vor Gott mit

Werken viel,

Denn aller Menschen Thun ist Gott ein

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Narrenspiel.

*) Hier ist von keiner Entkräftung des physischen

Körpers die Rede, wie so viele glauben. Vielmehr wird

der physische Körper um so mehr gekräftigt, je mehr in

ihm das Geistesleben erwacht.

8*

*) Hier ist von keiner Entkräftung des physischen

Körpers die Rede, wie so viele glauben. Vielmehr wird der phyaiiche Körper um so mehr gekriftigt, je mehr in ihm das Geistesleben erwacht. 8*

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— 114 —

114

Die Ruh', die Gott begehrt, die ist von Sün-

-

den rein,

Begierd'- und willenlos, gelassen, ruhig sein.*)

Die Ruh', die Gott begehrt, die ist von Sünden rein, Begierd'- und willenlos, gelassen, ruhig sein.*) Nichts ist, das dich bewegt; du selber bist das Rad, Das aus sich ·selber läuft und keine Ruhe hat. Wenn du die Dinge nimmst, ohn' allen U nterscheid, So bleibst du still und gleich in Liebe und in Leid. Wer in der Hölle nicht kann ohne Hölle leben, Der hat sich noch nicht ganz dem Höchsten übergeben. Mit Ichheit suchest du bald die, bald jene Sachen; Ach liessest du's doch Gott nach seinem Willen machen!

Nichts ist, das dich bewegt; du selber bist

das Rad,

Das aus sich selber läuft und keine Ruhe hat.

Wenn du die Dinge nimmst, ohn' allen Unter-

scheid,

So bleibst du still und gleich in Liebe und

in Leid.

Wer in der Hölle nicht kann ohne Hölle leben,

Der hat sich noch nicht ganz dem Höchsten

übergeben.

Mit Ichheit suchest du bald die, bald jene

Sachen;

Ach liessest du's doch Gott nach seinem

Willen machen!

Allsein.

Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen gan-

zes Thun,

Das zehnmal edler ist, ist lieben, schauen,

ruh'n.

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*) Nicht um eine pietistische Willenlosigkeit handelt

es sich, sondern um eine Umwandlung des menschlichen

Willens in den göttlichen.

Allsein. Ein Narr ist viel bemüht: des Weisen ganzes Thun, Das zehnmal edler ist, ist lieben, schauen, ruh'n. *) Nicht um eine pietistische Willenlosigkeit handelt

es sich, sondern um eine Umwandlung des menschlichen Willens in den göttlichen.

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— U5 —

115

Die Kreatur ist mehr in Gott, denn Gott in ihr;

Zerfliesst sie, bleibt sie doch in ihm noch

für und für.

Wer selbst nicht alles ist, der ist noch zu

geringe,

Dass er dich sehen soll, mein Gott und alle

Dinge.

Erst dann, wenn du, o Mensch, bist alle Ding'

geworden,

Dann stehst du in dem Wort und in der

Götter Orden.

Geh aus, so geht Gott ein. Stirb dir, so

lebst du Gott.

Sei nicht, so ist nur Er; thu' nichts, so

g'schieht's Gebet.

Ich mag nicht Kraft, Gewalt, Kunst, Weis-

heit, Reichtum, Schein;

Ich will nur als ein Kind in meinem Vater

sein.

Tod ist ein selig Ding. Je kräftiger er ist,

Je herrlicher daraus das Leben wird erkiest,

Ich sage, weil der Tod allein mich machet frei,

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Dass er das beste Ding aus allen Dingen sei.*)

*) Nicht vom Tode des Körpers, sondern vom Ab-

sterben des Eigendünkels ist die Rede. Die äussere Er-

scheinung des Menschen kommt in geistigen Dingen nicht

in Betracht.

Die Kreatur ist mehr in Gott, denn Gott in ihr; Zerfliesst sie, bleibt sie doch in ihm noch für und für. Wer selbst nicht alles ist, der ist noch zu geringe, Dass er dich sehen soll, mein Gott und alle Dinge. Erst dann, wenn du, 0 Mensch, bist alle Ding' geworden, Dann stehst du in dem Wort und in der Götter Orden. Geh aus, so geht Gott ein. Stirb dir, so lebst du Gott. Sei nicht, so ist nur Er; thu' nichts, so g'schieht's Gebet. Ich mag nicht Kraft, Gewalt, Kunst, Weisheit, Reichtum, Schein; Ich will nur als ein Kind in meinem Vater . seIn. Tod ist ein selig Ding. Je kräftiger er ist, Je herrlicher daraus das Leben wird erkiest, Ich sage, weil der Tod allein mich machet frei, Dass er das beste Ding aus allen Dingen sei.*) *) Nicht vom Tode des Körpers, sondern vom Absterben des Eigendünkels ist die Rede. Die lussere Erscheinung des Menschen kommt in geistigen Dingen nicht in Betracht.

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— n6 —

116

Im Wasser lebt der Fisch, die Pflanze auf

-

der Erden,

Der Vogel in der Luft, die Sonn' am Firma-

Im Wasser lebt der Fisch, die Pflanze auf der Erden, Der Vogel in der Luft, die Sonn' am Firmament. DerSalamander muss im Feu'r erhalten werden, Im Herzen Jesu ich, als meinem Element. Der Glaube greift nach Gott, die Hoffnung isst ihn gar, Die Lieb' umhalset ihn, die Andacht nimmt ihn wahr. Du musst den Leib in Geist, den Geist in Gott versetzen, Wenn du dich, wie dein Wunsch, vollkommlieh willst ergetzen. Mein Herz ist unten eng, doch oben ist es weit; Dass es Gott offen sei, versperrt der Irdigkeit.

ment.

Der Salamander muss im Feu'r erhalten werden,

Im Herzen Jesu ich, als meinem Element.

Der Glaube greift nach Gott, die Hoffnung

isst ihn gar,

Die Lieb' umhalset ihn, die Andacht nimmt

ihn wahr.

Du musst den Leib in Geist, den Geist in

Gott versetzen,

Wenn du dich, wie dein Wunsch, vollkomm-

lich willst ergetzen.

Mein Herz ist unten eng, doch oben ist es

weit;

Dass es Gott offen sei, versperrt der Irdigkeit.

Illusionen.

Mensch, so du weise bist und liebst nicht

Gott dabei,

So sag' ich, dass ein Narr dir vorzuziehen sei.

Du schlägst ums Zeitliche das Ew'ge in den

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Wind!

Ob wohl die Welt noch einen grössern Nar-

ren find't?

Illusionen. Mensch, so du weise bist und liebst nicht Gott dabei, So sag' ich, dass ein Narr dir vorzuziehen sei. Du schlägst ums Zeitliche das Ew'ge in den Wind! Ob wohl die Welt noch einen grössern N arren find't?

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— 117 —

Wie thöricht thut der Mann, der eitlen Dunst

umfasst!

Wie thöricht, der du Freud' an eitler Ehre

Wie thöricht thut der Mann, der eitlen Dunst umfasst! Wie thöricht, der du Freud' an eitler Ehre hast! Wer in sich Ehre hat, der sucht sie nicht von aussen; Suchst du sie in der Welt, so hast du sie noch draussen. Und das, was ausser dir, das giebt dir keinen Wert; Das Kleid macht keinen Mann, der Sattel macht kein Pferd. Nichts ist geehrt, als Gott im Himmel und auf Erden. Stirb'; wenn du wirst wie Er, so wirst geehrt du werden. Glückselig ist der Mensch, der nichts als Jesum weiss; Unselig, wer sonst allem, doch diesem nicht giebt Preis.*) Was an der Seligkeit mein Herz fürs Best' erkiest, Ist, dass sie wesentlich und nicht von aussen ist.

hast!

Wer in sich Ehre hat, der sucht sie nicht

von aussen;

Suchst du sie in der Welt, so hast du sie

noch draussen.

Und das, was ausser dir, das giebt dir kei-

nen Wert;

Das Kleid macht keinen Mann, der Sattel

macht kein Pferd.

Nichts ist geehrt, als Gott im Himmel und

auf Erden.

Stirb'; wenn du wirst wie Er, so wirst ge-

ehrt du werden.

Glückselig ist der Mensch, der nichts als

Jesum weiss;

Unselig, wer sonst allem, doch diesem nicht

giebt Preis.*)

Was an der Seligkeit mein Herz fürs Best'

erkiest,

ist.

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Ist, dass sie wesentlich und nicht von aussen

*) Es braucht kaum erwähnt zu werden, dass sich dies

nicht auf irgend eine historische Persönlichkeit, genannt

„Jesus", bezieht. Jesus ist das Licht der Erkenntnis in uns.

*) Es braucht kaum erwähnt zu werden, dass sich dies

nicht auf irgend eine historische Persönlichkeit, genannt ,Jesus", bezieht. Jesus ist das Licht der Erkenntnis in uns.

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— n8 —

118

Mensch! könntest du in dir das Ungeheuer

-

schauen,*)

Es würde dir vor dir als vor dem Teufel

Mensch1 könntest du in dir das Ungeheuer schauen,*) Es würde dir vor dir als vor dem Teufel grauen. So du die Tugend willst mit Arbeit und mit Müh, So hast du sie noch nicht, und kriechest bloss . um sie. Ich selbst muss Tugend sein und keinen Zufall wissen, Wenn Tugenden aus mir in Wahrheit sollen fliessen. Begehrst du was nebst Gott, so sag' ich klar und frei, Wie heilig du auch bist, dass es dein Abgott sei. Das liebste Werk, das Gott so inniglich liegt an, Ist, dass er seinen Sohn in dir gebären kann. Der wesentliche Dank, den Gott liebt wie sein Leben, Ist, wenn du dich bereit'st, dass Er sich dir kann geben. Du edle Freiheit! Wer sich dir nicht ganz ergiebt,

grauen.

So du die Tugend willst mit Arbeit und mit

Müh,

So hast du sie noch nicht, und kriechest bloss

um sie.

Ich selbst muss Tugend sein und keinen Zu-

fall wissen,

Wenn Tugenden aus mir in Wahrheit sollen

messen.

Begehrst du was nebst Gott, so sag' ich klar

und frei,

Wie heilig du auch bist, dass es dein Ab-

gott sei.

Das liebste Werk, das Gott so inniglich liegt

an,

Ist, dass er seinen Sohn in dir gebären kann.

Der wesentliche Dank, den Gott liebt wie

sein Leben,

Ist, wenn du dich bereifst, dass Er sich dir

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kann geben.

Du edle Freiheit! Wer sich dir nicht ganz

ergiebt,

*) Elementargeister und Teufel, falsche „Iche". Per-

sonifikationen der Leidenschaften.

*) Elementargeister und Teufel, falsche "lehe".

Per-

sonifikationen der Leidenschaften.

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— 119 —

119

Der weiss nicht, was ein Mensch, der Frei-

-

heit liebet, liebt.

Wer Freiheit liebt, liebt Gott; wer sich in

Der weiss nicht, was ein Mensch, der Freiheit liebet, liebt. Wer Freiheit liebt, liebt Gott; wer sich in Gott versenkt, Und alles von sich weist, der ist's, dem Gott sie schenkt.

Gott versenkt,

Und alles von sich weist, der ist's, dem Gott

sie schenkt.

Wie thöricht ist der Mann, der aus der Pfütze

trinkt,

Und die Fontaine lässt, die ihm im Haus

entspringt!

Wie mag dich doch, o Mensch! nach etwas

noch verlangen,

Da du in dir hältst Gott und alle Ding' um-

fangen?

Wenn du auf einmal willst die ganze Welt

verlassen,

Wie thöricht ist der Mann, der aus der Pfütze trinkt, Und die Fontaine lässt, die ihm im Haus entspringt! Wie mag dich doch, 0 Mensch! nach etwas noch verlangen, Da du in dir hältst Gott und alle Ding' umfangen? Wenn du auf einmal willst die ganze Welt verlassen, So schau' nur, dass du kannst die Eigenliebe hassen.

So schau' nur, dass du kannst die Eigenliebe

hassen.

Das wahre Wissen.

Sag', wie ich möge sein des Vaters liebstes

Kind?

Wenn er sich selbst und all's, die Gottheit

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in dir find't.

Ist Gottes Gottheit mir nicht inniglich gemein,

Das wahre Wissen. Sag', wie ich möge sein des Vaters liebstes Kind? Wenn er sich selbst und aIrs, die Gottheit in dir find't. Ist Gottes Gottheit mir nicht inniglich gemein,

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120

120

Wie kann ich dann sein Kind und er mein

Vater sein?

Christ! So du kannst ein Kind von ganzem

Wie kann ich dann sein Kind und er mein Vater sein? ChristI So du kannst ein Kind von ganzem Herzen werden, So ist das Himmelreich schon dein hier auf der Erden. Weil sich die Gottheit hat in Kindheit mir gezeigt, Bin ich der Kindheit und der Gottheit gleich geneigt. Kind oder Gott gilt gleich. Hast du mich Gott genannt, So hast du Gott in mir und mich in Gott erkannt. Gott ist mein Kind, mein Sohn, ich bin sein Sohn und Kind; Wie geht's doch zu~ dass beide beides sind?

Herzen werden,

So ist das Himmelreich schon dein hier auf

der Erden.

Weil sich die Gottheit hat in Kindheit mir

gezeigt,

Bin ich der Kindheit und der Gottheit gleich

geneigt.

Kind oder Gott gilt gleich. Hast du mich

Gott genannt,

So hast du Gott in mir und mich in Gott

erkannt.

Gott ist mein Kind, mein Sohn, ich bin sein

Sohn und Kind;

Wie geht's doch zu, dass beide beides sind?

Die wahre Liebe.

Der Glaub' allein ist tot; er kann nicht eher

leben,

Bis dass ihm seine Seel', die Liebe, wird

gegeben.

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Wer ohne Liebe l채uft, kommt nicht ins

Himmelreich;

Er h체pft bald hin, bald her, ist einem Irr-

wisch gleich.

Die wahre Liebe. Der Glaub' allein ist tot; er kann nicht eher leben, Bis dass ihm seine Seel', die Liebe, wird gegeben. Wer ohne Liebe l채uft, kommt nicht ins Himmelreich; Er h체pft bald hin, bald her, ist einem Irrwisch gleich.

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Mensch, so du etwas liebst, so liebst du

121

nichts fürwahr;

Gott ist nicht dies noch das; drum lass das

„Etwas" gar.*)

Mensch, so du etwas liebst, so liebst du nichts fnrvvahr; Gott ist nicht dies noch das; drum lass das "Etwas" gar.*) Wer nichts begehrt, nichts hat, nichts weiss, nichts liebt, nichts will, Der hat, begehrt und weiss und liebt noch immer viel. Lieb' üben macht viel Müh'. Wir sollen nicht allein Nur lieben, sondern selbst. wie Gott die Liebe seIn. Die Lieb' ist unser Gott und alles lebt durch Liebe; Wie selig wär' der Mensch, wenn er in ihr verbliebe.

Wer nichts begehrt, nichts hat, nichts weiss,

nichts liebt, nichts will,

Der hat, begehrt und weiss und liebt noch

immer viel.

Lieb' üben macht viel Müh'. Wir sollen nicht

allein

Nur heben, sondern selbst wie Gott die Liebe

sein.

Die Lieb' ist unser Gott und alles lebt durch

Liebe;

Wie selig wär' der Mensch, wenn er in ihr

verbliebe.

Dass du nicht Menschen liebst, da thust du

recht und wohl; .

Die Menschheit ist's, die man im Menschen

heben soll.

*) Im Absoluten ist keine Verschiedenheit, und folg-

lich kein „Etwas". Wer das Eine mehr liebt als das An-

dere, der liebt das Andere weniger als das Eine, und seine

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Liebe ist nicht vollkommen. Die göttliche Liebe macht

keinen Unterschied; sie erkennt und liebt in allen ihren

Gefässen sich selbst.

Dass du nicht Menschen liebst, da thust du recht und wohl; . Die Menschheit ist's, die man im Menschen lieben soll. *) Im Absoluten ist keine Verschiedenheit, und folglich kein "Etwas". Wer das Eine mehr liebt als das Andere, der liebt das Andere weniger als das Eine, und seine Liebe ist nicht vollkommen. Die göttliche Liebe macht keinen Unterschied; sie erkennt und liebt in allen ihren Gefässen sich selbst.

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Wer in dem Nächsten nichts als Gott und

122

Christus sieht,

Der siehet mit dem Licht, das aus der Gott-

heit blüht.

Wer in dem Nächsten nichts als Gott und Christus sieht, Der siehet mit dem Licht, das aus der Gottheit blüht. Die Hoffnung höret auf, der Glaube kommt zum Schauen, Die Sprachen red't man nicht, und alles was wir schauen Vergehet mit der Zeit, die Liebe bleibt allein; So lasst uns denn schon jetzt auf sie beflissen sein.

Die Hoffnung höret auf, der Glaube kommt

zum Schauen,

Die Sprachen red't man nicht, und alles was

wir schauen

Vergehet mit der Zeit, die Liebe bleibt allein;

So lasst uns denn schon jetzt auf sie be-

flissen sein.

Die Liebe dieser Welt will all's für sich allein;

Die Liebe Gottes macht dem Nächsten all's

gemein.

Die wird ein jeder Mensch für Liebe wohl

erkennen;

Jen' aber soll man „Neid" und nicht die

„Liebe" nennen.

Die Liebe geht zu Gott unangesagt hinein,

Verstand und hoher Witz muss lang im Vor-

hof sein.

Der goldene Begriff, durch den man alles

kann,

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Ist Liebe. Liebe nur, so hast du's kurz

gethan.

Die Liebe dieser Welt will all's für sich allein; Die Liebe Gottes macht dem Nächsten all's . gemeIn. Die wird ein jeder Mensch für Liebe wohl erkennen; Jen' aber soll man "Neid" und nicht die · b e" nennen. "L le Die Liebe geht zu Gott unangesagt hinein, Verstand und hoher Witz muss lang im Vorhof sein. Der goldene Begriff, durch den man alles kann, Ist Liebe. Liebe nur, so hast du's kurz gethan.

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— 123 —

12 3

Lieb' ist die Königin, die Tugenden Jung-

-

frauen;

Die Mägde Werk und That. Wem willst

Lieb' ist die Königin, die Tugenden J ungfrauen; Die Mägde Werk und That. Wem willst du dich vertrauen? Aus Liebe gehn und stehn; Lieb' atmen, reden, singen, Heisst seine Lebenszeit wie Seraphim vollbringen. Die Lieb' ist nie allein; wer sich mit ihr beweibt, Dem wird der ganze Chor der Jungfrau'n einverleibt.

du dich vertrauen?

Aus Liebe gehn und stehn; Lieb' atmen,

reden, singen,

Heisst seine Lebenszeit wie Seraphim voll-

bringen.

Die Lieb' ist nie allein; wer sich mit ihr

beweibt,

Dem wird der ganze Chor der Jungfrau'n

einverleibt.

Das wahre Geistesleben.

Gieb deinen Willen Gott; denn wer ihn

aufgegeben,

Derselbe führt allein ein königliches Leben.

Gott, der bequemt sich uns; er ist uns was

wir wollen,

Weh' uns, wenn wir in ihm nicht werden,

was wir sollen.

Die Seel', die nichts als Gott gedenkt zu

allen Stunden,

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Die ist von seiner Lieb' bestricket und ge-

bunden.

Das wahre Geistesleben. Gieb deinen Willen Gott; denn wer ihn aufgegeben, Derselbe führt allein ein königliches Leben. Gott, der bequemt sich uns; er ist uns was wir wollen, Weh' uns, wenn wir in ihm nicht werden, was wir sollen. Die Seel' , die nichts als Gott gedenkt zu allen Stunden, Die ist von seiner Lieb' bestricket und gebunden.

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— 124 —

-

Dann lebt die Seele recht, wenn Gott ihr

12 4

-

Geist und Leben,

Sie ganz erfullet hat und sie ihm Raum ge-

Dann lebt die Seele recht, wenn Gott ihr Geist und Leben, Sie ganz erfüllet hat und sie ihm R anm gegeben. Der Glaub' ohn' Lieb' allein, wie ich mich wohl besinne, Ist wie ein hohles Fass; es klingt und hat nichts inne. Die Knechte fürchten Gott, die Freunde lieben ihn; Die Kinder geben ihm ihr Herz und ihren

geben.

Der Glaub' ohn' Lieb' allein, wie ich mich

wohl besinne,

Ist wie ein hohles Fass; es klingt und hat

nichts inne.

Die Knechte furchten Gott, die Freunde

lieben ihn;

Die Kinder geben ihm ihr Herz und ihren

Sinn.

Das wahre Licht

So lieb Gott eine Seel' in Christi Glanz und

Licht,

So unlieb ist sie ihm, im Fall er ihr gebricht.

Wer lauter wie sein Licht, rein wie sein

Ursprung ist,

Derselbe wird von Gott als Jungfrau aus-

erkiest

.

Ich bin ein ewig Licht, ich brenn' ohn' Unter-

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lass;

Mein Docht und Öl ist Gott, mein Geist der

Sinn.

ist das Fass.

Das wahre Licht. So lieb Gott eine Seel' in Christi Glanz und Licht, So unlieb ist sie ihm, im Fall er ihr gebricht. Wer lauter wie sein Licht, rein wie sein Ursprung ist, Derselbe wird von Gott als Jungfrau auserkiest. Ich bin ein ewig Licht, ich brenn' ohn' Unterlass; Mein Docht und Öl ist Gott, mein Geist der ist das Fass.

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— 125 —

12 5

O Wunder! Christus ist die Wahrheit und

das Wort;

o

Licht, Leben, Speis' und Trank, Pfad, Pilgrim,

Wunder! Christus ist die Wahrheit und das Wort; Licht, Leben, Speis' und Trank, Pfad, Pilgrim, Thür und Ort. Das Licht giebt allen Kraft; Gott selber lebt im Lichte; Doch wäre nicht das Feu'r. so würd es bald zu nichte. Wenn du nach Gott verlangst und wünschst sein Kind zu sein, So ist er schon in dir und giebt dir solches ein. Gott ist der Sonne gleich; wer sich zu ihm hinkehrt. Der wird erleuchtet und sein Anblick ihm gewährt. Wer in der Sonne ist, dem mangelt nicht das Licht, Das dem, der ausser ihr verirret geht. gebricht. Weil der gerechte Mensch ist voller Sonnenschein, So wird nach dieser Zeit Gott voller Sonne sein. Mein Geist, kommt er in Gott, wird selbst die ew'ge Wonne, Gleichwie der Strahl nichts ist als Sonn' in seiner Sonne.

Thür und Ort.

Das Licht giebt allen Kraft; Gott selber

lebt im Lichte;

Doch wäre nicht das Feu'r, so würd es bald

zu nichte.

Wenn du nach Gott verlangst und wünschst

sein Kind zu sein,

So ist er schon in dir und giebt dir solches ein.

Gott ist der Sonne gleich; wer sich zu ihm

hinkehrt,

Der wird erleuchtet und sein Anblick ihm

gewährt.

Wer in der Sonne ist, dem mangelt nicht

das Licht,

Das dem, der ausser ihr verirret geht, ge-

bricht.

Weil der gerechte Mensch ist voller Sonnen-

schein,

So wird nach dieser Zeit Gott voller Sonne

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sein.

Mein Geist, kommt er in Gott, wird selbst

die ew'ge Wonne,

Gleichwie der Strahl nichts ist als Sonn' in

seiner Sonne.

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Origillal fram

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126

126

Der Strahl ist nichts, wenn er sich von der

-

Sonn' abbricht;

Du gleichfalls, lässt du Gott, dein wesent-

Der Strahl ist nichts, wenn er sich von der Sonn' abbricht;

liches Licht.

Gott Vater ist der Leib, und Gott der Sohn

das Licht;

Die Strahlen sind der Geist, der beiden ist

Du gleichfalls, lässt du Gott, dein wesentliches Licht. Gott Vater ist der Leib, und Gott der Sohn das Licht;

verpflicht't.

Das Licht der Ewigkeit, das leucht't auch in

der Nacht,

Wer sieht's? Derjen'ge Geist, der's heiliglich

betracht't.

Die Sonne schenkt ihr Licht an alle, die's

begehren;

Der Teufel würd' bekehrt, wollt' er zu Gott

Die Strahlen sind der Geist, der beiden ist verpflicht't.

sich kehren.

Die Sonn' erwärmet all's; ja auch den kälf sten

Stein,

Fühlst du die Wirkung nicht, so musst du

.Das Licht der Ewigkeit, das leucht't auch in der Nacht,

nicht mehr sein.

Wer jedem nützt und dient, und alle Men-

schen liebt,

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Ist wie der Sonne Licht, und Gott, der All'n

Wer sieht's? Derjen'ge Geist, der's heiliglieh betracht't.

sich giebt.

Die Sonne schenkt ihr Licht an alle, die's begehren; Der Teufel würd' bekehrt, wollt' er zu Gott sich kehren. Die Sonn' erwännet aIrs; ja auch den kält'sten Stein, Fühlst du die Wirkung nicht, so musst du nicht mehr sein. Wer jedem nützt und dient, und alle Menschen liebt, Ist wie der Sonne Licht, und Gott, der All'n sich giebt.

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— I27 —

Vereinigung.

12 7

Der Vielheit ist Gott feind, d'rum zieht er

uns so ein,

Dass alle Menschen soll'n in Christo Einer sein.

Vereinigung.

Wenn sich der Mensch entzieht der Mannig-

faltigkeit

Und kehret ein zu Gott, kommt er zur Ewig-

Der Vielheit ist Gott feind, d'rum zieht er . uns so ein, Dass alle Menschen sol1'n in Christo Einer sein. Wenn sich der Mensch entzieht der Mannigfaltigkeit Und kehret ein zu Gott, kommt er zur Ewigkeit. Der Weis' ist was er hat. Willst du die Perle fein Des Himmels nicht verlier'n, so musst du's selber sein. Christ! Werde, was du suchst; wo du's nicht selber bist, So kommst du nie zur Ruh' und alles wird zu Mist. Der Weise suchet nichts; er hat den stillen Orden; Warum? Er ist in Gott schon alles selbst geworden. Merk', in der stillen Nacht wird Gott ein Kind geboren, Und wiederum ersetzt, was Adam hat verloren. Ist deine Seele still und dem Geschöpfe Nacht, Go wird Gott in dir Mensch und alles wieder'bracht.

keit.

Der Weis' ist was er hat. Willst du die

Perle fein

Des Himmels nicht verlier'n, so musst du's

selber sein.

Christ! Werde, was du suchst; wo du's nicht

selber bist,

So kommst du nie zur Ruh' und alles wird

zu Mist.

Der Weise suchet nichts; er hat den stillen

Orden;

Warum? Er ist in Gott schon alles selbst

geworden.

Merk', in der stillen Nacht wird Gott ein

Kind geboren,

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Und wiederum ersetzt, was Adam hat verloren.

Ist deine Seele still und dem Geschöpfe Nacht,

Go wird Gott in dir Mensch und alles wieder-

'bracht.

Lotnsblflthen LIII. 9

Lotusbll1then LIII.

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9

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— 128 —

-

Mensch! werde Gott verwandt durch Wasser,

128

-

Blut und Geist;

Auf dass du Gott in Gott, aus Gott und dulrch

Mensch I werde Gott verwandt durch Wasser,

Gott sei'st.

Wer ihn umhalsen will, muss ihm nicht nur

Blut und Geist; Auf dass du Gott in Gott, aus Gott und dttch Gott sei'st. Wer ihn umhalsen will, muss ihm nicht nur allein Befreundet, sondern gar sein Kind und Mutter sein.

allein

Befreundet, sondern gar sein Kind und

Mutter sein.

Werke.

Das allergrösste Werk, das du für Gott

kannst thun,

Ist, ohn' ein einz'ges Werk, Gott leiden und

Gott ruh'n.

Gott thut im Heil'gen selbst das was der

Heil'ge thut;

Gott geht und steht in ihm, schläft, wacht,

hat guten Mut

.

Der Punkt der Seligkeit besteht in dem allein,

Dass man muss wesentlich aus Gott geboren

sein.

Wen Gott zu seinem Sohn geboren hat auf

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Erden,

Werke.

Der Mensch kann nimmermehr von Gott ge-

schieden werden.

Das allergrösste. Werk, das du für Gott kannst thun, Ist, ohn' ein einz'ges Werk, Gott leiden und Gott ruh'n. Gott thut im Heil'gen selbst das was der Heil'ge thut; Gott geht und steht in ihm, schläft, wacht, hat guten Mut. Der Punkt der Seligkeit besteht in dem allein, Dass man muss wesentlich aus Gott geboren . seIn. Wen Gott zu seinem Sohn geboren hat auf Erden, Der Mensch kann nimmermehr von Gott geschieden werden.

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— 129 —

12

Wer stets in Gott verbleibt, vertieft, ge-

lassen ist,

9 -

Der Mensch wird allermeist für Gottes Sohn

Wer stets in Gott verbleibt, vertieft, gelassen ist, Der Mensch wird allerrneist für Gottes Sohn erkiest. Wem. alle Ding ein Ding und lauter Friede sind, In dem ist wahrlich schon gebor'n der Jungfrau Kind. Kein Mensch kann weiser sein, als der das ew'ge Gut Vor allem andern liebt und sucht mit ganzem Mut. Der Heiligen grösstes Werk und Arbeit auf der Erden Ist Gott gelassen sein und ihm gemeiner werden. Die Seer die Jungfrau ist, und nichts als Gott empfängt, Kann Gottes-schwanger sein, so oft sie daran denkt. Die Braut verliebt sich in den Bräutigam allein; Liebst du was neben Gott, schau wie du Braut kannst sein. Drum laufe nicht nach Witz und Weisheit übers Meer; Der Seele Würdigkeit kommt bloss von Liebe her.

erkiest.

Wem alle Ding ein Ding und lauter Friede

sind,

In dem ist wahrlich schon gebor'n der Jung-

frau Kind.

Kein Mensch kann weiser sein, als der das

ew'ge Gut

Vor allem andern liebt und sucht mit gan-

zem Mut.

Der Heiligen grösstes Werk und Arbeit auf

der Erden

Ist Gott gelassen sein und ihm gemeiner

werden.

Die Seel' die Jungfrau ist, und nichts als

Gott empfängt,

Kann Gottes-schwanger sein, so oft sie daran

denkt.

Die Braut verliebt sich in den Bräutigam allein;

Liebst du was neben Gott, schau wie du

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Braut kannst sein.

Drum laufe nicht nach Witz und Weisheit

übers Meer;

Der Seele Würdigkeit kommt bloss von

Liebe her.

9*

9*

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— 130 —

13° -

Es ist zwar wahr, dass Gott dich selig machen

will;

Glaubst du, er will's ohn' dich, so glaubest

Es ist zwar wahr, dass Gott dich selig machen will; Glaubst du, er will's ohn' dich, so glaubest du zu viel Was Christus auf der Welt gered't hat und gethan, Das ist er selbst gewest, wie er's auch zeiget an. Christ! So der ew'ge Gott dein Herz soll nehmen ein, So muss darin kein Bild als seines Sohnes . sein; Denn mit dem halben Teil wirst du Gott nicht begaben; Er will das ganze Herz, nicht bloss die Hälfte haben.

du zu viel.

Was Christus auf der Welt gered't hat und

gethan,

Das ist er selbst gewest, wie er's auch zei-

get an.

Christ! So der ew'ge Gott dein Herz soll

nehmen ein,

So muss darin kein Bild als seines Sohnes

sein;

Denn mit dem halben Teil wirst du Gott

nicht begaben;

Er will das ganze Herz, nicht bloss die

Hälfte haben.

Werden.

Nichts wird, was bereits ist. Wirst du nicht

erst zu nichts,

So wirst du nimmermehr ein Kind des ew'gen

Lichts.

Du stehst in falschem Wahn. Kannst du

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dich selbst nicht hassen,

So hast nicht du die Welt, sie hat nur dich

verlassen.

Werden. Nichts wird, was bereits ist. Wirst du nicht erst zu nichts, So wirst du nimmermehr ein Kind des ew'gen Lichts. Du stehst in falschem Wahn. Kannst du dich selbst nicht hassen, So hast nicht du die Welt, sie hat nur dich verlassen.

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— 131 —

13 1

Was bin ich endlich doch? Ich soll die Kirch',

der Stein,

Ich soll der Priester Gottes und das Opfer sein.

Was bin ich endlich doch? Ich soll die Kirch', der Stein, Ich soll der Priester Gottes und das Opfer sein. Dieweil der Gottheit Ström' aus mir sich sol1'n ergiessen, Muss ich ein Brunnquell sein, sonst würden sie verfliessen. Gott giebt wohl niemand nichts; er stehet allen frei; Dass er, so du ihn willst, vollständig in dir sei. So viel du Gott ergiebst, so viel wird er dir werden; Nicht minder und nicht mehr hilft er dir aus Beschwerden. WerGott um Gaben bitt't, der ist gar übel dran; Er betet das Geschöpf und nicht den Schöpfer an.

Dieweil der Gottheit Ström' aus mir sich

soll'n ergiessen,

Muss ich ein Brunnquell sein, sonst würden

sie verfliessen.

Gott giebt wohl niemand nichts; er stehet

allen frei;

Dass er, so du ihn willst, vollständig in dir sei.

So viel du Gott ergiebst, so viel wird er dir

werden;

Nicht minder und nicht mehr hilft er dir aus

Beschwerden.

Wer Gott um Gaben bitt't, der ist gar übel dran;

Er betet das Geschöpf und nicht den Schöp-

fer an.

Das Gebet

Wer lautern Herzens lebt und geht auf

Christi Bahn,

Der betet wesentlich Gott in sich selber an.

Meinst du, o armer Mensch, dass deines

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Munds Geschrei

Der rechte Lobgesang der stillen Gottheit sei?

Das Gebet Wer lautern Herzens lebt und geht auf Christi Bahn, Der betet wesentlich Gott in sich selber an. Meinst du, 0 armer Mensch, dass deines Munds Geschrei Der rechte Lobgesang der stillen Gottheit sei?

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— 132 —

13 2

Gott ist so über all's, dass man's nicht sprechen

-

kann;

Drum betest du auch ihn mit Schweigen

Gott ist so über aIrs, dass man's nicht sprechen

besser an.

Ich bete Gott mit Gott aus Ihm und in Ihm an;

kann; Dnun betest du auch ihn mit Schweigen besser an. Ich bete Gott mit Gott aus Ihm und in Dun an; Er ist mein Geist, mein Wort, mein Psalm und was ich kann. Gott liebt und lebt sich selbst, so viel er immer kann, Er kniet und neiget sich; er bet't sich selber an.

Er ist mein Geist, mein Wort, mein Psalm

und was ich kann.

Gott liebt und lebt sich selbst, so viel er

immer kann,

Er kniet und neiget sich; er bet't sich selber an.

Eigenwille.

Weil Gottes Kinder'nicht das eig'ne Laufen

lieben,

So werden sie von ihm und seinem Geist

getrieben.

Hast du an Gott nicht G'nüg', und suchst

nicht ihn allein,

So musst du wohl ein Thor und dummer

Geizhals sein.

Suchst du was und vermeinst, dass Gott nicht

alles sei,

So gehst du Gott und all's in Ewigkeit vorbei.

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Mensch! glaube dies gewiss: Hast du noch

viel Begier,

So bist du bettelarm und hast noch nichts in dir.

Eigenwille. Weil Gottes Kinder' nicht das eig'ne Laufen lieben, So werden sie von ihm und seinem Geist getrieben. Hast du an Gott nicht G'nüg', und suchst nicht ihn allein, So musst du wohl ein Thor und dummer Geizhals sein. Suchst du was und vermeinst, dass Gott nicht alles sei, So gehst du Gott und aU's in Ewigkeit vorbei. Mensch! glaube dies gewiss: Hast du noch viel Begier, So bist du bettelarm und hast noch nichts in dir.

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— 133 —

133

Wem Gott nur alles ist, dem ist sonst alles

nichts.

Hast du nicht all's in Gott? Fürwahr ihm

Wem Gott nur alles ~st, dem ist sonst alles nichts. Hast du nicht alrs in Gott? Fürwahr ihm nichts gebricht Die ganze Welt ist nichts; du hast nicht viel veracht't, Wenn du gleich hast die Welt aus. deinem Sinn gebracht. Wer nichts verlangt, hat all's; wer alles thut verlangen, Der hat in Wahrheit noch nicht einen Stiel empfangen. Die Ros' ist ohn' "Warum"; sie blühet, weil sie blühet; Sie acht't nicht ihrer selbst, fragt nicht ob man sie siehet. Wer schmückt die Lilien? Wer speiset die Narzissen? Was bist du denn, mein Geist, so sehr auf dich beflissen?

nichts gebricht.

Die ganze Welt ist nichts; du hast nicht viel

veracht't,

Wenn du gleich hast die Welt aus deinem

Sinn gebracht.

Wer nichts verlangt, hat all's; wer alles thut

verlangen,

Der hat in Wahrheit noch nicht einen Stiel

empfangen.

Die Ros' ist ohn' „Warum"; sie blühet, weil

sie blühet;

Sie acht't nicht ihrer selbst, fragt nicht ob

man sie siehet.

Wer schmückt die Lilien? Wer speiset die

Narzissen?

Was bist du denn, mein Geist, so sehr auf

dich beflissen?

Das Wort

Gott opfert sich ihm selbst. Ich bin in jedem Nu

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Sein Tempel, sein Altar, sein Betstuhl, so

ich ruh'.

Das Wort Gott opfert sich ihm selbst. Ich bin in jedem Nu Sein Tempel, sein Altar, sein Betstuhl, 90 ich ruh'.

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134

— 134 —

Gott ist mein Ackersmann, das Korn sein

-

ewig Wort;

Gott ist mein Ackersmann, das Korn sein ewig Wort; Die Pflugschar ist sein Geist, mein Herz der Säungsort. So du das ew'ge Wort in dir willst .hören sprechen, So musst du dich zuvor vom Hören ganz entbrechen. Wer in sich selber sitzt, der höret Gottes Wort (Vernein' es, wie du willst) auch ohne Zeit und Ort. Geh' hin, wo du nicht kannst; sieh, wo du siehest nicht; Hör', wo nichts schallt und klingt, so bist du, wo Gott spricht. Das Wort, das dich und mich und alle Dinge trägt, Wird wiederum von mir getragen und gehegt. "Sohn!" ist das liebste Wort, das Gott zu mir mag sprechen; Spricht er's, so mag mir Welt und Gott auch selbst gebrechen.

Die Pflugschar ist sein Geist, mein Herz

der Säungsort.

So du das ew'ge Wort in dir willst hören

sprechen,

So musst du dich zuvor vom Hören ganz

entbrechen.

Wer in sich selber sitzt, der höret Gottes Wort

(Vernein' es, wie du willst) auch ohne Zeit

und Ort.

Geh' hin, wo du nicht kannst; sieh, wo du

siehest nicht;

Hör', wo nichts schallt und klingt, so bist

du, wo Gott spricht.

Das Wort, das dich und mich und alle Dinge

trägt,

Wird wiederum von mir getragen und gehegt.

„Sohn!" ist das liebste Wort, das Gott zu

mir mag sprechen;

Spricht er's, so mag mir Welt und Gott auch

selbst gebrechen.

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Das Feu'r regt alle Ding', und wird doch

nicht bewegt;

So ist das ew'ge Wort, das alles hebt und

regt.

Das Feu'r regt alle Ding', und wird doch nicht bewegt; So ist das ew'ge Wort, das alles hebt und regt.

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Der Ort und's Wort ist eins, und wäre nicht

135

der Ort,

(Bei ew'ger Ewigkeit), es wäre nicht das Wort.

Nichts weset ohne Stimm'. Gott höret überall,

Der Ort und's Wort ist eins, und wäre nicht der Ort, (Bei ew'ger Ewigkeit), es wäre nicht das Wort. Nichts weset ohne Stimm'. Gott höret überall,

In allen Kreatur'n sein Lob und Widerhall.

Die Kreaturen sind des ew'gen Wortes

Stimme;

Es singt und klingt sich selbst in Anmut

und im Grimme.

Das Wort, das Gott von dir am allerliebsten

hört,

Ist, wenn du herzlich sprichst: „Sein Wille

In allen Kreatur'n sein Lob und Widerhall. Die Kreaturen sind des ew'gen Wortes Stimme;

sei geehrt!"

Wir beten: „Es gescheh', mein Herr und

Gott, dein Wille";

Und sieh', er hat nicht Will', er ist die ew'ge

Stille.

Die herrlichste Musik, die Gott den Grimm

benimmt,

Es singt und klingt sich selbst in Anmut und im Grimme.

Entsteht, wenn Herz und Mund in ihm zu-

sammenstimmt.

Das Wort schallt mehr in dir, als in des

andern Munde;

Das Wort, das Gott von dir am allerliebsten hört,

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So du nur schweigen kannst, so hörst du es

zur Stunde.

Ist, wenn du herzlich sprichst: "Sein Wille sei geehrt I" Wir beten: "Es gescheh', mein Herr und Gott, dein Wille"; Und sieh', er hat nicht Will', er ist die ew'ge Stille. Die herrlichste Musik, die Gott den Grimm benimmt, Entsteht, wenn Herz und Mund in ihm zusammenstimmt. Das Wort schallt mehr in dir, als in des andern Munde; So du nur schweigen kannst, so hörst du es zur Stunde.

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- 136 -

Der mystische Tod.

Mensch! wirst du nicht ein Kind, so gehst

du nimmer ein,

Der mystische Tod.

Wo Gottes Kinder sind; die Thür ist gar

so klein.

Die Weisheit find't sich gern, wo ihre Kinder

Mensch! wirst du nicht ein Kind, so gehst du nimmer ein, Wo Gottes Kinder sind; die Thür ist gar so klein. Die Weisheit find't sich gern, wo ihre Kinder sind Warum? (0 Wunderding!) Sie selber ist ein Kind; Und wird das Paradies in dir nicht erstlich sein, So glaube mir gewiss, du kommest nicht hinein.

sind.

Warum? (O Wunderding!) Sie selber ist ein

Kind;

Und wird das Paradies in dir nicht erstlich sein,

So glaube mir gewiss, du kommest nicht hinein.

Kein Tod ist seliger als in dem Herren sterben,

Und um das ew'ge Gut mit Leib und Seel'

verderben.

Der Tod, aus welchem nicht ein neues Leben

blühet,

Der ist's, den meine Seel' von allen Toten

fliehet.

Ich glaub' an keinen Tod; sterb' ich auch

alle Stunden,

Hab' ich doch jedesmal ein besser Leben

'funden.

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Ich sterb' und leb' auch nicht. Gott selber

stirbt in mir,

Und was ich leben soll, lebt Er auch für

und für.

Kein Tod ist seliger als in dem Herren sterben, Und um das ew'ge Gut mit Leib und See!' verderben. Der Tod, aus welchem nicht ein neues Leben blühet, Der ist's, den meine See!' von allen Toten fliehet. Ich glaub' an keinen Tod; sterb' ich auch alle Stunden, Hab' ich doch jedesmal ein besser Leben 'funden. Ich sterb' und leb' auch nicht. Gott selber stirbt in mir, Und was ich leben soll, lebt Er auch für und für.

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— 137 —

137

Schluss.

Mensch! was du liebst, in das musst du ver-

wandelt werden;

Schluss.

Gott, liebst du Gott, und Erde, liebst du Erden.

Den halt ich im Tingier'n für Meister und

Mensch! was du liebst, in das musst du verwandelt werden; Gott, liebst du Gott, und Erde, liebst du Erden. Den halt ich im Tingier'n für Meister und bewährt, Der Gott zu lieb' sein Herz ins reinste Gold verkehrt. Mein Herz ist ein Altar, mein Will' ist's Opfergut, Der Priester meine Seel' , die Liebe Feuer und Glut. Betrachte das Tingier'n, so siehst du schön und frei, Wie die Erlösung und wie dieVergött'rung sei. Da wird das Blei zu Gold; dann fällt der Zufall hin, Wenn ich durch Gott mit Gott in Gott verwandelt bin. Ich selbst bin das Metall; der Geist ist Feu'r und Herd, Messias die Tinktur, die Leib und Seer verklärt. Sobald durch Gottes F eu'r ich mag geschmolzen sein, . So drUckt mir Gott alsbald sein eigen Wesen . eIn.

bewährt,

Der Gott zu lieb' sein Herz ins reinste Gold

verkehrt.

Mein Herz ist ein Altar, mein Will' ist's

Opfergut,

Der Priester meine Seel', die Liebe Feuer

und Glut.

Betrachte das Tingier'n, so siehst du schön

und frei,

Wie die Erlösung und wie die Vergött'rung sei.

Da wird das Blei zu Gold; dann fällt der

Zufall hin,

Wenn ich durch Gott mit Gott in Gott ver-

wandelt bin.

Ich selbst bin das Metall; der Geist ist Feu'r

und Herd,

Messias die Tinktur, die Leib und Seel'

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verklärt.

Sobald durch Gottes Feu'r ich mag ge-

schmolzen sein,

So drückt mir Gott alsbald sein eigen Wesen

ein.

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— 138 -

13 8

Der heil'ge Geist, der schmilzt; der Vater,

--

der verzehrt;

Der Sohn ist die Tinktur, die Gold macht

Der heil'ge Geist, der schmilzt; der Vater, der verzehrt; Der Sohn ist die Tinktur, die Gold macht und verklärt. Die Goldheit machet Gold, die Gottheit machet Gott; Wirst du nicht eins mit ihr, so bleibst du Blei und Kot. Schau, wie die Goldheit ist des Goldes Fluss und Schein; So wird die Gottheit auch in Sel'gen alles sein. Freund! Es ist nun genug. Im Fall du mehr willst lesen, So geh' und werde selbst die Schrift, das Buch, das Wesen.

und verklärt.

Die Goldheit machet Gold, die Gottheit machet

Gott;

Wirst du nicht eins mit ihr, so bleibst du

Blei und Kot.

Schau, wie die Goldheit ist des Goldes Fluss

und Schein;

So wird die Gottheit auch in Sel'gen alles sein.

Freund! Es ist nun genug. Im Fall du mehr

willst lesen,

So geh' und werde selbst die Schrift, das

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Buch, das Wesen.

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Theosophie in China.

Betrachtungen über das Tao-Teh-King.

I

(Der Weg, die Wahrheit und das Licht.)

~~. . .e8

Aus dem Chinesischen des Lao-tze.

(Schluss.)

LXXIV.

I

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11I11t tri fItltlllfnlllttlllluttllUU....n

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.. un'''llu

Wenn man den Tod nicht fürchtet,

was könnte da die Todesstrafe als furcht-

erweckendes Mittel bezwecken?

Und wenn die Leute in beständiger

Todesfurcht leben würden, und ich alle

Übelthäter aufgreifen und töten könnte,

Theosophie in China.

würde ich wagen, es zu thun?

Wir haben beständig einen grossen

Henker in unserer Mitte.

Wer sich dessen Geschäft anmasst, ist

Betraehtnngen über das Tao-Teh-King.

wie einer, der dem grossen Baumeister ins

Handwerk pfuscht.

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(Der Weg, die Wahrheit und das Licht.) Aus dem Chinesischen des Lao-tze. (Schluss.)

LXXIV. Wenn man den Tod nicht fürchtet, was könnte da die Todesstrafe als furchterweckendes Mittel bezwecken? Und wenn die Leute in beständiger Todesfurcht leben würden, und ich alle Übelthäter aufgreifen und töten könnte, würde ich wagen, es zu thun? Wir haben beständig einen grossen Henker in unserer Mitte. Wer sich dessen Geschäft anmasst, ist wie einer, der dem grossen Baumeister ins Handwerk pfuscht.

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— 140 —

Ein solcher Mensch schneidet sich in

der Regel selbst in die Hand.1)

*) Die Todesstrafe als abschreckendes

Ein solcher Mensch schneidet sich in der Regel selbst in die Hand. i )

Mittel ist ein Überbleibsel eines Zeitalters der

Unwissenheit; denn dasjenige, was dem Men-

schen zum Handeln bewegt, kann nicht ge-

tötet werden. Der aus einem menschlichen

Körper durch Hinrichtung hinausgetriebene

böse Wille eines Übelthäters wird dadurch

1) Die Todesstrafe als abschreckendes Mittel ist ein Überbleibsel eines Zeitalters der Unwissenheit; denn dasjenige, was dem Menschen zum Handeln bewegt, kann nicht getötet werden. Der aus .einem menschlichen Körper durch Hinrichtung hinausgetriebene böse Wille eines Übelthäters wird dadurch nur noch gemeinschädlicher gemacht, weil er wieder andere Personen beeinflusst und sie zu ähnlichen Thaten treibt, wie diejenige war, wegen welcher er hingerichtet wurde. Ausserdem wird durch das erlittene Unrecht der Hinrichtung die Begierde nach Wiedervergeltung in der Seele des Hingerichteten entflammt und seine Gefährlichkeit somit vermehrt. Was nützt es, das Werkzeug zu zerstören, wenn man dem Werkführer nicht beikommen kann? Er wir-d leicht wieder andere Werkzeuge finden. Was nützt es, das Böse aus seinem Hause zu vertreiben, da es.doch leicht wieder eine andere Wohnung finden kann? Besser wäre es, zu versuchen, den Verbrecher zu bessern, indem man ihn zur Einsicht bringt, und dadurch den bösen Geist in einen guten Geist zu verwandeln.

nur noch gemeinschädlicher gemacht, weil er

wieder andere Personen beeinflusst und sie

zu ähnlichen Thaten treibt, wie diejenige war,

wegen welcher er hingerichtet wurde. Ausser-

dem wird durch das erlittene Unrecht der Hin-

richtung die Begierde nach Wiedervergeltung

in der Seele des Hingerichteten entflammt und

seine Gefährlichkeit somit vermehrt. Was

nützt es, das Werkzeug zu zerstören, wenn

man dem Werkführer nicht beikommen kann?

Er wird leicht wieder andere Werkzeuge

finden. Was nützt es, das Böse aus seinem

Hause zu vertreiben, da es doch leicht wieder

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eine andere Wohnung finden kann? Besser

wäre es, zu versuchen, den Verbrecher zu

bessern, indem man ihn zur Einsicht bringt,

und dadurch den bösen Geist in einen guten

Geist zu verwandeln.

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— 141 —

LXXV.

Das Volk leidet an Hungersnot in-

folge der grossen Steuern, die seine

LXXV.

Vorgesetzten ihm auferlegen.

Dies ist die Ursache seiner Armut.

Das Volk ist schwer zu regieren, weil

Das Volk leidet an Hungersnot infolge der grossen Steuern, die seine Vorgesetzten ihm auferlegen. Dies ist die Ursache seiner Armut. Das Volk ist schwer zu regieren, weil seine Vorgesetzten so rechthaberisch sind. Dies ist die Ursache seiner Unzufriedenheit Dem Volke liegt wenig am Sterben, weil das Leben so schwer gemacht wird. Dies ist die Ursache seiner Gleichgültigkeit gegen den Tod. Es ist 1?esser, das Leben gar nicht zu beachten, als es zu überschätzen. 1)

seine Vorgesetzten so rechthaberisch sind.

Dies ist die Ursache seiner Unzu-

friedenheit.

Dem Volke liegt wenig am Sterben,

weil das Leben so schwer gemacht wird.

Dies ist die Ursache seiner Gleich-

gültigkeit gegen den Tod.

Es ist besser, das Leben gar nicht zu

beachten, als es zu überschätzen.1)

J) Wer sich um die Last, die er zu tragen

hat, nicht bekümmert, der trägt sie leicht.

Wer an dieser Last hängt, der furchtet sie zu

verlieren.

LXXVI.

Der Mensch ist bei seiner Geburt

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biegsam und zart; im Tode steif und starr

1) Wer sich um die Last, die er zu tragen

hat, nicht bekümmert, der trägt sie leicht. Wer an dieser Last hängt, der fürchtet sie zu verlieren.

LXXVI. Der Mensch ist bei seiner Geburt biegsam und zart; im Tode steif und starr

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— 142 —

-

So ist es mit allem.

14 2

-

Bäume und Pflanzen sind in ihrer

Jugend biegsam und weich, aber im Tode

So ist es mit allem. Bäume und Pflanzen sind in ihrer Jugend biegsam und weich, aber im Tode verdorrt und zähe. Somit sind Steifheit und Starrheit die Begleiter des Todes, und Weichheit und Zartheit die Gefährten des Lebens. Deshalb kann der Krieger, welcher auf seine Starrheit vertraut, den Tod nicht besiegen, und der starke Baum wird nur ein Balken zum stützen. 1) Denn der Platz für den Harten und Starren ist unten, und der für den Zarten und Biegsamen oben.

verdorrt und zähe.

Somit sind Steifheit und Starrheit die

Begleiter des Todes, und Weichheit und

Zartheit die Gefährten des Lebens.

Deshalb kann der Krieger, welcher

auf seine Starrheit vertraut, den Tod nicht

besiegen, und der starke Baum wird nur

ein Balken zum stützen.1)

Denn der Platz für den Harten und

Starren ist unten, und der für den Zarten

und Biegsamen oben.

*) Der tote Balken trägt nichts aus eigener

selbstbewusster Kraft, sondern seine Stärke

wird, ohne dass er es weiss, zum Tragen

benutzt. So ist auch der sogenannte freie

Eigenwille des Menschen in Wirklichkeit

nicht frei, und kann nicht frei sein, so lange

er an die Eigenheit gebunden ist. Er bildet

sich ein, frei zu sein, dient aber in der That

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nur als eine Grundlage zur Entwicklung des

freien Willens.

1) Der tote Balken trägt nichts aus eigener selbstbewusster Kraft, sondern seine Stärke wird, ohne dass er es weiss, zum Tragen benutzt. So ist auch der sogenannte freie Eigenwille des Menschen in Wirklichkeit nicht frei, und kann nicht frei sein, so lange er an die Eigenheit gebunden ist. Er bildet sich ein, frei zu sein, dient aber in dec That nur als eine Grundlage zur Entwicklung des freien Willens.

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— 143 —

-

LXXVII.

143

-

Wie das Biegen des Bogens eines

Bogenschützen ist das Tao des Himmels.

LXXVII.

Es bringt das was hoch ist herab und

erhöht das Niedrige.1)

Wie das Biegen des Bogens eines Bogenschützen ist das Tao des Himmels. Es bringt das was hoch ist herab und erhöht das Niedrige.1) Es nimmt den Überfluss weg und ersetzt den Mangel.') Dies Tao des Himmels macht alles gleich.S) Das Tao ist nicht vom Menschen.') Der Mensch nimmt vom Armen und fügt es seinem Überflusse zu. Wer ist der Mensch, der Überfluss hat, und ihn der Welt dienstbar machen kann?

Es nimmt den Überfluss weg und

ersetzt den Mangel.2)

Dies Tao des Himmels macht alles

gleich.3)

Das Tao ist nicht vom Menschen.4)

Der Mensch nimmt vom Armen und

fügt es seinem Uberflusse zu.

Wer ist der Mensch, der Überfluss

hat, und ihn der Welt dienstbar machen

kann?

*) „Es steigt nichts zum Himmel empor,

was nicht zuvor vom Himmel herunterge-

kommen ist." (Kerning.)

J) Die Liebe teilt den Überfluss aus und

ersetzt den Mangel.

3) In der durch die Erkenntnis selbstlos

gewordenen Liebe giebt es keinen Unter-

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schied der Person.

4) Denn die menschliche Liebe ist hab-

süchtig und begierig nach eigenem Besitz.

Lotwbltthan LUI. 10

1) "Es steigt nichts zum Himmel empor, was nicht zuvor vom Himmel heruntergekommen ist." (Keming.)

') Die Liebe teilt den 'Überfluss aus und ersetzt den Mangel. 8) In der durch die Erkenntnis selbstlos gewordenen Liebe giebt es keinen U nterschied der Person. 4) Denn die menschliche Liebe ist habsüchtig und begierig nach eigenem Besitz. Lotublttlaln LIIL

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— 144 —

144

Nur derjenige, welcher Tao besitzt.5)

-

Deshalb handelt der Weise, ohne eine

Belohnung zu erwarten; er vollendet sein

Nur derjenige, welcher Tao besitzt. 5) Deshalb handelt der Weise, ohne eine Belohnung zu erwarten; er vollendet sein Werk und nimmt keinen Verdienst in Anspruch. 6) So verbirgt er seinen Reichtum. 7)

Werk und nimmt keinen Verdienst in

Anspruch.6)

So verbirgt er seinen Reichtum.7)

5) Weil er allein die wahre Erkenntnis hat.

*) Er handelt nicht selbst, sondern die

göttliche Liebe durch ihn.

") Sein Reichtum wird im Ewigen ange-

häuft.

LXXVIII.

Nichts in der Welt ist so schwächlich

und nachgiebig als das Wasser; dennoch

hat es nicht seinesgleichen, um das Starre

und Starke zu zerbrechen.

Da gab es kein „entweder, oder".

6) Weil er allein die wahre Erkenntnis hat.

Jedermann weiss, dass das Weiche das

Harte auflösen und das Schwache das

6) Er handelt nicht selbst, sondern die göttliche Liebe durch ihn.

Starke besiegen kann; aber niemand führt

dies thatsächlich aus.

Deshalb sagt der Weise: „Derjenige,

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welcher die Sünden seines Reiches trägt,

'1) Sein Reichtum wird im Ewigen ange-

häuft.

LXXVIII. Nichts in der Welt ist so schwächlich und nachgiebig als das Wasser; dennoch hat es nicht seinesgleichen, um das Starre und Starke zu zerbrechen. Da gab es kein "entweder, oder'. Jedermann weiss, dass das Weiche das Harte auflösen und das Schwache das Starke besiegen kann; aber niemand führt dies thatsächlich aus. Deshalb sagt der Weise: "Derjenige, welcher die Sünden seines Reiches trägt,

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ist der wirkliche Herrscher desselben.

-

Wer die Lasten des Volkes trägt, ist in

Wahrheit der König.

ist der wirkliche Herrscher desselben. Wer die Lasten des Volkes trägt, ist in Wahrheit der König. Die Worte der Wahrheit sind stets paradox.

Die Worte der Wahrheit sind stets

paradox.

LXXIX.

Wenn nach langem Streite ein Über-

einkommen geschlossen wird, so verbleibt

ein Grimm mit einer der beiden Parteien

zurück. Wie kann dies ein guter Aus-

gleich sein?

Deshalb giebt der Weise sich mit

einem Teile der Schuldabtragung zufrieden,

und verlangt nicht nach dem übrigen.

Der tugendhafte Mensch sieht darauf,

dass er seinen Verpflichtungen nachkommt,

LXXIX.

aber der Tugendlose ist auf seinen Vor-

teil bedacht.

Wenn nach langem Streite ein Übereinkommen geschlossen wird, so verbleibt ein Grimm mit einer der beiden Parteien zurück. Wie kann dies ein guter Ausgleich sein? Deshalb giebt der Weise sich mit einem Teile der Schuldabtragung zufrieden, und verlangt nicht nach dem übrigen. Der tugendhafte Mensch sieht darauf, dass er seinen Verpflichtungen nachkommt, aber der Tugendlose ist auf seinen Vorteil bedacht Das Tao des Himmels erkennt keine Günstlinge. Es steht stets dem guten Menschen bei. 1)

Das Tao des Himmels erkennt keine

Günstlinge.

Es steht stets dem guten Menschen bei.1)

*) Dies beweist die Lehre vom Karma,

10*

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nach der jeder dasjenige erntet, was er säet.

1) Dies beweist die Lehre vom Kanna, nach der jeder dasjenige erntet, was er säet. 10*

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146 —

LXXX.

Hätte ich ein kleines Königreich, und

nur zehn oder hundert tüchtige Leute,

so würde ich keinen Gebrauch von ihnen

LXxx.

machen.1)

Ich würde das Volk lehren den Tod

als etwas Trauriges zu betrachten, und

Hätte ich ein kleines Königreich, und nur zehn oder hundert tüchtige Leute, so würde ich keinen Gebrauch von ihnen machen. 1)

man würde dann nicht ausziehen, um ihn

zu suchen.2)

Obgleich man Schiffe und Wägen

hätte, so würde man doch nicht in ihnen

fortziehen.3)

Obgleich sie Waffen hätten, so wäre

doch kein Bedürfnis vorhanden, um sich

zu bewaffnen.4)

Ich würde das Volk lehren den Tod als etwas Trauriges zu betrachten, und man würde dann nicht ausziehen, um ihn zu suchen. 2)

1) Sie würden sich selbst durch ihr Bei-

spiel hinreichend nützlich machen.

2) Das sinnliche Leben ist der Tod; das

wahre Leben ist im Innern zu finden.

3) Sie würden nicht nach äusserlichen

Dingen suchen.

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4) Sie würden stark, aber friedfertig sein.

Obgleich man Schiffe und Wägen hätte, so würde man doch nicht in ihnen fortziehen. 8) Obgleich sie Waffen hätten, so wäre doch kein Bedürfnis vorhanden, um sich zu bewaffnen.4) 1) Sie würden sich selbst durch ihr Beispiel hinreichend nützlich machen.

2) Das sinnliche Leben ist der Tod; das wahre Leben ist im Innem zu finden. 8) Sie würden nicht nach äusserlichen Dingen suchen. 4) Sie würden stark, aber friedfertig sein.

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-

Man würde zum Gebrauche des quipo

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-

zurückkehren.5)

Man würde grobe Nahrung süss, ein-

Man würde zum Gebrauche des quipo zurückkehren. 6)

fache Kleidung schön finden, die Heim-

stätte als Ruheplatz betrachten und an

harmlosen Belustigungen Vergnügen fin-

den.6)

Wäre auch ein benachbarter Staat so

Man würde grobe Nahrung sUss, einfache Kleidung schön finden, die Heimstätte als Ruheplatz betrachten und an harmlosen Belustigungen Vergnügen finden.li)

in der Nähe, dass man ihn sehen und

das Krähen der Hähne und Bellen der

Hunde vernehmen könnte; so würde doch

mein Volk alt werden und sterben, ohne

jemals die Notwendigkeit zu empfinden,

mit ihm zu verkehren.7)

5) „Quipo", die einfache, altperuvianische

Knotenschrift. Das überflüssige Geschreibsel

würde aufhören.

*) Man würde von der Vielheit zur Ein-

fachheit zurückkehren.

Wäre auch ein benachbarter Staat so in der Nähe, dass man ihn sehen und das Krähen der Hähne und Bellen der Hunde vernehmen könnte; so würde doch mein Volk alt werden und sterben, ohne jemals die Notwendigkeit zu empfinden, mit ihm zu verkehren.")

Man würde im eigenen Innern volle

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Zufriedenheit finden,

5) "Quipo", die einfache, altperuvianische Knotenschrift. Das überflüssige Geschreibsel würde aufhören. 6) Man würde von der Vielheit zur Einfachheit zurückkehren. 7) Man würde im eigenen Innem volle

Zufriedenheit finden,

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LXXXI.

Aufrichtige Worte sind nicht hoch-

trabend.

LXXXI.

Hochtrabende Worte sind nicht glaub-

würdig.

Aufrichtige Worte sind nicht hochtrabend. Hochtrabende Worte sind nicht glaubwürdig. Wer Tao besitzt, hadert nicht. Wer widerspricht, ist nicht in Tao erfahren. Wer Tao kennt, ist nicht gelehrt. Die Gelehrten kennen es nicht Der Weise häuft keine Besitztümer an. Je mehr er anderen giebt, um so mehr hat er für sich selbst. Je mehr er giebt, um so reicher wird er. Dies ist das Tao des Himmels, welches alles durchdringt und nichts beschädigt. Dies ist das Tao des Weisen, welcher handelt, aber nicht strebt.

Wer Tao besitzt, hadert nicht

Wer widerspricht, ist nicht in Tao er-

fahren.

Wer Tao kennt, ist nicht gelehrt.

Die Gelehrten kennen es nicht.

Der Weise häuft keine Besitztümer an.

Je mehr er anderen giebt um so mehr

hat er für sich selbst.

Je mehr er giebt, um so reicher wird er.

Dies ist das Tao des Himmels, welches

alles durchdringt und nichts beschädigt

Dies ist das Tao des Weisen, welcher

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handelt aber nicht strebt

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Moderne Legende.

\

Von Dorothee Goebeler in Berlin.

Gott, der Herr, zur Erde nieder

kam er einst vom Himmelszelt,

wollte ungesehen wieder

einmal wandern durch die Welt.

Über sommerstille Lande

geht er hin im Abendschein,

tritt im ärmlichen Gewande

endlich auch zur Stadt hinein.

Ringsum ragende Paläste,

Moderne Legende.

in den Fenstern Lichterglanz,

drinnen wogen frohe Feste,

drinnen tönt Musik und Tanz,

Von Dorothee Goebeler in Berlin.

drinnen rauschen Samt und Seide,

funkeln Gold und Flittertand,

draussen drückt im Bettlerkleide

sich die Armut an die Wand.

Trübe Augen, blasse Wangen,

Gott, der Herr, zur Erde nieder kam er einst vom Himmelszelt, wollte ungesehen wieder einmal wandern durch die Welt. Über sommerstille Lande geht er hin im Abendschein, tritt im ärmlichen Gewande endlich auch zur Stadt hinein. Ringsum ragende Paläste, in den Fenstern Lichtetglanz, drinnen wogen frohe Feste, drinnen tönt Musik und Tanz, drinnen rauschen Samt und Seide, funkeln Gold und Flittertand, draussen drückt im Bettlerkleide sich die Armut an die Wand. Trübe Augen, blasse Wangen, weint der Hunger, darbt die Not, aber niemand kommt gegangen,

weint der Hunger, darbt die Not,

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aber niemand kommt gegangen,

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— 150 —

der sie labt mit Wein und Brot. —

-

— Hochgewölbte Münsterhallen

steigen auf im Abendschein,

der sie labt mit Wein und Brot. - ~ochgewölbte Münsterhallen steigen auf im Abendschein, helle Kirchenglocken schallen feierlich ins Land hinein. An des Friedhofs grauem Thore bleibt der Schöpfer wartend stehn, sieht zum hohen Kirchenchore all die Beterscharen gehn, die, dem goldnen Kalb zu dienen, eben noch allein bereit, kommen jetzt mit frommen Mienen, s~er Andacht ganz geweiht; schlagen all die Augen nieder auf das Psalmbuch in der Hand, murmeln alle fromme Lieder, ganz der Erde abgewandt. Für der Armut Leid und Lasten hatten sie nicht Wort und Sinn, aber - in den Gotteskasten legen sie ihr Scherflein hin. Und der Herr, der in die Herzen schaut, bis in der Seele Grund, blickt voll nie gefühlter Schmerzen, und voll Zürnen spricht sein Mund: ,,Frömmigkeit hegt ihr in Worten, Falschheit hegt ihr in der Brust,

helle Kirchenglocken schallen

feierlich ins Land hinein.

An des Friedhofs grauem Thore

bleibt der Schöpfer wartend stehn,

sieht zum hohen Kirchenchore

all die Beterscharen gehn,

die, dem goldnen Kalb zu dienen,

eben noch allein bereit,

kommen jetzt mit frommen Mienen,

stummer Andacht ganz geweiht;

schlagen all die Augen nieder

auf das Psalmbuch in der Hand,

murmeln alle fromme Lieder,

ganz der Erde abgewandt.

Für der Armut Leid und Lasten

hatten sie nicht Wort und Sinn,

aber — in den Gotteskasten

legen sie ihr Scherflein hin.

Und der Herr, der in die Herzen

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schaut, bis in der Seele Grund,

bückt voll nie gefühlter Schmerzen,

und voll Zürnen spricht sein Mund:

„Frömmigkeit hegt ihr in Worten,

Falschheit hegt ihr in der Brust,

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— 151 —

fröhnt auch hier, wie aller Orten,

nur der Erde eitler Lust;

lindert nicht der Armut Bürden,

fröhnt auch hier, wie aller Orten, nur der Erde eitler Lust; lindert nicht der Armut Bürden, weil ihr Weh das Herz euch schwoll, nein, auf dass mit Amt und Würden es die Welt euch lohnen soll. Nutzt es, dass ihr Kirchen zimmert und mich grüsst mit Glocken laut, wenn den Tempel ihr zertrümmert, den in euch ich mir erbaut? Aus der Münster toten Hallen, von des Altars kaltem Stein wendet euch und kehrt vor allen, Menschen, bei den Menschen ein: den Verlassenen und Armen, liebend eure Herzen weiht. Euer Glaube sei - Erbarmen, W ohlthun eure Frömmigkeit Erst wenn niemand mehr auf Erden drückt die Armut, beugt das Recht, wenn zu Brüdern wieder werden Arm und Reich und Herr und Knecht: dann erst folgt den Glockenklängen, dann erst dürft ihr Kirchen baun, und mit frommen Lobgesängen dankend auf zum Himmel schaun."

weil ihr Weh das Herz euch schwoll,

nein, auf dass mit Amt und Würden

es die Welt euch lohnen soll.

Nutzt es, dass ihr Kirchen zimmert

und mich grüsst mit Glocken laut,

wenn den Tempel ihr zertrümmert,

den in euch ich mir erbaut?

Aus der Münster toten Hallen,

von des Altars kaltem Stein

wendet euch und kehrt vor allen,

Menschen, bei den Menschen ein:

den Verlassenen und Armen,

liebend eure Herzen weiht.

Euer Glaube sei — Erbarmen,

Wohlthun eure Frömmigkeit.

Erst wenn niemand mehr auf Erden

drückt die Armut, beugt das Recht,

wenn zu Brüdern wieder werden

Arm und Reich und Herr und Knecht: —

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dann erst folgt den Glockenklängen,

dann erst dürft ihr Kirchen baun,

und mit frommen Lobgesängen

dankend auf zum Himmel schaun."

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Briefkasten.

Fragen von Abonnenten, welche nicht rein persönlicher Natur,

sondern Ton allgemeinem Interesse sind, werden durch den Ver-

fasser der „Lotusblüthen" im „Briefkasten" besprochen.

O. TS. in B. Wer nicht in sich selbst zwischen seinem

persönlichen Scheinselbst und seinem wahren, göttlichen und

unendlichen Selbst unterscheiden kann, der wird auch nicht

zwischen der äusserlichen »Theosophischen Gesellschaft«

und dem dahinter stehenden geistigen Einflüsse, von dem

Briefkasten.

sie durchdrungen werden sollte, unterscheiden können. Ohne

diesen Einfluss wäre die »Theosophische Gesellschaft in

Deutschland« nur einer der kleineren auf Vereinsmeierei

Fragen TOD Abonnenten, welche nieht rein pen6nlicher Natu, aondern TOD allgemeinem Intereae aind, werden durch den Ver· lauer der "Lotubltlthen" im ,,Briefkuten" beaproehen.

gegründeten Forschungsvereine, deren es bereits zahlreiche

giebt . Was die »Theosophische Gesellschaft« über alle

dergleichen Vereine stellt, ist der geistige Einfluss der

Meister der Weisheit, welche zur Gründung dieser Ver-

brüderung den Anlass gegeben haben, ein Einfluss der

o.

jedem zugänglich ist, wenn er sich dafür empfänglich macht,

N. in B. Wer nicht in sich selbst zwischen seinem persönlichen Scheinselbst und seinem wahren, göttlichen und unendlichen Selbst unterscheiden kann, der wird auch nicht zwischen der äusserlichen :.Theosophischen Gesellschaft« und dem dahinter stehenden geistigen EinflUS5~ Ton dem sie durchdrungen werden sollte, unterscheiden können. Ohne diesen Einfluss wire die :.Theosophische GeselJscbaft in Deutschland« nur einer der kleineren auf Vereinsmeierei gegründeten Forschungsve:reine, deren es bereits zahlreiche giebt. Was die :.Theosophische Gesellschaft« über alle dergleichen Vereine stellt, ist der geistige Einfluss der Meister der Weisheit, welche zur Gründung dieser Verbrüderung den Anlass gegeben haben, ein Einfluss der jedem zugänglich ist, wenn er sich dafiir empflinglich macht, indem er sich nicht ablehnend gegen denselben verhilt. Eine Hingebung an dieses geistige Licht sollte aber nicht mit einem blinden Autoritätenglauben verwechselt werden; sondern nicht nur jede Gruppe, sondern auch jedes einzelne Mitglied der T. S. sollte auf eigenen Füssen stehen und sich selbst zu regieren lemen. Damit ist nicht gesagt, dass jeder seinen Eigendünkel als Ausgangspunkt nehmen, sondern dass jeder das Licht der Weisheit, welches er von den Adepten empflngt, in sich leuchten lassen, und dadurch zu einem Mittelpunkte werden solle, zu dem diejenigen angezogen werden, welche dieses Licht in ihm erkennen. Auf diese Weise bilden sich wahre theosophische Gruppen

indem er sich nicht ablehnend gegen denselben verhält.

Eine Hingebung an dieses geistige Licht sollte aber nicht

mit einem blinden Autoritätenglauben verwechselt werden;

sondern nicht nur jede Gruppe, sondern auch jedes einzelne

Mitglied der T. S. sollte auf eigenen Füssen stehen und

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sich selbst zu regieren lernen. Damit ist nicht gesagt, dass

jeder seinen Eigendünkel al s Ausgangspunkt nehmen,

sondern dass jeder das Licht der Weisheit, welches er von

den Adepten empfangt, in sich leuchten lassen, und dadurch

zu einem Mittelpunkte werden solle, zu dem diejenigen

angezogen werden, welche dieses Licht in ihm erkennen.

Auf diese Weise bilden sich wahre theosophische Gruppen

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153

in der T. S. von selbst, welche den Geist der Freiheit und

diejenige Harmonie besitzen, ohne welche keine solche Ver-

brüderung denkbar ist.

in der T. S. von selbst, welche den Geist der Freiheit und diejenige Harmonie besitzen, ohne welche keine solc;he Verbrüderung denkbar ist.

R. S. in G. Der erste Zweck der Theosophit ist in

sich selbst und in allem die wahre Majestät der Mensch-

heit kennen zu lernen und sie auch äusserlich zu verwirk-

lichen. Wer das Wohl und Wehe der ganzen Menschheit

in sich selbst empfindet, dessen Selbst erweitert sich; er

R. B. in G. Der ente Zweck der Theosophie ist in sich selbst und in allem die wahre Majestät der Menschheit kennen zu lernen und sie auch iusserlich zu verwirklichen. Wer das Wohl und Wehe der ganzen Menschheit in sich selbst empfindet, dessen Selbst erweitert sich; er erhebt sich über das persönliche Selbst und kann nicht mehr kleinlich sein.

erhebt sich über das persönliche Selbst und kann nicht

mehr kleinlich sein.

G. M. in W. Der »esoterische Kreis« der T. S. ist

eine geistige Verbrüderung, und eine Mitgliedschaft der

damit verbundenen äusseren Form hat nur dann einen

Wert, wenn sich die Mitglieder bereits gegenseitig gefunden

haben. Ohne diese geistige Verbindung und Harmonie ist

ein sogenannter »esoterischer Kreis« nur ein gehaltloses

und nutzloses Ding. Wer dazu reif ist, dem wirklichen

esoterischen Kreise beizutreten, dem braucht man nicht erst

zu sagen, an wen er sich wenden soll; es giebt aber viele,

die das Gute, das ihnen geboten wird, zurückweisen, weil

G. M. in W.

Der· »esoterische Kreis« der T. S. ist eine geistige Verbrüderung, und eine Mitgliedschaft der damit verbundenen äusseren Form hat nur dann einen Wert, wenn sich die Mitglieder bereits gegenseitig gefunden haben. Ohne diese geistige Verbindung und Harmonie ist ein sogenannter »esoterischer Kreis« nur ein gehaltloses und nutzloses Ding. Wer dazu reü ist, dem wirklichen esoterischen Kreise beizutreten, dem braucht man nicht erst zu sagen, an wen er sich wenden soll; es giebt aber viele, die das Gute, das ihnen geboten wird, zurückweisen, weil sie es nicht erkennen, und es in der Ferne suchen, wo sie es nicht finden. Wer nach dem Lichte strebt, den findet das Licht.

sie es nicht erkennen, und es in der Ferne suchen, wo sie

es nicht finden. Wer nach dem Lichte strebt, den findet

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das Licht.

K. R. in N. — Um der »Theosophischen Gesellschaft«

beizutreten, dazu ist jeder geeignet, dem es ernstlich um

die Liebe zur Menschheit und um die Erkenntnis der

Wahrheit zu thun ist. Wer aber herrschsüchtig ist und

seine eigenen Meinungen den anderen aufdrängen will, der

ist darin nicht zu brauchen; denn die T. S. erkennt keine

Sonderbestrebungen an, sie kann nicht »theosophisch« sein

ohne frei zu sein. Alle bisherigen Zwistigkeiten in der-

selben sind nur dadurch entstanden, dass einzelne Mitglieder

nicht gegen die anderen diejenige Toleranz übten, welche

K. R. in N. - Um der »Theosophischen Gesellschaft« beizutreten, dazu ist jeder geeignet, dem es ernstlich um die Liebe zur Menschheit und um die Erkenntnis der Wahrheit zu thun ist. Wer aber herrschsüchtig ist und seine eigenen Meinungen den anderen aufdrängen will, der ist darin nicht zu brauchen; denn die T. S. erkennt keine Sonderbestrebungen a~ sie kann nicht »theosophisch« sein ohne frei zu sein. Alle bisherigen Zwistigkeiten in derselben sind nur dadurch entstanden, dass einzelne Mitglieder nicht gegen die. anderen diejenige Toleranz übten, welche

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154

sie für sich selber in Anspruch nehmen. Wenn eine Armee

gegen den Feind marschiert, und ein Teil derselben auf

Abwege gerät, so ist es ein grosser Irrtum, die vorwärts

sie für sich selber in Anspruch nehmen. Wenn eine Armee gegen den Feind marschiert, und ein Teil derselben auf Abwege gerät, so ist es ein grosser Irrtum, die vorwlrts Marschierenden als »Secessionistenc zu betrachten. Wenn in einer freien Gesellschaft einige Sektierer einen Anhang gewinnen, so sind die Sektierer die Abtrünnigen, nicht aber diejenigen, welche der Konstitution ihrer Gesellschaft treu bleiben.

Marschierenden als »Secessionisten« zu betrachten. Wenn

in einer freien Gesellschaft einige Sektierer einen Anhang

gewinnen, so sind die Sektierer die Abtrünnigen, nicht aber

diejenigen, welche der Konstitution ihrer Gesellschaft treu

bleiben.

K. E. in M. — Der Mann ist das Symbol des Scharf-

sinns und der Klugheit, das Weib das Symbol der Liebe

und der Verwirklichung durch die That. Ohne das Weib

bleibt der Mann ewig nur ein Träumer, ein nutzloses Ge-

bilde der Phantasie, dessen Ideale niemals verwirklicht

werden. Lange genug hat die Welt unter der Herrschaft

der männlichen Elemente gelitten, geschwärmt und geträumt,

ohne etwas Gutes zuwege zu bringen. Es ist endlich Zeit,

K. R. in :M. - Der Mann ist das Symbol des Scharf· sinns und der Klugheit, das Weib das Symbol der Liebe und der Verwirklichung durch die That. Ohne das Weib bleibt der Mann ewig nur ein Träumer, ein nutzloses' Gebilde der Phantasie, dessen Ideale niemals verwirklicht werden. Lange genug hat die Welt unter der Herrschaft der männlichen Elemente gelitten, geschwärmt und geträumt, ohne etwas Gutes zuwege zu bringen. Es ist endlich Zeit, dass das Weib nach der ihm gebührenden Herrschaft greift; nicht um den Mann zu tyrannisieren, sondern damit die Liebe vereint mit der Intelligenz die Welt regiert.

dass das Weib nach der ihm gebührenden Herrschaft

greift; nicht um den Mann zu tyrannisieren, sondern damit

die Liebe vereint mit der Intelligenz die Welt regiert.

S. S. in K. — Der anscheinende Widerspruch der

Lehren Gautamas mit den Lehren der »Meister« in Bezug

auf die Reinkarnation erklärt sich einfach dadurch, dass

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Gautama Buddha die Sache vom göttlichen, die »Meister«

dieselbe vom menschlichen Standpunkte beschreiben. Die

Gottheit (das Absolute) inkarniert sich nie; sie bleibt ewig

und unverändert dieselbe; aber die Formen, in welchen sie

erscheint, ändern sich, sterben und werden wiedergeboren.

So bleibt auch die Sonne selbst unverändert, aber ihr Licht

ruft immer wieder neue Lebens-Erscheinungen ins Dasein,

welche dem Gesetze der Evolution folgen. Die Gottheit

selbst unterliegt keiner Evolution. Die Natur ist wie ein

Spiegel, in dem sich die Gottheit sieht. Da treten unzählige

Formen und Bilder auf, aber das Selbstbewusstsein der

B. B. in K. - Der anscheinende Widerspruch der Lehren Gautamas mit den Lehren der »Meistere in Bezug auf die Reinkarnation erklärt sich einfach dadurch, dass Gautama Buddha die Sache vom göttlichen, die »Meister« dieselbe vom menschlichen Standpunkte beschreiben. Die Gottheit (das Absolute) inkarniert sich nie; sie bleibt ewig und unverändert dieselbe; aber die Formen, in welchen sie erscheint, ändern sich, sterben und werden wiedergeboren. So bleibt auch die Sonne selbst unverändert, aber ihr Licht ruft immer wieder neue Lebens-Erscheinungen ins Dasein, welche dem Gesetze der Evolution folgen. Die Gottheit selbst unterliegt keiner Evolution. Die Natur ist wie ein Spiegel, in dem sich die Gottheit sieht. Da treten unzählige Formen und Bilder auf, aber das Selbstbewusstsein der

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Gottheit in ihnen ist keiner Veränderung unterworfen. Der

Geist (Atma) ist unsterblich, er wurde nie geboren und

stirbt nicht; aber die Seele (Manas) muss erst ihre Un-

Gottheit in ihnen ist keiner Verinderung unterworfen. Der Geist (Abna) ist unsterblich, er wurde nie geboren und stirbt nicht; aber die Seele (Manas) muss erst ihre Unsterblichkeit dadurch erringen, dass sie sich mit dem Geiste vereint, und dies geschieht dadurch, dass, wenn durch die Erfahrungen, welche die Seele in ihren Verkörperungen macht, alle Täuschungen verschwunden sind, der Geist der Wahrheit, die Gotteserkenntnis in ihr offenbar wird.

sterblichkeit dadurch erringen, dass sie sich mit dem

Geiste vereint, und dies geschieht dadurch, dass, wenn durch

die Erfahrungen, welche die Seele in ihren Verkörperungen

macht, alle Täuschungen verschwunden sind, der Geist der

Wahrheit, die Gotteserkenntnis in ihr offenbar wird.

Christlicher Theologe in O. — Der Anfang der

Theosophie oder Gotteserkenntnis besteht darin, dass man

den Mensch gewordenen »Sohn« Gottes (Jesus Christus) er-

kennen lernt. Diese Erkenntnis ist aber das Endziel und

der Endzweck aller Theosophie. Daher spricht Jesus

zum Menschen im Innern, wie auch im Äussern: Ich bin

der Anfang und das Ende, dass A und das Q. Ohne Gott

ist kein Anfang der Gotteserkenntnis, und am Ende giebt

Christlicher Theologe in G. -

es nichts höheres zu erkennen als ihn. Deshalb sagten die

Der Anfang der Theosophie oder Gotteserkenntnis besteht darin t dass man den Mensch gewordenen »Sohne Gottes Gesus Christus) erkennen lernt. Diese Erkenntnis ist aber das Endziel und der Endzweck aller Theosophie. Daher spricht Jesus zum Menschen im Innern, wie auch im Äussern: Ich bin der Anfang und das Ende, dass A und das Q. Ohne Gott ist kein Anfang der Gotteserkenntnis , und am Ende giebt es nichts höheres zu erkennen als ihn. Deshalb sagten die alten Rosenkreuzer: »Werden Einen erkennt, der erkennt alles; wer vieles zu kennen glaubt, kennt in WlI'klichkeit nichts.«

alten Rosenkreuzer: »Wer den Einen erkennt, der erkennt

alles; wer vieles zu kennen glaubt, kennt in Wirklichkeit

nichts.«

IT. P. in L. — Die einzige Art, wie man in dem »eso-

terischen Kreise« etwas lernen kann, ist, dass man aus

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dem Egoismus hinauswächst und von der Beschränktheit

des Selbstwahns und Eigendünkels frei wird. Da giebt es

viele, welche sich einbilden, dass sie die Auserwählten

seien, und dass man ihnen wegen ihrer »Verdienste« (die

übrigens sehr selten zu entdecken sind) allerlei »Geheim-

nisse« anvertrauen werde, welche die übrigen Sterblichen

nicht wissen dürfen. Ein solcher »esoterischer Kreis« ist

ein Kinderspiel und dient nur dazu, den Eigendünkel zu

kräftigen anstatt ihn zu schwächen. Die wahre »Esoterik«

besteht in der geistigen Erkenntnis der ewigen Wahrheit,

und hierzu ist eine Erweiterung des geistigen Horizonts nötig,

N. F. in L. - Die einzige Art, wie man in dem »esoterischen Kreise« etwas lernen kann, ist, dass man aus dem Egoismus hinauswichst und von der Beschrinktheit des Selbstwahns und Eigendilnkels frei wird. Da giebt es viele, welche sich einbilden, dass sie die Auserwllhlten seien, und dass man ihnen wegen ihrer •Verdienste« (die übrigens sehr leIten zu entdecken sind) allerlei »Geheimnisse« anvertrauen werde, welche die übrigen Sterblichen nicht wissen dürfen. Ein solcher .esoterischer Kreis« ist ein Kinderspiel und dient nur dazu, den Eigendünkel zu krlftigen anstatt ihn zu schwichen. Die wahre .Esoterik« besteht in der geistigen Erkenntnis der ewigen Wahrheit, und hierzu ist eine Erweiterung des geistigen Horizonts nötig,

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— 156 —

die nur durch die Überwindung der Beschränktheit, welche

der Selbstwahn mit sich bringt, erlangt werden kann; denn

in der Borniertheit kann das Unendliche nicht offenbar

die nur durch die Überwindung der Beschränktheit, welche der Selbstwahn mit sich bringt, erlangt werden kann; denn in der Borniertheit kann das Unendliche nicht offenbar werden; selbst wenn man Mitglied eines »esoterischen Kreises« ist.

werden; selbst wenn man Mitglied eines »esoterischen

Kreises« ist.

J. E. in K, — Der Vorteil, den man davon hat, dass

man sich der »Theosophischen Gesellschaft« anschliesst, ist,

dass man dadurch Mitglied einer Verbrüderung wird, deren

Prinzip so gross ist, dass die ganze Menschheit mit allen

ihren Religionen und Vereinen sich darin zusammen finden

kann, und dass man hierdurch mit den edelsten Menschen

J. B.. in K. -

und tiefsten Denkern aller Nationen nicht nur geistig,

Der Vorteil, den man davon hat, dass man sich der »Theosophischen Gesellschaft« anschliesst, ist, dass man dadurch Mitglied einer Verbrüderung wird, deren Prinzip so gross ist, dass die ganze Menschheit mit allen ihren Religionen und Vereinen sich darin zusammen finden kann, und dass man hierdurch mit den edelsten Menschen und tiefsten Denkern aller Nationen nicht nur geistig, sondern auch äusserlich in Berührung kommen kann. Man sollte aber niemanden zum Beitritt auffordern; denn gerade die eigene Intuition, welche einen Menschen zum Beitritt veranlasst, ist das Zeichen, dass er hierzu tauglich ist. Wer den Beruf zu einem höheren Leben nicht in sich selbst fiihlt, der ist noch nicht reif dafür; seine Zeit ist noch nicht gekommen. Wer aber die Theosophie oder den Okkultismus nur als »Sport« betreiben will, der kann den Geist, welcher das Leben der »Theosophischen Gesellschaft« ist, nicht erfassen. Solche Personen fallen, wenn die Zeit der Ernte kommt, wie die Erfahrung bewiesen hat, von selbst wieder ab. Die»Theosophische Gesellschaft« ist eine Vereinigung, welcher jeder edel und vernünftig denkende Mensch ohnehin innerlich und geistig angehört; die äusserliche Form bezweckt das Zusammenwirken und die Verwirklichung der Ideale der Menschheit im alltäglichen Leben.

sondern auch äusserlich in Berührung kommen kann. Man

sollte aber niemanden zum Beitritt auffordern; denn gerade

die eigene Intuition, welche einen Menschen zum Beitritt

veranlasst, ist das Zeichen, dass er hierzu tauglich ist. Wer

den Beruf zu einem höheren Leben nicht in sich selbst

fühlt, der ist noch nicht reif dafür; seine Zeit ist noch nicht

gekommen. Wer aber die Theosophie oder den Okkul-

tismus nur als »Sport« betreiben will, der kann den Geist,

welcher das Leben der »Theosophischen Gesellschaft« ist,

nicht erfassen. Solche Personen fallen, wenn die Zeit der

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Ernte kommt, wie die Erfahrung bewiesen hat, von selbst

wieder ab. Die »Theosophische Gesellschaft« ist eine Ver-

einigung, welcher jeder edel und vernünftig denkende Mensch

ohnehin innerlich und geistig angehört; die äusserliche Form

bezweckt das Zusammenwirken und die Verwirklichung der

Ideale der Menschheit im alltäglichen Leben.

B. K. in W. — In unserer Antwort im »Briefkasten«

auf Seite 75 haben wir versucht, es klar zu machen, dass

die Theosophie oder göttliche Selbsterkenntnis die über

allen Selbstwahn erhabene göttliche Liebe ist, und dass,

wer gegen das Gesetz der Liebe handelt, kein Theosoph

B. K. in W. - In unserer Antwort im »Briefkasten« auf Seite 7S haben wir versucht, es klar zu machen, dass die Theosophie oder göttliche Selbsterkenntnis die über allen Selbstwahn erhabene göttliche Liebe ist, und dass, wer gegen das Gesetz der Liebe handelt, kein Theosoph

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— 157 —

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ist, wenn er auch noch so gelehrt über dasjenige reden

kann, was er in den Büchern über die »Geheimlehre« ge-

lesen hat. Die Grundlage der »Theosophischen Gesell-

ist, wenn er auch noch so gelehrt über dasjenige reden kann, was er in den Büchern über die »Geheimlehre« gelesen hat. Die Grundlage der »Theosophischen Gesellschafte ist nicht die Rechthaberei, sondern die Erkenntnis der Einheit Gottes in der Menschheit, welche alle Menschen vereint.

schaft« ist nicht die Rechthaberei, sondern die Erkenntnis

der Einheit Gottes in der Menschheit, welche alle Menschen

vereint.

"W. T. in S. — Wenn Sie den zehnten Teil von ge-

wissen Artikeln, die in den »Lotusblüthen« erschienen

sind, z. B. Sankaracharyas »Tattwa Bodha«, oder die

Bhagavad Gita, oder die Schriften Eckharts, oder auch

nur Ihren Thomas von Kempis begriffen haben, so wissen

Sie mehr, als Ihnen durch irgend welche heimliche Mit-

W. T. in 8. -

Wenn Sie den zehnten Teil von gewissen Artikeln. die in den »Lotusblüthene erschienen sind. z. B. Sankaracharyas »Tattwa Bodha«, oder die Bhagavad Gita. oder die Schriften Eckharts, oder auch nur Ihren Thomas von Kempis begriffen haben, so wissen Sie mehr, als Ihnen durch irgend welche heimliche Mitteilungen gegeben werden kann. Weshalb suchen Sie Ihren geistigen Führer nicht in dem Lichte. das in Ihnen selbst nach Offenbarung strebt?

teilungen gegeben werden kann. Weshalb suchen Sie Ihren

geistigen Führer nicht in dem Lichte, das in Ihnen selbst

nach Offenbarung strebt?

8. B. in T. — Die Opposition gegen Sanskritworte

entspringt teils dem nationalen Eigendünkel, teils geht sie

von denjenigen aus, welche zu träge sind, um sich auch

nur die geringste Mühe zum Denken zu geben, und gerne

sich die Weisheit eintrichtern lassen möchten, ohne in ihrer

Bequemlichkeit gestört zu werden. Es ist aber in der

okkulten Wissenschaft von vielen Dingen die Rede, wofür

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es im Deutschen gar keine passende Bezeichnung giebt,

oder deren ursprüngliche Bezeichnungen heutzutage verkehrt

aufgefasst werden. Würde man z. B. das Wort »Karma«

mit »Handlung«, »Atma« mit »Geist«, »Buddhi« mit

8. Re in T. - Die Opposition gegen Sanskrltworte entspringt teils dem nationalen Eigendünkel, teils geht sie von denjenigen aus, welche zu trAge sind, um sich auch nur die geringste Mühe zum Denken zu geben. und gerne sich die Weisheit eintrithtem lassen möchten, ohne in ihrer Bequemlichkeit gestört zu werden. Es ist aber in der okkulten Wissenschaft von vielen Dingen die Rede. wofiir es im Deutschen gar keine passende Bezeichnung giebt, oder deren ursprüngliche Bezeichnungen heutzutage verkehrt aufgefasst werden. Würde man z. B. das Wort »Karmae mit »Handlung«, »Atmae mit »Geiste. »Buddhi« mit »Verstand«, »Kama loca« mit »Fegefeuer«, »Swargae mit »Himmel«, »Brahma« mit »Gotte u. s. w. übersetzen. so würden wohl die meisten diesen Worten ihre modernen Auffassungen beilegen, die doch der wahren Bedeutung geradezu entgegengesetzt und irrig sind. Wer aus der indischen Philosophie, von welcher Schopenhauer sagt, dass sie die Freude seines Lebens und sein Trost im Sterben sei, etwas lernen will, der muss sich auch dazu

»Verstand«, »Kama loca« mit »Fegefeuer«, »Swarga«

mit »Himmel«, »Brahma« mit »Gott« u. s. w. übersetzen,

so würden wohl die meisten diesen Worten ihre modernen

Auffassungen beilegen, die doch der wahren Bedeutung

geradezu entgegengesetzt und irrig sind. Wer aus der

indischen Philosophie, von welcher Schopenhauer sagt,

dass sie die Freude seines Lebens und sein Trost im

Sterben sei, etwas lernen will, der muss sich auch dazu

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bequemen, in ihren Geist einzudringen, und hierzu dient eine

Kenntnis der darin gebrauchlichen Bezeichnungen.

F. R. in L. — Die beste Methode Theosophie zu

bequemen, in ihren Geist einzudringen, und hierzu dient eine Kenntnis der darin gebräuchlichen Bezeichnungen.

studieren besteht darin, dass man die wahre Majestät der

Menschheit in sich selbst erfassen und kennen lernt.

G. Ij. in M. — Jeder, der begreift, was die Theo-

F. R. in L.· - Die beste Methode Theosophie zu studieren besteht darin, dass man die wahre Majestät der Menschheit in sich selbst erfassen und kennen lernt.

sophie ist, ist auch schon Theosoph; einerlei ob er einer

»theosophischen Gesellschaft« angehört, oder nicht; denn es

gehört Theosophie (die Kraft der Weisheit) dazu, um zu

begreifen was Theosophie ist.

O. Z. in D. — Das von Ihnen gewünschte Gedicht

G. L. in K. -

Jeder, der begreift, was die Theosophie ist, ist auch schon Theosoph; einerlei ob er einer :.theosophischen Gesellschaft« angehört, oder nicht; denn es gehört Theosophie (die Kraft der Weisheit) dazu, um zu begreifen was Theosophie ist.

ist ganz theosophisch und lautet wie folgt:

Ein weites Herz gieb mir, das allen, allen,

Den Ärmsten auch entgegenschlägt

Und Schafe, die verirrt und t1ef gefallen,

In Hirtenliebe heim zum Hirten trägt I

Ein grosses Herz, das gern vor allem Hohen

Sich beugt und alles Schlechte hasst und flieht,

Durch edlen Sinn beschämt den Sinn des Rohen

o.

Und auch dem grössten Feinde gern verzieht;

Z. in D. - Das von Ihnen gewünschte Gedicht ist ganz theosophisch und lautet wie folgt:

Ein reiches Herz von deinen Königsschätzen ,

Von deiner kön1glichen Lieb erfüllt,

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Das neu sich stets am Gnadenborn will letzen

Ein weites Herz gieb mir, das allen, allen, Den Ärmsten auch entgegenschlägt Und Schafe, die verirrt und tIef gefallen, In Hirtenliebe heim zum Hirten trägt I

Und andrer Durst aus reichem Heilsquell stillt;

Ein starkes Herz, das kann das Höchste wagen

Und mutig, Herr, für deine Sache f1cht,

Das Spott und Undank kann ertragen

Und treu in Liebe ausharrt, bis es bricht;

Ein grosses Herz, das gem vor allem Hohen Sich beugt und alles Schlechte hasst und flieht, Durch edlen Sinn beschämt den Sinn des Rohen Und auch dem grÖBsten Feinde gem verzieht;

Ein warmes Herz, in dem die reine Flamme

Der heü'gen Liebe auf zum Himmel steigt,

Das, treu dem Schmerzensmann am Kreuzesstamme,

Erbarmend sich zu kranken Brüdern neigt;

Ein weiches Herz, das gern für andre duldet,

In tiefem Mitgefühl für andre schlägt,

Ein reiches Herz von deinen Königsschätzeu, Von deiner kömglichen Lieb erfüllt, Das neu sich stets am Gnadenbom will letzen Und andrer Durst aus reichem HeilsqueD stillt;

Ein Herz, das gern, was andere verschuldet,

In Priestersinn wie eigne Sünde trägt.

Ein starkes Herz,' das kann das Höchste wagen Und mutig, Herr, für deme Sache ficht, Das Spott und Undank kann ertragen Und treu in Liebe ausharrt, bis es bricht; Ein warmes Herz, in dem die reine F1amme Der beü'gen Liebe auf zum Himmel steigt, Das, treu dem Schmerzensmann am Kreuzesstamme, Erbarmend sich .zu kranken Brüdem neigt; Ein weiches Herz, das gem rür andre duldet, In tiefem Mitgefühl für andre schlägt, Ein Herz, das gem, was andere verschuldet, In Priestersinn wie eigne SÜDde trägt.

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M. P. in B. — Die beste Erklärung für ein Märchen

ist es, wenn man durch eigenes Nachdenken den darin ent-

M. F. in B. - Die beste Erklärung für ein Märchen ist es, wenn man durch eigenes Nachdenken den darin enthaltenen Sinn findet. Die Geschichte von den -Gnomen im Untersberg« hat nicht nur eine, sondern mehrere Bedeutungen; der Sinn ist um so tiefer, je tiefer man darin eindringt. Dies ist mit allen mystischen Schriften und deshalb auch mit der Bibel der Fall. Eckbart sagt: =-Sie ist wie ein Meer. Dem arn Ufer Watenden geht es bloss bis an die Knie; wer aber weiter hineingeht, findet zuletzt grosse Tiefen.« Eine »gospel of interpretation« würde gänzlich ihren Zweck verfehlen, da sie das gedankenlose Nachbeten an die Stelle der eigenen Betrachtung setzen würde. Nur das, was man selber erringt, hat wirklichen Wert. Deshalb sagt auch die Bhagavad Gita: =-Besser ist es, das eigene Werk, wenn auch, mit schwachen Kräften, zu thun, als die Aufgabe eines andern, wenn auch noch so gut ZU vollbringen.« (IH. 34.)

haltenen Sinn findet. Die Geschichte von den »Gnomen

im Untersberg« hat nicht nur eine, sondern mehrere Be-

deutungen; der Sinn ist um so tiefer, je tiefer man darin

eindringt. Dies ist mit allen mystischen Schriften und des-

halb auch mit der Bibel der Fall. Eckhart sagt: »Sie ist

wie ein Meer. Dem am Ufer Watenden geht es bloss bis

an die Knie; wer aber weiter hineingeht, findet zuletzt

grosse Tiefen.« Eine »gospel of interpretation«

würde gänzlich ihren Zweck verfehlen, da sie das gedanken-

lose Nachbeten an die Stelle der eigenen Betrachtung setzen

würde. Nur das, was man selber erringt, hat wirklichen

Wert. Deshalb sagt auch die Bhagavad Gita: »Besser ist

es, das eigene Werk, wenn auch mit schwachen Kräften, zu

thun, als die Aufgabe eines andern, wenn auch noch so

gut zu vollbringen.« (III. 34.)

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Druck von Carl Otto in Meerane.

Druck von earl Otto in Meerane.

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Wer corresp. m. feingeb. geistvoll. Dame über

Wer corresp. m. feingeb. geistvolL Dame über

Spiritismus?

Off. unt. O. J. 969 an Haasenstein & Vogler, A.-G.,

Spiritismus?

Köln a/Rh. erbeten.

Auszug aus dem Verlagskatalog

der

Verlagshandlang von Wilhelm Friedrich in Leipzig.

Off. unt.

Anderson, Dr. Jerome A., Reinkarnation. (A study of the human

soul). Autor. Übersetzung von Ludwig Deinhard. Preis

Köln a/Rh.

brosch. Mk. 4.—.

o. J. 969

an

Haasenstein &: Vogler, A.-G.,

erbeten.

Arnold, Edwin, Die Leuchte Asiens oder: Die grosse Entsagung

(Mahabhinischkramana). Einzig autor. ÜbersetzungvonDr. Arthur

Auszug aus dem Verlagskatalog

Pfungst. Preis brosch. Mk. 2.—, geb. Mk. 3.—.

Besant, Annie, Der Tod — und was dann? Mit Titelzeichnung von

der

Fidus. Preis Mk. 3.—.

—„— Die sieben Prinzipien oder: Grandteile des Menschen. Preii

Verlagshandlnng von Wilhelm Friedrieh in Leipzig.

Mk. 2.—.

—„— Reinkarnation oder Wiederverkörperungslehre. Preis Mk. 3.—.

Blavatsky, H. P., Schlüssel zur Theosophie. Erklärung der Ethik,

Wissenschaft und Philosophie. Preis Mk. 5.—.

—„— Die Grandlage der indischen Mystik. Übersetzt von Franz

AndersoD, Dr. J erome A., Reinkarnation. (A study of the human soul). Autor. Übersetzune von Ludwig Deinhard. Preis brosch. Mk. 4.-. Arn9ld, Edwin, Die Leuchte Asiens oder: Die grosse EntsaguD~ (Mahabbinischkramana). Einzig autor. übenetzunevonDr.Arthur Pfungst. Preis brosch. Mk. 2.-, geb. Mk. 3.-. Be8ant, Aunie, Der Tod - und was dann? Mit Titelzeichnung von Fidus. Preis Mk. 3.-. - , , - Die sieben Prinzipien oder: Grundteile des Menschen. Preil

Hartmann. Preis Mk. 3.—.

Bodisko, C. A., Lichtstrahlen. Psychische Untersuchungen 1888 bis

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1892, den Ungläubigen und Egoisten gewidmet. Experimenteller

Spiritismus auf wissenschaftlicher Grundlage. Material zum Nach-

denken. Mit zahlreichen Abbildungen und Tafeln. Preis brosch.

Mk. 3.-.

Brodbeck, Dr. Adolf, Zoroaster. Ein Beitrag zur vergleichenden

Geschichte der Religionen und philosophischen Systeme des

Morgen- und Abendlandes. Preis Mk. 8.—.

Carstensen, A. F., Das Leben nach dem Tode. Aus dem Schwe-

dischen von Jonas. Preis Mk. 3.—.

Mk.2.-. -,,- Reinkarnation oder Wiederverkörperungoilehre. Preis Mk. 3.-. Blavatsky, H. P., Schlüssel zur Theosophie. Erklärung der Ethik. Wissenschaft und Philosophie. Preis Mk. 5.-. - " - Die Grundlage der indischen Mystik. "Obenetzt von Fran~ Hartmann. Preis Mk. 3.-. Bodisko, C. A., Lichtstrahlen. Psychische Untersuchungen 1888 bis 1892, den Ungläubigen und Egoisten gewidmet. Experimenteller Spiritismus auf wissenschaftlicher Grundlage. Material zum N achdenken. Mit zahlreichen Abbildungen und Tafeln. Preis brosch. Mk·3·-· Brodbeek, Dr. Adolf, Zoroaster. Ein Beitrag zur vergleichenden Geschichte der Religionen und philosophischen Systeme des Morgen- und Abendlandes. Preis Mk. 8.-. C&l'8tensen, A. F., Das Leben nach dem Tode. Aus dem Schwedischen von J onas. Preis Mk. 3.-. Dbammapada, Das. Eine Verssammlung, welche zu den kanoDischen Büchern der Buddhisten gehört. Aus der englischen Cbersetzung von Prof. F. M a x Müll e r in Orlonl, Sacred books of the East, VoL X. Metrisch ins Deutsche übertragen. Mit Erläuterungen. Preis Mk. 2.50. Evangelium Buddhas, Das. Nach alten Quellen erzählt von Paul Carus. Unter Mitwirkung .des Verfassers aus dem Englischen übersetzt von E. F. L. Gauss. Preis geh. Mk. 5.-.

Dhammapada, Das. Eine Verssammlung, welche zu den kanonischen

Büchern der Buddhisten gehört. Aus der englischen Übersetzung

von Prof. F. Max Müller in Oxford, Sacred books of the Eist,

Vol. X. Metrisch ins Deutsche übertragen. Mit Erläuterungen.

Preis Mk. 2.5o.

Evangelium Buddhas, Das. Nach alten Quellen erzählt von Paul

Carus. Unter Mitwirkung des Verfassers aus dem Englischen

übersetzt von E. F. L. Gauss. Preis geb. Mk. 5.—.

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Mystik und Mysticismus.

Zu einer Zeit, wo überall ein krankhafter Mysticis-

mus auftaucht, und geheime Gesellschaften gebildet werden,

in denen unter den verschiedenartigsten Namen mit heiligen

Dingen Missbrauch getrieben wird, dürfte es von Nutzen

sein, folgende Worte von Karl von Eckhartshausen

(geschrieben im Jahre 1790) in Erinnerung zu bringen:

Nur der ein gutes Herz hat, verdient mit

geheimen Wissenschaften bekannt zu werden;

denn er wird seine Kenntnisse zum Wohle

der Menschheit brauchen.

Die Weisheit ist der Sonne ähnlich; sie

erwärmt jeden Sterblichen, und leuchtet über

dem Scheitel aller Menschen; doch um die

Wonne ihrer Wärme zu fühlen, wird eine

Mystik und Mysticismus.

Organisation des Körpers erfordert, die dem

Grade ihrer Wärme angemessen ist.

Der böse Mensch ist nicht würdig, die

Wege zu kennen, durch welche die Kunst

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Lotusb lüthon LIV. 11

Zu einer Zeit, wo überall ein krankhafter Mysticismus auftaucht, und geheime Ge3ellschaften gebildet werden, in denen unter den verschiedenartigsten Namen mit heiligen Dingen Missbrauch getrieben wird, dÜrfte es von Nutzen sein, folgende Worte von Kar! von Eckhartshausen (geschrieben im Jahre 1790) in Erinnerung zu bringen:

Nur der ein gutes Herz hat, verdient mit geheimen Wissenschaften bekannt zu werden; denn er wird seine Kenntnisse zum Wohle der Menschheit brauchen. Die Weisheit ist der Sonne ähnlich; SIe erwärmt jeden Sterblichen, und leuchtet über dem Scheitel aller Menschen; doch um die Wonne ihrer Wärme zu fühlen, wird eIne Organisation des Körpers erfordert, die dem Grade ihrer Wärme angemessen ist. Der böse Mensch ist nicht würdig, die Wege zu kennen, durch welche die Kunst Lotusblüthen LIV.

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zum Glücke führt, denn was Segen der

-

Menschheit in der Natur ist, würde bei ihm

Fluch der Welt werden. Die wohlriechenden

zum Glücke führt, denn was Segen der Menschheit in der Natur ist, würde bei ihm Fluch der Welt werden. Die wohlriechenden Blumen duften vergebens für den, der keinen Geruch hat, und die Brosamen, die von der Tafel der Gottheit fallen, sind nicht für die Schweine, die im Kote wühlen.

Blumen duften vergebens für den, der keinen

Geruch hat, und die Brosamen, die von der

Tafel der Gottheit fallen, sind nicht für die

Schweine, die im Kote wühlen.

Wer einige Geheimnisse besitzt, kann dem

anderen nur den Weg zu denselben zeigen.

Gehen muss der Lehrling selbst.

Der Natur grösste Geheimnisse sind am

nächsten bei uns, und Einfalt findet sie eher

als Stolz.

Wer den Geheimnissen der Natur nach-

spüren will, der studiere ihr grosses Buch.

Dieses Buch ist die Natur. Glücklich der,

welcher die Buchstaben kennt, mit welchen

es geschrieben ist; noch glücklicher, wer buch-

stabieren kann, und am glücklichsten, wer

darin zu lesen weiss. Lies darin mit dem

Wer einige Geheimnisse besitzt, kann dem anderen nur den Weg zu denselben zeigen. Gehen muss der Lehrling selbst.

Auge der Seele; dieses Auge ist die Be-

obachtung.

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Selbst denken ist einer der wichtigsten

Grundsätze. Wer selbst denkt, ist weit er-

Der Natur grösste Geheimnisse sind am nächsten bei uns, und Einfalt findet sie eher als Stolz. Wer den Geheimnissen der Natur nachspüren will, der studiere ihr grosses Buch. Dieses Buch ist die Natur. Glücklich der, welcher die Buchstaben kennt, mit welchen es geschrieben ist; noch glücklicher, wer buchstabieren kann, und am glücklichsten, wer darin zu lesen weiss. Lies darin mit dem Auge der Seele; dieses Auge ist die Beobachtung. Selbst denken ist einer der wichtigsten Grundsätze. Wer selbst denkt, ist weit er-

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haben über den, der nur anderen nachdenkt.

Lesen ist gut, aber selbst denken ist besser.

Der Stolz ist die Ursache, dass die Ge-

lehrten immer in den Wolken herumschweben,

haben über den, der nur anderen nachdenkt. Lesen ist gut, aber selbst denken ist besser.

und die Schätze nicht kennen, die unter

ihren Füssen liegen. Der Stolz verachtet

alles, lacht über alles, was er nicht begreift.

Er lässt sich nie herab und findet deshalb

viele Geheimnisse nicht, die oft die Natur

Der Stolz ist die Ursache, dass die Gelehrten immer in den Wolken herumschweben, und die Schätze nicht kennen, die unter ihren Füssen liegen. Der Stolz verachtet alles, lacht über alles, was er nicht begreift. Er lässt sich nie herab und findet deshalb viele Geheimnisse nicht, die oft die Natur dem einfältigsten Menschen mitgeteilt hat. Gelehrte werfen oft den Kern fort und schreiben Folianten über die Schale. Der Stolz der Gelehrten, ihre Zänkereien in den Schulen entfernen uns von den Wegen der Wahrheit; denn diese ist nicht für die Stolzen, sondern für den, der mit aufrichtigem, Herzen Kenntnisse sucht, um der Menschheit zu nützen.

dem einfältigsten Menschen mitgeteilt hat.

Gelehrte werfen oft den Kern fort und

schreiben Folianten über die Schale. Der

Stolz der Gelehrten, ihre Zänkereien in den

Schulen entfernen uns von den Wegen der

Wahrheit; denn diese ist nicht für die Stolzen,

sondern für den, der mit aufrichtigem Herzen

Kenntnisse sucht, um der Menschheit zu

nützen.

Die mittelbar wirkende Kraft der Gott-

heit in dieser Körperwelt ist die Natur.

Wer die Gottheit von der Natur entfernen

will, entfernt die Seele vom Körper. Wo

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Gott mittelbar wirkt, da ist die Kraft dieser

mittelbaren Wirkung Natur.

11 *

Die mittelbar wirkende Kraft der Gottheit in dieser Körperwelt ist die Natur. Wer die Gottheit von der Natur entfernen will, entfernt die Seele vom Körper. Wo Gott mittelbar wirkt, da ist die Kraft dieser mittelbaren Wirkung Natur. 11*

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Ohne Gott ist die Natur ein totes Wesen.

Natur ist der Herold des Ewigen, das Organ,

das den Schöpfer verkündigt und die Gott-

Ohne Gott ist die Natur ein totes Wesen. Natur ist der Herold des Ewigen, das Organ, das den Schöpfer verkündigt und die Gottheit mit der Körperwelt verbindet. In der Natur liegt die wirkende Kraft der Gottheit zum Besten der Körperwelt.

heit mit der Körperwelt verbindet. In der

Natur liegt die wirkende Kraft der Gottheit

zum Besten der Körperwelt.

Die wirkende Kraft der Gottheit zum

Besten der Geisterwelt ist mehr als Natur,

sie ist Kraft der Ähnlichwerdung. Hierin

liegt der Grund zur Fortdauer, zur Unsterb-

lichkeit.

Die Weisheit der meisten Gelehrten be-

schränkt sich auf das, was andere gedacht und

gesagt haben. Sie vergessen, dass die Theo-

rie der Praxis ihr Dasein zu danken hat,

Die wirkende Kraft der Gottheit zum Besten der Geisterwelt ist mehr als Natur, sie ist Kraft der Ähnlichwerdung. Hierin liegt der Grund zur Fortdauer, zur U nsterblichkeit.

und dass die Natur war, ehe es Regeln gab.

Ein Geist, der unfähig ist, das Wahre

und Schöne zu schätzen, wird am ehesten

durch das Wunderbare und Seltsame gereizt.

Je unwissender ein Mensch ist, um so eher

kann seine Einbildung in Bewegung gebracht

werden. Die angenehmste Nahrung eines

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trägen Geistes sind sonderbare Erscheinungen

und ausserordentliche Ereignisse. Alles Un-

Die Weisheit der meisten Gelehrten beschränkt sich auf das, was andere gedacht und gesagt haben. Sie vergessen, dass die Theorie der Praxis ihr Dasein zu danken hat, und dass die Natur war, ehe es Regeln gab.

Ein Geist, der unfähig ist, das Wahre und Schöne zu schätzen, wird am ehesten durch das Wunderbare und Seltsame gereizt. Je unwissender ein Mensch ist, um so eher kann seine Einbildung in Bewegung gebracht werden. Die angenehmste Nahrung eines trägen Geistes sind sonderbare Erscheinungen und ausserordentliche Ereignisse. Alles Un-

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— 165 —

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gewöhnliche hat für den Unerfahrenen einen

-

doppelten Reiz.

Jeder möchte geniessen; aber nur das, was

gewöhnliche hat für den Unerfahrenen einen doppelten Reiz.

ihm ohne viele Mühe den Besitz geträumter

Glückseligkeiten verspricht, ist ihm will-

kommen. Deshalb ist der Charlatan in der

Welt mehr angesehen, als der Weise.

Jeder möchte geniessen; aber nur das, was ihm ohne viele Mühe den Besitz geträumter Glückseligkeiten verspricht, ist ihm willkommen. Deshalb ist der Charlatan in der Welt mehr angesehen, als der Weise.

Je mehr der Kopf eines Menschen von

wahren Begriffen leer ist, um so leichter be-

herrschen ihn erdichtete und falsche. Je mehr

ein Gelehrter aus Büchern und Autoren

spricht, um so weniger hat er eigene Denk-

kraft.

Vorwitz, Stolz, Eigendünkel, blinder Hang

an Autorität, Gelehrtheitssucht sind die Irr-

lichter auf den Wegen, die zu den Geheim-

nissen der Natur führen. Wir glauben oft

diesen Geheimnissen nahe zu sein, da wir

Je mehr der Kopf eines Menschen von wahren Begriffen leer ist, um so leichter beherrschen ihn erdichtete und falsche. Je mehr ein Gelehrter aus Büchern und Autoren spricht, um so weniger hat er eigene Denkkraft.

am weitesten von ihnen entfernt sind. Un-

sere physikalischen Kenntnisse sind Tände-

leien gegen die, welche noch in der Natur

verborgen sind.

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Einswerden ist das grosse Geheimnis der

Natur. Einswerdung ist die Bestimmung

V orwitz, Stolz, Eigendünkel, blinder Hang an Autorität, Gelehrtheitssucht sind die Irrlichter auf den Wegen, die zu den ,Geheimnissen der Natur führen. Wir glauben oft diesen Geheimnissen nahe zu sein, da wir am weitesten von ihnen entfernt sind. U nsere physikalischen Kenntnisse sind Tändeleien gegen die, welche noch in der Natur verborgen sind.

Einswerden ist das grosse Geheimnis der Natur. Einswerdung ist die Bestimmung

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aller Dinge. Je mehr sich ein Wesen der

-

Einswerdung nähert, desto vollkommener

wird dieses Wesen. Aber nicht alle Men-

aller Dinge. Je mehr sich ein Wesen der Einswerdung nähert, desto vollkommener wird dieses Wesen. Aber nicht alle Menschen verstehen dies. Das grosse Gesetz dieser Bestimmung ist die Liebe; sie ist die wirkende Kraft, Mittel zur Assimilation, Kette der Einswerdung. Ihr dankt der Weise die Macht des Geistes auf den Geist, die verborgenen Kräfte der Seele, die magnetische Kraft.

schen verstehen dies. Das grosse Gesetz

dieser Bestimmung ist die Liebe; sie ist die

wirkende Kraft, Mittel zur Assimilation,

Kette der Einswerdung. Ihr dankt der

Weise die Macht des Geistes auf den Geist,

die verborgenen Kräfte der Seele, die mag-

netische Kraft.

Liegt unser Geist gleich im Kerker sinn-

licher Organe verschlossen, gefesselt in

Fleisch und Knochen, so hört er doch nie

auf, ein Kind der Gottheit zu sein. Stets

bleibt ihm das Gepräge des Göttlichen, der

Selbstschwung, sich seiner Fesseln zu ent-

ledigen, und sich zu der Grösse zu erheben,

zu der er erschaffen ist. Der bestorganisierte

Körper bleibt immer ein Kerker des Geistes,

worin ihn die Sinnlichkeit fesselt. Je mehr

sich der Geist von diesen Fesseln befreit,

um so wirkender wird seine Kraft. Die Ent-

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ledigung von den sinnlichen Hindernissen

ist die Annäherung zur Gottheit; die Er-

Liegt unser Geist gleich im Kerker sinnlicher Organe verschlossen, gefesselt in Fleisch und Knochen, so hört er doch nie auf, ein Kind der Gottheit zu sein. Stets bleibt ihm das Gepräge des Göttlichen, der Selbstschwung, sich seiner Fesseln zu entledigen, und sich zu der Grösse zu erheben, zu der er erschaffen ist. Der bestorganisierte Körper bleibt immer ein Kerker des Geistes, worin ihn die Sinnlichkeit fesselt. Je mehr sich der Geist von diesen Fesseln befreit, um so wirkender wird seine Kraft. Die Entledigung von den sinnlichen Hindernissen ist die Annäherung zur Gottheit; die Erkenntnis, die ihn dahin führt, die Gnade; ihre :Folge immer weitere F ortschreitung

kenntnis, die ihn dahin führt, die Gnade;

ihre Folge immer weitere Fortschreitung

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zur Vollkommenheit. Wer niemals grosse

seelenerhebende Wahrheiten überdacht hat,

wird diese Sprache nicht verstehen.

zur V ollkommenheit. Wer niemals grosse seelenerhebende Wahrheiten überdacht hat, wird diese Sprache nicht verstehen.

Je mehr ein Geist in der Kraft seines

Geistes zunimmt, um so mehr nimmt er an

Sinnlichkeit ab.

Von einer Sache, die ausserhalb des Kre1-

ses unserer Empfindung liegt, haben wir

keine Begriffe.

Je mehr ein Geist in der Kraft seines Geistes zunimmt, um so mehr nimmt er an Sinnlichkeit ab.

Die Falschheit, die Lüge, der Betrug, die

Täuschung sind Werke der Sinne und die-

ser Körperwelt. Erkenntnis und Wahrheit

ist der Anteil der Geisteswelt. Raum, Zeit,

Zukunft, Vergangenes sind Attribute der

Körperwelt. Die Geisteswelt hat weder

Raum noch Vergangenheit, noch Zukunft,

sondern ihr Zustand ist fortdauernde Gegen-

wart. Für die Seele, die unabhängig vom

Körper ist, ist das Zukünftige in dieser

Von einer Sache, die ausserhalb des KreIses unserer Empfindung liegt, haben wir keine Begriffe.

Körperwelt schon Gegenwart, so wie das

Vergangene; denn ihre Begriffe in der

Geisteswelt geschehen nicht mittels der

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Sinne, sondern unmittelbar durch das wahre

Verständnis der Sache. Alles besteht aus

Die Falschheit, die Lüge, der Betrug, die Täuschung sind Werke der Sinne und dieser Körperwelt. Erkenntnis und Wahrheit ist der Anteil der Geisteswelt. Raum, Zeit, Zukunft, V ergangenes sind Attribute der Körperwelt. Die Geisteswelt hat weder Raum noch Vergangenheit, noch Zukunft, sondern ihr Zustand ist fortdauernde Gegenwart. Für die Seele, die unabhängig vom Körper ist, ist das Zukünftige in dieser Körperwelt schon Gegenwart, so wie das Vergangene; denn ihre Begriffe in der Geisteswelt geschehen nicht mittels der Sinne, sondern unmittelbar durch das wahre Verständnis der Sache. Alles besteht aus

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168

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-

Dingen und Wirkungen, Handlungen und

Folgen, und die Geisterwelt übersieht alles.

Dingen und Wirkungen, Handlungen und Folgen, und die Geisterwelt übersieht alles. Wir aber urteilen selten nach der Sache selbst, sondern nach den Begriffen, die wir von der Sache haben, und darin liegt unsere Beschränktheit und unser Irrtum. Die vom Körper unabhängige. Seele übersieht die Sache selbst und kennt folglich mit der Sache die Wirkungen und Folgen. Ihre Übersicht ist nicht successiv, sondern simultan, weil Sache, Wirkung und Folgen ein Ganzes sind.

Wir aber urteilen selten nach der Sache

selbst, sondern nach den Begriffen, die wir

von der Sache haben, und darin liegt unsere

Beschränktheit und unser Irrtum. Die vom

Körper unabhängige. Seele übersieht die

Sache selbst und kennt folglich mit der

Sache die Wirkungen und Folgen. Ihre

Übersicht ist nicht successiv, sondern simul-

tan, weil Sache, Wirkung und Folgen ein

Ganzes sind.

Nicht das Äussere führt zum Licht, son-

dern das Innere; nämlich die Erkenntnis

Gottes und die Liebe. Viele suchen Weis-

heit von den Menschen, und erwarten die

Entdeckung grosser Geheimnisse in mysti-

schen Gesellschaften, und denken nicht dar-

an, dass die wahre Weisheit nur von Gott

kommt, und dass, wo es viele Menschen

giebt, es doch nur wenige Weise geben

kann, weil Weisheit bisher noch der Anteil

.

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der Wenigen ist

Sie sehen täglich die Uneinigkeit ihrer

Brüder, die Eitelkeit, die Zanksucht, den

Nicht das Äussere führt zum Licht, sondern das Innere; nämlich die Erkenntnis Gottes und die Liebe. Viele suchen Weisheit von den Menschen, und erwarten die Entdeckung grosser Geheimnisse in mystischen Gesellschaften, und denken nicht daran, dass die wahre Weisheit nur von Gott kommt, und dass, wo es viele Menschen giebt, es doch nur wenige Weise geben kann, weil Weisheit bisher noch der Anteil der Wenigen ist. Sie sehen täglich die Uneinigkeit ihrer Brüder, die Eitelkeit, die Zanksucht, den

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Neid; sie werden täglich durch ihre Leiden-

schaften überzeugt, wie höchst sinnlich sie

sind, und doch sehen sie nicht ein, dass alle

diese Menschen weit vollkommener sein

Neid; sie werden täglich durch ihre Leidenschaften überzeugt, wie höchst sinnlich sie sind, und doch sehen sie nicht ein, dass alle diese Menschen weit vollkommener sein müssten, wenn wahre Weisheit unter ihnen wäre.

müssten, wenn wahre Weisheit unter ihnen

wäre.

Sie sehen einige ihrer mystischen Oberen

und ihrer Brüder von höheren Graden täg-

lich vor sich, und können sich überzeugen,

dass der grösste Teil, ungeachtet der höheren

Grade, nicht in besseren Menschen besteht,

und doch fällt es ihnen nicht ein, dass der

Tempel des Lichts nicht dort sein kann, wo

es im Herzen nicht helle wird. Wer sich

dem Lichte nähert, muss notwendig mehr

erleuchtet werden.

Sie sehen einige ihrer mystischen Oberen und ihrer Brüder von höheren Graden täglich vor sich, und können sich überzeugen, dass der grösste Teil, ungeachtet der höheren Grade, nicht in besseren l\1:enschen besteht, und doch fällt es ihnen nicht ein, dass der Tempel des Lichts nicht dort sein kann, wo es im Herzen nicht helle wird. Wer sich dem Lichte nähert, muss notwendig mehr erleuchtet werden.

Suche Weisheit und Aufklärung allein

dort, wo Gott ist. Er sei dein Leiter und

dein Führer. Er wird dein Inneres eröffnen

und dich mit Schätzen der Weisheit über-

schütten.

Es giebt wenige Menschen, die würdig

sind, in die Gesellschaft der Weisen aufge-

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nommen zu werden; denn wenige weihen

sich der wahren Weisheit. Daher so viel

Suche Weisheit und Aufklärung allein dort, wo Gott ist. Er sei dein Leiter und dein Führer. Er wird dein Inneres eröffnen und dich mit Schätzen der Weisheit überschütten. Es giebt wenige Menschen, die würdig sind, in die Gesellschaft der Weisen aufgenommen zu werden; denn wenige weihen sich der wahren Weisheit. Daher so viel

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17 0

Irrtum in der Welt. Weisheit erfordert Wahr-

-

heit und Wahrheit Güte, und diese ist bei

den Gelehrten selten. Daher ihr Stolz und

Irrtum in der Welt. Weisheit erfordert Wahrheit und Wahrheit Güte, und diese ist bei den Gelehrten selten. Daher ihr Stolz und ihre Thorheit. Verlasse die Wahrheit und Güte nie; die Schätze sind unermesslich, welche die Weisheit ihren Verehrern mitteilt.

ihre Thorheit. Verlasse die Wahrheit und

Güte nie; die Schätze sind unermesslich,

welche die Weisheit ihren Verehrern mitteilt.

Vor allem lerne die Nichtigkeit deines

Selbsts kennen, du kannst nichts durch dich;

sei daher nicht auf deine Kenntnisse stolz.

Alles kommt von Gott, der die Weisheit

selbst ist.

Die wahre Weisheit ist nur im Lande der

Weisheit zu finden; es ist dem grössten Teile

der Menschen verborgen. In ihm steht der

Tempel der Gottheit. Dieser Tempel ist das

V or allem lerne die Nichtigkeit deines Selbsts kennen, du kannst nichts durch dich; sei daher nicht auf deine Kenntnisse stolz. Alles kommt von Gott, der die Weisheit selbst ist.

Herz des Menschen, das erst durch Güte

gebildet werden muss, ehe die göttliche Weis-

heit in denselben herabsteigt.

Die Liebe verbindet die Gesellschaft der

Weisen. Sie haben daher weder Konvente

noch Logen; sie lernen sich in entfernten

Weltteilen kennen und Wahrheit und Güte

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ist ihr Organ. Ihre Arbeit ist thätige Gottes-

und Menschenliebe; der Schöpfer schliesst

Die wahre Weisheit ist nur im Lande der Weisheit zu finden; es ist dem grössten Teile der Menschen verborgen. In ihm steht der Tempel der Gottheit. Dieser Tempel ist das Herz des Menschen, das erst durch Güte gebildet werden muss, ehe die göttliche Weisheit in denselben herabsteigt. Die Liebe verbindet die Gesellschaft der Weisen. Sie haben daher weder Konvente noch Logen; sie lernen sich in entfernten Weltteilen kennen und Wahrheit und Güte ist ihr Organ. Ihre Arbeit ist thätige Gottesund Menschenliebe; der Schöpfer schliesst

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- 171 —

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keinen Menschen aus. Daher nimmt keiner

den andern auf, sondern jeder muss sich selbst

aufnehmen; nach dem Grade der Erkenntnis

keinen Menschen aus. Daher nimmt keiner den andern auf, sondern jeder muss sich selbst aufnehmen; nach dem Grade der Erkenntnis und Liebe, in dem er steht, und von oben herab wird jedem gegeben, was er ertragen kann.

und Liebe, in dem er steht, und von oben

herab wird jedem gegeben, was er ertragen

kann.

Die Gesellschaft der Weisen ist eine ewige

Gesellschaft, erleuchtet von der ewigen Sonne,

wo kein Betrug, keine Finsternis sein kann.

Ihr Werk ist die Anbetung der Gottheit im

Geiste und in der Wahrheit.

Im Lande der Weisen steht der Tempel

der Natur. Der Flug des Geistes trägt den

Weisen dorthin; allein ein jeder sieht nur je

nach der Beschaffenheit des Auges seiner

Die Gesellschaft der Weisen ist eine ewige Gesellschaft, erleuchtet von der ewigen Sonne, wo kein Betrug, keine Finsternis sein kann. Ihr Werk ist die Anbetung der Gottheit im Geiste und in der Wahrheit.

Seele, und so weit als Gott ihm seine Seh-

kraft eröffnet hat. Ein jeder teilt dem andern

so viel mit, als er mitteilen kann und der

andere zu empfangen fähig ist.

Wie ein Krystall, wenn er von der Sonne

erwärmt ist, sich wieder erkältet, wenn er

von der Sonne entfernt wird, so verliert sich

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die Weisheit wieder im Herzen des Men-

schen, wenn er sich von Wahrheit und Güte

entfernt.

Im Lande der Weisen steht der Tempel der Natur. Der Flug des Geistes trägt den Weisen dorthin; allein ein jeder sieht nur je nach der Beschaffenheit des Auges seiner Seele, und so weit als Gott ihm seine Sehkraft eröffnet hat. Ein jeder teilt dem andern :;0 viel mit, als er mitteilen kann und der andere zu empfangen fähig ist. Wie ein Krystall, wenn er von der Sonne erwärmt ist, sich wieder erkältet, wenn er von der Sonne entfernt wird, so verliert sich die Weisheit wieder im Herzen des Menschen, wenn er sich von Wahrheit und Güte entfernt.

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17 2

Die Arbeit der Weisen, welche in der

-

Welt zerstreut leben, ist, so viel Gutes in der

Menschheit zu verbreiten, als in ihren Kräften

Die Arbeit der Weisen, welche in der Welt zerstreut leben, ist, so viel Gutes in der Menschheit zu verbreiten, als in ihren Kräften steht, und von der Urquelle der Weisbeil, von Gott selbst, Licht zu schöpfen. Ihre Anzahl ist klein. Einige leben in Europa, einige an den Küsten von Afrika; allein die gleiche Stimmung der Seele verbindet sie alle unter einander, und sie· machen nur eines aus. Sie sind beisammen, obgleich tausend Meilen sie trennen; sie verstehen sich, obgleich sie in verschiedenen Sprachen reden, denn die Sprache der Weisen ist Anschaulichkeit. Sie arbeiten den Finsternissen entgegen und teilen ihre Wissenschaften mit der Behutsamkeit und Sorgfalt mit, welche die Vernunft und Weisbeit erfordern.

steht, und von der Urquelle der Weisheit,

von Gott selbst, Licht zu schöpfen. Ihre An-

zahl ist klein. Einige leben in Europa, einige

an den Küsten von Afrika; allein die gleiche

Stimmung der Seele verbindet sie alle unter

einander, und sie machen nur eines aus.

Sie sind beisammen, obgleich tausend Meilen

sie trennen; sie verstehen sich, obgleich sie

in verschiedenen Sprachen reden, denn die

Sprache der Weisen ist Anschaulichkeit . Sie

arbeiten den Finsternissen entgegen und teilen

ihre Wissenschaften mit der Behutsamkeit

und Sorgfalt mit, welche die Vernunft und

Weisheit erfordern.

Kein Böser kann sich unter ihnen auf-

halten, denn er wird sogleich erkennbar,

indem er der göttlichen Erleuchtung nicht

fähig ist; gleich einem Spiegel, der, wenn er

mit Staub bedeckt ist, die Strahlen der Sonne

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nicht empfängt. Je mehr aber der gute

Mensch seine Seele vervollkommnet, um so

mehr nähert er sich der Gottheit. Er wird

gross; seine Einsicht vermehrt sich in irdi-

Kein Böser kann sich unter ihnen aufhalten, denn er wird sogleich erkennbar, indem er der göttlichen Erleuchtung nicht fähig ist; gleich einem Spiegel, der, wenn er mit Staub bedec~t ist, die Strahlen der Sonne nicht empfangt. Je mehr aber der gute Mensch seine Seele vervollkommnet, um so mehr nähert er sich der Gottheit. Er wird gross; seine Einsicht vermehrt sich in irdi-

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173

sehen Dingen mit seinem Lichte, und seine

Wunderkraft mit seiner Liebe.

So kann sich der Mensch empor heben

sehen Dingen mit seinem Lichte, und seIne Wunderkraft mit seiner Liebe.

bis zur Heiligung. Er hat Umgang mit

vollkommenen Geschöpfen der Geisterwelt *)(

er wird von ihnen unterrichtet und geführt.

Sein Dasein ist das eines Kindes der Gott-

heit; die ganze Natur wird ihm unterworfen,

So kann sich der Mensch empor heben bis zur Heiligung. Er hat Umgang mit vollkommenen Geschöpfen der Geisterwelt*), er wird von ihnen unterrichtet und geführt. Sein Dasein ist das eines Kindes der Gottheit; die ganze Natur wird ihm unterworfen, denn er wird zu einem Organ des Schöpfers. Er dringt in die Zukunft; ihm sind die Gedanken und die Schicksale der Menschen bekannt, und die Geheimnisse der Ewigkeit liegen vor ihm enthüllt.

denn er wird zu einem Organ des Schöpfers.

Er dringt in die Zukunft; ihm sind die Ge-

danken und die Schicksale der Menschen

bekannt, und die Geheimnisse der Ewigkeit

liegen vor ihm enthüllt.

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*) Mahatmas.

*) Mahatmas.

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Die Erkenntnislehre

der

Bhagavad Gita.*)

Im Lichte der Geheimlehre betrachtet.

Keiner sei gleich dem andern, doch gleich sei jeder

dem Höchsten.

Wie das zu machen? Es sei jeder vollendet in sich."

Es giebt wohl kein Buch in der Welt,

welches bei allen, die es kennen, in so hohem

Ansehen steht, als die Bhagavad Gita, das

Lied von der Gottheit, enthaltend die Lehre

von der menschlichen Vollkommenheit im

göttlichen Dasein. Je öfter man es liest, um

Die Erkenntnislehre

so mehr fühlt man sich erhoben zu den Re-

gionen des Lichtes der Wahrheit; je mehr

man in den Geist dieser Lehre eindringt, um

der

so mehr nähert man sich der Erkenntnis des

göttlichen Grundes alles Daseins bis zu einer

Bhagavad Gita.*)

*) Eine neue Auflage der deutschen Übersetzung der

Bhagavad Gita von Dr. F. Hartmann wird demnächst bei

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Schwetschke in Braunschweig erscheinen.

Im Lichte der Geheimlehre betrachtet. "Keiner sei gleich dem andern, doch gleich sei jeder dem Höchsten. Wie das zu machen? Es sei jeder vollendet in sich."

Es

giebt wohl kein Buch in der Welt, welches bei allen, die es kennen, in so hohem Ansehen steht, als die Bbagavad Gita, das Lied von der Gottheit, enthaltend die Lehre von der menschlichen Vollkommenheit im göttlichen Dasein. Je öfter man es liest, um so mebr fühlt man sich erhoben zu den Regionen des Lichtes der Wahrheit; je mehr man in den Geist dieser Lehre eindringt, um so mehr nähert man sich der Erkenntnis des göttlichen Grundes alles Daseins bis tu einer *) Eine neue Auflage der deutschen Übersetzung der

Bhagavad Gita von Dr. F. Hartmann wird demnächst bei Schwetschke in Braunschweig erscheinen.

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— 175 —

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Tiefe, welche der nur oberflächlichen Natur-

forschung, die sich im Reiche der Erschei-

nungen bewegt, ein unerforschliches Geheim-

Tiefe, welche der nur oberflächlichen Naturforschung, die sich im Reiche der Erscheinungen bewegt, ein unerforschliches Geheimnis bleibt. Im Lichte der Bhagavad Gita betrachtet, erscheint uns die Welt als etwas ganz anderes und viel Erhabeneres, als wenn wir sie nur vom materiell wissenschaftlichen Standpunkte betrachten. Da sehen wir statt des leblosen Raumes einen Weltraum voll Licht und Leben; da erscheint uns die Natur nicht mehr als ein zusammengesetztes Stückwerk von lebenden und leblosen Dingen, sondern als eine Einheit, als ein alles umfassender Organismus von unsichtbaren Kräften, ein lebendiges All, vom göttlichen Geiste, der in allen Dingen nach Offenbarwerden strebt, durchdrungen, und wir erkennen den Menschen selbst als ein überirdisches Wesen, an einen irdischen Körper gebunden, dessen Konstitution sich im Laufe der Evolution zu jener Vollkommenheit entwickelt hat, welche nötig war, um in ihm ein Erwachen des göttlichen Geistes zu ermöglichen, und den Menschen zu befähigen, schliesslich die Gottheit selbst als den Grund seines eigenen wahren Wesens, und als die innerliche U rsache seines Daseins zu erkennen.

nis bleibt. Im Lichte der Bhagavad Gita be-

trachtet, erscheint uns die Welt als etwas

ganz anderes und viel Erhabeneres, als wenn

wir sie nur vom materiell wissenschaftlichen

Standpunkte betrachten. Da sehen wir statt

des leblosen Raumes einen Weltraum voll

Licht und Leben; da erscheint uns die Na-

tur nicht mehr als ein zusammengesetztes

Stückwerk von lebenden und leblosen Dingen,

sondern als eine Einheit, als ein alles um-

fassender Organismus von unsichtbaren Kräf-

ten, ein lebendiges All, vom göttlichen Geiste,

der in allen Dingen nach Offenbarwerden

strebt, durchdrungen, und wir erkennen den

Menschen selbst als ein überirdisches Wesen,

an einen irdischen Körper gebunden, dessen

Konstitution sich im Laufe der Evolution zu

jener Vollkommenheit entwickelt hat, welche

nötig war, um in ihm ein Erwachen des

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göttlichen Geistes zu ermöglichen, und den

Menschen zu befähigen, schliesslich die Gott-

heit selbst als den Grund seines eigenen

wahren Wesens, und als die innerliche Ur-

sache seines Daseins zu erkennen.

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— 176 —

17°

Mit dem Erwachen dieses Bewusstseins

erlangt aber auch sein Leben einen ganz

-

anderen und vorher nicht begreifbaren Zweck.

Mit dem Erwachen dieses Bewusstseins erlangt aber auch sein Leben einen ganz anderen und vorher nicht begreifbaren Zweck. Er findet, dass weder der Besitz äusserlicher Dinge, noch die Belustigung seiner Sinne, noch die Befriedigung seiner wissenschaftlichen Neugierde, sondern vielmehr die Erkenntnis . seines eigenen, göttlichen Daseins und das dadurch bedingte Bewusstwerden seiner U nsterblichkeit der wahre Zweck seines Daseins ist. Wird ihm das innere Auge des Geistes durch das Verständnis der Lehren der Bhagavad Gita eröffnet, so findet er, dass ebenso wie sein irdisches Wesen zu allen anderen Wesen auf Erden in Beziehungen steht, sein geistiges Wesen mit den Bewohnern des Reiches der Geister verkehren kann. Er findet, dass er thatsächlich schon jetzt im Himmel ist, weil der "Himmel" oder die "Überwelt" die den äusseren Naturerscheinungen und Geschöpfen zu Grunde liegende Ursache ist und ohne das Vorhandensein der Seele auch keine O:ffenba~g derselben in sichtbaren Formen stattfinden könnte. Durch das Erwachen der innerlichen Erkennt- . nis reicht er hinaus über das Bereich der Theorie und wird durch die eigene Erfahrung

Er findet, dass weder der Besitz äusserlicher

Dinge, noch die Belustigung seiner Sinne,

noch die Befriedigung seiner wissenschaftlichen

Neugierde, sondern vielmehr die Erkenntnis

seines eigenen, göttlichen Daseins und das

dadurch bedingte Bewusstwerden seiner Un-

sterblichkeit der wahre Zweck seines Daseins

ist. Wird ihm das innere Auge des Geistes

durch das Verständnis der Lehren der Bha-

gavad Gita eröffnet, so findet er, dass ebenso

wie sein irdisches Wesen zu allen anderen

Wesen auf Erden in Beziehungen steht, sein

geistiges Wesen mit den Bewohnern des

Reiches der Geister verkehren kann. Er

findet, dass er thatsächlich schon jetzt im

Himmel ist, weil der „Himmel" oder die

„Überwelt" die den äusseren Naturerschei-

nungen und Geschöpfen zu Grunde liegende

Ursache ist und ohne das Vorhandensein

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der Seele auch keine Offenbarung derselben

in sichtbaren Formen stattfinden könnte.

Durch das Erwachen der innerlichen Erkennt-

nis reicht er hinaus über das Bereich der

Theorie und wird durch die eigene Erfahrung

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— 177 —

belehrt; der in ihm zum Selbstbewusstsein

erwachte göttliche Geist erkennt sein eige-

177

nes geistiges Wesen, und damit auch die

übersinnliche Welt des Geistes, die er be-

wohnt.

Aber dieses Erwachen des Geistes wird

nicht ohne schwere Kämpfe errungen. Wohl

dringt das göttliche Licht der Wahrheit in

die Seele des Menschen ein, ohne dass er

dabei dem Lichte behilflich sein kann; aber

es stellen sich diesem Eindringen eine Menge

Hindernisse in der Form von Begierden und

Leidenschaften, falschen Vorstellungen und

verkehrten Anschauungen in den Weg, und

belehrt; der in ihm zum Selbstbewusstsein erwachte göttliche Geist erkennt sein eigenes geistiges Wesen, und damit auch die übersinnliche Welt des Geistes, die er bewohnt.

die Bhagavad Gita lehrt, wer diese Feinde,

und wie sie zu überwinden sind. In ihr wird

der Kampf zwischen dem unsterblichen und

dem sterblichen Teil des Menschen geschildert

und der Weg zum Siege des Göttlichen über

das Tierische im Menschen gezeigt.

Ardschuna (der Mensch) findet sich

auf dem Schlachtfelde (dem Felde der That)

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zwischen den zwei feindlichen Heeren, wovon

die einen die höheren (Pandavas), die anderen

die niederen Seelenkräfte (Kurus) bedeuten.

Lotusblüthen LIV. 12

Aber dieses Erwachen des Geistes wird nicht ohne schwere Kämpfe errungen. Wohl dringt das göttliche Licht der Wahrheit in die Seele des Menschen ein, ohne dass er dabei dem Lichte behilflich sein kann; aber es stellen sich diesem Eindringen eine Menge Hindernisse in der Form von Begierden und Leidenschaften, falschen Vorstellungen und verkehrten Anschauungen in den Weg, und die Bhagavad Gita lehrt, wer diese Feinde, und wie sie zu überwinden sind. In ihr wird der Kampf zwischen dem unsterblichen und dem sterblichen Teil des Menschen geschildert und der Weg zum Siege des Göttlichen über das Tierische im Menschen gezeigt. Ards chuna (der Mensch) findet sich auf dem Schlachtfelde (dem Felde der That) zwischen den zwei feindlichen Heeren, wovon die einen die höheren (Pandavas), die anderen die niederen Seelenkräfte (Kurus) bedeuten. Lotusblf1then LIV.

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— 178 —

Da steht der Sohn Kuntis (der Seele) gegen-

über seinen Verwandten, den Söhnen Dhrita-

räshtras (das materielle Dasein), und wird von

der Selbstsucht, dem Eigenwillen, dem Eigen-

Da steht der Sohn Kuntis (der Seele) gegenüber seinen Verwandten, den Söhnen Dhritarashtras (das materielle Dasein), und wird von der Selbstsucht, dem Eigenwillen, dem Eigendünkel, dem Selbstwahn und seinen Begierden, Lust, Leidenschaft, Hass, Zorn etc. bedroht; aber auch auf seiner Seite stehen mächtige Krieger; da ist vor allem Er Selbst, der Wille zum Guten, die Ergebung (Yudhistira), die Liebe zur Wahrheit, das höhere Selbstbewusstsein .(Gottvertrauen), die Kraft der Überzeugung (Glaube), Erhabenheit, Pflichtgefühl, Beständigkeit, Aufrichtigkeit, Gerechtigkeitsgefühl, Selbstbeherrschung u. s. w. Ardschuna erkennt, dass die Feinde, die er bekämpfen soll, wenn nicht sein eignes Selbst, so doch seine nächsten Verwandten, Freunde und Lehrer (denn auch die Leidenschaften belehren den Menschen) und so wie Teile seines Selbst sind. Da entsinkt ihm der Mut zum kämpfen, und er lässt seinen Bogen (den Willen) fallen.

dünkel, dem Selbstwahn und seinen Begierden,

Lust, Leidenschaft, Hass, Zorn etc. bedroht;

aber auch auf seiner Seite stehen mächtige

Krieger; da ist vor allem Er Selbst, der

Wille zum Guten, die Ergebung (Yudhistira),

die Liebe zur Wahrheit, das höhere Selbst-

bewusstsein (Gottvertrauen), die Kraft der

Überzeugung (Glaube), Erhabenheit, Pflicht-

gefühl, Beständigkeit, Aufrichtigkeit, Gerech-

tigkeitsgefühl, Selbstbeherrschung u. s. w.

Ardschuna erkennt, dass die Feinde, die

er bekämpfen soll, wenn nicht sein eignes

Selbst, so doch seine nächsten Verwandten,

Freunde und Lehrer (denn auch die Leiden-

schaften belehren den Menschen) und so wie

Teile seines Selbst sind. Da entsinkt ihm

der Mut zum kämpfen, und er lässt seinen

Bogen (den Willen) fallen.

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Nun erscheint Krischna, der dem Menschen

innewohnende göttliche Mensch (Christus)

und belehrt Ardschuna über die wahre Natur

des Menschen und seine Stellung zu Gott.

Nun erscheint Krischna, der dem Menschen innewohnende göttliche Mensch (Christus) und belehrt Ardschuna über die wahre Natur des Menschen und seine Stellung zu Gott

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179

Er erklärt ihm, dass dasjenige, was der

-

persönliche Mensch für sein „Selbst" hält, nur

eine Täuschung ist, dass alle aus dieser Täu-

Er erklärt ihm, dass dasjenige, was der persönliche Mensch für sein "Selbst" hält, nur eine Täuschung ist, dass alle aus dieser Täuschung entspringenden Zustände, Begierden und Leidenschaften auch nur vorübergehende Erscheinungen sind, und dass der Mensch dadurch zur Erlösung kommt, dass er dieselben überwindet und sich mit Gott, dem unsterblichen Selbst aller Wesen, vereint. Die Bhagavad Gita lehrt somit die höchste von allen Wissenschaften, die Vereinigung des Menschen mit Gott (Yoga) und den Weg zur Unsterblichkeit.

schung entspringenden Zustände, Begierden

und Leidenschaften auch nur vorübergehende

Erscheinungen sind, und dass der Mensch

dadurch zur Erlösung kommt, dass er die-

selben überwindet und sich mit Gott, dem

unsterblichen Selbst aller Wesen, vereint.

Die Bhagavad Gita lehrt somit die höchste

von allen Wissenschaften, die Vereinigung

des Menschen mit Gott (Yoga) und den Weg

zur Unsterblichkeit.

Wie alle heiligen und wahrhaft religiösen

Dinge, wenn sie von dem Standpunkte des

gemeinen tierischen und beschränkten Ver-

standes betrachtet und oberflächlich beurteilt

werden, dadurch in das Reich der Gemein-

heit, des Unverstandes und Irrtums herabge-

zogen und verkehrt aufgefasst werden, so

erging es auch vielfach der Bhagavad Gita

in den Händen der Sprachforscher und Buch-

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gelehrten. Äusserlich und oberflächlich be-

trachtet, stellt sie eine Episode während eines

Kampfes dar, der in der Mahabhärata, einem

Teile der Veden, beschrieben wird. Das Alter

12*

Wie alle heiligen und wahrhaft religiösen Dinge, wenn sie von dem Standpunkte des gemeinen tierischen und beschränkten Verstandes betrachtet und oberflächlich beurteilt werden, dadurch in das Reich der Gemeinheit, des Unverstandes und Irrtums herabgezogen und verkehrt aufgefasst werden, so erging es auch vielfach der Bhagavad Gita in den Händen der Sprachforscher und Buchgelehrten. Äusserlich und oberflächlich betrachtet, stellt sie eine Episode während eines Kampfes dar, der in der Mahabhärata, einem Teile der Veden, beschrieben wird. Das Alter 12*

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der in den Veden niedergelegten Lehre wird

nach den in denselben enthaltenen astrolo-

gischen Angaben auf mindestens 25000 Jahre

der in den Veden niedergelegten Lehre wird nach den in denselben enthaltenen astrologischen Angaben auf mindestens 25000 Jahre geschätzt, und die Gelehrten unter den Brahminen sind ebenso uneinig darüber, um welche Zeit der Kampf zwischen den Kurus und Pandavas stattgefunden habe, als die Theologen des Mittelalters darüber uneinig waren, um welche Zeit Adam in den "Apfel" gebissen hatte, wo das "Paradies" gelegen habe, u. s. w. Eine Verständigung über diese für uns höchst uninteressante Angelegenheit können wir getrost den Philologen, Theologen und Geschichtsforschern überlassen; wir haben es nicht mit leeren Worten und Formen, sondern mit dem Geiste der in den Veden enhaltenen Lehren zu thun, welcher der Geist der Wahrheit' und folglich ja auch des wahren Christentums ist. Die Erhabenheit dieser Lehren fängt jetzt auch an, in Europa allgemein anerkannt zu werden. Sie versetzten sogar den griesgrärnigen und verbitterten A. Schopenhauer in eine gewisse Begeisterung; denn als er dieselben teilweise in einer persisch-lateinischen Übersetzung, genannt das "Oupnekhat", d. h. "das zu bewahrende Geheimnis", kennen gelernt hatte, schrieb er folgendes:

geschätzt, und die Gelehrten unter den Brah-

minen sind ebenso uneinig darüber, um welche

Zeit der Kampf zwischen den Kurus und Pan-

davas stattgefunden habe, als die Theologen des

Mittelalters darüber uneinig waren, um welche

Zeit Adam in den „Apfel" gebissen hatte, wo

das „Paradies" gelegen habe, u. s. w. Eine

Verständigung über diese für uns höchst

uninteressante Angelegenheit können wir ge-

trost den Philologen, Theologen und Ge-

schichtsforschern überlassen; wir haben es

nicht mit leeren Worten und Formen, sondern

mit dem Geiste der in den Veden enhaltenen

Lehren zu thun, welcher der Geist der Wahr-

heit, und folglich ja auch des wahren Christen-

tums ist. Die Erhabenheit dieser Lehren fängt

jetzt auch an, in Europa allgemein anerkannt

zu werden. Sie versetzten sogar den gries-

grämigen und verbitterten A. Schopenhauer

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in eine gewisse Begeisterung; denn als er

dieselben teilweise in einer persisch-lateinischen

Übersetzung, genannt das „Oupnekhat", d. h.

„das zu bewahrende Geheimnis", kennen ge-

lernt hatte, schrieb er folgendes:

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„Wie wird doch der, dem durch fleissiges

Lesen das Persisch-Latein dieses unver-

gleichlichen Buches geläufig geworden ist,

"Wie wird doch der, dem durch fleissiges Lesen das Persisch-Latein dieses unvergleichlichen Buches geläufig geworden ist, von jenem Geiste (der Veden) im Innersten ergriffen! Wie ist doch jede Zeile so voll . ernster, bestimmter und durchgängig zusammenstimmender Bedeutung! Aus jeder Zeile treten uns tiefe, ursprüngliche, erhabene Gedanken entgegen, während ein hoher und heiliger Ernst über dem Ganzen schwebt. Alles atmet hier indische Luft und ursprüngliches, naturverwandtes Dasein. Und 0, wie wird hier der Geist reingewaschen von all dem früh eingeimpften jüdischen Aberglauben und aller, diesem fröhnenden, Philosophie! Es ist die belehrendste und erhebendste Lektüre, die (den Urtext ausgenommen) auf der Welt möglich ist; sie ist der Trost meines Lebens gewesen, und wird der meines Sterbens sein." (Parerga 11, S. 427). Wilhelm von Humbold aber sagt, dass er Gott dafür danke, dass er ihn habe lange genug leben lassen, um dieses Werk kennen zu lernen.

von jenem Geiste (der Veden) im Innersten

ergriffen! Wie ist doch jede Zeile so voll

ernster, bestimmter und durchgängig zu-

sammenstimmender Bedeutung! Aus jeder

Zeile treten uns tiefe, ursprüngliche, erhabene

Gedanken entgegen, während ein hoher und

heiliger Ernst über dem Ganzen schwebt.

Alles atmet hier indische Luft und ursprüng-

liches, naturverwandtes Dasein. Und o, wie

wird hier der Geist reingewaschen von all

dem früh eingeimpften jüdischen Aberglauben

und aller, diesem fröhnenden, Philosophie!

Es ist die belehrendste und erhebendste Lek-

türe, die (den Urtext ausgenommen) auf der

Welt möglich ist; sie ist der Trost meines

Lebens gewesen, und wird der meines Ster-

bens sein." (Parerga II, S. 427). Wilhelm

von Humbold aber sagt, dass er Gott dafür

danke, dass er ihn habe lange genug leben

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lassen, um dieses Werk kennen zu lernen.

Der Umstand, dass das lange Gespräch

zwischen Krischna und Ardschuna beim Be-

ginn des Kampfes auf dem Schlachtfelde statt-

Der Umstand, dass das lange Gespräch zwischen Krischna und Ardschuna beim Beginn des Kampfes auf dem Schlachtfelde statt-

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findet, was doch wahrlich kein Ort für aus-

gedehnte philosophische Diskussionen ist,

und dass „die Hauptstadt Hastinapura" das

findet, was doch wahrlich kein Ort für ausgedehnte philosophische Diskussionen ist, und dass "die Hauptstadt Hastinapura" das Himmelreich bedeutet, hätte wohl, so sollte man glauben, gewisse gelehrte Ausleger der Bhagavad Gita auf den Gedanken bringen können, dass es sich hier, wie ja auch in der Bibel und in anderen Schriften mystischer Natur, um geistige Dinge, und nicht um alleinstehende historische Ereignisse handelt, wenn auch dieselben in Form von Erzählungen dargestellt sind, um die darin enthaltene Wahrheit dem Verständnisse näher zu bringen. Es ist da nicht von Dingen, die einmal geschehen sind und jetzt der Vergangenheit angehören, die Rede; sondern von der fortwährenden Wirkung der Gesetze des Geistes in der Natur. Wie nicht bloss einmal ein Baum gewachsen ist, sondern fortwährend Bäume wachsen, so wiederholt sich auch die Schlacht zwischen den Kurns und Pandavas beständig in jedem einzelnen Menschen, der nach geistiger Entfaltung strebt, und auch im Leben der Menschheit als Ganzes, deren Entwicklung ja das Resultat der Summe der Entwicklung aller Einzelnen ist. Desgleichen findet auch das grosse Werk der Erlösung,

Himmelreich bedeutet, hätte wohl, so sollte

man glauben, gewisse gelehrte Ausleger der

Bhagavad Gita auf den Gedanken bringen

können, dass es sich hier, wie ja auch in der

Bibel und in anderen Schriften mystischer Na-

tur, um geistige Dinge, und nicht um allein-

stehende historische Ereignisse handelt, wenn

auch dieselben in Form von Erzählungen

dargestellt sind, um die darin enthaltene

Wahrheit dem Verständnisse naher zu bringen.

Es ist da nicht von Dingen, die einmal ge-

schehen sind und jetzt der Vergangenheit

angehören, die Rede; sondern von der fort-

währenden Wirkung der Gesetze des Geistes

in der Natur. Wie nicht bloss einmal ein

Baum gewachsen ist, sondern fortwährend

Bäume wachsen, so wiederholt sich auch die

Schlacht zwischen den Kurus und Pandavas

beständig in jedem einzelnen Menschen, der

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nach geistiger Entfaltung strebt, und auch im

Leben der Menschheit als Ganzes, deren Ent-

wicklung ja das Resultat der Summe der

Entwicklung aller Einzelnen ist. Desgleichen

findet auch das grosse Werk der Erlösung,

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das ja ein innerliches sein muss, wenn es den

inneren Menschen erlösen soll, fortwährend

das ja ein innerliches sein muss, wenn es den inneren Menschen erlösen soll, fortwährend statt. Jetzt sowohl als vor Millionen von Jahren, als die menschliche Form genug entwickelt war, um das Licht des göttlichen Gedankens zu empfangen, strömt das geistige Licht in ihn ein; und so oft der Mensch zu dessen Bewusstsein gelangt, wird in ihm der Erlöser, die Erkenntnis seines göttlichen Daseins geboren. Dies haben auch die christlichen Heiligen und Mystiker gewusst und bekannt, und die christliche Lehre von der geistigen Wiedergeburt des Menschen ist nichts anderes als die Lehre von dem Wiedererwachen des Gottesbewusstseins im Menschen, so wie es im "Neuen Testamente" sinnbildlich dargestellt ist. J ed~r ist selbst Ardschuna; jeder hat selbst seinen Schlachtwagen; d. h. seine mit mystischen Kräften begabte Natur, und in derselben hat auch sein geistiger Führer (Krischna) seinen Sitz und erteilt dem irdischen Menschen seine Ratschläge. Wird der Mensch in seinem Bewusstsein eins mit dem Erlöser, der in ihm seine W ohnung hat, so sind Ardschuna und Krischna, Adam und Christus eins in dieser Vereinigung, und der Schlachtwagen wird zum

statt. Jetzt sowohl als vor Millionen von

Jahren, als die menschliche Form genug ent-

wickelt war, um das Licht des göttlichen

Gedankens zu empfangen, strömt das geistige

Licht in ihn ein; und so oft der Mensch zu

dessen Bewusstsein gelangt, wird in ihm der

Erlöser, die Erkenntnis seines göttlichen Da-

seins geboren. Dies haben auch die christ-

lichen Heiligen und Mystiker gewusst und

bekannt, und die christliche Lehre von der

geistigen Wiedergeburt des Menschen ist

nichts anderes als die Lehre von dem Wieder-

erwachen des Gottesbewusstseins im Men-

schen, so wie es im „Neuen Testamente'' sinn-

bildlich dargestellt ist. Jeder ist selbst Ard-

schuna; jeder hat selbst seinen Schlachtwagen;

d. h. seine mit mystischen Kräften begabte

Natur, und in derselben hat auch sein geis-

tiger Führer (Krischna) seinen Sitz und er-

teilt dem irdischen Menschen seine Ratschläge.

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Wird der Mensch in seinem Bewusstsein

eins mit dem Erlöser, der in ihm seine Woh-

nung hat, so sind Ardschuna und Krischna,

Adam und Christus eins in dieser Vereini-

gung, und der Schlachtwagen wird zum

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Tempel des Geistes Gottes, der in uns wohnt;

Tempel des Geistes Gottes, der in uns wohnt; denn Ardschuna ist der irdische denkende Mensch, Christus der erkennende Gottmensch, "der andere Mensch, dem Himmel entstammend" (Ephes. IV, 6), der im irdischen Menschen und auch über ihm wohnt; und nur durch die Vereinigung mit dem Gottmenschen, der die Wahrheit ist, kann der irdische Mensch zur V ollkommenheit und Erlösung von Irrtum und Sünde gelangen.

denn Ardschuna ist der irdische denkende

Mensch, Christus der erkennende Gottmensch,

„der andere Mensch, dem Himmel entstam-

mend" (Ephes. IV, 6), der im irdischen

Menschen und auch über ihm wohnt; und

nur durch die Vereinigung mit dem Gott-

menschen, der die Wahrheit ist, kann der

irdische Mensch zur Vollkommenheit und

Erlösung von Irrtum und Sünde gelangen.

Dieser Kampf zwischen der göttlichen

und der tierisch intellektuellen Menschen-

natur ist in allen grossen Religionssystemen

sinnbildlich dargestellt. Im Christentum z. B.,

als der Kampf zwischen dem Erzengel Mi-

chael (dem höheren Selbst) und dem Drachen

(dem Repräsentanten des scheinbaren Selbsts),

dessen Rachen die Habsucht, dessen Atem

die Leidenschaft und dessen Flügel Eigen-

wille und Grössenwahn sind. In jedem Wesen

ringt das Licht mit der Dunkelheit; in jeder

Form strebt der Geist Gottes in der Natur

Dieser Kampf zwischen der göttlichen und der tierisch intellektuellen Menschennatur ist in allen grossen Religionssystemen sinnbildlich dargestellt. Im Christentum z. B., als der Kampf zwischen dem Erzengel Michael (dem höheren Selbst) und dem Drachen (dem Repräsentanten des scheinbaren Selbsts), dessen Rachen die Habsucht, dessen Atem die Leidenschaft und dessen Flügel Eigenwille und Grössenwahn sind. In jedem Wesen ringt das Licht mit der Dunkelheit; in jeder Form strebt der Geist Gottes in der Natur nach Offenbarung; aber erst im Menschen findet er einen Gehilfen, der ihm mit Bewusstsein und Intelligenz beistehen kann, das Dunkel und den Irrtum zu überwinden.

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nach Offenbarung; aber erst im Menschen

findet er einen Gehilfen, der ihm mit Be-

wusstsein und Intelligenz beistehen kann, das

Dunkel und den Irrtum zu überwinden.

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Der Schlüssel zum Verständnisse der

Bhagavad Gita wie auch der Bibel und an-

Der Schlüssel zum Verständnisse der Bhagavad Gita wie auch der Bibel und anderer theosophischer Schriften ist die Erkenntnis der zwiefachen Menschennatur, und der Fähigkeit, das Unsterbliche im Menschen von dem, was in ihm sterblich ist, zu unterscheiden, und die Bhagavad Gita lehrt uns, wie diese Erkenntnis und Unterscheidung erlangt werden kann. Mit einem bloss theoretischen Wissen in Bezug' auf die zwiefache Natur des Menschen oder mit einem blindgläubigen Fürwahrhalten derselben ist nicht viel gedient; denn weder in dem einen noch in dem andern besteht diejenige wahre Erkenntnis, welche nur durch die Erfahrung erlangt werden kann. Eine, wenn auch nur theoretische Kenntnis dieser Lehre ist unzweifelhaft von grossem Wert, weil sie den Menschen veranlassen kann, selbst nach der ihm innewohnenden höheren Kraft zu suchen; wie aber das Studium eines Weges auf der Landkarte erst dann einen wirklichen Zweck hat, wenn davon Gebrauch gemacht wird, und wie wir den Weg erst dann richtig kennen lernen, wenn wir ihn selber gehen; oder wie das Studium einer Speisekarte uns nicht satt machen kann, wenn wir nichts

derer theosophischer Schriften ist die Er-

kenntnis der zwiefachen Menschennatur, und

der Fähigkeit, das Unsterbliche im Menschen

von dem, was in ihm sterblich ist, zu unter-

scheiden, und die Bhagavad Gita lehrt uns,

wie diese Erkenntnis und Unterscheidung

erlangt werden kann. Mit einem bloss theo-

retischen Wissen in Bezug auf die zwiefache

Natur des Menschen oder mit einem blind-

gläubigen Fürwahrhalten derselben ist nicht

viel gedient; denn weder in dem einen noch

in dem andern besteht diejenige wahre Er-

kenntnis, welche nur durch die Erfahrung

erlangt werden kann. Eine, wenn auch nur

theoretische Kenntnis dieser Lehre ist un-

zweifelhaft von grossem Wert, weil sie den

Menschen veranlassen kann, selbst nach der

ihm innewohnenden höheren Kraft zu suchen;

wie aber das Studium eines Weges auf der

Landkarte erst dann einen wirklichen Zweck

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hat, wenn davon Gebrauch gemacht wird,

und wie wir den Weg erst dann richtig

kennen lernen, wenn wir ihn selber gehen;

oder wie das Studium einer Speisekarte uns

nicht satt machen kann, wenn wir nichts

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von dem, was darauf bezeichnet ist, zu essen

bekommen, so erfüllt auch das Studium der

von dem, was darauf bezeichnet ist, zu essen bekommen, so erfüllt auch das Studium der Bhagavad Gita erst dann seinen Zweck, wenn die darin angegebenen Lehren im alltäglichen Leben befolgt und ausgeübt werden. Wir können von äusserlichen Dingen, die wir niemals wahrgenommen haben, keine andere als bloss theoretische Kenntnis, die ja nur in unserer eigenen Vorstellung besteht, haben, und diese Kenntnis ist unvollkommen, so lange sie nicht durch die eigene Erkenntnis bestätigt wird. Ebenso ist es im Geistigen. Die wahre Erkenntnis besteht nicht darin, dass man weiss, was in der Bhagavad Gita oder in der Bibel steht, sondern sie besteht in einem Erwachen des Geistes, wodurch die Wahrheit selbst im Menschen offenbar und zu einem Teile seines Wesens wird. Erst .dadurch wird er sich ihrer selbst bewusst. In jedem Menschen ist ein Funke der göttlichen Selbsterkenntnis enthalten; er ist "der Same des unsterblichen Daseins"*), der, von der Flamme der göttlichen Liebe ergriffen, zum Lichte wird, in welchem alles veränderliche Dünken und Wähnen und Meinen ver-

Bhagavad Gita erst dann seinen Zweck, wenn

die darin angegebenen Lehren im alltäglichen

Leben befolgt und ausgeübt werden. Wir

können von äusserlichen Dingen, die wir

niemals wahrgenommen haben, keine andere

als bloss theoretische Kenntnis, die ja nur

in unserer eigenen Vorstellung besteht, haben,

und diese Kenntnis ist unvollkommen, so

lange sie nicht durch die eigene Erkenntnis

bestätigt wird. Ebenso ist es im Geistigen.

Die wahre Erkenntnis besteht nicht darin,

dass man weiss, was in der Bhagavad Gita

oder in der Bibel steht, sondern sie besteht

in einem Erwachen des Geistes, wodurch die

Wahrheit selbst im Menschen offenbar und

zu einem Teile seines Wesens wird. Erst

dadurch wird er sich ihrer selbst bewusst.

In jedem Menschen ist ein Funke der gött-

lichen Selbsterkenntnis enthalten; er ist „der

Same des unsterblichen Daseins"*), der, von

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der Flamme der göttlichen Liebe ergriffen,

zum Lichte wird, in welchem alles veränder-

liche Dünken und Wähnen und Meinen ver-

*) Bhagavad Gita X, 7.

*) Bhagavad Gita X, 7.

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schwindet, und die ewige Wirklichkeit in ihrer

Herrlichkeit offenbar wird. Man muss selbst

Ardschuna sein und den Kampf mit dem

schwindet, und die ewige Wirklichkeit in ihrer Herrlichkeit offenbar wird. Man muss selbst Ardschuna sein und den Kampf mit dem eigenen Selbstwahn , dem eigenen Eigendünkel, den eigenen Vorurteilen, Begierden, Leidenschaften und Irrtümern aufnehmen, um zu wissen, was dieser Kampf bedeutet; man muss die Gegenwart von Krischna in sich selber empfunden haben, um zu ahnen, was die Vereinigung von Gott und dem Menschen ist.

eigenen Selbstwahn, dem eigenen Eigen-

dünkel, den eigenen Vorurteilen, Begierden,

Leidenschaften und Irrtümern aufnehmen,

um zu wissen, was dieser Kampf bedeutet;

man muss die Gegenwart von Krischna in

sich selber empfunden haben, um zu ahnen,

was die Vereinigung von Gott und dem

Menschen ist.

Was nützt es mich, wenn ich in der Bibel

lese, dass jemand gesagt haben soll: „Ich

bin der Weg, die Wahrheit und das Leben";

oder wenn ich weiss; dass in der Bhagavad

Gita steht: „Ich bin in allen Dingen das

Höchste. Ich bin das Licht in allen Dingen,

die Licht haben. Ich bin der Ursprung von

Allem. Ich bin der Anfang, die Mitte und

das Ende," u. s. f.; wenn ich nicht weiss, was

dieses Ich, das in Allem, und folglich auch in

mir, das Licht und das Höchste, mein An-

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fang und mein Ende ist, bedeutet, und es

als etwas mir Fremdes und Unnahbares be-

trachte? Allerdings werde ich dieses mein

göttliches Ich niemals finden, solange ich es nur

Was nützt es mich, wenn ich in der Bibel lese, dass jemand gesagt haben soll: "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben"; oder wenn ich weiss; dass in der Bhagavad Gjta steht: "Ich bin in allen Dingen das Höchste. Ich bin das Licht in allen Dingen, die Licht haben. Ich bin der Ursprung von Allem. Ich bin der Anfang, die Mitte und das Ende," u. s. f.; wenn ich nicht weiss, was dieses Ich, das in Allem, und folglich auch in mir, das Licht und das Höchste, mein Anfang und mein Ende ist, bedeutet, und es als etwas mir Fremdes und Unnahbares betrachte? Allerdings werde ich dieses mein göttliches Ich niemals finden, solange ich es nur

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ausser mir und nicht auch in mir selbst suche;

denn Gott kann weder durch das Fernrohr,

noch durch das Mikroskop gefunden werden;

ausser mir und nicht auch in mir selbst suche; denn Gott kann weder durch das Fernrohr, noch durch das Mikroskop gefunden werden; wer aber sein wahres göttliches Ich, das Ich aller Wesen in sich selbst gefunden hat, der erkennt es auch in allem. "Wer Gott in sich selbst und in allem erkennt, der ist der richtige Seher." *) Der Weg zu dieser Erkenntnis wird in der Bhagavad Gita gelehrt. Er ist der Weg der Wahrheit und führt uns aus dem Meere der Täuschungen, von denen wir umgeben sind, zum unsterblichen Dasein in der unvergänglichen Wirklichkeit. Er führt uns alle zum Ziel, vorausgesetzt, dass wir ihn wirklich betreten, und uns nicht bloss in unserer Phantasie darauf ergehen.

wer aber sein wahres göttliches Ich, das

Ich aller Wesen in sich selbst gefunden hat,

der erkennt es auch in allem. „Wer Gott

in sich selbst und in allem erkennt, der ist

der richtige Seher."*) Der Weg zu dieser

Erkenntnis wird in der Bhagavad Gita ge-

lehrt. Er ist der Weg der Wahrheit und

führt uns aus dem Meere der Täuschungen,

von denen wir umgeben sind, zum unsterb-

lichen Dasein in der unvergänglichen Wirk-

lichkeit. Er führt uns alle zum Ziel, voraus-

gesetzt, dass wir ihn wirklich betreten, und

uns nicht bloss in unserer Phantasie darauf

ergehen.

Die Wahrheit ist die Wirklichkeit. Alles

andere ist vergänglicher Schein. Die Wahr-

heit ist unvergänglich, deshalb kann auch das,

was in uns wirklich ist, nicht vergehen;

während das, was in uns nicht wahr und

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nicht ewig ist, dem Untergang verfällt.

Auch erlangt das, was in uns ewig und un-

*) Bhagavad Gita XIII, 27.

Die Wahrheit ist die Wirklichkeit. Alles andere ist vergänglicher Schein. Die Wahrheit ist unvergänglich, deshalb kann auch das, was in uns wirklich ist, nicht vergehen; während das, was in uns nicht wahr und nicht ewig ist, dem Untergang verfällt. Auch erlangt das, was in uns ewig und un*) Bhagavad Gita XIll, 27.

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sterblich ist, erst dann für uns einen wirk-

lichen Wert, wenn wir es erkennen; denn

auch die Materie, aus der ein Stein oder

sterblich ist, erst dann für uns einen wirklichen Wert, wenn wir es erkennen; denn auch die Materie, aus der ein Stein oder ein Stück Holz besteht, ist unsterblich; es geht von ihr nichts aus dem Weltall verloren; aber eine Unsterblichkeit, deren man sich nicht bewusst ist, wäre ebenso sinnlos als der Besitz eines Reichtums, von dem man nichts weiss.

ein Stück Holz besteht, ist unsterblich;

es geht von ihr nichts aus dem Weltall ver-

loren; aber eine Unsterblichkeit, deren man

sich nicht bewusst ist, wäre ebenso sinnlos

als der Besitz eines Reichtums, von dem man

nichts weiss.

„Aber," so werden manche sagen, „wir

finden den Weg zur Erlösung bereits in der

Bibel angegeben. Wozu bedürfen wir der

Schriften der indischen Weisen?" — Wer

den geheimen Sinn der Bibel versteht, der

hat weder die Bibel, noch die Bhagavad Gita

mehr nötig; wer ihn aber nicht versteht, dem

dient gerade die Bhagavad Gita dazu, ihn

kennen zu lernen. Wir verachten die Bibel

nicht, sondern schätzen sie um so mehr, als

sie, insofern sie richtig übersetzt ist, zum

grössten Teile eine Wiedergabe der in den

indischen Veden vorhandenen Lehren enthält;

"Aber ," so werden manche sagen, "wir finden den Weg zur Erlösung bereits in der Bibel angegeben. Wozu bedürfen wir der Schriften der indischen Weisen?" - Wer den geheimen Sinn der Bibel versteht, der hat weder die Bibel, noch die Bhagavad Gita mehr nötig; wer ihn aber nicht versteht, dem dient gerade die Bhagavad Gita dazu, ihn kennen zu lernen. Wir verachten die Bibel nicht, sondern schätzen sie um so mehr, als sie, insofern sie richtig übersetzt ist, zum grössten Teile eine Wiedergabe der in den indischen Veden vorhandenen Lehren enthält; allein es fehlt für dieselben darin die wissenschaftliche Begründung, welche in den Veden zu finden ist. Die Bibel war ursprünglich für die Eingeweihten geschrieben; d. h. für

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allein es fehlt für dieselben darin die wissen-

schaftliche Begründung, welche in den Veden

zu finden ist. Die Bibel war ursprünglich

für die Eingeweihten geschrieben; d. h. für

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diejenigen, welche die Allgegenwart des gött-

lichen Geistes in sich selbst empfanden und

erkannten, und deshalb keine Beweise für

das Vorhandensein desselben bedurften. Als

diejenigen, welche die Allgegenwart des göttlichen Geistes in sich selbst empfanden und erkannten, und deshalb keine Beweise für das Vorhandensein desselben bedurften. Als aber die Bibel Gemeingut wurde, und der Schlüssel zu ihren heiligen Geheimnissen unter den Unheiligen verloren ging, da bemächtigte sich auch ihrer der Unverstand; eine Verblendung durch den Buchstaben trat an die Stelle der Erkenntnis des Geistes und hatte verkehrte Auslegungen zur Folge, die, wie bekannt, zu den grössten Verirrungen führten. Deshalb sehen wir auch heute noch, dass es trotz allem sogenannten Religionsunterricht der "Religion" an einer vernünftigen Grundlage fehlt, und dass sie deshalb vielfach in Schwärmerei und Aberglauben ausartet; während es der Philosophie und besonders der medizinischen "Wissenschaft" an der notwendigsten Grundlage alles wahren Wissens mangelt, welche aus der Selbsterkenntnis der ewigen Wahrheit entspringt, und die nur durch die Kraft der über allen Egoismus erhabenen, alles. umfassenden Liebe erlangt werden kann; weil ohne diese Erhebung die Wissenschaft nicht aus dem Kreise ihrer Beschränktheit und Kurzsichtig-

aber die Bibel Gemeingut wurde, und der

Schlüssel zu ihren heiligen Geheimnissen

unter den Unheiligen verloren ging, da be-

mächtigte sich auch ihrer der Unverstand;

eine Verblendung durch den Buchstaben trat

an die Stelle der Erkenntnis des Geistes und

hatte verkehrte Auslegungen zur Folge, die,

wie bekannt, zu den grössten Verirrungen

führten. Deshalb sehen wir auch heute noch,

dass es trotz allem sogenannten Religions-

unterricht der „Religion" an einer vernünftigen

Grundlage fehlt, und dass sie deshalb viel-

fach in Schwärmerei und Aberglauben aus-

artet; während es der Philosophie und be-

sonders der medizinischen „Wissenschaft" an

der notwendigsten Grundlage alles wahren

Wissens mangelt, welche aus der Selbst-

erkenntnis der ewigen Wahrheit entspringt,

und die nur durch die Kraft der über allen

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Egoismus erhabenen, alles umfassenden Liebe

erlangt werden kann; weil ohne diese Er-

hebung die Wissenschaft nicht aus dem

Kreise ihrer Beschränktheit und Kurzsichtig-

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— 1g1 —

keit heraustreten und sich zu jener geistigen

Grösse entfalten kann, welche nötig ist, um

zu jener höheren Weltanschauung zu ge-

langen, welche das Weltall als ein Ganzes,

keit heraustreten und sich zu jener geistigen Grösse entfalten kann, welche nötig ist, um zu jener höheren 'Veltanschauung zu gelangen, welche das Weltall als ein Ganzes, die Einheit des Wesens von allen Dingen, und den innigen Zusammenhang aller Geschöpfe unter einander erkennt.

die Einheit des Wesens von allen Dingen,

und den innigen Zusammenhang aller Ge-

schöpfe unter einander erkennt.

Der erleuchtete Mystiker Thomas von

Kempen sagt: „Wohl dem, den die Weisheit

selber belehrt; nicht durch vergängliche

Werke, sondern so wie sie ihrem Wesen nach

ist." „Aber es sind viele, die der Erkenntnis

fähig sind, und nur deshalb nicht zu ihr

kommen können, weil ihnen die Welt des

Irrtums die Augen voll Sand gestreut hat,

und sie ihn sich nicht selbst auswischen

können." Für solche ist die Bhagavad Gita

geschrieben. Glücklich ist derjenige, der be-

reits so von der Kraft des Glaubens durch-

Der erleuchtete Mystiker Thomas von Kempen sagt: "Wohl dem, den die Weisheit selber belehrt; nicht durch vergängliche Werke, sondern so wie sie ihrem 'Vesen nach ist." "Aber es sind viele, die der .Erkenntnis fähig sind, und nur deshalb nicht zu ihr kommen können, weil ihnen die Welt des Irrtums die Augen voll Sand gestreut hat, und sie ihn sich nicht selbst auswischen können." Für solche ist die Bhagavad Gita geschrieben. Glücklich ist derjenige, der bereits so von der Kraft des Glaubens durchdrungen ist, und dessen Seele so fest in der Erkenntnis der Wahrheit Wurzel gefasst hat, dass er keiner wissenschaftlichen Stütze bedarf, um sich daran zu halten; aber viele bedürfen dieser Stütze, so wie ein junger Baum einer Stütze bedarf, um nicht von Sturmwinden niedergerissen zu werden.. Vielerlei sind der

drungen ist, und dessen Seele so fest in der

Erkenntnis der Wahrheit Wurzel gefasst hat,

dass er keiner wissenschaftlichen Stütze be-

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darf, um sich daran zu halten; aber viele be-

dürfen dieser Stütze, so wie ein junger Baum

einer Stütze bedarf, um nicht von Sturmwinden

niedergerissen zu werden. Vielerlei sind der

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Feinde, welche das Erwachen der Seele des

Menschen verhindern. Wohl dem, der sie

und ihren Ursprung kennt. Es ist leicht zu

predigen: „Bezähme deine Begierden, liebe

Feinde, welche das Erwachen der Seele des Menschen verhindern. Wohl dem, der sie und ihren Ursprung kennt. Es ist leicht zu predigen: "Bezähme deine Begierden, liebe Gott, überwinde dich selbst"; aber dieser Rat ist schwer zu befolgen für denjenigen, der die Natur ·seiner Begierden nicht kennt, und nicht weiss, weshalb er sie nicht befriedigen soll, der nicht weiss, wo er Gott finden kann, und mit dem Wesen des Selbsts, das er überwinden soll, nicht vertraut ist. Um sich selbst und seine Natur zu beherrschen, ist es gut, dieselben erst kennen zu lernen. Wird das Selbst einmal in Wahrheit als Täuschung erkannt, so ist es auch schon überwunden. Um Gott zu lieben, muss man ihn erkennen: denn wer kann in Wahrheit dasjenige lieben, von dessen Dasein er nichts empfindet und nichts weiss? Um seine Natur zu beherrschen und sie sich zu Diensten zu machen, ist es zweckmässig, die Gesetze derselben kennen zu lernen, und zu wissen, welche Stellung der Mensch im Weltall einnehmen kann und soll. Diese heilige Wissenschaft ist es, welche in der Bhagavad Gita enthalten ist, und dieser den Vorrang giebt über andere "heilige Schriften", in welchen diese Lehre nur stück-

Gott, überwinde dich selbst"; aber dieser Rat

ist schwer zu befolgen für denjenigen, der

die Natur 'seiner Begierden nicht kennt, und

nicht weiss, weshalb er sie nicht befriedigen soll,

der nicht weiss, wo er Gott finden kann, und

mit dem Wesen des Selbsts, das er über-

winden soll, nicht vertraut ist. Um sich

selbst und seine Natur zu beherrschen, ist es

gut, dieselben erst kennen zu lernen. Wird

das Selbst einmal in Wahrheit als Täuschung

erkannt, so ist es auch schon überwunden.

Um Gott zu lieben, muss man ihn erkennen;

denn wer kann in Wahrheit dasjenige lieben,

von dessen Dasein er nichts empfindet und

nichts weiss? Um seine Natur zu beherrschen

und sie sich zu Diensten zu machen, ist es

zweckmässig, die Gesetze derselben kennen

zu lernen, und zu wissen, welche Stellung

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der Mensch im Weltall einnehmen kann und

soll. Diese heilige Wissenschaft ist es, welche

in der Bhagavad Gita enthalten ist, und dieser

den Vorrang giebt über andere „heilige

Schriften", in welchen diese Lehre nur stück-

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weise und hinter Parabeln und Allegorieen

-

verborgen gefunden werden kann.

Es handelt sich deshalb vor allem darum,

weise und hinter Parabeln und Allegorieen verborgen gefunden werden kann.

einen richtigen Begriff von dem innerlichen

Wesen des Menschen und der Natur zu er-

langen; und dass dies nicht auf dem Wege

der äusserlichen Beobachtung erreicht werden

kann, versteht sich von selbst. Innerliche

Es handelt sich deshalb vor allem darum, einen richtigen Begriff von dem innerlichen Wesen des Menschen und der Natur zu erlangen; und dass dies nicht auf dem Wege der äusserlichen Beobachtung erreicht werden kann, versteht sich von selbst. Innerliche Wahrheiten können nicht durch die äusserlichen Sinne erkannt werden, und Schlussfolgerungen aus solchen Beobachtungen bleiben immer zweifelhafter Natur. Die Wahrheit dagegen bedarf keines anderen Beweises als ihre Erkenntnis,' und so lange wir nicht selbst zu dieser Erkenntnis gekommen sind, ist es vom grössten Werte, die Lehren der Weisen, welche die Wahrheit erkannt haben, zu beherzigen, um so mehr, wenn dieselben uns den Weg zeigen, wie wir selbst zu dieser Erkenntnis gelangen können, die das Endziel des menschlichen Daseins ist.

Wahrheiten können nicht durch die äusser-

lichen Sinne erkannt werden, und Schluss-

folgerungen aus solchen Beobachtungen blei-

ben immer zweifelhafter Natur. Die Wahr-

heit dagegen bedarf keines anderen Beweises

als ihre Erkenntnis," und so lange wir nicht

selbst zu dieser Erkenntnis gekommen sind,

ist es vom grössten Werte, die Lehren der

Weisen, welche die Wahrheit erkannt haben,

zu beherzigen, um so mehr, wenn dieselben

uns den Weg zeigen, wie wir selbst zu dieser

Erkenntnis gelangen können, die das Endziel

des menschlichen Daseins ist.

Lotnsblüthen LIV.

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Lotusblütben LIV.

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K a r m a.*>

(Fortsetzung.)

IX.

Das Ich und die „Iche".

„Alle Welten kehren wieder zu ihrem Ur-

sprünge zurück. Wer aber mich verlangt, wird

nicht mehr wiedergeboren,"

(Bhugavad Gita VIII, 6.)

Auf der geistigen Erkenntnis der Einheit

des Wesens im ganzen Weltall beruht die

Erforschung der darin verborgenen göttlichen

Geheimnisse. Der Besitz der Fähigkeit, diese

Einheit in sich zu empfinden und sich selbst

Kar m a.*)

schliesslich als das Ganze zu erkennen, ist

der einzige Schlüssel zu einem wahren Ver-

ständnisse der grossen Wissenschaft, welche

(Fortsetzung.)

„okkult" genannt wird, weil sie dem von der

*) Diese Arbeit wurde durch anderweitige Inanspruch-

nahme des Verfassers unterbrochen, wird aber demnächst in

Form eines Buches erscheinen.

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IX.

Das Ich und die "Iehe". ,,Alle Welten kehren wieder zu ihrem Ur· .prunge zurtlck. Wer aber mich verlangt, wird nicht mehr wiedergeboren." (Bhagavad Gita VIII, 6.)

• Auf der geistigen Erkenntnis der Einheit des Wesens im ganzen Weltall beruht die Erforschung der darin verborgenen göttlichen Geheimnisse. Der Besitz der Fähigkeit, diese Einheit in sich zu empfinden und sich selbst schliesslich als das Ganze zu erkennen, ist der einzige Schlüssel zu einem wahren Verständnisse der grossen Wissenschaft, welche "okkult" genannt wird, weil sie dem von der *) Diese Arbeit wurde durch anderweitige Inanspruchnahme des Verfassers unterbrochen, wird aber demnächst in Form eines Buches erscheinen.

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Selbstheit beschränkten irdischen Menschen-

verstande nicht zugänglich ist, und somit

auch zu einem wirklichen Verständnisse der

Selbstheit beschränkten irdischen Menschenverstande nicht zugänglich ist, und somit auch zu einem wirklichen Verständnisse der Lehre vom Karma. Die Wahrheit kennen zu lernen, heisst sich selbst in der Wahrheit zu finden. Um aber sein eigenes wahres, unendliches Ich zu finden, dazu müssen die vielerlei Täuschungen überwunden werden, welche sich unsere falschen ,,lche" bilden; da sie sich unter allerlei Masken als unser "Selbst" darstellen, während sie doch nur von den auf uns einwirkenden Naturkräften hervorgerufene Bewusstseinszustände sind. Ohne das Erwachen des wahren Selbstbewusstseins im Menschen, wodurch derselbe zur wirklichen Erkenntnis seines Allseins und seiner Unsterblichkeit gelangt, ist ein wahres Verständnis der göttlichen Geheimnisse in der Natur eine Unmöglichkeit und ohne dieselbe überschreiten die gelehrtesten Abhandlungen über dieselben nicht den Rahmen der blinden Spekulation. Dies wird auch in der Bibel gelehrt, welche sagt: "Suchet vor allem das Reich Gottes in .euch selbst kennen zu lernen, und alles andere wird euch dann gegeben werden." Aus diesem Grunde sind auch alle wahrhaft reli-

Lehre vom Karma. Die Wahrheit kennen

zu lernen, heisst sich selbst in der Wahrheit

zu finden. Um aber sein eigenes wahres, un-

endliches Ich zu finden, dazu müssen die

vielerlei Täuschungen überwunden werden,

welche sich unsere falschen „Iche" bilden;

da sie sich unter allerlei Masken als unser

„Selbst" darstellen, während sie doch nur

von den auf uns einwirkenden Naturkräften

hervorgerufene Bewusstseinszustände sind.

Ohne das Erwachen des wahren Selbstbe-

wusstseins im Menschen, wodurch derselbe

zur wirklichen Erkenntnis seines Allseins

und seiner Unsterblichkeit gelangt, ist ein

wahres Verständnis der göttlichen Geheim-

nisse in der Natur eine Unmöglichkeit und

ohne dieselbe überschreiten die gelehrtesten

Abhandlungen über dieselben nicht den

Rahmen der blinden Spekulation. Dies wird

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auch in der Bibel gelehrt, welche sagt:

„Suchet vor allem das Reich Gottes in euch

selbst kennen zu lernen, und alles andere

wird euch dann gegeben werden." Aus

diesem Grunde sind auch alle wahrhaft reli-

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giösen und okkulten Schriften weniger dazu

dienlich, die wissenschaftliche Neugierde in

Bezug auf geistige Dinge zu befriedigen, als

giösen und okkulten Schriften weniger dazu dienlich, die wissenschaftliche Neugierde in Bezug auf geistige Dinge zu befriedigen, als vielmehr den nach Wahrheit suchenden Menschen den Weg zum eigenen geistigen Erwachen, zum eigenen geistigen Anschauen und Erkennen zu zeigen. Wem der Morgenstern der Weisheit nicht im eigenen Herzen aufgeht*), der wird ihn schwerlich in den Büchern der Gelehrten finden. Dies ist es aber gerade, was den meisten Menschen, besonders denen, die gerne Mystiker sein möchten, nicht behagt, denen das eigene innere Wachstum viel zu langsam vor sich geht, und die deshalb lieber in äusserlichen Dingen nach der Wahrheit suchen; obgleich sie dort niemals gefunden wird, wenn man sie nicht schon im Innern erkannt hat.

vielmehr den nach Wahrheit suchenden Men-

schen den Weg zum eigenen geistigen Er-

wachen, zum eigenen geistigen Anschauen

und Erkennen zu zeigen. Wem der Morgen-

stern der Weisheit nicht im eigenen Herzen

aufgeht*), der wird ihn schwerlich in den

Büchern der Gelehrten finden. Dies ist es

aber gerade, was den meisten Menschen, be-

sonders denen, die gerne Mystiker sein

möchten, nicht behagt, denen das eigene

innere Wachstum viel zu langsam vor sich

geht, und die deshalb lieber in äusserlichen

Dingen nach der Wahrheit suchen; obgleich

sie dort niemals gefunden wird, wenn man

sie nicht schon im Innern erkannt hat.

Was ist nun das wahre Ich, nach welchem

wir suchen? — Da das ganze Weltall nur

ein einziges, unteilbar in seinem Wesen, wenn

auch höchst mannigfaltig in seinen Erschei-

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nungen ist, und alles aus diesem Einen ent-

springt und in die Einheit zurückkehrt, so

*) II. Petras, I, 19.

Was ist nun das wahre Ich, nach welchem wir suchen? - Da das ganze Weltall nur ein einziges, unteilbar in seinem Wesen, wenn auch höchst mannigfaltig in seinen Erscheinungen ist, und alles aus diesem Einen entspringt und in die Einheit zurückkehrt, so *) II. Petrus, I, 19.

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ist auch dieses Eine unser wahres, göttliches

Ich, und der Zweck dieses Daseins ist, dass

wir zum Bewusstsein dieses wahren unend-

ist auch dieses Eine unser wahres, göttliches Ich, und der Zweck dieses Daseins ist, dass wir zum Bewusstsein dieses wahren unendlichen Ichs, welches alles umfasst und alles durchdringt, kommen sollen. Dieses eine ewige Ich, welches der ganzen Menschheit gemeinsam ist, und "Gott" genannt wird, ist an kein Karma gebunden; es ist hoch erhaben über alles Zeitliche und Vergängliche; es wohnt nicht ausserhalb der Natur, sondern in der Natur und in allen Dingen; es ist in der That das eine Wesen von allen Dingen; dennoch ist es kein Produkt der Natur und wird von keinem Dinge berührt. So ist es auch mit unserem innersten Selbstbewusstsein; welches ebenfalls in uns und nicht ausser uns wohnt, und dennoch mit allem, was unseren Körper betrifft, nichts zu schaffen hat. Ziehen wir uns in unser innerstes Selbstbewusstsein zurück, oder, was dasselbe ist, erheben wir uns zum höchsten Ideale, so ist weder unsere eigene Persönlichkeit, noch überhaupt etwas äusserliches mehr für uns vorhanden. Lust und Schmerz, sinnliche Empfindungen, objektive Gedanken und Wahrnehmungen dringen nicht in unser innerstes Selbstbewusstsein ein; das Selbst-

lichen Ichs, welches alles umfasst und alles

durchdringt, kommen sollen. Dieses eine ewige

Ich, welches der ganzen Menschheit gemein-

sam ist, und „Gott" genannt wird, ist an kein

Karma gebunden; es ist hoch erhaben über

alles Zeitliche und Vergängliche; es wohnt

nicht ausserhalb der Natur, sondern in der

Natur und in allen Dingen; es ist in der

That das eine Wesen von allen Dingen;

dennoch ist es kein Produkt der Natur und

wird von keinem Dinge berührt. So ist

es auch mit unserem innersten Selbstbewusst-

sein; welches ebenfalls in uns und nicht

ausser uns wohnt, und dennoch mit allem,

was unseren Körper betrifft, nichts zu schaffen

hat. Ziehen wir uns in unser innerstes Selbst-

bewusstsein zurück, oder, was dasselbe ist,

erheben wir uns zum höchsten Ideale, so ist

weder unsere eigene Persönlichkeit, noch

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überhaupt etwas äusserliches mehr für uns

vorhanden. Lust und Schmerz, sinnliche

Empfindungen, objektive Gedanken und

Wahrnehmungen dringen nicht in unser

innerstes Selbstbewusstsein ein; das Selbst-

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bewusstsein an sich ist frei von allem, das

ausserhalb seiner selbst ist, und solange wir

uns mit demselben identificieren, sind wir in

bewusstsein an sich ist frei von allem, das ausserhalb seiner selbst ist, und solange wir uns mit demselben identificieren, sind wir in der Freiheit und Ruhe, einerlei unter was für Umständen unser Körper, der Wohnort dieses Selbstbewusstseins, sich befindet. Das innerste geistige Selbstbewusstsein ist nicht nur über jede körperliche Empfindung, sondern auch über jeden Seelenschmerz erhaben. In ihm existieren weder Zeit noch Raum, noch Vorstellung, es weiss von nichts, als von sich selbst; es ist sich seiner selbst bewusst. Damit ist alles gesagt.

der Freiheit und Ruhe, einerlei unter was

für Umständen unser Körper, der Wohnort

dieses Selbstbewusstseins, sich befindet. Das

innerste geistige Selbstbewusstsein ist nicht

nur über jede körperliche Empfindung, son-

dern auch über jeden Seelenschmerz erhaben.

In ihm existieren weder Zeit noch Raum,

noch Vorstellung, es weiss von nichts, als von

sich selbst; es ist sich seiner selbst bewusst.

Damit ist alles gesagt.

Anders verhält es sich, wenn wir aus

dem Zauberkreise dieses Selbstbewusstseins

heraustreten und an den Dingen teilnehmen,

die uns umgeben. Je mehr wir uns mit die-

sen Dingen identifizieren, um so mehr wir-

ken sie auf uns ein, und je mehr sie auf uns

einwirken, um so mehr werden wir mit ihnen

identifiziert. Jedes Ding stellt für sich eine

Bewusstseinssphäre dar; durch unsere Ver-

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bindung mit demselben wird sein Bewusst-

sein das unsrige. Ein Schmerz, der einen

Nerv unseres Körpers berührt, wird unser

eigener Schmerz, sobald wir an seiner Em-

Anders verhält es sich, wenn wir aus dem Zauberkreise dieses Selbstbewusstseins heraustreten und an den Dingen teilnehmen, die uns umgeben. Je mehr wir uns mit diesen Dingen identifizieren, um so mehr wirken sie auf uns ein, und je mehr sie auf uns einwirken, um so mehr werden wir mit ihnen identifiziert. Jedes Ding stellt für sich eine Bewusstseinssphäre dar; durch unsere Verbindung mit demselben wird sein Bewusstsein das unsrige. Ein Schmerz, der einen Nerv unseres Körpers berührt, wird unser eigener Schmerz, sobald wir an seiner Em-

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pfindung teilnehmen; wir empfinden das

-

Glück oder Unglück eines anderen Ge-

schöpfes umsomehr, je mehr wir mit diesem

pfindung teilnehmen; wir empfinden das Glück oder Unglück eines anderen Geschöpfes umsomehr, je mehr wir mit diesem Geschöpfe durch die Liebe verbunden sind

Geschöpfe durch die Liebe verbunden sind.

Während nun in dem Selbstbewusstsein

des Menschen, der keine geistige Erkennt-

nis besitzt, nichts enthalten ist, als das leere

gehaltlose „Ich", ist in dem zur Erkenntnis

des wahren göttlichen „Ichs" in seiner Voll-

kommenheit alles enthalten; weil dieses Ich

die ganze Welt mit allen ihren Geschöpfen

umfasst. Und was das Selbstbewusstsein im

Körper ist, das ist die Gottheit (Brahma) in

Während nun in dem Selbstbewusstsein des Menschen, der keine geistige Erkenntnis besitzt, nichts enthalten ist, als das leere gehaltlose "Ich", ist in dem zur Erkenntnis des wahren göttlichen "Ichs" in seiner V 011kommenheit alles enthalten; weil dieses Ich die ganze Welt mit allen ihren Geschöpfen umfasst. Und was das Selbstbewusstsein im Körper ist, das ist die Gottheit (Brahma) in der Natur. In ihrem eigenen Wesen wird sie von nichts berührt, was in der Welt vorgeht, ist über alle Einflüsse, Empfindungen und Vorstellungen erhaben, selbstexistierend, sich selbst genügend, vollkommen, unnahbar, , ewig und unveränderlich; aber indem die Gottheit durch die ihr innewohnende schöpferische Kraft eine Welt ins Dasein ruft, schafft sie sich einen Körper, und darin nimmt der zum Schöpfer gewordene Gott an allem teil, was in seiner Schöpfung vor sich geht, ohne deshalb seine Gotthei.t zu verlieren; gleich wie der Mensch an allen Empfindungen sei..

der Natur. In ihrem eigenen Wesen wird

sie von nichts berührt, was in der Welt vor-

geht, ist über alle Einflüsse, Empfindungen

und Vorstellungen erhaben, selbstexistierend,

sich selbst genügend, vollkommen, unnahbar,

ewig und unveränderlich; aber indem die

Gottheit durch die ihr innewohnende schöpfe-

rische Kraft eine Welt ins Dasein ruft, schafft

sie sich einen Körper, und darin nimmt der

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zum Schöpfer gewordene Gott an allem teil,

was in seiner Schöpfung vor sich geht, ohne

deshalb seine Gottheit zu verlieren; gleich

wie der Mensch an allen Empfindungen sei-

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nes Körpers teilnehmen kann, ohne deshalb

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sein Selbstbewusstsein gänzlich einzubüssen.

In diesem Allbewusstsein Gottes in der

nes Körpers teilnehmen kann, ohne deshalb sein Selbstbewusstsein gänzlich einzubüssen.

Natur, welches von dem Allselbstbewusstsein

der Gottheit zu unterscheiden ist, kann von

keinem „Ich" und „Du" oder „Mein" und

„Dein" die Rede sein. Es ist alles nur ein

unendliches Wesen, Gott. Seine Vorstellung

ist die Welt, seine Seele der Himmel, sein

In diesem Allbewusstsein Gottes in der Natur, welches von dem Allselbstbewusstsein der Gottheit zu unterscheiden ist, kann von keinem "Ich" und "Du" oder "Mein" und "Dein" die Rede sein. Es ist alles nur ein unendliches Wesen, Gott. Seine Vorstellung ist die Welt, seine Seele der Himmel, sein Körper das Universum, sein Geist die absolute Weisheit, seine Kraft die vollkommene Liebe, sein Leben das Leben des Weltalls, welches sich in allen Sphären wiederspiegelt; seine Form alle Formen die bestehen, sein Walten der freie Wille, sein Tempel das Menschenherz. Der Nlensch, dessen Herz so von allen fremden Einflüssen, Begierden und Täuschungen gereinigt ist, dass Gott (das wahre Ich) darin' seine Kräfte entfalten kann, erkennt sein wahres Ich - nicht als einen gesonderten Teil des Ganzen, sondern als das Ganze selbst und nimmt an allem im Ganzen teil. Je mehr er aber am Ganzen teilnimmt, um so mehr erweitert sich der Kreis seines Empfindens und Denkens; bis es zuletzt nicht nur das eigene Selbst, nicht

Körper das Universum, sein Geist die ab-

solute Weisheit, seine Kraft die vollkommene

Liebe, sein Leben das Leben des Weltalls,

welches sich in allen Sphären wiederspiegelt;

seine Form alle Formen die bestehen, sein

Walten der freie Wille, sein Tempel das

Menschenherz. Der Mensch, dessen Herz so

von allen fremden Einflüssen, Begierden und

Täuschungen gereinigt ist, dass Gott (das

wahre Ich) darin' seine Kräfte entfalten kann,

erkennt sein wahres Ich — nicht als einen

gesonderten Teil des Ganzen, sondern als

das Ganze selbst und nimmt an allem im

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Ganzen teil. Je mehr er aber am Ganzen

teilnimmt, um so mehr erweitert sich der

Kreis seines Empfindens und Denkens; bis

es zuletzt nicht nur das eigene Selbst, nicht

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bloss die eigene Familie, nicht bloss die Na-

tion, zu der er gehört, sondern die ganze

Menschheit, alle Geschöpfe, die ganze Erde,

blass die eigene Familie, nicht blass die Na· tion, zu der er gehört, sondern die ganze Menschheit, alle Geschöpfe, die ganze Erde, ja sogar alle Welten umfasst. Da handelt es sich um keine Schwärmerei, um kein Herumfliegen unter den Sternen, sondern um das Wachstum der Seele, um die Ausbreitung des Bewusstseins, ohne deshalb aus dem Centrum des Selbstbewusstseins herauszugehen; nicht um ein Herumflackern des Lichtes, sondern um eine Zunahme desselben, bis dass es weit hinein in die Ewigkeit dringt. Dann erst erscheint uns das Weltall nicht mehr als ein zusammengesetzter ~1echanis­ mus, sondern wir erkennen es als ein lebendes Wesen; wir erkennen das eine Leben im Universum, welches die ganze Natur durch. dringt und die Formen, welche sie hervorbringt, belebt. Da kann weder Lust noch Schmerz empfunden werden, ohne dass diese Empfindung durch das Weltall schwingt; da zieht jeder Gedanke seine Kreise, wie· ein ins Wasser geworfener Stein ringförmige Wellenbewegungen verursacht, die sich immer weiter fortpflanzen, bis sie sich im Unendlichen verlieren; da ist jede Form ein Centrum von Kräften, von welchem

ja sogar alle Welten umfasst. Da handelt

es sich um keine Schwärmerei, um kein

Herumfliegen unter den Sternen, sondern um

das Wachstum der Seele, um die Ausbrei-

tung des Bewusstseins, ohne deshalb aus dem

Centrum des Selbstbewusstseins herauszu-

gehen; nicht um ein Herumflackern des Lich-

tes, sondern um eine Zunahme desselben, bis

dass es weit hinein in die Ewigkeit dringt.

Dann erst erscheint uns das Weltall nicht

mehr als ein zusammengesetzter Mechanis-

mus, sondern wir erkennen es als ein leben-

des Wesen; wir erkennen das eine Leben im

Universum, welches die ganze Natur durch-

dringt und die Formen, welche sie hervor-

bringt, belebt. Da kann weder Lust noch

Schmerz empfunden werden, ohne dass diese

Empfindung durch das Weltall schwingt;

da zieht jeder Gedanke seine Kreise, wie

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ein ins Wasser geworfener Stein ring-

förmige Wellenbewegungen verursacht, die

sich immer weiter fortpflanzen, bis sie sich

im Unendlichen verlieren; da ist jede Form

ein Centrum von Kräften, von welchem

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Schwingungen ausgehen und wieder nach

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denselben zurückströmen; da wirkt jedes ein-

zelne auf das Ganze, und das Ganze wieder

Schwingungen ausgehen und wieder nach denselben zurückströmen; da wirkt jedes einzelne auf das Ganze, und das Ganze wieder auf das einzelne zurück. Da kann kein Mensch eine That begehen, deren Folgen nicht auf ihn selbst zurückfallen; denn jeder ist wesentlich eins mit dem Ganzen, wenn er es auch noch nicht erkennt Jeder stellt für sich eine kleine Welt in der grossen Welt dar, die kleine steht mit der grossen in jeder Beziehung im innigsten Zusammenhange. Alles, was so eine kleine Welt oder eine Summe von solchen erzeugt, wirkt auf die grosse Welt und von ihr wieder auf die kleinen zurück.

auf das einzelne zurück. Da kann kein

Mensch eine That begehen, deren Folgen

nicht auf ihn selbst zurückfallen; denn jeder

ist wesentlich eins mit dem Ganzen, wenn

er es auch noch nicht erkennt. Jeder stellt

für sich eine kleine Welt in der grossen

Welt dar, die kleine steht mit der grossen

in jeder Beziehung im innigsten Zusammen-

hange. Alles, was so eine kleine Welt oder

eine Summe von solchen erzeugt, wirkt auf

die grosse Welt und von ihr wieder auf die

kleinen zurück.

Und nicht nur der sichtbare Mensch, son-

dern auch jeder Gedanke, der in seinem Ge-

müte geboren wird, durch seinen Willen

Leben erlangt und durch seine That ver-

wirklicht ins Dasein tritt, stellt eine solche

kleine Welt in der grösseren dar; jede hat

ihre siebenfältige Organisation, wie sie be-

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reits im vorhergehenden beschrieben wurde;

jede bildet ein „Ei", aus dem naturgemäss

sich neue Produkte entwickeln; jede bildet

eines der falschen „Iche", aus denen die ir-

Und nicht nur der sichtbare Mensch, sondern auch jeder Gedanke, der in seinem Ge- . müte geboren wird, durch seinen Willen Leben erlangt und durch seine That verwirklicht ins Dasein tritt, stellt eine solche kleine Welt in der grösseren dar; jede hat ihre siebenfältige Organisation, wie sie bereits im vorhergehenden beschrieben wurde; jede bildet ein "Ei", aus dem naturgemäss sich neue Produkte entwickeln; jede bildet eines der falschen "Iehe" , aus denen die ir-

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dische Natur des Menschen zusammengesetzt

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ist. Somit hat auch jede ihr eigenes Karma;

denn „Karma" heisst „Handlung" und jedes

dische Natur des Menschen zusammengesetzt ist. Somit hat auch jede ihr eigenes Karma; denn "Karma" heisst "Handlung" und jedes Ding handelt seiner Natur gemäss. Der Neid bringt nichts anderes als neidische Dinge zu Tage, der Zorn macht zornig, der Geiz geizig u. s. f. Der göttliche Mensch in seinem geistigen Selbstbewusstsein handelt nicht, er ist über Eigenheit, und damit auch über alles eigene Thun und Lassen erhaben, aber die irdische Natur des Menschen, die "Persönlichkeit", ist aus lauter Karmazuständen zusammengesetzt, mit denen der Mensch so lange verbunden bleibt, als sein Wille nicht frei von seiner irdischen Natur und ihren Begierden geworden ist, was nur durch die in ihm offenbar werdende Kraft der Erkenntnis der Wahrheit geschieht.

Ding handelt seiner Natur gemäss. Der

Neid bringt nichts anderes als neidische

Dinge zu Tage, der Zorn macht zornig, der

Geiz geizig u. s. f. Der göttliche Mensch

in seinem geistigen Selbstbewusstsein han-

delt nicht, er ist über Eigenheit, und damit

auch über alles eigene Thun und Lassen er-

haben, aber die irdische Natur des Menschen,

die „Persönlichkeit", ist aus lauter Karma-

zuständen zusammengesetzt, mit denen der

Mensch so lange verbunden bleibt, als sein

Wille nicht frei von seiner irdischen Natur

und ihren Begierden geworden ist, was nur

durch die in ihm offenbar werdende Kraft

der Erkenntnis der Wahrheit geschieht.

Somit hat der Mikrokosmos des Menschen

eine Menge von Bewohnern, von denen jeder

sein Leben und Bewusstsein vom Menschen

als seinem Schöpfer erhält, gerade so wie

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alle Geschöpfe auf unserer Erde ihr Licht

von der Sonne empfangen. Nicht alle diese

Bewohner sind menschlicher Natur; es giebt

auch viele tierische darunter, die aus den

Somit hat der Mikrokosmos des Menschen eine Menge von Bewohnern, von denen jeder sein Leben und Bewusstsein vom Menschen als seinem Schöpfer erhält, gerade so wie alle Geschöpfe auf unserer Erde ihr Licht von der Sonne empfangen. Nicht alle diese Bewohner sind menschlicher Natur; es giebt auch viele tierische darunter, die aus den

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tierischen Leidenschaften geboren sind, und

auch manche teuflische, die Ausgeburten der

im Innern tobenden Hölle. In dem einen

tierischen Leidenschaften geboren sind, und auch manche teuflische, die Ausgeburten der im Innern tobenden Hölle. In dem einen predominiert die Schlauheit eines Fuchses, in einem andern die Gefrässigkeit eines Wolfes, im dritten die Affenliebe u. s. w., während manche den Tiger an Grausamkeit und den Bock an Eigensinn übertreffen. l\fan kann mit Recht ein Menschentier einen Esel nennen, wenn in ihm die seelischen Eigenschaften , welche einen Esel auszeichnen, zur zweiten Natur geworden sind. Während aber im Tierreich nirgends vorbedachte Bosheit zu finden ist, findet sich diese unter den Menschen; denn es ist die Fähigkeit des rationellen Denkens, welche den Menschen nicht nur über das Tier erhebt, sondern ihn auch befähigt, in sich selbst ein Heer von Teufeln zu schaffen.

predominiert die Schlauheit eines Fuchses,

in einem andern die Gefrässigkeit eines

Wolfes, im dritten die Affenliebe u. s. w.,

während manche den Tiger an Grausamkeit

und den Bock an Eigensinn übertreffen. Man

kann mit Recht ein Menschentier einen Esel

nennen, wenn in ihm die seelischen Eigen-

schaften, welche einen Esel auszeichnen, zur

zweiten Natur geworden sind. Während

aber im Tierreich nirgends vorbedachte Bos-

heit zu finden ist, findet sich diese unter den

Menschen; denn es ist die Fähigkeit des

rationellen Denkens, welche den Menschen

nicht nur über das Tier erhebt, sondern ihn

auch befähigt, in sich selbst ein Heer von

Teufeln zu schaffen.

Über diesen Gegenstand sagt Theophras-

tus Paracelsus: „Der tierische Mensch ist

ein Kind aller Tiere und das ganze Tier-

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reich ist sein Vater. Die Tiere sind des

tierischen Menschen Spiegel, in dem er sich

selber erblicken kann. Der ist einfältig, der

sich verwundert, dass der Hund seinen Herrn

Über diesen Gegenstand sagt Theophraslus Paracelsus: "Der tierische Mensch ist ein Kind aller Tiere und das ganze Tierreich ist sein Vater. Die Tiere sind des tierischen Menschen Spiegel, in dem er sich selber erblicken kann. Der ist einfältig, der sich verwundert, dass der Hund seinen Herrn

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kennt, dass die Vögel singen u. s. w. Der

Mensch sollte sich nicht wundern, dass sein

Vater (das Tierreich) dies kann; vielmehr

kennt, dass die Vögel singen u. s. w. Der Mensch sollte sich nicht wundern, dass sein Vater (das Tierreich) dies kann; vielmehr sollte das Vieh sich verwundern über seinen Sohn, dass er so ganz viehisch geworden ist und darnach lebt. Speichellecker und Kriecher sollten nicht erstaunen, dass es der Hund ebenso macht, wie sie; vielmehr sollten sie über sich selbst erstaunt sein, dass sie so hündisch sind. Wenn ein Papagei spricht, so ist dies nicht menschlich, wohl aber ist ein Mensch, der seine Zunge nicht nützlicher anwendet als ein Papagei, nicht mehr als ein solcher. So du zu essen verlangst, so fordert dies nicht der Engel in dir, sondern deine Tiernatur. Der tierische Verstand ist im Menschen sowohl als im Tiere derselbe, und aller Tiere Weisheit, Klugheit, Listigkeit, Vorsicht, Vernunft, Verstand ist alles im Menschen in Einem zusammengebracht. Deshalb ist der Mensch das höchste Tier und übertrifft alle Tiere. Unter den Tieren hat jede Gattung ihre ihr eigentümliche Natur, aber im Menschen sind alle diese Naturen zu einer Summe vereinigt, und es herrscht in ihm diejenige Tiernatur vor, welche in ihm am meisten aus-

sollte das Vieh sich verwundern über seinen

Sohn, dass er so ganz viehisch geworden ist

und darnach lebt. Speichellecker und Krie-

cher sollten nicht erstaunen, dass es der

Hund ebenso macht, wie sie; vielmehr soll-

ten sie über sich selbst erstaunt sein, dass

sie so hündisch sind. Wenn ein Papagei

spricht, so ist dies nicht menschlich, wohl

aber ist ein Mensch, der seine Zunge nicht

nützlicher anwendet als ein Papagei, nicht

mehr als ein solcher. So du zu essen ver-

langst, so fordert dies nicht der Engel in

dir, sondern deine Tiernatur. Der tierische

Verstand ist im Menschen sowohl als im

Tiere derselbe, und aller Tiere Weisheit,

Klugheit, Listigkeit, Vorsicht, Vernunft, Ver-

stand ist alles im Menschen in Einem zu-

sammengebracht. Deshalb ist der Mensch

das höchste Tier und übertrifft alle Tiere.

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Unter den Tieren hat jede Gattung ihre ihr

eigentümliche Natur, aber im Menschen sind

alle diese Naturen zu einer Summe ver-

einigt, und es herrscht in ihm diejenige Tier-

natur vor, welche in ihm am meisten aus-

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gebildet ist. Was aber über das Tierische

hinausgeht, das macht den eigentlichen Men-

schen und kommt nicht von dem Vieh; denn

gebildet ist. Was aber über das Tierische hinausgeht, das macht den eigentlichen Menschen und kommt nicht von dem Vieh; denn der Mensch hat noch einen anderen Vater, der ist ewig und ihm soll er leben." ("De Fundamento Sapientiae." 111).

der Mensch hat noch einen anderen Vater,

der ist ewig und ihm soll er leben." („De

Fundamento Sapientiae." III).

Dies ist nun die Menagerie, welche mehr

oder weniger in jedem Menschen enthalten

und ausgeprägt ist. Diese Tierformen bilden

seine tierischen „Iche". Jedes derselben hat

sein Karma, d. h. jedes wirkt in ihm und

durch ihn, und die Summe dieser Hand-

lungen bestimmt das Karma des Menschen.

Je mehr er sich der einen oder der anderen

dieser Willensformen ergiebt, umsomehr wird

diese zu seiner zweiten Natur, und da die

Dies ist nun die Menagerie, welche mehr oder weniger in jedem Menschen enthalten und ausgeprägt ist. Diese Tierformen bilden seine tierischen "Iehe". Jedes derselben hat sein Karma, d. h. jedes wirkt in ihm und durch ihn, und die Summe dieser Handlungen bestimmt das Karma des Menschen. Je mehr er sich der einen oder der anderen dieser Willensformen ergiebt, umsomehr wird diese zu seiner zweiten Natur, und da die Handlungen eines Menschen aus seinem Charakter hervorgehen, so bestimmen diese die Art seiner Handlungsweise und er selbst muss die daraus bestimmenden Folgen tragen. Die Folgen einer bösen Handlungsweise sind stets am Ende schlimmer für denjenigen, von dem sie ausgehen, als für denjenigen, gegen den sie gerichtet werden. Wer z. B. einen Mord begeht, wird zum Mörder, und wer stiehlt, wird ein Dieb, und dies ist am

Handlungen eines Menschen aus seinem

Charakter hervorgehen, so bestimmen diese

die Art seiner Handlungsweise und er selbst

muss die daraus bestimmenden Folgen tragen.

Die Folgen einer bösen Handlungsweise

sind stets am Ende schlimmer für denjenigen,

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von dem sie ausgehen, als für denjenigen,

gegen den sie gerichtet werden. Wer z. B.

einen Mord begeht, wird zum Mörder, und

wer stiehlt, wird ein Dieb, und dies ist am

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Ende schlimmer, als ermordet oder bestoh-

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-

len zu werden; denn das Denken, Wollen

und Handeln eines Menschen bildet seinen

Ende schlimmer, als ermordet oder bestohlen zu werden; denn das Denken , Wollen . und Handeln eines Menschen bildet seinen Charakter, nicht nur für dieses Leben, sondern auch für die darauffolgende Inkarnation, bei welcher er nach derjenigen Lebensstellung gravitiert, zu welcher ihn seine Natur anzieht. So kann es kommen, dass ein mordlustiger, habsüchtiger König in seinem nächsten Leben unter Mördern und Dieben, ein uneigennütziger, grossmütiger, armer Schlucker das nächste Mal als ein Edelmann geboren wird. Es sind in dem Gewebe, welches das Karma eines Menschen bedingen, viel tausend Fäden vorhanden, die sich nicht leicht entwirren oder verfolgen lassen.

Charakter, nicht nur für dieses Leben, son-

dern auch fur die darauffolgende Inkarnation,

bei welcher er nach derjenigen Lebensstel-

lung gravitiert, zu welcher ihn seine Natur

anzieht. So kann es kommen, dass ein

mordlustiger, habsüchtiger König in seinem

nächsten Leben unter Mördern und Dieben,

ein uneigennütziger, grossmütiger, armer

Schlucker das nächste Mal als ein Edelmann

geboren wird. Es sind in dem Gewebe,

welches das Karma eines Menschen bedingen,

viel tausend Fäden vorhanden, die sich nicht

leicht entwirren oder verfolgen lassen.

Infolge des Missverständnisses der Lehre

vom Karma haben sich bei manchen die

abenteuerlichsten Ansichten darüber gebildet;

wie z. B. dass wenn jemand einem anderen

Menschen ein Auge ausschlägt, ihm dafür

im nächsten Leben auch ein Auge ausge-

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schlagen werden müsse. Dergleichen Fabeln

sind natürlich nur als Fabeln aufzufassen.

Eine Thatsache ist es dagegen, dass jeder

Gedanke, der einmal durch die That verwirk-

Infolge des Missverständnisses der Lehre vom Karma haben sich bei manchen die abenteuerlichsten Ansichten darüber gebildet; wie z. B. dass wenn jemand einem anderen Menschen ein Auge ausschlägt, ihm dafür im nächsten Leben auch ein Auge ausgeschlagen werden müsse. Dergleichen Fabeln sind natürlich nur als Fabeln aufzufassen. Eine Thatsache ist es dagegen, dass jeder Gedanke, der einmal durch die That verwirk-

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licht worden ist, darnach strebt, wieder neuer-

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dings durch die That ins Leben zu treten.

-

Die That ist das Leben des Gedankens. Ge-

danken sind Dinge, und jedes Ding strebt

licht worden ist, darnach strebt, wieder neuerdings durch die That ins Leben zu treten. Die That ist das Leben des Gedankens. Gedanken sind Dinge, und jedes Ding strebt nach Gestalt und Verwirklichung, sei es nun bewusst oder unbewusst. Eine einmal begangene That wird zur Triebfeder, die den Menschen zur Wiederholung treibt, wenn sie nicht durch den ihm innewohnenden höheren Willen niedergehalten wird.

nach Gestalt und Verwirklichung, sei es nun

bewusst oder unbewusst. Eine einmal be-

gangene That wird zur Triebfeder, die den

Menschen zur Wiederholung treibt, wenn

sie nicht durch den ihm innewohnenden

höheren Willen niedergehalten wird.

Auch ist es erklärlich, dass der Charakter

eines Menschen selbst den Zustand seiner

physischen Organisation im nächsten Dasein

auf Erden bedingt; denn der neugeborene

Mensch ist auf Grundlage der bereits vor-

handenen Organisation seiner „Astralseele"

aufgebaut. Seine physischen Eltern sind

nicht die Erzeuger seiner Seele, sie liefern

nur das Material für die Verkörperung der

bereits vorhandenen sich inkarnierenden Seele,

und diese Seele ist der Sitz und Spiegel

seines Charakters, während dieser das Resul-

tat seiner Handlungen im vorhergehenden

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Leben ist.

Auch ist es erklärlich, dass der Charakter eines Menschen selbst den Zustand seiner physischen Organisation im nächsten Dasein auf Erden bedingt; denn der neugeborene lVlensch ist auf Grundlage der bereits vorhandenen Organisation seiner "Astralseele" aufgebaut. Seine physischen Eltern sind nicht die Erzeuger seiner Seele, sie liefern nur das Material für die Verkörperung der bereits vorhandenen sich inkarnierenden Seele, und diese Seele ist der Sitz und Spiegel seines Charakters, während dieser das Resultat seiner Handlungen im vorhergehenden Leben ist.

Die Lehre vom Karma hängt aufs innigste

mit der Lehre von der Wiederverkörperung

Die Lehre vom Karma hängt aufs innigste mit der Lehre von der Wiederverkörperung

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zusammen; denn würde die Seele nur ein-

mal auf der Bühne des Lebens auftreten, so

hätte der Mensch auch keine besonderen

zusammen; denn würde die Seele nur einmal auf der Bühne des Lebens auftreten, so hätte der Mensch auch keine besonderen angeborenen Talente oder Fähigkeiten, um den Kampf mit dem Leben aufzunehmen, und es wäre überhaupt nicht der Mühe wert, sich intellektuell oder geistig auszubilden; da dann das bischen Vervollkommnung, welches ein Mensch in einem einzigen kurzen Leben erringen kann, für alle Ewigkeit ausreichen müsste. Da wäre jeder wie ein Kaufmann, der sein Geschäft mit nichts anfangen muss und am Ende nichts hat. Aber weder die Lehre vom Karma, noch die Lehre von der Reinkarnation können klar gemacht werden ohne eine Kenntnis der physischen, seelischen und geistigen Konstitution des Menschen.

angeborenen Talente oder Fähigkeiten, um

den Kampf mit dem Leben aufzunehmen, und

es wäre überhaupt nicht der Mühe wert, sich

intellektuell oder geistig auszubilden; da

dann das bischen Vervollkommnung, welches

ein Mensch in einem einzigen kurzen Leben

erringen kann, für alle Ewigkeit ausreichen

müsste. Da wäre jeder wie ein Kaufmann,

der sein Geschäft mit nichts anfangen muss

und am Ende nichts hat. Aber weder die

Lehre vom Karma, noch die Lehre von der

Reinkarnation können klar gemacht werden

ohne eine Kenntnis der physischen, seelischen

und geistigen Konstitution des Menschen.

Eine Erklärung dieser Zusammensetzung

findet sich nirgends deutlicher und leicht-

fasslicher dargelegt, als in den Schriften des

indischen Weisen Sankaracharya. Wir wis-

sen wohl, dass es viele giebt, welche teils

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aus nationalem Eigendünkel, teils weil sie

zu denkfaul sind, um den Sinn von einigen

Sanskritworten, für die es im Deutschen keine

passende Übersetzung giebt, zu lernen, be-

Lotusbltlthen LIV. 14

Eine Erklärung dieser Zusammensetzung findet sich nirgends deutlicher und leichtfasslicher dargelegt, als in den Schriften des indischen Weisen Sankaracharya. Wir wissen wohl, dass es viele giebt, welche teils aus nationalem Eigendünkel, teils weil sie zu denkfaul sind, um den Sinn von einigen Sanskritworten, für die es im Deutschen keine passende Übersetzung giebt, zu lernen, beLotusblllthen LIV.

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haupten, dass sie von der indischen Philo-

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sophie „nichts wissen wollen". Sie kennen

dieselbe nicht. Wer sie aber einmal kennen

haupten, dass sie von der indischen Philosophie "nichts wissen wollen". Sie kennen dieselbe nicht. Wer sie aber einmal kennen gelernt hat und in ihren Geist eingedrungen ist, der findet darin die erhabendste Weisheit und Aufklärung über viele Geheimnisse, nach deren Lösung die moderne Wissenschaft mit allen Kräften strebt, und sie deshalb nicht findet, weil sie dieselbe im Äusseren statt im Inneren sucht.

gelernt hat und in ihren Geist eingedrungen

ist, der findet darin die erhabendste Weisheit

und Aufklärung über viele Geheimnisse, nach

deren Lösung die moderne Wissenschaft mit

allen Kräften strebt, und sie deshalb nicht

findet, weil sie dieselbe im Ausseren statt im

Inneren sucht.

Die europäische Philosophie unterscheidet

im Menschen Körper, Seele und Geist, oder

mit andern Worten, das materielle, das

empfindende und das denkende Prinzip, ohne

dass aber die Philosophen sich über das

eigentliche Wesen dieser drei Prinzipien im

klaren sind; besonders aber herrschen in

Bezug auf die „Seele" noch die verworrensten

Begriffe. Der geist- und seelenlose Materialis-

mus, welcher in neuester Zeit unter dem

Namen „Seelenkunde" oder „Psychologie"

paradiert, weiss nichts von Geist und nichts

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von Seele (Psyche), sondern beschränkt sich

auf gewisse physiologische Phänomene, die er

Die europäische Philosophie unterscheidet im Menschen Körper, Seele und Geist, oder mit andern Worten, das materielle, das empfindende und das denkende Prinzip, ohne dass aber die Philosophen sich über das eigentliche Wesen dieser drei Prinzipien im klaren sind; besonders aber herrschen in Bezug auf die "Seele" noch die verworrensten Begriffe. Der geist- und seelenlose Materialismus, welcher in neuester Zeit unter dem Namen "Seelenkunde" oder "Psychologie" paradiert, weiss nichts von Geist und nichts von Seele (Psyche), sondern beschränkt sich auf gewisse physiologische Phänomene, die er als das Resultat der organischen Thätigkeit des Körpers (von deren Ursprung er eben-

als das Resultat der organischen Thätigkeit

des Körpers (von deren Ursprung er eben-

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falls nichts weiss) betrachtet. Ausserdem um-

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fasst der Begriff „Seele" zweierlei Dinge,

nämlich niedere und höhere Seelenthätig-

falls nichts weiss) betrachtet. Ausserdem umfasst der Begriff "Seele" zweierlei Dinge, nämlich niedere und höhere Seelenthätigkeiten; mit anderen Worten: eine menschlichtierische, unvernünftige Seele, in welcher nur niedere Instinkte, Leidenschaften und materielle Begierden herrschen, und eine menschlich - göttliche Seele oder Seelenregion , in welcher die Vernunft und die Weisheit regieren. Die irdische Philosophie dagegen unterscheidet im Menschen auch noch ein halbmaterielles Prinzip, den "AstralkörPer',, welcher Leib und Seele miteinander verbindet, ferner die Lebenskraft, das Gemüt und den Verstand. Diese Einteilung ist nicht so, wie die Philosophie unserer modemen Spekulanten, der Phantasie eines Menschen entsprungen; wer Weisheit hat, erkennt ihre Wahrheit. Diejenigen aber, welche keine Erkenntnis besitzen und stets nach handgreiflichen Beweisen verlangen, sollten die Worte eines deutschen Philosophen *) beherzigen, welcher sagt: "Wenn du die Wissenschaft des Geistes verstehen lernen willst, so lasse deinen Eigendünkel fahren

keiten; mit anderen Worten: eine menschlich-

tierische, unvernünftige Seele, in welcher nur

niedere Instinkte, Leidenschaften und mate-

rielle Begierden herrschen, und eine mensch-

lich-göttliche Seele oder Seelenregion, in

welcher die Vernunft und die Weisheit

regieren. Die irdische Philosophie dagegen

unterscheidet im Menschen auch noch ein

halbmaterielles Prinzip, den „Astralkörper",

welcher Leib und Seele miteinander verbindet,

ferner die Lebenskraft, das Gemüt und den

Verstand. Diese Einteilung ist nicht so, wie

die Philosophie unserer modernen Speku-

lanten, der Phantasie eines Menschen ent-

sprungen; wer Weisheit hat, erkennt ihre

Wahrheit. Diejenigen aber, welche keine

Erkenntnis besitzen und stets nach hand-

greiflichen Beweisen verlangen, sollten die

Worte eines deutschen Philosophen*) be-

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herzigen, welcher sagt: „Wenn du die

Wissenschaft des Geistes verstehen lernen

willst, so lasse deinen Eigendünkel fahren

*) Jakob Boehme. „Aurora" III, I.

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*) Jakob Boehme.

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"Aurora" IIT,

I.

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und vergaffe dich nicht in die Weisheit der

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Gottlosen. Sieh zu, dass du den heiligen

Geist, der von Gott ausgeht, in deinem Geiste

und vergaffe dich nicht in die Weisheit der Gottlosen. Sieh zu, dass du den heiligen Geist, der von Gott ausgeht, in deinem Geiste habest; der wird dich in alle Wahrheit leiten und sich in dir offenbaren. Dann wirst du in seinem Lichte und in seiner Kraft sehen bis in die heilige Dreifaltigkeit."

habest; der wird dich in alle Wahrheit leiten

und sich in dir offenbaren. Dann wirst du

in seinem Lichte und in seiner Kraft sehen

bis in die heilige Dreifaltigkeit."

Nach der indischen Lehre sind sowohl im

Weltall als Ganzem (Makrokosmos), als auch

im Menschen als einer Einheit (Mikrokosmos)

in der grossen Einheit, vier Daseinszustände

oder „Ebenen" zu unterscheiden, nämlich:

I. Die materielle Welt.

II. Die Astralregion.

III. Die geistige Ebene.

VI. Die Gotteswelt.

Dass dieselben nicht von einander ört=

lich getrennt sind, braucht kaum erwähnt

Nach der indischen Lehre sind sowohl im Weltall als Ganzem (Makrokosmos), als auch im Menschen als einer Einheit (Mikrokosmos) in der grossen Einheit, vier Daseinszustände oder "Ebenen" zu unterscheiden, nämlich:

zu werden, sind ja doch auch Wärme,

Leben, Empfindung, Geist, die den Körper

durchdringen, von einander verschiedene aber

dennoch nicht örtlich getrennte Dinge. In

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der That ist die Gotteswelt der alles durch-

dringende Geist, die geistige Ebene, der

Abglanz der Gotteswelt in der höheren

I. II. 111. VI.

Die Die Die Die

materielle Welt. Astralregion. geistige Ebene. Gotteswelt.

Dass dieselben nicht von einander ört:: lich getrennt sind, braucht kaum erwähnt zu werden, sind ja doch auch Wärme, Leben, Empfindung, 'Geist, die den Körper durchdringen, von einander verschiedene aber dennoch nicht örtlich getrennte Dinge. In der That ist die Gotteswelt der alles durchdringende Geist, die geistige Ebene, der Abglanz der Gotteswelt in der höheren

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Seelenregion; die Astral welt die Wieder-

spiegelung des Lichtes der Seele in der

Region des „Äthers" (Akäsa), und die sinn-

Seelenregion ; die Astralwelt die Wiederspiegelung des Lichtes der Seele in der Region des "Äthers" (Akasa) , und die sinnlich äusserlich wahrnehmbare Welt die Verkörperung und äussere Erscheinung in der "Materie", von den Dingen, welche in der Astralwelt existieren. Wir alle haben deshalb nicht nur Seelen und Astralkörper, sondern wir sind selbst diese Seelen und Astralwesen; unsere Organisation besteht aus Schwingungen, deren höhere Oktave unserem unsichtbaren feineren Körper angehört, und deren niederste Oktave der äusserlich sichtbare und greifbare Körper ist.

lich äusserlich wahrnehmbare Welt die Ver-

körperung und äussere Erscheinung in der

„Materie", von den Dingen, welche in der

Astral welt existieren. Wir alle haben des-

halb nicht nur Seelen und Astralkörper,

sondern wir sind selbst diese Seelen und

Astralwesen; unsere Organisation besteht aus

Schwingungen, deren höhere Oktave unserem

unsichtbaren feineren Körper angehört, und

deren niederste Oktave der äusserlich sicht-

bare und greifbare Körper ist.

Somit ist unser materieller Körper eine

vorübergehende Form des Daseins, eine

Form, ein Bild oder Symbol unseres Wesens,

in welchem unser Charakter mehr oder

weniger, je nach dem es die Bildsamkeit der

Materie zulässt, klar ausgedrückt ist. Wäre

der ganze Körper vom göttlichen Geiste

durchdrungen, so würde auch unser Körper

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vollkommen sein. Diesem Durchdringen setzt

die grobe Materie grosse Hindernisse in den

Weg. Sie zu überwinden ist der Zweck des

Lebens und der aufeinanderfolgenden Reinkar-

Somit ist unser materieller Körper eine vorübergehende Form des Daseins, eine Form, ein Bild oder Symbol unseres Wesens, in welchem unser Charakter mehr oder weniger, je nach dem es die Bildsamkeit der Materie zulässt, klar ausgedrückt ist. Wäre der ganze Körper vom göttlichen Geiste durchdrungen, so würde auch unser Körper vollkommen sein. Diesem Durchdringen setzt die grobe Materie grosse Hindernisse in den Weg. Sie zu überwinden ist der Zweck des Lebens und der aufeinanderfolgenden Reinkar-

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nationen. Der physische Körper ist deshalb

gar nicht der wichtigste und wesentliche

Teil der menschlichen Konstitution, er ist in

nationen. Der physische Körper ist deshalb gar nicht der wichtigste und wesentliche Teil der menschlichen Konstitution, er ist in der That in Bezug auf das ewige Dasein von gar keiner Bedeutung, da er nur· die äussere Hülle, oder das "Gefäss" ist, worin der psychische Mensch seinen Sitz hat, er ist der Rock, den der Mensch bei der Geburt anzieht und beim Tode auszieht; aber in Bezug auf die geistige Fortentwicklung des psychischen Menschen ist er von höchster Bedeutung, weil in ihm alle die Kräfte und Tugenden aufgespeichert und so zu sagen "krystallisiert" sind, welche der psychische Mensch zu seiner Weiterentwicklung nötig hat. Die rationelle Verwendung der im Körper enthaltenen seelischen (okkulten) Kräfte ist die praktische Alchemie.

der That in Bezug auf das ewige Dasein

von gar keiner Bedeutung, da er nur die

äussere Hülle, oder das „Gefäss" ist, worin

der psychische Mensch seinen Sitz hat, er ist

der Rock, den der Mensch bei der Geburt

anzieht und beim Tode auszieht; aber in

Bezug auf die geistige Fortentwicklung des

psychischen Menschen ist er von höchster

Bedeutung, weil in ihm alle die Kräfte und

Tugenden aufgespeichert und so zu sagen

„krystallisiert" sind, welche der psychische

Mensch zu seiner Weiterentwicklung nötig

hat. Die rationelle Verwendung der im

Körper enthaltenen seelischen (okkulten)

Kräfte ist die praktische Alchemie.

Der physische Körper oder die „Persön-

lichkeit" erscheint uns als unser „Selbst", so

lange wir uns in unserer Vorstellung damit

identif1zieren. Aber Sankaracharya lehrt uns

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noch eine ganze Reihe von „Selbstheiten"

kennen, von denen immer eine höher ist als

die andere. Der Beweis aber, ob die Lehre

Sankaracharyas richtig ist, wird dadurch ge-

Der physische Körper oder die "Persönlichkeit" erscheint uns als unser "Selbst", so lange wir uns in unserer Vorstellung damit identifizieren. Aber Sankaracharya lehrt uns noch eine ganze Reihe von "Selbstheiten" kennen, von denen immer eine höher ist als die andere. Der Beweis aber, ob die Lehre Sankaracharyas richtig ist, wird dadurch ge-

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funden, dass es uns gelingt, uns in unserm

Bewusstsein selbst zu unserm höhern Selbst

aufzuschwingen. Dies ist der richtige „Be-

funden, dass es uns gelingt, uns in unserm Bewusstsein selbst zu unserm höhern Selbst aufzuschwingen. Dies ist der richtige "Beweis", die Erfahrung, vor welcher alle Zweifel verschwinden, und ohne welchen unsere Gelehrten, Theologen und Psychologen stets im Dunkeln tappen werden, wenn sie sich auch noch so sehr bemühen, äusserliche Beweise für dasjenige zu finden, was in ihnen selber enthalten ist, ohne dass sie es erkennen.

weis", die Erfahrung, vor welcher alle Zweifel

verschwinden, und ohne welchen unsere Ge-

lehrten, Theologen und Psychologen stets im

Dunkeln tappen werden, wenn sie sich auch

noch so sehr bemühen, äusserliche Beweise

für dasjenige zu finden, was in ihnen selber

enthalten ist, ohne dass sie es erkennen.

Das wahre Selbst aller Menschen ist der

göttliche Geist (Atma), aber fünf Schleier

sind es, die uns dieses Selbst verhüllen, und

von denen uns jeder als das eigene Selbst

erscheint, solange wir uns in unserm Be-

wusstsein damit identifizieren und den nächst-

höheren Zustand nicht erkennen. In der

„Taittiriya Upanischad" finden wir dies auf

folgende Weise erklärt:

1. Der erste Schleier, welcher uns umgiebt

und unser eigenes wahres Wesen vor unsern

Augen verhüllt, ist unser ätherischer Körper

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(Annamaya-Kosha), dessen äusserlicher

sichtbarer Ausdruck der materielle physische

Das wahre Selbst aller Menschen ist der göttliche Geist (Atma) , aber fünf Schleier sind es, die uns dieses Selbst verhüllen, und von denen uns jeder als das eigene Selbst erscheint, solange wir uns in unserm Bewusstsein damit identifizieren und den nächsthöheren Zustand nicht erkennen. In der "Taittiriya Upanischad" finden wir dies auf folgende Weise erklärt:

Körper ist. „Beim Verlassen des Körpers

Der erste Schleier, welcher uns umgiebt und unser eigenes wahres Wesen vor unsern Augen verhüllt, ist unser ätherischer Körper (A n n am a ya - K 0 s h a), dessen äusserlicher sichtbarer Ausdruck der materielle physische Körper ist. "Beim Verlassen des Körpers I.

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vereinigt sich der Mensch zuerst mit diesem

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inneren, ätherischen Selbst."

2. Die nächste Hülle, oder das nächste

vereinigt sich der Mensch zuerst mit diesem inneren, ätherischen Selbst." 2. Die nächste Hülle, oder das nächste innere Selbst ist das "aus Leben geformte ,Selbst" oder die "Lebensseele" (PranamayaKosha), der Sitz des Lebens (Prana) und auch der Sitz der tierischen Instinkte und Begierden (K a m a), von welchen oben die Rede war. Wie im physischen Körper jede Zelle, jedes Blutkörperchen eine Einheit in der grossen Einheit darstellt, ihre eigene Lebensthätigkeit und ihren Wirkungskreis hat, aber dennoch vom ganzen belebt und davon abhängig ist, so bildet auch jeder in diesem Lebenskörper (Kama~rupa) vorhandene Bewusstseinszustand ein "Ich" für sich, der sein Leben und Bewusstsein vom ganzen erhält, aber sich auch, wo es an der nötigen Selbstbeherrschung fehlt, über das Ganze ausbreiten und davon Besitz ergreifen kann, wie es z. B. bei Narren, Besessenen, "Medien" und allen, die ihre geistige Individualität verloren haben, der Fall ist. Diese "Lebensseele" ist in dem vorhergehenden ätherischen Körper verkörpert. Von ihr erhält der materielle Körper seine Fähigkeit zu leben und seine organische Thätigkeit.

innere Selbst ist das „aus Leben geformte

Selbst" oder die „Lebensseele" (Pranamaya-

Kosha), der Sitz des Lebens (Prana) und

auch der Sitz der tierischen Instinkte und

Begierden (Kama), von welchen oben die

Rede war. Wie im physischen Körper jede

Zelle, jedes Blutkörperchen eine Einheit in

der grossen Einheit darstellt, ihre eigene

Lebensthätigkeit und ihren Wirkungskreis

hat, aber dennoch vom ganzen belebt und

davon abhängig ist, so bildet auch jeder in

diesem Lebenskörper (Kama-rupa) vorhan-

dene Bewusstseinszustand ein „Ich" für sich,

der sein Leben und Bewusstsein vom ganzen

erhält, aber sich auch, wo es an der nötigen

Selbstbeherrschung fehlt, über das Ganze aus-

breiten und davon Besitz ergreifen kann, wie

es z. B. bei Narren, Besessenen, „Medien"

und allen, die ihre geistige Individualität ver-

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loren haben, der Fall ist. Diese „Lebens-

seele" ist in dem vorhergehenden ätherischen

Körper verkörpert. Von ihr erhält der ma-

terielle Körper seine Fähigkeit zu leben und

seine organische Thätigkeit.

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3. Über diesem Selbst und darin ver-

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körpert finden wir das empfindende Selbst,

das „Gemüt" (Manomaya Kosha), aus

3. Über diesem Selbst und darin verkörpert finden wir das empfindende Selbst, das "Gemüt" (M an 0 m a yaK 0 s h a), aus welchem die Gemütsbewegungen und auch die Lebensthätigkeiten entspringen. Während das vorhergehende die Tierseele im Menschen repräsentiert, ist dieses der Sitz der eigentlichen Menschenseele, in welchem der Kampf zwischen den höheren und niederen Seelenkräften stattfindet; das Feld, auf welchem der Mensch nach aufwärts streben und durch die aus der Überwindung des Niederen entspringende Erkenntnis seine U nsterblichkeit erringen muss.

welchem die Gemütsbewegungen und auch

die Lebensthätigkeiten entspringen. Wäh-

rend das vorhergehende die Tierseele im

Menschen repräsentiert, ist dieses der Sitz

der eigentlichen Menschenseele, in welchem

der Kampf zwischen den höheren und nie-

deren Seelenkräften stattfindet; das Feld, auf

welchem der Mensch nach aufwärts streben

und durch die aus der Überwindung des

Niederen entspringende Erkenntnis seine Un-

sterblichkeit erringen muss.

4. In diesem Selbst ist wieder ein an-

deres, höheres, verborgen, das erkennende

Selbst (Vijnananamaya Kosha), aus wel-

chem die Thätigkeit des Denkens entspringt,

und dessen Seele die Erkenntnis ist. Es ist

der Sitz der geistigen Wahrnehmungskraft,

der Weisheit, des Glaubens, Gerechtigkeit,

Gotteserkenntnis und der Erleuchtung.

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5. In diesem und über diesem ist das

himmlische Selbst (Anandamaya Kosha),

dessen Wesen die absolute Erkenntnis und

Seligkeit ist, in welchem alle Unterscheidung

4. In diesem Selbst ist wieder ein anderes, höheres, verborgen, das erkennende Selbst (Vijnananamaya Kosha), aus welchem die Thätigkeit des Denkens entspringt, und dessen Seele die Erkenntnis ist. Es ist der Sitz der geistigen Wahrnehmungskraft, der Weisheit, des Glaubens, Gerechtigkeit, Gotteserkenntnis und der Erleuchtung. 5. In diesem und über diesem ist das himmlische Selbst (Anandamaya Kosha), dessen Wesen die absolute Erkenntnis und Seligkeit ist, in welchem alle Unterscheidung

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von „Ich" und „Du" aufhört, und dessen

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eigentliche Heimat die Ewigkeit ist.*)

Über allen aber steht der göttliche Geist

von "Ich" und "Du" aufhört, und dessen eigentliche Heimat die Ewigkeit ist.*)

(Atma); er durchdringt sie alle, belebt sie alle,

erfüllt sie alle; aber er leuchtet nicht in allen

auf dieselbe Art, weil der Geist das Licht

der Erkenntnis ist und die Hüllen das Dunkel

sind, und das Licht noch nicht in allen Men-

Über allen aber steht der göttliche Geist (Atma); er durchdringt sie alle, belebt sie alle, erfüllt sie alle; aber er leuchtet nicht in allen auf dieselbe Art, weil der Geist das Licht der Erkenntnis ist und die Hüllen das Dunkel sind, und das Licht noch nicht in allen Menschen das Dunkel überwunden hat. Auch wird es keinem Menschen je gelingen, aus eigener Macht dieses Dunkel zu überwinden; denn der Mensch ist nicht das Licht und hat keine Macht über dasselbe. Nicht der Mensch der Erde und auch nicht der Mensch des Himmels, sondern das Licht in ihm überwindet das Dunkel, nicht der erkenntnislose Mensch, sondern die Offenbarung der Erkenntnis in ihm wird Sieger über seine Unwissenheit, vorausgesetzt, dass er nicht an seiner Unwissenheit festhält und dadurch die Offenbarung des Lichtes in seinem Innern verhindert. Dies ist die so vielfach missverstandene Lehre von der Nutzlosigkeit der Selbstgerechtigkeit und des

schen das Dunkel überwunden hat. Auch

wird es keinem Menschen je gelingen, aus

eigener Macht dieses Dunkel zu überwin-

den; denn der Mensch ist nicht das Licht

und hat keine Macht über dasselbe. Nicht

der Mensch der Erde und auch nicht der

Mensch des Himmels, sondern das Licht in

ihm überwindet das Dunkel, nicht der er-

kenntnislose Mensch, sondern die Offenbarung

der Erkenntnis in ihm wird Sieger über

seine Unwissenheit, vorausgesetzt, dass er

nicht an seiner Unwissenheit festhält und

dadurch die Offenbarung des Lichtes in sei-

nem Innern verhindert. Dies ist die so viel-

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fach missverstandene Lehre von der Nutz-

losigkeit der Selbstgerechtigkeit und des

*) Siehe Sankaracharya, „Tattwa Bodha". Lotusblüthen,

Vol. III.

*) Siehe Sankaracharya, "Tattwa Bodha". Lotusblüthen,

Vol. II!.

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Eigenwillens, nach welcher die Erlösung nicht

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-

von einem äusserlichen Glauben an einen

historischen Gott, auch nicht von dem Be-

Eigenwillens, nach welcher die Erlösung nicht von einem äusserlichen Glauben an einen historischen Gott. auch nicht von dem Belieben einer äusserlichen Person, sondern von der Wirkung der in uns selbstwirkenden Kraft der Gotteserkenntnis abhängig ist.

lieben einer äusserlichen Person, sondern von

der Wirkung der in uns selbstwirkenden

Kraft der Gotteserkenntnis abhängig ist.

Jede dieser „Selbstheiten" aber hat ihre

Heimat in der ihrer Natur entsprechenden

Daseinsebene, sie wird aus derselben geboren,

erhält aus ihr ihre Nahrung und kehrt wie-

der in dieselbe zurück. Der irdische Körper

des Menschen ist aus den vier Elementen

geboren, wird von denselben genährt und

löst sich nach dem Tode wieder in diese vier

Elemente auf. Der göttliche, erkennende

Mensch ist aus Gott geboren, wird durch

die Kraft der göttlichen Weisheit (Theo-

Jede dieser "Selbstheiten" aber hat ihre Heimat in der ihrer Natur entsprechenden Daseinsebene, sie wird aus derselben geboren, erhält aus ihr ihre Nahrung und kehrt wieder in dieselbe zurück. Der irdische Körper des Menschen ist aus den vier Elementen geboren, wird von denselben genährt und löst sich nach dem Tode wieder in diese vier Elemente auf. Der göttliche, erkennende Mensch ist aus Gott geboren, wird durch die Kraft der göttlichen Weisheit (Theosophie) stark und kehrt am Ende wieder zu Gott zurück. Die "Astralseele" des Menschen gehört der Astralebene, seine tierischen Willensformen der Welt der Elementarwesen und seine Gedanken der geistigen Ebene an. Seine niederen Begierden und Instinkte erhalten ihre Nahrung aus der Welt der Begierden, sein Denken wird durch die Welt der Ideen genährt. So hängt der Mikro-

sophie) stark und kehrt am Ende wieder zu

Gott zurück. Die „Astralseele" des Men-

schen gehört der Astralebene, seine tierischen

Willensformen der Welt der Elementarwesen

und seine Gedanken der geistigen Ebene an.

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Seine niederen Begierden und Instinkte er-

halten ihre Nahrung aus der Welt der Be-

gierden, sein Denken wird durch die Welt

der Ideen genährt. So hängt der Mikro-

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kosmos des Menschen mit dem Makrokos-

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-

mos der Welt zusammen, und ist eins mit

ihm, so wie ein Organ im Menschen eine

kosmos des Menschen mit dem Makrokosmos der Welt zusammen, und ist eins mit ihm, so wie ein Organ im Menschen eine Einheit in der Einheit des Ganzen ist. Dasjenige "Ich", mit dem der Mensch sich in seinem Bewusstsein (nicht aber in seiner Phantasie) identificiert, ist er selbst, so lange als er damit identisch ist, und damit nimmt er auch teil an dem Karma desjenigen Teiles seines Selbst, welches er selber ist. Wem es aber durch die Kraft der Selbsterkenntnis gelingt, sich mit seinem höchsten Selbst zu vereinigen, der ist keinem Naturgesetze und deshalb keinem Karma mehr unterworfen, denn er steht, wenn auch in der Natur, so doch über aller Natur; "er ist kein Geschöpf mehr, sondern eins mit dem Schöpfer".

Einheit in der Einheit des Ganzen ist. Das-

jenige „Ich", mit dem der Mensch sich in

seinem Bewusstsein (nicht aber in seiner

Phantasie) identificiert, ist er selbst, so lange

als er damit identisch ist, und damit nimmt

er auch teil an dem Karma desjenigen Teiles

seines Selbst, welches er selber ist. Wem

es aber durch die Kraft der Selbsterkennt-

nis gelingt, sich mit seinem höchsten Selbst

zu vereinigen, der ist keinem Naturgesetze

und deshalb keinem Karma mehr unter-

worfen, denn er steht, wenn auch in der

Natur, so doch über aller Natur; „er ist

kein Geschöpf mehr, sondern eins mit dem

Schöpfer".

Ferner lehrt uns die Upanischad, dass,

„wer dies erkennt und seinen Körper ver-

lässt, der erlangt und wird der Reihe

nach vereinigt mit seiner ätherischen Form,

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mit dem Lebenskörper, der empf1ndenden

(menschlichen) und erkennenden (göttlichen)

Seele, dann mit dem himmlischen Selbst, der

ewigen Seligkeit". Wohl kehrt am Ende

Ferner lehrt uns die Upanischad , dass, "wer dies erkennt und seinen Körper verlässt, der erlangt und wird der Reihe nach vereinigt mit seiner ätherischen Form, mit dem Lebenskörper, der empfindenden (menschlichen) und erkennenden (göttlichen) Seele, dann mit dem himmlischen Selbst, der ewigen Seligkeit". Wohl kehrt am Ende

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alles wieder zu Gott zurück; ob aber eine

Menschenseele in einem Zustande des Selbst-

bewusstseins zu Gott zurückkehrt, das wird

alles wieder zu Gott zurück; ob aber eine Menschenseele in einem Zustande des Selbstbewusstseins zu Gott zurückkehrt, das wird notwendigerweise davon abhängen, in wie weit es dieser Seele gelungen ist, während ihres Lebens zur Fähigkeit, Gott zu erkennen, d. h. zum wahren göttlichen Selbstbewusstsein zu gelangen. Wenn dieses wahre Selbstbewusstsein in ihr erwacht ist, so kann von keinem "Auslöschen .der Individualität in Nirwana", so wie es manche sich denken, die Rede sein; denn gerade durch diese Selbsterkenntnis erlangt der Geist seine wahre Individualität, welche nicht auslöscht, sondern so gross ist, dass sie die ganze Gottheit umfasst, und zwar aus dem leicht begreifbaren Grunde, weil sie eins mit der Gottheit ist.

notwendigerweise davon abhängen, in wie

weit es dieser Seele gelungen ist, während

ihres Lebens zur Fähigkeit, Gott zu erkennen,

d. h. zum wahren göttlichen Selbstbewusst-

sein zu gelangen. Wenn dieses wahre Selbst-

bewusstsein in ihr erwacht ist, so kann von

keinem „Auslöschen der Individualität in

Nirwana", so wie es manche sich denken,

die Rede sein; denn gerade durch diese

Selbsterkenntnis erlangt der Geist seine

wahre Individualität, welche nicht auslöscht,

sondern so gross ist, dass sie die ganze Gott-

heit umfasst, und zwar aus dem leicht be-

greifbaren Grunde, weil sie eins mit der

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Gottheit ist.

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Briefkasten.

Fragen von Abonnenten, welche nicht rein persönlicher Natur,

sondern von allgemeinem Interesse sind, werden durch den Ver-

fasser der ,,Lotusblüthen" im „Briefkasten" besprochen.

A. M. in G. Durch persönliche Beobachtung während

eines langen Aufenthaltes in Indien bin ich zu der Über-

zeugung gekommen, dass noch lange nicht alle Menschen,

welche man „Brahminen" nennt, auch wirkliche Brahminen

sind; ebensowenig als bei uns alle Leute, die dem „geist-

Briefkasten.

lichen" Stande angehören, wirklich geistlich gesinnt sind.

Das Wort „Brahmine" kommt von „Brahma", d. h. „das

Gute", und soll einen von Güte erfüllten Menschen be-

Fragt:n von Abonnenten, welche nil'ht rein persönlicher Natur, flondern von allgemeinem Interesse sind. werden durch den Verfasser der .,Lotu8blüthen" im ,,Briefkasten" besprochell.

zeichnen; aber es giebt sehr viele sogenannte „Brahminen",

die anstatt mit Güte, mit Eigennutz erfüllt sind, und denen

es nur um die Befriedigung ihrer Herrschsucht und Hab-

sucht zu thun ist. Wir müssen, wie überall, so auch hier,

zwischen dem Wesen und dem Schein unterscheiden.

A. Mo in Go Durch persönliche Beobachtung während eines langen Aufenthaltes in Indien bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass noch lange nicht alle Menschen, welche man "Brahminen" nennt, auch wirkliche Brahminen sind; ebensowenig als bei uns alle Leute, die dem "geistlichen" Stande angehören, wirklich geistlich gesinnt sind. Das Wort "Brahmine" kommt von "Brahma", d. ho "das Gute", und soll einen von Güte erfüllten Menschen bezeichnen; aber es giebt sehr viele sogenannte "Brahminen", die anstatt mit Güte, mit Eigennutz erfüllt sind, und denen es nur um die Befriedigung ihrer Herrschsucht und Habsucht zu thun ist. Wir müssen, wie überall, so auch hier, zwischen dem Wesen und dem Schein unterscheiden.

G. E. in R. Ob ein Gebet von Nutzen sei oder nicht,

darüber kann man erst urteilen, wenn man überein-

gekommen ist, was man unter „Gebet" versteht. Wie alle

anderen Dinge, so entspringt auch das Gebet aus dreierlei

Ursachen, nämlich aus der Erkenntnis der Wahrheit (Sattwa),

aus Habsucht (Radschas) oder aus der Dummheit (Tamas).

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Der Dumme bittet um etwas, das ihm keinen Nutzen bringen

kann, wenn er es auch bekäme, und er bestärkt sich dabei

nur in seiner Dummheit. Der Habsüchtige sucht durch seine

Bitten die Befriedigung seiner persönlichen Wünsche zu er-

langen, und stärkt dabei nichts als seine Begierde. Aber

derjenige, welcher die ihm innewohnende göttliche Kraft

G. E. in R. Ob ein Gebet von Nutzen sei oder nicht, darüber kann man erst urteilen, wenn man übereingekommen ist, was man unter "Gebet" versteht. Wie alle anderen Dinge, so entspringt auch das Gebet aus dreierlei Ursachen, nämlich aus der Erkenntnis der Wahrheit (Sattwa), aus Habsucht (Radschas) oder aus der Dummheit (Tamas). Der Dumme bittet um etwas, das ihm keinen Nutzen bringen kann, wenn er es auch bekäme, und er bestärkt sich dabei nur in seiner Dummheit. Der Habsüchtige sucht durch seine Bitten die Befriedigung seiner persönlichen Wünsche zu erlangen, und stärkt dabei nichts als seine Begierde. Aber derjenige, welcher die ihm innewohnende göttliche Kraft

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erkennt, „betet" zu nichts anderem. Sein Gebet besteht

in der innerlichen Sammlung dieser göttlichen Kraft, wodurch

er die Starke erlangt, seine Bitte selbst zu erfüllen, voraus-

erkennt, "betet" zu nichts anderem. Sein Gebet besteht in der innerlichen Sammlung dieser göttlichen Kraft, wodurch er die Stärke erlangt, seine Bitte selbst zu erftillen, vorausgesetzt dass sein "Gebet" (sein Bewusstsein der göttlichen Kraft, die ihn erfiillt) stark genug ist.

gesetzt dass sein „Gebet" (sein Bewusstsein der göttlichen

Kraft, die ihn erfüllt) stark genug ist.

P. K. in B. In jeder mystischen Vereinigung, in jeder

Kirche, ja in allen Dingen hat man innerliche Prüfungen

zu bestehen, bei denen aber kein äusserlicher Prüfungs-

kommissär nötig ist. Die Prüfung besteht darin, dass man

den Geist der Sache, mit welcher man sich beschäftigt, oder

das Prinzip der Gesellschaft, welcher man sich anschliesst,

erkennt; denn wer den Kern nicht sieht, und nur der

P. K. in B. In jeder mystischen Vereinigung, in jeder Kirche, ja in allen Dingen hat man innerliche Prüfungen zu bestehen, bei denen aber kein äusserlicher Prüfungskommissär nötig ist. Die Prüfung besteht darin, dass man den Geist der Sache, mit welcher man sich beschä.ftigt, oder das Prinzip der Gesellschaft, welcher man sich anschliesst, erkennt; denn wer den Kern nicht sieht, und nur der äusseren Schale anhängt, der gehört auch nur dieser Schale an, und tritt nicht ins Heiligtum ein. Wer den Geist der Wahrheit erkennt, der ist schon in ihrem· Heiligtum und braucht nicht erst hineinexpediert zu werden. Wer den Geist nicht erkennt und sich vom Scheine blenden und leiten lässt, der findet die Thüre zum Heiligtum nicht. Selbst wenn er hineingebracht werden könnte, so ginge er von selbst wieder heraus, weil er dasjenige, was darinnen ist, nicht erkennt. Wer aber ins Heiligtum gehört, der erkennt auch was in demselben ist, ohne viele Erklärungen; denn er findet den ganzen Inhalt desselben in seinem eigenen höheren Selbst.

äusseren Schale anhängt, der gehört auch nur dieser Schale

an, und tritt nicht ins Heiligtum ein. Wer den Geist der

Wahrheit erkennt, der ist schon in ihrem - Heiligtum und

braucht nicht erst hineinexpediert zu werden. Wer den

Geist nicht erkennt und sich vom Scheine blenden und leiten

lässt, der findet die Thüre zum Heiligtum nicht. Selbst

wenn er hineingebracht werden könnte, so ginge er von

selbst wieder heraus, weil er dasjenige, was darinnen ist,

nicht erkennt. Wer aber ins Heiligtum gehört, der erkennt

auch was in demselben ist, ohne viele Erklärungen; denn

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er findet den ganzen Inhalt desselben in seinem eigenen

höheren Selbst.

Verleger in C. Wir bedauern von B1rer freundlichen

Zusendung keinen Gebrauch machen zu können, da in dem

kleinen Räume der „Lotusblüthen" kein Platz für Bücher-

besprechungen vorhanden ist, und ausserdem beabsichtigen

wir nicht, es zu machen wie so viele Kritiker, welche von

den Werken, über die sie ihr Urteil abgeben, höchstens die

Vorrede lesen. Um aber alle die uns zugesandten Bücher

und Zeitschriften aufmerksam zu lesen, dazu ermangelt uns

leider die Zeit.

Verleger in C. Wir bedauern von Ihrer freundlichen Zusendung keinen Gebrauch machen zu können, da in dem kleinen Raume der "Lotusblüthen" kein Platz für Bücherbesprechungen vorhanden ist, und ausserdem beabsichtigen wir nicht, es zu machen wie so viele Kritiker, welche vO,n den Werken, über die sie ihr Urteil abgeben, höchstens die Vorrede lesen. Um aber alle die uns zugesandten Bücher und Zeitschriften aufmerksam zu lesen, dazu ermangelt uns leider die Zeit.

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C. J. T. in W. I) „Meister" sind in allen Ländern zu

finden, wenn es auch nur wenige giebt, und es ist für den

C. J. T. in W. I) "Meister" sind in allen Ländern zu finden, wenn es auch nur wenige giebt, und es ist für den Schüler viel weniger schwierig, seinen Meister zu finden, als sich von demselben finden zu lassen; denn wenn er auch den Meister täglich sieht, und ihn nicht als Meister erkennt, so wird er ihm nicht folgen. Hier, wie in allen geistigen Dingen, entscheidet die Intuition. Ist der Schüler bereit, so ist auch der Meister schon da. 2) Ob es möglich ist, in einem Leben zur Entwicklung von okkulten Kräften und zur Selbstbeherrschung zu gelangen, das hängt von den Talenten ab, die man sich in früheren Leben erworben hat. Praktische Anweisung zur Benutzung von geistigen Kräften giebt es in Menge. Dahin gehören die Bücher über die geistige Alchemie. So lange man aber eine Kraft nicht hat, nützt auch eine Anweisung zu ihrer Benutzung nichts. Wir raten Ihnen, "di~ Grundlage der indischen Mystik" (die Stimme der Stille) zu lesen. Dieses Buch sollte jeder gründlich verstehen, ehe er mit dem Okkultismus beginnt.

Schüler viel weniger schwierig, seinen Meister zu finden,

als sich von demselben finden zu lassen; denn wenn er

auch den Meister täglich sieht, und ihn nicht als Meister

erkennt, so wird er ihm nicht folgen. Hier, wie in allen

geistigen Dingen, entscheidet die Intuition. Ist der Schüler

bereit, so ist auch der Meister schon da.

2) Ob es möglich ist, in einem Leben zur Entwick-

lung von okkulten Kräften und zur Selbstbeherrschung zu

gelangen, das hängt von den Talenten ab, die man sich in

früheren Leben erworben hat. Praktische Anweisung zur

Benutzung von geistigen Kräften giebt es in Menge. Dahin

gehören die Bücher über die geistige Alchemie. So lange

man aber eine Kraft nicht hat, nützt auch eine Anweisung

zu ihrer Benutzung nichts. Wir raten Ihnen, „die Grund-

lage der indischen Mystik" (die Stimme der Stille) zu lesen.

Dieses Buch sollte jeder gründlich verstehen, ehe er mit

dem Okkultismus beginnt.

P. O. in M. Das beste Zeichen, dass jemand sich

zum Theosophen eignet, ist es, wenn er die Wahrheit er-

tragen kann, wenn er sie hört; selbst wenn sie seinen

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Meinungen und Wünschen widerspricht.

R. M. in M. Der Zweck des Studiums der theo-

sophischen Lehren ist, sich eine höhere Weltanschauung zu

bilden, und dadurch auf den Weg geleitet zu werden, sich

selbst in Wahrheit zu finden. Solange der Mensch sein

wahres Selbst nicht gefunden hat, gehört auch all sein ver-

meintliches Wissen nicht ihm, und hat für ihn keinen

wirklichen Wert. Sein wahres Selbst zu finden, ist aber

für jeden das Schwerste, weil dazu das wahre Werden ge-

hört. Deshalb ziehen die meisten die Vielwisserei der

P. O. in M. Das beste Zeichen, dass jemand sich zum Theosophen eignet, ist es, wenn er die Wahrheit ertragen kann, wenn er sie hört; selbst wenn sie seinen Meinungen und Wünschen widerspricht.

göttlichen Selbsterkenntnis vor.

R. M. in Mo Der Zweck des Studiums der theosophischen Lehren ist, sich eine höhere Weltanschauung zu bilden, und dadurch auf den Weg geleitet zu werden, sich selbst in Wahrheit zu finden. Solange der Mensch sein wahres Selbst nicht gefunden hat, gehört auch a1l sein vermeintliches Wissen nich t ihm , und hat für ihn keinen wirklichen Wert. Sein wahres Selbst zu finden, ist aber für jeden das Schwerste, weil dazu das wahre Werden gehört. Deshalb ziehen die meisten die Vielwisserei der göttlichen Selbsterkenntnis vor.

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B.. S. in L. Maria Janitscheks „Niiiive" habe ich

mit Interesse gelesen. Es wird darin die Hohlheit unseres

modernen Kulturlebens geschildert, und verschiedenen idealen

R. 8. in L. Maria J anitscheks "Ninive" habe ich mit Interesse gelesen. Es wird darin die Hohlheit unseres modemen Kulturlebens geschildert, und verschiedenen idealen Persönlichkeiten die Maske entrissen. Der Roman enthüllt den Schmutz der Grossstadt, in welchem einer reinen Seele der Untergang droht, die aber schliesslich daraus entflieht, weil sie ihn nicht überwältigen kann. Einige in dem Buche enthaltene irrige Bemerkungen über Nirwana entspringen einer unvollkommenen Kenntnis der indischen Philosophie, die in Anbetracht der grossen Unwissenheit, welche unter den Gelehrten darüber herrscht, leicht zu verzeihen ist. Jedenfalls wäre die Verfasserin viel besser dazu geeignet, als Sachverständige in der Beurteilung von Gemütszuständen in Kriminalprozessen vor Gericht aufzutreten, als die Mehrzahl der "Psychiater", die zu solchen Zwecken vorhanden sind, und von der Seele und dem Seelenleben nichts wissen.

Persönlichkeiten die Maske entrissen. Der Roman enthüllt

den Schmutz der Grossstadt, in welchem einer reinen Seele

der Untergang droht, die aber schliesslich daraus entflieht,

weil sie ihn nicht überwältigen kann. Einige in dem Buche

enthaltene irrige Bemerkungen über Nirwana entspringen

einer unvollkommenen Kenntnis der indischen Philosophie,

die in Anbetracht der grossen Unwissenheit, welche unter

den Gelehrten darüber herrscht, leicht zu verzeihen ist.

Jedenfalls wäre die Verfasserin viel besser dazu geeignet,

als Sachverständige in der Beurteilung von Gemütszuständen

in Kriminalprozessen vor Gericht aufzutreten, als die Mehr-

zahl der „Psychiater", die zu solchen Zwecken vorhanden

sind, und von der Seele und dem Seelenleben nichts wissen.

K. F. in F. Unsere Leidenschaften beherrschen wir

am leichtesten dadurch, dass wir uns nicht mit denselben

identifizieren. Hierzu gehört die Fähigkeit, zwischen unserem

höheren Selbst und der Tiernatur, an die wir gebunden

sind, zu unterscheiden. Das „Selbst" kann sich nicht selbst

beherrschen. Dazu gehört etwas höheres als der Wille

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des „Selbsts", die Vernunft. Wer seine eigene höhere

Natur erkennt, der kann durch diese die niederen Seelen-

kräfte und Instinkte beherrschen. Wo eine geistige Kraft

zu wirken anfängt, da treten auch alle im Menschen

schlummernden Eigenschaften, seien sie gut oder bös, stärker

hervor. Deshalb ist der Okkultismus ein gefährliches Ding

K. F. in F. Unsere Leidenschaften beherrschen wir

für alle, die ihn bloss als Spielerei betreiben, und nicht

am leichtesten dadurch, dass wir uns nicht mit denselben identifizieren. Hierzu gehört die Fähigkeit, zwischen unserem höheren Selbst und der Tiernatur, an die wir gebunden sind, zu unterscheiden. Das "Selbst" kann sich nicht selbst beherrschen. Dazu gehört etwas höheres als der Wille des "Selbsts", die Vernunft. Wer seine eigene höhere Natur erkennt, der kann durch diese die niederen Seelenkrä.fte und Instinkte beherrschen. Wo eine geistige Kraft zu wirken anfängt, da treten auch alle im Menschen schlummernden Eigenschaften, seien sie gut oder bös, stärker hervor. Deshalb ist der Okkultismus ein gefährliches Ding für alle, die ihn bloss als Spielerei betreiben, und nicht ernsthaft entschlossen sind, für das Gute zu wirken.

ernsthaft entschlossen sind, für das Gute zu wirken.

S. K. in J. Die Reinkamation oder Wiederverkör-

perung findet nicht bloss bei der Geburt, sondern während

des ganzen Lebens statt. Jeder Mensch ist von seinem

Lotusbltithen LIV. 15

8. K. in J. Die Reinkarnation oder Wiederverkörperung findet nicht bloss bei der Geburt, sondern während des ganzen Lebens statt. Jeder Mensch ist von seinem Lotublllthen LIV.

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höheren Selbst fiberschattet, und je mehr er fähig wird,

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von dessen Natur in sich aufzunehmen, umsomehr wird

diese Gottesnatur in seiner Person verkörpert.

höheren Selbst überschattet, und je mehr er flihig wird, von dessen Natur in sich aufzunehmen, umsomehr wird diese Gottesnatur in seiner Person verkörpert.

P. D. in F. Ihr Brief hat mich sehr gefreut, weil ich

daraus ersehe, dass auch Sie zu der Überzeugung gekommen

sind, dass man durch die sogenannten „okkulten Übungen",

oder durch das fortwährende innerliche Wiederholen ge-

wisser Worte, sich nicht zum Adepten machen kann. In

P. D. in F. Ihr Brief hat mich sehr gefreut, weil ich

der That ernährt und befestigt die dabei zu Grunde hegende

Absicht und Begierde der Selbstverherrlichung den Eigen-

daraus ersehe, dass auch Sie zu der überzeugung gekommen sind, dass man durch die sogenannten "okkulten übungen", oder durch das fortwährende innerliche Wiederholen gewisser Worte, sich nicht zum Adepten machen kann. In der That ernährt und befestigt die dabei zu Grunde liegende Absicht und Begierde der Selbstverherrlichung den Eigendünkel, der ja gerade das grösste Hindernis für die geistige Entfaltung ist. Allerdings ist es lobenswert, beständig nach Vollkommenheit zu streben, aber die Vollkommenheit beginnt erst dort, wo der Selbstwahn aufhört. Die Hauptsache ist daher, so viel wie möglich trachten das Gute zu thun, und zwar nicht um des eigenen Selbsts, sondern um des Guten willen, und dabei so viel als möglich gegen die Leidenschaften jeglicher Art zu kämpfen. Um diese Grundsätze zu verbreiten, und mit vereinten Kräften mehr Gutes zu thun, als dies dem einzelnen möglich ist, dazu wurde die "Theosophische Gesellschaft" ins Leben gerufen, und es wäre zu wünschen, dass alle, die in Wirklichkeit für das Wohl der ganzen Menschheit besorgt sind, sich denjenigen, die dasselbe Ziel verfolgen, anschliessen w~den, anstatt eine Sonderstellung einzunehmen.

dünkel, der ja gerade das grösste Hindernis für die geistige

Entfaltung ist. Allerdings ist es lobenswert, beständig nach

Vollkommenheit zu streben, aber die Vollkommenheit be-

ginnt erst dort, wo der Selbstwahn aufhört. Die Haupt-

sache ist daher, so viel wie möglich trachten das Gute zu

thun, und zwar nicht um des eigenen Selbsts, sondern um

des Guten willen, und dabei so viel als möglich gegen die

Leidenschaften jeglicher Art zu kämpfen. Um diese Grund-

sätze zu verbreiten, und mit vereinten Kräften mehr Gutes

zu thun, als dies dem einzelnen möglich ist, dazu wurde

die „Theosophische Gesellschaft" ins Leben gerufen, und

es wäre zu wünschen, dass alle, die in Wirklichkeit für das

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Wohl der ganzen Menschheit besorgt sind, sich denjenigen,

die dasselbe Ziel verfolgen, anschliessen würden, anstatt eine

Sonderstellung einzunehmen.

R. S. in G. Unter „Spekulation" verstehe ich eine

philosophische Schlussfolgerung in Bezug auf Dinge, von

denen der Betreffende in Wirklichkeit nichts weiss, und sich

bloss einbildet, es könne so und so sein. Über dasjenige,

was ein Mensch aus eigener, wenn auch geistiger Erfahrung

weiss und erkennt, kann er auch autoritativ sprechen; wo

es sich aber um blosse Theorien und Wahrscheinlichkeiten

in Bezug auf geistige Dinge handelt, haben solche Speku-

lationen nur einen problematischen Wert.

Re 8. in G. Unter "Spekulation" verstehe ich eine philosophische Schlussfolgerung in Bezug auf Dinge, .von denen der Betreffende in Wirklichkeit nichts weiss, und sich bloss einbildet, es könne so und 80 sein. über dasjenige, was ein Mensch aus eigener, wenn auch geistiger Erfahrung weiss und erkennt, kann er auch autoritativ sprechen j wo es sich aber um blosse Theorien und Wahrscheinlichkeiten in Bezug auf geistige Dinge handelt, haben solche Spekulationen nur einen problematischen Wert.

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A. H. in H. In der buddhistischen Religion wird die

Traurigkeit unter die Todsünden gerechnet. Sie ist aber

nicht nur eine Sünde, sondern auch eine Dummheit; denn

A. H. in H. In der buddhistischen Religion wird die

sie entspringt der Nichterkenntnis des absolut Guten in

allen Dingen. Wer die Allgegenwart des absolut Guten

Traurigkeit unter die Todsünden gerechnet. Sie ist aber nicht nur eine Sünde, sondern auch eine Dummheit; denn sie entspringt der Nichterkenntnis des absolut Guten in allen Dingen. Wer die Allgegenwart des absolut Guten erkennt, der ist stets vom höchsten Guten umgeben und auch davon erfiiIlt. Ein solcher Mensch hat keinen Grund, traurig oder missgestimmt zu sein.

erkennt, der ist stets vom höchsten Guten umgeben und

auch davon erfüllt. Ein solcher Mensch hat keinen Grund,

traurig oder missgestimmt zu sein.

Profi O. in M. „Nirwana" bedeutet den Zustand des

höchsten Selbstbewusstseins, und dieses wird nur durch die

Vernichtung des Selbstwahnes erlangt. Da aber gewisse

Philosophen von dem wahren Selbst (Gott) nichts wissen

und ihr höchstes „Selbstbewusstsein" der Eigendünkel ist,

so erblicken sie mit Recht in Nirwana die Vernichtung

ihres „Selbsts"; denn wenn ihr Eigendünkel, der ihr alles

ist, vernichtet wäre, bliebe nichts mehr von ihnen übrig.

Prof: O. in M. "Nirwana" bedeutet den Zustand des höchsten Selbstbewusstseins, und dieses wird nur durch die Vernichtung des Selbstwahnes erlangt. Da aber gewisse Philosophen von dem wahren Selbst (Gott) nichts wissen und ihr höchstes "Selbstbewusstsein" der Eigendünkel ist, so erblicken sie mit Recht in Nirwana die Vernichtung ihres "Selbsts"; denn wenn ihr Eigendünkel, der ihr" alles ist, vernichtet wäre, bliebe nichts mehr von ihnen übrig.

Dr. K. in L. Nach der Versicherung des Gründers

der buddhistischen Philosophie beruht die ganze buddhistische

Religion auf nichts anderem als auf der Erkenntnis der

Wahrheit. Gautama Buddha sagt: „Alles Bösethun abzu-

legen, ein tugendhaftes Leben zu führen und das Herz zu

reinigen, dies ist die Religion aller Buddhas." Wir sind

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nicht im Stande, darin etwas zu finden, das dem wahren

Christentume entgegengesetzt wäre.

N. G. in Z. Wir ersuchen Sie, uns mit Anfragen über

diese oder jene Person, welche früher in der „Theosophischen

Gesellschaft" eine Rolle spielte, zu verschonen. Es ist

nicht unsere Aufgabe, über irgend eine Person zu Gericht

zu sitzen. Wir haben es* wie schon oft bemerkt, nicht mit

Dr. K. in L. Nach der Versicherung des Gründers der buddhistischen Philosophie beruht die ganze buddhistische Religion auf nichts anderem als auf der Erkenntnis der Wahrheit. Gautama Buddha sagt: "Alles Bösethun abzulegen, ein tugendhaftes Leben zu führen und das Herz zu reinigen, dies ist die Religion aller Buddhas." Wir sind nicht im stande, darin etwas zu finden, das dem wahren Christentume entgegengesetzt wäre.

Personen, sondern mit Prinzipien zu thun. Die Fähigkeit,

zwischen Personen und Prinzipien zu unterscheiden, ist der

Prüfstein, an welchem es sich erweist, ob jemand zur Er-

langung der Selbsterkenntnis fähig ist oder nicht.

'S*

N. G. in Z. Wir ersuchen Sie, uns mit Anfragen über diese oder jene Person, welche früher in der"Theosophischen Gesellschaft" eine Rolle spielte, zu verschonen. Es ist nicht unsere Aufgabe, über irgend eine Person zu Gericht zu sitzen. Wir haben es; wie schon oft bemerkt, nicht mit Personen, sondern mit Prinzipien zu thun. Die Fähigkeit, zwischen Personen und Prinzipien zu unterscheiden, ist der Prüfstein, an welchem es sich erweist, ob jemand zur Erlangung der Selbsterkenntnis flhig ist oder nicht.

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R. S. in R. Die Aura, welche den menschlichen

Körper umgiebt, besteht nicht bloss aus den von Baron

Du Prel beschriebenen odischen Emanationen, vielmehr

R. S. in R.

Die Aura, welche den menschlichen Körper umgiebt, besteht nicht bloss aus den von Baron Du Prel beschriebenen odischen Emanationen, vielmehr verbreitet jedes der sieben Prinzipien, je nach der Entwicklung desselben, eine den Organismus umgebende Aura, welche für einen guten Hellseher sichtbar ist. Demgemäss hat der Mensch eine materielle physische, elektrische, magnetische und Wänne-Aura, eine ätherische Aura, Prana, Kama und psychische Aura, eine Gemüts- und Bewusstseins-Aura und schliesslich eine geistige oder göttliche Aura. Einem psychisch Blinden kann man dies allerdings nicht beweisen, selbst wenn er in andern Dingen als wissenschaftliche Autorität gilt; aber es giebt genug Hellsehende, deren übereinstimmendes Zeugnis für denjenigen, der nicht selbst sehen kann, massgebend ist. Diese Auren sind weniger die Produkte der Stoffe, \'on denen sie ausströmen, als vielmehr die Stoffe selbst, die Verdichtungen der Auren, da, so wie das Ei und das Huhn, eins aus dem andem entsteht.

verbreitet jedes der sieben Prinzipien, je nach der Ent-

wicklung desselben, eine den Organismus umgebende Aura,

welche für einen guten Hellseher sichtbar ist. Demgemäss

hat der Mensch eine materielle physische, elektrische, mag-

netische und Wärme-Aura, eine ätherische Aura, Prana,

Kama und psychische Aura, eine Gemüts- und Bewusst-

seins-Aura und schliesslich eine geistige oder göttliche Aura.

Einem psychisch Blinden kann man dies allerdings nicht

beweisen, selbst wenn er in andern Dingen als wissen-

schaftliche Autorität gilt; aber es giebt genug Hellsehende,

deren übereinstimmendes Zeugnis für denjenigen, der nicht

selbst sehen kann, massgebend ist. Diese Auren sind

weniger die Produkte der Stoffe, von denen sie ausströmen,

als vielmehr die Stoffe selbst, die Verdichtungen der Auren,

da, so wie das Ei und das Huhn, eins aus dem andern

entsteht.

L. F. in H. Es ist zu verwundern, dass Sie nicht

an die Reinkarnation glauben können, da Sie sich doch

selbst jeden Morgen beim Erwachen reinkarnieren; denn

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da erwacht die Thätigkeit des Geistes im Organismus von

neuem. Nach dem Tode ist allerdings der alte Organismus

nicht mehr vorhanden, und da muss sich dann die Seele

auf natürlichem Wege einen neuen aufbauen. Auch giebt

es viele, deren wahres Selbst sich ihr ganzes Leben lang

nicht vollständig in ihnen inkarniert; d. h. sie verlassen die

Welt wieder, ohne sich ihres höheren Daseins bewusst ge-

worden zu sein. Ein solcher Mensch hat keine selbst-

bewusste geistige Individualität.

G. J. in F. In der Apostelgeschichte (K. XVH, V. 21)

steht: „Alle Athenienser und auch die Fremden, die sich

L. F. in H. Es ist zu verwundern, dass Sie nicht an die Reinkarnation glauben können, da Sie sich doch selbst jeden Morgen beim Erwachen reinkarnieren ; denn da erwacht die Thätigkeit des Geistes im Organismus von neuem. Nach dem Tode ist allerdings der alte Organismus nicht mehr vorhanden, und da muss sich dann die Seele auf natürlichem Wege einen neuen aufbauen. Auch giebt es viele, deren wahres Selbst sich ihr ganzes Leben lang nicht vollständig in ihnen inkarniert; d. h. sie verlassen die Welt wieder, ohne sich ihres höheren Daseins bewusst geworden zu sein. Ein solcher Mensch hat keine selbstbewusste geistige Individualität. G. J. in F. In der Apostelgeschichte (K. Xm V.21) steht: "Alle Athenienser und auch die Fremden, die sich

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— 229

da aufhielten, gingen auf nichts anderes aus als etwas neues

229

zu reden oder zu hören." — Dies ist aber keine Theosophie;

sondern diese besteht darin, dass der Mensch sein wahres

göttliches Selbst findet, und dies f1ndet er dadurch, dass er

da aufhielten, gingen auf nichts anderes aus als etwas neues zu reden oder zu hören." - Dies ist aber keine Theosophie; sondern diese besteht darin, dass der Mensch sein wahres göttliches Selbst findet, und dies findet er dadurch, dass er sich von ihm finden llsst.

sich von ihm finden lässt.

S. E. in B. 1) Die T. S. in G. (Theosophische Ge-

sellschaft in Deutschland) ist kein Zweigverein irgend eines

ausländischen Vereines, weder eines amerikanischen, noch

eines englischen oder indischen; sondern sie bildet mit die-

sen andern Vereinen zusammen die freie und unabhängige,

allgemeine, internationale Gesellschaft der ganzen Welt.

2) Eine Verbreitung der theosophischen Lehren ist sehr

B. E. in B.

I) Die T. S. in G. (Theosophische Gesellschaft in Deutschland) ist kein Zweigverein irgend eines ausländischen Vereines, weder eines amerikanischen, noch eines englischen ~der indischen; sondern sie bildet mit die. sen andem Vereinen zusammen die freie und unabhängige, allgemeine, internationale Gesellschaft der ganzen Welt. 2) Eine Verbreitung der theosophischen Lehren ist sehr wÜDschenswerth; dagegen ist es nicht ratsam, tUr die Gesellschaft Propaganda zu machen; da hierdurch eine Menge schädlicher und unreifer Elemente herbeigezogen werden, welche noch stets den Ruin von solchen Vereinen herbei. geführt haben, sobald sie darin die Oberhand erlangten. Es ist besser, nur wenige, aber tüchtige Kräfte, als eine grosse Menge untauglicher Elemente zu haben.

wünschenswerth; dagegen ist es nicht ratsam, für die Ge-

sellschaft Propaganda zu machen; da hierdurch eine Menge

schädlicher und unreifer Elemente herbeigezogen werden,

welche noch stets den Ruin von solchen Vereinen herbei-

geführt haben, sobald sie darin die Oberhand erlangten.

Es ist besser, nur wenige, aber tüchtige Kräfte, als eine

grosse Menge untauglicher Elemente zu haben.

H. 8. in K. 1) Es ist nicht möglich, Ihre Fragen

über die Reinkarnation in einer kurzen Briefkasten - Notiz

zu beantworten. Wenn Sie mir Ihre nähere Adresse mit-

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teilen, so werde ich versuchen, Ihnen brieflich Auskunft zu

geben. Ausserdem wird ein längerer Artikel über diesen

Gegenstand demnächst in den „Lotusblüthen" erscheinen. Von

einem Widerspruch der Lehren der Weisen kann keine

Rede sein, aber die Art, wie diese Lehren aufgefasst wer-

den, ist verschieden. Auch ist die okkulte Erkenntnis nicht

wie die materielle Wissenschaft, ein zusammengesetztes

Ding, aus dem man ein Stück herausnehmen und es un-

abhängig von dem andern erklären kann. Hier ist das

Verständnis des einzelnen durch die Erkenntnis des gan-

zen bedingt.

H. B. in K.

I) Es ist nicht möglich, Ihre Fragen über die Reinkarnation in einer kurzen Briefkasten - Notiz zu beantworten. Wenn Sie mir Ihre nähere Adresse mitteilen, so w~rde ich versuchen, Ihnen brieflich Auskunft zu geben. Ausserdem wird ein längerer Artikel über diesen Gegenstand demnächst in den "Lotusblüthen" erscheinen. Von einem Widerspruch der Lehren der Weisen kann keine Rede sein, aber die Art, wie diese Lehren aufgefasst werden, ist verschieden. Auch ist die okkulte Erkenntnis nicht wie die materielle Wissenschaft, ein zusammengesetztes Ding, aus dem man ein Stück herausnehmen und es unabhängig von dem andem erkliren kann. Hier ist das Verständnis des einzelnen durch die Erkenntnis des ganzen bedingt.

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23°

2) Jedes der Prinzipien, deren Zusammenwirken die

menschliche Konstitution bildet, kehrt nach dem Tode zu

seinem Ursprung zurück. Das wahre menschliche Bewusst-

2) Jedes der Prinzipien, deren Zusammenwirken die menschliche Konstitution bildet, kehrt nach dem Tode zu seinem Ursprung zurück. Das wahre menschliche Bewusstsein wurzelt in seinen höheren Seelenkräften (Buddhi Manas), und wenn der Mensch einmal seine wahre Individualität erlangt hat, indern er zum Bewusstsein seiner wahren Menschenwürde gekommen ist, so kann sich dieses Bewusstsein nicht in einern Tiere wiederverkörpern oder offenbaren. Ist aber ein Mensch so gottlos und verkommen, dass er zur Bestie herabgesunken oder ein Teufel geworden ist, so hat er überhaupt keine menschliche geistige Individualität, und seine tierischen oder teuflischen Elemente kehren dorthin zurück, woraus sie geboren wurden. (Siehe: B hag a v a d Gi ta XVI, 7-20.) 3) Wo keine Seele vorhanden ist, um sich zu reinkamieren, da kann auch keine Empfängnis und keine Geburt stattfinden; denn die Eltern erschaffen nicht die Seele des Kindes, sondern erzeugen nur das Haus, welches die Seele bewohnt.

sein wurzelt in seinen höheren Seelenkräften (Buddhi Manas),

und wenn der Mensch einmal seine wahre Individualität

erlangt hat, indem er zum Bewusstsein seiner wahren Men-

schenwürde gekommen ist, so kann sich dieses Bewusstsein

nicht in einem Tiere wiederverkörpern oder offenbaren. Ist

aber ein Mensch so gottlos und verkommen, dass er zur

Bestie herabgesunken oder ein Teufel geworden ist, so hat

er überhaupt keine menschliche geistige Individualität, und

seine tierischen oder teuflischen Elemente kehren dorthin

zurück, woraus sie geboren wurden. (Siehe: Bhagavad

Gita XVI, 7—20.)

3) Wo keine Seele vorhanden ist, um sich zu rein-

karnieren, da kann auch keine Empfängnis und keine Ge-

burt stattfinden; denn die Eltern erschaffen nicht die Seele

des Kindes, sondern erzeugen nur das Haus, welches die

Seele bewohnt.

IT. G. in "W. — Die sogenannten „geheimen Künste",

Chiromantie, Geomantie, etc. und „Wahrsagen" aller Art

dienen als Hülfsmittel für die intuitive Erkenntnis der

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Wahrheit durch die Vernunft; nicht aber als ein Substitut

für dieselbe. Wo keine Vernunft vorhanden ist, giebt es

auch keine Hülfsmittel für dieselbe. „Wahrsagen" heisst

die Wahrheit sagen; wer aber die Wahrheit weder intellek-

tuell noch intuitiv (geistig) erkennt, der kann auch nichts

Wahres sagen, und seine Erdichtungen entspringen dem

Spiel seiner Phantasie.

H. B. in K. — Ich habe Ihnen zwar bereits brieflich

geantwortet, möchte es aber auch anderen, die mich mit

ähnlichen Anfragen beehrt haben, zu wissen thun, dass ich

mich mit „Astralbesuchen" nicht abgebe. Wenn Sie des-

N. G. in W. - Die sogenannten "geheimen Künste", Chiromantie, Geomantie, etc. und "Wahrsagen" aller Art dienen als Hülfsmittel für die intuitive Erkenntnis der Wahrheit durch die Vernunft; nicht aber als ein Substitut für dieselbe. Wo keine Vernunft vorhanden ist, giebt es auch keine Hülfsmittel für dieselbe. "Wahrsagen" heisst die Wahrheit sagen; wer aber die Wahrheit weder intellektuell noch intuitiv (geistig) erkennt, der kann auch nichts Wabres sagen, und seine Erdichtungen entspringen dem Spiel seiner Phantasie.

H. B. in K. -

Ich habe Ihnen zwar bereits brieflich geantwortet, möchte es aber auch anderen, die mich mit ähnlichen Anfragen beehrt haben, zu wissen thun, dass ich mich mit "Astralbesuchen" nicht abgebe. Wenn Sie des-

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halb „ganz bestimmt glauben", meine Stimme gehört oder

mich im Traume gesehen zu haben, so sind dies Erschei-

nungen, welche in der Stimmung Ihres Gemüts ihre Ur-

halb "ganz bestimmt glauben", meine Stimme gehört oder mich im Traume gesehen zu haben, so sind dies Erscheinungen, welche in der Stimmung Ihres Gemüts ihre Ursache haben. Solche Stimmungen können "Hallucinationen" des Gehörs, Gesichts, Gefühls, Geschmackes und Geruchs verursachen und sind häufig die Ursache von spiritistischen Phänomenen. Deshalb können auch die Geister von Goethe, Schiller und dgl. nichts für den Unsinn, der da oft in ihrem Namen gesprochen wird.

sache haben. Solche Stimmungen können „Hallucinationen"

des Gehörs, Gesichts, Gefühls, Geschmackes und Geruchs

verursachen und sind häufig die Ursache von spiritistischen

Phänomenen. Deshalb können auch die Geister von Goethe,

Schiller und dgl. nichts für den Unsinn, der da oft in ihrem

Namen gesprochen wird.

J. M. in Fr. — Als Jesus auf der Welt wandelte,

kursierten auch über ihn verschiedene Gerüchte, „welche

geeignet waren, seinen Charakter zu verdächtigen". Wenn

wir jeden Klatsch über H. P. Blavatsky berichtigen wollten,

so kämen wir mit dieser Sisyphusarbeit niemals zu Ende.

C. G. in N. Y. — Was meine Überzeugung in Be-

treff der Vivisektion betrifft, so geht dieselbe dahin, dass

sie die grösste Verirrung der unter der Maske der „Wissen-

schaft" paradierenden Dummheit und ebenso nutzlos als

J. M. in Fr. - Als Jesus auf der Welt wandelte, kursierten auch über ihn verschiedene Gerüchte, "welche geeignet waren, seinen Charakter zu verdächtigen". Wenn wir jeden Klatsch über H. P. Blavatsky berichtigen wollten, so kämen wir mit dieser Sisyphusarbeit niemals zu Ende.

teuflisch ist, und dass ein zu solchen Zwecken gemartertes

Schwein moralisch viel höher steht als derjenige, welcher

auf diese Weise seine Neugierde oder Grausamkeit zu be-

friedigen sucht und dadurch selber zur Bestie wird.

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Druck von Carl Otto in Meerane.

C. G. in N. Y. -

Was meine 'Überzeugung in Betreff der Vivisektion betrifft, so geht dieselbe dahin, dass sie die grösste Verirrung der unter der Maske der "Wissenschaft" paradierenden Dummheit und ebenso nutzlos als teuflisch ist, und dass ein zu solchen Zwecken gemartertes Schwein moralisch viel höher steht als derjenige, welcher auf diese Weise seine Neugierde oder Grausamkeit zu befriedigen sucht und dadurch selber zur Bestie wird.

Druok von earl Otto in Meerane.

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Verlag von Wilhelm FrIedrIch in Leipzig.

Verlag von Wilhelm Friedrich in Leipzig.

Letzte Novitäten des Verlages.

Letzte Novitäten des Verlages.

Gewissensfreiheit.

Von Dr. C. Bougle.

Autorisierte Übersetzung aus dem Französischen von A. Tauie.

Gewissensfreiheit.

Preis Mk. 2,—.

Die Individuität und Individualisation des Einzelnen.

Von Philipp Gugler. — Preis Mk. 8,—.

Von Dr. c. Bougl~. Autorisierte Übersetzung aus dem Französischen von A. Tau x e. Preis Mk. 2,-.

Psychologie der Naturvölker.

Ethnographische Parallele.

Von Jac. Robinsohn. — Preis Mk. 2,—.

<3^ Sexual-Religion,

Von D* J* S*

Die Individuität und Individualisation des Einzelnen.

I. Sexual - Mystik. II. Sexual-Moral. III. Sexual - Magie.

Preis Mk. 9,—.

Wozu dienen Vernunft-Anlagen

im Hinblicke auf den Schluss

Von Phllipp Gugler. -

von Fr. v. Hellwalds Kulturgeschichte und Ed. v. Hartmanns

.Preis Mk. 8,-.

Philosophie des Unbewussten.

Psychologie der Naturvölker.

Von J. Striegel. — Preis Mk. 2,—.

Der Mensch hat keine Vernunft im Sinne Kants.

Eine Abhandlung über den Geist unter Berücksichtigung einer der

Ethnographische Parallele.

neuesten Metaphysiken und der Vernunftkritik Kants.

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Von Hugo Stehr. — Preis Mk. 2,—.

Von Jac. Robinsobn. -

Phüosophische Studien.

Preis Mk. 2,-.

Entwürfe, Skizzen und Aphorismen.

Von Emil Stein. — Preis Mk. 1,5o.

~

Sexual-Religion.

I. Sexual-Mystik. .

Von D* J* S* 11. Sexual-Moral. Preis Mk. 9,-.

m.

-@B

Sexual-Magie.

Wozn dienen Vernnnft -Anlagen im Hinblicke auf den Schluss von Fr. v. HellwaIds Kulturgeschichte und Ed. v. Hartmanns Philosophie des Unbewussten. Von J. StriegeL - Preis Mk. 2,-. Ie!l

V'beza Zm. .... ~'\a.l S .. D. ... Der Mensch hat keine Vemunft im Sinne Kants. Eine Abhandlung über den Geist unter Berücksichtigung einer der neuesten Metaphysiken und der Vemunftkritik Kants. Von Hugo Stehr. - Preis Mk. 2,-.

Philosophische Studien. Entwürfe, Skizzen und Aphorismen. Von Emll Stein. -

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Preis Mk. 1,50.

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Ein Blick in die Kabala.

Aus einem Vortrage von S. P. G. Coryn.

Xheosophie oder Gotteserkenntnis ist die

allen Religionen zu Grunde liegende Selbst-

erkenntnis der ewigen Wahrheit. Für den-

jenigen, welcher die verschiedenen Religions-

systeme mit einander vergleicht, giebt es

keines, dessen Schriften der Beachtung nicht

wert wäre. Dies ist noch mehr in Bezug

auf den Theosophen der Fall; da er nicht

allein den Inhalt dieser verschiedenen Lehren

kennen lernen, sondern, was für ihn viel

wichtiger ist, sie auf sich selbst anwenden

will, um den Zweck seines Daseins zu er-

füllen. Dieser Zweck kann, wie wir alle

wissen, nur zusammen mit der Menschheit

Ein Blick in die Kabala.

als Ganzes und nicht als ein von ihr abge-

sondertes Einzelnes erreicht werden. Die

Evolution des göttlichen Menschen ist nicht,

Aus einem Vortrage von S. P. G. Coryn.

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Lotnsbltithen LV. 16

Theosophie oder Gotteserkenntnis ist die allen Religionen zu Grunde liegende Selbsterkenntnis der ewigen Wahrheit. Für denjenigen, welcher die verschiedenen Religionssysteme mit einander vergleicht, giebt es keines, dessen Schriften der Beachtung nicht wert wäre. Dies ist noch mehr in Bezug auf den Theosophen der Fall; da er nicht allein den Inhalt dieser verschiedenen Lehren kennen lernen, sondern, was für ihn viel wichtiger ist, sie auf sich selbst anwenden will, um den Zweck seines Daseins zu erfüllen. Dieser Zweck kann, wie wir alle wissen, nur zusammen mit der Menschheit als Ganzes und nicht als ein von ihr abgesondertes Einzelnes erreicht werden. Die Evolution des göttlichen Menschen ist nicht, Lotnsbltithen LV.

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234

wie diejenige des Tieres, ein Kampf um das

-

Dasein des einzelnen, sondern die Überwin-

dung des Wahnes der »Selbstheit« durch die

wie diejenige des Tieres, ein Kampf um das Dasein des einzelnen, sondern die Überwindung des Wahnes der »Selbstheit« durch die Erkenntnis des Ganzen im wahren Ich; denn nur so wird der göttliche Geist im irdischen Gemüte geboren und die Gottheit in der Menschheit offenbar.

Erkenntnis des Ganzen im wahren Ich; denn

nur so wird der göttliche Geist im irdischen

Gemüte geboren und die Gottheit in der

Menschheit offenbar.

Die höhere menschliche Evolution ist

ethischer Natur und die Ethik ist die Wissen-

schaft der Moral. Die Moral sagt uns, was

wir thun und was wir unterlassen sollen;

die Ethik aber giebt uns den wissenschaft-

lichen Grund dafür an. Unsere Entwicklung

hängt von dem Gehorsam gegen gewisse

Gesetze ab. Die Religionswissenschaft sagt

uns, was diese Gesetze sind. Wenn wir sie

befolgen, so schreiten wir vorwärts; sündigen

wir, so gehen wir zurück. Die wahre Reli-

Die höhere menschliche Evolution ist ethischer Natur und die Ethik ist die Wissenschaft der Moral. Die Moral sagt uns, was wir thun und was wir unterlassen sollen; die Ethik aber giebt uns den wissenschaftlichen Grund dafür an. Unsere Entwicklung hängt von dem Gehorsam gegen gewisse Gesetze ab. Die Religionswissenschaft sagt . uns, was diese Gesetze sind. Wenn wir sie befolgen, so schreiten wir vorwärts; sündigen wir, so gehen wir zurück. Die wahre Religion hat deshalb ihre wissenschaftliche Grundlage, gerade so wie die wahre Wissenschaft ihre religiöse Grundlage, die Erkenntnis der Wahrheit, hat. Eine wahre Religion und eine wahre Wissenschaft können sich nicht widersprechen. Thun sie es, so ist entweder die eine oder die andere falsch. Die Moral wird intuitiv erkannt, so lange diese Erkennt-

gion hat deshalb ihre wissenschaftliche Grund-

lage, gerade so wie die wahre Wissenschaft

ihre religiöse Grundlage, die Erkenntnis der

Wahrheit, hat. Eine wahre Religion und

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eine wahre Wissenschaft können sich nicht

widersprechen. Thun sie es, so ist entweder

die eine oder die andere falsch. Die Moral

wird intuitiv erkannt, so lange diese Erkennt-

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nis nicht durch ein unmoralisches Leben ver-

loren gegangen ist; die Ethik kann aus

Büchern gelernt werden, und sie dient als

nis nicht durch ein unmoralisches Leben verloren gegangen ist: die Ethik kann aus Büchern gelernt werden, und sie dient als eine Stütze für die Moral. Das Studium der Gesetze, auf welche sich Moral und Religion gründen, hat aber nur dann den richtigen Zweck, wenn es uns darum zu thun ist, die Kenntnis, welche wir dadurch erlangen, dazu zu benutzen, um diesen Gesetzen gemäss zu leben. Ohne diese Verwendung ist unser Wissen ein nutzloses Ding, denn wir behalten, nachdem wir den Körper verlassen haben, schliesslich nur dasjenige, was ein Bestandteil unseres Wesens geworden ist, und bringen dies wieder mit uns auf die Welt.

eine Stütze für die Moral. Das Studium der

Gesetze, auf welche sich Moral und Religion

gründen, hat aber nur dann den richtigen

Zweck, wenn es uns darum zu thun ist, die

Kenntnis, welche wir dadurch erlangen, dazu

zu benutzen, um diesen Gesetzen gemäss zu

leben. Ohne diese Verwendung ist unser

Wissen ein nutzloses Ding, denn wir behalten,

nachdem wir den Körper verlassen haben,

schliesslich nur dasjenige, was ein Bestandteil

unseres Wesens geworden ist, und bringen

dies wieder mit uns auf die Welt.

Eines der interessantesten religiösen Bü-

cher, wenn es richtig verstanden wird, ist die

Bibel. Das Studium derselben ist aber mehr

als dasjenige ähnlicher Schriften vernach-

lässigt worden, und der Grund davon ist

wohl unter anderem darin zu suchen, dass

die darin enthaltenen Geheimnisse niemals in

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den Kirchen und Schulen wissenschaftlich

erklärt werden. Wollen wir diese Geheim-

nisse näher kennen lernen, so ist es vor

allem nötig, alle die bisher gebräuchlichen

16*

Eines der interessantesten religiösen Bücher, wenn es richtig verstanden wird, ist die Bibel. Das Studium derselben ist aber mehr als dasjenige ähnlicher Schriften vernachlässigt worden, und der Grund davon ist wohl unter anderem darin zu suchen, dass die darin enthaltenen Geheimnisse niemals in den Kirchen und Schulen wissenschaftlich erklärt werden. Wollen wir diese Geheimnisse näher kennen lernen, so ist es vor allem nötig, alle die bisher gebräuchlichen 16*

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— 236 —

-

und oberflächlichen Erklärungen beiseite zu

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-

lassen und die Bibel im Lichte der Intuition

zu studieren, wobei uns die in der Kabala

und oberflächlichen Erklärungen beiseite zu lassen und die Bibel im Lichte der Intuition zu studieren, wobei uns die in der Kabala enthaltenen Lehren zu Hilfe kommen.

enthaltenen Lehren zu Hilfe kommen.

Die Bibel ist eine Auswahl aus den

Schriften der Juden, und diese Auswahl

wurde vor verhältnismässig kurzer Zeit auf

einem Kirchenkongresse von Personen ge-

troffen , welche dasjenige wählten, was mit

ihren eigenen Ansichten am meisten überein-

zustimmen schien. Das Buch ist deshalb

nicht von Gott inspiriert oder diktiert; wohl

Die Bibel ist eine Auswahl aus den Schriften der Juden, und diese Auswahl wurde vor verhältnismässig kurzer Zeit auf einem Kirchenkongresse von Personen getroffen, welche dasjenige wählten, was mit ihren eigenen Ansichten am meisten übereinzustimmen schien. Das Buch ist deshalb nicht von Gott inspiriert oder diktiert; wohl aber ist sowohl in den ausgewählten, als auch in den nicht angenommenen Teilen dieser Schriften viel hohe Weisheit enthalten; es gehört aber das Auge der Weisheit, die Intuition, dazu, um dieselbe zu finden. Ist sie einmal in den heiligen Schriften irgend einer ~ ation gefunden, so wird sie leicht auch in allen anderen ähnlichen Schriften, ja überall, wo ein grosser Gedanke ausgesprochen ist, leicht entdeckt.

aber ist sowohl in den ausgewählten, als auch

in den nicht angenommenen Teilen dieser

Schriften viel hohe Weisheit enthalten; es

gehört aber das Auge der Weisheit, die In-

tuition, dazu, um dieselbe zu finden. Ist sie

einmal in den heiligen Schriften irgend einer

Nation gefunden, so wird sie leicht auch in

allen anderen ähnlichen Schriften, ja überall,

wo ein grosser Gedanke ausgesprochen ist,

leicht entdeckt.

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Die Bibel ist viel grossartiger und wunder-

barer als man gewöhnlich glaubt. Es ist in

ihr nicht bloss eine Menge von Lebensregeln,

Die Bibel ist viel grossartiger und wunderbarer als man gewöhnlich glaubt. Es ist in ihr nicht blass eine Menge von Lebensregeln,

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sondern ein ganzer Schatz von okkultem

Wissen enthalten. Um dies verständlich zu

machen, ist es nötig, für einen Augenblick

sondern ein ganzer Schatz von okkultem Wissen enthalten. Um dies verständlich zu machen, ist es nötig, für einen Augenblick die Sprache, in welcher der Urtext geschrieben ist, das Hebräische, zu betrachten. Dieselbe gehört, wie auch das Sanskrit, Senzar und teilweise auch das Lateinische zu den sogenannten >heiligen« Sprachen. Der Grund, weshalb diese als »heilig« betrachtet werden, ist nicht nur, weil in diesen Sprachen die heiligen Schriften, d. h. Schri.ften, die von heiligen Dingen handeln, geschrieben sind, sondern der Grund liegt tiefer:

die Sprache, in welcher der Urtext geschrieben

ist, das Hebräische, zu betrachten. Dieselbe

gehört, wie auch das Sanskrit, Senzar und

teilweise auch das Lateinische zu den soge-

nannten »heiligen« Sprachen. Der Grund,

weshalb diese als »heilig« betrachtet werden,

ist nicht nur, weil in diesen Sprachen die

heiligen Schriften, d. h. Schriften, die von

heiligen Dingen handeln, geschrieben sind,

sondern der Grund liegt tiefer:

Die okkulte Wissenschaft lehrt, dass jeder

Gedanke mit bestimmten Tonschwingungen,

Lichtschwingungen und einer bestimmten

Form übereinstimmt oder »korrespondiert«.

Auf diesem Gesetze beruht die Wissenschaft

der wahren Magie.*) Nun existiert beinahe

unter allen Völkern eine alte Überlieferung,

*) Die nähere Erklärung findet sich in der Lehre von

den Tattwas, nach welcher die ganze Welt aus Schwingungen

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von Akäscha besteht, die ursprünglich geistiger, dann

ätherischer Art sind, und schliesslich auf unserer Daseins-

ebene als Schall und Lichterscheinungen, Gefühl, Geschmack

und Geruch wahrnehmbar werden. Siehe: Sankaracharya,

»Tattwa Bodha«.

Die okkulte Wissenschaft lehrt, dass jeder Gedanke mit bestimmten Tonschwingungen, Lichtschwingungen und einer bestimmten Form übereinstimmt oder »korrespondiert«. Auf diesem Gesetze beruht die Wissenschaft der wahren Magie.*) Nun existiert beinahe unter allen Völkern eine alte Überlieferung, *) Die nähere Erklärung findet sich in der Lehre von den Tattwas, nach welcher die ganze Weh aus Schwingungen von Akäscha besteht, die ursprünglich geistiger, dann ätherischer Art sind, und schliesslich auf unserer Daseinsebene als Schall und Lichterscheinungen, Gefühl, Geschmack und Geruch wahrnehmbar werden. Siehe: Sankaracharya, :0 Tattwa Bodha«.

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welche besagt, dass vor uralten Zeiten, als

die Menschen viel geistiger oder ätherischer

waren als jetzt, ihre Sprache genau den Ge-

welche besagt, dass vor uralten Zeiten, als die Menschen viel geistiger oder ätherischer waren als jetzt, ihre Sprache genau den Gedanken, welche sie ausdrücken sollte, angemessen war. Deshalb war auch diese Sprache durch die ihr innewohnenden Kräfte so mächtig, dass sie die Dinge ins Dasein rief, deren Ideen sie ausdrückte.*) Als die Menschen immer mehr durch den Eigendünkel gehärtet und materiell wurden, verdarb auch ihre Sprache, denn ihre Buchstaben oder Worte brachten nicht mehr die Schwingungen im Äther hervor, welche mit den Gedanken, welche sie auszudrücken bestimmt waren, korrespondierte.**) An die Stelle der natürlichen Sprache trat eine mehr oder weniger künstlich gemachte Zusammensetzung von Worten. In einer alten jüdischen Tradition wird gesagt, dass vor dem Sündenfalle die hebräische Sprache okkulte Kräfte besass, und dass sich die Stelle der Bibel, wo es heisst, dass Adam (der himmlische Urmensch)

danken, welche sie ausdrücken sollte, ange-

messen war. Deshalb war auch diese Sprache

durch die ihr innewohnenden Kräfte so mäch-

tig, dass sie die Dinge ins Dasein rief, deren

Ideen sie ausdrückte.*) Als die Menschen

immer mehr durch den Eigendünkel gehärtet

und materiell wurden, verdarb auch ihre

Sprache, denn ihre Buchstaben oder Worte

brachten nicht mehr die Schwingungen im

Äther hervor, welche mit den Gedanken,

welche sie auszudrücken bestimmt waren,

korrespondierte.**) An die Stelle der natür-

lichen Sprache trat eine mehr oder weniger

künstlich gemachte Zusammensetzung von

Worten. In einer alten jüdischen Tradition

wird gesagt, dass vor dem Sündenfalle die

hebräische Sprache okkulte Kräfte besass,

und dass sich die Stelle der Bibel, wo es

heisst, dass Adam (der himmlische Urmensch)

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*) Siehe: Bibel, Johannes I, I u. 3. — Das »Wort«

ist die göttliche Kraft, welche den schöpferischen Gedanken

zum Ausdruck bringt.

**) Heutzutage dient die Sprache mehr dazu, um die

Gedanken zu verbergen, als um dieselben auszudrücken.

*) Siehe: Bibel, Johannes I, I u. 3. - Das »'Vorte ist die göttliche Kraft, welche den schöpferischen Gedanken zum Ausdruck bringt. • **) Heutzutage dient die Sprache mehr dazu, um die

Gedanken zu verbergen, als um dieselben auszudrücken.

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den Tieren Namen gab, darauf bezieht.*)

Nach dem Sündenfalle aber nahm Gott die

Vokale aus der hebräischen Sprache hinweg;

den Tieren Namen gab, darauf bezieht.*) Nach dem Sündenfalle aber nahm Gott die Vokale aus der hebräischen Sprache hinweg; um sie ihrer schöpferischen Kraft zu berauben; damit die sündhaft gewordenen Menschen sie nicht zu bösen Zwecken missbrauchen sollten. Darum hat diese Sprache keine natürlichen V okale, und die Rabbiner mussten dieselben künstlich ersetzen.

um sie ihrer schöpferischen Kraft zu berauben;

damit die sündhaft gewordenen Menschen sie

nicht zu bösen Zwecken missbrauchen sollten.

Darum hat diese Sprache keine natürlichen

Vokale, und die Rabbiner mussten dieselben

künstlich ersetzen.

Auf diesen okkulten Eigenschaften der

Sprache beruht die Wirksamkeit magischer

Worte, Beschwörungen u. dgl.**) Ausserdem

hat die hebräische Sprache noch die Eigen-

schaft, dass jeder Buchstabe einen bestimmten

Zahlenwert hat. Folglich bedeutet auch jedes

Wort eine Summe. Mit jedem Buchstaben

und jeder Zahl hängt aber auch eine be-

stimmte metaphysische oder philosophische

Bedeutung zusammen, und mit jedem Begriff

eine Form oder ein Bild, so dass somit in der

*) I. Moses Ii, 19.

**) Dies ist nicht dahin zu verstehen, dass jeder geist-

Auf diesen okkulten Eigenschaften der Sprache beruht die Wirksamkeit magischer Worte, Beschwörungen u. dg1.**) Ausserdem hat die hebräische Sprache noch die Eigenschaft, dass jeder Buchstabe einen bestimmten Zahlenwert hat. Folglich bedeutet auch jedes Wort eine Summe. Mit jedem Buchstaben und jeder Zahl hängt aber auch eine bestimmte metaphysische oder philosophische Bedeutung zusammen, und mit jedem Begriff eine Form oder ein Bild, so dass somit in der

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lose Mensch magische Wirkungen zu Stande bringen könnte,

wenn man ihm das richtige Wort sagen würde; denn zum

geistigen Schaffen gehört vor allem der innerliche Besitz

der dazu nötigen geistigen Kraft.

*) I. Moses H, 19. **) Dies ist nicht dahin zu verstehen, dass jeder geistlose Mensch magische Wirkungen zu Stande bringen könnte, wenn man ihm das richtige Wort sagen würde; denn zum geistigen Schaffen gehört vor allem der innerliche Besitz der dazu nötigen geistigen Kraft.

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— 2-JO —

Ursprache jedes Wort der wahre Ausdruck

des Wesens ist, welches es darstellt.

Nehmen wir z. B. das Wort Jehovah.

Ursprache jedes Wort der wahre Ausdruck des Wesens ist, welches es darstellt.

Es besteht aus den vier Buchstaben Jod, He,

Vau, He STST. Hiervon bedeutet Jod und He

(synonym) das männliche, befruchtende, und

He das weibliche oder gebärende Prinzip

Nehmen wir z. B. das Wort Jehovah. Es besteht aus den vier Buchstaben Jod, He, Vau, He :-i,:-i\ Hiervon bedeutet Jod und He (synonym) das männliche, befruchtende, und He das weibliche oder gebärende Prinzip in der Natur. Dies erklärt auch den Grund, weshalb in der Schöpfungsgechichte I. Moses, V. 27 gesagt wird: "Männlich und weiblich erschuf er sie." Damit ist nicht gemeint, dass Gott Männer und Weiber von einander getrennt erschaffen habe, sondern dass im Menschen das männliche und das weibliche Wesen vorhanden war. F emer heisst es im Urtext an einer anderen Stelle (I. Moses III, 26): »Da fingen die Menschen an, sich im Namen (in der Kraft) des Herrn (als männlich und weiblich) zu erkennen«; aber die Übersetzer erkannten d~n Sinn dieser Worte nicht, und änderten dieselben nach ihrem Gutdünken in »da riefen die Menschen den Namen des Herrn an«.

in der Natur. Dies erklärt auch den Grund,

weshalb in der Schöpfungsgechichte I. Moses,

V. 27 gesagt wird: „Männlich und weiblich

erschuf er sie." Damit ist nicht gemeint,

dass Gott Männer und Weiber von einander

getrennt erschaffen habe, sondern dass im

Menschen das männliche und das weibliche

Wesen vorhanden war. Ferner heisst es im

Urtext an einer anderen Stelle (I.MosesIII, 26):

»Da fingen die Menschen an, sich im Namen

(in der Kraft) des Herrn (als männlich und

weiblich) zu erkennen«; aber die Übersetzer

erkannten den Sinn dieser Worte nicht, und

änderten dieselben nach ihrem Gutdünken in

»da riefen die Menschen den Namen des

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Herrn an«.

Stellen wir uns nun vor, dass dieses Wort

Jehovah das männliche und das weibliche

Prinzip auf allen Daseinsstufen bedeute, so

Stellen wir uns nun vor, dass dieses Wort J ehovah das männliche und das weibliche Prinzip auf allen Daseinsstufen bedeute, so

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fehlt noch immer dasjenige, was den Men-

schen bewusst und intelligent macht, das

Feuer des Bewusstseins, der Geist. Dies

fehlt noch immer dasjenige, was den Menschen bewusst und intelligent macht, das Feuer des Bewusstseins, der Geist. Dies wird im Hebräischen durch den Buchstaben Schin ~, ein flammenartiges Ding, dargestellt. Wird dieser Buchstabe in die Mitte des Wortes Jehovah gesetzt, so haben wir: Jod, He, Schin, Vau, He, ~,t:~\ d. h. J esus, nämlich das männliche und weibliche Prinzip, mit dem Feuer des geistigen Bewusstseins begabt.

wird im Hebräischen durch den Buchstaben

Schin o, ein flammenartiges Ding, darge-

stellt. Wird dieser Buchstabe in die Mitte

des Wortes Jehovah gesetzt, so haben wir:

Jod, He, Schin, Vau, He, Sncrr d. h. Jesus,

nämlich das männliche und weibliche Prinzip,

mit dem Feuer des geistigen Bewusstseins

begabt.

Auf diese Art zeigt jeder Name in der

Bibel das Wesen des Dinges, welches er dar-

stellt, an, d. h. diese Namen sind nicht Zu-

sammensetzungen von Buchstaben, denen man

(sowie in modernen Sprachen) durch gegen-

seitiges Übereinkommen eine gewisse Bedeu-

tung unterschiebt, sondern der Name selbst

ist der Ausdruck der dem Dinge, welches

er vorstellt, zu Grunde liegenden Kraft und

Idee, sowie der Zahlenverhältnisse seiner

Eigenschaften.

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Nehmen wir ein anderes Beispiel: Der

Name Moses ist aus einem Mim und Schin

zusammengesetzt. Mim »bedeutet das Wässe-

Auf diese Art zeigt jeder Name in der Bibel das W E::sen des Dinges, welches er darstellt, an, d. h. diese Namen sind nicht Zusammensetzungen von Buchstaben, denen man (sowie in modernen Sprachen) durch gegenseitiges Übereinkommen eine gewisse Bedeutung unterschiebt, sondern der Name selbst ist der Ausdruck der dem Dinge, welches er vorstellt, zu Grunde liegenden Kraft und Idee, sowie der Zahlenverhältnisse seiner Eigenschaften.

rige, Schin ö das Feurige. Mim ist das

Nehmen wir ein anderes Beispiel: Der Name Moses ist aus einem Mim und Schin zusammengesetzt. Mim ~ bedeutet das Wässerige, Schin W das Feurige. Mim ist das

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— 242 —

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gebärende Prinzip. Fast in allen Sprachen

-

fängt das Wort, welches »Mutter« bezeichnet,

mit einem M an (mater, mere, madre,

gebärende Prinzip. Fast in allen Sprachen fängt das Wort, welches »Mutter« bezeichnet, mit einem M an (mater, mere, madre, mother etc.). Der Buchstabe M hat etwas Wellenartiges an sich, ähnlich wie der Aquarius im Zodiac. Die Mutter von Jesus ist Maria, und Maya der Name der Mutter von fast allen übrigen Welterlösern. M ist das Symbol des wässerigen Elementes im Menschen, d. h. seines Gemütes oder der sich bewegenden Gedankenwelt. S bedeutet, wie oben bemerkt, das Feurige, das Selbstbewusstsein, die Liebe. Liebe und Erkenntnis vereinigt bilden die Weisheit, d. h. dasjenige Prinzip, dessen Besitz den Weisen oder Adepten auszeichnet, oder die Verbindung von Geist und Materie, wie sie im doppelten Dreieck z) sinnbildlich dargestellt ist

mother etc.). Der Buchstabe M hat etwas

Wellenartiges an sich, ähnlich wie der Aqua-

rius im Zodiac. Die Mutter von Jesus ist

Maria, und Maya der Name der Mutter von

fast allen übrigen Welterlösern. M ist das

Symbol des wässerigen Elementes im Men-

schen, d. h. seines Gemütes oder der sich

bewegenden Gedankenwelt. S bedeutet, wie

oben bemerkt, das Feurige, das Selbstbe-

wusstsein, die Liebe. Liebe und Erkenntnis

vereinigt bilden die Weisheit, d. h. dasjenige

Prinzip, dessen Besitz den Weisen oder

Adepten auszeichnet, oder die Verbindung

von Geist und Materie, wie sie im doppelten

Dreieck E^X sinnbildlich dargestellt ist.

Diese Beispiele werden genügen, um an-

zudeuten, welche Geheimnisse in den hebräi-

schen Worten der Bibel verborgen sind.

Diese Geheimnisse sind mitunter so wichtig,

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dass es demjenigen, der sie erkennt, klar wird,

dass sie absichtlich verhüllt wurden, da ein

Verständnis der Kräfte, auf welche sie sich

beziehen, zu ihrem Missbrauche führen kann.

Diese Beispiele werden genügen, um anzudeuten, welche Geheimnisse in den hebräischen Worten der Bibel verborgen sind. Diese Geheimnisse sind mitunter so wichtig, dass es demjenigen, der sie erkennt, klar wird, . dass sie absichtlich verhüllt wurden, da ein Verständnis der Kräfte, auf welche sie sich beziehen, zu ihrem Missbrauche führen kann.

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— 243 —

-

Aber auch ein grosser Teil der Geheim-

lehre ist in den Zahlenwerten der biblischen

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Namen enthalten, und die Kabala ist nicht,

Aber auch ein grosser Teil der Geheimlehre ist in den Zahlenwerten der biblischen Namen enthalten, und die Kabala ist nicht, wie manche unwissenden »Gelehrten« glauben, eine Spielerei mit Namen und Nummern, sondern für denjenigen, der sie begreift, eine heilige Wissenschaft.

wie manche unwissenden »Gelehrten« glau-

ben, eine Spielerei mit Namen und Nummern,

sondern für denjenigen, der sie begreift, eine

heilige Wissenschaft.

Es ist z. B. auch den Nichteingeweihten

bekannt, dass das erste Buch Moses eine zwei-

fache Bedeutung hat. Es sind darin zwei

verschiedene Schöpfungsgeschichten enthalten.

In der einen werden die Pflanzen und Tiere

vor, in der anderen erst nach dem Menschen

erschaffen. Diesen anscheinenden Wider-

spruch klärt die Geheimlehre auf. Die eine

Geschichte bezieht sich auf eine »Runde«,

die andere auf eine ganze Manvantara oder

einen Tag Brahmas. Ferner wird im ersten

Kapitel die Schöpfung den Elohim (göttlichen

Es ist z. B. auch den Nichteingeweihten bekannt, dass das erste Buch Moses eine zweifache Bedeutung hat. Es sind darin zwei verschiedene Schöpfungsgeschichten enthalten. In der einen werden die Pflanzen und Tiere vor, in der anderen erst nach dem Menschen erschaffen. Diesen anscheinenden Widerspruch klärt die Geheimlehre auf. Die eine Geschichte bezieht sich auf eine »Runde«, die andere auf eine ganze Manvantara oder einen Tag Brahmas. Ferner wird im ersten Kapitel die Schöpfung den Elohim (göttlichen Intelligenzen) und im zweiten dieselbe Jehovah zugeschrieben. Für denjenigen, der hierzu den Schlüssel nicht hat, ist dies nicht zu erklären; für den Kabalisten erklärt es sich von selbst. Da wird das Universum, solange es im Nichtoffenbaren verborgen war, und ehe die Offenbarung des Werdens darin zu

Intelligenzen) und im zweiten dieselbe Jehovah

zugeschrieben. Für denjenigen, der hierzu

den Schlüssel nicht hat, ist dies nicht zu er-

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klären; für den Kabalisten erklärt es sich

von selbst. Da wird das Universum, solange

es im Nichtoffenbaren verborgen war, und

ehe die Offenbarung des Werdens darin zu

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dämmern begann, mit einem grenzenlosen

-

Kreise verglichen, in dessen unendlichem

Raume alles enthalten, und doch nichts unter-

dämmern begann, mit einem grenzenlosen Kreise verglichen, in dessen unendlichem Raume alles enthalten, und doch nichts unterschieden war, ähnlich wie alle Zahlen aus der Null (welche keine Beziehungen hat) entspringen, sobald in ihr die Eins offenbar wird. Ein »Kreis« oder Peripherie wird dabei nur deshalb angenommen, um ein Bild des U nvorstellbaren in das Bereich unserer V orstellung zu bringen. Wenn nun die Eins im unendlichen Nichts (im Absoluten) sich offenbart, so haben wir -den zum Kreise nötigen Mittelpunkt und den Durchmesser. Die unendliche Einheit stellt sich uns nun als eine Dreiheit in der Einheit, als ein Kreis dar, dessen Peripherie endlos, dessen Mittelpunkt überall ist, und dessen Inhalt das Ganze erfüllt. Das Verhältnis des Durchmessers zum Kreise. ist aber, wie bekannt, die sogenannte »Ludolfische Zahl«: 3,1415 ...., und \venn wir die Zahlenverhältnisse der Buchstaben des Wortes Elohim betrachten, so finden wir darin diese Zahl. J ehovah bedeutet somit das Universum in seinem männlichen und weiblichen Aspekte (Vater und Mutter), die Elohim die darin schaffenden geistigen Kräfte, Jeho-sch-vah (Jehoschua

schieden war, ähnlich wie alle Zahlen aus

der Null (welche keine Beziehungen hat) ent-

springen, sobald in ihr die Eins offenbar wird.

Ein »Kreis« oder Peripherie wird dabei nur

deshalb angenommen, um ein Bild des Un-

vorstellbaren in das Bereich unserer Vor-

stellung zu bringen. Wenn nun die Eins

im unendlichen Nichts (im Absoluten) sich

offenbart, so haben wir den zum Kreise

nötigen Mittelpunkt und den Durchmesser.

Die unendliche Einheit stellt sich uns nun

als eine Dreiheit in der Einheit, als ein Kreis

dar, dessen Peripherie endlos, dessen Mittel-

punkt überall ist, und dessen Inhalt das Ganze

erfüllt. Das Verhältnis des Durchmessers

zum Kreise ist aber, wie bekannt, die so-

genannte »Ludolf1sche Zahl«: 3,1415 und

wenn wir die Zahlenverhältnisse der Buch-

staben des Wortes Elohim betrachten, so

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finden wir darin diese Zahl. Jehovah be-

deutet somit das Universum in seinem männ-

lichen und weiblichen Aspekte (Vater und

Mutter), die Elohim die darin schaffenden

geistigen Kräfte, Jeho-sch-vah (Jehoschua

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oder Jesus) das geistige Selbstbewusstsein

(den Sohn).

Aber auch die Geschichte des Kosmos ist

oder J esus) das geistige Selbstbewusstsein (den Sohn).

in den Zahlen geheimnissen der Bibel ent-

halten. So heisst es z. B. in I. Moses VI, 3:

»Der Herr sprach: Mein Geist wird nicht für

immer mit dem Menschen ringen; hierfür ist

er auch Fleisch; aber die Zahl seiner Tage

soll hundertundzwanzig sein.« Über den Sinn

Aber auch die Geschichte des Kosmos ist in den Zahlengeheimnissen der Bibel enthalten. So heisst es z. B. in I. Moses VI, 3: ~Der Herr sprach: Mein Geist wird nicht für immer mit dem Menschen ringen; hierfür ist er auch Fleisch; aber die Zahl seiner Tage soll hundertundzwanzig sein.« Über den Sinn dieses V erses könnten sich die Theologen lange die Köpfe zerbrechen. Die Geheimlehre klärt uns darüber auf. Nach derselben ist die Zahl 4,320 (mit noch einigen Nullen) die Zahl für die meisten okkulten Zeitperioden (Cyklen) in der Natur. Ein»Tag« im okkulten Sinne ist eintausend Jahre. Die Bibel sagt: »Bei dem Herrn sind tausend Jahre wie ein Tag.« Die tausend Jahre mit 120 multipliziert giebt 120,000. Das Jahr im okkulten Sinne hat 360 Tage, entsprechend den 360 Graden des Kreises. 360 X 120,000 = 43,200,000. Nun ist aber 4,320,000,000 die Zahl eines Manvantaras, oder einer Evolutionsperiode, während deren die Welt der Formen entsteht und vergeht. Sind die 120 »Jabre« zu Ende, so ist es auch für diese Schöpfung

dieses Verses könnten sich die Theologen

lange die Köpfe zerbrechen. Die Geheimlehre

klärt uns darüber auf. Nach derselben ist

die Zahl 4,320 (mit noch einigen Nullen) die

Zahl für die meisten okkulten Zeitperioden

(Cyklen) in der Natur. Ein »Tag« im okkul-

ten Sinne ist eintausend Jahre. Die Bibel

sagt: »Bei dem Herrn sind tausend Jahre wie

ein Tag.« Die tausend Jahre mit 120 multi-

pliziert giebt 120,000. Das Jahr im okkulten

Sinne hat 360 Tage, entsprechend den 360

Graden des Kreises. 360 X 120,000 =

43,200,000. Nun ist aber 4,320,000,000 die

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Zahl eines Manvantaras, oder einer Evolutions-

periode, während deren die Welt der Formen

entsteht und vergeht. Sind die 120 »Jahre«

zu Ende, so ist es auch für diese Schöpfung

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mit den menschlichen Organismen und ihrer

Evolution vorbei und die Nacht (Pralaya)

tritt ein, während der sich der Geist Gottes

in sich selbst zurückzieht und ruht.

mit den menschlichen Organismen und ihrer. Evolution vorbei und die Nacht (Pralaya) tritt ein, während der sich der Geist Gottes in sich selbst zurückzieht und ruht.

Als ferneren Beweis für die Richtigkeit

dieser Auffassung finden wir im fünften Ka-

pitel des ersten Buches »Moses« die Alter der

zehn »Patriarchen« von Adam bis Noah, d. h.

die Länge von den zehn Zeitperioden in der

Schöpfungsgeschichte bis zur »Sündflut« an-

gegeben. Rechnen wir dieselben zusammen,

so erhalten wir einen Zeitraum von . 1656

(okkulten) Jahren, d. h. von 596,160,000 Jahren

Als ferneren Beweis für die Richtigkeit dieser Auffassung finden wir im fünften Kapitel des ersten Buches »Moses« die Alter der zehn »Patriarchen« von Adam bis N oah, d. h. die Länge von den zehn Zeitperioden in der Schöpfungsgeschichte bis zur »Sündflut« angegeben. Rechnen wir dieselben zusammen, so erhalten wir einen Zeitraum von. 1656 . (okkulten) Jahren, d. h. von 596,160,000 Jahren nach der gewöhnlichen Zeitrechnung. Diese Summe durch 25920 geteilt, welche der Zahl der Jahre des durch das Vorrücken des Äquinoktiums gegen Osten verfolgenden Kreislaufes der Sonne durch den Tierkreis is~, giebt uns genau 23,000 solche ÄquinoktialCyklen *), was doch wohl schwerlich dem »Zufalle« zugeschrieben werden kann. Die zehn Patriarchen bedeuten somit etwas mehr als zehn Familienväter in der Geschichte der Juden; sie sind vielmehr zehn Zustände

nach der gewöhnlichen Zeitrechnung. Diese

Summe durch 25920 geteilt, welche der Zahl

der Jahre des durch das Vorrücken des Äqui-

noktiums gegen Osten verfolgenden Kreis-

laufes der Sonne durch den Tierkreis ist,

giebt uns genau 23,000 solche Äquinoktial-

Cyklen*), was doch wohl schwerlich dem

»Zufalle« zugeschrieben werden kann. Die

zehn Patriarchen bedeuten somit etwas mehr

als zehn Familienväter in der Geschichte der

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Juden; sie sind vielmehr zehn Zustände

*) Vergl. IV. Moses XXVI, 62, und I. Korinth. X, 8.

*) Vergl. IV. Moses XXVI, 62, und I. Korinth. X, 8.

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des Weltalls, von denen jeder durch Jahr-

tausende währte, ehe die Seele der Welt reif

war, den Gottesgedanken, den Erlöser, zu

des Weltalls, von denen jeder durch Jahrtausende währte, ehe die Seele der Welt reif war, den Gottesgedanken , den Erlöser, zu empfangen. Die kabalistische Berechnung der Alter der einzelnen Patriarchen vor der Flut, sowie derjenigen nach der Flut, sowie das Studium der Bedeutung der Namen derselben eröffnet uns ein unübersehbares Gebiet der Weltgeschichte aus »vorgeschichtlicher« Zeit.

empfangen. Die kabalistische Berechnung der

Alter der einzelnen Patriarchen vor der Flut,

sowie derjenigen nach der Flut, sowie das

Studium der Bedeutung der Namen derselben

eröffnet uns ein unübersehbares Gebiet der

Weltgeschichte aus »vorgeschichtlicher« Zeit.

Alles hier bisher Erwähnte soll nicht den

Zweck haben, irgend etwas Einzelnes aus-

führlich zu beweisen, sondern dem Leser nur

einen Einblick in die Grundlagen der Kabala

zu geben und auf die grossartige Bedeutung

hinzuweisen, welche die Bibel für denjenigen

hat, der sie zu erforschen versteht. Wer

dieses Studium unternehmen will, den müssen

wir auf die Lehrbücher der Kabala und auf

die »Geheimlehre« verweisen. Die biblische

Geschichte ist nicht die Geschichte eines

einzelnen Volkes, sondern die Evolutionsge-

schichte des Weltalls und der Menschheit.

Alles hier bisher Erwähnte soll nicht den Zweck haben, irgend etwas Einzelnes ausführlich zu beweisen, sondern dem Leser nur einen Einblick in die Grundlagen der Kabala zu geben und auf die grossartige Bedeutung hinzuweisen, welche die Bibel für denjenigen hat, der sie zu erforschen versteht. Wer dieses Studium unternehmen will, den müssen wir auf die Lehrbücher der Kabala und auf die »Geheimlehre« verweisen. Die biblische Geschichte ist nicht die Geschichte eines einzelnen Volkes, sondern die Evolutionsgeschichte des Weltalls und der Menschheit. Sie stellt uns sinnbildlich die Erfahrungen dar, welche die Seele zu machen hat, um zum individuellen Bewusstsein und zur U nsterblichkeit zu gelangen. Es giebt keine

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Sie stellt uns sinnbildlich die Erfahrungen

dar, welche die Seele zu machen hat, um

zum individuellen Bewusstsein und zur Un-

sterblichkeit zu gelangen. Es giebt keine

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Stelle in der Bibel, die nicht auf ein grosses

Geheimnis in der Natur Bezug hat.

Betrachten wir z. B. die Geschichte vom

Stelle in der Bibel, die nicht auf ein grosses Geheimnis in der Natur Bezug hat.

Falle des Menschen und seiner Erlösung,

welcher wir unter verschiedenen Formen in

jedem Religionssysteme begegnen, vom

Standpunkte der Kabala, so finden wir in

ihr die grossartigste und erhebendste Be-

schreibung der ewigen Geschichte der

Betrachten wir z. B. die Geschichte vom Falle des Menschen und seiner Erlösung, welcher wir unter verschiedenen Formen in jedem Religionssysteme begegnen, vom Standpunkte der Kabala, so finden \vir in ihr die grossartigste und erhebendste Beschreibung der ewigen Geschichte der Menschheit; während die ganz oberflächliche und kleinliche kirchliche Erklärung eher dazu dient, das Bewusstsein der Menschenwürde zu erniedrigen, als es zu erheben. Wir sehen in dieser Geschichte die Beschreibung des Herniedersteigens des göttlichen Geistes in die Materie und die Erlösung der Menschheit durch die in derselben offenbar werdende Kraft der Erkenntnis und Liebe. In der griechischen Mythologie finden wir sie als die Erzählung von Prometheus , welcher der Menschheit das Feuer (des göttlichen Bewusstseins) vom Himmel brachte und dadurch an den Felsen (die Materie) gefesselt wurde. Gleicherweise ist auch die »Schlange im Paradiese« die Lichtbringerin, welche dafür verurteilt wird im Staube zu kriechen.

Menschheit; während die ganz oberflächliche

und kleinliche kirchliche Erklärung eher da-

zu dient, das Bewusstsein der Menschenwürde

zu erniedrigen, als es zu erheben. Wir sehen

in dieser Geschichte die Beschreibung des

Herniedersteigens des göttlichen Geistes in

die Materie und die Erlösung der Mensch-

heit durch die in derselben offenbar werdende

Kraft der Erkenntnis und Liebe. In der

griechischen Mythologie finden wir sie als

die Erzählung von Prometheus, welcher

der Menschheit das Feuer (des göttlichen

Bewusstseins) vom Himmel brachte und da-

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durch an den Felsen (die Materie) gefesselt

wurde. Gleicherweise ist auch die »Schlange

im Paradiese« die Lichtbringerin, welche

dafür verurteilt wird im Staube zu kriechen.

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Die Sünde musste in die Welt kommen,

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damit der Mensch das Gute vom Bösen

-

unterscheiden lerne, und der Geist musste

sich im Menschen verkörpern, um in ihm

Die Sünde musste in die Welt kommen, damit der Mensch das Gute vom Bösen unterscheiden lerne, und der Geist musste sich im Menschen verkörpern, um in ihm selbstbewusst und offenbar zu werden. Die tierischen Formen mussten sich bis zu einem gewissen Grade entwickeln, ehe sie reif genug waren, um den göttlichen Geist in sich aufzunehmen. Erst als die »Töchter der Erde« schön waren, verbanden sich die »Söhne des Himmels« mit ihnen. *)

selbstbewusst und offenbar zu werden. Die

tierischen Formen mussten sich bis zu einem

gewissen Grade entwickeln, ehe sie reif

genug waren, um den göttlichen Geist in

sich aufzunehmen. Erst als die »Töchter der

Erde« schön waren, verbanden sich die

»Söhne des Himmels« mit ihnen.*)

Der Geheimlehre zufolge war der Mensch,

ehe er die Sünde kennen lernte, ein schönes,

unschuldiges, aber auch unwissendes äthe-

risches Wesen. Er war sündlos; nicht weil

er die Sünde (den Egoismus) überwunden

hatte, sondern weil er sie nicht kannte. Er

musste die Sünde kennen lernen, um den

Kampf mit ihr aufzunehmen und sie zu be-

siegen. Nur dadurch erlangte er seine geistige,

selbstbewusste Individualität. Der Sieg über

das Böse konnte nur gewonnen werden durch

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die Erkenntnis des Guten. Die »Kinder

Israels« mussten zuerst von »irdischen Schlan-

*) L Moses VI, 2.

Lotusblttthen LV.

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Der Geheimlehre zufolge war der Mensch, ehe er die Sünde kennen lernte, ein schönes, unschuldiges, aber auch unwissendes ätherisches Wesen. Er war sündlos; nicht weil er die Sünde (den Egoismus) überwunden hatte, sondern weil er sie nicht kannte. Er musste die Sünde kennen lernen, um den Kampf mit ihr aufzunehmen und sie zu besiegen. Nur dadurch erlangte er seine geistige, selbstbewusste Individualität. Der Sieg über das Böse konnte nur gewonnen werden durch die Erkenntnis des Guten. Die 1> Kinder Israels« mussten zuerst von »irdischen Schlan*) J. Moses VI, Lotueblllthen LV.

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2.

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— 250 —

25°

gen« (Leidenschaften) gebissen werden, ehe

sie den Blick zur »ehernen Schlange« (der

-

Weisheit) erhoben. Ein Lichtstrahl der gött-

gen« (Leidenschaften) gebissen werden, ehe sie den Blick zur :.ehernen Schlange« (der Weisheit) erhoben. Ein Lichtstrahl der göttlichen Weisheit, welche. Christus, der Erlöser, ist, senkte sich in das Gemüt der Menschheit und vergass dort seine Göttlichkeit. (Gott starb im Menschen, um den Menschen zum Leben zu erwecken.) Aber wenn der göttliche Funke im Menschen seine Wohnung genommen hat, so kann er darin entflammen, und durch seine Offenbarung im Innern den Menschen zur wahren Erkenntnis bringen. Der göttliche Geist zieht die niederen Seelenkräfte zu sich empor, und dies ist die Vereinigung des Göttlichen mit dem Menschlichen, die »Hochzeit zu Kanaan«, wobei das »Wasser« des irdischen Gedankens durch die Kraft der Liebe in den »Wein« der Erkenntnis verwandelt wird. So wird die erlösende Erkenntnis aus dem »Wasser« geboren; so entsteigt Venus dem Ocean. So findet die unbefleckte Empfängnis des heiligen Geistes in der reinen Menschenseele statt; so erscheint der Erlöser. Nicht im fernen Palästina, noch in den Schneegebirgen des Himalaya 'wird er geboren, sondern in dem Herzen und Gemüte der Menschen. Wir sind die Formen,

lichen Weisheit, welche Christus, der Erlöser,

ist, senkte sich in das Gemüt der Menschheit

und vergass dort seine Göttlichkeit. (Gott

starb im Menschen, um den Menschen zum

Leben zu erwecken.) Aber wenn der gött-

liche Funke im Menschen seine Wohnung

genommen hat, so kann er darin entflammen,

und durch seine Offenbarung im Innern den

Menschen zur wahren Erkenntnis bringen.

Der göttliche Geist zieht die niederen Seelen-

kräfte zu sich empor, und dies ist die Ver-

einigung des Göttlichen mit dem Mensch-

lichen, die »Hochzeit zu Kanaan«, wobei das

»Wasser« des irdischen Gedankens durch die

Kraft der Liebe in den »Wein« der Erkennt-

nis verwandelt wird. So wird die erlösende

Erkenntnis aus dem »Wasser« geboren; so

entsteigt Venus dem Ocean. So findet die

unbefleckte Empfängnis des heiligen Geistes

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in der reinen Menschenseele statt; so erscheint

der Erlöser. Nicht im fernen Palästina, noch

in den Schneegebirgen des Himalaya wird

er geboren, sondern in dem Herzen und Ge-

müte der Menschen. Wir sind die Formen,

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in welchen das Licht offenbar werden kann;

Christus ist das Licht, welches jedermann

leuchtet, der in die Welt kommt; er ist selber

das alleinige Licht der ganzen Welt, das Licht

in welchen 'das Licht offenbar werden kann; Christus ist das Licht, welches jedermann leuchtet, der in die Welt kommt; er ist selber das alleinige Licht der ganzen Welt, das Licht der Weisheit, ohne welches niemand Weisheit erlangen kann,

der Weisheit, ohne welches niemand Weis-

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heit erlangen kann.

Ii*

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Die

Erkenntnislehre der Bhagavad Gita.

Im Lichte der Geheimlehre betrachtet.

(Fortsetzung.)

II.

Der irdische nnd der himmlische Mensch.

Um den Inhalt der Bhagavad Gita in

seinem ganzen Umfange würdigen zu können,

ist es nötig, dieselbe im Zusammenhange mit

den übrigen Büchern der Veden zu studieren;

denn die darin in Betracht gezogene Gottes-

weisheit bezieht sich nicht auf nur einen ein-

zigen Teil oder auf eine Klasse von Gegen-

Die

ständen in der Natur, sondern auf das Ganze.

Die Erkenntnis des Wesens eines einzigen

Erkenntnislehre der Bhagavad Gita.

Dinges ist durch die Erkenntnis des Wesens

des Ganzen bedingt, und erst wer die ganze

Einheit des Wesens in allem erkennt, dem

Im Lichte der Geheimlehre betrachtet. Generated for John Patrick Deveney (University of Chicago) on 2014-11-22 18:07 GMT / http://hdl.handle.net/2027/hvd.hnue9i Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www.hathitrust.org/access_use#pd-us-google

Wortsetzung.}

11.

Der ir4lisehe und der himmlisehe Menseh. Um den Inhalt der Bhagavad Gita in seinem ganzen Umfange würdigen zu können, ist es nötig, dieselbe im Zusammenhange mit den übrigen Büchern der Veden zu studieren; denn die darin in Betracht gezogene Gottesweisheit bezieht sich nicht auf nur einen einzigen Teil oder auf eine Klasse von Gegenständen in der Natur, sondern auf das Ganze. Die Erkenntnis des Wesens eines einzigen Dinges ist durch die Erkenntnis des Wesens des Ganzen bedingt, und erst wer die ganze Einheit des Wesens in allem erkennt, dem

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wird ihre Offenbarung in den individuellen

Kräften, Formen und Erscheinungen klar.

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Die Lehre der Bhagavad Gita bezieht sich

wir.d ihre Offenbarung in den individuellen Kräften, Formen und Erscheinungen klar. Die Lehre der Bhagavad Gita bezieht sich auf alles; auf Gott, Himmel und Erde, oder mit anderen Worten, auf die alleinige Gottheit und ihre Vielheit der Offenbarungen in der unsichtbaren und sichtbaren Natur, die Entstehung der Welt und die Evolution ihrer Formen, das Reich der Götter und Dämonen, sowie die Wesen welche die unsichtbare Mittelregion der "Astralebene" bewohnen. Sie behandelt die siebenfältige Konstitution des Weltalls und des Menschen, seine himmlische Abstammung, den Zweck seines Daseins. den Weg, den er zu wandeln hat, wenn er zum Ziele gelangen will, die dazu nötigen Wiederverkörperungen in irdischen Leibern und das Gesetz des Karma oder der Notwendigkeit, welches seine Schicksale leitet und demzufolge er stets dasjenige erntet, was er gesäet hat; bis dass er, durch die in ihm zur Kraft gewordene göttliche Liebe erlöst, von seinem vergänglichen "Selbst" und damit auch von den Gebrechen desselben frei wird. Sie lehrt uns den Ursprung des Bösen, das unsterbliche Dasein des Guten und die Notwendigkeit des Bösen, da man

auf alles; auf Gott, Himmel und Erde, oder

mit anderen Worten, auf die alleinige Gott-

heit und ihre Vielheit der Offenbarungen in

der unsichtbaren und sichtbaren Natur, die

Entstehung der Welt und die Evolution ihrer

Formen, das Reich der Götter und Dämonen,

sowie die Wesen, welche die unsichtbare

Mittelregion der „Astralebene" bewohnen.

Sie behandelt die siebenfältige Konstitution

des Weltalls und des Menschen, seine himm-

lische Abstammung, den Zweck seines Da-

seins, den Weg, den er zu wandeln hat, wenn

er zum Ziele gelangen will, die dazu nötigen

Wiederverkörperungen in irdischen Leibern

und das Gesetz des Karma oder der Not-

wendigkeit, welches seine Schicksale leitet

und demzufolge er stets dasjenige erntet, was

er gesäet hat; bis dass er, durch die in ihm

I

zur Kraft gewordene göttliche Liebe er-

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löst, von seinem vergänglichen „Selbst" und

damit auch von den Gebrechen desselben

frei wird. Sie lehrt uns den Ursprung des

Bösen, das unsterbliche Dasein des Guten

und die Notwendigkeit des Bösen, da man

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-

nur durch Überwindung desselben zur Er-

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kenntnis des Guten gelangen kann, gerade

so wie man den Wert des Lichtes nicht

nur durch Überwindung desselben zur Erkenntnis des Guten gelangen kann, gerade so wie man den Wert des Lichtes nicht schätzen lernen könnte, wenn es kein Dunkel gäbe, um es davon zu unterscheiden.

schätzen lernen könnte, wenn es kein Dunkel

gäbe, um es davon zu unterscheiden.

Wenn aber, wie es ja immer wieder der

Fall ist, gefragt wird, durch was sich die

Wahrheit dieser Lehren beweisen lasse, so

ist die Antwort darauf: »Vor allem durch

die zur Erkenntnis der Wahrheit gekommene

Vernunft.« Eine Erkenntnis der göttlichen

Geheimnisse in der Natur ist nur dem im

Geiste wiedergeborenen Gottmenschen mög-

lich, und wenn die Wahrheit erkannt wird,

Wenn aber, wie es ja immer wieder der Fall ist, gefragt wird, durch was sich die Wahrheit dieser Lehren beweisen lasse, so ist die Antwort darauf:. »Vor allem durch die zur Erkenntnis der Wahrheit gekommene Vernunft.« Eine Erkenntnis der göttlichen Geheimnisse in der Natur ist nur dem im Geiste wiedergeborenen Gottmenschen möglich, und wenn die Wahrheit erkannt wird; so versteht sie sich auch von selbst und bedarf keiner Beweise mehr. Dennoch ist auch die ganze Natur voll von Zeugnissen der Wahrheit für denjenigen, der sie zu lesen versteht. Das zuverlässigste Zeugnis aber muss jeder in sich selbst suchen und finden, rind der Weg dazu wird in der Bhagavad Gita gezeigt. Er besteht in der Überwindung des Irrtums und vor allem in der Überwindung der Täuschung des Selbsts. Wird der Irrtum überwunden, so offenbart sich die Wahrheit in ihrer Klarheit, gerade

so versteht sie sich auch von selbst und be-

darf keiner Beweise mehr. Dennoch ist auch

die ganze Natur voll von Zeugnissen der

Wahrheit für denjenigen, der sie zu lesen

versteht. Das zuverlässigste Zeugnis aber

muss jeder in sich selbst suchen und finden,

und der Weg dazu wird in der Bhagavad

Gita gezeigt. Er besteht in der Überwin-

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dung des Irrtums und vor allem in der

Überwindung der Täuschung des Selbsts.

Wird der Irrtum überwunden, so offenbart

sich die Wahrheit in ihrer Klarheit, gerade

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so wie die Sonne hervortritt, wenn sich die

-

Wolken, die sie verbargen, zerteilen. Wird

die Täuschung der Eigenheit überwunden,

so wie die Sonne hervortritt, wenn sich die Wolken, die sie verbargen, zerteilen. Wird die Täuschung der Eigenheit überwunden, so enthüllt sich das wahre Selbst.

so enthüllt sich das wahre Selbst.

Was ist dieses wahre Selbst? — Die

Bhagavad Gita antwortet darauf: »Es ist

Brahma, das eine, unteilbare Selbst aller

Dinge; das höchste Sein, welches nimmer

vergeht.« Es kann niemandem gezeigt wer-

den, der nicht fähig ist, es zu sehen; das

höchste Dasein wird nur dadurch endgültig

bewiesen, dass man selbst zum Bewusstsein

Was ist dieses wahre Selbst? Die Bhagavad Gita antwortet darauf: »Es ist Brahma, das eine, unteilbare Selbst aller Dinge; das höchste Sein, welches nimmer vergeht. <i: Es kann niemandem gezeigt werden, der nicht fähig ist, es zu sehen; das höchste Dasein wird nur dadurch endgültig bewiesen, dass man selbst zum Bewusstsein des eigenen göttlichen Daseins gelangt. Man kann einem Toten das V orhandensein des Lebens und einem ScWafenden die Möglichkeit des Wachens nicht beweisen; erst wenn man selbst zum Bewusstsein des göttlichen Daseins erwacht, wird es erkannt und bedarf dann keiner Beweise mehr. Das Kind im Mutterleibe könnte sich, auch wenn es zu denken fähig wäre, keine Vorstellung von einem Leben ausserhalb seines Gefängnisses machen; der erwachsene Mensch sehnt sich nicht nach diesem Zustande zurück.

des eigenen göttlichen Daseins gelangt. Man

kann einem Toten das Vorhandensein des

Lebens und einem Schlafenden die Möglich-

keit des Wachens nicht beweisen; erst wenn

man selbst zum Bewusstsein des göttlichen

Daseins erwacht, wird es erkannt und bedarf

dann keiner Beweise mehr. Das Kind im

Mutterleibe könnte sich, auch wenn es zu

denken fähig wäre, keine Vorstellung von

einem Leben ausserhalb seines Gefängnisses

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machen; der erwachsene Mensch sehnt sich

nicht nach diesem Zustande zurück.

Was den Menschen hindert, Gott, sein

wahres Ich zu erkennen, ist die Täuschung

Was den Menschen hindert, Gott, sein wahres Ich zu erkennen, ist die Täuschung

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des persönlichen Selbstwahnes, die ihn ge-

fangen hält. Ohne eine Überwindung dieses

Wahnes ist keine Gotteserkenntnis möglich.

des persönlichen Selbstwahnes , die ihn gefangen hält. Ohne eine Überwindung dieses Wahnes ist keine Gotteserkenntnis möglich. Wie eine Schnecke sich durch keinerlei Anstrengungen das Licht der Sonne verschaffen, oder sich fortbewegen kann, so lange sie in ihrem engen Hause eingekapselt ist, so kann auch das Licht der Gotteserkenntnis nicht zum Bewusstsein derjenigen gelangen, welche in der Beschränktheit gefangen sind, die ihnen der Eigendünkel auferlegt. Brahm ist unteilbar. Das ewige Ich aller Wesen ist nicht in die Wesen verteilt. Die ewige Wahrheit selbst, welche sich in einer unendlichen Vielheit der Erscheinungen offenbart, kann nicht analysiert und in Stücke zerlegt werden. Wer sie erkennen will, der muss seine Sonderheit verlassen; er kann sie nicht zu sich herabziehen; das Grosse hat im Kleinen, die Freiheit in der Beschränktheit keinen Raum. Wer Brabm erkennen will, der muss in das göttliche Dasein eintreten; er muss aus dem Schneckenhause seines persönlichen Selbstbewusstseins in das Licht der Gotteserkenntnis hineinwachsen. Dies geschieht aber nicht durch das Spiel der Phantasie oder der wissenschaftlichen Vorstellung, sondern durch die

Wie eine Schnecke sich durch keinerlei An-

strengungen das Licht der Sonne verschaffen,

oder sich fortbewegen kann, so lange sie in

ihrem engen Hause eingekapselt ist, so kann

auch das Licht der Gotteserkenntnis nicht

zum Bewusstsein derjenigen gelangen, welche

in der Beschränktheit gefangen sind, die

ihnen der Eigendünkel auferlegt. Brahm ist

unteilbar. Das ewige Ich aller Wesen ist

nicht in die Wesen verteilt. Die ewige Wahr-

heit selbst, welche sich in einer unendlichen

Vielheit der Erscheinungen offenbart, kann

nicht analysiert und in Stücke zerlegt werden.

Wer sie erkennen will, der muss seine Sonder-

heit verlassen; er kann sie nicht zu sich herab-

ziehen; das Grosse hat im Kleinen, die Frei-

heit in der Beschränktheit keinen Raum. Wer

Brahm erkennen will, der muss in das gött-

liche Dasein eintreten; er muss aus dem

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Schneckenhause seines persönlichen Selbst-

bewusstseins in das Licht der Gotteserkennt-

nis hineinwachsen. Dies geschieht aber nicht

durch das Spiel der Phantasie oder der wissen-

schaftlichen Vorstellung, sondern durch die

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auflösende Kraft der Liebe zum Guten in

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allem, welche die Kraft des Guten und der

Geist der wahren Erkenntnis ist.

auflösende Kraft der Liebe zum Guten in allem, welche die Kraft des Guten und der Geist der wahren Erkenntnis ist.

Die Persönlichkeit des Menschen ist die

lebendige, denkende und empfindende Form,

in welcher sich der wirkliche, geistige, er-

kennende Mensch zum individuellen Dasein

entwickelt; sie ist aber nicht der wirkliche

Mensch selber, sondern nur dessen Erschei-

nung, die Maske (persona), hinter der sich

Die Persönlichkeit des Menschen ist die lebendige, denkende und empfindende Form, in welcher sich der wirkliche, geistige, erkennende Mensch zum individuellen Dasein entwickelt; sie ist aber nicht der wirkliche Mensch selber, sondern nur dessen Erscheinung, die Maske (persona), hinter der sich der wirkliche Mensch verbirgt. Wer nur sein persönliches Dasein kennt, und wem dieses alles ist, der kann sein wahres Selbst (Gott) nicht erkennen. Für ihn ist ein Aufgeben der Persönlichkeit eine Auflösung im Nichts; aber für den Weisen, der zum wahren Bewusstsein gekommen ist, ist dieseEntsagung ein Eingehen in das Allbewusstsein des göttlichen Geistes im Weltall (Nirwana).

der wirkliche Mensch verbirgt. Wer nur

sein persönliches Dasein kennt, und wem

dieses alles ist, der kann sein wahres Selbst

(Gott) nicht erkennen. Für ihn ist ein Auf-

geben der Persönlichkeit eine Auflösung im

Nichts; aber für den Weisen, der zum wahren

Bewusstsein gekommen ist, ist diese Entsagung

ein Eingehen in das Allbewusstsein des gött-

lichen Geistes im Weltall (Nirwana).

In der Bhagavad Gita heisst es: »Weihe

mir dein Herz, verehre mich, beuge deinen

Eigenwillen vor mir, so wirst du zu mir

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kommen. Wer mich verehrt und meinen

heiligen Geist erkennt, der kann Eins mit mir

werden.« — Der so spricht, ist kein äusser-

licher oder Kirchengott, kein vom Menschen

In der Bhagavad Gita heisst es: »Weihe mir dein Herz, verehre mich, beuge deinen Eigenwillen vor mir, so wirst du zu mir kommen. Wer mich verehrt und meinen heiligen Geist erkennt, der kann Eins mit mir werden.« - Der so spricht, ist kein äusserlicher oder Kirchengott, kein vom Menschen

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abgesondertes Wesen, keiner, der sich um die

persönlichen Angelegenheiten der Menschen

bekümmert, oder den man durch Bitten und

abgesondertes Wesen, keiner, der sich um die persönlichen Angelegenheiten der Menschen bekümmert, oder den man durch Bitten und Argumente bewegen kann, seinen Willen zu ändern, sondern das im nichterleuchteten Menschen schlummernde Gottesbewusstsein, welches im erleuchteten Menschen erwacht ist, und wodurch der Mensch zur Erkenntnis seines wahren göttlichen Daseins gelangt. Es ist derselbe Gott, welcher in der Bibel sagt: »Kommet alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.« Wer seine Selbstheit aufgiebt und im wahren Selbstbewusstsein seine Zuflucht findet, der verlässt mit seiner Eigenheit auch alle die Leiden und Drangsale und findet Ruhe und Seligkeit im unendlichen »Ich«.

Argumente bewegen kann, seinen Willen zu

ändern, sondern das im nichterleuchteten

Menschen schlummernde Gottesbewusstsein,

welches im erleuchteten Menschen erwacht

ist, und wodurch der Mensch zur Erkenntnis

seines wahren göttlichen Daseins gelangt. Es

ist derselbe Gott, welcher in der Bibel sagt:

»Kommet alle zu mir, die ihr mühselig und

beladen seid; ich will euch erquicken.« Wer

seine Selbstheit aufgiebt und im wahren

Selbstbewusstsein seine Zuflucht findet, der

verlässt mit seiner Eigenheit auch alle die

Leiden und Drangsale und findet Ruhe und

Seligkeit im unendlichen »Ich«.

Zufrieden ist der Mensch in der Regel

erst dann, wenn er sich selbst vergisst. Des-

halb sucht er nach Zerstreuung und Zeitver-

treib, und sucht sich selbst und das, was ihn

bedrückt, zu vergessen. Aber eine Zerstreu-

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ung ist kein Eingehen in eine höhere Stufe

der Erkenntnis. Diese wird nicht durch Zer-

streuung, sondern durch innerliche Sammlung

und Erhebung erreicht.

Zufrieden ist der Mensch in der Regel erst dann, wenn er sich selbst vergisst. Deshalb sucht er nach Zerstreuung und Zeitvertreib, und sucht sich selbst und das, was ihn bedrückt, zu vergessen. Aber eine Zerstreuung ist kein Eingehen in eine höhere Stufe der Erkenntnis. Diese wird nicht durch Zerstreuung, sondern durch innerliche Sammlung und Erhebung erreicht.

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Um dieses klar zu machen, dazu ist es

nötig zu wissen, dass der Mensch fähig ist,

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in verschiedene Bewusstseinszustände, in

Um dieses klar zu machen, dazu ist es nötig zu wissen, dass der Mensch fähig ist, in verschiedene Bewusstseinszustände , in höhere sowohl als in niedere einzugehen, und dies führt uns zu einer Betrachtung der siebenfältigen Konstitution des Menschen: Nach der indischen Lehre, deren Ursprung aber auf die alten Atlantier zurückgeführt werden kann, ist die ganze Welt eine Offenbarung des göttlichen Allbewusstseins, welches auf den verschiedenen Daseinsebenen sich verschiedenartig, je nach den Bedingungen, die es in den vorhandenen Formen findet, offenbar wird. Wie aber jeder Mystiker weiss, ist die kleine Welt, welche »der Mensch« genannt wird, ein getreues Abbild des Makrokosmos, oder der Welt im Grossen , und es sind daher auch in ihm diese verschiedenen Bewusstseinsformen, »Daseinsebenen« oder Welten zu unterscheiden. Auch sind diese Bewusstseinszustände gänzlich von einander verschieden; so wie z. B. das Leben während des Traumes ein ganz anderes ist als während des Wachens , und das Bewusstsein eines intelligenten Menschen anders als das einer Pflanze, die ja auch Reizfähigkeit, Empfindung und folglich ein Bewusstsein ihrer Art hat,

höhere sowohl als in niedere einzugehen, und

dies führt uns zu einer Betrachtung der sieben-

fältigen Konstitution des Menschen:

Nach der indischen Lehre, deren Ursprung

aber auf die alten Atlantier zurückgeführt

werden kann, ist die ganze Welt eine Offen-

barung des göttlichen Allbewusstseins, wel-

ches auf den verschiedenen Daseinsebenen

sich verschiedenartig, je nach den Bedingun-

gen, die es in den vorhandenen Formen fin-

det, offenbar wird. Wie aber jeder Mystiker

weiss, ist die kleine Welt, welche »der Mensch«

genannt wird, ein getreues Abbild des Makro-

kosmos, oder der Welt im Grossen, und es

sind daher auch in ihm diese verschiedenen

Bewusstseinsformen, »Daseinsebenen« oder

Welten zu unterscheiden. Auch sind diese

Bewusstseinszustände gänzlich von einander

verschieden; so wie z. B. das Leben während

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des Traumes ein ganz anderes ist als während

des Wachens, und das Bewusstsein eines

intelligenten Menschen anders als das einer

Pflanze, die ja auch Reizfähigkeit, Empfindung

und folglich ein Bewusstsein ihrer Art hat,

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selbst wenn sie nicht die Fähigkeit selber zu

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denken besitzt. Diese Bewusstseinszustände

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-

existieren im Menschen nicht zu gleicher Zeit

nebeneinander, sondern sie sind vergleichbar

selbst wenn sie nicht die Fähigkeit selber zu denken besitzt. Diese Bewusstseinszustände existieren im Menschen nicht zu gleicher Zeit nebeneinander, sondern sie sind vergleichbar mit den Stufen einer Leiter, welche der Mensch selber ist, und auf welcher er auf- und absteigen kann. Tritt er in den einen Zustand seines Bewusstseins ein, so verlässt er den andern; >öffnet sich das Auge des Geistes in ihm, so verschwindet die Sinneswelt ; zieht die äussere Welt durch seine Sinneswahrnehmungen in sein Bewusstsein ein, so schliesst sich das Auge Gottes in ihm«. Der Fuss der Leiter, auf welcher er steht, ruht im Schmutze des Materiellen; ihr oberer Teil erstreckt sich ins Reich des Idealen, welches aber, wenn er die oberste Stufe erreicht, aufhört ein biosses Ideal zu sein und als das einzig Reale erkannt wird. Solange diese Stufe der Erkenntnis nicht von dem Forscher selbst erreicht wird, gehört auch für ihn das Ideale trotz aller Vorstellungen und Beweise nur in das Reich der Phantasie.

mit den Stufen einer Leiter, welche der Mensch

selber ist, und auf welcher er auf- und ab-

steigen kann. Tritt er in den einen Zustand

seines Bewusstseins ein, so verlässt er den

andern; »öffnet sich das Auge des Geistes in

ihm, so verschwindet die Sinneswelt; zieht

die äussere Welt durch seine Sinneswahr-

nehmungen in sein Bewusstsein ein, so

schliesst sich das Auge Gottes in ihm«. Der

Fuss der Leiter, auf welcher er steht, ruht

im Schmutze des Materiellen; ihr oberer Teil

erstreckt sich ins Reich des Idealen, welches

aber, wenn er die oberste Stufe erreicht, auf-

hört ein blosses Ideal zu sein und als das

einzig Reale erkannt wird. Solange diese

Stufe der Erkenntnis nicht von dem Forscher

selbst erreicht wird, gehört auch für ihn das

Ideale trotz aller Vorstellungen und Beweise

nur in das Reich der Phantasie.

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Sankaracharya, der indische Meister,

unterscheidet vier solcher Bewusstseinsstufen

oder Welten:

San kar ach ar y a, der indische Meister, unterscheidet vier solcher Bewusstseinsstufen oder Welten:

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2ÖI —

-

1. Das absolute Bewusstsein oder die

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Gotteswelt. (Parabrahm.)

2. Das relative göttliche Bewusst-

Das absolute Bewusstsei~ oder die Gotteswelt. (Parabrahm.)

sein oder die himmlische Welt. (Brahma.)

I.

3. Das Astralbewusstsein, die Mittel-

region oder „Geisterwelt".

4. Das persönliche Bewusstsein oder

Das relative göttliche Bewusstsein oder die himmlische Welt. (Brahma.)

die materielle Welt, deren äusserliche

2.

Offenbarung der sichtbare Mensch und das

Reich der körperlichen Erscheinungen ist.

In diesen vier Daseinsstufen ist das per-

3. Das Astralbewusstsein, die Mittelregion oder "Geisterwelt". 4. Das persönliche Bewusstsein oder die materielle Welt, deren äusserliche Offenbarung der sichtbare Mensch und das Reich der körperlichen Erscheinungen ist.

sönliche Bewusstsein ein Abglanz des Be-

wusstseins der Seele, das Bewusstsein der

Seele ein Abglanz des himmlischen Geistes,

und das geistige Bewusstsein eine Wieder-

spiegelung des Absoluten im Himmlischen.

Es folgt hieraus, dass man, um sich vom

persönlichen Bewusstsein zu Gott zu erheben,

erst von einer Stufe zur andern hinaufwachsen

muss, und dass, wenn ein Mensch sich ein-

bildet, zur Gotteserkenntnis gekommen zu

sein, ohne zuerst die dazwischen liegenden

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Stufen überschritten zu haben, dies ein Irr-

tum und ein Spiel der Phantasie ist. Die

In diesen vier Daseinsstufen ist das persönliche Bewusstsein ein Abglanz des Bewusstseins der Seele, das Bewusstsein der Seele ein Abglanz des himmlischen Geistes, und das geistige Bewusstsein eine Wiederspiegelung des Absoluten im Himmlischen. Es folgt hieraus, dass man, um sich vom persönlichen Bewusstsein zu Gott zu erheben, erst von einer Stufe zur andem hinaufwachsen muss, und dass, wenn ein Mensch sich einbildet, zur Gotteserkenntnis gekommen zu sein, ohne zuerst die dazwischen liegenden Stufen überschritten zu haben, dies ein Irrtum und ein Spiel der Phantasie ist. Die Phantasie hat Flügel, vermittelst deren sie sich zu einer beliebigen Höhe aufschwingen

Phantasie hat Flügel, vermittelst deren sie

sich zu einer beliebigen Höhe aufschwingen

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kann; aber die Evolution des Menschen

macht keine Bocksprünge, sondern so wie

sich die irdische Form des Menschen erst

kann; aber die Evolution des Menschen macht keine Bocksprünge, sondern so wie sich die irdische Form des Menschen erst aus dem Mineral- und Pflanzenreich zum Könige des Tierreichs entwickeln musste, wie aus dem Wurm ein Reptil, aus dem Reptil ein V ogel, aus dem V ogel ein Säugetier wurde und schliesslich nicht der Mensch - wohl aber die menschliche Form entstand, so muss der diese Form bewohnende innere Mensch sich von einer Stufe des Bewusstseins zur andern emporarbeiten, wobei er immer die tiefere Stufe als Unterlage benützt, um zur höheren zu gelangen; vorausgesetzt, dass von einem wirklichen selbstbewussten Aufsteigen zu einem höheren Dasein die Rede ist. *)

aus dem Mineral- und Pflanzenreich zum

Könige des Tierreichs entwickeln musste,

wie aus dem Wurm ein Reptil, aus dem

Reptil ein Vogel, aus dem Vogel ein Säuge-

tier wurde und schliesslich — nicht der

Mensch — wohl aber die menschliche Form

entstand, so muss der diese Form bewohnende

innere Mensch sich von einer Stufe des Be-

wusstseins zur andern emporarbeiten, wobei

er immer die tiefere Stufe als Unterlage be-

nützt, um zur höheren zu gelangen; voraus-

gesetzt, dass von einem wirklichen selbst-

bewussten Aufsteigen zu einem höheren Da-

sein die Rede ist.*)

Ferner lehrt uns die Geheimlehre, dass

in der menschlichen Natur sieben Prinzipien

*) Wie z. B. ein Mensch schnell in einen tiefen Schlaf

verfallen kann, ohne erst in einen Traumzustand zu ver-

sinken, so kann auch die Seele nach dem Tode des Körpers

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schnell in den himmlischen Zustand eingehen, ohne viel mit

der Mittelregion (Kama loca) in bewusste Berührung zu

kommen; aber in beiden Fällen ist von keiner Höher-

entwickelung, sondern nur von einer Veränderung des Da-

seins die Rede.

Ferner lehrt uns die Geheimlehre, dass in der menschlichen Natur sieben Prinzipien *) Wie z. B. ein Mensch schnell in einen tiefen Schlaf

,·erfallen kann t ohne erst in einen Traumzustand zu versinken, so kann auch die Seele nach dem Tode des Körpers schnell in den himmlischen Zustand eingehen, ohne viel mit der Mitlelregion (Kama loca) in bewusste Berührung zu kommen; aber in beiden Fällen ist von keiner Höherentwickelung , sondern nur von einer Veränderung des Daseins die Rede.

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oder Kräfte, zu einem Wesen verbunden,

unterschieden werden können, nämlich:

Dar (1.Der göttliche Geist (Atma).

oder Kräfte, zu einem Wesen verbunden. unterschieden werden können, nämlich:

unsterb-J 2 Die himmlische Seele (Buddhi).

liehe 1 _

Teil. (3. Das erleuchteteGemüt) Höhere 1

{I.

> undniedere WManas).

4. Der irdische VerstandJSeelenkräfteJ

5. Der Astralkörper (Kama).

6. Die Lebenskraft (Prana).

7. Der ätherische materielle Körper, dessen

äussere Erscheinung der sichtbare Körper ist.

Der Der göttliche Geist (Atma). ~ 2. Die himmlische Seele (Buddhi). Tetl 3· Das erleuchteteGemüt} Höhere } •

Der

und niedere

(M a n a s).

4· Der irdischeVerstand Seelenkräfte ~::- S. D~r Astralkörper (Kama). Tell. 6. Die Lebenskraft (Prana). (I?ieli~herson c • 7. Der ätherisch e ma terielle Körp er. dessen keit.) äussere Erscheinung der sichtbare Körper ist. Dir

sterb-

liche

Teil.

(DiePer-

sönlich-

keit.)

Wie wir sehen, ist in dieser mystischen

Einteilung der grob materielle Körper des

Wie wir sehel}, ist in dieser mystischen Einteilung der grob materielle Körper des Menschen gar nicht mit inbegriffen, weil er nur das Haus ist, welches der Mensch bewohnt und ohne diesen Bewohner auch kein eigenes Leben oder Bewusstsein hat.

Menschen gar nicht mit inbegriffen, weil er

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nur das Haus ist, welches der Mensch be-

wohnt und ohne diesen Bewohner auch kein

eigenes Leben oder Bewusstsein hat.

Von diesen sieben Prinzipien gehören die

oberen drei dem Gottmenschen an. Sie bilden

die unteilbare Dreiheit von Erkenntnis, Er-

kenner und Erkanntem, die „heilige Drei-

faltigkeit". Der göttliche Geist gehört der

Gotteswelt, die himmlische Seele und das er-

leuchtete Gemüt der Himmelswelt, die niede-

ren Seelenkräfte und der Astralkörper der

Mittelregion (Astralebene) und die Lebens-

Von diesen sieben Prinzipien gehören die oberen drei dem Gottmenschen an. Sie bilden die unteilbare Dreiheit von Erkenntnis, Erkenner und Erkanntem, die ,,heilige Dreifaltigkeit". Der göttliche Geist gehört der Gotteswelt, die himmlische Seele und das erleuchtete Gemüt der Himmelswelt, die niederen Seelenkräfte und der Astralkörper der Mittelregion (Astralebene) und die Lebenskraft (eine Wiederspiegelung des Geistes), sowie der materielle Körper der Welt des

kraft (eine Wiederspiegelung des Geistes),

sowie der materielle Körper der Welt des

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Materiellen an. Gemüt und Verstand aber

bilden die menschliche Seele, und hier findet

Materiellen an. Gemüt und Verstand aber bilden die menschliche Seele, und hier findet der Kampf statt zwischen den höheren und niederen Seelenkräften, den Kurus und Pandavas, welcher in der Bhagavad Gita beschrieben ist Im obersten Teile der Seele (des Bewusstseins) hat Krischna, der Gottmensch, seinen Thron, der untere Teil wird von den »Pharisäern und Buchstabengelehrten « von Vorurteilen, tierischen Instinkten und Begierden, Asuras und Dämonen bewohnt Je mehr sich aber der Verstand dem göttlichen Lichte nähert, um so mehr wird er erleuchtet und nimmt an dessen Unsterblichkeit teil. Geht er in dieses Licht ein, so ist dieses Eingehen nicht eine »Auflösung im Nichts«, sondern ein Aufgehen der Gotteserkenntnis in ihm, ohne dass er deshalb seine Individualität verliert; wie ja auch ein Mensch nur dadurch Vernunft erlangen kann, dass er zur Vernunft kommt. Die Vemunft ist nur eine einzige, aber der unvernünftigen Menschen sind viele.

der Kampf statt zwischen den höheren und

niederen Seelenkräften, den Kurus und Pan-

da vas, welcher in der Bhagavad Gita be-

schrieben ist. Im obersten Teile der Seele

(des Bewusstseins) hat Krischna, der Gott-

mensch, seinen Thron, der untere Teil wird

von den »Pharisäern und Buchstabengelehr-

ten« von Vorurteilen, tierischen Instinkten

und Begierden, Asuras und Dämonen bewohnt.

Je mehr sich aber der Verstand dem gött-

lichen Lichte nähert, um so mehr wird er er-

leuchtet und nimmt an dessen Unsterblichkeit

teil. Geht er in dieses Licht ein, so ist dieses

Eingehen nicht eine »Auflösung im Nichts«,

sondern ein Aufgehen der Gotteserkenntnis

in ihm, ohne dass er deshalb seine Individua-

lität verliert; wie ja auch ein Mensch nur da-

durch Vernunft erlangen kann, dass er zur

Vernunft kommt. Die Vernunft ist nur eine

einzige, aber der unvernünftigen Menschen

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sind viele.

Es werden hier eine Menge Fragen auf-

tauchen, welche nicht innerhalb des uns ge-

statteten Raumes beantwortet werden können;

Es werden hier eine Menge Fragen auftauchen, welche nicht innerhalb des uns gestatteten Raumes beantwortet werden können;

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aber je mehr der Wunsch zur wahren Selbst-

erkenntnis erwacht, wozu ihm in der Bha-

gavad Gita die Mittel angegeben sind, um

aber je mehr der Wunsch zur wahren Selbsterkenntnis erwacht, wozu ihm in der Bhagavad Gita die Mittel angegeben sind, um so mehr wird ihm alles Obige· auch ohne viele Erklärungen von selbst klar werden.

so mehr wird ihm alles Obige auch ohne

viele Erklärungen von selbst klar werden.

Wir wissen, dass der irdische Mensch

kein von der grossen Natur getrenntes und

alleinstehendes Wesen ist. Sein Körper ist

dem Wesen nach Eins mit der Natur der

Erde, die er bewohnt, und aus den Elemen-

ten dieser Natur gebildet. Nur während

seines Lebens auf Erden stellt er eine Er-

scheinung dar, die von den übrigen Erzeug-

nissen der Natur verschieden erscheint. Stirbt

Wir wissen, dass der irdische Mensch kein von der grossen Natur getrenntes und alleinstehendes Wesen ist. Sein Körper ist dem Wesen nach Eins mit der Natur der Erde, die er bewohnt, und aus den Elementen dieser Natur gebildet. Nur während seines Lebens auf Erden stellt er eine Erscheinung dar, die von den übrigen Erzeugnissen der Natur verschieden erscheint. Stirbt er, so gehen die Elemente, aus denen diese Erscheinung bestand, wieder zu ihrem U rsprung zurück und treten dann wieder in anderen Gestalten ins Dasein. Ebenso ist die Selbsttäuschung des Menschen, welche der nicht zur Erkenntnis der Wahrheit ge~ommene Mensch für sein »Selbstbewusstsein« hält, ein Irrtum; denn diese Täuschung entspringt aus seiner Wahrnehmung der Vielheit der Erscheinungen, in welchen er das Wesen, welches sie Alle zu Einem verbindet, nicht erkennt. Tritt er in die wahre Erkenntnis ein, so ver-

er, so gehen die Elemente, aus denen diese

Erscheinung bestand, wieder zu ihrem Ur-

sprung zurück und treten dann wieder in

anderen Gestalten ins Dasein. Ebenso ist die

Selbsttäuschung des Menschen, welche der

nicht zur Erkenntnis der Wahrheit gekommene

Mensch für sein »Selbstbewusstsein« hält, ein

Irrtum; denn diese Täuschung entspringt aus

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seiner Wahrnehmung der Vielheit der Er-

scheinungen, in welchen er das Wesen, welches

sie Alle zu Einem verbindet, nicht erkennt.

Tritt er in die wahre Erkenntnis ein, so ver-

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liert er dadurch nicht seine geistige Indi-

-

vidualität, die er sich mit vieler Mühe er-

rungen hat, sondern er erkennt sich selbst

liert er dadurch nicht seine geistige Individualität, die er sich mit vieler Mühe errungen hat, sondern er erkennt sich selbst als eine Einheit in der Einheit; Eins in seinem Bewusstsein mit Gott, verschieden von anderen göttlichen Wesen in der Erscheinung. Die göttliche illusion der Selbstheit hört erst dann auf, wenn am Ende eines Kalpa der ganz zu Gott gewordene Mensch wieder zu seinem ,Ursprunge (zu sich selbst) zurückkehrt. *)

als eine Einheit in der Einheit; Eins in seinem

Bewusstsein mit Gott, verschieden von anderen

göttlichen Wesen in der Erscheinung. Die

göttliche Illusion der Selbstheit hört erst

dann auf, wenn am Ende eines Kalpa der

ganz zu Gott gewordene Mensch wieder zu

seinem Ursprunge (zu sich selbst) zurück-

kehrt. *)

Von einem »Selbst«, das von anderen

»Selbstheiten« getrennt ist, kann nur so lange

die Rede sein, als noch von einander ge-

trennte Leiber, seien sie nun materieller oder

verklärter Natur, vorhanden sind, in denen

das Gottesbewusstsein wirkt. Das Gottes-

bewusstsein selbst aber ist nur ein einziges;

es ist das Allbewusstsein im Weltall, welches

im geistig erleuchteten Menschen zum wah-

ren Selbstbewusstsein gelangt.

Sankaracharya unterscheidet fünf solcher

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»Leiber« oder »Hüllen« (Koschas), welche

den göttlichen Geist im Menschen bekleiden:

*) Bhagavad Gita IX, 7. — Vergl. Sankara-

Von einem »Selbst«, das von anderen »Selbstheiten« getrennt ist, kann nur so lange die Rede sein, als noch von einander getrennte Leiber, seien sie nun materieller oder verklärter Natur, vorhanden sind, in denen das Gottesbewusstsein wirkt. Das Gottesbewusstsein selbst aber ist nur ein einziges; es ist das Allbewusstsein im Weltall, welches im geistig erleuchteten Menschen zum wahren Selbstbewusstsein gelangt.

charya, »Tattwa Bodha«, 1. Teil, XXIV, S. 31.

Sankaracharya unterscheidet fünf solcher »Leiber« oder »Hüllen« (Koschas), welche den göttlichen Geist im Menschen bekleiden: *) Bhagavad Gita IX, 7. Vergl. Sankaracharya, »Tattwa Bodha«, I. Teil, XXIV, S. 31.

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1. Annamaya Koscha. Die materielle

Erscheinung.

2. Pranamaya Koscha. Die Lebens-

Annamaya Koscha. Erscheinung.

erscheinung.

1.

3. Manomaya Koscha. Der »Gedan-

kenleib«.

4. Vidschnanamaya Koscha. Die

Die materielle

Pranamaya Koscha. Die Lebenserscheinung. 3. Manomaya Koscha. Der »Gedan-

»Form der Erkenntnis«.

2.

5. Anandamaya Koscha. Die Form

des seligen Daseins.

»Maya« ist so viel wie »Bild« oder »Vor-

stellung«. Unsere eigene Persönlichkeit ist,

wie Schopenhauer ausgeführt hat, ein Produkt

kenleib~.

von Wille und Vorstellung des uns inne-

wohnenden »Ichs«. »Koscha« heisst »Scheide«

oder »Hülle«. So lange noch eine Vorstellung

4. Vidschnanamaya Koscha. »Form der Erkenntnis«.

von »Selbst«, wäre es auch im Himmel, vor-

handen ist, so lange bringt diese Vorstellung

ein Bild, ein Wesen, eine Erscheinung her-

Die

vor, wenn auch diese Leiber sehr von unse-

5. Anandamaya Koscha. des seligen Daseins.

ren irdischen verschieden, und je nach der

Natur des Planeten, den sie bewohnen, oder

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der Daseinsstufe, auf welcher sie sich befin-

Die Form

den, beschaffen sind. Von diesen fünf »Lei-

» M a y ac

ist so viel wie »Bild« oder »Vorstellung«. Unsere eigene Persönlichkeit ist, wie Schopenhauer ausgeführt hat, ein Produkt von Wille und Vorstellung des uns innewohnenden »Ichs«. »Koscha« heisst »Scheide« oder »Hülle«. So lange noch eine Vorstellung von »Selbst«, wäre es auch im Himmel, vorhanden ist, so lange bringt diese Vorstellung ein Bild, ein Wesen, eine Erscheinung hervor, wenn auch diese Leiber sehr von unseren irdischen verschieden, und je nach der Natur des Planeten, den sie bewohnen, oder . der Daseinsstufe , auf welcher sie sich befinden, beschaffen sind. Von diesen fünf »Leibern« gehört der erste der irdischen Welt, der zweite und dritte der ,Astralwelt , der

bern« gehört der erste der irdischen Welt,

der zweite und dritte der Astralwelt, der

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vierte und fünfte der himmlischen Welt oder

-

Bewusstseinsebene an. Im höchsten absoluten

Bewusstsein (der Gotteswelt) aber existiert

vierte und fünfte der himmlischen Welt oder Bewusstseinsebene an. Im höchsten absoluten Bewusstsein (der Gotteswelt) aber existiert keine Form, wovon sich jeder selbst überzeugen kann, wenn er sich in sein innerstes Bewusstsein, wo alle Vorstellungen a~hören, versenkt. In dem reinen Urquell aller Dinge ist alles Eins; er ist selbst Alles, er ist der Erkenner und das Erkannte und die Erkenntnis in Einem. Es ist nichts ausser ihm, und was ausser ihm zu sein scheint, ist nur ein Schein; er aber ist das Wesen.

keine Form, wovon sich jeder selbst über-

zeugen kann, wenn er sich in sein innerstes

Bewusstsein, wo alle Vorstellungen aufhören,

versenkt. In dem reinen Urquell aller Dinge

ist alles Eins; er ist selbst Alles, er ist der

Erkenner und das Erkannte und die Erkennt-

nis in Einem. Es ist nichts ausser ihm, und

was ausser ihm zu sein scheint, ist nur ein

Schein; er aber ist das Wesen.

Jede dieser Daseinsstufen hat ihre eigene

Wahrnehmungs- und Empfindungsfähigkeit,

die nichts mit derjenigen der anderen zu

schaffen hat; und was man in einem dieser

Zustände wahrnimmt, erscheint als Wirklich-

keit, so lange man in demselben ist. Im

wachen Zustande erkennen wir die Täuschun-

gen unserer Träume; während des Träumens

halten wir die Traumvorstellungen für Wirk-

lichkeit und können uns vom wachen Zu-

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stande gar keinen Begriff machen, weil uns

die urteilende Vernunft dabei abhanden ge-

kommen ist . So weiss auch die Seele im

Himmel nichts von alledem, was auf der

Jede dieser Daseinsstufen hat ihre eigene \Vahrnehmungs- und Empfindungsfähigkeit, die nichts mit derjenigen der anderen zu schaffen hat; und was man in einem dieser Zustände wahrnimmt, erscheint als Wirklichkeit, so lange man in demselben ist. Im wachen Zustande erkennen wir die Täuschungen unserer Träume; während des Träumens halten wir die Traumvorstellungen für Wirklichkeit und können uns vom wachen Zustande gar keinen Begriff machen, weil uns die urteilende Vernunft dabei abhanden gekommen ist. So weiss auch die Seele im Himmel nichts von alledem , was auf der

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Erde vorgeht, wohl aber ist alle die Herr-

-

lichkeit, mit der sie sich umgeben sieht, und

die sie sich durch ihre guten Gedanken und

Erde vorgeht, wohl aber ist alle die Herrlichkeit, mit der sie sich umgeben sieht, und die sie sich durch ihre guten Gedanken und Thaten geschaffen hat, für sie eine Wirklichkeit. Auch die Bewohner der Astralebene wissen von uns ebenso wenig als wir von ihnen, es sei denn, dass gewisse ~erdge­ bundene Geister«, die sich in einem Traumzustande befinden, der demjenigen des Menschen zwischen Schlafen und Wachen ähnlich ist, sich durch irgend welche Begierden nach unserer materiellen Ebene angezogen fühlen, und mit den Menschen in Verbindung treten, wovon die, wenn auch vielfach missverstandenen Phänomene der Spiritisten Zeugnis geben. Dass nur wenige dieser spiritistischen Phänomene von verstorbenen Menschen herrühren, mag nebenbei erwähnt werden; jedoch gehört eine Auseinandersetzung der verschiedenen Ursachen, durch welche dieselben erzeugt werden, auf ein anderes Blatt. Derjenige hingegen, der zur Vereinigung mit seinem göttlichen Selbst gelangt ist, findet sich nicht mehr an die Zustände seines persönlichen »Ichs« gebunden; er ist frei in der Selbsterkenntnis der Wahrheit und sein BewUsstsein unabhängig von dem Bewusstsein

Thaten geschaffen hat, für sie eine Wirklich-

keit. Auch die Bewohner der Astralebene

wissen von uns ebenso wenig als wir von

ihnen, es sei denn, dass gewisse »erdge-

bundene Geister«, die sich in einem Traum-

zustande befinden, der demjenigen des Men-

schen zwischen Schlafen und Wachen ähnlich

ist, sich durch irgend welche Begierden nach

unserer materiellen Ebene angezogen fühlen,

und mit den Menschen in Verbindung treten,

wovon die, wenn auch vielfach missverstan-

denen Phänomene der Spiritisten Zeugnis

geben. Dass nur wenige dieser spiritistischen

Phänomene von verstorbenen Menschen her-

rühren, mag nebenbei erwähnt werden; jedoch

gehört eine Auseinandersetzung der verschie-

denen Ursachen, durch welche dieselben er-

zeugt werden, auf ein anderes Blatt. Der-

jenige hingegen, der zur Vereinigung mit

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seinem göttlichen Selbst gelangt ist, findet

sich nicht mehr an die Zustände seines per-

sönlichen »Ichs« gebunden; er ist frei in der

Selbsterkenntnis der Wahrheit und sein Be-

wusstsein unabhängig von dem Bewusstsein

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seiner Persönlichkeit, ob dieselbe nun schläft

oder wacht. Er kann von seiner göttlichen

Höhe alle die tiefergelegenen Daseinsebenen

seiner Persönlichkeit. ob dieselbe nun schläft oder wacht. Er kann vo~ seiner göttlichen Höhe alle die tiefergelegenen Daseinsebenen erkennen, so wie ein Mensch, der auf dem Gipfel eines Berges steht, die unten liegenden Höhen und Thäler überblicken kann; während der unten .stehende sich wohl vorstellen kann, wie es vielleicht oben aussieht; aber dennoch nichts Gewisses darüber weiss, so lange er nicht selbst den Gipfel erreicht hat.

erkennen, so wie ein Mensch, der auf dem

Gipfel eines Berges steht, die unten liegen-

den Höhen und Thäler überblicken kann;

während der unten stehende sich wohl vor-

stellen kann, wie es vielleicht oben aussieht;

aber dennoch nichts Gewisses darüber weiss,

so lange er nicht selbst den Gipfel er-

reicht hat.

Wie bereits gesagt, entspricht ein jedes der

Prinzipien in der Konstitution des Menschen

dem mit ihm korrespondierenden Prinzip in der

grossen Natur und wird von demselben er-

nährt. Der materielle Körper des Menschen

ist aus der materiellen Natur geboren und er-

hält von ihr seine Nahrung. Wenn es ihn

hungert, so sucht er seinen Hunger zu stillen,

und die Natur öffnet ihre Schatzkammer und

befriedigt seine Bedürfnisse. Das Leben des

Menschen wird erhalten durch das Leben in

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. der Natur; seine Instinkte und Leidenschaften

sind die, welche in der Natur herrschen und

im Tierreiche repräsentiert sind. Sie sind

Wie bereits gesagt, entspricht ein jedes der Prinzipien in der Konstitution des Menschen dem mit ihm korrespondierenden Prinzip in der grossen Natur und wird von demselben ernährt. Der materielle Körper des Menschen ist aus der materiellen Natur geboren und erhält von ihr seine Nahrung. Wenn es ihn hungert, so sucht er seinen Hunger zu stillen, und die Natur öffnet ihre Schatzkammer und befriedigt seine Bedürfnisse. Das Leben des Menschen wird erhalten durch das Leben in . der Natur; seine Insti~kte und Leidenschaften sind die, welche in der Natur herrschen und im Tierreiche repräsentiert sind. Sie~ind nicht die Erzeugnisse seines Körpers, wenn

nicht die Erzeugnisse seines Körpers, wenn

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auch der Körper das Werkzeug zu ihrem

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Offenbarwerden ist. Die Habsucht, der Zorn,

der Neid, die Liebe u. s. w. sind dieselben

Kräfte in einem Hunde wie in einem Men-

auch der Körper. das Werkzeug zu ihrem Offenbarwerden ist. Die Habsucht, der Zorn, der Neid, die Liebe u. s. w. sind dieselben Kräfte in einem Hunde wie in einem Mensehen; es giebt nur einen einzigen Drang zum Stehlen oder zum Morden, und er kann in einer Katze so gut wie in einem Menschen sich offenbaren. Diese Kräfte gehören der Astralebene und dem Astralmenschen an, und die Leidenschaft des Einzelnen wird von der Summe der korrespondierenden Kräfte in der Seele der Welt erweckt und genährt; was unter anderem dadurch bestätigt wird, dass moralische Ansteckungen und epidemische Verbrechen ebenso leicht sich ereignen, als physische Ansteckungen und epidemische Krankheiten; wenn auch die medizinische Wissenschaft den betreffenden geistigen »Bacillus« noch nicht entdeckt hat.

schen; es giebt nur einen einzigen Drang

zum Stehlen oder zum Morden, und er kann

in einer Katze so gut wie in einem Menschen

sich offenbaren. Diese Kräfte gehören der

Astralebene und dem Astralmenschen an, und

die Leidenschaft des Einzelnen wird von der

Summe der korrespondierenden Kräfte in der

Seele der Welt erweckt und genährt; was

unter anderem dadurch bestätigt wird, dass

moralische Ansteckungen und epidemische

Verbrechen ebenso leicht sich ereignen, als

physische Ansteckungen und epidemische

Krankheiten; wenn auch die medizinische

Wissenschaft den betreffenden geistigen »Ba-

cillus« noch nicht entdeckt hat.

Ebenso verhält es sich auf der intellek-

tuellen Ebene. Der Geist des Menschen ge-

biert Gedanken, aber er erschafft sie nicht.

Der nach Wissen hungernde Geist sammelt

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Ideen und verbindet sie zu neuen Gedanken.

Die Ideen kommen zu ihm, der sie sucht, so

wie die Leidenschaft zu denjenigen kommt,

Ebenso verhält es sich auf der intellektuellen Ebene. Der Geist des Menschen gebiert Gedanken, aber er erschafft sie nicht. Der nach Wissen hungernde Geist sammelt Ideen und verbindet sie zu neuen Gedanken. Die Ideen kommen zu ihm, der sie sucht, so wie die Leidenschaft zu denjenigen kommt,

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— 272 —

-

die sich ihr überlassen. Die Organisation des

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-

Denkprinzips im Menschen ist ein Produkt

der Gedankenwelt, aus der sie geboren ist.

die sich ihr überlassen. Die Organisation des Denkprinzips im Menschen ist ein Produkt der Gedankenwelt, aus der sie geboren ist. Ideen werden als Keime im Gemüte des Menschen aufgenommen, wachsen und werden gross und· bringen Früchte. Die Gedankenwelt des einzelnen Menschen wird von der Welt der Gedanken im grossen Ganzen genährt. Die Ungläubigkeit der Gelehrten in Bezug auf die Fernwirkung der Gedanken ist heutzutage ein überwundener Standpunkt. Der im Gehirne des einen Menschen ausgeheckte Gedanke kann auf das Gehirn eines anderen wirken und darin zur Reife kommen, wenn er dort einen fruchtbaren Boden findet. Erfinder wissen davon zu erzählen. Wir wissen es, wenn uns ein Gedanke >einflillt«, aber woher unsere Gedanken kommen und wohin sie gehen, dies ist nicht immer leicht zu bestimmen.

Ideen werden als Keime im Gemüte des

Menschen aufgenommen, wachsen und wer-

den gross und bringen Früchte. Die Ge-

dankenwelt des einzelnen Menschen wird von

der Welt der Gedanken im grossen Ganzen

genährt. Die Ungläubigkeit der Gelehrten

in Bezug auf die Fernwirkung der Gedanken

ist heutzutage ein überwundener Standpunkt.

Der im Gehirne des einen Menschen aus-

geheckte Gedanke kann auf das Gehirn eines

anderen wirken und darin zur Reife kommen,

wenn er dort einen fruchtbaren Boden findet.

Erfinder wissen davon zu erzählen. Wir

wissen es, wenn uns ein Gedanke »einfällt«,

aber woher unsere Gedanken kommen und

wohin sie gehen, dies ist nicht immer leicht

zu bestimmen.

Und so wie die übrigen Prinzipien wird

auch die Gotteserkenntnis im Menschen durch

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den Geist der Weisheit im Weltall genährt

und gestärkt. Der göttliche Mensch im

äusserlichen Menschen ist nicht weniger aus

Gott geboren und von ihm ernährt, als der

Und so wie die übrigen Prinzipien wird auch die Gotteserkenntnis im Menschen durch den Geist der Weisheit im Welta11 genährt und gestärkt. Der göttliche Mensch im äusserlichen Menschen ist nicht weniger aus Gott geboren und von ihm ernährt, als der

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äusserliche Mensch aus der irdischen Natur

geboren und von ihr ernährt wird. Wer. nach

der Erkenntnis der Wahrheit hungert, der

äusserliche Mensch aus der irdischen Natur geboren und von ihr ernährt wird. Wer,nach der Erkenntnis der Wahrheit hungert, der findet sie; wer nach Gott hungert, der findet ihn, wenn er ihn am richtigen Orte sucht, Deshalb sagt die Bhagavad Gita: »Gebt dem Göttlichen Nahrung und lasset von ihm euch ernähren. Opfert euch ihm auf. Wenn auf diese Art das eine das andere ernährt, so werdet ihr das höchste Gute erlangen.«*)

findet sie; wer nach Gott hungert, der findet

ihn, wenn er ihn am richtigen Orte sucht. Des-

halb sagt die Bhagavad Gita: »Gebt dem Gött-

lichen Nahrung und lasset von ihm euch er-

nähren. Opfert euch ihm auf. Wenn auf

diese Art das eine das andere ernährt, so

werdet ihr das höchste Gute erlangen.«*)

Dasselbe Gesetz wirkt in allen Reichen

der Natur. Wie in ein luftleeres Gefäss die

Luft einströmt, sobald sie Zugang findet; wie

der Sonnenschein in den Blumenkelch dringt,

sobald sich die Blüte eröffnet; wie Sorge und

Unzufriedenheit in die Seele desjenigen ein-

ziehen, der sich ihnen nicht verschliesst, und

erhabene Gedanken zu demjenigen kommen,

der fähig ist, sie zu empfangen, so strömt

die Liebe Gottes, aus der die Erkenntnis

entspringt, in die Herzen derjenigen ein, die

sich ihr entgegenregen und sie mit Liebe

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empfangen. So bewährt sich der alte Spruch

des Sohar, welcher sagt: »So wie es unten

Dasselbe Gesetz wirkt in allen Reichen der Natur. Wie in ein luftleeres Gefäss die Luft einströmt, sobald sie Zugang findet; wie der Sonnenschein in den Blumenkelch dringt, sobald sich die Blüte eröffnet; wie Sorge und Unzufriedenheit in die Seele desjenigen einziehen, der sich ihnen nicht verschliesst, und erhabene Gedanken zu demjenigen kommen, 'der fähig ist, sie ~zu empfangen, so strömt die Liebe Gottes, aus der die Erkenntnis entspringt, in die Herzen derjenigen ein, die sich ihr entgegenregen und sie mit Liebe empfangen. So bewährt sich der alte Spruch des Sohar, welcher sagt: »So wie es unten

*) Bhagavad Gita III, 11.

*) Bhagavad Gita UI,

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I I.

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ist, ist es auch oben. Alles was auf der Welt

-

existiert, hat sein geistiges Vorbild in der

Überwelt, und es giebt nichts so Unbedeu-

ist, ist es auch oben. Alles was auf der Welt existiert, hat sein geistiges V orbild in der Überwelt, und es giebt nichts so Unbedeutendes auf der Erde, dass es nicht von etwas Höherem abhängig wäre, so dass, wenn das Untere sich regt, das Obere sich ihm entgegenregt. «*)

tendes auf der Erde, dass es nicht von etwas

Höherem abhängig wäre, so dass, wenn das

Untere sich regt, das Obere sich ihm ent-

gegenregt.«*)

Und wie jedes Ding aus der Natur, zu

der es gehört, geboren wird, so kehrt auch

jedes wieder zu dem, woraus es geboren

wurde, zurück; der Körper des Menschen zu

den Elementen, die Lebenskraft zur Lebens-

kraft in der Natur, seine Instinkte und Leiden-

schaften zur Welt der Begierden (Kama

loca), seine Gedanken in die Gedankenwelt,

sein himmlischer Teil zum Himmel (Devachan),

sein göttliches Wesen zu Gott. Derjenige

Teil aber, mit dem er sich während des

Und wie jedes Ding aus der Natur, zu der es gehört, geboren wird, so kehrt auch jedes wieder zu dem, woraus es geboren wurde, zurück; der Körper des Menschen zu den Elementen, die Lebenskraft zur Lebenskraft in der Natur, seine Instinkte und Leidenschaften zur Welt der Begierden (Kama 10 ca), seine Gedanken in die Gedankenwelt, sein himmlischer Teil zum Himmel (Devachan), sein göttliches Wesen zu Gott. Derjenige Teil aber, mit dem er sich während des Lebens durch seinen Willen identifiziert hat, der wird ihn auch nach dem Tode noch in derjenigen Ebene festhalten , zu welcher er gehört, bis er ihn abgestreift hat. :.Alle Welten, « heisst es, » sogar Brahma loca, kehren wieder in ihren Ursprung zurück.

Lebens durch seinen Willen identifiziert hat,

der wird ihn auch nach dem Tode noch in

derjenigen Ebene festhalten, zu welcher er

gehört, bis er ihn abgestreift hat. »Alle

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Welten,« heisst es, »sogar Brahma loca,

kehren wieder in ihren Ursprung zurück.

*) Sohar, Fol. 156, 6.

.

*) Sohar, Fol. 156, 6.

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Wer aber Mich erlangt, wird nicht mehr

wiedergeboren« ;*) und an einer anderen Stelle

sagt die Bhagavad Gita mit Bezug auf die

Wer aber Mich erlangt, wird nicht mehr wiedergeboren« ; *) und an einer anderen Stelle sagt die Bhagavad Gita mit Bezug auf die Gottlosen: »Der Selbstsucht ergeben und der Gewaltthätigkeit, voll Stolz, Wollust und Zorn, hassen diese Lästerer mich, sowohl in ihrem eigenen Wesen, als auch in dem Wesen von anderen. Diese meine erbosten Feinde, die Unheiligen und Gottlosen verstosse ich in den Schoss der Asuras (Dämonen).~**)

Gottlosen: »Der Selbstsucht ergeben und der

Gewaltthätigkeit, voll Stolz, Wollust und Zorn,

hassen diese Lästerer mich, sowohl in ihrem

eigenen Wesen, als auch in dem Wesen von

anderen. Diese meine erbosten Feinde, die

Unheiligen und Gottlosen Verstosse ich in

den Schoss der Asuras (Dämonen).«**)

Dies sind in kurzem die Grundzüge der

Lehre von der zweifachen Natur des Men-

schen, mit welcher Ardschuna zu schaffen

hat, indem er zwischen zwei Pole seines

Wesens, dem Guten und dem Bösen, zwischen

das Ewige und Vergängliche gestellt ist, und

nun zwischen Kampf und ewigem Leben, und

Ohnmacht und Tod zu wählen hat. Es wird

schwer sein, in dieser Lehre, wenn sie ein-

mal begriffen wird, etwas zu finden, was der

gesunden Vernunft widerspricht, und selbst

die Wissenschaft wird, wenn sie aufgeklärt

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ist, schwerlich etwas Anstössiges darin finden.

*) Bhagavad Gita, VIII, 16.

Dies sind in kurzem die Grundzüge der Lehre von der zweifachen Natur des Mensehen, mit welcher Ardschuna zu schaffen hat, indem er zwischen zwei Pole seines Wesens, dem Guten und dem Bösen, zwischen das Ewige und Vergängliche gestellt ist, und nun zwischen Kampf und ewigem Leben, und Ohnmacht und Tod zu wählen hat. Es wird schwer sein, in dieser Lehre, wenn sie einmal begriffen wird, etwas zu finden, was der gesunden Vernunft widerspricht, und selbst die Wissenschaft wird, wenn sie aufgeklärt ist, schwerlich etwas Anstössiges darin finden.

**) Ibid. XVI, 19.

*) Bhagavad Gita, VIII, 16. **) Ibid. XVI, 19.

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27 Ö

Allerdings ist diese Lehre noch nicht jedem

-

bekannt; aber es ist schon öfters vorge-

kommen, dass etwas, das man während eines

Allerdings ist diese Lehre noch nicht jedem bekannt; aber es ist schon öfters vorgekommen, dass etwas, das man während eines Jahrhunderts nicht wusste, oder für einen Aberglauben hielt, im nächsten Jahrhundert als eine hohe Wahrheit erkannt wurde.

Jahrhunderts nicht wusste, oder für einen

Aberglauben hielt, im nächsten Jahrhundert

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als eine hohe Wahrheit erkannt wurde.

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K a r m a.

(Fortsetzung.)

X.

Die Wiederverkörperung.

„Wie ein Mensch, der seine alten Kleider

abgelegt hat, ein neues Gewand anzieht, so

offenbart sich die ewige Wesenheit, wenn die

alten Formen zerbrochen sind, in anderen, sich

neubildenden Formen."

(Bhagavad Gita II, 22.)

Die Wiedergeburt, das heisst die Wieder-

verkörperung der menschlichen Seele in einem

neuen Körper, nachdem sie den alten ver-

Kar m a.

lassen und längere oder kürzere Zeit die

ewige Ruhe genossen hat, ist eine That-

sache, die von den Weisen aller Nationen

seit den ältesten Zeiten erkannt und gelehrt

(FortsetzlIng.)

wurde und auch heutzutage von den grössten

Denkern der Gegenwart geglaubt wird. Wenn

sie in der Bibel nicht ausdrücklich als Dogma

aufgestellt ist, so ist die Ursache davon wohl

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x. Die Wiederverkörperung. "Wie ein Mensch, der seine alten Kleider abgelegt hat, ein neues Gewand anzieht, so offenbart sieh die ewige Wesenheit, wenn die alten Formen zerbrochen sind, in anderen, sieh neubildenden Formen." (Bhagavad Gita 11,22.)

Die Wiedergeburt, das heisst die Wiederverkörperung der menschlichen Seele in einem neuen Körper, nachdem sie den alten verlassen und längere oder kürzere Zeit die eWIge Ruhe genossen hat, ist eine Thatsache, die von den Weisen aller Nationen seit den ältesten Zeiten erkannt und gelehrt wurde und auch heutzutage von den grössten Denkern der Gegenwart geglaubt wird. Wenn sie in der Bibel nicht ausdrücklich als Dogma aufgestellt ist, so ist die Ursache davon wohl

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nur, dass man es damals nicht für nötig hielt,

eine Sache besonders zu betonen, an welcher

ohnehin niemand zweifelte; es wird aber auch

nur, dass man es damals nicht für nötig hielt, eine Sache besonders zu betonen, an welcher ohnehin niemand zweifelte; es wird aber auch in der Bibel mehrfach darauf hingewiesen; so fragen z. B. in Johannes IX. die Jünger, ob es der Mann (in seinem früheren Dasein) selbst verschuldet hätte,. dass er in diesem Leben blind geboren wurde, und an einer anderen Stelle fragen sie Jesus, ob er (m seinem früheren Dasein) Moses oder Elias gewesen sei u. s. w. In Wirklichkeit ist die ganze Lebensgeschichte von J esus die dramatische Darstellung der göttlichen Inkarnation. Aber es ist nicht viel damit gedient, dass man die Lehre von der Reinkarnation bloss für wahr hält, ohne das Gesetz, auf der sie beruht, zu kennen. Ein blindes Fürwahrhalten ist noch keine Erkenntnis; wohl aber kann die Erkenntnis einer Wahrheit nicht eintreten, wenn man die darauf bezügliche Lehre gleich zu Anfang rundweg verwirft.

in der Bibel mehrfach darauf hingewiesen;

so fragen z. B. in Johannes IX die Jünger,

ob es der Mann (in seinem früheren Dasein)

selbst verschuldet hätte, dass er in diesem

Leben blind geboren wurde, und an einer

anderen Stelle fragen sie Jesus, ob er (in

seinem früheren Dasein) Moses oder Elias

gewesen sei u. s. w. In Wirklichkeit ist die

ganze Lebensgeschichte von Jesus die drama-

tische Darstellung der göttlichen Inkarnation.

Aber es ist nicht viel damit gedient, dass

man die Lehre von der Reinkarnation bloss

für wahr hält, ohne das Gesetz, auf der sie

beruht, zu kennen. Ein blindes Fürwahrhalten

ist noch keine Erkenntnis; wohl aber kann

die Erkenntnis einer Wahrheit nicht eintreten,

wenn man die darauf bezügliche Lehre gleich

zu Anfang rundweg verwirft.

Die Lehre von der Reinkarnation ist nicht

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mit der sogenannten »SeelenWanderung« zu

verwechseln, nach welcher, wie es manche

unwissende »Gelehrte« betrachten, ein Mensch

in seinem nächsten Leben als ein Ochs oder

Die Lehre von der Reinkarnation ist nicht mit der sogenannten »Seelenwanderung< zu verwechseln, nach welcher, wie es manche unwissende ~Gelehrte< betrachten, ein Mensch in seinem nächsten Leben als ein Ochs oder

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Esel sich wieder verkörpert; denn eine Seele,

die sich einmal zum Bewusstsein ihrer wahren

Menschenwürde aufgeschwungen hat, würde

Esel sich wieder verkörpert; denn eine Seele, die sich einmal zum Bewusstsein ihrer wahren Menschenwürde aufgeschwungen hat, würde in einem Tierkörper nicht die geeigneten Bedingungen zu ihrer fortschreitenden Entfaltung und Veredelung finden. Auch ist es nicht der persönliche Mensch, gerade so wie er im vorhergehenden Leben war, der sich wieder verkörpert, sondern der göttliche Geist bringt einen neuen Menschen hervor, in welchem die Summe der Talente und Fähigkeiten, die der alte Mensch in· seinem vorhergehenden Leben erworben hat, sich repräsentiert und zu weiterer Benützung vorhanden ist.

in einem Tierkörper nicht die geeigneten Be-

dingungen zu ihrer fortschreitenden Entfaltung

und Veredelung finden. Auch ist es nicht der

persönliche Mensch, gerade so wie er im vor-

hergehenden Leben war, der sich wieder ver-

körpert, sondern der göttliche Geist bringt

einen neuen Menschen hervor, in welchem

die Summe der Talente und Fähigkeiten, die

der alte Mensch in seinem vorhergehenden

Leben erworben hat, sich repräsentiert und

zu weiterer Benützung vorhanden ist.

Die Wiederverkörperung des Menschen

ist am Ende nichts anderes als ein Bild im

Kleinen von der Evolution und Involution des

Weltalls während einer Schöpfungsperiode;

denn auch Planeten und Welten sterben, und

die Seelen derselben verkörpern sich wieder

zu neuen Welten, auf denen eine neue Lebens-

periode beginnt.

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Wir haben im vorhergehenden Kapitel

betrachtet, wie der Mensch, nachdem er seinen

sterblichen Körper verlassen hat, in andere

aufeinander folgende Bewusstseinszustände ein-

Die Wiederverkörperung des Menschen ist am Ende nichts anderes als ein Bild im Kleinen von der Evolution und Involution des Weltalls während einer Schöpfungsperiode ; denn auch Planeten und Welten sterben, und die Seelen derselben verkörpern sich wieder zu neuen Welten, auf denen eine neue Lebensperiode beginnt. Wir haben im vorhergehenden Kapitel betrachtet, wie der Mensch, nachdem er seinen sterblichen Körper verlassen hat, in andere aufeinanderfolgende Bewusstseinszuständeein-

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tritt, ein „Gewand" nach dem anderen ablegt,

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bis schliesslich, wenn alles abgelegt ist, was

nicht Gott ist (wie Meister Eckhart sagt), nur

tritt, ein "Gewand" nach dem anderen ablegt, bis schliessHch, wenn alles abgelegt ist, was nicht Gott ist (wie Meister Eckhart sagt), nur noch Gott übrig bleibt. Dies ist die Involution oder die Rückkehr des göttlichen Lichtstrahis, welcher den Menschen darstellte, zu Gott. Ist nun die Zeit zur Wiederverkörperung dieses Lichtstrahles in einer neuen menschlichen Erscheinung gekommen, so findet das U mgekehrte statt, die sich verkörpernde Seele zieht wieder neue Gewänder an, die um so dichter werden, je mehr sie sich dem Materiellen nähert. Es sind dies in der That neue Gewänder, doch der Stoff hierzu ist der alte. Die Neigungen und Talente, welche im früheren Dasein erworben wurden, stellen sich wieder ein und werden mit dem neuen Gewande verwoben, die Astralelemente leben wieder auf, das Karma tritt wieder in seine Rechte und vermittelst des natürlichen Weges der Zeugung und Geburt erlangt die Seele die Mittel zur Wiederverkörperung.

noch Gott übrig bleibt. Dies ist die Involution

oder die Rückkehr des göttlichen Lichtstrahls,

welcher den Menschen darstellte, zu Gott. Ist

nun die Zeit zur Wiederverkörperung dieses

Lichtstrahles in einer neuen menschlichen Er-

scheinung gekommen, so findet das Umge-

kehrte statt, die sich verkörpernde Seele zieht

wieder neue Gewänder an, die um so dichter

werden, je mehr sie sich dem Materiellen

nähert. Es sind dies in der That neue Ge-

wänder, doch der Stoff hierzu ist der alte.

Die Neigungen und Talente, welche im frühe-

ren Dasein erworben wurden, stellen sich

wieder ein und werden mit dem neuen Ge-

wande verwoben, die Astralelemente leben

wieder auf, das Karma tritt wieder in seine

Rechte und vermittelst des natürlichen Weges

der Zeugung und Geburt erlangt die Seele

die Mittel zur Wiederverkörperung.

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Daran ist nichts Erstaunlicheres, als daran,

dass dieselben Naturkräfte, welche einen

Kirschbaum zum Wachsen brachten, aus

dem Kerne einer Kirsche dieses Baumes

Daran ist nichts Erstaunlicheres, als daran, dass dieselben Naturkräfte, welche einen Kirschbaum zum Wachsen brachten, aus dem Kerne einer Kirsche dieses Baumes

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gerade wieder so einen Kirschbaum wachsen

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machen. Der „Kern", welcher beim Tode

eines Menschen übrig bleibt, ist sein Karma.

gerade wieder so einen Kirschbaum wachsen machen. Der "Kern", welcher beim Tode eines Menschen übrig bleibt, ist sein Karma. Tritt der Geist wieder hinzu, so nimmt die während des Zwischenzustandes latente Energie ihre Thätigkeit wieder auf. Das Gesetz der Evolution ist nur ein einziges, wenn es auch 'unter verschiedenartigen Bedingungen auftritt. Die organisierende Kraft im Kirschkerne schlummert, bis das Licht und die Wärme das Leben darin erweckt. Die nach dem Tode zur Ruhe gekommenen Seelenkräfte des Menschen wachen wieder auf, wenn der Geist von neuem sie belebt. So auch im Weltall als Ganzem. Die Bibel sagt: "Die Erde (d. h. die materielle Seele der Welt) war formlos und leer, Finsternis war auf der Tiefe (dem Raum) und der Geist Gottes bewegte sich über den Wassern." In den orientalischen Schriften ist dasselbe noch deutlicher erklärt:

Tritt der Geist wieder hinzu, so nimmt

die während des Zwischenzustandes latente

Energie ihre Thätigkeit wieder auf. Das

Gesetz der Evolution ist nur ein einziges,

wenn es auch unter verschiedenartigen Be-

dingungen auftritt. Die organisierende Kraft

im Kirschkerne schlummert, bis das Licht

und die Wärme das Leben darin erweckt.

Die nach dem Tode zur Ruhe gekommenen

Seelenkräfte des Menschen wachen wieder

auf, wenn der Geist von neuem sie belebt.

So auch im Weltall als Ganzem. Die Bibel

sagt: „Die Erde (d. h. die materielle Seele

der Welt) war formlos und leer, Finsternis

war auf der Tiefe (dem Raum) und der Geist

Gottes bewegte sich über den Wassern." In

den orientalischen Schriften ist dasselbe noch

deutlicher erklärt:

„Das Weltall war in Dunkel gehüllt, un-

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sichtbar, namenlos, undenkbar, unerkennbar im

traumlosen Schlaf. Da offenbarte das Selbstsein,

der nichtoffenbare Meister, dieses Weltall und

seine Kräfte. Das Licht erschien und brach

Lotueblüthen LV. 19

"Das Weltall war in Dunkel gehüllt, unsichtbar, namenlos, undenkbar, unerkennbar im traumlosen Schlaf. Da offenbarte dasSelbstsein, der nichtoffenbare Meister, dieses Weltall und seine Kräfte. Das Licht erschien und brach Lotuablüthen LV.

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durch die Finsternis. Er dachte und strebte

darnach verschiedenartige Dinge hervorzu-

durch die Finsternis. Er dachte und strebte darnach verschiedenartige Dinge hervorzubringen, und brachte zuerst die Gewässer (Symbol der Ideen) hervor und in diesen wurde seine Kraft thätig. Diese Kraft wurde ein goldenes Ei, tausendfältig, harmonisch gestaltet; in diesem wurde der Erschaffer selbst geboren, der grosse Vater von allen Welten. Und der Meister wohnte während einer Periode in dem Ei und durch sich selbst, durch den Gedanken, teilte er das Ei in zwei Teile. Und aus den zwei Teilen formte er Himmel und Erde (die obere und die untere Seelenregion) und in der Mitte den Raum, den beständigen Ort der Gewässer."*)

bringen, und brachte zuerst die Gewässer

(Symbol der Ideen) hervor und in diesen

wurde seine Kraft thätig. Diese Kraft wurde

ein goldenes Ei, tausendfältig, harmonisch

gestaltet; in diesem wurde der Erschaffer

selbst geboren, der grosse Vater von allen

Welten. Und der Meister wohnte während

einer Periode in dem Ei und durch sich selbst,

durch den Gedanken, teilte er das Ei in

zwei Teile. Und aus den zwei Teilen formte

er Himmel und Erde (die obere und die

untere Seelenregion) und in der Mitte den

Raum, den beständigen Ort der Gewässer."*)

Wer Intuition und Einsicht hat, bedarf

hierzu keiner Erklärung. Schon das alltäg-

liche Erwachen ist ein Bild der Reinkarnation.

Während des Schlafes zieht sich der Geist in

sich selbst zurück; die Sinne stellen ihre

Thätigkeit ein, ja selbst das Denken hört

auf; aber über „den Wassern" schwebt der

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entkörperte Geist, der während des Schlafes

nicht offenbar, unsichtbar, namenlos, undenk-

*) Manava Dharma Shostra. I.

Wer Intuition und Einsicht hat, bedarf hierzu keiner Erklärung. Schon das alltägliche Erwachen ist ein Bild der Reinkarnation. Während des Schlafes zieht sich der Geist in sich selbst zurück; die Sinne stellen ihre Thätigkeit ein ~ ja selbst das Denken hört auf; aber über tIden Wassern" schwebt der entkörperte Geist, der während des Schlafes nicht offenbar, unsichtbar, namenlos, undenk*) Manava Dharma ShOiitra.

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- 283 —

bar und unerkennbar, aber in sich selbst

selbstexistierend, und unabhängig von seiner

Offenbarung in der Materie ist; denn wäre

bar und unerkennbar, aber in sich selbst selbstexistierend, und unabhängig von seiner Offenbarung in der Materie ist; denn wäre der Geist an sich ein Brodukt des Körpers, so wäre auch unser Selbstbewusstsein mit jedem Erwachen ein anderes, oder wie Friedrich Rückert sagt:

der Geist an sich ein Produkt des Körpers,

so wäre auch unser Selbstbewusstsein mit

jedem Erwachen ein anderes, oder wie

Friedrich Rückert sagt:

„Ich hätt' in jeder Nacht mich, der ich war, verloren,

Und war' an jedem Tag als der nicht war geboren."*)

Unsere Seele ist das „goldene Ei", der

Geist in uns der Schöpfer; durch seine eigene

Kraft, durch sein Denken unterscheidet er

zwischen dem „Himmel" (der Wahrheit) und

der „Erde" (dem Vergänglichen), und mit

jedem Erwachen bricht ein neuer Tag der

Schöpfung von Gedanken in uns an. Durch

die Kraft des Geistes sind wir selbst zu den

Schöpfern unserer Gedanken und Herren

"Ich hätt' in jeder Nacht mich, der ich war, verloren, Und wär' an jedem Tag als der nicht war geboren." *)

unserer Welten gemacht. Während des Schlafes

verlässt der Geist (das Bewusstsein) seine

Wohnung, den Körper, und kehrt beim Er-

wachen wieder zurück, aber im Tode zerfällt

Unsere Seele ist das "goldene Ei", der Geist in uns der Schöpfer; durch seine eigene Kraft, durch sein Denken unterscheidet er zwischen dem "Himmel" (der Wahrheit) und der "Erde" (dem Vergänglichen), und mit jedem Erwachen bricht ein neuer Tag der Schöpfung von Gedanken in uns an. Durch die Kraft des Geistes sind wir selbst zu den Schöpfern unserer Gedanken und Herren unserer Welten gemacht. Während des Schlafes verlässt der Geist (das Bewusstsein) seine Wohnung, den Körper, und kehrt beim Erwachen wieder zurück, aber im Tode zerfällt

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*) Wir dürfen den Geist nicht mit seiner Offenbarung

in uns verwechseln. Wenn wir so lange wir im Schlafe

sind vom Geiste nichts wissen, so folgt daraus nicht, dass

der Geist, während wir schlafen, nichts von sich selber weiss.

19*

*) Wir dürfen den Geist nicht mit seiner Offenbarung in uns verwechseln. Wenn wir so lange wir im Schlafe sind vom Geiste nichts wissen, so folgt daraus nicht, dass der Geist, während wir schlafen, nichts von sich selber weiss. 19*

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— 284 —

das Haus und die zurückkehrende Seele muss

sich ein neues erbauen.

Das göttliche Selbst ist keiner Inkarnation

das Haus und die zurückkehrende Seele muss sich ein neues erbauen.

oder Verkörperung unterworfen; es ist „der

stille Zuschauer", der unberührt ist von allem,

was in der Samsara, der Welt der Erschei-

nungen, vor sich geht.*) Es ist „die reinste

Idealität, in welche keine Veränderung hinein-

Das göttliche Selbst ist keiner Inkarnation • oder Verkörperung unterworfen; es ist "der stille Zuschauer', der unberührt ist von allem, was in der Samsara, der Welt der Erscheinungen, vor sich geht. *) Es ist "die reinste Idealität, in welche keine Veränderung hineindringt".**) Es ist das wahre Selbst, aus dem alle Selbstheiten, die Einheit, aus der alle Zahlen entspringen; das allein Unsterbliche, Niegeborene; der Wille der ewigen Weisheit ***), welcher nicht vergeht, wenn auch Himmel und Erde vergehen t), und durch welchen allein wir das Selbstbewusstsein der Unsterblichkeit erlangen können, wenn es uns gelingt, unser "Ich" in diesem göttlichen Selbst aufgehen zu lassen, so wie der Funke in der Flamme aufgeht und dadurch zum Lichte 'Vird. Dasjenige, was sich wiederverkörpert, ist die durch den Willen zum Sonderdasein ins Dasein getretene Daseinsform.

dringt"**) Es ist das wahre Selbst, aus dem

alle Selbstheiten, die Einheit, aus der alle

Zahlen entspringen; das allein Unsterbliche,

Niegeborene; der Wille der ewigen Weis-

heit***), welcher nicht vergeht, wenn auch

Himmel und Erde vergehen f), und durch

welchen allein wir das Selbstbewusstsein der

Unsterblichkeit erlangen können, wenn es uns

gelingt, unser „Ich" in diesem göttlichen

Selbst aufgehen zu lassen, so wie der Funke

in der Flamme aufgeht und dadurch zum

Lichte wird. Dasjenige, was sich wiederver-

körpert, ist die durch den Willen zum Sonder-

dasein ins Dasein getretene Daseinsform.

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*) Bhagavad Gita XIII, 22.

**) Eckhart.

***) Boehme.

f) St. Joh. Offenbarung.

*) Bhagavad Gita XID, **) Eck.hart. ***) Boebme.

t)

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22.

St. Job. Offenbarung.

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- 285 —

Der grösste von allen Lehrern, Gautama,

genannt der Buddha, d. h. der vom heiligen

Geiste der Gotteserkenntnis Erleuchtete, be-

Der grösste von allen Lehrern, Gautama, genannt der Buddha, d. h. der vom heiligen Geiste der Gotteserkenntnis Erleuchtete, beschreibt den Vorgang der Reinkarnation, sowie die Befreiung davon folgendermassen :

schreibt den Vorgang der Reinkarnation, so-

wie die Befreiung davon folgendermassen:

„Die Nichterkenntnis der Wirklichkeit ist

die Quelle aller Übel. Aus dieser Nicht-

erkenntnis entspringen die Neigungen (der

Wille zum eigenen Leben) zur Verkörperung,

Sprache und Denken. Aus diesen Neigungen

entspringt der Eigendünkel (das falsche Selbst-

bewusstsein), aus diesem kommt Name (Eigen-

schaft) und Gestalt; von diesen entstehen die

sechs Sinne, aus diesen entspringt die Be-

gierde nach Besitz, aus der Begierde das

"Die Nichterkenntnis der Wirklichkeit ist die Quelle aller Übel. Aus dieser Nichterkenntnis entspringen die Neigungen (der Wi1~e zum eigenen Leben) zur Verkörperung, Sprache und Denken. Aus diesen Neigungen entspringt der Eigendünkel (das falsche Selbstbewusstsein), aus diesem kommt Name (Eigenschaft) und Gestalt; von diesen entstehen die sechs Sinne, aus diesen entspringt die Begierde nach Besitz, aus der Begierde das Gebundensein (Karma), aus dem Gebundensein das (objektive) Dasein, Geburt, Alter, Tod, Sorge, Klage, Leid, Traurigkeit und Verz\veiflung. Durch die Zerstörung der Nichterkenntnis (durch die Erkenntnis der Wahrheit) werden die Neigungen (der Wille zum Sondersein), sowie deren obenerwähnte Folgen, Eigendünkel, Eigenschaft, Form, die sechs Sinne, Berührung, persönliche Empfindung, Begierde, Gebundensein , (objektives) Dasein, Geburt, Alter, Tod, nebst den darauf-

Gebundensein (Karma), aus dem Gebunden-

sein das (objektive) Dasein, Geburt, Alter,

Tod, Sorge, Klage, Leid, Traurigkeit und

Verzweiflung. Durch die Zerstörung der Nicht-

erkenntnis (durch die Erkenntnis der Wahr-

heit) werden die Neigungen (der Wille zum

Sondersein), sowie deren obenerwähnte Fol-

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gen, Eigendünkel, Eigenschaft, Form, die

sechs Sinne, Berührung, persönliche Empfin-

dung, Begierde, Gebundensein, (objektives)

Dasein, Geburt, Alter, Tod, nebst den darauf-

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— 286 —

-

folgenden Übeln überwunden und vermieden.

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Aus der Nichterkenntnis entspringen alle Übel;

aus der Erkenntnis kommt das Aufhören aller

folgenden Übeln überwunden und vermieden. Aus der Nichterkenntnis entspringen alle Übel; aus der Erkenntnis kommt das Aufhören aller Leiden. Der wahrhaft erleuchtete Mensch zerstreut durch das Licht seiner ErkenntBis das Heer der ihn umgebenden Täuschungen, so wie die Sonne am Himmel die Wolken zerstreut."

Leiden. Der wahrhaft erleuchtete Mensch zer-

streut durch das Licht seiner Erkenntnis das

Heer der ihn umgebenden Täuschungen, so wie

die Sonne am Himmel die Wolken zerstreut."

Wer den Geist der wahren christlichen

Religion erkennt und in die Geheimnisse des

wahren Christentums eingedrungen ist, der

findet auch in den christlichen Glaubens-

artikeln die Lehre vom Karma und der Re-

inkarnation vertreten; denn der „Tag des Ge-

richts" bezieht sich unter anderem auf den

Abschluss der Bilanz des Karma des vorher-

gehenden Lebens, welcher entscheidet, ob der

Mensch seinem ewigen oder seinem vergäng-

lichen Ich angehört, und auch seine Stellung

Wer den Geist der wahren christlichen Religion erkennt und in die Geheimnisse des wahren Christentums eingedrungen ist, der findet auch in den christlichen Glaubensartikeln die Lehre vom Karma und der Reinkarnation vertreten; denn der "Tag des Gerichts" bezieht sich unter anderem auf den Abschluss der Bilanz des Karma des vorhergeheJ;lden Lebens, welcher entscheidet, ob der Mensch seinem ewigen oder seinem vergänglichen Ich angehört, und auch seine Stellung im zukünftigen Leben auf dieser Erde bestimmt. Unter der "Auferstehung des Fleisches" aber ist nichts anderes zu verstehen, als das Wiedererwachen der Astralseele, welche aus dem "Fleische", d. h. aus den materiellen Neigungen und Begierden geboren ist. Es giebt keinen Mystiker, der unter dem Worte "Fleisch", wenn es in dieser

im zukünftigen Leben auf dieser Erde be-

stimmt. Unter der „Auferstehung des Flei-

sches" aber ist nichts anderes zu verstehen,

als das Wiedererwachen der Astralseele,

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welche aus dem „Fleische", d. h. aus den

materiellen Neigungen und Begierden ge-

boren ist. Es giebt keinen Mystiker, der

unter dem Worte „Fleisch", wenn es in dieser

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Beziehung gebraucht wird, dasselbe versteht

wie ein Metzger. Der tote Kadaver steht als

organisches Ganzes nicht wieder auf, sondern

Beziehung gebraucht wird, dasselbe versteht wie ein Metzger. Der tote Kadaver steht als organisches Ganzes nicht wieder auf, sondern seine Elemente gehen in andere Formen über; aber das, was aus fleischlichen, d. h. sinnlichen und selbstsüchtigen Begierden, Gedanken . und Tl1aten geboren ist, ist "Fleisch" im mystischen Sinne, und hängt sich wie ein Schatten an die Seele in ihrer folgenden Inkarnation.

seine Elemente gehen in andere Formen über;

aber das, was aus fleischlichen, d. h. sinnlichen

und selbstsüchtigen Begierden, Gedanken und

Thaten geboren ist, ist „Fleisch" im mystischen

Sinne, und hängt sich wie ein Schatten an die

Seele in ihrer folgenden Inkarnation.

Mit dem Tode eines Menschen, oder viel-

mehr mit der Trennung der höheren Prin-

zipien des Menschen von seinen niederen,

welche nach dem Tode des Körpers eintritt,

hat auch sein Karma ein Ende; denn die

Vernunft, vermittelst welcher der Mensch

über seine Handlungen entscheidet, gehört

dem göttlichen Teile an und er handelt nach

dieser Trennung nicht mehr, während die

zurückgebliebene Larve, welche sich mitunter

noch-unter den Spiritisten bemerkbar macht,

keine Vernunft mehr hat, und deshalb keines

eigenen Handelns fähig ist, sondern höchstens

Mit dem Tode eines Menschen, oder vielmehr mit der Trennung der höheren Prinzipien des Menschen von seinen niederen, welche nach dem Tode des Körpers eintritt, hat auch sein Karma ein Ende; denn die Vernunft, vermittelst welcher der Mensch über seine Handlungen entscheidet, gehört dem göttlichen Teile an und er handelt nach dieser Trennung nicht mehr, während die zurückgebliebene Larve, welche sich mitunter noch',..unter den Spiritisten bemerkbar macht, keine Vernunft mehr hat, und deshalb keines eigenen Handeins fähig ist, sondern höchstens noch den auf sie einwirkenden Eiriflüssen gehorcht und wie im Traume Handlungen wiederholt, die sie im Leben begangen hat. Es giebt aber auch Fälle, in denen durch

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noch den auf sie einwirkenden Einflüssen ge-

horcht und wie im Traume Handlungen

wiederholt, die sie im Leben begangen hat.

Es giebt aber auch Fälle, in denen durch

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spiritistische Künste der Geist des Verstor-

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benen, ehe die obengenannte Trennung1 statt-

gefunden hat, gewaltsam wieder zum irdischen

spiritistische Künste der Geist des Verstorbenen, ehe die obengenannte Trennung stattgefunden hat, gewaltsam wieder zum irdischen Leben heruntergezogen und genötigt wird, an irdischen Dingen teilzunehmen. Dies ist die höchst verwerfliche Kunst der Nekromantie durch welche die Seele an ihrem Eingehen in Gott gehindert und veranlasst wird, wieder in. den Schmutz dieser Welt einzutauchen und sich neues Karma zu schaffen. Hat die Trennung des Geistigen vom Materiellen aber einmal stattgefunden so ist die Seele frei und hat mit dem Karma so lange nichts mehr zu schaffen, bis dass durch ihren Wiedereintritt ins Leben dasselbe von neuem in Wirksamkeit kommt.

Leben heruntergezogen und genötigt wird,

an irdischen Dingen teilzunehmen. Dies ist

die höchst verwerfliche Kunst der Nekroman-

tie, durch welche die Seele an ihrem Ein-

gehen in Gott gehindert und veranlasst wird,

wieder in den Schmutz dieser Welt einzu-

tauchen und sich neues Karma zu schaffen.

Hat die Trennung des Geistigen vom Mate-

riellen aber einmal stattgefunden, so ist die

Seele frei und hat mit dem Karma so lange

nichts mehr zu schaffen, bis dass durch ihren

Wiedereintritt ins Leben dasselbe von neuem

t

in Wirksamkeit kommt.

Um aber alles dies dem Nichtokkultisten

verständlicher zu machen, wird es nötig sein,

die Wanderungen der Seele nach dem Ver-

lassen des Körpers zu betrachten: Wenn die

Seele ihre sichtbare materielle Hülle abge-

streift hat, so f1ndet sie sich zunächst mit

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ihrem ätherischen Körper bekleidet.*) Ob

*) Dies ist unter anderen beim Scheintoten der Fall,

t

wo die Trennung von Seele und Körper noch nicht voll-

ständig ist, sondern noch ein Zusammenhang zwischen den

Beiden besteht. Siehe: „Lebendig begraben".

Um aber alles dies dem Nichtokkultisten verständlicher zu machen, wird es nötig sein, die Wanderungen der Seele nach dem Verlassen des Körpers zu betrachten : Wenn die Seele ihre sichtbare materielle Hülle abgestreift hat, so findet sie sich zunächst mit ihrem ätherischen Körper bekleidet. *) Ob *) Dies ist unter anderen beim Scheintoten der Fall. wo die Trennung von Seele und Körper noch nicht vollstlndig ist. sondern noch ein Zusammenhang zwischen den Beiden besteht. Siehe: "Lecendig begraben".

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sie sich in diesem längere oder nur kürzere

Zeit aufhält, wird davon abhängen, ob sie

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noch sehr am irdischen Leben hängt, oder

sie sich in diesem längere oder nur kürzere Zeit aufhält, wird davon abhängen, ob sie noch sehr am irdischen Leben hängt, oder gewillt ist, dasselbe zu ver.1assen. Unter gewöhnlichen Umständen verlässt aber die Seele auch diese Hülle schon beim Verlassen des Körpers und befindet sich dann mit ihrem "Begierdenleib" (Kama rupa) im Kama-Ioca, der niederen Region der Astralebene , dem "Schattenreiche", wo die Astral- Überbleibsel von allem was gelebt hat ihrer Auflösung entgegengehen. Dort verharrt sie, bis durch den "zweiten Tod" eine Trennung der höheren Prinzipien von den niederen eintritt. Nur während dieses Zustandes ist ein Verkehr mit den "Verstorbenen" möglich, der naturgemäss für den V orstorbenen höchst nachteilig ist, da sein ganzes Bestreben nach oben, nach der Vereinigung mit seinen höheren Prinzipien gerichtet sein sollte. *) Auch hier ist ein bewusstes oder unbewusstes, ein kürzeres oder längeres Verbleiben in diesem Zustande von dem Grade der Reinheit und der Richtung des Willens der Seele abhängig; dann aber tritt die Erlösung aus dem "Fege-

gewillt ist, dasselbe zu verlassen. Unter

gewöhnlichen Umständen verlässt aber die

Seele auch diese Hülle schon beim Verlassen

des Körpers und befindet sich dann mit ihrem

„Begierdenleib" (Kama rupa) im Kama-loca,

der niederen Region der Astralebene, dem

„Schattenreiche", wo die Astral - Überbleibsel

von allem was gelebt hat ihrer Auflösung

entgegengehen. Dort verharrt sie, bis durch

den „zweiten Tod" eine Trennung der höheren

Prinzipien von den niederen eintritt. Nur

während dieses Zustandes ist ein Verkehr

mit den „Verstorbenen" möglich, der natur-

gemäss für den Verstorbenen höchst nach-

teilig ist, da sein ganzes Bestreben nach oben,

nach der Vereinigung mit seinen höheren

Prinzipien gerichtet sein sollte.*) Auch hier

ist ein bewusstes oder unbewusstes, ein

kürzeres oder längeres Verbleiben in diesem

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Zustande von dem Grade der Reinheit und

der Richtung des Willens der Seele abhängig;

dann aber tritt die Erlösung aus dem „Fege-

*) Vgl. H. P. Blavatsky: „Theosophical Catechism"

P- 143-

*) Vgl. H. P. Blavatsky:

"Theosophical Catechism"

p. 143·

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feuer" durch die Trennung der höheren von

den niederen Prinzipien ein. Der Geist geht

in denjenigen Zustand ein, welcher im Sanskrit

feuer" durch die Trennung der höheren von den niederen Prinzipien ein. Der Geist geht in denjenigen Zustand ein, welcher im Sanskrit "Swarga", im Deutschen als "Himmel" bezeichnet wird und welcher, je nach den V erdiensten des Menschen, sehr lange, ja sogar Jahrtausende dauern kann; die geistlose leere Hülle bleibt auf der Astralebene als eine bewusstlose Larve zurück, die allenfalls dazu dienen mag, gläubige Spiritisten zum Besten zu halten, wenn sie durch ein geeignetes "Medium" Lebenskraft mitgeteilt erhält und dadurch in ein Scheinleben "galvanisiert" und von einem Elementargeiste oder' Dämonen besessen wird.

„Swarga", im Deutschen als „Himmel" be-

zeichnet wird und welcher, je nach den Ver-

diensten des Menschen, sehr lange, ja sogar

Jahrtausende dauern kann; die geistlose leere

Hülle bleibt auf der Astralebene als eine

bewusstlose Larve zurück, die allenfalls dazu

dienen mag, gläubige Spiritisten zum Besten

zu halten, wenn sie durch ein geeignetes

„Medium" Lebenskraft mitgeteilt erhält und

dadurch in ein Scheinleben „galvanisiert" und

von einem Elementargeiste oder' Dämonen

besessen wird.

In „Swarga" oder „Devachan" existiert

der entkörperte Mensch als das Ideal der

Persönlichkeit, die er auf Erden darstellte,

frei von der ihm auf Erden anhängenden

Tiernatur; aber sein Karma bleibt an dessen

Schwelle zurück, und wenn die Stunde der

Wiedergeburt kommt, so nimmt er das Kreuz,

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welches er sich im vorhergehenden Leben

gezimmert hat, wieder auf seine Schultern.

In den Chhandogya Upanischad heisst

es: „Nachdem die Seelen im Himmel solange

In "Swarga" oder "Devachan" existiert der entkörperte Mensch als das Ideal der Persönlichkeit, die er auf Erden darstellte, frei von der ihm auf Erden anhängenden Tiernatur; aber sein Karma bleibt an dessen Schwelle zurück, und wenn die Stunde der Wiedergeburt kommt, so nimmt er das Kreuz, welches er sich im vorhergehenden Leben gezimmert hat, wieder auf seine Schultern. In den Chhandogya Upanischad heisst es: "Nachdem die Seelen im Himmel solange

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gewohnt haben, bis das Verdienst ihrer guten

Werke erschöpft ist, kehren sie auf demselben

Wege, auf dem sie gekommen sind, wieder

gewohnt haben, bis das Verdienst ihrer guten Werke erschöpft ist, kehren sie auf demselben Wege, auf dem sie gekommen sind, wieder zurück, nämlich von der höheren zu der niederen ätherischen Region, woselbst sie wie ein "Nebel" erscheinen, der sich nach und nach zu einer wolkenähnlichen Form verdichtet, welche sich zusammenzieht und sie zum Thore der Wiederverkörperung bringen. Und für diejenigen, deren Thaten edel waren, ist es wahrscheinlich, dass sie zu etwas Edlem bestimmt sind, zu Priestern, Kriegern oder wohlhabenden Leuten; während diejenigen, deren Werke gemein und abscheulich waren, zu einer abscheulichen Geburt, tierisch, schweinisch oder sklavisch, bestimmt sind."

zurück, nämlich von der höheren zu der

niederen ätherischen Region, woselbst sie

wie ein „Nebel" erscheinen, der sich nach

und nach zu einer wolken ähnlichen Form

verdichtet, welche sich zusammenzieht und

sie zum Thore der Wiederverkörperung

bringen. Und für diejenigen, deren Thaten

edel waren, ist es wahrscheinlich, dass sie

zu etwas Edlem bestimmt sind, zu Priestern,

Kriegern oder wohlhabenden Leuten; wäh-

rend diejenigen, deren Werke gemein und

abscheulich waren, zu einer abscheulichen

Geburt, tierisch, schweinisch oder sklavisch,

bestimmt sind."

Ferner wird gesagt:

Jeder wird das, wozu er sich durch seine

Handlungen gemacht hat. Wenn seine Hand-

lungen würdig waren, so wird er würde-

voll, waren seine Handlungen gemein, so

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wird er gemein; durch heilige Werke wird

er heilig und durch unheilige Thaten unheilig;

denn es heisst, dass der Geist aus Begierde

gebildet sei und wie die Begierde ist, so ist

Ferner wird gesagt: ,Jeder wird das, wozu er sich durch seine Handlungen gemacht hat. Wenn seine Handlungen würdig waren, so wird er würdevoll, waren seine Handlungen gemein, so wird er gemein; durch heilige Werke wird er heilig und durch unheilige Thaten unheilig; denn es heisst, dass der Geist aus Begierde gebildet sei und wie die Begierde ist, so ist

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der Wille. Je nach der Beschaffenheit seines

Willens handelt der Mensch, und er selbst

geht zu dem, was er vollbracht hat."

der Wille. Je nach der Beschaffenheit seines Willens handelt der Mensch, und er selbst geht zu dem, was er vollbracht hat."

Desgleichen sagt die Bhagavad Gita:

„Der gute, aber noch nicht völlig erkennende

Mensch wird, nactfdem er den Himmel der

Gerechten erlangt und dort ungezählte Jahre

gewohnt hat, wieder in dem Hause eines

guten und edlen Menschen geboren; oder er

Desgleichen sagt die Bhagavad Gita: "Der gute, aber noch nicht völlig erkennende Mensch wird, nac1idem er den Himmel der Gerechten erlangt und dort ungezählte Jahre gewohnt hat, wieder in dem Hause eines guten und edlen Menschen geboren; oder er kommt in der Familie von weisen und gottergebenen Eltern auf die Welt."*)

kommt in der Familie von weisen und gott-

ergebenen Eltern auf die Welt."*)

„Nach vielfachen Geburten geht er in mich

ein. Aber die Selbstsüchtigen und Gottlosen

verstosse ich in den Schoss der Dämonen." **)

Gott ist die Liebe; deshalb ist auch der

Gott eines Menschen dasjenige, was der

Mensch von Herzen liebt, und jeder geht am

Ende zu dem, wozu er sich durch seine Liebe

angezogen fühlt. „Wer sich den Göttern

weiht, geht zu den Göttern; wer sich den

Vorfahren (Pitris) weiht, geht zu diesen; wer

sich den Dämonen opfert, geht zu den Dä-

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monen; wer mich allein liebt, geht zu Mir.***)

*) Kap. vi, 41.

**) Bhagavad Gita, XVI, 19.

"Nach vielfachen Geburten geht er in mich ein. Aber die Selbstsüchtigen und Gottlosen verstosse ich in den Schoss der Dämonen." **)

***) Ibid. IX, 25.'

Gott ist die Liebe; deshalb ist auch der Gott eines Menschen dasjenige, was der Mensch von Herzen liebt, und jeder geht am Ende zu dem, wozu er sich durch seine Liebe angezogen fühlt. "Wer sich den Göttern weiht, geht zu den Göttern; wer sich den Vorfahren (Pitris) weiht, geht zu diesen; wer sich den Dämonen opfert, geht zu den Dämonen; wer mich allein liebt, geht zu Mir.***) *) Kap. VI, 41. **) Bhagavad Gita, XVI, 19. ***) Ibid. IX, 25"

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Stirbt sein Körper, wenn die Erkenntnis

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(Sattwa) in ihm reif geworden ist, so geht

er ein in die reinen Regionen der Guten.

Stirbt sein Körper, wenn die Erkenntnis (Sattwa) in ihm reif geworden ist, so geht er ein in die reinen Regionen der Guten. War die Habsucht (Rajas) in seiner Natur vorherrschend, so wird er wieder unter Menschen geboren, die an ihre Werke (Karma) gebunden sind. War aber seine Natur von Thorheit (Tamas) beherrscht, so wird er wieder unter den Thoren geboren. *) Wer aber von jeder Art von Selbstsucht frei ist und Ruhe in seinem Herzen hat, der kann Eins mit Brahma werden. In seiner Vereinigung mit Mir findet sein Geist die ewige Ruhe. Durch dieses Eingehen in Mich erlangt er meine eigene Erkenntnis, mein Wesen, meine Wahrheit, mein Sein, meine Grösse, und wenn er mich in Wirklichkeit ganz erkennt, so ist er auch ganz in Mir." **)

War die Habsucht (Rajas) in seiner Natur

vorherrschend, so wird er wieder unter Men-

schen geboren, die an ihre Werke (Karma)

gebunden sind. War aber seine Natur von

Thorheit (Tamas) beherrscht, so wird er wie-

der unter den Thoren geboren.*) Wer aber

von jeder Art von Selbstsucht frei ist und

Ruhe in seinem Herzen hat, der kann Eins

mit Brahma werden. In seiner Vereinigung

mit Mir findet sein Geist die ewige Ruhe.

Durch dieses Eingehen in Mich erlangt er

meine eigene Erkenntnis, mein Wesen, meine

Wahrheit, mein Sein, meine Grösse, und wenn

er mich in Wirklichkeit ganz erkennt, so ist

er auch ganz in Mir."**)

Alles dies beruht auf leichtverständlichen

und natürlichen Gesetzen und bedarf zu seiner

Erklärung keiner übernatürlichen oder ausser-

natürlichen Einmischung. Die Persönlichkeit

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des Menschen ist etwas Kleinliches, Be-

schränktes und gehört der Erde an. Alle

*) Ibid. XIV, 14.

**) Ibid. XVIII, 54.

Alles dies beruht auf leichtverständlichen und natürlichen Gesetzen und bedarf zu seiner Erklärung keiner übernatürlichen oder aussernatürlichen Einmischung. Die Persönlichkeit des Menschen ist etwas Kleinliches, Beschränktes und gehört der Erde an. Alle *) Ibid. XIV, 14.

•*) Ibid.

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xvm,

54.

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Thaten, seien sie gut oder schlecht, gehören,

--

wenn sie aus Selbstgefühl hervorgehen, dem

irdischen Menschen an. Der göttliche Mensch

Thaten, seien sie gut oder schlecht, gehören, wenn sie aus Selbstgefühl hervorgehen, dem irdischen Menschen an. Der göttliche Mensch dagegen ist gross und frei von "Selbst". Je edler und grossmütiger ein Mensch handelt, um so mehr nähert er sich seinem göttlichen Selbst. Wer das Gute nur um des Guten willen und nicht aus Eigennutz thut, der handelt nicht selbst, sondern das Gute (Gott) wirkt durch ihn. Da ist dann keine Selbstheit in seinem Handeln und folglich auch kein Karma. Deshalb lehrt uns auch das Christentum, dass wir alle guten Werke nicht in unserem eigenen Namen, sondern im Namen, d. h. in der Kraft Gottes vollbringen sollen. Thomas von Kempis sagt:

dagegen ist gross und frei von „Selbst". Je

edler und grossmütiger ein Mensch handelt,

um so mehr nähert er sich seinem göttlichen

Selbst. Wer das Gute nur um des Guten

willen und nicht aus Eigennutz thut, der

handelt nicht selbst, sondern das Gute (Gott)

wirkt durch ihn. Da ist dann keine Selbst-

heit in seinem Handeln und folglich auch

kein Karma. Deshalb lehrt uns auch das

Christentum, dass wir alle guten Werke nicht

in unserem eigenen Namen, sondern im Namen,

d. h. in der Kraft Gottes vollbringen sollen.

Thomas von Kempis sagt:

„Wer die wahre und vollkommene Liebe

hat, der sucht in keiner Sache sich selbst,

sondern begehret allein, dass Gottes Ehre in

allem befördert werde. — Du musst alles

für alles geben, und nichts mehr Dir selbst

sein. — Wisse, dass die Eigenliebe dir mehr

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schadet, als irgend etwas in der Welt" u. s. w.

In der Bibel aber heisst es, dass die Kleinsten

auf Erden (d. h. diejenigen, deren Selbstwahn

am geringsten ist) die grössten im Himmel

"Wer die wahre und vollkommene Liebe hat, der sucht in keiner Sache sich selbst, sondern begehret allein, dass Gottes Ehre in allem befördert werde. - Du musst alles für alles geben, und nichts mehr Dir selbst sein. - Wisse, dass die Eigenliebe dir mehr schadet, als irgend etwas in der Welt" u. s. w. In der Bibel aber heisst es, dass die Kleinsten auf Erden (d. h. diejenigen, deren Selbstwahn am geringsten ist) die grössten im Himmel

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— 295 —

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(in der Erkenntnis des Guten und der daraus

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entspringenden Seligkeit) sein werden."

Ein Verständnis der Lehre vom Karma

(in der Erkenntnis des Guten und der daraus entspringenden Seligkeit) sein werden."

und von der Wiederverkörperung giebt uns

von selbst den Schlüssel an die Hand zu

unserer Erlösung. Es ist keine Macht im

Himmel oder auf Erden, welche uns zu der

Erniedrigung, welche dieses irdische Dasein

in sich schliesst, zwingt; wir selbst zimmern

Ein Verständnis der Lehre vom Karma und von der Wiederverkörperung giebt uns von selbst den Schlüssel an die Hand zu unserer Erlösung. Es ist keine Macht im Himmel oder auf Erden, welche uns zu der Erniedrigung, welche dieses irdische Dasein in sich schliesst, zwingt; wir selbst zimmern unsere Kerker und schmieden die Ketten, die uns an dieses Leben fesseln, indem wir die Wahrheit nicht erkennen wollen und uns durch die Täuschungen, welche uns der Wahn der Selbstheit vorspiegelt, blenden lassen. Auch ist kein' äusserlicher Erlöser da, der uns von dem Wahne den wir lieben und den wir nicht aufgeben wollen, befreit; wohl aber wohnt der Erlöser in uns selbst und erlöst uns durch seine in uns selbst wirkende Kraft; sein Name ist der heilige Geist der Gotteserkenntnis, mit anderen Worten die göttliche Weisheit und Liebe, welche allen Irrtum besiegt. Wenn wir diesen gefunden haben, dann sind wir frei; dann können wir jubelnd mit Buddha dem Erleuchteten ausrufen:

unsere Kerker und schmieden die Ketten,

die uns an dieses Leben fesseln, indem wir

die Wahrheit nicht erkennen wollen und uns

durch die Täuschungen, welche uns der

Wahn der Selbstheit vorspiegelt, blenden

lassen. Auch ist kein äusserlicher Erlöser

da, der uns von dem Wahne den wir lieben

und den wir nicht aufgeben wollen, befreit;

wohl aber wohnt der Erlöser in uns selbst

und erlöst uns durch seine in uns selbst

wirkende Kraft; sein Name ist der heilige

Geist der Gotteserkenntnis, mit anderen Worten

die göttliche Weisheit und Liebe, welche allen

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Irrtum besiegt. Wenn wir diesen gefunden

haben, dann sind wir frei; dann können wir

jubelnd mit Buddha dem Erleuchteten aus-

rufen:

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„Lang* inte ich umher und manches Haus

Hielt mich gefangen. Lange suchte ich

Nach ihm, der solche Kerker für uns baut.

..Lang' irrte ich umher und manches Haus Hielt mich gefangen. Lange suchte ich Nach ihm, der solche Kerker fiir UDS baut. In vielerlei Geburten kämpfte ich Ums Licht der Wahrheit, suchte stets vergebens Die Quelle jener Übel zu entdeckel4 Ans der die Last des Daseins stammt. Doch jetzt Erkenn' ich dich! Nicht länger sollst du mir Das Haus des Leidens zimmern. Ja! zerronnen Ist nun die Täuschung und zerbrochen sind Des Irrtums Ketten; selbst der Dachstuhl liegt Zerschmettert da; es war der eitle Wahn Der Eigenheit. Ich aber bin erlöst, Und geh' zur Ruhe, zur Vollendung ein,"

In vielerlei Geburten kämpfte ich

Ums Licht der Wahrheit, suchte stets vergebens

Die Quelle jener Übel zu entdecken,

Aus der die Last des Daseins stammt.

Doch jetzt

Erkenn' ich dich! Nicht länger sollst du mir

Das Haus des Leidens zimmern. Ja! zerronnen

Ist nun die Täuschung und zerbrochen sind

Des Irrtums Ketten; selbst der Dachstuhl liegt

Zerschmettert da; es war der eitle Wahn

Der Eigenheit.

Ich aber bin erlöst,

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Und geh' zur Ruhe, zur Vollendung ein."

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Ein Märchen.

(Aus dem Indischen.)

Die Seele pochte am Gotteshaus;

Da klang eine Stimme von innen heraus.

„Wer da?" so rief sie. „Was will man hier?" —

IIIIIIIIU" "'11"11' UHII 1I1t1f1l1 tllfllllt IIINUUIIIMI

„Ich bin's, eine Seele! Mach' auf die Thür!"

11

IIIIII~' tlallllllIlIU"'lll'"''

IIn u IUIl

I

Allein die Stimme von innen sprach:

„Ich brauche selber das ganze Gemach.

Ich bin die Liebe; drum geh' nur zu;

Es ist hier kein Platz für Ich und Du'."

Und lange irrte die Seele umher;

Es war ihr von Kummer das Herz so schwer.

Ein Märchen.

Von der Liebe Verstossen, o Missgeschick!

Da kam sie wieder zum Himmel zurück.

Und wieder pocht sie ans Gotteshaus;

(Aus dem Indischen.)

Und wieder rief es von innen heraus:

„Wer da?" so schallt es; „was will man hier?" —

„Du bist es, du selber! Mach auf die Thür."

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Lotnsblüthon LV. 20

Die Seele pochte am Gotteshaus; Da klang eine Stimme von. innen heraus. "Wer da?" so rief sie. "Was will man hier?""Ich bin's, eine Seele! Mach' auf die Thür!" Allein die Stimme von innen sprach: "Ich brauche selber das ganze. Gemach. Ich bin die Liebe; drum geh' nur zu; Es ist hier kein Platz für ;Ich und Du'." Und lange irrte die Seele umher; Es war ihr von Kummer das Herz so schwer. Von der Liebe verstossen, 0 Missgeschick! Da kam sie wieder zum Himmel zurück. Und wieder pocht sie ans Gotteshaus; Und wieder rief es von innen heraus: "Wer da?" so schallt es; "was will man hier?""Du bist es, du selber! Mach auf die Thür." LotusbUlthen LV.

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— 298 —

Da öffnete weit sich das goldene Thor,

29 8

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Und jubelnd empfing sie der Engel Chor.

Schnell huschte die liebende Seele hinein;

Da öffnete weit sich das goldene Thor, Und jubelnd empfing sie der E~gel Chor. Schnell huschte die liebende Seele hinein; Thr gehörte der Himmel nun ganz allein.

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Ihr gehörte der Himmel nun ganz allein.

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Briefkasten.

Fragen von Abonnenten, welche nicht rein persönlicher Natnr,

sondern von allgemeinem Interesse sind, werden dnrch den Ver-

fasser der „Lotusblüthen" im „Briefkasten" besprochen.

Freidenker in H. Die Beantwortung Ihrer Frage,

ob ich an Gott »glaube«, würde zu nichts fuhren; weil sie

nach Ihrer Auffassung gleichbedeutend ist mit der Frage,

was ich mir als Gott »vorstelle«, und Gott über alle mensch-

lichen Begriffe und Vorstellungen erhaben ist. Goethe hat

im »Faust« bereits die beste Antwort darauf gegeben. Wer

den wahren Glauben hat, der braucht nicht zu fragen, was

Briefkasten.

er sich unter dieser Kraft vorstellen soll. Gott ist das

Höchste von allem, und folglich auch die .»höchste, voll-

kommene, über alle Eigenheit erhabene Liebe. Wer diese

FraR'8n von Abonnenten, welohe nioht rein penlSnlioher Natur, 80ndern von allgemeinem Interelle lind, werden duroh den Verf....er der ,,Lotuabll1then" im ,,Briefkasten" beaprochen.

Liebe im Herzen hat, der glaubt an Gott, hat Gott in sich

und ist selber in der Liebe, in Gott.

K. F. in B. Ihre Frage ist bereits früher im Brief-

kasten dahin beantwortet worden, dass, wenn ein Mensch,

der sich für einen Mystiker ausgiebt, damit renommiert,

Freidenker in H. Die Beantwortung Ihrer Frage,

dass er Geheimnisse kenne, die er niemandem verraten

dürfe, so kann man mit Sicherheit annehmen, dass er selber

ob ich an Gott »glaube«, würde zu nichts fi1hren; weil sie nach Ihrer Auffassung gleichbedeutend ist mit der Frage, was ich mir als Gott »vorstelle«, und Gott über alle menschlichen Begriffe und Vorstellungen erhaben ist. Goethe hat im »Fauste bereits die beste Antwort darauf gegeben. Wer den wahren Glauben hat, der braucht nicht zu fragen, was er sich unter dieser Kraft vorstellen soll. Gott ist das Höchste von allem, und folglich auch die .;höchste, vollkommene, über alle Eigenheit erhabene Liebe. Wer diese Liebe im Herzen hat, der glaubt an Gott, hat Gott in sich und ist selber in der Liebe, in Gott.

nichts weiss, das der Rede wert ist, und dass er kein

Mystiker, sondern ein Charlatan und Windbeutel ist. Das

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von C. G. H. verübte und von L. übersetzte Buch hat gar

keinen Wert. Was darin wahr ist, ist nicht neu, sondern

aus anderen Büchern zusammengetragen, und was darin neu

ist, ist nicht wahr. Das Ganze ist zu läppisch, um einer

Besprechung wert zu sein.

SO*

K. F. in B. Ihre Frage ist bereits früher im Briefkasten dahin beantwortet worden, dass, wenn ein Mensch, der sich für einen Mystiker ausgiebt, damit renommiert, dass er Geheimnisse kenne, die er niemandem verraten dürfe, so kann man mit Sicherheit ann~hmen, dass er selber nichts weiss, das der Rede wert ist, und dass er kein Mystiker, sondern ein Charlatan und Windbeutel ist. Das von C. G. H. verübte und von L. übersetzte Buch hat gar keinen Wert. Was darin wahr ist, ist nicht neu, sondern aus anderen Büchern zusammengetragen, und was darin neu ist, ist nicht wahr. Das Ganze ist zu läppisch, um einer Besprechung wert zu sein.

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300

Prof. S. in H. Sie wollen wissen, ob es wahr ist,

wie manche Leute behaupten, dass Frau H. P. Blavatsky

einen gewissen Herrn Pumpernickel zum Besten hielt, und

Prof: 8. in H. Sie wollen wissen. ob es wahr ist. wie manche Leute behaupten. dass Frau H. P. Blavatsky einen gewissen Herrn Pumpernickel zum Besten hielt. und wenn so. welchen Wert man dann den von ihr veröffentlichten Lehren beilegen soll? - Leider sind wir nicht imstande. Ihnen über diese Punkte Aufklärung z.u verschaffen; dagegen finden wir uns veranlasst. obiger Frage noch folgende beizufügen: I8t es wahr. dasl Pythagoras einmal seine Schwiegermutter eine »Gans« geheissen hat. und wenn so. welchen Wert hat dann der von ihm aufgestellte Lehrsatz. dass in einem rechtwinkligen Dreieck das Quadrat der Hypothenuse gleich ist dem Quadrate der beiden Katheten? - Ist es wahr, dass Sokrates als ein Verbrecher zum Tode verurteilt wurde, und wenn so. welchen Wert hat dann der von ihm aufgestellte Grundsatz: »Mensch, erkenne dich selbst«? (Derselbe scheint auch nicht von ihm erfunden, sondern ein Plagiat zu sein.) - Ist es wahr. dass Galileo der Ketzerei beschuldigt wurde, und wenn so. welchen Wert hat dann die von ihm aufgestellte Theorie. dass die Erde sich drehe?

wenn so, welchen Wert man dann den von ihr veröffent-

lichten Lehren beilegen soll? — Leider sind wir nicht im-

stande, Ihnen über diese Punkte Aufklärung zu verschaffen;

dagegen finden wir uns veranlasst, obiger Frage noch

folgende beizufügen:

Ist es wahr, dass Pythagoras einmal seine Schwieger-

mutter eine »Gans« geheissen hat, und wenn so, welchen

Wert hat dann der von ihm aufgestellte Lehrsatz, dass in

einem rechtwinkligen Dreieck das Quadrat der Hypothenuse

gleich ist dem Quadrate der beiden Katheten? — Ist es

wahr, dass Sokrates als ein Verbrecher zum Tode verurteilt

wurde, und wenn so, welchen Wert hat dann der von ihm

aufgestellte Grundsatz: »Mensch, erkenne dich selbst«?

(Derselbe scheint auch nicht von ihm erfunden, sondern ein

Plagiat zu sein.) — Ist es wahr, dass Galileo der Ketzerei

beschuldigt wurde, und wenn so, welchen Wert hat dann

die von ihm aufgestellte Theorie, dass die Erde sich drehe?

Dr. B. in B. Zur Bildung einer richtigenTheosophischen

Gesellschaft gehören Personen, welche fähig sind, erstens

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selbstlos und zweitens verständig zu handeln. Diese

beiden Eigenschaften finden sich aber nur selten beisammen.

M. V. in B. Als Gegenstände zur Betrachtung für

Ihren »esoterischen Kreis« möchten wir den von Ihnen

vorgeschlagenen noch folgende beifügen: Die Erforschung

der esoterischen Bedeutung der bekannten Dichtungen:

»Karolus Magnus kroch ins Bett.«

»O du hebe Flieg' an der Wand.«

»Als Noah aus dem Kasten war.«

»Ich hab' den ganzen Vormittag auf meiner Kneip'

studiert.«

Dr. E. in B. Zur Bildung einer richtigen Theosophischen Gesellschaft gehören Personen. welche fähig sind. erstens selbstlos und zweitens verständig zu handeln. Diese beiden Eigenschaften finden sich aber nur selten beisammen.

M. V. in B. Als Gegenstände zur Betrachtung für Ihren »esoterischen Kreis« möchten wir den von Ihnen vorgeschlagenen noch folgende beifügen: Die Erforschung der esoterischen Bedeutung der bekannten Dichtungen: »Karolus Magnus kroch ins Bett.« »0 du liebe Flieg' an der Wand.« »Als Noah aus dem Kasten war.« »Ich hab' den ganzen Vormittag auf meiner Kneip' studiert.«

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3°1

Wenn es Ihnen gelungen ist, Geist in diesen Dingen

zu finden, können Sie sich an noch schwierigere Probleme

heranwagen.

M. Q-. in F. Man darf Berühmtheit nicht mit Un-

sterblichkeit verwechseln. Wenn die Unsterblichkeit nur

darin besteht, dass man von der Nachwelt in Erinnerung

behalten wird, dann sind Balaams Esel und der Schimmel,

Wenn es Ihnen gelungen ist, Geist in diesen Dingen 2U finden, können Sie sich an noch schwierigere Probleme heranwagen.

den Napoleon geritten hat, auch unsterblich geworden.

Rosenkreuzer in R. Man sollte glauben, dass jeder

:M. G. in F. Man darf Berühmtheit nicht mit Un-

vernünftige Mensch, der die angebliche »Fama Fraterni-

tatis« und »Allgemeine Reformation« der Rosen-

kreuzer, wenn auch nur oberflächlich gelesen hat, einsieht,

dass es sich dabei um eine Satire handelt, um so mehr als

die dort beschriebene Generalversammlung aller Gelehrten

der Welt, welche die Menschheit reformieren wollen, damit

endigt, dass man eine neue Art Krautköpfe gross zu ziehen,

sterblichkeit verwechseln. Wenn die Unsterblichkeit nur ~ besteht, dass man von der Nachwelt in Erinnerung behalten wird, dann sind Balaams Esel und der Schimmel. den Napoleon geritten hat, auch unsterblich geworden.

einzuführen beschliesst. Aber es giebt Leute, die ebenso

»witzblind« sind, wie es Farbenblinde giebt, und deshalb

wird diese Fabel auch heute noch von gewissen Schrift-

stellern ernsthaft genommen.

A. F. in N". Die Antwort auf Ihre Frage in Bezug

auf die Verbreitung von theosophischen Lehren ist in der

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Bhagavad Gita, Kap. XVIII, V. 68 und auch in Kap. IH,

V. 26 enthalten.

Dr. R. in S. Sie fragen: »Wer glaubt heutzutage

noch an »schwarze Magie«, »Astralkörper« und dergleichen

dummes Zeug?« — Antwort: An dummes Zeug glauben

bloss die Dummen, und sie halten selbst das Gescheite für

dumm; weil ihnen daraus nur ihre eigene Dummheit ent-

gegenstarrt. An »schwarze Magie« und »Astralkörper«

glauben diejenigen, welche wissen, was man darunter

versteht.

Rosenkreuzer in Re Man sollte glauben, dass jeder vernünftige Mensch, der die angebliche »Fama Fraternitatis« und »Allgemeine Reformation« der Rosenkreuzer, wenn auch nur oberflächlich gelesen hat, einsieht, dass es sich dabei um eine Satire handelt, um so mehr als <lie dort beschriebene Generalversammlung aller Gelehrten der Welt, welche die Menschheit refonnieren wollen, damit endigt, dass man eine neue Art Krautköpfe gross zu ziehen, einzuführen beschliesst. Aber es giebt Leute, die ebenso :owitzblind« sind, wie es Farbenblinde giebt, und deshalb wird diese Fabel auch heute noch von gewissen Schriftstellern ernsthaft genommen. A. F. in N. Die Antwort auf Ihre Frage in Bezue auf die Verbreitung von theosophischen Lehren ist in der Bhagavad Gita, Kap. XVIII, V.68 und auch in Kap. III, V. 26 enthalten.

Dr. Re in B. Sie fragen: »Wer glaubt heutzutage noch an »schwarze Magie«, »Astralkörperc und dergleichea dummes Zeug?« - Antwort: An dummes Zeug glaubell bloss die Dummen, und sie halten leIbst das Gescheite fl!r dumm; weil ihnen daraus nur ihre eigene Dummheit entgegenstarrt. An »schwarze Magie« und »Astralkörperc glauben diejenigen, welche wissen, was man darunter versteht.

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3°2

G. M. in L. Der Hauptzweck der »Theosophischen

Gesellschaft« ist nicht das theoretische Wissen allein, son-

dern die Erweckung der einsichtsvollen Liebe, welche die

G. J/L in L. Der Hauptzweck der »Theosophischen Gesellschaft« ist nicht das theoretische Wissen allein, sondern die Erweckung der einsichtsvollen Liebe, welche die ganze Menschheit verbindet. Von dieser allgemeinen Menschenverbrüderung ist niemand ausgeschlossen, denn sonst wäre sie ja nicht allgemein. Es handelt sich nicht darum, wer in diese Verbrüderung aufgenommen werden soll, sondem wer ihr beizutreten fähig ist, und darüber entscheidet der Grad der Selbstlosigkeit, die der Betreffende in sich hat. Gerade weil das Ziel, auf welches die »Theosophische Gesellschaft« lossteuert, ein so erhabenes und einfaches und dennoch aussergewöhnliches ist, wird es von so wenigen Menschen begriffen. Das theoretische Wissen allein genügt noch nicht, um die Menschen zu veredeln und die selbstgeflUlige Moral vermehrt nur den Eigendünkel. Die wabre Freiheit vom Irrtum besteht nur in der wahren Erkenntnis; aber freilich ist auch für viele angebliche »Theosophen« die Befriedigung ihrer wissenschaftlichen Neugierde der Gipfelpunkt aller ftir sie denkbaren Vollkommenheit.

ganze Menschheit verbindet. Von dieser allgemeinen Men-

schenverbrüderung ist niemand ausgeschlossen, denn sonst

wäre sie ja nicht allgemein. Es handelt sich nicht darum,

wer in diese Verbrüderung aufgenommen werden soll, son-

dern wer ihr beizutreten fähig ist, und darüber entscheidet

der Grad der Selbstlosigkeit, die der Betreffende in sich

hat. Gerade weil das Ziel, auf welches die »Theosophische

Gesellschaft« lossteuert, ein so erhabenes und einfaches und

dennoch aussergewöhnliches ist, wird es von so wenigen

Menschen begriffen. Das theoretische Wissen allein ge-

nügt noch nicht, um die Menschen zu veredeln und die

selbstgefällige Moral vermehrt nur den Eigendünkel. Die

wahre Freiheit vom Irrtum besteht nur in der wahren Er-

kenntnis; aber freilich ist auch für viele angebliche »Theo-

sophen« die Befriedigung ihrer wissenschaftlichen Neugierde

der Gipfelpunkt aller für sie denkbaren Vollkommenheit.

R. N. in I\ No. III der »Theosophischen Rundschau«

ist bereits erschienen und kann vom Verlage des Theo-

sophischen Vereins in Wien bezogen werden. Nähere

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Auskunft kann Ihnen vielleicht Herr Ludwig Last, Kleine

Neugasse 4, Wien IV erteilen.

A. S. in L. (London). In der mir zugesandten Monats-

schrift finde ich wohl allerlei Gelehrtenkram und Gehässig-

keit, aber keine Theosophie. Was nützt es, das Treiben

der alten Gnostiker durch das Schlüsselloch zu beobachten,

wenn man selber kein Gnostiker ist, und nicht einmal

weiss, was man unter gnosis (Selbsterkenntnis) versteht?

B. K. in O. Wohlgemeinte Absichten schützen den

Menschen nicht vor Thorheit, wenn er dabei nicht die

R. N. in F. No. III der »Theosophischen Rundschau« ist bereits erschienen und kann vom Verlage des Theosophischen Vereins in Wien bezogen werden. Nähere Auskunft kann Ihnen vielleicht Herr Ludwig Last, Kleine N eugasse 4, Wien IV erteilen.

A. 8. in L. (London). In der mir zugesandten Monatsschrift finde ich wohl allerlei Gelehrtenkram und Gehässigkeit, aber keine Theosophie. Was nützt es, das Treiben der alten Gnostiker durch das Schlüsselloch zu beobachten, wenn man selber kein Gnostiker ist, und nicht einmal weias. was man unter gnosis (Selbsterkenntnis) versteht? B. K. in O. Wohlgemeinte Absichten schützen den Menschen nicht vor Thorheit, wenn er dabei nicht die

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3°3

nötige Erkenntnis besitzt. Die grössten Dummheiten wer-

den oft in der besten Absicht begangen, und manche liebe

Person, die für das Gute, welches sie nicht kennt, be-

nötige Erkenntnis besitzt. Die grössten Dummheiten werden oft in der besten Absicht begangen, und manche liebe Person, die ftir das Gute, welches sie nicht kennt, begeistert zu sein glaubt, macht sich mit Enthusiasmus zum Werkzeug des Bösen, ohne dass sie es selber weiss; weil sie zwischen den Einflüssen, die auf sie einwirken. nicht unterscheiden kann. Das Gefühl ohne Verstand ist blind. Die fromme Schwärmerei leitet leicht zu allerlei Verirrungen und die Sexualpathologie findet stets das reichhaltigste Material unter den Pietisten. So findet auch bei sogenannten »religiösen Erweckungen« z. B. in der »HeUsarmee« eine Oberflügelung der Vemunft durch das Gefühlsleben, mit anderen Worten, eine moralische Besoffenheit statt, und mancher »Bekehrte« glaubt, er sei vom heiligen Geiste inspiriert, während er in Wirklichkeit, so zu sagen, vom Teufel an der Nase gefiihrt wird.

geistert zu sein glaubt, macht sich mit Enthusiasmus zum

Werkzeug des Bösen, ohne dass sie es selber weiss; weil

sie zwischen den Einflüssen, die auf sie einwirken, nicht

unterscheiden kann. Das Gefühl ohne Verstand ist blind.

Die fromme Schwärmerei leitet leicht zu allerlei Ver-

irrungen und die Sexualpathologie findet stets das reich-

haltigste Material unter den Pietisten. So findet auch bei

sogenannten »religiösen Erweckungen« z. B. in der »Heils-

armee« eine Überflügelung der Vernunft durch das Ge-

fühlsleben, mit anderen Worten, eine moralische Besoffen-

heit statt, und mancher »Bekehrte« glaubt, er sei vom

heiligen Geiste inspiriert, während er in Wirklichkeit, so

zu sagen, vom Teufel an der Nase geführt wird.

O. v. F. in "W". Der Theosoph hegt gegen nieman-

den eine persönliche Feindseligkeit; damit ist aber nicht

gesagt, dass er die Unwissenheit, Fehler und Irrtümer, die

er in anderen Menschen sieht, lobenswert finden muss.

Man kann die Lüge hassen und dennoch denjenigen, der

an dieser Krankheit leidet, lieben. Persönliche Feind-

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schaften kommen nur unter denjenigen vor, die zwischen

Prinzipien und Personen nicht unterscheiden können. Wer

sich selber erkennt, der sieht auch, dass seine eigenen

Fehler nicht in Wirklichkeit ihm selbst, sondern nur der

Persönlichkeit, mit der er behaftet ist, angehören; er be-

urteilt alle anderen Menschen nach diesem Prinzip, und

O. v. F. in W. Der Theosoph hegt gegen niemanden eine persönliche Feindseligkeit; damit ist aber nicht gesagt, dass er die Unwissenheit, Fehler und Irrtümer, die er in anderen Menschen sieht, lobenswert finden muss. Man kann die Lüge hassen und dennoch denjenigen, der an dieser Krankheit leidet, lieben. Persönliche Feindschaften kommen nur unter denjenigen vor, die zwischen Prinzipien und Personen nicht unterscheiden können. Wer sich selber erkennt, der sieht auch, dass seine eigenen Fehler nicht in Wirklichkeit ihm selbst, sondem nur der Persönlichkeit, mit der er behaftet ist, angehören; er beurteilt alle anderen Menschen nach diesem Prinzip. und sucht ihnen behilflich zu sein, ihre Irrtümer zu überwinden, anstatt sie wegen derselben zu verdammen. ..

sucht ihnen behilflich zu sein, ihre Irrtümer zu über-

winden, anstatt sie wegen derselben zu verdammen. *

G. F. in B. In Görlitz soll dem erleuchteten Theo-

sophen Jakob Boehme ein Denkmal errichtet werden, wozu

uns eine vorzügliche Abbildung des Modells vorliegt, und

G. F. in B. In Görlitz soll dem erleuchteten Theo-. sophen Jakob Boehme ein Denkmal errichtet werden, wozu uns eine vorzügliche Abbildung des Modells vorliegt, und

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— 3°4 —

Beiträge werden von Schuhmachermeister Thomas, Steia-

strasse No. 4 in Görlitz, entgegen genommen werden. 7000 Mark

sollen bereits zu diesem Zwecke gezeichnet sein. Was uns

Beiträge werden von Schuhmachermeister Thomas, SteiBltraIse No. 4 in Görlitz, entgegen genommen werden. 7000Mark sollen bereits zu dielem Zwecke gezeichnet sein. Was lDlS betrifft, to wi1rden wir es viel lieber sehen, wenn anstatt eitles Denkmals ein Verständnis der erhabeBen Lehren dieses Meisters in Deutschland zu finden wire, und Boehme selbst wäre wohl der letzte gewesen, der der Ve!'We'!lduug yon Geld zu einem solchen Zwecke beigestimmt bitte, 80 lege dasselbe besser zur Linderung der entsetzlichen Not, die viele Menschen leiden, verwendet werden könnte. Wenn aber der menschlichen Eitelkeit ein solches Opfer gebracht werden 1011, 10 verdient Jakob Boeh.me sicherlich l'iel eher als viele aDdere ein Denkmal. Vielleicht dient dasselbe dazu, den einen oder den andem auf seine Schrif*en aufmerksam zu machen.

betrifft, so würden wir es viel lieber sehen, wenn anstatt

eines Denkmals ein Verständnis der erhabenen Lehren dieses

Meisters in Deutschland zu finden wäre, und Boehme selbst

wäre wohl der letzte gewesen, der der Verwendung von Geld

zu einem solchen Zwecke beigestimmt hätte, so lange dasselbe

besser zur Linderung der entsetzlichen Not, die viele Men-

schen leiden, verwendet werden könnte. Wenn aber der

menschlichen Eitelkeit ein solches Opfer gebracht werden

soll, so verdient Jakob Boehme sicherlich viel eher als viele

andere ein Denkmal. Vielleicht dient dasselbe dazu, den

einen oder den andern auf seine Schriften aufmerksam zu

machen.

Ii. B. in P. Der Vorschlag, einen »Kongress der Mensch-

heit« im Jahre 1900 in Paris abzuhalten, ist von den

Friedensfreunden in Frankreich ausgegangen. Die Idee,

welche eine Verbrüderung der ganzen Menschheit bezweckt,

ist sehr beachtenswert und es steht zu hoffen, dass sie

verwirklicht wird, wenn nicht bis dahin ganz Europa in

Flammen steht.

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A. C- in K. Der wahre Okkultist ist kein in Welt-

schmerz versunkener Träumer, welcher sich einbildet, er

müsse die Leiden der Menschheit auf seinen Schultern

tragen; sondern er erkennt sich selbst im Ganzen und das

L. B. in P. Der Vorschlag, einen »Kongress der Mensch-

Ganze in sich. Dies kann nur durch das Auge der gött-

heite im Jahre 1900 in Paris abzuhalten, ist von den Friedensfreunden in Frankreich ausgegangen. Die Idee, welche eine Verbrüderung der ganzen Menschheit bezweckt, ist sehr beachtenswert und es steht zu hoffen, dass sie verwirklicht wird, wenn nicht bis dahin ganz Europa in Flammen steht.

lichen Selbsterkenntnis im Menschen geschehen und dieser ist

über Lust und Leid erhaben. Es ist etwas anderes, auf

einen" Ameisenhaufen heruntersehen zu können, und zu be-

obachten, was darin vorgeht, als selber eine darin herum-

krabbelnde Ameise zu sein. Der wahre Okkultist erkennt

das Gesetz der Notwendigkeit, und auch die dahinter ver-

borgene Liebe, welche alles zum Guten lenkt.

L C. in X. Der wahre Okkultist ist kein in Weltschmerz versunkeDer Träumer, wekber sich einbildet, er DlÜIft die Leiden der Menschheit auf seinen Schultern tragell; sondern er erkennt sich selbst im Ganzen und das Gan~ in sich. Dies kann nur durch das Auge der göttlichen Selbsterkenntnis im Menschen geschehen und dieser ist iiber Lust und Leid erhaben. Es ist etwas anderes, auf einel Ameisenhaufen heruntersehen zu können, und zu beobachten, was darin vorgeht, als selber eine darin herumkrabbelnde Ameise zu sein. Der wahre Okkultist erkennt cias Gesetz der Notwendigkeit, und aech die dahinter verborgene Liebe, welche alles zum Guten lenkt.

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3°5

R. L. in K. Weder die Belesenheit und der Scharf-

sinn, noch auch die Gefühlsduselei und Schwärmerei macht

einen Theosophen und Okkultisten; das Ideale wird in uns

B. L. in K. Weder die Belesenheit und der Scharf-

nur durch die That verwirklicht. Es giebt viele, welche

von Überschwenglichkeit überlaufen, und sich berufen

sinn, noch auch die GefiihlsdlllSelei und Schwärmerei macht einen Theosophen und Okkultisten; das Ideale wird in uns nur durch die That verwirklicht. Es giebt viele, welche von überschwenglichkeit überlaufen, und sich berufen glauben, die Welt zu refonnieren; es aber dabei nicht übers Her-z bringen können, zehn Pfennige für eine gute Sache Z1l opfern.

glauben, die Welt zu reformieren; es aber dabei nicht übers

Herz bringen können, zehn Pfennige für eine gute Sache

zu opfern.

S. 8. in M. Nicht jedermann ist ein Mystiker. Wenn

Sie nicht die Fähigkeit haben, den Inhalt der mystischen

Schriften im mystischen Sinn aufzufassen, so werden Sie

ihn trotz aller Erklärungen nicht begreifen, und es dürfte

für Sie zweckmässiger sein, solche Schriften gar nicht zu

lesen, statt sich darüber nutzlos den Kopf zu zerbrechen.

»Magier« in P. Magische Kräfte können sowohl in

guten als auch in bösartigen Menschen erweckt werden.

B. S. in M. Nicht jedermann ist ein Mystiker. Wenn Sie nicht die Fähigkeit haben, den Inhalt der mystischen Schriften im mystischen Sinn aufzufassen, so werden Sie ihn trotz aller Erklärungen nicht begreifen, und es dürfte für Sie zweckmässiger sein, solche Schriften gar nicht zu lese~ statt sich darüber nutzlos den Kopf zu zerbrechen.

Die weisse Magie benützt diese Kräfte zur selbstlosen

Ausübung des Guten; die schwarze Magie zu eigen-

nützigen Zwecken. Die weisse Magie macht das Tierische

im Menschen dem Göttlichen, die schwarze Magie das Gött-

liche dem Tierischen dienstbar. Eine Anwendung intellek-

tueller Verstandeskräfte zu niedrigen Zwecken ist keine

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schwarze Magie; denn die hierbei in Verwendung kommen-

den »geistigen« Kräfte sind nicht göttlicher Natur, sondern

gehören dem vergänglichen, tierischen Menschen an. Schwarze

_Magier« in P. Magische Kräfte können sowohl in guten als auch in bösartigen Menschen erweckt werden. Die weisse Magie benützt diese Kräfte zur selbstlosen Ausübung des Guten; die schwarze Magie zu eigennützigen Zwecken. Die weisse Magie macht Glas Tierische im Menschen dem Göttlichen, die schwarze Magie das Göttliche dem Tierischen ~nstbar. Eine Anwendung intellek. tueller Verstandeskräfte zu niedrigen Zwecken ist keine schwarze Magie; denn die hierbei in Verwendung kommenden _geistigen« KrAfte sind nicht göttlicher Natur, sondern gehören dem vergänglichen, tierischen Menschen an. Schw8I'ze Magie ist es, wenn das im Menschen erwachte wahre Selblltbewusstsein und der freigewordene Wille zu niedrigen Zwecken nrwendet wird; besonders wenn auf diese Weise Eingriffe in das Seelenleben eines anderen Menschen gemaeht werden, wie es z. B. beim _Hypnotisieren« geschieht. In der weiHen Magie wird das Materielle vergeistigt und im Geiste unsterblich; in der schwarzen Magie wird der Geist an das Materielle gebunden und geht mit demselben an den Abgrund. Da aber das Göttliche nicht fiir immer

Magie ist es, wenn das im Menschen erwachte wahre Selbst-

bewusstsein und der freigewordene Wille zu niedrigen

Zwecken verwendet wird; besonders wenn auf diese Weise

Eingriffe in das Seelenleben eines anderen Menschen ge-

macht werden, wie es z. B. beim »Hypnotisieren« geschieht.

In der weissen Magie wird das Materielle vergeistigt und

im Geiste unsterblich; in der schwarzen Magie wird der

Geist an das Materielle gebunden und geht mit demselben

an den Abgrund. Da aber das Göttliche nicht für immer

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— 3o6 —

30 b

mit dem Tierischen verbunden bleiben kann, so findet früher

oder später eine Trennung statt, und diese Trennung be-

deutet die Qualen der Hölle und die Vernichtung der In-

mit dem Tierischen verbunden bleiben kann, so findet früher oder spAter eine Trennung statt, und diese Trennung bedeutet die Qualen der Hölle und die Vernichtung der Individualität.

dividualität.

B. W. in N". Es ist zwecklos, sich in eine wissen-

schaftliche Debatte über Dinge einzulassen, die jenseits des

Horizontes der Wissenschaft liegen, weil sie nicht dem

menschlich - tierischen Intellekte, sondern nur der göttlichen

Weisheit erreichbar sind. Dasjenige, was sich reinkarniert,

ist weder die Gottheit selbst, noch die Persönlichkeit, son-

B. W. in N. Es ist zwecklos, sich in eine wissen-

dern die geistige Individualität des Menschen, welche aus

seinen Charaktereigenschaften (Skandhas) zusammengesetzt

schaftliche Debatte über Dinge einzulassen, die jenseits des Horizontes der Wissenschaft liegen, weil sie nicht dem menschlich - tierischen Intellekte, sondern nur der göttlichen Weisheit erreichbar sind. Dasjenige, was sich reinkamiert, ist weder die Gottheit selbst, noch die Persönlichkeit, sondem die geistige Individualität des Menschen, welche aus seinen Charaktereigenschaften (Skandhas) zusammengesetzt ist; d. h. es tritt aus dem angesammelten Kar m a eine neue Erscheinung ins Dasein, welche von dem göttlichen Geiste belebt wird. Somit wurzelt die göttliche Individualität des Menschen in Gott, seine menschliche Individualitä.t in seinem angesammelten Karma, seine Persönlichkeit in der Erscheinung. Allerdings ist dem Wesen nach nichts anderes da als Gott, und alle Menschen sind eins in der Gottheit, und es ist in gewissem Sinne irrtümlich, von Gott und Mensch zu sprechen, als ob dies zwei wesentlich voneinander verschiedene Begriffe wären; ja selbst der höchste Buddha ist im Grunde genommen nur eine Ausstrahlung der alleinigen Gottheit; allein wenn man sagt, dass die Erscheinung an sich, d. h. ohne Gott ein Nichts sei, so ist damit nicht gemeint, dass die Erscheinung, in der sich das Wesen der Gottheit ausdrückt, ein Nichts, oder nicht vorhanden sei; sondem das »unaussprechliche und unbeschreibliche Bilde (wie es Sankaracharya nennt), das :tKarana Sharirae oder der verklärte Geisteskörper , von welchem immer neue Inkarnationen ausgehen, hat ein Dasein, welches nach menschlichen Begriffen unsterblich genannt werden kann. Ich würde Ihnen raten, Sankaracharyas :t Tattwa Bodhae aufmerksam zu lesen. Wer nur ein Metaphysiker

ist; d. h. es tritt aus dem angesammelten Karma eine

neue Erscheinung ins Dasein, welche von dem göttlichen

Geiste belebt wird. Somit wurzelt die göttliche Indivi-

dualität des Menschen in Gott, seine menschliche Indivi-

dualität in seinem angesammelten Karma, seine Persönlichkeit

in der Erscheinung. Allerdings ist dem Wesen nach nichts

anderes da als Gott, und alle Menschen sind eins in der

Gottheit, und es ist in gewissem Sinne irrtümlich, von Gott

und Mensch zu sprechen, als ob dies zwei wesentlich von-

einander verschiedene Begriffe wären; ja selbst der höchste

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Buddha ist im Grunde genommen nur eine Ausstrahlung

der alleinigen Gottheit; allein wenn man sagt, dass die Er-

scheinung an sich, d. h. ohne Gott ein Nichts sei, so ist

damit nicht gemeint, dass die Erscheinung, in der sich das

Wesen der Gottheit ausdrückt, ein Nichts, oder nicht vor-

handen sei; sondern das »unaussprechliche und unbeschreib-

liche Bilde (wie es Sankaracharya nennt), das »Karana

Sharira« oder der verklärte Geisteskörper, von welchem

immer neue Inkarnationen ausgehen, hat ein Dasein, welches

nach menschlichen Begriffen unsterblich genannt werden

kann. Ich würde Ihnen raten, Sankaracharyas »Tattwa

Bodha« aufmerksam zu lesen. Wer nur ein Metaphysiker

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3°7

ist, dem werden diese Dinge schwerlich einleuchten; man

muss selber ein Okkultist sein, um okkulte Geheimnisse zu

begreifen. Auch kann ich nicht oft genug wiederholen,

ist, dem werden diese Dinge schwerlich einleuchten; man muss selber ein Okkultist sein, um okkulte Geheimnisse zu begreifen. Auch kann ich nicht oft ~enug wiederholen, dass alles, was ich über okkulte Dinge schreibe, keine Dogmen der »Theosophischen Gesellschaft« (die ja gar keine Dogmen hat), sondern bloss meine eigenen Anschauungen und diejenigen meiner Lehrer sind. Sie sind somit Privatsache und es steht jedem frei, davon zu halten was er will oder kann.

dass alles, was ich über okkulte Dinge schreibe, keine Dog-

men der »Theosophischen Gesellschaft« (die ja gar keine

Dogmen hat), sondern bloss meine eigenen Anschauungen

und diejenigen meiner Lehrer sind. Sie sind somit Privat-

sache und es steht jedem frei, davon zu halten was er will

oder kann.

T. K. in E. Ich glaube, dass sich die ganze Lehre

von der Unsterblichkeit und Reinkarnation in wenige Worte

zusammenfassen lässt: Der Mensch ist ein intellektuelles

Tier, in welchem das Gottesbewusstsein schlummert. Wenn

dieses Gottesbewusstsein im Menschen erwacht, so erlangt

er dadurch das Bewusstsein seiner Unsterblichkeit. Nach

dem Tode trennt sich das Göttlich-Menschliche vom Mensch-

lich-Tierischen. Der göttliche Funke trennt sich vom Men-

T. K. in E. Ich glaube, dass sich die ganze Lehre von der Unsterblichkeit und Reinkarnation in wenige Worte zusammenfassen lässt: Der Mensch ist ein intellektuelles Tier, in welchem das Gottesbewusstsein schlummert. Wenn dieses Gottesbewusstsein im Menschen erwacht, so erlangt er daq.urch das Bewusstsein seiner Unsterblichkeit. Nach dem Tode trennt sich das Göttlich-Menschliche vom Menschlich-Tierischen. Der göttliche Funke trennt sich vom Menschen, und wenn im Menschen das Göttliche nicht zum Bewusstsein gekommen ist, so geht der Tiermensch mit allen seinen angesammelten Schätzen zu Grunde, und der göttliche Funke nimmt wieder seine W ohuung in einer anderen Person. Wer es nicht für der Mühe wert hält, diese Lehre kennen zu lernen und sein Leben darnach einzurichten, der ist sehr zu bedauern.

schen, und wenn im Menschen das Göttliche nicht zum

Bewusstsein gekommen ist, so geht der Tiermensch mit

allen seinen angesammelten Schätzen zu Grunde, und der

göttliche Funke nimmt wieder seine Wohnung in einer an-

deren Person. Wer es nicht für der Mühe wert hält, diese

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Lehre kennen zu lernen und sein Leben darnach einzurichten,

der ist sehr zu bedauern.

L. S. in C. So viel ich weiss, bietet kein Stand so

viel Gelegenheit zur Übung der Selbstbeherrschung, als der

Ehestand. Die Kraft, welche auf der tierischen Ebene den

Geschlechtstrieb erzeugt, ist eine Ausstrahlung der höchsten

schöpferischen Kraft, welche Welten schafft. Wer dieselbe

zwecklos vergeudet, anstatt sie auf einer höheren Ebene zu

verwenden, handelt noch mehr sinnlos, als derjenige, welcher

sein Geld zum Fenster hinauswirft.

Druck von Carl Otto in Meerane.

L. B. in C. So viel ich weiss, bietet kein Stand so viel Gelegenheit zur übung der Selbstbeherrschung, als der Ehestand. Die Kraft, welche auf ,der tierischen Ebene den Geschlechtstrieb erzeugt, ist eine Ausstrahlung der höchsten schöpferischen Kraft, welche Welten schafft. Wer dieselbe z1tecklos vergeudet, anstatt sie auf einer höheren Ebene zu verwenden, handelt noch mehr sinnlos, als derjenige, welcher sein Geld zum Fenster hinauswirft.

-----......--Druck von earl Ouo in Mllurane.

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Verlag von Wilhelm Frledrich in Leipzig. Verlag von Wilhelm Friedrich in Leipzig.

Letzte Novitäten des Verlages.

Letzte Novitäten des Verlages.

Gewissensfreiheit.

Von Dr. C. Bongte.

Autorisierte Übersetzung aus dem Französischen von A. Tauxe.

Gewissensfreiheit.

Preis Mk. 2,—.

Die Individuität und Individualisation des Einzelnen.

Von Dr. C. Bougl6. Autorisierte 'Übersetzung aus dem Französischen von A. Tauxe. Preis Mk. 2,-.

Von Philipp Gngler. — Preis Mk. 8,—.

Psychologie der Naturvölker.

Ethnographische Parallelen.

Von Jac. Robinsohn. — Preis Mk. 2,—.

G^b Sexual-Religion.

Von D* J* S*

L Sexual-Mystik. II. Sexual-Moral. III. Sexual - Magie.

Preis Mk. 9,—.

Auch einzeln: I. = Mk. 2,50, IL = Mk. 2,50, III. = Mk. 4,—.

Die Individuität und Individualisation des Einzelnen. Von Philipp Gngler. -

Wozu dienen Vernunft-Anlagen

Preis Mk. 8,-.

im Hinblicke auf den Schluss

Psychologie der Naturvölker.

von Fr. v. Hellwalds Kulturgeschichte und Ed. v. Hartmanns

Philosophie des Unbewussten.

Von J. Striegel. — Preis Mk. 2,—.

Ethnographische Parallelen.

Der Mensch hat keine Vernunft im Sinne Kants.

Eine Abhandlung über den Geist unter Berücksichtigung einer der

Von Jac. Robinsohn. -

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neuesten Metaphysiken und der Vernunftkritik Kants.

Preis Mk.

2,-.

Von Hugo Stehr. — Preis Mk. 2,—.

Philosophische Studien.

~

Sexual- Religion.

G§;

Entwürfe, Skizzen und Aphorismen.

n"

Von Emil Stein. — Preis Mk. 1,50.

Von J* S* H. Sexual-Moral. m. Sexual-Magie. Preis Mk. 9,-' Mk. 2,50, H. = Mk. 2,50, m. = Mk. 4,-.

L Sexual-Mystik. Auch einzeln: J.

=

Wozu dienen Vernunft-Anlagen im Hinblicke auf den Schluss von Fr. v. HellwaIds Kulturgeschichte und Ed. v. Hartmanns Philosophie des Unbewussten. Von .J. Striegel. - Preis Mk. 2,-. q

V'bo~ Z~m.aD.~ol

Ba-Dia.

Der Mensch hat keine Vernunft im Sinne Kants. Eine Abhandlung über den Geist unter Berücksichtigung einer der neuesten Metaphysiken und der Vemunftkritik Kants. Von Hugo Stehr. - Preis Mk. 2,-.

Philosophische Studien. Entwürfe, Skizzen und Aphorismen. Von Emil Stein. -

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Preis Mk. 1,50.

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Über die

„GeheimMre" von H. B. Blavatsky

und ihre Quelle.

Die »Geheimlehre« von H. P. Blavatsky

(The Secret Doctrine), bestehend aus zwei

Bänden mit je über 700 und 800 Seiten, kann

wohl mit Recht als das grossartigste Werk,

welches seit dem Anfange der christlichen Zeit-

rechnung erschienen ist, bezeichnet werden,

und es ist zu hoffen, dass dieses Werk, von

welchem bereits Übersetzungen in verschie-

denen europäischen Sprachen erschienen sind,

nun auch bald in deutscher Übersetzung er-

scheinen wird. Für diejenigen, welche dieses

Buch und die Umstände, unter denen es ge-

schrieben worden ist, kennen, bedarf es keines

Über die

weiteren Kommentars; denen, die dasselbe

oder dessen Quellen nicht kennen, diene zur

Lotusblüthon LVI. 21

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"Geheimlehre" von H. B. Blavatsky und ihre Quelle. Die »Geheimlehre« von H. P. Blavatsky (The Secret Doctrine), bestehend aus zwei Bänden mit je über 700 und 800 Seiten, kann wohl mit Recht als das grossartigste Werk, welches seit dem Anfange der christlichen Zeitrechnung erschienen ist, bezeichnet werden, und es ist zu hoffen, dass dieses Werk, von welchem bereits Übersetzungen in verschiedenen europäischen Sprachen erschienen sind, nun auch bald in deutscher Übersetzung erscheinen wird. Für diejenigen, welche dieses Buch und die Umstände, unter denen es geschrieben worden ist, kennen, bedarf es keines weiteren Kommentars; denen, die dasselbe oder dessen Quellen nicht kennen, diene zur Lotuablüthen LVI.

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— 31o —

Nachricht, dass dasselbe auf den verständigen

-

Leser geradezu wie eine Offenbarung wirkt,

und dass darin die wichtigsten Probleme der

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-

Wissenschaft, Philosophie und Religion eine

vernunftgemässe und von selbst einleuchtende

Nachricht, dass dasselbe auf den verständigen Leser geradezu wie eine Offenbarung wirkt, und dass darin die wichtigsten Probleme der Wissenschaft, Philosophie und Religion eine vemunftgemässe und von selbst einleuchtende Lösung finden.

Lösung finden.

Die in diesem Werke enthaltenen Lehren

sind weder das Resultat der wissenschaft-

lichen Spekulation, noch auch »spiritistische«

Mitteilungen; sondern sie bestehen vielmehr

in einer Sammlung und Auseinandersetzung

von Lehren über alles was im Universum

vor sich geht, welche, in Bruchstücken und

hinter Allegorien verborgen, in den heiligen

Schriften der verschiedensten Völker enthalten

sind. Obgleich von H. P. Blavatsky nieder-

geschrieben, ist dieses Buch doch eigentlich

das Werk von Adepten und das von A. P.

Die in diesem Werke enthaltenen Lehren sind weder das Resultat der wissenschaftlichen Spekulation, noch auch ~spiritistische« Mitteilungen; sondern sie bestehen vielmehr in einer Sammlung und Auseinandersetzung von Lehren über alles was im Universum vor sich geht, welche, in Bruchstücken und hinter Allegorien verborgen, in den heiligen Schriften der verschiedensten Völker enthalten sind. Obgleich von H. P. Blavatsky niedergeschrieben, ist dieses Buch doch eigentlich das Werk von Adepten und das von A. P. Sinnet verfasste, fälschlich als »Geheimbuddhismus< bezeichnete Buch, ist nichts als eine Ausarbeitung einer Anzahl von denselben Adepten an H. P. Blavatsky geschriebener Briefe über die Geheimlehre, deren Originale dem Verfasser dieses Artikels schon vor zwölf Jahren bekannt waren. Immerhin aber dient das Sinnet'sche Buch, trotz der darin

Sinnet verfasste, fälschlich als »Geheim-

buddhismus« bezeichnete Buch, ist nichts als

eine Ausarbeitung einer Anzahl von denselben

Adepten an H. P. Blavatsky geschriebener

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Briefe über die Geheimlehre, deren Originale

dem Verfasser dieses Artikels schon vor

zwölf Jahren bekannt waren. Immerhin aber

dient das Sinnet'sche Buch, trotz der darin

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— 311 —

enthaltenen Irrtümer, dazu, den auf dem

Gebiete der okkulten Wissenschaft noch nicht

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bewanderten Leser mit den Anfangsgründen

derselben .bekannt zu machen. Dass auch

H. P. Blavatskys Geheimlehre noch nicht

enthaltenen Irrtümer, dazu, den auf dem Gebiete der okkulten Wissenschaft noch nicht bewanderten Leser mit den Anfangsgründen derselben .bekannt zu machen. Dass auch H. P. Blavatskys Geheimlehre noch nicht die ganze und vollständige Geh~imlehre und alles, was der Mensch möglicherweise wissen könnte, enthält, braucht wohl nicht gesagt zu werden; denn um in die tiefsten Geheimnisse der Gottheit einzudringen, dazu ist die Menschheit auf ihrem jetzigen Standpunkte der Evolution noch lange nicht reif; aber das Werk enthält so viel von der »Geheimlehre«, als dem weiter vorgeschrittenen Teile der Menschheit angemessen und fassbar ist, es giebt sowohl dem »wissenschaftlichen« als auch dem »religiösen« Aberglauben den Todesstoss, indem es den Ort enthüllt, wo die wahre Wissenschaft und die wahre Religion sich zusammenfinden, und es eröffnet vor uns eine neue Welt, indem es uns zu einer höheren Stufe von Weltanschauung erhebt, auf welcher sich der geistige Horizont bis ins Unendliche erweitert.

die ganze und vollständige Geheimlehre und

alles, was der Mensch möglicherweise wissen

könnte, enthält, braucht wohl nicht gesagt

zu werden; denn um in die tiefsten Geheim-

nisse der Gottheit einzudringen, dazu ist die

Menschheit auf ihrem jetzigen Standpunkte

der Evolution noch lange nicht reif; aber

das Werk enthält so viel von der »Geheim-

lehre«, als dem weiter vorgeschrittenen Teile

der Menschheit angemessen und fassbar ist,

es giebt sowohl dem »wissenschaftlichen« als

auch dem »religiösen« Aberglauben denTodes-

stoss, indem es den Ort enthüllt, wo die

wahre Wissenschaft und die wahre Religion

sich zusammenfinden, und es eröffnet vor uns

eine neue Welt, indem es uns zu einer

höheren Stufe von Weltanschauung erhebt,

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auf welcher sich der geistige Horizont bis

ins Unendliche erweitert.

Wir haben bereits im ersten und zweiten

Bande der »Lotusblüthen« unter dem Titel

21*

Wir haben bereits im ersten und zweiten Bande der :t Lotusblüthen « unter dem Titel 21*

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»Auszüge aus der Geheimlehre des Ostens

und dem Buche Dzyan« einen Grundriss der

in dieser Geheimlehre enthaltenen Lehren

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gegeben, und wir raten dem Leser, diesen

-

Grundriss zu studieren, ehe er sich an das

grosse Werk von H. P. Blavatsky heranwagt,

:tAuszüge aus der Geheimlehre des Ostens und dem Buche Dzyan« einen Grundriss der in dieser Geheimlehre enthaltenen Lehren gegeben, und wir raten dem Leser, diesen Grundriss zu studieren, ehe er sich an das grosse Werk von H. P. Blavatsky heranwagt, in welchem er die ihm allenfalls auftauchenden Fragen des weiteren erklärt und auseinandergesetzt findet; denn die Verfasserin hat sich darin bemüht, nicht bloss die Lehren der okkulten Wissenschaft mitzuteilen und zu erklären, sondern auch alle möglichen Einwendungen der modemen Gelehrtenwelt schon im voraus auf wissenschaftlichem Boden zu widerlegen, und die Argumente der Skeptiker durch ihre eigenen Schriften a d absurdum zu führen.

in welchem er die ihm allenfalls auftauchen-

den Fragen des weiteren erklärt und aus-

einandergesetzt findet; denn die Verfasserin

hat sich darin bemüht, nicht bloss die Lehren

der okkulten Wissenschaft mitzuteilen und

zu erklären, sondern auch alle möglichen Ein-

wendungen der modernen Gelehrtenwelt

schon im voraus auf wissenschaftlichem Bo-

den zu widerlegen, und die Argumente der

Skeptiker durch ihre eigenen Schriften ad

absurdum zu führen.

Was die Quellen der »Geheimlehre« be-

trifft, so können dieselben natürlich bloss den-

jenigen verständlich sein, welche an das Da-

sein höherer geistiger Intelligenzen glauben,

die ehedem als Menschen auf der Erde wandel-

ten, dann aber einen Zustand geistiger Ent-

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wickelung erreichten, in welchem sie keiner

irdischen sterblichen Körper mehr bedurften,

um auf der intellektuellen Ebene thätig zu

Was die Quellen der :t Geheimlehre« betrifft, so können dieselben natürlich bloss denjenigen verständlich sein, welche an das Dasein höherer geistiger Intelligenzen glauben, die ehedem als Menschen auf der Erde wandel- . ten, dann aber einen Zustand geistiger Entwickelung erreichten, in welchem sie keiner irdischen sterblichen KÖrPer mehr bedurften, um auf der intellektuellen Ebene thätig zu

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— 313 —

-

sein. Auch dieser Punkt wird uns durch die

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-

in der »Geheimlehre« gegebenen Auseinander-

setzungen klar. Wer vom Menschen nichts

sein. Auch dieser Punkt wird uns durch die in der ~Geheimlehre« gegebenen Auseinandersetzungen klar. Wer vom Menschen nichts kennt, als dessen sterbliche Hülle, und von Seele und Geist nichts weiss, dem wird dies alles unverständlich erscheinen.

kennt, als dessen sterbliche Hülle, und von

Seele und Geist nichts weiss, dem wird dies

alles unverständlich erscheinen.

Die »Geheimlehre« oder »Weisheitslehre«

ist keine menschliche Erfindung; sie ist, wie

H. P. Blavatsky sagt, das Erbteil aller Na-

tionen in der ganzen Welt, und wurde schon

an der Wiege der Menschheit von jenen

Wesen gelehrt, welche man, wenn sie heute

auf Erden erschienen, als »Götter« bezeichnen

würde. Wir finden sie schon vor jener grossen

Katastrophe, welcher vor mehr als 800,000

Die »Geheimlehre« oder :.Weisheitslehre<l: ist keine menschliche Erfindung; sie ist, wie H. P. Blavatsky sagt, das Erbteil aller Nationen in der ganzen Welt, und wurde schon an der Wiege der Menschheit von jenen Wesen gelehrt, welche man, wenn sie heute auf Erden erschienen, als :.Götter« bezeichnen würde. Wir finden sie schon vor jener grossen Katastrophe, welcher vor mehr als 800,000 Jahren der grösste Teil des Kontinentes Atlantis zum Opfer fiel, auf der Insel, deren Hauptstadt »die Stadt der goldenen Thore« war, und sie breitete sich von dem amerikanischen Festlande nach Indien und Ägypten aus, wurde aber, je mehr sie sich ausbreitete, um so mehr auch entstellt, wenngleich verschiedene gottgesandte Erlöser sie in ihrer Reinheit wieder herzustellen strebten.*) Aus

Jahren der grösste Teil des Kontinentes At-

lantis zum Opfer fiel, auf der Insel, deren

Hauptstadt »die Stadt der goldenen Thore«

war, und sie breitete sich von dem amerika-

nischen Festlande nach Indien und Ägypten

aus, wurde aber, je mehr sie sich ausbreitete,

um so mehr auch entstellt, wenngleich ver-

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schiedene gottgesandte Erlöser sie in ihrer

Reinheit wieder herzustellen strebten.*) Aus

*) Siehe Bhagavad Gita, Kap. IV, V. I. — Bibel,

I. Korinther II, 7. — Johannes VII, 16 etc.

.) Siehe Bhagavad Gita, Kap. IV, V. I. I. Korinther II, 7. - Johannes VII, 16 etc.

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Bibel,

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einzelnen Teilen dieser Lehre entstanden die

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-

Veden der Indier, die hermetischen Schriften

einzelnen Teilen dieser Lehre entstanden die Veden der Indier, die hermetischen Schriften der Ägyptier, die Systeme, welche Confucius und Zoroaster lehrten, die Bibel und viele andere Bücher der Weisheit, und sie wird auch heute noch allen Erleuchteten je nach dem Grade ihrer Empfänglichkeit mitgeteilt; nicht dadurch, dass man ihnen dieselbe in die Ohren zischelt, oder dass sie einer vom anderen abschreibt, sondern auf dem Wege der Intuition oder innerlichen Belehrung durch den Einfluss von Gedanken, die von denjenigen stammen, welche zur Quelle der Selbsterkenntnis gelangt sind. Die von dem Lichte der göttlichen Weisheit erleuchtete Seele ist das Buch der Weisheit, das Buch der Erkenntnis, das '> Buch Dzyan« (von Ja n n a = geistige Erfahrung), in welchem die Weisen lesen. Dies ist die einzige zuverlässige» Überlieferung« für diejenigen, welche reines Herzens sind, so dass sie Gott schauen können *) und seine Geheimnisse. Deshalb sprach auch der grösste aller Lehrer, Gautama Buddha, nachdem er zur Erleuchtung gekommen war, zu seinenjüngern: »Diese Lehre, 0 Bikkschus!

der Ägyptier, die Systeme, welche Confucius

und Zoroaster lehrten, die Bibel und viele an-

dere Bücher der Weisheit, und sie wird auch

heute noch allen Erleuchteten je nach dem

Grade ihrer Empfänglichkeit mitgeteilt; nicht

dadurch, dass man ihnen dieselbe in die Ohren

zischelt, oder dass sie einer vom anderen ab-

schreibt, sondern auf dem Wege der Intuition

oder innerlichen Belehrung durch den Ein-

fluss von Gedanken, die von denjenigen

stammen, welche zur Quelle der Selbster-

kenntnis gelangt sind. Die von dem Lichte

der göttlichen Weisheit erleuchtete Seele ist

das Buch der Weisheit, das Buch der Er-

kenntnis, das »Buch Dzyan« (von Jan na =

geistige Erfahrung), in welchem die Weisen

lesen. Dies ist die einzige zuverlässige »Über-

lieferung« für diejenigen, welche reines Her-

zens sind, so dass sie Gott schauen können*)

und seine Geheimnisse. Deshalb sprach auch

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der grösste aller Lehrer, Gautama Buddha,

nachdem er zur Erleuchtung gekommen war,

zu seinen Jüngern: »Diese Lehre, oBikkschus!

*) Matthäus V, 8.

*) Matthius V, 8.

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befindet sich nicht unter den (äusserlichen)

Überlieferungen, sondern in mir selbst klärte

befindet sich nicht unter den (äusserlichen) Überlieferungen, sondern in mir selbst klärte sich die Erkenntnis, in mir selbst eröffnete sich das (innere) Auge; in mir selber erschien das Licht.« Aber um zu dieser innerlichen Erleuchtung zu gelangen, muss man selber ein Buddha geworden sein, wozu im jetzigen Zeitalter des Kali Yuga wohl schwerlich für irgend jemanden Aussicht vorhanden ist, weshalb wir den Adepten und deren Werkzeug, H. P. Blavatsky, für die uns in der »Geheimlehre« gegebenen Aufschlüsse zu grossem Danke verpflichtet sind.

sich die Erkenntnis, in mir selbst eröffnete

sich das (innere) Auge; in mir selber erschien

das Licht.« Aber um zu dieser innerlichen

Erleuchtung zu gelangen, muss man selber

ein Buddha geworden sein, wozu im jetzigen

Zeitalter des Kali Yuga wohl schwerlich für

irgend jemanden Aussicht vorhanden ist, wes-

halb wir den Adepten und deren "Werkzeug,

H. P. Blavatsky, für die uns in der »Geheim-

lehre« gegebenen Aufschlüsse zu grossem

Danke verpflichtet sind.

Auch sagt uns H. P. Blavatsky, dass ein

einziges Exemplar eines Buches »Dzyan«

vorhanden sei, und dasselbe sei so alt, »dass

die Gelehrten sich nicht darüber einigen

könnten, woraus das Material bestehe, auf

dem es geschrieben ist«; aber ich habe mir

trotz meines langen Beisammenseins mit

H. P. Blavatsky niemals die Mühe gegeben,

zu fragen, ob diese Äusserung allegorisch

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oder wörtlich zu nehmen sei, und zwar aus

dem Grunde, weil es mir ganz gleichgültig

ist, von welcher Autorität eine Lehre stammt,

vorausgesetzt, dass ich sie mit meiner eigenen

Auch sagt uns H. P. Blavatsky, dass ein einziges Exemplar eines Buches ~Dzyanc: vorhanden sei, und dasselbe sei so alt, ~dass die Gelehrten sich nicht darüber einigen könnten, woraus das Material bestehe, auf dem es geschrieben ist«; aber ich habe mir trotz meines langen Beisammenseins mit H. P. Blavatsky niemals die Mühe gegeben, zu fragen, ob diese Äusserung allegorisch oder wörtlich zu nehmen sei, und zwar aus dem Grunde, weil es mir ganz gleichgültig ist, von welcher Autorität eine Lehre stammt, vorausgesetzt, dass ich sie mit meiner eigenen

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Vernunft in Einklang bringen kann. Dies ist

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aber auch alles, was die Verfasserin von uns

Vernunft in Einklang bringen kann. Dies ist aber auch alles, was die Verfassenn von uns verlangt. Sie verlangt von uns keine Leichtgläubigkeit und keinen blinden Autoritätenglauben , sondern nur, dass wir nicht unser Herz und unsern Verstand dem Lichte der Wahrheit verschliessen sollen, welches in der Seele eines jeden nach Offenbarung strebt; und die »Geheimlehre« dient dazu, die Irrtümer und Hindernisse, welche sich dieser Offenbarung in den Weg stellen, zu beseitigen.

verlangt. Sie verlangt von uns keine Leicht-

gläubigkeit und keinen blinden Autoritäten-

glauben, sondern nur, dass wir nicht unser

Herz und unsern Verstand dem Lichte der

Wahrheit verschliessen sollen, welches in der

Seele eines jeden nach Offenbarung strebt;

und die »Geheimlehre« dient dazu, die Irr-

tümer und Hindernisse, welche sich dieser

Offenbarung in den Weg stellen, zu beseitigen.

Zweifellos sicher ist es aber auch, dass in

tibetanischen Lamaserien, in alten chine-

sischen Pagoden, in unterirdischen Gewölben

indischer und ägyptischer Tempel und wohl

auch in den geheimen Archiven des Vatikans

im Verborgenen Dokumente existieren, wel-

che entweder unbekannt sind oder deren

Wert von den Besitzern nicht erkannt wird;

in denen aber die in der »Geheimlehre«

ausgesprochenen Anschauungen ihre Be-

stätigung f1nden. Auch sind seit dem Er-

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scheinen der »Secret Doctrine«, so wie es

die Verfasserin prophezeite, bereits ver-

schiedene solche Schätze von grossem litte-

Zweifellos sicher ist es aber auch, dass in tibetanischen Lamaserien, in alten chinesischen Pagoden, in unterirdischen Gewölben indischer und ägyptischer Tempel und wohl auch in den geheimen Archiven des Vatikans im Verborgenen Dokumente existieren, welche entweder unbekannt sind oder deren Wert von den Besitzern nicht erkannt wird; in denen aber die in der >Geheimlehre« ausgesprochenen Anschauungen ihre Bestätigung finden. Auch sind seit dem Erscheinen der »Secret Doctrinec, so wie es die Verfassenn prophezeite, bereits verschiedene solche Schätze von grossem litterarischen Wert ans Tageslicht gekommen.

rarischen Wert ans Tageslicht gekommen.

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In der »Geheimlehre« besitzt somit die

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Welt einen Schatz von unberechenbarem

Wert, welcher aber wohl erst dann allgemein

In der >Geheimlehre« besitzt somit die Welt einen Schatz von unberechenbarem Wert, welcher aber wohl erst dann allgemein erkannt werden wird, wenn sie sich von der geistigen Lethargie, in welcher sie sich während der letzten Jahrhunderte befand, und die nahezu das geistige Bewusstsein in dem Herzen der Menschen erstickte, erholt hat. Der Schlüssel zum Verständnisse der Geheimlehre aber liegt nicht in dem Glauben an die Unfehlbarkeit von H. P. Blavatsky, sondern in dem Besitze eines gesunden Menschenverstandes.

erkannt werden wird, wenn sie sich von

der geistigen Lethargie, in welcher sie sich

während der letzten Jahrhunderte befand, und

die nahezu das geistige Bewusstsein in dem

Herzen der Menschen erstickte, erholt hat.

Der Schlüssel zum Verständnisse der Geheim-

lehre aber liegt nicht in dem Glauben an

die Unfehlbarkeit von H. P. Blavatsky, son-

dern in dem Besitze eines gesunden Men-

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schenverstandes.

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Die

Erkenntnislehre der Bhagavad Gita.

Im Lichte der Geheimlehre betrachtet.

(Fortsetzung.)

in.

Das Weltall.

Wenn, wie uns die Bhagavad Gita lehrt,

die ganze Welt ihrem Wesen nach eines ist

und nur in ihren Formen verschieden er-

scheint, so folgt daraus, dass auch im klein-

sten Teile und in jeder Form die Kr채fte des

Ganzen, seien sie nun latent oder entwickelt,

Die

enthalten sind. Deshalb finden wir die sieben-

f채ltige Konstitution des Weltalls und des

Erkenntnislehre der Bhagavad Gita.

Menschen auch in der ganzen Natur und in

jedem Wesen in derselben, von einem Sonnen-

systeme bis herab zum Sandkorn am Meere

oder auch im Atome vorhanden. Allerdings

Im Lichte der Geheimlehre betrachtet.

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(Fortsetzung.)

111.

Das Weltall. Wenn, wie uns die Bhagavad Gita lehrt, die ganze Welt ihrem Wesen nach eines ist und nur in ihren Formen verschieden erscheint, so folgt daraus, dass auch im kleinsten Teile und in jeder Form die Kr채fte des Ganzen, seien sie nun latent oder entwickelt, enthalten sind. Deshalb finden wir die sieben... f채ltige Konstitution des Weltalls und des Menschen auch in der ganzen Natur und in jedem Wesen in derselben, von einem Sonnensysteme bis herab zum Sandkorn am Meere oder auch im Atome vorhanden. Allerdings

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ist ein Kieselstein nicht fähig zu denken; da-

mit ist aber nichts weiter bewiesen, als dass

das in ihm enthaltene Denkprinzip, welches

ist ein Kieselstein nicht fahig zu denken; damit ist aber nichts weiter bewiesen, als dass das in ihm enthaltene Denkprinzip , welches in ihm sowie in der ganzen Natur enthalten ist, in dieser Form noch nicht zur Offenbarung gelangt ist, weil sich in einem Kieselsteine nicht wie in einem Menschen die Bedingungen zur Entwickelung des Denkvermögens vorfinden. Wenn wir es auch noch nicht geistig erkennen, so sagt uns die Logik, dass wenn Gott (Brahm) das Wesen von allem ist, so muss er auch in einem Stück Holz, im Stein, in der Luft, in einer Pflanze, im Tiere u. s. w. ebensogut wie im ~fenschen sein. Und so ist es auch mit den göttlichen Kräften, die in allen Organismen, wenn auch nicht thätig, so doch so wie die latente Wärme in einem Eisklotz, enthalten sind. Jedes Prinzip äussert sich darin erst dann, wenn der Organismus dazu hinreichend entwickelt ist. Das Mineralreich hat auch seine Art von Empfindung, denn sonst gäbe es keine chemischen Verwandtschaften in demselben; die Pflanzen haben Empfindung, denn sonst würden sie nicht auf den Reiz des Lichtes reagieren; aber in Mineralien und Pflanzen ist die Entwickelung der Form noch

in ihm sowie in der ganzen Natur enthalten

ist, in dieser Form noch nicht zur Offen-

barung gelangt ist, weil sich in einem Kiesel-

steine nicht wie in einem Menschen die Be-

dingungen zur Entwickelung des Denkver-

mögens vorfinden. Wenn wir es auch noch

nicht geistig erkennen, so sagt uns die Logik,

dass wenn Gott (Brahm) das Wesen von

allem ist, so muss er auch in einem Stück

Holz, im Stein, in der Luft, in einer Pflanze,

im Tiere u. s. w. ebensogut wie im Menschen

sein. Und so ist es auch mit den göttlichen

Kräften, die in allen Organismen, wenn auch

nicht thätig, so doch so wie die latente

Wärme in einem Eisklotz, enthalten sind.

Jedes Prinzip äussert sich darin erst dann,

wenn der Organismus dazu hinreichend ent-

wickelt ist. Das Mineralreich hat auch seine

Art von Empfindung, denn sonst gäbe es

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keine chemischen Verwandtschaften in dem-

selben; die Pflanzen haben Empfindung, denn

sonst würden sie nicht auf den Reiz des

Lichtes reagieren; aber in Mineralien und

Pflanzen ist die Entwickelung der Form noch

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nicht so weit vorgeschritten, dass ein Selbst-

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bewusstsein, so wie wir es kennen, in ihnen

offenbar werden könnte. Auch hat jedes

nicht so weit vorgeschritten, dass ein Selbstbewusstsein, so wie wir es kennen, in ihnen offenbar werden könnte. Auch hat jedes Ding sein Leben und es giebt nichts wirklich totes in der Natur, denn die Natur selbst mit allen ihren Formen ist eine Offenbarung des , Lebens Gottes im Weltall. Pflanzen haben ihre Instinkte und Neigungen, wenn dieselben auch in ihnen nicht so deutlich hervortreten, als dies unter den Tieren der Fall ist. Dies beweist, dass das Kama-Prinzip in ihnen aufgeschlossen ist. Auch hat jedes Ding seinen ätherischen Körper oder Astralleib; denn ohne denselben gäbe es auch keinen sichtbaren Körper, der ja das äussere Bild des ätherischen Körpers ist.

Ding sein Leben und es giebt nichts wirklich

totes in der Natur, denn die Natur selbst mit

allen ihren Formen ist eine Offenbarung des

Lebens Gottes im Weltall. Pflanzen haben

ihre Instinkte und Neigungen, wenn dieselben

auch in ihnen nicht so deutlich hervortreten,

als dies unter den Tieren der Fall ist. Dies

beweist, dass das Kama-Prinzip in ihnen

aufgeschlossen ist. Auch hat jedes Ding seinen

ätherischen Körper oder Astralleib; denn

ohne denselben gäbe es auch keinen sicht-

baren Körper, der ja das äussere Bild des

ätherischen Körpers ist.

Somit sind die sieben Prinzipien auch in

allen Dingen enthalten. Brahm ist das Höchste

in jedem Ding; er ist »die Seele, die im Her-

zen eines jeden Geschöpfes ihren Sitz hat,«*)

und wenn der Weise »betet«, so betet er nicht

zu einem von ihm entfernten Gott, sondern

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er richtet sein Gemüt auf das höhere Selbst,

welches in ihm und überall ist. Und weil

*) Bhagayad Gita X, 20.

Somit sind die sieben Prinzipien auch in allen Dingen enthalten. Brahrn ist das Höchste in jedem Ding; er ist »die Seele, die im Herzen eines jeden Geschöpfes ihren Sitz hat,c*) und wenn der Weise »betete, so betet er nicht zu einem von ihm entfernten Gott, sondern er richtet sein Gemüt auf das höhere Selbst, welches in ihm und überall ist. Und weil *) BhagaTad Gita X, 20.

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Gott allgegenwärtig ist, deshalb offenbart sich

-

auch seine Herrlichkeit überall in der Natur,

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an jedem Orte, je nach dem Grade, in wel-

chem diese Offenbarung den Umständen der

Gott allgegenwärtig ist, deshalb offenbart sich auch seine Herrlichkeit überall in der Natur, an jedem Orte, je nach dem Grade, in welchem diese Offenbarung den Umständen der Form gemäss stattfinden kann. ~ Wenn ein Ding herrlich, vorzüglich oder mächtig ist, so wisse, dass alles, was darin ausgezeichnet ist, aus meiner Kraft hervorging.«*) Aber diese Lehre ist unbegreiflich für diejenigen, welche Gott nicht kennen und ihn nicht kennen wollen, sondern an einer niederen und verkehrten Weltanschauung und an ihren V orurteilen festhalten. »Sie ist nicht für jene bestimmt, welche keine Selbstbeherrschung üben, mich nicht verehren und meine Stimme nicht hören wollen. Auch ist sie nicht für die Starrsinnigen und Lästerer.«**)

Form gemäss stattfinden kann. »Wenn ein

Ding herrlich, vorzüglich oder mächtig ist,

so wisse, dass alles, was darin ausgezeichnet

ist, aus meiner Kraft hervorging.«*) Aber

diese Lehre ist unbegreiflich für diejenigen,

welche Gott nicht kennen und ihn nicht kennen

wollen, sondern an einer niederen und ver-

kehrten Weltanschauung und an ihren Vor-

urteilen festhalten. »Sie ist nicht für jene be-

stimmt, welche keine Selbstbeherrschung üben,

mich nicht verehren und meine Stimme nicht

hören wollen. Auch ist sie nicht für die

Starrsinnigen und Lästerer.«**)

Die alten Mystiker bezeichneten diese

sieben Prinzipien mit den Namen der »sieben

Planeten«, teils um diese erhabene Lehre vor

den Unheiligen und Spöttern zu verhüllen,

teils weil in der Konstitution der so benann-

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ten Himmelskörper thatsächlich die Kräfte,

*) Ibid. X, 41.

**) Ibid. XVIII, 67.

Die alten Mystiker bezeichneten diese sieben Prinzipien mit den Namen der »sieben Planeten«, teils um diese erhabene Lehre vor den Unheiligen und Spöttern zu verhüllen, teils weil in der Konstitution der so benannten Himmelskörper thatsächlich die Kräfte, *) Ibid. X, 41 .

• ') Ibid.

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xvm,

67.

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-

welche mit den Namen derselben bezeichnet

sind, eine hervorragende Rolle spielen. So

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ist z. B., wie die »Geheimlehre« behauptet,

der Planet Mars das Symbol der feurigen

welche mit den Namen derselben bezeichnet sind, eine hervorragende -Rolle spielen. So ist z. B., wie die »Geheimlehre« behauptet, der Planet Mars das Symbol der feurigen Kraft, in der Natur sowohl als im Menschen, Venus das Symbol der Liebe, Merkur das der Weisheit u. s. w. und die Stufe, auf der die Bewohner eines Planeten stehen, richtet sich hauptsächlich nach dem Grade der Entwickelung desjenigen Prinzips, welches auf dem betreffenden Planeten das vorherrschende ist. Auf unserem Planeten spielt zur Zeit das materielle Element 1>, d. h. der im Dunkeln irrende Verstand, der geistlose, grübelnde Intellekt, die hervorragendste Rolle, während die Sonne das Symbol und auch die Quelle alles Lebens ist. Die sichtbaren Planeten in unserem Sonnensysteme sind gewissermassen die Organe desselben, und es hat jeder derselben seinen bestimmten Zweck. In ähnlicher Weise repräsentiert auch jedes der Organe im menschlichen Körper den Sitz des einen oder des anderen Prinzips als einen Mittelpunkt für dessen Thätigkeit. So ist z. B. das Gehirn der Sitz des Denkprinzips (Manas), das Herz der Mittelpunkt der Lebensthätigkeit u. s. w.

Kraft, in der Natur sowohl als im Menschen,

Venus das Symbol der Liebe, Merkur das

der Weisheit u. s. w. und die Stufe, auf der

die Bewohner eines Planeten stehen, richtet

sich hauptsächlich nach dem Grade der Ent-

wicklung desjenigen Prinzips, welches auf

dem betreffenden Planeten das vorherrschende

ist. Auf unserem Planeten spielt zur Zeit das

materielle Element , d. h. der im Dunkeln

irrende Verstand, der geistlose, grübelnde

Intellekt, die hervorragendste Rolle, während

die Sonne das Symbol und auch die Quelle

alles Lebens ist. Die sichtbaren Planeten in

unserem Sonnensysteme sind gewissermassen

die Organe desselben, und es hat jeder der-

selben seinen bestimmten Zweck. In ähn-

licher Weise repräsentiert auch jedes der

Organe im menschlichen Körper den Sitz des

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einen oder des anderen Prinzips als einen

Mittelpunkt für dessen Thätigkeit. So ist z. B.

das Gehirn der Sitz des Denkprinzips (Man as),

das Herz der Mittelpunkt der Lebensthätig-

keit u. s. w.

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Aber es ist hier nicht der Ort, in dieses

Gebiet der Geheim Wissenschaft abzuschweifen,

welches so grossartig ist, dass eine, wenn

auch nur oberflächliche Betrachtung desselben

Aber es ist hier nicht der Ort, in dieses Gebiet der Geheimwissenschaft abzuschweifen, welches so grossartig ist, dass eine, ,venn auch nur oberflächliche Betrachtung desselben Folianten füllen würde; es ist vielmehr vor allem nötig, den menschlichen Verstand der Gotteserkenntnis näher zu bringen; denn »wer den Einen erkennt, der das Wesen von Allem ist, der begreift Alles; wer blass vielerlei weiss, der kennt nichts«.

Folianten füllen würde; es ist vielmehr vor

allem nötig, den menschlichen Verstand der

Gotteserkenntnis näher zu bringen; denn

»wer den Einen erkennt, der das Wesen

von Allem ist, der begreift Alles; wer bloss

vielerlei weiss, der kennt nichts«.

Es wird von Unverständigen der Bhagavad

Gita der Vorwurf gemacht, dass sie den

»Pantheismus« lehre, und unter »Pantheis-

mus« verstehen sie den Glauben, dass alles

was wir sehen Gott sei. Dies ist aber nicht

der Fall, denn alles was wir sehen ist nicht

Gott, sondern nur eine Offenbarung der ur-

sprünglich von der innersten Wesenheit aus-

gehenden Kraft Gottes in der Natur; und

die Natur selbst ist nicht Wesen, sondern

Erscheinung. Wer aber nicht in sich selbst

zwischen dem Wesen und der Erscheinung

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oder Offenbarung unterscheiden kann, der

kann es auch nicht in der Betrachtung der

äusseren Natur. Die Natur ist ebensowenig

Es wird von Unverständigen der Bhagavad Gita der Vorwurf gemacht, dass sie den »Pantheismus« lehre, und unter »Pantheismus« verstehen sie den Glauben, dass alles was wir sehen Gott sei. Dies ist aber nicht der Fall, denn alles was wir sehen ist nicht Gott, sondern nur eine Offenbarung der ursprünglich von der innersten Wesenheit ausgehenden Kraft Gottes in der Natur; und die Natur selbst ist nicht Wesen, sondern Erscheinung. Wer aber nicht in sich selbst zwischen dem Wesen und der Erscheinung oder Offenbarung unterscheiden kann, der kann es auch nicht in der Betrachtung der äusseren Natur. Die Natur ist ebensowenig Gott, als der Traum, den ein Mensch träumt,

Gott, als der Traum, den ein Mensch träumt,

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— 324 —

der Mensch selber ist; dennoch findet das

Träumen im Menschen und nicht ausserhalb

seines Wesens statt. Ähnlich könnte man

der Mensch selber ist; dennoch findet das Träumen im ~Ienschen und nicht ausserhalb seines Wesens statt. Ähnlich könnte man vergleichsweise sagen, die ganze Schöpfung sei ein Traum, den Gott träumt, und worin sich alles nach ewigen Gesetzen, die allerdings so grossartig sind, dass sie der beschränkte Menschenverstand nicht fassen kann, abspielt. Wenn Brahm aus seinem Traume erwacht, so verschwindet diese grosse illusion mit allen ihren Erscheinungen, und es ist dann nichts mehr übrig als Gott. Das Bewusstsein ist der Geist; durch die schöpferische Vorstellung kommt die Welt der Erscheinungen zu Stande. Im Menschen nehmen seine Vo~stellungen keine greifbaren, sichtbaren Formen an, weil ihm infolge seiner Erniedrigung und Materialität die schöpferische Kraft des Willens verloren gegangen ist, die er sich erst wieder durch ein Emporringen aus der Materie erobern muss. Hierzu ist der erste Schritt die Unterscheidung V-On Geist und Natur. :.Das Erkennen von Stoff und Geist ist die wahre Erkenntnis.« *) Die beiden sind nicht zwei von einander getrennte

vergleichsweise sagen, die ganze Schöpfung

sei ein Traum, den Gott träumt, und worin

sich alles nach ewigen Gesetzen, die aller-

dings so grossartig sind, dass sie der be-

schränkte Menschenverstand nicht fassen

kann, abspielt. Wenn Brahm aus seinem

Traume erwacht, so verschwindet diese grosse

Illusion mit allen ihren Erscheinungen, und

es ist dann nichts mehr übrig als Gott. Das

Bewusstsein ist der Geist; durch die schöpfe-

rische Vorstellung kommt die Welt der Er-

scheinungen zu Stande. Im Menschen nehmen

seine Vorstellungen keine greifbaren, sicht-

baren Formen an, weil ihm infolge seiner

Erniedrigung und Materialität die schöpfe-

rische Kraft des Willens verloren gegangen

ist, die er sich erst wieder durch ein Empor-

ringen aus der Materie erobern muss. Hierzu

ist der erste Schritt die Unterscheidung von

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Geist und Natur. »Das Erkennen von Stoff

und Geist ist die wahre Erkenntnis.«*) Die

beiden sind nicht zwei von einander getrennte

*\ Bhagavad Gita XIII, 2.

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Bhaga'Yad Gita XID,

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2.

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Wesenheiten, wie die Anhänger des »Dualis-

mus« glauben; sondern der Geist (Brahm)

ist das Wesen und alles, die Kraft, das

Wesenheiten, wie die Anhänger des »Dualismus« glauben; sondern der Geist (Brahm) ist das Wesen und alles, die Kraft, das Reich und die Herrlichkeit; der »Stoff«, die Erscheinung, ist an sich selbst nichts.

Reich und die Herrlichkeit; der »Stoff«, die

Erscheinung, ist an sich selbst nichts.

Die Natur ist voll von Symbolen und

Darstellungen innerlich wirkender Kräfte und

unsichtbarer Vorgänge. Das Zeitliche ist ein

Spiegelbild des Ewigen. Im blauen Äther

des Himmelsraumes bildet sich ein Schleier,

der sich zu Wolken und schliesslich zu Regen

und festem Eis verdichtet. Im Weltenraum

bilden sich kosmische Nebel und verdichten

sich zu Sonne und Planeten, auf denen das

Leben in lebendigen Formen erscheint. Im

Die Natur ist voll von Symbolen und Darstellungen innerlich wirkender Kräfte und unsichtbarer Vorgänge. Das Zeitliche ist ein Spiegelbild des Ewigen. Im blauen Äther des Himmelsraumes bildet sich ein Schleier, der sich zu Wolken und schliesslich zu Regen und festem Eis verdichtet. Im Weltenraum bilden sich kosmische Nebel und verdichten sich zu Sonne und Planeten, auf denen das Leben in lebendigen Formen erscheint. Im Allbewusstsein Gottes entspringt die Idee der Selbstheit, das »Wort«; aus diesem die Himmelswelt mit ihren Bewohnern, den »Göttern« (Devas) und himmlischen Kräften; aus diesem am Ende der Menschengeist, der sich in irdischen Leibern verkörpert; und alles dies ist ohne Gott nichts; denn Gott ist das Wesen der Götter, das Wesen des Menschen, das Wesen von allem. Wolken und Himmelskörper sind undenkbar ohne den Raum; sie sind selbst »Raum«, körperlich,

Allbewusstsein Gottes entspringt die Idee

der Selbstheit, das »Wort«; aus diesem die

Himmelswelt mit ihren Bewohnern, den

»Göttern« (Devas) und himmlischen Kräften;

aus diesem am Ende der Menschengeist, der

sich in irdischen Leibern verkörpert; und

alles dies ist ohne Gott nichts; denn Gott ist

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das Wesen der Götter, das Wesen des Men-

schen, das Wesen von allem. Wolken und

Himmelskörper sind undenkbar ohne den

Raum; sie sind selbst »Raum«, körperlich,

Lotusblüthen LVI. 22

LotusblÜthcn LVI.

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begreiflich und objektiv. Gleicherweise wäre

auch ein Mensch oder ein Gott ohne das Wesen,

die Gottheit, ein Nichts. Und wie der endlose

begreiflich und objektiv. Gleicherweise wäre auch ein Mensch oder ein Gott ohne das Wesen, die Gottheit, ein Nichts. Und wie der endlose Raum, obgleich wir uns in ihm befinden, etwas Unfassbares und Undenkbares ist, nichtsdestoweniger aber für sich selbst besteht, so ist auch der Gott des Weltalls für den Menschen ein Nichts, so lange er nicht im Menschen selbst Gestalt angenommen und in sein Dasein und Bewusstsein getreten ist. Der Raum ist für uns ein Nichts ohne das Licht; die Gottheit im Weltall ist für den Menschen ein Nichts ohne das Licht der Erkenntnis. Beide bedürfen zu ihrem Offenbarwerden der Form. Die Form ist aber nicht der Geist, sondern nur das Gefäss für dessen Offenbarung. Deshalb heisst es in der Bhagavad Gita: »Diese Leiber werden Gefässe genannt. Das Bewusstsein darin ist der Geist. Wisse, dass Ich, der Geist, in allen stofflichen Dingen enthalten bin. Das Erkennen von Stoff und Geist ist die wahre Erkenntnis.« *)

Raum, obgleich wir uns in ihm befinden, et-

was Unfassbares und Undenkbares ist, nichts-

destoweniger aber für sich selbst besteht, so ist

auch der Gott des Weltalls für den Menschen

ein Nichts, so lange er nicht im Menschen

selbst Gestalt angenommen und in sein Da-

sein und Bewusstsein getreten ist. Der Raum

ist für uns ein Nichts ohne das Licht; die

Gottheit im Weltall ist für den Menschen

ein Nichts ohne das Licht der Erkenntnis.

Beide bedürfen zu ihrem Offenbarwerden der

Form. Die Form ist aber nicht der Geist,

sondern nur das Gefäss für dessen Offen-

barung. Deshalb heisst es in der Bhagavad

Gita: »Diese Leiber werden Gefässe genannt.

Das Bewusstsein darin ist der Geist. Wisse,

dass Ich, der Geist, in allen stofflichen Dingen

enthalten bin. Das Erkennen von Stoff und

Geist ist die wahre Erkenntnis.«*)

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Nun ist aber wohl zu bemerken, dass

unter »Stoff« nicht die sinnlich wahrnehm-

*) Kap. xrn, 1 u. 2.

Nun ist aber wohl zu bemerken, dass unter »Stoff« nicht die sinnlich wahrnehm*) Kap. XITI,

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I U. 2.

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bare »Materie« und unter »Bewusstsein« nicht

die durch das Bewusstwerden hervorgerufene

geistige Thätigkeit im Menschen zu ver-

stehen ist. Dies wäre eine Verwechslung

bare »Materie« und unter »Bewusstsein~< nicht die durch das Bewusstwerden hervorgerufene geistige Thätigkeit im Menschen zu verstehen ist. Dies wäre eine Verwechslung des Effekts mit der Ursache. Der Geist ist das Bewusstsein Gottes an sich, das absolute Bewusstsein, oder mit anderen Worten, die göttliche Weisheit. Der Stoff ist das Resultat der durch die Vorstellung erzeugten Idee der Selbstheit. Aus der Wirkung des Geistes in der Stoftlichkeit entspringt die intellektuelle Thätigkeit, das Sonderbewusstsein, Wahrnehmungsfähigkeit, die Sinnesorgane u. s. w. Man könnte sagen: »Stoff« ist der Wille; »Geist« ist die Weisheit. Die im ewigen Willen gefasste Begierde nach Sondersein bildet eine zusammenziehende Kraft, wodurch das stoffliche Wesen sich bildet. Der deutsche Schuhmacher und Theosoph, welcher mit der indischen Philosophie gänzlich unbekannt war, dagegen aber einen erleuchteten Verstand besass, beschreibt dies alles in seiner Art, übereinstimmend mit den Lehren der Upanischaden :

des Effekts mit der Ursache. Der Geist ist

das Bewusstsein Gottes an sich, das absolute

Bewusstsein, oder mit anderen Worten, die

göttliche Weisheit. Der Stoff ist das Resul-

tat der durch die Vorstellung erzeugten Idee

der Selbstheit. Aus der Wirkung des Geistes

in der Stofflichkeit entspringt die intellek-

tuelle Thätigkeit, das Sonderbewusstsein,

Wahrnehmungsfähigkeit, die Sinnesorgane

u. s. w. Man könnte sagen: »Stoff« ist der

Wille; »Geist« ist die Weisheit. Die im

ewigen Willen gefasste Begierde nach Son-

dersein bildet eine zusammenziehende Kraft,

wodurch das stoffliche Wesen sich bildet.

Der deutsche Schuhmacher und Theosoph,

welcher mit der indischen Philosophie gänzlich

unbekannt war, dagegen aber einen erleuch-

teten Verstand besass, beschreibt dies alles

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in seiner Art, übereinstimmend mit den

Lehren der Upanischaden:

»Schöpfen heisst in den Willen fassen das-

jenige, was in der Figur in dem Willen stehet.

22*

»Schöpfen heisst in den Willen fassen dasjenige, was in der Figur in dem Willen stehet. 22*

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Denn wenn ein Zimmermann ein Haus bauen

will, so muss er sich vorher ein Modell

in seinem Willen pflanzen, wie er das bauen

Denn wenn ein Zimmermann ein Haus bauen will, so muss er sich vorher ein Modell in seinem Willen pflanzen, wie er das bauen will, alsdann bauet er nach dem Modell seines Willens.« *)

will, alsdann bauet er nach dem Modell

seines Willens.«*)

Da Brahma aber alles ist, so ist auch

nichts vorhanden, aus dem er sich eine Welt

oder einen Menschen schaffen könnte, als er

selbst; und er erschafft sich dies durch seinen

Willen aus seiner eigenen Idee. »Er hat

alle Dinge durch seinen Willen in seiner

ewigen Weisheit erschaffen.« Somit erschuf

er auch die Natur; erst die Gedankenwelt

(den Himmel) und dann die materielle Welt

Da Brahma aber alles ist, so ist auch nichts vorhanden, aus dem er sich eine Welt oder einen Menschen schaffen könnte, als er selbst; und er erschafft sich dies durch seinen Willen aus seiner eigenen Idee. »Er hat alle Dinge durch seinen Willen in seiner ewigen Weisheit erschaffen.« Somit erschuf er auch die Natur; erst die Gedankenwelt (den Himmel) und dann die materielle Welt (die Erde), und erst nachdem die Natur vorhanden war, konnte in derselben das Werk der Evolution (des Schaffens der allgegenwärtigen Kraft des Geistes in der Natur) beginnen, wie es auch heute noch überall und in jedem Augenblicke geschieht.

(die Erde), und erst nachdem die Natur vor-

handen war, konnte in derselben das Werk

der Evolution (des Schaffens der allgegen-

wärtigen Kraft des Geistes in der Natur) be-

ginnen, wie es auch heute noch überall und

in jedem Augenblicke geschieht.

»Die erste Eigenschaft ist die Begierlich -

keit (zum eigenen Dasein); sie ist gleich

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einem Magneten, als die Einfasslichkeit des

Willens; da der Wille etwas sein will, und

*) Mysterium magnum X, 30.

>Die erste Eigenschaft ist die Begierlichkeit (zum eigenen Dasein); sie' ist gleich einem Magneten, als die Einfasslichkeit des Willens; da der Wille etwas sein will, und *} Mysterium magnum X, 30.

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hat doch nichts, daraus er sich etwas mache,

so fasset er sich selber zu einem Etwas (dem

»Selbst«) und das Etwas ist doch nichts als

nur ein magnetischer Hunger, eine Herbig-

hat doch nichts, daraus er sich etwas mache, so fasset er sich selber zu einem Etwas (dem »Selbst«) und das Etwas ist doch nichts als nur ein magnetischer Hunger, eine Herbigkeit, gleich einer Härte, davon auch Härte, Kälte und Wesen entsteht.« *)

keit, gleich einer Härte, davon auch Härte,

Kälte und Wesen entsteht.«*)

Dieses Ding, welches den Dingen ihre

Stofflichkeit giebt, ist die Idee der Selbstheit,

welche auch in Dingen, die kein Selbst-

bewusstsein und keine Intelligenz haben,

dennoch in ihrem »Willen« enthalten ist;

denn es ist eine Grundeigenschaft des Willens

in der Natur, und der Wille zum Dasein,

wenn er auch nicht seiner selbst bewusst ist,

ist die Grundlage des Lebens in der Natur.

Hierin liegt aber auch der Schlüssel zum

Dieses Ding, welches den Dingen ihre Stofflichkeit giebt, ist die Idee der Selbstheit, welche auch in Dingen, die kein Selbstbewusstsein und keine Intelligenz haben, dennoch in ihrem »Willen« enthalten ist; denn es ist eine Grundeigenschaft des Willens in der Natur, und der Wille zum Dasein, wenn er auch nicht seiner selbst bewusst ist, ist die Grundlage des Lebens in der Natur.

Verständnisse der Reinkarnation oder Wieder-

verkörperung. Der innerste Grund eines je-

den Wesens ist der Wille. So lange im Willen

die Begierde nach einem Leben in der Er-

scheinung (Selbstheit), wenn auch unbewusst,

vorhanden ist, so führt auch diese Begierde

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immer wieder zur Bildung einer neuen Form,

wenn die alte unbrauchbar geworden ist.

*) J. Boehme: »Clavis.« 38.

Hierin liegt aber auch der Schlüssel zum Verständnisse der Reinkarnation oder WiederverkörpeI1:lng. Der innerste Grund eines jeden Wesens ist der Wille. So lange im Willen die Begierde nach einem Leben in der Erscheinung (Selbstheit), wenn auch unbewusst, vorhanden ist, so führt auch diese Begierde immer wieder zur Bildung einer neuen Form, wenn die alte unbrauchbar geworden ist. *)

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J.

Boehrne: »Clavis.«

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38.

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33° -

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»Wie ein Mensch, der seine alten Kleider

abgelegt hat, ein neues Gewand anzieht, so

» Wie

ein Mensch, der seine alten Kleider abgelegt hat, ein neues Gewand anzieht, so offenbart sich das Selbst, wenn die zerrissenen Hüllen abgelegt sind, in anderen, sich neubildenden Leibern.« *) Aber das Selbstlose, der Geist, ist ewig. »Es wird nie geboren und stirbt nie. Es entsteht nicht und wird niemals entstehen. Ungeboren, unvergänglich, unendlich, stirbt es nicht wenn der Körper getötet wird.« **) Damit ist aber auch schon gesagt, dass der Mensch erst dann völlig frei und erlöst von Tod und Wiedergeburt und den damit zusammenhängenden Leiden ist, wenn er zur Erkenntnis der Selbstlosigkeit, d. h. zum Bewusstsein des Allseins durch die Kraft der selbstlosen Liebe gekommen ist.

offenbart sich das Selbst, wenn die zerrissenen

Hüllen abgelegt sind, in anderen, sich neu-

bildenden Leibern.«*) Aber das Selbstlose,

der Geist, ist ewig. »Es wird nie geboren

und stirbt nie. Es entsteht nicht und wird

niemals entstehen. Ungeboren, unvergänglich,

unendlich, stirbt es nicht wenn der Körper

getötet wird.« **) Damit ist aber auch schon

gesagt, dass der Mensch erst dann völlig

frei und erlöst von Tod und Wiedergeburt

und den damit zusammenhängenden Leiden

ist, wenn er zur Erkenntnis der Selbstlosig-

keit, d. h. zum Bewusstsein des Allseins durch

die Kraft der selbstlosen Liebe gekommen ist.

Nun wird es aber schwerlich einen Men-

schen geben, der sich in einem einzigen

kurzen Dasein auf Erden vom tierischen

Egoismus zur vollkommenen Gotteserkennt-

nis emporschwingen kann. Die Wieder-

verkörperung ist deshalb eine Naturnot-

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wendigkeit, und wenn sie richtig verstanden

wird, so kann auch die Logik der materiellen

*) Bhagavad Gita II, 22.

**) Ibid. II, 19.

Nun wird es aber schwerlich einen Menschen geben, der sich in einem einzigen kurzen Dasein auf Erden vom tierischen Egoismus zur vollkommenen Gotteserkenntnis emporschwingen kann. Die Wiederverkörperung ist deshalb eine Naturnotwendigkeit, und. wenn sie richtig verstanden wird, so kann auch die Logik der materiellen *) Bhagavad Gita Ir,

22.

**) Ibid. 11, 19.

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33 1

Wissenschaft nichts gegen diese Lehre ein-

wenden. Dasjenige, was sich wiederver-

körpert, ist weder der göttliche Geist (das

Wissenschaft nichts gegen diese Lehre eInwenden. Dasjenige, was sich wiederverkörpert, ist weder der göttliche Geist (das Absolute), noch ist es die Persönlichkeit des Menschen, welche wieder auf dieser Erde oder auf einem anderen Planeten erscheint, sondern es ist die dem menschlichen Dasein zu Grunde liegende Idee der Selbstheit, welche immer wieder in neuen persönlichen Formen erscheint, bis dass sie am Ende durch die Entfaltung der wahren Gotteserkenntnis überwunden wird. Das was in uns selbstlos ist, und diese Täuschung der Selbstheit überwunden hat, ist auch jetzt nicht in uns eingeschlossen oder inkarniert; es ist in uns und ausser uns und über uns. Es ist unser höheres Selbst, welches das »Nichtselbst« ist und wenn es uns gelingt, unser Bewusstsein mit diesem höheren »Ich« zu vereinigen, oder vielmehr unser täuschendes Selbstbewusstsein im wahren Bewusst.:. sein aufgehen zu lassen, so ist dieses göttliche Bewusstsein unser eigenes und wir sind dann nicht mehr vom Leben des Körpers und dessen Empfinden und Denken abhängig. Diese Vereinigung mit dem höheren Selbst wird »Yoga« (von yog, Sanskrit = binden)

Absolute), noch ist es die Persönlichkeit des

Menschen, welche wieder auf dieser Erde

oder auf einem anderen Planeten erscheint,

sondern es ist die dem menschlichen Dasein

zu Grunde liegende Idee der Selbstheit,

welche immer wieder in neuen persönlichen

Formen erscheint, bis dass sie am Ende

durch die Entfaltung der wahren Gottes-

erkenntnis überwunden wird. Das was in

uns selbstlos ist, und diese Täuschung der

Selbstheit überwunden hat, ist auch jetzt

nicht in uns eingeschlossen oder inkarniert;

es ist in uns und ausser uns und über uns.

Es ist unser höheres Selbst, welches das

»Nichtselbst« ist und wenn es uns gelingt,

unser Bewusstsein mit diesem höheren »Ich«

zu vereinigen, oder vielmehr unser täuschen-

des Selbstbewusstsein im wahren Bewusst-

sein aufgehen zu lassen, so ist dieses göttliche

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Bewusstsein unser eigenes und wir sind dann

nicht mehr vom Leben des Körpers und

dessen Empf1nden und Denken abhängig.

Diese Vereinigung mit dem höheren Selbst

wird »Yoga« (von yog, Sanskrit = binden)

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genannt. Diese »Selbstlosigkeit«, oder rich-

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tiger gesagt, diese Erhabenheit über das

eigene Selbst wird nur durch die Überwin-

dung des Irrtums, welche viele Erfahrungen

genannt. Diese »Selbstlosigkeit«, oder richtiger gesagt, diese Erhabenheit über das eigene Selbst wird nur durch die Überwindung des Irrtums, welche viele Erfahrungen erfordert, wozu ein einziges Dasein nicht hinreichend ist, erlangt. Auch wird sie nicht durch Träumen und Schwärmen erlangt; die Erhabenheit über das Selbst wird nur verwirklicht durch die über alle Selbstsucht erhabene That. Ohne diese Verwirklichung ist alle Selbstlosigkeit nur ein Traum, ein nicht verwirklichtes Ideal.

erfordert, wozu ein einziges Dasein nicht

hinreichend ist, erlangt. Auch wird sie

nicht durch Träumen und Schwärmen erlangt;

die Erhabenheit über das Selbst wird nur

verwirklicht durch die über alle Selbstsucht

erhabene That. Ohne diese Verwirklichung

ist alle Selbstlosigkeit nur ein Traum, ein

nicht verwirklichtes Ideal.

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(Fortsetzung folgt.)

(Fortsetzung folgt.)

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K a r m a.

(Fortsetzung.)

XI.

Die mystischen Kräfte.

Christus in uns ist das Geheimnis der Erlösung."

Koloss. I, 27.

Die buddhistische sowohl als die christ-

liche Religion lehrt uns, dass die Kraft, durch

welche wir zur Selbsterkenntnis und Erlösung

kommen können, in uns selbst wirksam ist.

Dasselbe ist bei allem Wachstum in der Natur

der Fall. Das Leben eines Baumes wirkt

von innen nach aussen. Allerdings wirken

Kar m a.

die überall existierenden Naturkräfte auf das

Wachstum des Baumes ein; aber die von

aussen hinzuströmenden Kräfte wirken erst

(Fortsetzung.)

dann, wenn sie von dem Organismus des

Baumes aufgenommen werden und zum Le-

ben desselben werden. Das Leben existiert

überall, aber das Leben eines Baumes ist in

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XI.

Die mystischen Kräfte. ,.Christus in uns ist das Geheimnis der Erlösung." Koloss. I, 27.

Die buddhistische sowohl als die christliche Religion lehrt uns, dass die Kraft, durch welche wir zur Selbsterkenntnis und Erlösung kommen können, in uns selbst wirksam ist. Dasselbe ist bei allem \Vachstum in der Natur der Fall.. Das Leben eines Baumes wirkt von innen nach aussen. Allerdings ,virken die überall existierenden Naturkräfte auf das Wachstum des. Baumes ein; aber die von aussen hinzuströmenden Kräfte wirken erst dann, wenn sie von dem Organismus des Baumes aufgenommen werden und zum Leben desselben werden. Das Leben existiert überall, aber das Leben eines Baumes ist in

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ihm selbst, und nicht ausserhalb. Da ist

niemand, durch dessen besondere Gunst der

Baum gross und kräftig wird, wenn er nicht

ihm selbst, und nicht ausserhalb. Da ist niemand, durch dessen besondere Gunst der Baum gross und kräftig wird, wenn er nicht selber die Nahrung in sich aufnimmt, die ihm von aussen geboten wird.

selber die Nahrung in sich aufnimmt, die ihm

von aussen geboten wird.

So ist es auch mit dem Wachstum der

Seele des Menschen. Da ist niemand, durch

dessen besondere Gunst eine unbrauchbare

Seele brauchbar befunden wird. Allerdings ist

der Geist Gottes allüberall gegenwärtig im Uni-

versum; aber er kann erst dann zum Leben

der Seele werden, wenn ihn die Seele in sich

selbst aufnimmt, und er in ihr in Wirksamkeit

tritt; denn auch die Seele, wie der Baum,

wächst durch Entfaltung ihrer Kräfte von

So ist es auch mit dem Wachstum der Seele des Menschen. Da ist niemand, durch dessen besondere Gunst eine unbrauchbare Seele brauchbar befunden wird. Allerdings ist der Geist Gottes allüberall gegenwärtig im U niversum; aber er kann erst dann zum Leben der Seele werden, wenn ihn die Seele in sich selbst aufnimmt, und er in ihr in Wirksamkeit tritt; denn auch die Seele, wie der Baum, wächst durch Entfaltung ihrer IZräfte von innen nach aussen , und nicht so wie ein Haus, durch Hinzufügung von äusserlichen Teilen. In uns selbst muss Christus geboren werden, wenn er unser Erlöser sein soll. Davon wollen aber diejenigen nichts wissen, welche bloss an einen äusserlichen Erlöser glauben und den wahren Christus nicht kennen. Deshalb betrachten die kurzsichtigen Frommen, welche sich stets nach einer äusserlichen Hilfe sehnen, anstatt auf die in ihnen selbst wohnende Gotteskraft zu vertrauen,

innen nach aussen, und nicht so wie ein

Haus, durch Hinzufügung von äusserlichen

Teilen. In uns selbst muss Christus geboren

werden, wenn er unser Erlöser sein soll. Da-

von wollen aber diejenigen nichts wissen,

welche bloss an einen äusserlichen Erlöser

glauben und den wahren Christus nicht ken-

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nen. Deshalb betrachten die kurzsichtigen

Frommen, welche sich stets nach einer äusser-

lichen Hilfe sehnen, anstatt auf die in ihnen

selbst wohnende Gotteskraft zu vertrauen,

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alle mystischen Schriften, die sie ja nicht

verstehen, als Teufelswerk. Sie gehören zu

jenen, von denen der Apostel Paulus sagt:

alle mystischen Schriften, die sie ja nicht verstehen, als Teufelswerk. Sie gehören zu jenen, von denen der Apostel Paulus sagt: "Wisset ihr nicht, dass ihr Tempel Gottes seid, und dass der Geist Gottes in euch wohnet?" und "Erkennet ihr euch selbst nicht, dass Jesus Christus in euch ist? Es sei denn, dass ihr untüchtig (gottlos) seid?" *)

„Wisset ihr nicht, dass ihr Tempel Gottes seid,

und dass der Geist Gottes in euch wohnet?"

und „Erkennet ihr euch selbst nicht, dass

Jesus Christus in euch ist? Es sei denn, dass

ihr untüchtig (gottlos) seid?"*)

Unsere Aufgabe ist es nun, die in uns

selbst wirkenden mystischen Kräfte kennen

zu lernen; denn obgleich die den Menschen

erlösende Kraft nur eine einzige ist, nämlich

die Kraft der Selbsterkenntnis, so stellt sie

sich doch in ihren Wirkungen verschieden-

artig dar, je nach den Empfindungen, die sie

in uns hervorruft. So sind z. B. Glaube,

Liebe, Erkenntnis im Grunde genommen eins

und dasselbe, aber dennoch verbinden wir

mit diesen Bezeichungen verschiedenartige

Begriffe, weil wir nicht die Urkraft selbst,

Unsere Aufgabe ist es nun, die in uns selbst wirkenden mystischen Kräfte kennen zu lernen; denn obgleich die den Menschen erlösende Kraft nur eine einzige ist, nämlich die Kraft der Selbsterkenntnis, so stellt sie sich doch in ihren Wirkungen verschiedenartig dar, je nach den Empfindungen, die sie in uns hervorruft. So sind z. B. Glaube, Liebe, Erkenntnis im Grunde genommen eins und dasselbe, aber dennoch verbinden wir mit diesen Bezeichungen verschiedenartige Begriffe, weil wir nicht die Urkraft selbst, sondern bloss ihre Wirkungen kennen. Sie ist der "heilig~ Geist", aus welcher der "Sohn Gottes" in uns geboren wird. Der Geist ist nur ein einziger, aber er wirkt in den drei

sondern bloss ihre Wirkungen kennen. Sie

ist der „heilige Geist", aus welcher der „Sohn

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Gottes" in uns geboren wird. Der Geist ist

nur ein einziger, aber er wirkt in den drei

*) H. Korinther XIII, 5.

*) II. Korinther XIII, 5.

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-

Eigenschaften der Natur, und seine Produkte

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sind deshalb dreierlei, je nachdem sie aus

Unwissenheit (Tamas), aus der Begierde

Eigenschaften der Natur, und seine Produkte sind deshalb dreierlei, je nachdem sie aus Unwissenheit (Tamas), aus der Begierde (Rajas), oder aus der Wahrheit (Sattwa) entspringen. Deshalb giebt es eine thörichte, eine begehrliche und eine erkennende Liebe, einen thörichten, einen aus Begierde nach Besitz entspringenden und eine'n wahren, aus der Erkenntnis stammenden Glauben u. s. w., und nur diejenigen Kräfte, welche aus der Wahrheit entspringen, öffnen uns die Pforte zur Wahrheit selbst. Die aus der Wahrheit entspringenden Kräfte werden aber nur von denjenigen erkannt, welche Wahrheitsgefühl besitzen und deshalb wird auch ein Verständnis des folgenden nur denjenigen zugänglich sein, welche fähig sind, in sich selbst das Wahre, Gute und Edle zu empfinden und es von dem, was aus niedrigen Ursachen entspringt, zu unterscheiden. Jeder Mensch ist ein Centrum von Kräften, vergleichbar mit einer elektrischen Batterie, welche in einemfort Kräfte gebiert. Körper, Seele und Geist gebären diese Kräfte, deren äussere Offenbarung durch die Handlung das Karma des Menschen bildet. Jede dieser Kräfte wirkt auf der ihr gehörigen Daseinsebene und die

(Rajas), oder aus der Wahrheit (Sattwa)

entspringen. Deshalb giebt es eine thörichte,

eine begehrliche und eine erkennende Liebe,

einen thörichten, einen aus Begierde nach

Besitz entspringenden und einen wahren, aus

der Erkenntnis stammenden Glauben u. s. w.,

und nur diejenigen Kräfte, welche aus der

Wahrheit entspringen, öffnen uns die Pforte

zur Wahrheit selbst. Die aus der Wahrheit

entspringenden Kräfte werden aber nur von

denjenigen erkannt, welche Wahrheitsgefühl

besitzen und deshalb wird auch ein Verständ-

nis des folgenden nur denjenigen zugänglich

sein, welche fähig sind, in sich selbst das

Wahre, Gute und Edle zu empfinden und es

von dem, was aus niedrigen Ursachen ent-

springt, zu unterscheiden. Jeder Mensch ist

ein Centrum von Kräften, vergleichbar mit

einer elektrischen Batterie, welche in einem-

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fort Kräfte gebiert. Körper, Seele und Geiat

gebären diese Kräfte, deren äussere Offen-

barung durch die Handlung das Karma des

Menschen bildet. Jede dieser Kräfte wirkt

auf der ihr gehörigen Daseinsebene und die

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dort angesammelte Kraft wirkt wieder aut

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den Menschen zurück. Deshalb ist es von

höchster Wichtigkeit, dass wir unsere eigenen

Kräfte kennen und die höheren von den

dort angesammelte Kraft wirkt wieder auf den Menschen zurück. Deshalb ist es von höchster Wichtigkeit, dass wir unsere eigenen Kräfte kennen und die höheren von den niederen zu unterscheiden lernen, damit wir die höchsten Kräfte in uns aufnehmen und dieselben zur Erreichung des Höchsten verwenden können.

niederen zu unterscheiden lernen, damit wir

die höchsten Kräfte in uns aufnehmen und

dieselben zur Erreichung des Höchsten ver-

wenden können.

Es ist eine Eigentümlichkeit der Menschen,

dass sie stets nach guten Dingen verlangen,

und dabei das Gute, welches sie bereits be-

sitzen, nicht erkennen und es nicht beachten.

Jeder Mensch ist bereits in seinem Innersten

Gott und braucht es nicht erst zu werden.

So lange in ihm ein Funke göttlicher Kraft

ist, so lange gehört dieser Funke seinem gött-

lichen Wesen an, und dieses Wesen ist der

Grund seines Daseins, er selbst. Aus diesem

Funken im Innersten strömt die göttliche

Kraft. Sie kann nur dadurch erkannt werden,

dass man sie empfindet. Diese Kraft ist die

Es ist eine Eigentümlichkeit der Menschen, dass sie stets nach guten Dingen verlangen. und dabei das Gute, welches sie bereits besitzen, nicht erkennen und es nicht beachten. Jeder Mensch ist bereits in seinem Innersten Gott und braucht es nicht erst zu werden. So lange in ihm ein Funke göttlicher Kraft ist, so lange gehört dieser Funke seinem göttlichen Wesen an, und dieses Wesen ist der Grund seines Daseins, er selbst. Aus diesem Funken im Innersten strömt die göttliche Kraft. Sie kann nur dadurch erkannt werden, dass man sie empfindet. Diese Kraft ist die Liebe, und da diese Liebe göttlich ist, so ist sie auch. auf keinen einzelnen Gegenstand beschränkt, sondern grenzenlos; sie umfasst und durchdringt alles. Aus diesem Grunde kann auch nur der über den Selbstwahn und

Liebe, und da diese Liebe göttlich ist, so ist

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sie auch auf keinen einzelnen Gegenstand

beschränkt, sondern grenzenlos; sie umfasst

und durchdringt alles. Aus diesem Grunde

kann auch nur der über den Selbstwahn und

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die Eigenliebe erhabene Mensch diese gött-

liche Kraft erkennen; für denjenigen, der

nicht in sie eingeweiht ist, bleibt sie ein ewiges

Geheimnis.

die Eigenliebe erhabene Mensch diese göttliche Kraft erkennen; für denjenigen, der nicht in sie eingeweiht ist, bleibt sie ein ewiges Geheimnis.

Dasjenige was diese Liebe liebt, ist das

absolut Gute in allen Dingen. Da alle Dinge

aus Gott, dem absoluten Guten, entspringen,

so ist dieses Gute auch in allen Dingen in

ihrem innersten Wesen enthalten, und wer

die göttliche Liebe hat, der sieht Gottes Geist

in allen Dingen; er sieht sich überall vom

absolut Guten umgeben und hat keine Ur-

sache, unzufrieden oder traurig zu sein. Er

Dasjenige was diese Liebe liebt, ist das absolut Gute in allen Dingen. Da alle Dinge aus Gott, dem absoluten Guten, entspringen, so ist dieses Gute auch in allen Dingen in ihrem innersten Wesen enthalten, und wer die göttliche Liebe hat, der sieht Gottes Geist in allen Dingen; er sieht sich überall vom absolut Guten umgeben und hat keine Ursache, unzufrieden oder traurig zu sein. Er ist nie allein, denn Gott ist stets mit ihm, ja er ist selbst überall, wenn er sich in Gott erkennt. Dadurch, dass er Gott in allen Dingen sieht, ändert sich nun seine ganze frühere Lebensanschauung. Er sieht in den Formen, von denen er umgeben ist, nicht mehr für sich bestehende, wesentliche Dinge, sondern erkennt sie als Erscheinungen und Gefässe, in denen der göttliche Geist nach Offenbarung strebt, und der in ihm selbst zum Bewusstsein gekommene Mensch ergiesst sich in diese Formen. Deshalb ist ein wirklicher Theosoph, d. h. ein zum Gottesbewusst-

ist nie allein, denn Gott ist stets mit ihm, ja

er ist selbst überall, wenn er sich in Gott

erkennt. Dadurch, dass er Gott in allen

Dingen sieht, ändert sich nun seine ganze

frühere Lebensanschauung. Er sieht in den

Formen, von denen er umgeben ist, nicht

mehr für sich bestehende, wesentliche Dinge,

sondern erkennt sie als Erscheinungen und

Gefässe, in denen der göttliche Geist nach

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Offenbarung strebt, und der in ihm selbst

zum Bewusstsein gekommene Mensch ergiesst

sich in diese Formen. Deshalb ist ein wirk-

licher Theosoph, d. h. ein zum Gottesbewusst-

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— 339 —

sein gelangter Mensch, wie ein Licht, das in

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die Ferne leuchtet. Die ihm entströmende

Kraft des Guten wirkt auf seine ganze Um-

sein gelangter Mensch, wie ein Licht, das in die Ferne leuchtet. Die ihm entströmende Kraft des Guten wirkt auf seine ganze Umgebung ein. Und darauf bildet er sich nichts ein, und bemerkt es am Ende gar nicht, weil diese Liebe nicht aus seinem persönlichen Bewusstsein, sondern aus seiner Gotteserkenntnis, d. h. aus der in ihm offenbar gewordenen göttlichen Liebe ~ommt. Seine "Linke", d. h. seine irdische Natur, weiss nicht was seine "Rechte", seine Gottesnatur thut.*)

gebung ein. Und darauf bildet er sich nichts

ein, und bemerkt es am Ende gar nicht, weil

diese Liebe nicht aus seinem persönlichen

Bewusstsein, sondern aus seiner Gottes-

erkenntnis, d. h. aus der in ihm offenbar ge-

wordenen göttlichen Liebe kommt. Seine

„Linke", d. h. seine irdische Natur, weiss nicht

was seine „Rechte", seine Gottesnatur thut.*)

Aus Eigendünkel kann kein Mensch gut,

gerecht, weise oder liebevoll sein, denn alles,

was im Menschen Gutes ist, kommt aus der

Seele, aus Gott. Die Bibel sagt: „Lasset

uns wandeln im Lichte des Herrn." Aber

dies ist selbst im Munde des gewandtesten

Predigers nur eine nichtssagende, leere Phrase

für denjenigen, in dem dieses Licht nicht

leuchtet, und der den „Herrn" nicht kennt.

So ist es mit allen geistigen Kräften; sie

werden, trotz aller „Erklärungen", ewig Ge-

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heimnisse bleiben für jeden, der sie nicht

empfindet und sie nicht geistig erkennt. Wer

*) Mathäus VI, 3.

Aus Eigendünkel kann kein Mensch gut, gerecht, weise oder liebevoll sein, denn alles, was im Menschen Gutes ist, kommt aus der Seele, aus Gott. Die Bibel sagt: "Lasset uns wandeln im Lichte des Herrn." Aber dies ist selbst im Munde des gewandtesten Predigers nur eine nichtssagende, leere Phrase für denjenigen, in dem dieses Licht nicht leuchtet, und der den "Herrn" nicht kennt. So ist es mit allen geistigen Kräften; sie werden, trotz aller "Erklärungen", 'ewig Geheimnisse bleiben für jeden, der sie nicht empfindet und sie nicht geistig erkennt. Wer *) Mathäus VI, 3.

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340

keinen Glauben hat, kann nicht wissen was

-

Glaube ist, und wer nicht selbstlos handeln

kann, der kann auch die Selbstlosigkeit nicht

keinen Glauben hat, kann nicht wissen was Glaube ist, und wer nicht selbstlos handeln kann, der kann auch die Selbstlosigkeit nicht begreifen. Ohne Gott ist alles Wissen in Bezug auf göttliche Dinge ein Nichts; die wahre Erkenntnis hat nur der im Geiste wiedergeborene Mensch.

begreifen. Ohne Gott ist alles Wissen in

Bezug auf göttliche Dinge ein Nichts; die

wahre Erkenntnis hat nur der im Geiste

wiedergeborene Mensch.

Die geistige Wiedergeburt, nicht zu ver-

wechseln mit der Wiederverkörperung, ist

das Erwachen des Gottesbewusstseins im

Menschen. Kerning sagt: „Mit dem ersten

Funken eines inneren Gedankens, der unser

ganzes Ich durchdringt, und uns die Wahr-

heit, wenn auch nur von ferne empf1nden und

fühlen lässt, ist auch die Zeugung der Wieder-

geburt geschehen, das Samenkorn für den

Himmel gelegt." Sie ist der Eintritt in eine

Die geistige Wiedergeburt, nicht zu verwechseln mit der Wiederverkörperung , ist das Erwachen des Gottesbewusstseins im Menschen. Kerning' sagt: "Mit dem ersten Funken eines inneren Gedankens, der unser ganzes Ich durchdringt. und uns die Wahrheit' wenn auch nur von ferne empfinden und fühlen lässt, ist auch die Zeugung der Wiedergeburt geschehen, das Samenkorn für den Himmel gelegt." Sie ist der Eintritt in eine höhere Daseinsstufe , von welcher der am Irdischen klebende Mensch nichts weiss. Sie ist der Eintritt in die Freiheit, das Hinauswachsen über das vergängliche Selbst.

höhere Daseinsstufe, von welcher der am

Irdischen klebende Mensch nichts weiss. Sie

ist der Eintritt in die Freiheit, das Hinaus-

wachsen über das vergängliche Selbst.

Die geistige Freiheit aber entspringt aus

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der Reinheit der Seele, d. h. aus der Freiheit

von allem Selbstwahne, Aberglauben, falschen

Vorstellungen, verkehrtem Empfinden und

Wollen nebst den daraus entspringenden Be-

Die geistige Freiheit aber entspringt aus der Reinheit der Seele, d. h. aus der Freiheit von allem Selbstwahne, Aberglauben, falschen Vorstellungen, verkehrtem Empfinden und Wollen nebst den daraus entspringenden Be-

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gierden. Es ist die Freiheit von allem, was

den drei Grundeigenschaften der Natur, dem

Selbsthandeln, sei es aus „Selbstwissen",

gierden. Es ist die Freiheit von allem, was den drei Grundeigenschaften der Natur, dem Selbsthandeln , sei es aus "Selbstwissen", "Selbstbegehren" oder der Unwissenheit, entspringt. Nur die reine Erkenntnis der Wahrheit, welche aus der selbstlosen Liebe hervorgeht, ohne irgend ein dahinter stehendes "Ich", macht frei. Nicht wo der Geist des Menschen (das "Ich") ist, sondern wo der Geist Gottes ist, da ist die Freiheit.*) Wollen und Denken können nicht frei sein, so lange sie noch an das täuschende "Ich" gebunden sind; nur in dem, was der in uns zum Bewusstsein gekommene göttliche Geist will und denkt, sind wir frei. ,Wer dies begreift, der sieht ein, dass der Mensch, nach seinem wahren geistigen Wesen, nicht ein in Zeit und Raum beschränktes Geschöpf, sondern selbstlos, allgegenwärtig, unendlich ist. Diese göttl~che Grösse kann aber nicht der beschränkte irdische Menschenverstand, sondern nur der göttliche Geist im Menschen, der sich selber erkennt, erfassen, und deshalb bleibt in solchen Dingen alle wissenschaftliche Forschung und philosophische Spekulation weit hinter

„Selbstbegehren" oder der Unwissenheit, ent-

springt. Nur die reine Erkenntnis der Wahr-

heit, welche aus der selbstlosen Liebe hervor-

geht, ohne irgend ein dahinter stehendes „Ich",

macht frei. Nicht wo der Geist des Menschen

(das „Ich") ist, sondern wo der Geist Gottes

ist, da ist die Freiheit.*) Wollen und Denken

können nicht frei sein, so lange sie noch an

das täuschende „Ich" gebunden sind; nur in

dem, was der in uns zum Bewusstsein ge-

kommene göttliche Geist will und denkt,

sind wir frei. Wer dies begreift, der sieht

ein, dass der Mensch, nach seinem wahren

geistigen Wesen, nicht ein in Zeit und Raum

beschränktes Geschöpf, sondern selbstlos,

allgegenwärtig, unendlich ist. Diese göttliche

Grösse kann aber nicht der beschränkte

irdische Menschenverstand, sondern nur der

göttliche Geist im Menschen, der sich selber

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erkennt, erfassen, und deshalb bleibt in sol-

chen Dingen alle wissenschaftliche Forschung

und philosophische Spekulation weit hinter

*) n. Korinther III, 17.

Lotusblüthen LVI.

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*) II. Korinther III, 17. Lotusblüthen LVI.

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der Gotteserkenntnis zurück, die nicht ein

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Resultat des eigenen Grübelns, sondern des

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Offenbarwerdens des Lichtes Gottes im Men-

der Gotteserkenntnis zurück, die nicht eIn Resultat des eigenen Grübeins, sondern des Offenbarwerdens des Lichtes Gottes im Menschen ist.

schen ist.

Kein Mensch ist vollkommen rein, so lange

er nicht frei von der Selbstheit ist. Auch

kann sich der Mensch nicht durch Ignorieren

seiner Selbstheit von derselben befreien, son-

dern er muss dieselbe durch die Kraft der

höheren Erkenntnis überwinden. Hat er sie

überwunden, so ist er auch kein „Mensch"

mehr, im gewöhnlichen Sinne dieses Wortes,

sondern ein Gott in Gott', ein „Mahatma",

Kein Mensch ist vollkommen rein, so lange er nicht frei von der Selbstheit ist. Auch kann sich der Mensch nicht durch Ignorieren seiner Selbstheit von derselben befreien, sondern er muss dieselbe durch die Kraft der höheren Erkenntnis überwinden. Hat er sie überwunden, so ist er auch kein "Mensch" mehr, im gewöhnlichen Sinne dieses Wortes, sondern ein Gott in Gott', ein "Mahatma", d.h. eine grosse Seele (von maha = gross und atma=Seele), und mit dem völligen Aufgeben der Selbstheit tritt er ins Nirvana, die Selbstlosigkeit im Gottesbewusstsein , ein. Man braucht nicht zu sterben, um in diesen höchsten Zustand einzugehen; es giebt Menschen, die, wie Buddha, schon während dieses Lebens auf Erden ins Nirvana eingegangen sind. Sie sind dann Bewohner der himmlischen Welt, wenn auch ihre körperliche Erscheinung auf Erden wandelt. Ihr Schicksal ist, wie die Geschichte zeigt, verkannt, missverstanden und verfolgt zu werden; denn

d.h. eine grosse Seele (von maha = gross und

atma = Seele), und mit dem völligen Aufgeben

der Selbstheit tritt er ins Nirvana, die Selbst-

losigkeit im Gottesbewusstsein, ein. Man

braucht nicht zu sterben, um in diesen

höchsten Zustand einzugehen; es giebt Men-

schen, die, wie Buddha, schon während dieses

Lebens auf Erden ins Nirvana eingegangen

sind. Sie sind dann Bewohner der himm-

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lischen Welt, wenn auch ihre körperliche Er-

scheinung auf Erden wandelt. Ihr Schicksal

ist, wie die Geschichte zeigt, verkannt, miss-

verstanden und verfolgt zu werden; denn

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— 343 —

-

nur der dem göttlichen Wesen ebenbürtige

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Geist kann diesen Geist in anderen Menschen

erkennen. Es erfüllt sich auch hier, was die

nur der dem göttlichen Wesen ebenbürtige Geist kann diesen Geist in anderen Menschen erkennen. Es erfüllt sich auch hier, was die Bhagavad Gita lehrt: "Thoren (d. h. diejenigen, welche zwischen dem Ewigen und dem Vergänglichen nicht unterscheiden können) verachten Mich, wenn ich in meiner Menschengestalt erscheine. Sie erkennen nicht mein höchstes Wesen, der Ich der Herr des Weltalls bin." *) "Die Weisen sehen ihn, den in ihnen selbst Weilenden, aber die Thoren sehen ihn nicht, wenn sie auch ihn zu sehen sich eifrig bemühen." **)

Bhagavad Gita lehrt: „Thoren (d. h. diejenigen,

welche zwischen dem Ewigen und dem Ver-

gänglichen nicht unterscheiden können) ver-

achten Mich, wenn ich in meiner Menschen-

gestalt erscheine. Sie erkennen nicht mein

höchstes Wesen, der Ich der Herr des Welt-

alls bin."*) „Die Weisen sehen ihn, den in

ihnen selbst Weilenden, aber die Thoren

sehen ihn nicht, wenn sie auch ihn zu sehen

sich eifrig bemühen."**)

Die Reinheit und Freiheit kann durch

nichts anderes als durch die Kraft der Liebe

zum absolut Guten erlangt werden; denn

wer das Gute nicht liebt, der strebt nicht

darnach und es kann in ihm nicht zur Offen-

barung gelangen. Das absolut Gute aber ist

die göttliche Liebe selbst; diese Liebe ist ihr

eigener Gegenstand und bedarf keines anderen.

Da sie göttlich ist, so ist sie auch unendlich

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und schliesst alles in sich ein. Nicht das

geringste Geschöpf entgeht ihr; sie sieht

*) Kap. IX, V. II.

**) Kap. XV, V. II.

23*

Die Reinheit und Freiheit kann durch nichts anderes als durch die Kraft der Liebe zum absolut Guten erlangt werden; denn wer das Gute nicht liebt, der strebt nicht damach und es kann in ihm nicht zur Offenbarung gelangen. Das absolut Gute aber ist die göttliche Liebe selbst; diese Liebe ist ihr eigener Gegenstand und bedarf keines anderen. Da sie göttlich ist, so ist sie auch unendlich und schliesst alles in sich ein. Nicht das geringste Geschöpf entgeht ihr; sie sieht *) Kap. IX, V. I I. **) Kap. XV, V. I I. 23 *

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sich selber in jedem Ding und verachtet

keine der Formen, die sie bewohnt. Deshalb

ist auch der selbsterkennende Mensch fern

sich selber in jedem Ding und verachtet keine der Formen, die sie bewohnt. Deshalb ist auch der selbsterkennende Mensch fern davon ein "Misanthrop" oder "Pessimist" oder eingebildeter "Weltverächter" zu sein, sondern die Schönheit der Offenbarung Gottes in der Natur tritt für ihn um so deutlicher hervor, je mehr er Gott in jedem Dinge erkennt. Die göttliche Liebe ist nur eine andere Bezeichnung für die Gotteserkenntnis, Theosophie oder Erkenntnis des göttlichen Selbst; denn man kann dasjenige nicht in Wahrheit lieben, was man nicht erkennt, und man kann dasjenige nicht in Wahrheit erkennen, was man nicht liebt. Ein altes Sprüchwort sagt: "Wer Christus (die Gottheit in der Menschheit) nicht liebt, der hasst ihn." Wer nur den kirchlichen Christus liebt, der liebt nur dessen äusserliches Symbol. Er will vom wahren Christus nichts wissen und kann ihn deshalb auch nicht in sich selber erkennen. Die grössten Feinde des wahren Christentums sind die fanatischen Anhänger des falschen. Auch innerhalb der Kirchen hat der Engel der Erkenntnis mit den Dämonen der Finsternis zu kämpfen. "Die Mücke, welche durch das blendende Licht der Nachtlampe angezogen wird, geht

davon ein „Misanthrop" oder „Pessimist" oder

eingebildeter „Weltverächter" zu sein, sondern

die Schönheit der Offenbarung Gottes in der

Natur tritt für ihn um so deutlicher hervor,

je mehr er Gott in jedem Dinge erkennt. Die

göttliche Liebe ist nur eine andere Bezeich-

nung für die Gotteserkenntnis, Theosophie

oder Erkenntnis des göttlichen Selbst; denn

man kann dasjenige nicht in Wahrheit lieben,

was man nicht erkennt, und man kann das-

jenige nicht in Wahrheit erkennen, was man

nicht liebt. Ein altes Sprüchwort sagt: „Wer

Christus (die Gottheit in der Menschheit) nicht

liebt, der hasst ihn." Wer nur den kirchlichen

Christus hebt, der liebt nur dessen äusserliches

Symbol. Er will vom wahren Christus nichts

wissen und kann ihn deshalb auch nicht in

sich selber erkennen. Die grössten Feinde

des wahren Christentums sind die fanatischen

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Anhänger des falschen. Auch innerhalb der

Kirchen hat der Engel der Erkenntnis mit

den Dämonen der Finsternis zu kämpfen.

„Die Mücke, welche durch das blendende

Licht der Nachtlampe angezogen wird, geht

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im klebrigen Öle zu Grunde. Die unbedachte

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Seele, welche mit den spottenden Dämonen

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der Täuschung nicht ringt (sondern sich von

einem bequemen äusserlichen Kirchenglauben

im klebrigen Öle zu Grunde. Die unbedachte Seele, welche mit den spottenden Dämonen der Täuschung nicht ringt (sondern sich von einem bequemen äusserlichen Kirchenglauben irreführen lässt), muss zur Erde zurückkehren; eine Sklavin ihrer Begierde." *) Je mehr die Kraft der Liebe wächst und sich ausbreitet, um so grösser wird die wahre Erkenntnis, und je grösser die Erkenntnis wird, um so mehr wächst die Liebe. Das eine bedingt das andere, denn im Grunde sind Beide eins; aber die Liebe zu einem äusserlichen Dinge, und wäre dies auch ein "historischer" Christus, beruht auf keiner wahren Erkenntnis, sondern nur auf der eigenen V orstellung und Phantasie. Solche Symbole sind zweckmässig für diejenigen, welche noch nicht reif geworden sind zur wahren Erkenntnis. Wo aber .die Wahrheit selbst offenbar wird, da verschwindet alle Illusion, ja sogar das Symbol.

irreführen lässt), muss zur Erde zurückkehren,

eine Sklavin ihrer Begierde."*) Je mehr die

Kraft der Liebe wächst und sich ausbreitet,

um so grösser wird die wahre Erkenntnis,

und je grösser die Erkenntnis wird, um so

mehr wächst die Liebe. Das eine bedingt

das andere, denn im Grunde sind Beide eins;

aber die Liebe zu einem äusserlichen Dinge,

und wäre dies auch ein „historischer" Christus,

beruht auf keiner wahren Erkenntnis, sondern

nur auf der eigenen Vorstellung und Phan-

tasie. Solche Symbole sind zweckmässig für

diejenigen, welche noch nicht reif geworden

sind zur wahren Erkenntnis. Wo aber die

Wahrheit selbst offenbar wird, da verschwin-

det alle Illusion, ja sogar das Symbol.

Jedes Wesen bedarf einer bestimmten

Nahrung je nach seiner Beschaffenheit. Milch

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ist für Säuglinge und starke Kost für Männer.

Deshalb sollte man auch den kirchlichen

*) H. P. Blavatsky: „Die Stimme der Stille." Lotus-

blüthen No. 1.

Jedes Wesen bedarf einer bestimmten Nahrung je nach seiner Beschaffenheit. Milch ist für Säuglinge und starke Kost für Männer. Deshalb sollte man auch den kirchlichen *) H. P. Blavatsky: "Die Stimme der Stille." Lotusblüthen No. I.

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Glauben nicht verwerfen; er ist noch für die

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meisten eine Notwendigkeit. Man sollte aber

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darnach trachten, nicht in ihm stecken zu

Glauben nicht verwerfen; er ist noch für die meisten eine Notwendigkeit. Man sollte aber darnach trachten, nicht in ihm stecken zu bleiben, sondern über ihn hinauszuwachsen~ indem man noch tiefer als bloss bis zur äusseren Schale in die Geheimnisse der Religion eindringt durch die Kraft der wahren Erkenntnis.

bleiben, sondern über ihn hinauszuwachsen,

indem man noch tiefer als bloss bis zur

äusseren Schale in die Geheimnisse der Re-

ligion eindringt durch die Kraft der wahren

Erkenntnis.

Die geistige Erkenntnis wird bedingt

durch die Kraft des Glaubens; denn der

Glaube selbst ist der Keim der Erkenntnis;

seine Quelle ist die Weisheit und er hat nichts

gemein mit dem Meinen, Dünken und Wähnen,

das der Phantasie entspringt. Daran gerade

ist die Verkommenheit eines Zeitalters zu er-

kennen, dass die richtigen Begriffe für Be-

zeichnungen, welche geistige Kräfte bedeuten,

verloren gehen und man das Begehren für

Liebe, Wähnen für Glauben hält; weil man die

wahre Liebe, den wahren Glauben, die wahre

Erkenntnis nicht kennt. Was der Unverstand

Die geistige Erkenntnis wird bedingt durch die Kraft des Glaubens; denn der Glaube selbst ist der Keim der Erkenntnis; seine Quelle ist die Weisheit und er hat nichts gemein mit dem Meinen, Dünken und Wähnen, das der Phantasie entspringt. Daran gerade ist die Verkommenheit eines Zeitalters zu erkennen, dass die richtigen Begriffe für Bezeichnungen, welche geistige Kräfte bedeuten, verloren gehen und man das Begehren für Liebe, Wähnen für Glauben hält; weil man die wahre Liebe, den wahren Glauben, die wahre Erkenntnis nicht kennt. Was der Unverstand meint und für wahr hält, bedarf der Beweise; was durch die Kraft des Glaubens erkannt wird, versteht sich von selbst. Es gieht deshalb auch nichts geschmackloseres als eine trockene spekulative Philosophie, welche sich

meint und für wahr hält, bedarf der Beweise;

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was durch die Kraft des Glaubens erkannt

wird, versteht sich von selbst. Es giebt des-

halb auch nichts geschmackloseres als eine

trockene spekulative Philosophie, welche sich

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die überflüssige Mühe macht, dasjenige erst

auf Umwegen beweisen zu wollen, was man

die überflüssige Mübe macht, dasjenige erst auf Umwegen beweisen zu wollen, was man ohnehin schon direkt durch den Glauben erkennt, und welche mit allen ihren Beweisen niemandem einen Glauben verschaffen kann, wenn er ihn nicht schon hat. Der wahre Glaube bedarf deshalb keiner Beweise, weil er aus der Empfindung der Wahrheit entspringt und von selbst zur Erkenntnis der Wahrheit führt. Der blasse Verstandesmensch aber kann keinen Glauben haben und auch dessen Begriff nicht erfassen, weil der Verstand nicht der Sitz des Empfindens ist. Aus diesem Grunde wird auch die Welt vergebens auf Erlösung durch eine lieblose Wissenschaft hoffen. Das Wissen ohne Empfindung ist leblos und hohl; es fehlt ihr' die Liebe, welche von allen Dingen das Leben, die Seele, ist.

ohnehin schon direkt durch den Glauben er-

kennt, und welche mit allen ihren Beweisen nie-

mandem einen Glauben verschaffen kann, wenn

er ihn nicht schon hat. Der wahre Glaube

bedarf deshalb keiner Beweise, weil er aus

der Empfindung der Wahrheit entspringt

und von selbst zur Erkenntnis der Wahrheit

führt. Der blosse Verstandesmensch aber kann

keinen Glauben haben und auch dessen Be-

griff nicht erfassen, weil der Verstand nicht

der Sitz des Empfindens ist. Aus diesem

Grunde wird auch die Welt vergebens auf

Erlösung durch eine lieblose Wissenschaft

hoffen. Das Wissen ohne Empfindung ist

leblos und hohl; es fehlt ihr die Liebe, welche

von allen Dingen das Leben, die Seele, ist.

Friedrich Rückert sagt:

„Was ungelesen ich zu lassen mir erlaube?

Ein Büchlein, das mir will beweisen, was ich glaube.

Wie sollt' ich, was ich glaub', mir erst beweisen lassen?

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Derweilen kann ich mich mit nützlicherm befassen.

Ich denk', ein solches Buch ist nicht für mich geschrieben,

Es ist für andre, die bis jetzt ungläubig blieben.

Allein auch diese wird es nicht zum Glauben treiben;

Drum ohne Schaden konnt' es ungeschrieben bleiben."

Friedrich Rückert sagt: "Was ungelesen ich zu lassen mir erlaube? Ein Büchlein, das mir will beweisen, was ich glaube. Wie sollt' ich, was ich glaub', mir erst beweisen lassen? Derweilen kann ich mich mit nützlicherm befassen. Ich denk', ein solches Buch ist nicht für mich geschrieben, Es ist für andre, die bis jetzt ungläubig blieben. Allein auch diese wird es nicht zum Glauben treiben; Drum ohne Schaden kannt' es ungeschrieben bleiben."

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Die Liebe ist blind ohne den Verstand,

und der Verstand empfindungslos und tot

Die Liebe ist blind ohne den Verstand, und der Verstand empfindungslos und tot ohne die Liebe; deshalb bedarf das eine des anderen. Die göttliche Liebe aber kann nicht durch den an irdischen Täuschungen hängenden und für geistige Wahrheit blinden Menschenverstand erleuchtet werden; deshalb bedarf die Liebe der göttlichen Weisheit (Atma Buddhi) zu ihrer Erleuchtung ebensogut als der Verstand zu seinem Wachstum der göttlichen Liebe. Die Weisheit aber ist das Licht der göttlichen Selbsterkenntnis, unabhängig von aller philosophischen oder metaphysischen Spekulation. Sie ist das Licht, welches ewig in die Dunkelheit scheint, und welches die Dunkelheit (der unerleuchtete Verstand) nicht begreifen kann. Sie ist die geistige Kraft, das geistige Leben des 1\lensehen, welches als "Glaube" empfunden und am Ende als Weisheit erkannt wird. Philosophische Abhandlungen können deshalb nur dazu dienen, Irrtümer zu zerstreuen, welche der Erkenntnis der Wahrheit hinderlich sind Die innerliche Erleuchtung ist kein Menschenwerk, sie kann nicht gemacht werden; sie kommt von selbst aus der Kraft Gottes im Menschen, sobald deren Licht das Dunkel zerstreut.

ohne die Liebe; deshalb bedarf das eine des

anderen. Die göttliche Liebe aber kann

nicht durch den an irdischen Täuschungen

hängenden und für geistige Wahrheit blinden

Menschenverstand erleuchtet werden; deshalb

bedarf die Liebe der göttlichen Weisheit

(Atma Buddhi) zu ihrer Erleuchtung eben-

sogut als der Verstand zu seinem Wachstum

der göttlichen Liebe. Die Weisheit aber ist

das Licht der göttlichen Selbsterkenntnis,

unabhängig von aller philosophischen oder

metaphysischen Spekulation. Sie ist das Licht,

welches ewig in die Dunkelheit scheint, und

welches die Dunkelheit (der unerleuchtete

Verstand) nicht begreifen kann. Sie ist die

geistige Kraft, das geistige Leben des Men-

schen, welches als „Glaube" empfunden und am

Ende als Weisheit erkannt wird. Philosophische

Abhandlungen können deshalb nur dazu die-

nen, Irrtümer zu zerstreuen, welche der Er-

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kenntnis der Wahrheit hinderlich sind. Die

innerliche Erleuchtung ist kein Menschen werk,

sie kann nicht gemacht werden; sie kommt

von selbst aus der Kraft Gottes im Menschen,

sobald deren Licht das Dunkel zerstreut.

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Der Glaube ist im Grunde genommen

nichts anderes als das höhere Bewusstsein

im Gegensatze zum täuschenden Selbstbe-

Der Glaube ist im Grunde genommen nichts anderes als das höhere Bewusstsein im Gegensatze zum täuschenden Selbstbewusstsein, da;s aus der Sinnesthätigkeit und Phantasie entspringt. Er ist deshalb das höhere geistige Leben selbst; denn ohne Bewusstsein giebt es keine bewusste Lebensthätigkeit. Die Seele des Glaubens ist die göttliche Liebe, und die Liebe ist eine Form des Willens und die Ursache alles Daseins. Der "Wille", im metaphysischen Sinne, ist alles. Durch die Bewegung des Willens im Reiche des Geistes wurde und werden auch noch fortwährend alle Dinge ins Dasein und zur Offenbarung gebracht. Er ist die allen Dingen innewohnende Lebenskraft, sei dieselbe nun diesen Dingen bewusst oder dem sogenannten "Unbewussten" entspringend. *)

wusstsein, das aus der Sinnesthätigkeit und

Phantasie entspringt. Er ist deshalb das

höhere geistige Leben selbst; denn ohne

Bewusstsein giebt es keine bewusste Lebens-

thätigkeit. Die Seele des Glaubens ist die

göttliche Liebe, und die Liebe ist eine Form

des Willens und die Ursache alles Daseins.

Der „Wille", im metaphysischen Sinne, ist

alles. Durch die Bewegung des Willens im

Reiche des Geistes wurde und werden auch

noch fortwährend alle Dinge ins Dasein und

zur Offenbarung gebracht. Er ist die allen

Dingen innewohnende Lebenskraft, sei die-

selbe nun diesen Dingen bewusst oder dem

sogenannten „Unbewussten" entspringend.*)

Jakob Boehme, der grosse deutsche My-

stiker, von dem unsere angesehensten Philo-

sophen ihre Weisheit schöpften, sagt: „Gott

ist der Wille der ewigen Weisheit und hat

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*) Da die ganze Natur eine Offenbarung des Allbe-

wusstseins ist, so kann es auch in ihr nichts absolut Un-

bewusstes geben; wenn auch die „Gefässe", in denen dieses

Bewusstsein wirkt, die in ihnen wirkende Kraft nicht er-

kennen.

Jakob Boehme, der grosse deutsche Mystiker, von dem unsere angesehensten Philosophen ihre Weisheit schöpften, sagt: "Gott ist der Wille der ewigen Weisheit und hat Da die ganze Natur dne Offenbarung des Allbewusstseins ist, so kann es auch in ihr nichts absolut Unbewusstes geben; wenn auch die "Gefässe", in denen dieses Bewusstsein wirkt, die in ihnen wirkende Kraft nicht erkennen. *)

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alle Dinge in seiner Weisheit erschaffen."*)

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Damit ist aber auch gesagt, dass alles aus

sich selber entstanden ist; denn Gott ist alles

alle Dinge in seiner Weisheit erschaffen."*) Damit ist aber auch gesagt, dass alles aus sich selber entstanden ist; denn Gott ist alles in allem und das (wahre) Selbst eines jeden Dinges; nicht das abgesonderte Selbst, das der Einzelerscheinung zu Grunde liegt, sondern das absolute Selbst von allem.

in allem und das (wahre) Selbst eines jeden

Dinges; nicht das abgesonderte Selbst, das

der Einzelerscheinung zu Grunde liegt, son-

dern das absolute Selbst von allem.

Alles dies finden wir nirgends klarer und

deutlicher gesagt als in Rückerts Lehr-

gedichten:

„Zum Unbedingten, das nicht hier ist bei den Dingen,

Ringt, o bedingter Geist, dein unbedingtes Ringen

Im Unbedingten, das, indem es sich bedingt,

Die Dinge und hervor dich selbst, Bedingter, bringt.

Das Unbedingte hat sich selbst hervorgebracht, ■

Bedingter Geist, in dir, indem du's hast gedacht."

In diesen wenigen Worten ist mehr ge-

Alles dies finden wir nirgends klarer und deutlicher gesagt als in Rückerts Lehrgedichten:

sagt, als in vielen Folianten voll moderner,

philosophischer und theologischer Abhand-

lungen zu finden ist. Wir werden es richtig

verstehen, wenn wir dahin gelangen, uns

selbst als das Unbedingte, das Absolute, zu

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erkennen.

Gott ist alles in allem und folglich auch

"Zum Unbedingten, das nicht hier ist bei den Dingen, Ringt, 0 bedingter Geist, dein unbedingtes Ringen Im Unbedingten, das, indem es sich bedingt, Die Dinge und hervor dich selbst, Bedingter, bringt. Das Unbedingte hat sich selbst hervorgebracht, " Bedingter Geist, in dir, indem du's hast gedacht."

das Absolute, die ewige Ruhe. Diesen Satz

*) Mysterium magnum I.

In diesen wenigen Worten ist mehr gesagt, als in vielen Folianten voll moderner, philosophischer und theologischer Abhandlungen zu finden ist. Wir werden es richtig verstehen, wenn wir dahin gelangen, uns selbst als das Unbedingte, das Absolute, zu erkennen. Gott ist alles in allem und folglich auch das Absolute, die ewige Ruhe. Diesen Satz *) :Mysterium magnum I.

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kann jeder, selbst der bigotteste Konsistorial-

rat, getrost unterschreiben. Er ist die absolute

Wahrheit, in welcher keine Lüge, Täuschung

kann jeder, selbst der bigotteste Konsistorialrat, getrost unterschreiben. Er ist die absolute Wahrheit, in welcher keine Lüge, Täuschung oder Verstellung, und folglich auch keine U nrohe herrscht. Wer sich davon überzeugen will, der braucht sich nur in sein eigenes innerliches Selbstbewusstsein zu versenken, wo alles Spiel der Phantasie und jede Begierde aufhört, und er wird darin keine Unruhe finden. Die göttliche Ruhe aber, von welcher hier die Rede ist, ist nicht die Ruhe des Grabes, welche der Unwissenheit und Bewusstlosigkeit entspringt, sondern die Ruhe, welche der über allen Irrtum erhabenen Erkenntnis zu eigen ist, und nicht durch Ignorieren der Täuschungen des Lebens, sondern nur durch die Überwindung derselben erreicht werden kann. Wer diese Ruhe in sich selber findet, der findet Gott und sich selber in ihm.

oder Verstellung, und folglich auch keine

Unruhe herrscht. Wer sich davon überzeugen

will, der braucht sich nur in sein eigenes inner-

liches Selbstbewusstsein zu versenken, wo

alles Spiel der Phantasie und jede Begierde

aufhört, und er wird darin keine Unruhe

f1nden. Die göttliche Ruhe aber, von welcher

hier die Rede ist, ist nicht die Ruhe des

Grabes, welche der Unwissenheit und Be-

wusstlosigkeit entspringt, sondern die Ruhe,

welche der über allen Irrtum erhabenen Er-

kenntnis zu eigen ist, und nicht durch Igno-

rieren der Täuschungen des Lebens, sondern

nur durch die Überwindung derselben er-

reicht werden kann. Wer diese Ruhe in sich

selber f1ndet, der f1ndet Gott und sich selber

in ihm.

Der einzelne Mensch ist ein Bild Gottes

und der Natur im Kleinen. Dieselben Kräfte,

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welche im Grossen enthalten sind, wirken in

ihm. Alles, was der Mensch weiss, ist in ihm

selber enthalten, aber er ist nicht fähig, alles

auf einmal zu denken, noch alles was er zu

Der einzelne Mensch ist ein Bild Gottes und der Natur im Kleinen. Dieselben Kräfte, welche im Grossen enthalten sind, wirken in ihm. Alles, was der Mensch weiss, ist in ihm selber enthalten, aber er ist nicht fähig, alles auf einmal zu denken, noch alles was er zu

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thun fähig ist, auf einmal zu thun. Auch

richtet sich sein Können nach der Beschaffen-

heit seiner Mittel; er könnte fliegen, wenn

thun fähig ist, auf einmal zu thun. Auch richtet sich sein Können nach der Beschaffenheit seiner Mittel; er könnte fliegen, wenn sein Körper zum Fliegen geeignet wäre. So ist auch nicht das ganze Wesen der Gottheit in der Natur ausgedrückt. Die Natur ist nicht Gott und deshalb nicht vollkommen; ihre Eigenschaften sind natürliche und nicht geistige, sie ist der Leib der Gottheit, so wie die Natur des Menschen sein Leib ist. Wäre die ganze Natur des Menschen vom göttlichen Geiste der Selbsterkenntnis durchdrungen, so wäre der Mensch ein Gott. Wäre die ganze Welt vollkommen, so wäre die Erde der Himmel. Während aber die Natur in ihrer Entwicklung auf den langsamen Weg der Evolution angewiesen ist, weil sie die in ihr wirkenden Kräfte nicht kennt, ist der Mensch fähig, selbst der Herr über seine Entwicklung zu werden, indem er die in ihm selbst enthaltenen mystischen Kräfte kennen und sie nützlich zu verwenden lernt.

sein Körper zum Fliegen geeignet wäre. So

ist auch nicht das ganze Wesen der Gottheit

in der Natur ausgedrückt. Die Natur ist

nicht Gott und deshalb nicht vollkommen;

ihre Eigenschaften sind natürliche und nicht

geistige, sie ist der Leib der Gottheit, so wie

die Natur des Menschen sein Leib ist. Wäre

die ganze Natur des Menschen vom göttlichen

Geiste der Selbsterkenntnis durchdrungen, so

wäre der Mensch ein Gott. Wäre die ganze

Welt vollkommen, so wäre die Erde der

Himmel. Während aber die Natur in ihrer

Entwicklung auf den langsamen Weg der

Evolution angewiesen ist, weil sie die in ihr

wirkenden Kräfte nicht kennt, ist der Mensch

fähig, selbst der Herr über seine Entwicklung

zu werden, indem er die in ihm selbst ent-

haltenen mystischen Kräfte kennen und sie

nützlich zu verwenden lernt.

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Die Kraft, welche alles vollbringen kann,

ist der Wille. Je mehr der Wille vom Selbst-

bewusstsein durchdrungen ist, um so mehr

wird er zur lebendigen Kraft, und um so mehr

Die Kraft, welche alles vollbringen kann, ist der Wille. Je mehr der Wille vom Selbstbewusstsein durchdrungen ist, um so mehr \vird er zur lebendigen Kraft, und um so mehr

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wird er wirksam. Das den Willen belebende

Bewusstsein kann aber als Grundlage die

Gotteserkenntnis oder auch den Egoismus

haben; in ihm kann entweder das Streben

nach Selbstaufopferung für das Gute, oder

die Selbstsucht herrschen. Demnach sind im

Wollen zwei Richtungen zu unterscheiden,

wovon die eine nach dem göttlichen, die

andere nach dem teuflischen strebt. Die eine

Form des Willens ist die selbstlose Liebe in

Übereinstimmung mit der Weltharmonie; die

andere ist die Eigenliebe, welche dem Eigen-

dünkel entspringt und in Habsucht, Grössen-

wahn und Hass endigt. Die eine Form des

Willens wirkt mit Selbstaufopferung dem

göttlichen Gesetze der göttlichen Liebe ge-

mäss; die andere sucht die göttlichen Kräfte

dem materiellen Prinzip dienstbar zu machen.

Die eine führt am Ende zur weissen, die

andere zur schwarzen Magie; die eine zum

ewigen Leben, die andere zum ewigen Tod.

Deshalb ist es auch ein weises Naturgesetz,

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dass die mystischen Kräfte im Menschen für

diejenigen ein verborgenes Geheimnis bleiben

soll, welche noch nicht zur Erkenntnis der

wahren Gottesnatur gelangt, und zum Bösen

geneigt sind. Der Unverstand der herzlosen

wird er wirksam. Das den Willen belebende Bewusstsein kann aber als Grundlage die Gotteserkenntnis oder auch den Egoismus haben; in ihm kann entweder das Streben nach Selbstaufopferung für das Gute, oder die Selbstsucht herrschen. Demnach sind im Wollen zwei Richtungen zu unterscheiden, wovon die eine nach dem göttlichen, die andere nach dem teuflischen strebt. Die eine F arm des Willens ist die selbstlose Liebe in Übereinstimmung mit der Weltharmonie; die andere ist die Eigenliebe, welche dem Eigendünkel entspringt und in Habsucht, Grössenwahn und Hass endigt. Die eine Form des Willens wirkt mit Selbstaufopferung dem göttlichen Gesetze der göttlichen Liebe gemäss; die andere sucht die göttlichen Kräfte dem materiellen Prinzip dienstbar zu machen. Die eine führt am Ende zur weissen , die andere zur schwarzen Magie; die eine zum ewigen Leben, die andere zum ewigen Tod. Deshalb ist es auch ein weises Naturgesetz, dass die mystischen Kräfte ini Menschen für diejenigen ein verborgenes Geheimni~ bleiben soll, welche noch nicht zur Erkenntnis der wahren Gottesnatur gelangt, und zum Bösen geneigt sind. Der Unverstand der herzlosen

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und geistlosen modernen Gelehrten ist ihr

bester Schutz; ihr Beharren im Irrtum be-

wahrt sie davor, in den Besitz von Kräften

und geistlosen modernen Gelehrten ist ihr bester Schutz; ihr Beharren im Irrtum bewahrt sie davor, in den Besitz von Kräften zu kommen, deren verkehrte Anwendung sie ins Verderben stürzen würde. Nur jene Wissenschaft ist gut, welcher die Erkenntnis des absolut Guten zu Grunde liegt. *)

zu kommen, deren verkehrte Anwendung sie

ins Verderben stürzen würde. Nur jene

Wissenschaft ist gut, welcher die Erkenntnis

des absolut Guten zu Grunde liegt.*)

Der Ursprung des Bösen liegt in der

Trennung vom Guten, und die Ursache dieser

Trennung ist die Täuschung des eigenen

„Selbsts". Die Liebe aber ist die erlösende

Kraft. Durch sie wird der Mensch aus dem

*) Der Anfang zur schwarzen Magie und zur Herrschaft

des Teufels auf Erden ist der „Hypnotismus"; denn wenn

sich durch denselben auch mancherlei temporäre Übel be-

seitigen lassen, so hat er doch das viel grössere Übel zur

Folge, dass er den Menschen der Herrschaft über seinen

eigenen Willen beraubt, und ihn unter den Einfluss eines

Der Ursprung des Bösen liegt in der Trennung vom Guten, und die Ursache dieser Trennung ist die Täuschung des eigenen "Selbsts". Die Liebe aber ist die erlösende Kraft. Durch sie wird der Mensch aus dem

fremden Willens bringt. Damit wirkt er aber geradezu dem

Gesetze entgegen, welches bestimmt, dass der Mensch Herr

über sich selbst werden soll, und dass das Böse nicht

ignoriert, sondern überwunden werden soll. Je öfter ein

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Mensch von einer, wenn auch wohlmeinenden Person

hypnotisiert wird, um so mehr wird seine Widerstandskraft

gegen fremde psychische Einflüsse geschwächt; er wird

schliesslich zum willenlosen „Medium" und das Ende davon

ist der Verlust des höchsten, was ein Mensch besitzt, näm-

lich seiner geistigen Individualität. Ähnlich ist es mit dem

sogenannten „Selbsthypnotisieren", wobei man sich unter

*) Der Anfang zur schwarzen Magie und zur Herrschaft des Teufels auf Erden ist der "Hypnotismus"; denn wenn sich durch denselben auch mancherlei temporäre Übel beseitigen lassen, so hat er doch das viel grössere Übel zur Folge, dass er den Menschen der Herrschaft über seinen eigenen Willen beraubt, und ihn unter den Einfluss eines fremden Willens bringt. Damit wirkt er aber geradezu dem Gesetze entgegen, welches bestimmt, dass der Mensch Herr über sich selbst werden soll, und dass das Böse nicht ignoriert, sondern überwunden werden soU. Je öfter ein Mensch von einer, wenn auch wohlmeinenden Person hypnotisiert wird, um so mehr wird seine Widerstandskraft gegen fremde psychische Einflüsse geschwächt; er wird schliesslich zum willenlosen "Medium" und das Ende davon ist der Verlust des höchsten, was ein Mensch besitzt, nämlich seiner geistigen Individualität. Ähnlich ist es mit dem sogenannten "Selbsthypnotisieren", wobei man sich unter

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engen Kreise seiner Beschränktheit gezogen,

sein Denkkreis erweitert, und mit der Er-

weiterung seines Denkkreises erweitert sich

engen Kreise seiner Beschränktheit gezogen, sein Denkkreis erweitert, und mit der Erweiterung seines Denkkreises erweitert sich auch der Kreis seines Daseins. In seinen Probejahren lernt er nicht nur für sich selbst, sondern auch für seine Familie zu sorgen, und je mehr sich sein Herz erweitert, um so mehr erweitert sich der Kreis derjenigen, die er zu seiner Familie rechnet, bis derselbe am Ende nicht nur seine Gemeinde oder Nation, sondern die ganze Welt in sich schliesst. Verwirklicht sich diese Liebe durch die That, so entspringt aus ihr die Erkenntnis; der

auch der Kreis seines Daseins. In seinen

Probejahren lernt er nicht nur für sich selbst,

sondern auch für seine Familie zu sorgen,

und je mehr sich sein Herz erweitert, um so

mehr erweitert sich der Kreis derjenigen,

die er zu seiner Familie rechnet, bis derselbe

am Ende nicht nur seine Gemeinde oder Na-

tion, sondern die ganze Welt in sich schliesst.

Verwirklicht sich diese Liebe durch die That,

so entspringt aus ihr die Erkenntnis; der

die Herrschaft einer selbsterzeugten falschen Vorstellung

bringt, welche vom Menschen Besitz nimmt und ihn dann

auch anderen falschen Vorstellungen zugänglich macht. Es

giebt kein anderes Mittel gegen die Leiden des Lebens, als

die wahre Erkenntnis. Wer diese erlangt, ist sein eigener

Herr und beherrscht damit auch seine Natur. Wenn die

Wissenschaft einmal zu der Einsicht gekommen sein wird,

dass Gedanke und Wille ein Geist ist, der auch in die

Ferne wirkt, und dass der böse Gedanke eines Menschen

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in einem entfernten Weltteile die That eines anderen Men-

schen in seinem Weltteile beeinflussen kann, dann wird sie

begreifen, weshalb die Selbsterkenntnis und Selbstbeherr-

schung das höchste Gut des Menschen sind, und dass die-

jenigen, welche ihm dieselbe rauben, sich selbst am meisten

schaden; denn die Folgen jeder Handlung fallen am Ende

auf ihren Urheber zurück, und für die Unkenntnis der Ge-

die Herrschaft einer selbsterzeugten falschen Vorstellung bringt, welche vom Menschen Besitz nimmt und ihn dann auch anderen falschen Vorstellungen zugänglich macht. Es giebt kein anderes Mittel gegen die Leiden des Lebens, als die wahre Erkenntnis. Wer diese erlangt, ist sein eigener Herr und beherrscht damit auch seine Natur. Wenn die Wissenschaft einmal zu der Einsicht gekommen sein wird, dass Gedanke und Wille ein Geist ist, der auch in die Ferne wirkt, und dass der böse Gedanke eines Menschen in einem entfernten Weltteile die That eines anderen Menschen in seinem Weltteile beeinflussen kann, dann wird sie begreifen, weshalb die Selbsterkenntnis und Selbstbeherrschung das höchste Gut des Menschen sind, und dass diejenigen, welche ihm dieselbe rauben, sich selbst am meisten schaden; denn die Folgen jeder Handlung fallen am Ende auf ihren Urheber zurück, und für die Unkenntnis der Gesetze der Natur hat die Natur keine Entschuldigung.

setze der Natur hat die Natur keine Entschuldigung.

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Wahn der Selbstheit schwindet und das Be-

wusstsein der Einheit des Wesens von allem

erwacht. Dann erkennt der Mensch Gott,

Wahn der Selbstheit schwindet und das Bewusstsein der Einheit des Wesens von allem erwacht. Dann erkennt der Mensch Gott, wenn er seine eigene göttliche Natur erkennt, und mit dieser Erkenntnis eröffnet sich ihm das Reich Gottes und alle göttlichen Kräfte. Deshalb ist die Liebe die höchste von allen mystischen Kräften, was auch der Apostel bestätigt, indem er sagt: "Wenn ich weissagen könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnisse und hätte allen Glauben, also dass ich Berge versetzen könnte, und hätte die Liebe nicht, so wäre ich nichts." *)

wenn er seine eigene göttliche Natur erkennt,

und mit dieser Erkenntnis eröffnet sich ihm

das Reich Gottes und alle göttlichen Kräfte.

Deshalb ist die Liebe die höchste von allen

mystischen Kräften, was auch der Apostel

bestätigt, indem er sagt: „Wenn ich weis-

sagen könnte und wüsste alle Geheimnisse

und alle Erkenntnisse und hätte allen Glau-

ben, also dass ich Berge versetzen könnte,

und hätte die Liebe nicht, so wäre ich nichts." *)

Die Liebe ist die Ursache der Erlösung

und auch der Grund des Verderbens. Aus

Liebe zum Irdischen trat der Mensch aus

seinem himmlischen Zustande und aus Liebe

zum Schein trennte er sich von der Wahr-

heit. Durch die Liebe zur Wahrheit über-

windet er die Täuschung des Scheins und

gelangt wieder zum Wesen. Die Liebe zur

Wahrheit aber erlangt er dadurch, dass er sich

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von der Täuschung abwendet, und damit er

dies thut, muss er die Täuschung als das,

*) I. Korinther XIII, 2.

Die Liebe ist die Ursache der Erlösung und auch der Grund des Verderbens. Aus Liebe zum Irdischen trat der Mensch aus seinem himmlischen Zustande und aus Liebe zum Schein trennte er sich von der Wahrheit. Durch die Liebe zur Wahrheit überwindet er die Täuschung des Scheins und gelangt wieder zum Wesen. Die Liebe zur Wahrheit aber erlangt er dadurch, dass er sich von der Täuschung abwendet, und damit er dies tput, muss er die Täuschung als das, *) 1. Korinther XIII,

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~ 357 —

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was sie ist, erkennen. Somit ist das Böse

der Führer zum Guten und der Teufel wird

das Mittel zur Erlösung, wenn man ihn in

was SIe ist, erkennen. Somit ist das Böse der Führer zum Guten und der Teufel wird das Mittel zur Erlösung, wenn man ihn in sich selbst überwindet.

sich selbst überwindet.

Dies ist der Kampf zwischen dem Guten

und Bösen, der in den verschiedenen Reli-

gionen des Altertums sowohl als auch der

neueren Zeit, auf verschiedene Art allegorisch

dargestellt ist. Er findet noch immer sowohl

im Weltall als Ganzem, als auch in jeder

Nation, jeder Kirche, jeder Gemeinde und in

jedem einzelnen Menschen statt. Auch in

der äusseren Natur kämpft der Sonnenschein

Dies ist der Kampf zwischen dem Guten und Bösen, der in den verschiedenen Religionen des Altertums so\vohl als auch der neueren Zeit, auf verschiedene Art allegorisch dargestellt ist. Er findet noch immer sowohl im V\T eltall als Ganzem, als auch in jeder Nation, jeder l{irche, jeder Gemeinde und in jedem einzelnen 1vlenschen statt. Auch in der äusseren Natur kämpft der Sonnenschein mit dem Dunkel, aber die Sonne selbst verdunkelt sich nicht und bleibt unberührt von den Schatten, welche die \V olken auf die Erde werfen. So kämpft auch das göttliche Licht der Erkenntnis im Menschen mit dem Dunkel der Nichterkenntnis und dem Schatten der Leidenschaft, und der sterbliche l\lensch bewegt sich, so lange er kämpft, im nie endenden Kreislaufe des Gesetzes der Notwendigkeit; aber der göttliche erkennende l\Iensch ist durch die Kraft der Erkenntnis erhaben über alle Natur; die Leiden und Freuden des D2.scins berühren die I-Iüllc, die

mit dem Dunkel, aber die Sonne selbst ver-

dunkelt sich nicht und bleibt unberührt von

den Schatten, welche die Wolken auf die

Erde werfen. So kämpft auch das göttliche

Licht der Erkenntnis im Menschen mit dem

Dunkel der Nichterkenntnis und dem Schatten

der Leidenschaft, und der sterbliche Mensch

bewegt sich, so lange er kämpft, im nie

endenden Kreislaufe des Gesetzes der Not-

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wendigkeit; aber der göttliche erkennende

Mensch ist durch die Kraft der Erkenntnis

erhaben über alle Natur; die Leiden und

Freuden des Daseins berühren die Hülle, die

Lotusblütlicn LVI.

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er bewohnt, aber nicht ihn selbst, denn er

selbst wohnt im Bewusstsein der Ewigkeit

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und Unsterblichkeit; eins mit dem wahren

er bewohnt, aber nicht ihn selbst, denn er selbst wohnt im Bewusstsein der Ewigkeit und Unsterblichkeit; eins mit dem wahren Selbst aller Wesen, eins mit Gott. Er ist selbst das Licht, nach dem er suchte, und in diesem Lichte ist ihm die Ruhe, der Sieg und die Freiheit gewiss.

Selbst aller Wesen, eins mit Gott . Er ist

selbst das Licht, nach dem er suchte, und in

diesem Lichte ist ihm die Ruhe, der Sieg

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und die Freiheit gewiss.

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Bruchstücke aus den Mysterien.

(Schluss.)

Die Kirche.

„Wo sich Gott eine Kirche baut, da baut

sich der Teufel eine Kapelle daneben."

(Altos Sprichwort.)

Die Wahrheit ist noch niemals unter das

Volk getreten, ohne von ihren angeblichen

Verehrern verkannt, verlacht, verspottet, ge-

schändet, missbraucht und schliesslich ver-

trieben zu werden. Man sagt, dass bald nach

dem Tode Jehoshuas ein Gespenst seinen

Jüngern erschienen sei, und zu ihnen gesagt

Bruchstücke aus den Mysterien.

habe: „Alle Sünden, die ihr anderen Per-

sonen vergebt, sollen diesen vergeben sein,

und alle, die ihr ihnen nicht vergebt, müssen

(Schluss.)

dieselben behalten." Damit war der Grund-

stein zur Herrschaft der Klerisei über die Ge-

müter gelegt. Diese Lehre vertrieb Gottes

Gerechtigkeit von ihrem Thron und setzte

Die Kirche.

menschliche Willkür an ihre Stelle; ja sie

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24*

"Wo sich Gott eine Kirche baut, da baut sich der Teufel eine Kapelle daneben." (Altes Sprichwort.)

Die Wahrheit ist noch niemals unter das Volk getreten, ohne von ihren angeblichen Verehrern verkannt, verlacht, verspottet, geschändet, missbraucht und schliesslich vertrieben zu werden. Man sagt, dass bald nach dem Tode·J ehoshuas ein Gespenst seinen Jüngern erschienen sei, und zu ihnen gesagt habe: "Alle Sünden, die ihr anderen Personen vergebt, sollen diesen vergeben sein, und alle, die ihr ihnen nicht vergebt, müssen dieselben behalten." Damit war der Grundstein zur Herrschaft der Klerisei über die Gemüter gelegt. Diese Lehre vertrieb Gottes Gerechtigkeit von ihrem Thron und setzte menschliche Willkür an ihre Stelle; ja sie 24 *

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— 3°o —

machte aus dem Gott des Weltalls selbst

einen überflüssigen Alten, der, da er selbst

nicht mehr thätig auf Erden eingreifen kann,

machte aus dem Gott des Weltalls selbst einen überflüssigen Alten, der, da er selbst nicht mehr thätig auf Erden eingreifen kann, einen Stellvertreter haben muss, dem er die irdischen Geschäfte vertrauensvoll übertragen darf.

einen Stellvertreter haben muss, dem er

die irdischen Geschäfte vertrauensvoll über-

tragen darf.

So absurd diese Lehre auch war, so war

sie doch allen eigennützig denkenden Per-

sonen willkommen. Fortan war es nicht

mehr nötig, nach dem unbekannten Gott zu

suchen, hatte man ja doch statt seiner sicht-

bare Götter, denen man auf leichte Weise

beikommen und sich ihrer Vermittelung zur

Erlangung der ewigen Seligkeit bedienen

konnte. Nun war es nicht mehr nötig, nach

der Entfaltung der göttlichen Kräfte im

eigenen Innern zu streben; war es ja doch

So absurd diese Lehre auch war so war sie doch allen eigennützig denkenden Personen willkommen. Fortan war es nicht lnehr nötig, nach dem unbekannten Gott zu suchen, hatte man ja doch statt seiner sichtbare Götter, denen man auf leichte Weise beikommen und sich ihrer Vermittelung zur Erlangung der ewigen Seligkeit bedienen konnte. Nun war es nicht mehr nötig, nach der Entfaltung der göttlichen Kräfte im eigenen Innem zu streben; war es ja doch viel leichter, sich auf äusserliche Stützen zu verlassen und die schon vorhandenen Kräfte anderer zum eigenen Vorteil zu gebrauchen. Schwer war es vorher gewesen, die Folgen der Sünden zu tragen, und noch schwerer, die \V urze! der Sünde aus dem Herzen zu reissen ; aber jetzt war das nicht mehr nötig; hatten ja doch viele leicht zu gewinnende Priester die l\Iacht Gottes in ihrer Hand. I

viel leichter, sich auf äusserliche Stützen zu

verlassen und die schon vorhandenen Kräfte

anderer zum eigenen Vorteil zu gebrauchen.

Schwer war es vorher gewesen, die Folgen

der Sünden zu tragen, und noch schwerer,

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die Wurzel der Sünde aus dem Herzen zu

reissen; aber jetzt war das nicht mehr nötig;

hatten ja doch viele leicht zu gewinnende

Priester die Macht Gottes in ihrer Hand.

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- 361 -

Als die Wahrheit unter den Menschen

erschien, da musste sie eine Form annehmen,

um sich begreiflich zu machen; aber das

Volk sah nur die Form; die Wahrheit selbst

konnte es trotz der Form nicht begreifen.

Leichter war es, Kirchen aus Holz und Mar-

mor zu bauen, als das eigene Herz zu reini-

gen und es zu einem Tempel des göttlichen

Geistes zu machen. Leichter war es, den

Feinden das Herz aus dem Leibe zu reissen

und es mit blutiger Hand dem Gott des

Friedens zu opfern, als das eigene Herz Gott

zum Opfer zu bringen und dadurch den

Frieden zu erringen; leichter, Ketzer zu

verbrennen, als ihre Irrtümer zu widerlegen;

leichter, seine Zuflucht zu gar gekochten

Glaubensartikeln zu nehmen, als sich zu

Gott zu erheben und im Lichte der Weis-

heit nach göttlicher Nahrung zu suchen.

Die Liebe war gekommen, um die Men-

schen vom Selbstwahne zu erlösen; aber als

sie in dem Herzen des Volkes ihre Wohnung

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nahm, da verwandelte sie sich in die Liebe

zum Selbst. Durch ihre eigene Kraft wollte

sie alle befreien, die ihr zu dienen kamen;

aber als sie sich mit den Menschen verband,

Als die Wahrheit unter den Menschen erschien, da musste sie eine Form annehmen. um sich begreiflich zu machen; aber das Volk sah nur die Form; die Wahrheit selbst konnte es trotz der Form nicht begreifen. Leichter war es. Kirchen aus Holz und Marmor zu bauen. als das eigene Herz zu reinigen und es zu einem Tempel des göttlichen Geistes zu machen. Leichter war es, den Feinden das Herz aus denl Leibe zu reissen und es mit blutiger Hand dem Gott des Friedens zu opfern. als das eigene Herz Gott zum Opfer zu bringen und dadurch den Frieden zu erringen; leichter. Ketzer zu verbrennen, als ihre Irrtümer zu widerlegen; leichter, seine Zuflucht zu gar gekochten Glaubensartikeln zu nehmen. als sich zu Gott zu erheben und im Lichte der Weisheit nach göttlicher Nahrung zu suchen. Die Liebe war gekommen. um die Menschen vom Selbstwahne zu erlösen; aber als sie in dem Herzen des Volkes ihre Wohnung nahm, da verwandelte sie sich in die Liebe zum Selbst. Durch ihre eigene Kraft wollte sie alle befreien. die ihr zu dienen kamen; aber als sie sich mit den Menschen verband,

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— 362

da nahmen diese die Liebe gefangen und

machten sie sich dienstbar. Da wurde aus

der Liebe die Begierde nach Besitz, und aus

da nahmen diese die Liebe gefangen und machten sie sich dienstbar. Da wurde aus der Liebe die Begierde nach Besitz, und aus ihrer Verbindung mit dem Eigendünkel entsprang die Habsucht, der Neid und Geiz mit ihrem Gefolge. Der grosse Weltgeist, das grosse Selbst war gekommen, um sein Bild in der Menschheit wiederzuspiegeln, aber die Menschen erkannten ihn nicht. In ihren Seelen verwandelte sich dieses Bild in die Karikatur, in das Götzenbild des eigenen vergänglichen "Selbsts", aus welchem der Teufel des Egoismus entsprang. Diesem Gott errichteten sie Altäre, lagen vor ihm auf den Knien, beteten ihn an und opferten ihm das, was nicht ihr Eigentum war. Da wurde der Götze des Selbsts über den Gott des Weltalls erhoben und man suchte nach Mitteln, die wahre Gottheit zu nötigen, dem Götzen des Selbsts dienstbar zu sein. Man erbaute dem Götzen des Selbsts grosse Tempel, Kirchen und Paläste, und nur die wenigen, welche den wahren Gott erkannten, verehrten ihn in der Stille, an heimlichen Orten, im Innersten des Herzens, zu dem niemand den Zugang hatte, als sie selbst.

ihrer Verbindung mit dem Eigendünkel ent-

sprang die Habsucht, der Neid und Geiz mit

ihrem Gefolge.

Der grosse Weltgeist, das grosse Selbst

war gekommen, um sein Bild in der Mensch-

heit wiederzuspiegeln, aber die Menschen

erkannten ihn nicht. In ihren Seelen ver-

wandelte sich dieses Bild in die Karikatur,

in das Götzenbild des eigenen vergäng-

lichen „Selbsts", aus welchem der Teufel des

Egoismus entsprang. Diesem Gott errichteten

sie Altäre, lagen vor ihm auf den Knien,

beteten ihn an und opferten ihm das, was

nicht ihr Eigentum war. Da wurde der

Götze des Selbsts über den Gott des Welt-

alls erhoben und man suchte nach Mitteln,

die wahre Gottheit zu nötigen, dem Götzen

des Selbsts dienstbar zu sein. Man erbaute

dem Götzen des Selbsts grosse Tempel, Kir-

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chen und Paläste, und nur die wenigen,

welche den wahren Gott erkannten, verehrten

ihn in der Stille, an heimlichen Orten, im

Innersten des Herzens, zu dem niemand den

Zugang hatte, als sie selbst.

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„Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig

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-

und beladen seid, und in mir werdet ihr Ruhe

und Frieden und Seligkeit finden." So sprach

die Stimme desjenigen, in welchem kein

Unterschied der Person, kein Selbstwahn,

kein Eigendünkel, keine persönlichen Wünsche

mehr existierten. Da kamen alle vom Eigen-

dünkel Besessenen, vom Selbtwahn Betro-

genen, die Neugierigen und die Habsüchtigen

und flehten zu ihm um Erfüllung ihrer eigen-

nützigen Wünsche und um Befriedigung ihrer

sündlichen Begierden. Jeder suchte sich zum

Nachteil des anderen vorwärts zu drängen

und etwas für sich zu erhaschen, sowohl die

einzelnen, als auch Gemeinden; denn auch

jede Vereinigung von Menschen hat als solche

ihren Selbstwahn und Eigennutz, ihr nach

Wachstum und Besitz schreiendes vergäng-

liches Selbst. Die Konstitution einer Kirchen-

gemeinde ist wie die eines Menschen. Der

heilige Geist darin ist ihr wahres Leben, aber

er wird von den Unheiligen nicht erkannt.

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Die Gotteserkenntnis ist das oberste Prinzip,

aber nur wenige begreifen, was mit diesem

Ausdruck gemeint ist. Dies ist der unsterb-

liche Teil der Kirche. Dann kommt der sterb-

liche Teil, korrespondierend mit dem irdischen

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"Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, und in mir werdet ihr Ruhe und Frieden und Seligkeit finden." So sprach die Stimme desjenigen, in welchem kein Unterschied der Person, kein Selbstwahn, kein Eigendünkel, keine persönlichen Wünsche mehr existierten. Da kamen alle vom Eigendünkel Besessenen, vom Selbtwahn Betrogenen, die Neugierigen und die Habsüchtigen und flehten zu ihm um Erfüllung ihrer eigennützigen Wünsche und um Befriedigung ihrer sündlichen Begierden. Jeder suchte sich zum Nachteil des anderen .vorwärts zu drängen und etwas für sich zu erhaschen, sowohl die einzelnen, als auch Gemeinden; denn auch jede Vereinigung von Menschen hat als solche ihren Selbstwahn und Eigennutz, ihr nach' Wachstum und Besitz schreiendes vergängliches Selbst. Die Konstitution einer Kirchengemeinde ist wie die eines Menschen. Der heilige Geist darin ist ihr wahres Leben, aber er wird von den UnheHigen nicht erkannt. Die Gotteserkenntnis ist das oberste Prinzip, aber nur wenige begreifen, was mit diesem Ausdruck gemeint ist. Dies ist der unsterbliche Teil der Kirche. Dann kommt der sterbliche Teil, korrespondierend mit dem irdischen

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— 3&4 —

Denkprinzip (Kama-Manas) des Menschen.

Er umfasst die Theologen und Kirchengänger,

welche zu Gott gelangen wollen, ohne sich

Denkprinzip (Kama- Manas) des i\Ienschen. Er umfasst die Theologen und Kirchengänger, welche zu Gott gelangen wollen, ohne sich ihm aufzuopfern, sich seiner Dienste versichern wollen, statt in ihm ihre Zuflucht zu nehmen. Dann kommt der Tierleib (Kama rupa) der Kirche, bestehend aus jenen Nichtswürdigen, welche ihre künstlich erzeugte kirchliche Autorität dazu benutzen, um ihre Herrschsucht und andere Leidenschaften zu befriedigen. Ihre "Kirche" ist auf die Dummheit der lvIenschen gebaut, und sie suchen diese Grundlage auf jede Weise zu befestigen. Sie rufen zu Hilfe die Teufel der Intoleranz und der "religiösen" V erfolgung. Was sie als das Heiligste betrachten, ist der Eigennutz ihrer ,.Kirche" und auch ihr eigener, und um diesen Zweck zu befördern " dazu ist ihnen kein Mittel zu unheilig.

ihm aufzuopfern, sich seiner Dienste versichern

wollen, statt in ihm ihre Zuflucht zu nehmen.

Dann kommt der Tierleib (Kama rupa) der

Kirche, bestehend aus jenen Nichtswürdigen,

welche ihre künstlich erzeugte kirchliche Auto-

rität dazu benutzen, um ihre Herrschsucht und

andere Leidenschaften zu befriedigen. Ihre

„Kirche" ist auf die Dummheit der Menschen

gebaut, und sie suchen diese Grundlage auf

jede Weise zu befestigen. Sie rufen zu Hilfe

die Teufel der Intoleranz und der „religiösen"

Verfolgung. Was sie als das Heiligste be-

trachten, ist der Eigennutz ihrer „Kirche"

und auch ihr eigener, und um diesen Zweck

zu befördern, dazu ist ihnen kein Mittel zu

unheilig.

Das Haupt der Kirche ist Gott; aber wie

wenige erkennen ihn! Der Leib der Kirche

besteht, wie derjenige des Menschen, aus

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oberen und niederen Seelenkräften; das

Niedrigste im Menschen ist die Region seiner

Leidenschaften, und desgleichen der Grund

der Kirche die Hölle. Die äusseren Feinde

Das Haupt der Kirche ist Gott; aber WIe wenige erkennen ihn! Der Leib der Kirche besteht, wie derjenige des :NIenschen, aus oberen und niederen Seelenkräften; das Niedrigste im :NIenschen ist die Region seiner Leidenschaften, und desgleichen der Grund der Kirche die Hölle. Die äusseren Feinde

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— 365 —

des Menschen sind von geringer Bedeutung

im Vergleiche mit denen, die ihn im Innern

bedrohen. Wird er Herr über sich selbst,

des Menschen sind von geringer' Bedeutung im Vergleiche mit denen, die ihn im Innern bedrohen. Wird er Herr über sich selbst, so verschwinden die äusseren Feinde.• Auf dieselbe Art könnte sich auch die Kirche leicht ihrer äusserlichen Feinde entledigen, wenn sie sich selbst vom Schmutze reinigen, den Eigennutz abstreifen und die Wahrheit erkennen würde; was aber nicht durch neue Dogmen und Glaubensartikel, sondern nur dadurch geschehen kann, dass jeder einzelne zur wahren Einsicht kommt.

so verschwinden die äusseren Feinde.. Auf

dieselbe Art könnte sich auch die Kirche

leicht ihrer äusserlichen Feinde entledigen,

wenn sie sich selbst vom Schmutze reinigen,

den Eigennutz abstreifen und die Wahrheit

erkennen würde; was aber nicht durch neue

Dogmen und Glaubensartikel, sondern nur

dadurch geschehen kann, dass jeder einzelne

zur wahren Einsicht kommt.

Die wahre Kirche Gottes ist die Gemein-

schaft der Heiligen. Sie wurzelt im Himmel,

in der Kraft der absoluten Liebe, die alles

durchdringt und umfasst. Ihre Zweige er-

strecken sich über die Erde und fassen hier

und dort Wurzel in der Erde, und daraus

entspringen die vielerlei Kirchen und Sekten

und Gemeinden, deren Grundlage nicht die

göttliche Liebe, sondern die Selbstliebe ist.

Und je mehr eine solche Kirche wächst, um

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so mehr nimmt auch die Unvernunft darin

zu, weil die Kirche aus Menschen besteht,

und auf dem jetzigen Standpunkte der Evo-

lution der Menschheit die Weisen immer noch

Die wahre Kirche Gottes ist die Gemeinschaft der Heiligen. Sie wurzelt im Himlnel, in der Kraft der absoluten Liebe, die alles durchdringt und umfasst. Ihre Zweige erstrecken sich über die Erde und fassen hier und dort Wurzel in der Erde, und daraus entspringen die vielerlei Kirchen und Sekten und Gemeinden, deren Grundlage nicht die göttliche Liebe, sondern die Selbstliebe ist. Und je mehr eine solche I(irche wächst, um so mehr nimmt auch die Unvernunft darin zu, weil die Kirche aus Menschen besteht, und auf den1 jetzigen Standpunkte der Evolution der Menschheit die Weisen immer noch

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- 366 —

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selten, und diejenigen, welche keine geistige

-

Erkenntnis haben, in der Majorität sind.

Betrachten wir die Geschichte der Kirche,

selten, und diejenigen, welche keine geistige Erkenntnis haben, in der I\fajorität sind.

welche sich die „christliche" nennt, so finden

wir auch in ihr das sich ewig wiederholende

Schauspiel. Die Religion der Griechen und

Römer hatte die Kenntnis der geistigen

Kräfte im Weltall dadurch zu befördern ge-

Betrachten wir die Geschichte der Kirche, welche sich die "christliche" nennt, so finden wir auch in ihr das sich ewig wiederholende Schauspiel. Die Religion der Griechen und Römer hatte die Kenntnis der geistigen Kräfte im Weltall dadurch zu befördern gesucht, dass sie dieselben in Symbolen personificierte. Da bedeutete ,,}upiter" die erzeugende Kraft im 'Veltall, "Minerva" die allumfassende Weisheit, "Venus" die allgegenwärtige, alles durchdringende Liebe, die sich im Stein als Gravitation, im Tiere als Instinkt, im Menschen als Leidenschaft, im Gottmenschen als Selbstlosigkeit äussert u. s. w. Aber der Geist der Religion entschwand; die I\Ienschen, durch die Kultur verdorben, sahen nur mehr die Symbole, erkannten aber nicht mehr die Kräfte, welche dieselben darstellten. Da wu~den aus diesen Symbolen persönliche Götter gemacht, die man sich durch Opfer und Bittgesuche dienstbar zu machen suchte, aber die Schattenbilder verschwanden; die Formen, aus denen das Leben entwichen war, zerfielen in Staub.

sucht, dass sie dieselben in Symbolen per-

sonificierte. Da bedeutete „Jupiter" die er-

zeugende Kraft im Weltall, „Minerva" die

allumfassende Weisheit, „Venus" die allgegen-

wärtige, alles durchdringende Liebe, die sich

im Stein als Gravitation, im Tiere als Instinkt,

im Menschen als Leidenschaft, im Gott-

menschen als Selbstlosigkeit äussert u. s. w.

Aber der Geist der Religion entschwand; die

Menschen, durch die Kultur verdorben, sahen

nur mehr die Symbole, erkannten aber nicht

mehr die Kräfte, welche dieselben darstellten.

Da wurden aus diesen Symbolen persönliche

Götter gemacht, die man sich durch Opfer

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und Bittgesuche dienstbar zu machen suchte,

aber die Schattenbilder verschwanden; die

Formen, aus denen das Leben entwichen war,

zerfielen in Staub.

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— 367 —

Da trat die Sekte der Nazarener auf, vom

Geiste der Selbsterkenntnis durchdrungen,

und Jehoshua predigte und bewies die Herr-

Da trat die Sekte der Nazarener auf, vom Geiste der Selbsterkenntnis durchdrungen, und Jehoshua predigte und bewies die Herrschaft des Geistes über die Form; aber die Blinden, deren inneres Auge nicht geöffnet wurde, konnten den Geist nicht sehen und blickten nur auf die Form. Den .innerlichen Erlöser erkannten sie nicht; um so mehr Erfolg hatte der Glaube an einen äusserlichen Erlöser, der den Menschen nicht blass den Weg zur Unsterblichkeit zeigt, 'sondern ihn auch für sie geht.

schaft des Geistes über die Form; aber die

Blinden, deren inneres Auge nicht geöffnet

wurde, konnten den Geist nicht sehen und

blickten nur auf die Form. Den innerlichen

Erlöser erkannten sie nicht; um so mehr

Erfolg hatte der Glaube an einen äusserlichen

Erlöser, der den Menschen nicht bloss den

Weg zur Unsterblichkeit zeigt, sondern ihn

auch für sie geht.

Von Haus zu Haus flog die frohe Bot-

schaft, wie man selig und vollkommen werden

könne, ohne sich selbst darum zu bemühen.

Von einer Entwicklung der innerlichen gött-

lichen Kräfte, die im Menschen schlummern,

war keine Rede mehr; die Unsterblichkeit

wurde ein äusserliches Gnadengeschenk für

besondere Günstlinge. Die Verfolgungen, wel-

che die Kirche erlitt, hatten nur das Resultat,

ihr Ansehen zu verbreiten; die Widerwärtig-

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keiten, welche der Egoismus der Kirche

überwinden musste, gaben ihm Kraft. Kirch-

liche Meinungen traten an die Stelle des

Glaubens, welcher der wahren Erkenntnis

Von Haus zu Haus flog die frohe Botschaft, wie man selig und vollkommen werden könne, ohne sich selbst darum zu bemühen. Von einer Entwicklung der innerlichen göttlichen Kräfte, die im Menschen schlummern, war keine Rede mehr; die Unsterblichkeit wurde ein äusserliches Gnadengeschenk für besondere Günstlinge. Die Verfolgungen, welche die Kirche erlitt, hatten nur das Resultat, ihr Ansehen zu verbreiten; die Widerwärtigkeiten, welche der Egoismus der Kirche überwinden musste, gaben ihm Kraft. Kirchliche Meinungen traten an die Stelle des Glaubens, welcher der wahren Erkenntnis

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— 368 —

entspringt. Wohl hat es Märtyrer gegeben,

welche die Wahrheit erkannten oder em-

pfanden; aber auch Tausende opferten sich

entspringt. \Vohl hat es Märtyrer gegeben, welche die \Vahrheit erkannten oder empfanden; aber auch Tausende opferten sich ihrem Eigennutz. Sie warfen sich unter die Räder des J uggernath und liessen sich zermalmen; denn was ist das Opfer eines kurzen Daseins awf Erden im Vergleiche mit den ewigen himmlischen Freuden, die man sich dadurch erringen kann!

ihrem Eigennutz. Sie warfen sich unter die

Räder des Juggernath und liessen sich zer-

malmen; denn was ist das Opfer eines kurzen

Daseins awf Erden im Vergleiche mit den

ewigen himmlischen Freuden, die man sich

dadurch erringen kann!

Aus dem Kampfe um äusserlichen Besitz

entsprang äussere Macht. Die Kirche hörte

auf, die Verfolgte zu sein, und wurde nun

selbst die Verfolgerin. Kaiser und Könige

erkannten bald den Vorteil, den ihnen ein

Bündnis mit der Kirche gewährte, und spra-

chen: „Was sollen wir thun, um die Religion

zu unserer Verbündeten zu machen?" Und

die Kirche antwortete: Leihet uns euren

Arm, und wir wollen euch helfen indem wir

die Gemüter verdunkeln, so dass sie die Frei-

heit nicht sehen können." Da wurde der

At:s dem Kampfe um äusserlichen Besitz entsprang äussere Macht. Die Kirche hörte auf, die Verfolgte zu sein, und wurde nun selbst die Verfolgerin. Kaiser und Könige erkannten bald den Vorteil, den ihnen ein Bündnis mit der Kirche gewährte, und sprachen: "Was sollen wir thun, um die Religion zu unserer Verbündeten zu machen?" Und die Kirche antwortete: Leibet uns euren Arm, und wir wollen euch helfen indem \vir die Gemüter verdunkeln, so dass sie die Freiheit nicht sehen können." Da wurde der Pakt mit dem Bösen geschlossen, welchen Jehoshua in der vVüste verworfen hatte, und der Name Gottes von Menschenhänden darunter gesetzt.

Pakt mit dem Bösen geschlossen, welchen

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Jehoshua in der Wüste verworfen hatte, und

der Name Gottes von Menschenhänden dar-

unter gesetzt.

Nun wurde in diesem Namen die Macht

Nun wurde

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diesem Namen die Macht

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des Teufels entfaltet. Der Abschaum Europas

ergoss sich nach dem Osten, um das „gelobte

Land" zu erobern, das doch niemand irgendwo

des Teufels entfaltet. Der Abschaum Europas ergoss sich nach dem Osten, um das ,.gelobte Land" zu erobern, das doch niemand irgendwo anders finden kann, als in sich selbst. Mord und Raub und Schändung wurde begangen im Na.men desjenigen, dessen Wesen die Liebe ist. Dann erschien die "heilige Inquisition" und die Scheiterhaufen flammten im Namen der Religion. In wenigen Jahren wurden über hunderttausend Märtyrer der Dummheit lebendig verbrannt. Das Evangelium der Liebe, oder vielmehr das Missverständnis derselben brachte Tod und Pest, Krieg und Verderben über die ganze Welt.

anders finden kann, als in sich selbst. Mord

und Raub und Schändung wurde begangen

im Namen desjenigen, dessen Wesen die

Liebe ist. Dann erschien die „heilige Inqui-

sition" und die Scheiterhaufen flammten im

Namen der Religion. In wenigen Jahren

wurden über hunderttausend Märtyrer der

Dummheit lebendig verbrannt. Das Evan-

gelium der Liebe, oder vielmehr das Miss-

verständnis derselben brachte Tod und Pest,

Krieg und Verderben über die ganze Welt.

Da kam die Zeit der grossen Reformation.

Luther war einer der wenigen, die den Geist

von der Form unterscheiden konnten. Er

suchte den Geist von den Fesseln der Form

zu befreien, und als es ihm gelang, die beiden

zu trennen, da verschwand der Geist und die

tote Form blieb zurück. Mit der Zerstörung

des Aberglaubens ging auch die Kraft des

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Glaubens verloren. Der Pabst wurde abge-

schafft und Konsistorialräte an seine Stelle

gesetzt. Der Begriff der Selbsterkenntnis

durch die innerliche Offenbarung der Wahr-

Da kam die Zeit der grossen Reformation. Luther war einer der wenigen, die den Geist von der Form unterscheiden konnten. Er suchte den Geist von den Fesseln der Form zu befreien, und als es ihm gelang, die beiden zu trennen, da verschwand der Geist und die tote Form blieb zurück. Mit der Zerstörung des Aberglaubens ging auch die Kraft des Glaubens verloren. Der Pabst wurde abgeschafft und Konsistorialräte an seine Stelle gesetzt. Der Begriff der Selbsterkenntnis durch die innerliche Offenbarung der Wahr-

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heit ging verloren und an die Stelle der gött-

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lichen Erleuchtung trat die Majorität von

Meinungen, deren Ursprung die Nichterkennt-

nis der Wahrheit ist.

heit ging verloren und an die Stelle der göttlichen Erleuchtung trat die Majorität von Meinungen, deren Ursprung die Nichterkenntnis der Wahrheit ist.

Wohl war es in den neu erbauten, der

Sinnbilder entkleideten protestantischen Kir-

chen mit ihren nackten Wänden etwas heller

als in den römisch-katholischen Kathedralen,

wo ein geheimnisvolles Dunkel waltete. Da-

gegen fehlte in ihnen auch der Reiz des

Geheimnisvollen und Unbekannten, welcher

das Gemüt antreibt, nach etwas Höherem zu

suchen, als es auf Erden finden kann. Da

Wohl war es in den neu erbauten, der Sinnbilder entkleideten protestantischen Kirchen mit ihren nackten Wänden etwas heller als in den römisch-katholischen Kathedralen, wo ein geheimnisvolles Dunkel waltete. Dagegen· fehlte in ihnen auch der Reiz des Geheimnisvollen und Unbekannten, welcher das Gemüt antreibt, nach etwas Höherem zu suchen, als es auf Erden finden kann. Da gab es nun nichts Übermenschliches mehr, das nur durch die Kraft der Intuition erfasst werden konnte. Alles, was jenseits der tierischmenschlichen Verstandesgrenze lag, wurde als Aberglauben und Ketzerei verdammt; die Wahrheit konnte erst dann sich öffentlich zeigen, wenn sie vom obersten Kirchenrate mit Brief und Siegel beglaubigt kam; der Religion wurden die Flügel gestutzt; es wurde ihr eine Haube aufgesetzt und eine Schürze vorgebunden, und sie, die gewohnt war, auf den Schwingen der Freiheit Botschaften zwischen dem Himmel und der Erde

gab es nun nichts Übermenschliches mehr,

das nur durch die Kraft der Intuition erfasst

werden konnte. Alles, was jenseits der tierisch-

menschlichen Verstandesgrenze lag, wurde

als Aberglauben und Ketzerei verdammt; die

Wahrheit konnte erst dann sich öffentlich

zeigen, wenn sie vom obersten Kirchenrate

mit Brief und Siegel beglaubigt kam; der

Religion wurden die Flügel gestutzt; es

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wurde ihr eine Haube aufgesetzt und eine

Schürze vorgebunden, und sie, die gewohnt

war, auf den Schwingen der Freiheit Bot-

schaften zwischen dem Himmel und der Erde

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zu vermitteln, musste nun in der Kirche des

Herrn Pastors Dienste thun.

Die „Bibel" war ursprünglich nur im Be-

zu vermitteln, musste nun in der Kirche des Herrn Pastors Dienste thun.

sitze von Eingeweihten gewesen, welche den

Schlüssel zu ihrem Verständnisse besassen.

Dann wurde sie durch Jahrhunderte das

Eigentum einer Klasse, welcher der Schlüssel

dazu verloren gegangen war. Nun wurde

sie das Gemeingut aller Unverständigen,

Die "Bibel" war ursprünglich nur im Besitze von Eingeweihten gewesen, welche den Schlüssel zu ihrem Verständnisse besassen. Dann wurde sie durch Jahrhunderte das Eigentum einer Klasse, welcher der Schlüssel dazu verloren gegangen war. Nun wurde sie das Gemeingut aller Unverständigen, welche nicht bloss diesen Schlüssel nicht kannten, sondern auch nichts von ihm wissen wollten. Sie eigneten sich den Buchstaben, welcher tötet, zu, und vertrieben den Geist, welcher das Leben bringt. Sie glaubten an Märchen und verleugneten deren Sinn. Nachdem der Geist entflohen war, erschien der Unverstand im Gewande der »Wissenschaft«, und besah sich die tote Form. Er sah, dass sie aus Märchen bestand; dass aber hinter diesen Märchen ein Sinn verborgen sein könne, der zu erforschen der Mühe wert wäre, das kam ihm nicht in den Sinn. Nun sieht die bornierte Gelehrtheit mit Verachtung auf alles herab was sie nicht versteht, und da alle geistigen Dinge jenseits ihres beschränkten Horizonts liegen, so enthalten auch die

welche nicht bloss diesen Schlüssel nicht

kannten, sondern auch nichts von ihm wissen

wollten. Sie eigneten sich den Buchstaben,

welcher tötet, zu, und vertrieben den Geist,

welcher das Leben bringt. Sie glaubten an

Märchen und verleugneten deren Sinn. Nach-

dem der Geist entflohen war, erschien der

Unverstand im Gewande der »Wissenschaft«,

und besah sich die tote Form. Er sah, dass

sie aus Märchen bestand; dass aber hinter

diesen Märchen ein Sinn verborgen sein könne,

der zu erforschen der Mühe wert wäre, das

kam ihm nicht in den Sinn. Nun sieht die

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bornierte Gelehrtheit mit Verachtung auf alles

herab was sie nicht versteht, und da alle

geistigen Dinge jenseits ihres beschränkten

Horizonts liegen, so enthalten auch die

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Schriften der Weisen für sie nichts von Wert.

Das Unheilige will von dem Heiligen nichts

wissen, und verdammt damit sich selbst.

Schriften der Weisen für sie nichts von Wert. Das Unheilige will von dem Heiligen nichts wissen, und verdammt damit sich selbst. Würden diejenigen unserer Gelehrten, denen es wirklich um die Erkenntnis der Wahrheit zu thun ist, wissen, dass in den Schriften der Weisen die grössten Geheimnisse der grossen sowie der kleinen Welt verborgen sind, die sie beständig auf Umwegen und Irrwegen suchen, so würden sie ihren Kram beiseite lassen und dort suchen, wo die wirklichen Schätze verborgen sind.

Würden diejenigen unserer Gelehrten, denen

es wirklich um die Erkenntnis der Wahrheit

zu thun ist, wissen, dass in den Schriften

der Weisen die grössten Geheimnisse der

grossen sowie der kleinen Welt verborgen

sind, die sie beständig auf Umwegen und

Irrwegen suchen, so würden sie ihren Kram

beiseite lassen und dort suchen, wo die

wirklichen Schätze verborgen sind.

Wer den Geist eines Dinges erkennen

will, der muss selber Geist haben. Wer den

Geist eines Religionssystems von der Form,

in welche er gekleidet ist, unterscheiden will,

der muss in sich selbst das Ewige vom Ver-

gänglichen, die Weisheit vom tierischen Ver-

stande unterscheiden lernen. Wenn wir in

einem Religionssysteme die darin enthaltene

Wahrheit erkennen, so erkennen wir sie;

sehen wir darin nichts, als den damit ver-

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bundenen Unsinn, so ist alles Unsinn für

uns. In jedem grossen Religionssysteme ist

ein Kern von Wahrheit vorhanden; deshalb

ist auch für die Einführung eines neuen

Wer den Geist eines Dinges erkennen will, der muss selber Geist haben. Wer den Geist eines Religionssystems von der Form, in welche er gekleidet ist, unterscheiden will, der muss in sich selbst das Ewige vom Vergänglichen, die Weisheit vom tierischen Verstande unterscheiden lernen. Wenn wir in einem Religionssysteme die darin enthaltene Wahrheit erkennen, so erkennen wir sie; sehen wir darin nichts, als den damit verbundenen Unsinn, so ist alles Unsinn für uns. In jedem grossen Religionssysteme ist ein Kern von Wahrheit vorhanden; deshalb ist auch für die Einführung eines neuen

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Systems keine Notwendigkeit vorhanden; es

genügt, wenn jeder die Wahrheit, welche in

seinem eigenen Systeme vorhanden ist, kennen

Systems keine Notwendigkeit vorhanden; es genügt, wenn jeder die Wahrheit, welche in seinem eigenen Systeme vorhanden ist, kennen lernt und den Unsinn beiseite lässt. Die wahre Kirche ist diejenige,' welche keinen Namen hat, aber alle Kirchen umfasst, und in welcher sich alle Menschen in der Gotteserkenntnis zusammenfinden.

lernt und den Unsinn beiseite lässt. Die

wahre Kirche ist diejenige, welche keinen

Namen hat, aber alle Kirchen umfasst, und

in welcher sich alle Menschen in der Gottes-

erkenntnis zusammenfinden.

Die wahre Kirche beruht auf der Erkennt-

nis der Einheit, welche allem Dasein zu

Grunde liegt und das wahre Selbst aller

Dinge ist; die verkehrte Kirche beruht auf der

Verherrlichung jenes eingebildeten »Selbsts«

welches das grösste Hindernis zur Erkennt-

nis der Wahrheit ist. Der Herr aller Wesen

spricht im Herzen der Menschen: »Wer

nicht sich selbst und allem entsagt, der

kann nicht mein Jünger sein.« Aber die

Kirche sagt: »Gebt uns einen Teil eurer Habe,

und wir werden euch mit Versprechungen

Die wahre Kirche beruht auf der Erkenntnis der Einheit, welche allem Dasein zu Grunde liegt und das wahre Selbst aller Dinge ist; die verkehrte Kirche beruht auf der Verherrlichung jenes eingebildeten »Selbsts« welches dasgrösste Hindernis zur Erkenntnis der Wahrheit ist. ,Der Herr aller Wesen spricht im Herzen der Menschen: »Wer nicht sich selbst und allem entsagt, der kann nicht mein Jünger sein.« Aber die Kirche sagt: »Gebt uns einen Teil eurer Habe, und wir werden euch mit Versprechungen eines besseren Jenseits trösten. Wir werden euch eure Sünden vergeben, damit ihr euch deshalb keine Sorgen zu machen braucht. Wir geben euch Glaubensartikel, an denen ihr blindlings festhalten könnt, und da könnt ihr euch die Mühe des eigenen Denkens er-

eines besseren Jenseits trösten. Wir werden

euch eure Sünden vergeben, damit ihr euch

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deshalb keine Sorgen zu machen braucht.

Wir geben euch Glaubensartikel, an denen

ihr blindlings festhalten könnt, und da könnt

ihr euch die Mühe des eigenen Denkens er-

Lotusbltlthen LVI. 25

Lotusblllthen LVI.

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sparen. Wir geben euch Blattern zum Schwim-

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men und Krücken zum Gehen; wenn ihr

aber versuchet, selber zu schwimmen und zu

sparen. Wir geben euch Blattern zum Schwimmen und Krücken zum Gehen; wenn ihr aber versuchet, selber zu schwimmen und zu gehen oder euch aus dem Kreise, den wir euch vorschreiben,herausbewegt, so werden wir euch als Abtrünnige und Ketzer behandeln.«

gehen oder euch aus dem Kreise, den wir

euch vorschreiben,herausbewegt, so werden wir

euch als Abtrünnige und Ketzer behandeln.«

Klar und hell scheint das Sonnenlicht

durch den krystallenen Dom des Tempels der

Weisheit; aber er steht verlassen da; denn

die grosse Menge hat sich in Höhlen und

dunklen Gemächern verkrochen, wo sie beim

Lichte der Phantasie unter Büchern und altem

Gerümpel nach Weisheit sucht. Das Feuer

der göttlichen Liebe auf dem Altare im

Heiligtum brennt nicht mehr; dagegen sind

Tausende von Altärchen in den Kirchen er-

Klar und hell scheint das Sonnenlicht durch den krystallenen Dom des Tempels der Weisheit; aber er steht verlassen da; denn die grosse Menge hat sich in Höhlen und dunklen Gemächern verkrochen, wo sie beim Lichte der Phantasie unter Büchern und altem Gerumpel nach Weisheit sucht. Das Feuer der göttlichen Liebe auf dem Altare im Heiligtum brennt nicht mehr; dagegen sind Tausende von Altärchen in den Kirchen errichtet, wo man den Götzen der Selbstsucht ein Opfer bringt. Das unendliche ewige Selbst aller Wesen ist aus den Augen der Menschen verschwunden; dagegen nimmt der bis zum Platzen aufgeblasene Egoismus noch immer an Umfang zu. Die»Frommen« aber haben ihre Blattern und· Krücken so lieb gewonnen, dass sie auch nicht mehr ohne dieselben sein wollen, und keinen Versuch machen, auf eigenen Füssen zu stehen.

richtet, wo man den Götzen der Selbstsucht

ein Opfer bringt. Das unendliche ewige

Selbst aller Wesen ist aus den Augen der

Menschen verschwunden; dagegen nimmt

der bis zum Platzen aufgeblasene Egoismus

noch immer an Umfang zu. Die »Frommen«

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aber haben ihre Blattern und Krücken so

lieb gewonnen, dass sie auch nicht mehr ohne

dieselben sein wollen, und keinen Versuch

machen, auf eigenen Füssen zu stehen.

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Die moderne Wissenschaft hat dem from-

men Wahne den Todesstoss gegeben und

-

manchem Aberglauben ein Ende gemacht, aber

Die moderne Wissenschaft hat dem frommen Wahne den Todesstoss gegeben und manchem Aberglauben ein Ende gemacht, aber da sie selbst die ewige Wahrheit nicht kennt, so konnte sie nur zerstören und nicht aufbauen, sie konnte nur einen anderen Wahn an die Stelle des vernichteten Wahnes setzen. Vergehens heult der. fromme Egoist zum Himmel und fleht um die Erfüllung seiner persönlichen Wünsche. Der Himmel ist taub, und der Gott, den er beschwören will, lebt nicht mehr. Mit der Täuschung schwand auch der Glaube; die Kirchen dienen kaum zu mehr, als zur geselligen Unterhaltung, und man hört es am Klange der Stimme des • Predigers, dass er von allen den Dingen, die er so salbungsvoll verkündet, selber nichts glaubt.

da sie selbst die ewige Wahrheit nicht kennt,

so konnte sie nur zerstören und nicht auf-

bauen, sie konnte nur einen anderen Wahn

an die Stelle des vernichteten Wahnes setzen.

Vergebens heult der - fromme Egoist zum

Himmel und fleht um die Erfüllung seiner

persönlichen Wünsche. Der Himmel ist taub,

und der Gott, den er beschwören will, lebt

nicht mehr. Mit der Täuschung schwand

auch der Glaube; die Kirchen dienen kaum

zu mehr, als zur geselligen Unterhaltung, und

man hört es am Klange der Stimme des

Predigers, dass er von allen den Dingen, die

er so salbungsvoll verkündet, selber nichts

glaubt.

Wir sind auf einem Wendepunkte ange-

kommen; das Zünglein der Wage schwankt

zwischen einem Rückschritt zum religiösen

Aberglauben und einem Fortschritt in ver-

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kehrter Richtung zu wissenschaftlichem Un-

glauben und Teufelei. Da dämmert ein neues

Licht am geistigen Horizont der Erkenntnis

und sucht durch die Region des Feuers der

25*

Wir sind auf einem Wendepunkte angekommen; das Zünglein der Wage schwankt zwischen einem Rückschritt zum religiösen Aberglauben und einem Fortschritt in verkehrter Richtung zu wissenschaftlichem U nglauben und Teufelei. Da dämmert ein neues Licht am geistigen Horizont der Erkenntnis und sucht durch die Region des Feuers der 25 *

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Leiden.schaft hinunter in das Dunkel der Un-

wissenheit zu dringen. Es scheint uns neu,

aber es ist das alte ewige Licht, das schon der

Leidenschaft hinunter in das Dunkel der U nwissenheit zu dringen. Es scheint uns neu, aber es ist das alte ewige Licht, das schon der Menschheit schien, als sie noch in der Kindheit war. Die Weisheit des Altertums öffnet ihre Schätze der Neuzeit; die heiligen Schriften des Ostens verkünden uns die ältesten Weisheitslehren, die der teinen Erkenntnis entsprungen sind, die Quelle, aus der auch die Bibel stammt. Eine "theosophische Bewegung" durchzieht die Welt, welche, wenn auch nicht in äusserlicher Form, so doch an innerlicher Bedeutung der grossen Reformation gleichkommt, ja dieselbe noch weit übertreffen wird. W ohI wird bald von dieser und bald von jener S'eite der Versuch gemacht, die Kräfte, welche diese Bewegung ins Dasein rufen, den Sonderinteressen gewisser Sekten dienstbar zu machen; wohl findet in der Seele dieser Bewegung, wie ja auch im einzelnen Menschen ein beständiger Kampf zwischen den erleuchteten oberen Elementen (Buddhi Manas) und den nichterkennenden, auf Dünken und Meinungen angewiesenen niederen Elementen statt; wohl fehlt es überall, wo viele Menschen zusammenkommen, nicht an Herrschsucht, Neid und Intoleranz, aber die

Menschheit schien, als sie noch in der Kind-

heit war. Die Weisheit des Altertums öffnet

ihre Schätze der Neuzeit; die heiligen Schriften

des Ostens verkünden uns die ältesten Weis-

heitslehren, die der reinen Erkenntnis ent-

sprungen sind, die Quelle, aus der auch die

Bibel stammt. Eine „theosophische Bewegung"

durchzieht die Welt, welche, wenn auch nicht

in äusserlicher Form, so doch an innerlicher

Bedeutung der grossen Reformation gleich-

kommt, ja dieselbe noch weit übertreffen wird.

Wohl wird bald von dieser und bald von jener

S*eite der Versuch gemacht, die Kräfte, wel-

che diese Bewegung ins Dasein rufen, den

Sonderinteressen gewisser Sekten dienstbar

zu machen; wohl findet in der Seele dieser

Bewegung, wie ja auch im einzelnen Men-

schen ein beständiger Kampf zwischen den

erleuchteten oberen Elementen (Buddhi Ma-

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nas) und den nichterkennenden, auf Dünken

und Meinungen angewiesenen niederen Ele-

menten statt; wohl fehlt es überall, wo

viele Menschen zusammenkommen, nicht an

Herrschsucht, Neid und Intoleranz, aber die

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geistige Macht, welche hinter dieser Be-

wegung steht, und sie hervorgerufen hat, er-

kannte auch die Reife der Zeit dafür und es

geistige Macht, welche hinter dieser Bewegung steht, und sie hervorgerufen hat, erkannte auch die Reife der Zeit dafür und es ist zu erwarten, dass diesmal das Licht über die Dunkelheit siegt, und die Mehrzahl der Menschen zur Einsicht kommt, dass ihre Erlösung weder in theologischem Gelehrtenkram, noch in der Verwerfung des Idealen, noch in frommen Träumen und Schwärmerei, sondern allein in dem Gesetze der Harmonie des Ganzen, und in der Erkenntnis der allen Wesen zu Grunde liegenden Einheit beruht. Dann wird die ganze Welt eine Kirche Gottes werden, in welcher die Sonne der Weisheit scheint.

ist zu erwarten, dass diesmal das Licht über

die Dunkelheit siegt, und die Mehrzahl der

Menschen zur Einsicht kommt, dass ihre Er-

lösung weder in theologischem Gelehrtenkram,

noch in der Verwerfung des Idealen, noch in

frommen Träumen und Schwärmerei, sondern

allein in dem Gesetze der Harmonie des

Ganzen, und in der Erkenntnis der allen

Wesen zu Grunde liegenden Einheit beruht.

Dann wird die ganze Welt eine Kirche Gottes

werden, in welcher die Sonne der Weisheit

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scheint.

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Briefkasten.

Fragen von Abonnenten, welche nicht rein persönlicher Natur,

sondern von allgemeinem Interesse sind, werden durch den Ver-

fasser der „Lotusblüthen" im „Briefkasten" besprochen.

K. J. in B.. — »Was wir wollen?« Nichts anderes

als eine Verbrüderung der ganzen Menschheit, und zwar

eine Verbrüderung, die nicht nur auf der Berechnung des

Vorteils, den jeder für sich daraus ziehen würde, noch auf

blosser Sentimentalität und Humanitarianismus, sondern auf

Briefkasten.

der Erkenntnis der allen Geschöpfen zu Grunde liegenden

Einheit des göttlichen Wesens beruht. Um zu dieser Er-

kenntnis zu gelangen, dazu ist vor allem diejenige über

Fragen von Abonnenten, welche nicht rein persönlicher Natur. sondern von allgemeinem Interesse sind, werden durch den Verfauer der ,,Lotubl1lthen" im "BriefklUlten" besprochen.

allen Egoismus erhabene Liebe zum Guten nötig, welche

des Menschen Gemüt zu Gott erhebt, und in zweiter Linie

dient dazu eine wissenschaftliche Erforschung der Natur-

gesetze, nicht sowohl der äusserlichen Naturerscheinungen,

als des Wesens der Dinge, welches das Ganze belebt.

K. J. in R. -

den Naturerscheinungen zu verachten, und es giebt kaum

etwas Lächerlicheres, als einen angeblichen »Theosophen«,

der sich (wie es oft in Indien vorkommt) über die euro-

päische Kultur lustig macht und über die anderen Wissen-

schaften erhaben zu sein glaubt, ohne dass er dieselben kennt.

Wo aber das blosse Wissen die Hauptsache ist und die

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~Was

wir wollen?« Nichts anderes als eine Verbrüderung der ganzen Menschheit. und zwar eine Verbrüderung, die nicht nur auf der Berechnung des Vorteils. den jeder fUr sich daraus ziehen würde. noch auf blosser Sentimentalität und Humanitarianismus, sondern auf der Erkenntnis der allen Geschöpfen zu Grunde liegenden Einheit des göttlichen Wesens beruht. Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen. dazu ist vor allem diejenige über aUen Egoismus erhabene Liebe zum Guten nötig, welche des Menschen Gemüt zu Gott erhebt, und in zweiter Linie dient dazu eine wissenschaftliche Er~orschung der Naturgesetze, nicht sowohl der äusserlichen Naturerscheinungen, als des Wesens der Dinge, welches das Ganze belebt. Wir sind weit davon entfernt, die Wissenschaft von den Naturerscheinungen zu verachten. und es giebt kaum etwas Lächerlicheres, als einen angeblichen »Theosophen«, der sich (wie es oft in Indien vorkommt) über die europäische Kultur lustig macht und über die anderen Wissenschaften erhaben zu sein glaubt, ohne dass er dieselben kennt. Wo aber das blosse Wissen die Hauptsache ist und die Liebe fehlt, da giebt es vielleicht eine »okkulte 'Vissenschafte und »schwarze Magie«, aber keine göttliche Weisheit, keine Theosophie. Gerade dieser Punkt wird von sehr vielen angeblichen ~Theosophen« gar nicht verstanden, weil sie wohl Wissensdurst, aber keine Liebe besitzen. Sie bilden sich ein, die

Wir sind weit davon entfernt, die Wissenschaft von

Liebe fehlt, da giebt es vielleicht eine »okkulte Wissen-

schaft« und »schwarze Magie«, aber keine göttliche Weis-

heit, keine Theosophie.

Gerade dieser Punkt wird von sehr vielen angeblichen

»Theosophen« gar nicht verstanden, weil sie wohl Wissens-

durst, aber keine Liebe besitzen. Sie bilden sich ein, die

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»Theosophie« bestehe darin, dass man alles gehörig klassi-

fizieren und die Dinge, aus denen das Weltall besteht,

sozusagen in Apothekerbüchsen verteilt ausstellen könne.

»Theosophie« bestehe darin, dass man alles gehörig klassifizieren und die Dinge, aus denen das Weltall besteht, sozusagen in Apothekerbüchsen verteilt ausstellen könne. Um zur göttlichen Weisheit zu gelangen, dazu ist es nicht nötig, mit allen Einzelheiten der Chemie, Mineralogie, Numismatik oder im Vogelausstopfen bewandert zu sein; wohl aber gelangt man auch zur wahren okkulten Wissenschaft nur durch das Thor der Liebe zum Guten, weil zu dem höheren Wissen die Unterscheidung zwischen dem Ewigen und dem Vergänglichen gehört, und man das Ewige erst dann wirklich erkennt, wenn man sich ihm nähert, und man sich ihm nur dadurch nähert, dass man es liebt. Was wir wollen ist nicht, dass man das Wissen verachten, oder dass jeder ein Gelehrter werden soll, sondern dass alle Menschen sich in jenem höheren Selbstbewusstsein zusammenfinden, welches die Liebe und die Erkenntnis Gottes im Menschen ist.

Um zur göttlichen Weisheit zu gelangen, dazu ist es nicht

nötig, mit allen Einzelheiten der Chemie, Mineralogie,

Numismatik oder im Vogelausstopfen bewandert zu sein;

wohl aber gelangt man auch zur wahren okkulten Wissen-

schaft nur durch das Thor der Liebe zum Guten, weil zu

dem höheren Wissen die Unterscheidung zwischen dem

Ewigen und dem Vergänglichen gehört, und man das Ewige

erst dann wirklich erkennt, wenn man sich ihm nähert,

und man sich ihm nur dadurch nähert, dass man es liebt.

Was wir wollen ist nicht, dass man das Wissen verachten,

oder dass jeder ein Gelehrter werden soll, sondern dass

alle Menschen sich in jenem höheren Selbstbewusstsein

zusammenfinden, welches die Liebe und die Erkenntnis

Gottes im Menschen ist.

R. D. in M. — Wie es mit dem blinden Autoritäten-

glauben sich verhält, wird Ihnen vielleicht durch folgendes

Märchen klar werden: Es war einmal ein alter Weiser

Namens Euklid. Eigentlich war er nicht alt, sondern wir

nennen ihn einen »alten Weisen«, weil er vor alten Zeiten

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gelebt hat. Dieser alte Weise war damals jung und hatte

einen Lehrsatz erfunden, in welchem behauptet wurde, dass

in einem gleichschenkligen Dreiecke auch alle drei Seiten

gleich lang seien. Aber dieser junge Weise hatte noch nie

einen Orden bekommen und war auch kein Professor, und

die Gelehrten weigerten sich deshalb, an seinen Lehrsatz

zu glauben, und um festzustellen, dass derselbe nicht richtig

R. D. in M. - Wie es mit dem blinden Autoritätenglauben sich verhält, wird Ihnen vielleicht durch folgendes Märchen klar werden: Es war einmal ein alter Weiser Namens Euklid. Eigentlich war er nicht alt, sondern wir nennen ihn einen »alten Weisen«, weil er vor alten Zeiten gelebt hat. Dieser alte Weise war damals jung und hatte einen Lehrsatz erfunden, in welchem behauptet wurde, dass in einem gleichschenkligen Dreiecke auch alle drei Seiten gleich lang seien. Aber dieser junge Weise hatte noch nie einen Orden bekommen und war auch kein Professor, und die Gelehrten weigerten sich deshalb, an seinen Lehrsatz zu glauben, und um festzustellen, dass derselbe nicht richtig und nicht glaubwürdig sei, forschten sie über die Vergangenheit des Autors nach und entdeckten jemanden, welcher behauptete, Euklid habe in seiner Jugend einmal seinem Klavierlehrer ein Tintenfass an den Kopf geworfen. Damit fiel die Glaubwürdigkeit von Euklid und die Theorie

und nicht glaubwürdig sei, forschten sie über die Ver-

gangenheit des Autors nach und entdeckten jemanden,

welcher behauptete, Euklid habe in seiner Jugend einmal

seinem Klavierlehrer ein Tintenfass an den Kopf geworfen.

Damit fiel die Glaubwürdigkeit von Euklid und die Theorie

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— 380 —

der Gleichseitigkeit eines gleichschenkligen Dreiecks in ihr

Nichts zusammen und Euklid wurde aus dem Lande ver-

trieben. Viele Jahre später kam ein Gelehrter, welcher,

der Gleichseitigkeit eines gleichschenkligen Dreiecks in ihr Nichts zusammen und Euklid wurde aus dem Lande vertrieben. Viele Jahre später kam ein Gelehrter, welcher, trotzdem er gelehrt war, auch noch Vernunft besass, auf den genialen Gedanken, die drei Seiten eines gleichschenkligen Dreiecks selber zu messen, und siehe da, der von Euklid aufgestellte Grundsatz stellte sich als richtig heraus. Der Gelehrte nahm ihn als seine eigene Erfindung in Anspruch, und da er eine Autorität auf wissenschaftlichem Gebiete war, so glaubten jetzt alle anderen Gelehrten blindlings daran. Ähnliche Vorgänge finden Sie in der Lebensgeschichte von H. P. Blavatsky.

trotzdem er gelehrt war, auch noch Vernunft besass, auf

den genialen Gedanken, die drei Seiten eines gleichschenk-

ligen Dreiecks selber zu messen, und siehe da, der von

Euklid aufgestellte Grundsatz stellte sich als richtig heraus.

Der Gelehrte nahm ihn als seine eigene Erfindung in An-

spruch, und da er eine Autorität auf wissenschaftlichem

Gebiete war, so glaubten jetzt alle anderen Gelehrten blind-

lings daran. Ähnliche Vorgänge finden Sie in der Lebens-

geschichte von H. P. Blavatsky.

H. B. in B. — Besten Dank! — Beiträge zum Vereine

für die Verbreitung theosophischer Litteratur werden von

Frl. N. von Rantzau in Hallein in Empfang genommen

und verwaltet. Die Rechnungsablage erfolgt in der »Rund-

schau« zu geeigneter Zeit.

J. E. in Q. — Ein Mitglied einer theosophischen

Gesellschaft, deren Zweck die allgemeine Menschenverbrü-

derung ohne Rücksicht auf Nationalität ist, und der Mit-

glieder derselben Gesellschaft nicht leiden kann, weil sie

H. B. in B. -

Besten Dank! - Beiträge zum Vereine für die Verbreitung theosophischer Litteratur werden von Fr!. N. von Rantzau in Hallein in Empfang genommen und verwaltet. Die Rechnungsablage erfolgt in der »Rundschau« zu geeigneter Zeit.

einer anderen Nation als der seinigen angehören, verdient

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in Spiritus gesetzt und im Museum als eine Kuriosität auf-

bewahrt zu werden.

H. O. in B. — Ihre Bemerkung ist kaum einer Ant-

wort wert. Wenn es Ihnen nicht recht ist, dass die ameri-

kanischen »Kreuzfahrer« das Evangelium der Liebe zur

Menschheit um die Erde trugen, es in verschiedenen Län-

dern verkündeten und durch ihr Beispiel bethätigten, so

J. E. in Q. -

Ein Mitglied einer theosophischen Gesellschaft, deren Zweck die allgemeine Menschenverbrü· derung ohne Rücksicht auf Nationalität ist, und der Mitglieder derselben Gesellschaft nicht leiden kann, weil sie einer anderen Nation als der seinigen angehören, verdient in Spiritus gesetzt und im Museum als eine Kuriosität auf· bewahrt zu werden.

werden Sie sich wohl auch darüber ärgern, dass Jesus von

Nazareth in Palästina herumreiste, anstatt Ihrem Rate zu

folgen und hinter dem Ofen über »geheime Wissenschaften«

zu grübeln.

H. O. in B. - Ihre Bemerkung ist kaum einer Antwort wert. Wenn es Ihnen nicht recht ist, dass die amerikanischen »Kreuzfahrer« das Evangelium der Liebe zur Menschheit um die Erde trugen, es in verschiedenen Ländern verkündeten und durch ihr Beispiel bethätigten, so werden Sie sich wohl auch darüber ärgern, dass J esus von Nazareth in Palästina herumreiste, anstatt Ihrem Rate zu folgen und hinter dem Ofen über »geheime Wissenschaften« zu grübeln.

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— 381 —

C. D. in L. — Über den freien Willen ist schon sehr

viel in theosophischen Schriften geschrieben worden, und

C. D. in L. - Über den freien Willen ist sChon sehr

es handelt beinahe jede Seite der »Lotusblüthen« davon,

denn die Freiheit des Willens besteht in der Freiheit vom

viel in theosophischen Schriften geschrieben worden, und es handelt beinahe jede Seite der »Lotusblüthen« davon, denn die Freiheit des Willens besteht in der Freiheit vom »eigene~ Selbst«. Kein Mensch kann durch seinen »eigenen« Willen seinen Willen frei machen, denn dadurch, dass er aus Eigenwillen handelt, ist sein Wille ja an den Egoismus gebunden. Das Selbst kann sich nicht von sich selbst erlösen. Jeder Mensch hat gerade so viel freien Willen, als er, im Gegensatze zu seinem eigenen Wollen, der V ernunft gemäss handeln kann. Der Mensch kann seinen Willen nur dadurch frei machen, dass er den Willen Gottes in sich lebendig und offenbar werden lässt. Deshalb heisst es im »Vaterunser«, nicht mein, sondern »d ein Wille geschehe«.

»eigenen Selbst«. Kein Mensch kann durch seinen »eigenen«

Willen seinen Willen frei machen, denn dadurch, dass er

aus Eigenwillen handelt, ist sein Wille ja an den Egoismus

gebunden. Das Selbst kann sich nicht von sich selbst

erlösen. Jeder Mensch hat gerade so viel freien Willen,

als er, im Gegensatze zu seinem eigenen Wollen, der Ver-

nunft gemäss handeln kann. Der Mensch kann seinen

Willen nur dadurch frei machen, dass er den Willen Gottes

in sich lebendig und offenbar werden lässt. Deshalb heisst

es im »Vaterunser«, nicht mein, sondern »dein Wille

geschehe«.

Col. "V. in D. — Die von A. B. erfundene Geschichte,

dass H. P. Blavatsky sich in einem jungen Brahminen

reinkarnirt hätte, beruht auf einem Witz, den H. P. B. in

meiner Gegenwart machte; aber es giebt Leute, die keinen

Witz begreifen, wenn man ihnen nicht eine lange Erklärung

dazu liefert.

R. G. in M. — Wenn Sie wissen wollen, was das

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»innere Wort« ist, so hängen Sie sich an keine wissen-

schaftlichen Definitionen, sondern betrachten Sie die ganze

Natur in ihrer Schönheit und Ordnung, die Pracht der

Co1. V. in D. - Die von A. B. erfundene Geschichte, dass H. P. Blavatsky sich in einem jungen Brahminen reinkarnirt hätte, beruht auf einem Witz, den H. P. B. in meiner Gegenwart machte; aber es giebt Leute, die keinen Witz begreifen, wenn man ihnen nicht eine lange Erklärung dazu liefert.

Blumen auf dem Felde und die Herrlichkeit des Sternen-

himmels. Alles, was Sie sehen, ist der Ausdruck eines

Gottesgedankens und der Ausdruck eines Gedankens ist das

Wort. Somit spricht jedes Ding zu uns, wenn auch nicht

durch das Ohr, so doch durch das Auge und die anderen

Sinne. Das Hässliche aber ist kein direkter Ausdruck

eines göttlichen Gedankens, sondern eine Wiederspiegelung

des Wortes in dieser verkehrten Welt, wodurch mancher

verkehrte Ausdruck des Gottesgedankens entsteht.

R. G. in M. - Wenn Sie wissen wollen, was das »innere Wort« ist, so hängen Sie sich an keine wissenschaftlichen Definitionen, sondern betrachten Sie die ganze Natur in ihrer Schönheit und Ordnung, die Pracht der Blumen auf dem Felde und die Herrlichkeit des Sternenhimmels. Alles, was Sie sehen, ist der Ausdruck eines Gottesgedankens und der Ausdruck eines Gedankens ist das Wort. Somit spricht jedes Ding zu uns, wenn auch nicht durch das Ohr, so doch durch das Auge und die anderen Sinne. Das Hässliche aber ist kein direkter Ausdruck eines göttlichen Gedankens, sondern eine Wiederspiegelung des Wortes in dieser verkehrten W clt , wodurch mancher verkehrte Ausdruck des Gottesgedankens entsteht.

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— 382 -

Fedosia. — Der Wille ist die höchste schöpferische

Kraft und der freie Wille gehört dem Gottmenschen an;

wenn aber der Wille an den Tiermenschen (Kama Manas)

Fedosia. -

Der Wille ist die höchste schöpferische Kraft und der freie Wille gehört dem Gottmenschen an; wenn aber der 'Ville an den Tiennenschen (Kama Manas) gebunden ist, so wird er zum Eigenwillen, der nicht mehr göttlich, sondern tierisch ist, und gehört dann den niederen Prinzipien an, von denen er sich durch die Kraft der Erkenntnis wieder befreien kann. Der Wille ist wie die Wärme, die einem Körper nur so lange angehört, als er von ihr durchdrungen ist; der Wille ist das Leben, es wird nicht von den Körpern erzeugt, sondern die Körp'er sind vom Lebensprinzip belebt, so lange dasselbe in ihnen wirkt. Der Einzelne hat deshalb in 'Virklichkeit gar keinen eigenen Willen und kein eigenes Leben, sondern sein Wille und Leben ist nur eine Wiederspiegelung des Universalwillens und Universallebens in ihm, und er bildet sich ein, dass das Geborgte sein Eigentum ist.

gebunden ist, so wird er zum Eigenwillen, der nicht mehr

göttlich, sondern tierisch ist, und gehört dann den niederen

Prinzipien an, von denen er sich durch die Kraft der Er-

kenntnis wieder befreien kann. Der Wille ist wie die

Wärme, die einem Körper nur so lange angehört, als er

von ihr durchdrungen ist; der Wille ist das Leben, es wird

nicht von den Körpern erzeugt, sondern die Körper sind

vom Lebensprinzip belebt, so lange dasselbe in ihnen wirkt.

Der Einzelne hat deshalb in Wirklichkeit gar keinen eigenen

Willen und kein eigenes Leben, sondern sein Wille und

Leben ist nur eine Wiederspiegelung des TJniversalwillens

und Universallebens in ihm, und er bildet sich ein, dass

das Geborgte sein Eigentum ist.

L. B. in M. — Wer vernünftig denkt und handelt,

der ist der richtige »Theosoph«. Wer keine Vernunft hat,

der kann auch nicht darnach denken und handeln; er kann

nur durch die Folgen seiner eigenen Unvernunft zur Ver-

nunft gebracht werden. »Wer Thorheit mit Klugheit ver-

bessern will, der gebe ja das Geschäft auf. Thorheit muss

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Thorheit heilen.« Es giebt viele Schwärmer, welche glauben,

dass, um ein »Theosoph« zu sein, man ein Träumer werden

müsse und sich einbilden solle, dass man an nichts teil-

nehme und über alles erhaben sei. Aber die Erhabenheit

über alles, welche aus der Phantasie entspringt, ist keine

wirkliche, sondern eine eingebildete und hat keinen Wert.

L. B. in M. - Wer vernünftig denkt und handelt, der ist der richtige »Theosoph«. Wer keine Vernunft hat, der kann auch nich t darnach denken und handeln; er kann nur durch die Folgen seiner eigenen Unvernunft zur Vernunft gebracht werden. »'Ver Thorheit mit Klugheit verbessern will, der gebe ja das Geschäft auf. Thorheit muss Thorheit heilen.« Es giebt viele Schwänner, welche glauben, dass, um ein »Theosoph« zu sein, man ein Träumer werden müsse und sich einbilden solle, dass man an nichts teilnehme und über alles erhaben sei. Aber die Erhabenheit über alles, welche aus der Phantasie entspringt, ist keine wirkliche, sondern eine eingebildete und hat keinen Wert. Man kann über das Leben erst dann erhaben sein, wenn man es einmal richtig erkennt, und man erkennt es erst dann, wenn man darüber hinausgewachsen ist.

Man kann über das Leben erst dann erhaben sein, wenn

man es einmal richtig erkennt, und man erkennt es erst

dann, wenn man darüber hinausgewachsen ist.

J. H. in W. — Von der Individualität des Menschen

geht im Nirwana nichts verloren. Das wahre Ich des

J. H. in W. - Von der Individualität des Menschen geht im Nirwana nichts verloren. Das wahre Ich des

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— 383 —

Menschen umfasst die ganze Welt, und in diesem Ich be-

steht seine wahre Individualität. Das andere »Ich«, in

welchem sein persönliches Dasein begründet ist und welches

Menschen umfasst die ganze Welt, und in diesem Ich besteht seine wahre Individualität. Das andere ~Ich«, in welchem sein persönliches Dasein begründet ist und welches sich als etwas von der Menschheit Getrenntes denkt und empfindet, ist eine Täuschung, die überwunden werden muss, um zur wahren Selbsterkenntnis (Theosophie oder Gotteserkenntnis) zu gelangen. Der Zustand des Nirwana ist daher nicht etwas, das »gelernt''; werden kann, sondern es ist ein Erwachen der Seele zum Allselbstbewusstsein und Alldasein. Der Tropfen verliert sich nicht im Ocean, sondern der Eigendünkel löst sich im Ocean der unendlichen Liebe auf, und der Tropfen (das Ich) wächst in der Erkenntnis und wird so gross, dass es den ganzen Ocean in sich aufnimmt. Aus diesem Grunde ist der erste Schritt zur Theosophie nicht die Vielwisserei und Rechthaberei, sondern die Erkenntnis der Einheit des Ganzen, und der Besitz der Liebe, weiche die Gottheit in allen Wesen erkennt.

sich als etwas von der Menschheit Getrenntes denkt und

empfindet, ist eine Täuschung, die überwunden werden

muss, um zur wahren Selbsterkenntnis (Theosophie oder

Gotteserkenntnis) zu gelangen. Der Zustand des Nirwana

ist daher nicht etwas, das »gelernt«' werden kann, sondern

es ist ein Erwachen der Seele zum Allselbstbewusstsein

und Alldasein. Der Tropfen verliert sich nicht im Ocean,

sondern der Eigendünkel löst sich im Ocean der unendlichen

Liebe auf, und der Tropfen (das Ich) wächst in der Er-

kenntnis und wird so gross, dass es den ganzen Ocean in

sich aufnimmt. Aus diesem Grunde ist der erste Schritt

zur Theosophie nicht die Vielwisserei und Rechthaberei,

sondern die Erkenntnis der Einheit des Ganzen, und der

Besitz der Liebe, weiche die Gottheit in allen Wesen erkennt.

Verein zur "Verbreitung theosophischer Litte-

ratur. — Die Statuten sind folgende:

1. Jeder, der seinen Namen nebst einem beliebigen

Beitrage einsendet, wird dadurch Mitglied des Vereins.

2. Die eingehenden Gelder werden zu oben angegebenen

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Zwecken, zur Herstellung von theosophischen Druckschriften

und deren Versendung verwendet.

3. Der Vorstand des Vereins wird jährlich von den

Mitgliedern gewählt.

Einstweilen hatFräuleinN. vonRantzauinHallein

aus Gefälligkeit die Empfangnahme und Verwaltung der

Beiträge übernommen.

Verein zur Verbreitung theo8ophischer Litteratur. - Die Statuten sind folgende:

C. S. in M. — Dr. F. Hartmann übernimmt für den

Inhalt von keinerlei Drucksachen irgend eine Verantwortung,

ausgenommen für das, was in den »Lotusblüthen« oder der

I. Jeder, der seinen Namen nebst einem beliebigen Beitrage einsendet, wird dadurch Mitglied des Vereins. 2. Die eingehenden Gelder werden zu oben angegebenen Zwecken, zur Herstellung von theosophischen Druckschriften und deren Versendung verwendet. 3. Der Vorstand des Vereins wird jährlich von den Mitgliedern gewählt. EinstweilenhatFräuleinN. vonRantzau inHallein aus GeHilligkeit die Empfangnahme und Verwaltung der Beiträge übernommen.

Beilage unter seinem Namen erscheint.

C. B. in M. - Dr. F. Hartmann übernimmt für den Inhalt von keinerlei Drucksachen irgend eine Verantwortung, ausgenommen für das, was in den »Lotusblüthen« oder der Beilage unter seinem Namen erscheint.

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- 384 —

F. D. in M., M. T. in B. u. A. — Bei meiner Ab-

reise nach Amerika habe ich nur den einen Wunsch, dass

gewisse Leute, die sich »Theosophen« nennen, endlich zur

F. D. in M., M. T. in B. u. A. - Bei meiner Abreise nach Amerika habe ich nur den einen Wunsch, dass gewisse Leute, die sich »Theosophen« nennen, endlich zur Einsicht kommen möchten, dass die allgemeine Menschenverbrüderung, welche der Zweck der T. S. ist, sich weder in England noch in Deutschland durch gegenseitige Gehässigkeit, Lügen und Verleumdungen bewerkstelligen lässt. Wenn ein Mensch nicht so ist, wie wir es wünschen, so ist dies gerade um so mehr Grund, weshalb wir uns seiner annehmen und uns bemühen sollen, ihm behilflich zu sein, die scharfkantigen Ecken seines Charakters abzuschleifen. Der Vollkommene bedarf unserer Hilfe nicht.

Einsicht kommen möchten, dass die allgemeine Menschen-

verbrüderung, welche der Zweck der T. S. ist, sich weder

in England noch in Deutschland durch gegenseitige Ge-

hässigkeit, Lügen und Verleumdungen bewerkstelligen lässt.

Wenn ein Mensch nicht so ist, wie wir es wünschen, so

ist dies gerade um so mehr Grund, weshalb wir uns seiner

annehmen und uns bemühen sollen, ihm behilflich zu sein,

die scharfkantigen Ecken seines Charakters abzuschleifen.

Der Vollkommene bedarf unserer Hilfe nicht.

An die Leser der »LotusMüthen«. — Da der

Verfasser der »Lotusblüthen« im Begriffe ist, eine Reise

nach Amerika zu machen, um der in New-York am 26. April

stattfindenden Generalversammlung der »Theosophischen Ge-

sellschaft in Amerika« beizuwohnen, so bittet er um Ent-

schuldigung, wenn in der Beantwortung seiner Korrespondenz

im »Briefkasten« eine Verzögerung eintreten sollte.

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Druck von Carl Otto in Meerane.

An die Leser der »Lotusblüthen«. - Da der Verfasser der »Lotusblüthen« im Begriffe ist, eine Reise nach Amerika zu machen, um der in N ew -Y ork am 26. April stattfindenden Generalversammlung der »Theosophischen Gesellschaft in Amerika« beizuwohnen, so bittet er um Entschuldigung, wenn in der Beantwortung seiner Korrespondenz im »Briefkasten« eine Verzögerung eintreten sollte.

Druck von earl Otto in Meerane.

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Verlag von Wllhelm Frledrlch in Leipzig. Verlag von Wilhelm Friedrich in Leipzig.

Maximilian Ferdinand:

Dianhptur- Sexual-Mystik

Maximilian Ferdinand:

Ul dp HC IUI. der Vergangenheit.

Brosch. Mk. 2,50, geb. Mk. 3,50.

INHALT:

Dom, Arische Urzeitrunen.

Iduna, Teutogermane Theonomie.

Alz, Die druidische Unterwelt.

Pari, Das Paradies der älteren Steinzeit (Anfang III. Jährt. v. Chr.).

0 -lap hetur.- Sexual-Mystik der Vergangenheit.

Heim, Die Pfahlbauer der jüngeren „ (Ende III.

Brosch. Mk. 2,5°, gebe Mk. 3,5°.

Ewi, Die Kunde der Kupferzeit (Anfang II.

Troll, Bräuche der Broncezeit (Ende II.

Hugi, Das Erbe der Eisenzeit (Anfang I.

INHALT:

TJrda, Goldenes Zeitalter der Westarier (Ende I.

Run, Die Silberlinge des Judas (Anfang I.

v. Chr.).

v. Chr.).

v. Chr.).

v. Chr.):

v. Chr.).

n. Chr.).

Maximilian Ferdinand:

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Innrlrocil- Sexual-Moral

lyyurdbll. der Gegenwart.

Brosch. Mk. 2,50, geb. Mk. 3,50.

INHALT:

Idarli£ Ein Vorwort.

Gerware, Die Ich-Entwickelung.

Gunther, Ich-Tracht der Ehegatten.

Dom, Arische Urzeitrunen. Iduna, Teutogermane Theonomie. Alx, Die druidische Unterwelt. Pari, Das Paradies der älteren Steinzeit (Anfang IH. Jahrt. v. Chr.). Heim, Die Pfahlbauer der jüngeren" (Ende IH. " v. Chr.). Ewi, Die Kunde der Kupferzeit (Anfang TI. " v. Chr.). Troll, Bräuche der Broncezeit (Ende TI. " v. Chr.). H~

Das Erbe der Eisenzeit (Anfang Urda, Goldenes Zeitalter der Westarier (Ende Run, Die Silberlinge des Judas (Anfang

1. " I." I. "

v. Chr.);

v. Chr.). n. Chr.).

Diod, Die Völkerfeindschaft.

Xtequali, Hungerqualen der Enterbten.

Albrun, Alleswisser und Nichtskönner.

Maximilian Ferdinand:

Sünna, Kunstsünden und Sündenkunst.

derman, Kirchenherrschaft und Asketen.

Lod, Ein Nachwort.

Iggdrasil:

Sexual-Moral der Gegenwart.

Brosch. Mk. 2,50, geb. Mk. 3,5°.

INHALT: ldarlif, Ein Vorwort. Gerware, Die Ich - Entwickelung. Gunther, Ich -Tracht der Ehegatten. Diod, Die Völkerfeindschaft. RequaJi, Hungerqualen der Enterbten. Albrun, Alleswisser und Nichtskönner.

Sunna, Kunstsünden und Sündenkunst. Iherman, Kirchenherrschaft und Asketen. Lod, Ein Nachwort.

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Verlag von Wllhelm Frledrleh in Leipzig. Verlag von Wilhelm Friedrich in Leipzig.

Maximilian Ferdinand:

Maximilian Ferdinand:

Brosch. Mk. 4—, geb. Mk. 5,—.

INHALT:

Sanatas, Neue Saat. Eine Sonntagsbetrachtung.

Austare, Die Braut-Ehe. Eine Montagslehre.

Elb, Teutonens Volkstum. Ein Dienstagsrat.

Saeml-ng--

Sexual-Magie der Zuklmft.

Brosch. Mk. 4,-, geb. Mk. 5,-.

Menja, Allgemeinwohl. Eine Mittwochsverständigung.

Idarwall, Echte Wissenschaft. Ein Donnerstags-Vortrag.

INHALT:

Nord, Neue Kunst. Ein Freitagsbild.

8anatas, Neue Saat. Eine Sonntagsbetrachtung. Austare, Die Braut-Ehe. Eine Montagslehre. Elb, Teutonens Volkstum. Ein Dienstagsrat. Menja, Allgemeinwohl. Eine Mittwochsverständigung. Idarwall, Echte Wissenschaft. Ein Donnerstags -Vortrag. Nord., Neue Kunst. Ein Freitagsbild.

Gant, Die Schöpfungsgottheit. Eine Samstagspredigt.

Studien

aus dem Gebiete der GeMmwissenschaften.

Von Dr. Karl Freiherr Du Prel.

1. Band: Thatsachen und Probleme. Preis Mk. 4,—.

2. Band: Experimentalpsychologie und Experimentalmeta-

physik, Preis Mk. 4,—.

Gant, Die Schöpfungsgottheit. Eine Samstagspredigt.

Die »Studien« Du Preis sind die vornehmsten modernen Stützen einer

transcendentalen Weltanschauung, deren begeisterte Vertreter Du Prel und seine

Schüler sind. Eine experimentelle Bestätigung dieser Anschauung ist neu und

originell, aber sie hat auch den Vorteil für sich, jeden Widerspruch von vornherein

auszuschli essen.

Spiritismus oder Philosphie?

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(Philosophische Eritik des Spiritismus.)

An Herrn Fischer und Eduard von Hartmann.

.Studien ~ ans dem Gebiete der Geheimwissens~hafteß. a2?

Von Dr. Karl Freiherr Du Prel.

Von «3?©©©! üais©^

Preis Mk. 1,50.

I.

Das Leben nach dem Tode.

Von A. F. Carstensen.

2.

Aus dem Schwedischen von Jonas. — Preis brosch. Mk. 3,—.

Band: Thatsachen und Probleme. Preis Mk. .:t,-. Band: Experimentalpsychologie und Experimentalmetaphysik.. Preis Mk. 4,-.

Der Wert des Lebens und die Bedeutung des Todes.

Kulturgeschichtliches und Modernes.

Von P. Schellhas. Preis Mk. 1,80.

Die ,.Studien« Du PreIs sind die vornehmsten modernen Stützen einer transcendentalen Weltanschauung, deren begeisterte Vertreter Du Prel und seine Schüler sind. Eine experimentelle BestätilPlng dieser Anschauung ist neu und originell, aber sie hat auch den Vorteil für SIch, jeden 'Viderspruch von vornherein auszuschliessen.

Spiritismus oder Philosphie1 (Phfiosoph1aohe Xrltik des Splrit!sml18.) An Herrn Fischer und Eduard von Hartmann. Von .70&iJQ! _atB_x-. Preis Mk. 1,50.

Das Leben nach dem Tode. Von A. F. Carstensen. Aus dem Schwedischen von Jonas. - Preis brosch. Mk. 3,-.

Der Wert des Lebens und die Bedeutung des Todes. Kulturgeschichtliches und Modernes. Von P. Schellhas. - - Preis :Mk. 1,80. - -

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LOTUSBLÜTHEN.

LOTUSBLÜTHEN.

Ein monatlich erscheinendes Journal,

enthaltend

••

Originalartikel und ausgewählte Übersetzungen

aus der orientalischen Litteratur

Ein monatlich erscheinendes Journal,

in Bezug

auf die Grundlage der Eeligionen des Ostens

enthaltend

und der

..

Originalartikel und ausgewählte Ubersetzungen aus der orientalischen Litteratur

THEOSOPHIE.

Herausgegeben von

FRANZ HARTMANN, M. D.

Mitglied der internationalen Theos. Gesellach.

in Bezug

LEIPZIG.

Verlag von Wilhelm Friedrich.

auf die Grundlage der Religionen des Ostens

Inhalt von Heft LVI (Mai 1897):

Über die »Geheimlehre« von H. P. Blavatsky und ihre

und der

Quelle Seite 309

THEOSOPHIE.

Die Erkenntnislehre der Bhagavad Gita. Im Lichte

der. Geheimlehre betrachtet (Fortsetzung) . . „ 318

Karma (Fortsetzung) , 333

Herausgegeben von

Bruchstücke aus den Mysterien (Schluss) , 359

Briefkasten 378

FRANZ HARTMANN, M. D.

Preis per Jahrgang Mark 10,—, einzelne Hefte Mark I,—.

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Semester-Einbanddecken ä Mark I,—.

Mitglied der internationalen Theoa. Gesellach.

Inserate: Die 2 gespaltene Nonpareille - Zeile 40 Pf.

Die Spalte Mk. 24,—. Die Seite Mk. 45,—.

Beilagen nach Übereinkommen.

LEIPZIG. Verlag von Wilhelm Friedrich. •

Inhalt von Heft LVI (Mai 1897): Über die »Geheimlehre« von H. P. Blavatsky und ihre Quelle . . . . . . . . . . . . . . Seite 309 Die Erkenntnislehre der Bhagavad Gita. Im Lichte der. Geheimlehre betrachtet (Fortsetzung) n 3 18 Karma (Fortsetzung) . . . . . . . . . " 333 Bruchstücke aus den Mysterien (Schluss) " 359 Briefkasten . . . . . . . . . . . " 37 8

Preis per Jahrgang Mark 10,-, einzelne Hefte Mark 1,-. Semester- Einbanddecken • Mark 1,-. Inserate: Die 2 gespaltene Nonpareille - Zeile 40 Pf. Die Spalte Mk. 24,-' Die Seite Mk. 45,-. Beilagen nach Übereinkommen.

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Verlag von Wilhelm Friedrlch in Leipzig. Verlag von Wilhelm Friedrich in Leipzig.

Lehrbuch

der

Lehrbuch

Elektrohomöopathie

von

Dr. med. A. Hewser.

der

Preis br. Mk. 12-, geb. Mk. 14,-.

Die Elektrohomöopathie hat in der verhältnis-

mässig kurzen Zeit ihres Bestehens begeisterte An-

Elektrohomöopathie

hänger in allen Weltteilen sich erworben. Die herr-

schende allopathische Schule kann die fatale Thatsache

nicht hinwegdekretieren, dass sie der Heilung innerer

Krankheiten heute noch ebenso ratlos gegenübersteht,

von

wie vor Jahrhunderten. Wie anders dagegen die

Elektrohomöopathie! Als es dem italienischen Grafen

Mattei vor etwa 4o Jahren gelang, an die Konstitu-

Dr. med. A. Hewser.

tionslehre Hahnemanns anknüpfend, ein überaus ein-

faches und praktisches Heilsystem zu entdecken, da

zog eine tiefe Bewegung durch die ganze gebildete

Welt und der Alp begann sich zu lösen, der sich als

Aberglaube von der Unheilbarkeit vieler Krankheiten

Preis br. Mk. 12,-, geb. Mk. 14,-.

auf das Gemüt des Menschen gelegt hatte. Die Elektro-

homöopathie populär zu machen, ihr Eingang in allen

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Schichten der Bevölkerung zu schaffen, ist der Zweck

des Lehrbuches. Möge es viele Leser finden!

Die Elektrohomöopathie hat in der verhältnismässig kurzen Zeit ihres Bestehens begeisterte Anhänger in allen Weltteilen sich erworben. Die herrschende allopathische Schille kann die fatale Thatsache nicht hinwegdekretieren, dass sie der Heilung innerer Krankheiten heute noch ebenso ratlos gegenübersteht, wie vor Jahrhunderten. Wie anders dagegen die Elektrohomöopathie! Als es dem italienischen Grafen Mattei vor etwa 40 Jahren gelang, an die Konstitutionslehre Hahnemanns anknüpfend, ein überaus einfaches und praktisches Heilsystem zu entdecken, da zog eine tiefe Bewegung durch die ganze gebildete Welt und der Alp begann sich zu lösen, der sich als Aberglaube von der U nheilbarkeit vieler Krankheiten auf das Gemüt des Menschen gelegt hatte. Die Elektrohomöopathie popillär zu machen, ihr Eingang in allen Schichten der Bevölkerung zu schaffen, ist der Zweck des Lehrbuches. Möge es viele Leser finden!

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Das Leben und die Lehren von

Philippus Theophrastus Bombast von Hohenheim

genannt

Paracelsus.

i.

Einleitung.

Die neuesten Forschungen in dem äthe-

rischen Reiche der Mystik, Metaphysik und

transcendenten Anthropologie haben die wäh-

rend einer Zeitperiode des blinden Materialis-

mus beinahe gänzlich vergessene Thatsache

wieder in Erinnerung gebracht, dass in der

uns umgebenden Natur sowohl als in unserem

eigenen Innern eine Menge von scheinbar

unerklärbaren und geheimnisvollen Dingen

und Kräften vorhanden sind, welche von einer

Das Leben und die Lehren von

Lotusblüthon LVII. 26

PhilippusTheophrastusBombast vonHohenheim Generated for John Patrick Deveney (University of Chicago) on 2014-11-22 18:08 GMT / http://hdl.handle.net/2027/hvd.hnue9i Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www.hathitrust.org/access_use#pd-us-google

genannt

Paracelsus. I.

Einleitung. Die neuesten Forschungen in dem ätherischen Reiche der Mystik, Metaphysik und transcendenten Anthropologie haben die während einer Zeitperiode des blinden Materialismus beinahe gänzlich vergessene Thatsache wieder in Erinnerung gebracht, dass in der uns umgebenden Natur sowohl al6 in unserem eigenen Innern eine Menge von scheinbar unerklärbaren und geheimnisvollen Dingen und Kräften vorhanden sind, welche von einer Lotusbltlthen LVlI.

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Wissenschaft, die nur mit äusserlichen Hilfs-

mitteln arbeitet, und deren Gesichtskreis sich

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nur auf äusserlich sinnlich wahrnehmbare

Wissenschaft, die nur mit äusserlichen Hilfsmitteln arbeitet, und deren Gesichtskreis sich nur auf äusserlich sinnlich wahrnehmbare Dinge beschränkt, nicht begriffen und nicht erklärt werden können. Das Geistige und Unsichtbare kann nicht mit körperlichen Augen gesehen, nicht mit den Händen gegriffen, nicht auf der Wage gewogen und nicht mit dem Messer seziert werden. Aber solche unsichtbare Dinge, wie z. B. der Astralkörper und die Seele, der Geist, das Bewusstsein, der Wille in seinen verschiedenartigen F ormen, das Leben, aus dem die organische Lebensthätigkeit der Pflanzen und Tiere entspringt, Gedanke, Empfindung, Gedächtnis, Vorstellung, Einflüsse von Sonnen und Planeten und Kräfte, welche auf die Empfindung und das Denken der Menschen und dadurch auch auf seinen materiellen Körper einwirken, alle diese Dinge existieren dennoch, wenn sie auch nicht auf dem Wege der Anatomie, Chemie oder Astronomie öffentlich demonstriert und dem nicht selbst denkenden Publikum handgreiflich vordemonstriert werden können. Wenn ein vernünftiger Skeptiker sagt, dass keine unsichtbare Welt in der sichtbaren existiere, so meint er damit

Dinge beschränkt, nicht begriffen und nicht

erklärt werden können. Das Geistige und

Unsichtbare kann nicht mit körperlichen Au-

gen gesehen, nicht mit den Händen gegriffen,

nicht auf der Wage gewogen und nicht mit

dem Messer seziert werden. Aber solche un-

sichtbare Dinge, wie z. B. der Astralkörper

und die Seele, der Geist, das Bewusstsein,

der Wille in seinen verschiedenartigen For-

men, das Leben, aus dem die organische

Lebensthätigkeit der Pflanzen und Tiere ent-

springt, Gedanke, Empfindung, Gedächtnis,

Vorstellung, Einflüsse von Sonnen und Plane-

ten und Kräfte, welche auf die Empfindung

und das Denken der Menschen und dadurch

auch auf seinen materiellen Körper einwirken,

alle diese Dinge existieren dennoch, wenn

sie auch nicht auf dem Wege der Anatomie,

Chemie oder Astronomie öffentlich demon-

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striert und dem nicht selbst denkenden

Publikum handgreiflich vordemonstriert wer-

den können. Wenn ein vernünftiger Skep-

tiker sagt, dass keine unsichtbare Welt in

der sichtbaren existiere, so meint er damit

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nur, dass dieselbe für ihn nicht vorhanden

sei, weil er noch nicht die Fähigkeit erlangt

hat, sich von dem Dasein derselben zu über-

nur, dass dieselbe für ihn nicht vorhanden sei, weil er noch nicht die Fähigkeit erlangt hat, sich von dem Dasein derselben zu überzeugen. Wäre jemand einfältig genug, zu behaupten, dass absolut nichts existiere, von dem er nichts weiss, so würde damit gesagt sein, dass ein solcher Mensch in seinem Grössenwahne sich einbilde, er sei bereits im Besitze der Allwissenheit und es könne nichts in der Welt geben, das er noch zu lernen hätte. Ein solcher Mensch wäre höchst überflüssig auf dieser Welt. Wer das Dasein von Dingen leugnet, die· er nicht kennt, und dasjenige verwirft, was nicht mit seinen Vorurteilen übereinstimmt, der ist ebenso abergläubisch als derjenige, welcher alles gläubig annimmt und nachbetet, was ihm ein anderer vorsagt, ohne selber die Fähigkeit zu haben, vermittelst der Vernunft und des Verstandes das Wahre von dem Falschen zu unterscheiden. Weder der eine noch der andere denkt frei, sondern er ist an die Meinungen gebunden, welche sich in ihm durch seine Erziehung oder durch die Vorstellungen, welche er sich gebildet hat, eingebürgert haben. Wenn ein solcher Mensch dann irgend etwas an sich selbst erfährt, was seinen bisherigen

zeugen. Wäre jemand einfältig genug, zu

behaupten, dass absolut nichts existiere, von

dem er nichts weiss, so würde damit gesagt

sein, dass ein solcher Mensch in seinem

Grössenwahne sich einbilde, er sei bereits im

Besitze der Allwissenheit und es könne nichts

in der Welt geben, das er noch zu lernen

hätte. Ein solcher Mensch wäre höchst über-

flüssig auf dieser Welt. Wer das Dasein von

Dingen leugnet, die er nicht kennt, und das-

jenige verwirft, was nicht mit seinen Vor-

urteilen übereinstimmt, der ist ebenso aber-

gläubisch als derjenige, welcher alles gläubig

annimmt und nachbetet, was ihm ein anderer

vorsagt, ohne selber die Fähigkeit zu haben,

vermittelst der Vernunft und des Verstandes

das Wahre von dem Falschen zu unterschei-

den. Weder der eine noch der andere denkt

frei, sondern er ist an die Meinungen ge-

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bunden, welche sich in ihm durch seine Er-

ziehung oder durch die Vorstellungen, welche

er sich gebildet hat, eingebürgert haben.

Wenn ein solcher Mensch dann irgend etwas

an sich selbst erfährt, was seinen bisherigen

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Meinungen widerspricht, so betrachtet er es

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entweder als ein den Naturgesetzen entgegen-

gesetztes übernatürliches Wunder oder er

Meinungen widerspricht, so betrachtet er es entweder als ein den Naturgesetzen entgegengesetztes übernatürliches Wunder oder er belügt sich selbst, indem er die unmöglichsten Theorien zu dessen Erklärung erfindet. Dies ist besonders in Bezug auf »okkulte Phänomene« der Fall, zu deren )Erklärung« die unsinnigsten Märchen von »Betrug«, »Zufall« u. dgl. ersonnen werden, um damit dem Publikum Sand in die Augen zu streuen, und um das Zugeständnis zu vermeiden, dass es in der Natur unsichtbare, bewusste und intelligente Kräfte giebt, von denen unsere Kathederwissenschaft noch nichts weiss. Solche Personen nehmen oft ihre Zuflucht zu den närrischsten Theorien lieber, als dass sie das bisschen gesunden Menschenverstand, das sie vielleicht noch besitzen, in Anwendung bringen, und hierzu gehört vor allem das Geschmeiss derjenigen sensationssüchtigen Litteraten und Zeitungsschreiber, die, um sich das tägliche Brot zu verdienen, über alles schreiben und dabei so gut wie gar nichts verstehen.

belügt sich selbst, indem er die unmöglich-

sten Theorien zu dessen Erklärung erfindet.

Dies ist besonders in Bezug auf »okkulte

Phänomene« der Fall, zu deren »Erklärung«

die unsinnigsten Märchen von »Betrug«, »Zu-

fall« u. dgl. ersonnen werden, um damit dem

Publikum Sand in die Augen zu streuen,

und um das Zugeständnis zu vermeiden, dass

es in der Natur unsichtbare, bewusste und

intelligente Kräfte giebt, von denen unsere

Kathederwissenschaft noch nichts weiss. Sol-

che Personen nehmen oft ihre Zuflucht zu

den närrischsten Theorien lieber, als dass sie

das bisschen gesunden Menschenverstand,

das sie vielleicht noch besitzen, in Anwendung

bringen, und hierzu gehört vor allem das

Geschmeiss derjenigen sensationssüchtigen

Litteraten und Zeitungsschreiber, die, um sich

das tägliche Brot zu verdienen, über alles

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schreiben und dabei so gut wie gar nichts

verstehen.

Diese Bemerkungen werden vielleicht über-

flüssig erscheinen, da wahrscheinlich keiner

Diese Bemerkungen werden vielleicht überflüssig erscheinen, da wahrscheinlich keiner

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unserer Leser sich unter die oben beschrie-

benen zwei Klassen von Menschen rechnen

wird; man bildet sich gern ein, dass man die

unserer Leser sich unter die oben beschriebenen zwei Klassen von Menschen rechnen wird; man bildet sich gern ein, dass man die Wahrheit liebe, und stösst sie doch im nächsten Augenblicke zurück, sobald sie nicht mit dem Althergebrachten übereinstimmt. Das Geschlecht der unvernünftigen Zweifler und Rechthaber ist ausserordentlich gross. Man findet solche Leute besonders in den Hörsälen unserer Universitäten und unter den Gelehrten unserer Zeit. Ein altes Sprichwort sagt: »Je gelehrter, desto verkehrter«, und: »Die Unwissenheit erhebt stets das grösste Geschrei«.

Wahrheit liebe, und stösst sie doch im näch-

sten Augenblicke zurück, sobald sie nicht mit

dem Althergebrachten übereinstimmt. Das

Geschlecht der unvernünftigen Zweifler und

Rechthaber ist ausserordentlich gross. Man

findet solche Leute besonders in den Hörsälen

unserer Universitäten und unter den Gelehr-

ten unserer Zeit. Ein altes Sprichwort sagt:

»Je gelehrter, desto verkehrter«, und: »Die

Unwissenheit erhebt stets das grösste Ge-

schrei«.

Was dem gesunden Menschenverstande

von selbst einleuchtet, das muss dem ver-

bildeten Verstande der Wahrheitsverdreher

erst auf höchst komplizierte Weise auf Um-

wegen begreiflich gemacht werden; denn das

Licht der Wahrheit dringt nicht in den Ver-

stand derjenigen ein, die ganz im Reiche

ihrer wissenschaftlichen Phantasie leben, und

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deren Gehirn mit tausenderlei Theorien über

Wahrscheinlichkeiten vollgepfropft ist. Der

Weise denkt selbst; aber der moderne Jünger

der Wissenschaft hat keine Zeit zum eigenen

Was dem gesunden Menschenverstande von selbst einleuchtet, das muss dem verbildeten Verstande der Wahrheitsverdreher erst auf höchst komplizierte Weise auf U mwegen begreiflich gemacht werden; denn das Licht der Wahrheit dringt nicht in den Verstand derjenigen ein, die ganz im Reiche ihrer wissenschaftlichen Phantasie leben, und deren Gehirn mit tausenderlei Theorien über Wahrscheinlichkeiten vollgepfropft ist. Der Weise denkt selbst; aber der moderne Jünger der Wissenschaft hat keine Zeit zum eigenen

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Denken; seine Beschäftigung besteht darin,

zu wissen, was diese oder jene Autorität über

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-

diesen oder jenen Gegenstand gesagt oder

Denken; seine Beschäftigung besteht darin, zu wissen, was diese oder jene Autorität über diesen oder jenen Gegenstand gesagt oder behauptet hat; sein Glaube gründet sich nicht auf die eigene Erkenntnis der Wahrheit, sondern auf das Ansehen dieser oder jener Person. Der Vemünftige dagegen ist weder leichtgläubig noch ungläubig; er sucht die Wahrheit nicht in dem Lichte eines anderen Menschen, sondern in ihrem eigenen Lichte zu erkennen; er lässt sich von keiner Autorität, und sei sie noch so »respektabel«, blindlings an der Nase führen; er nimmt die Meinungen eines anderen weder gläubig an, noch verwirft er sie, sondern er prüft alles auf dem Prüfstein der Vernunft und behält, was er findet. Er weiss, dass die ewige Wahrheit viel zu gross ist, um in einem beschränkten Gehirne offenbar zu werden, und deshalb sucht er seinen geistigen Horizont zu erweitern und sich zum Lichte der Wahrheit zu erheben; er ist kein Schwärmer und Träumer, sondern er sucht in seinem Selbstbewusstsein Platz für das Gottesbewusstsein zu machen, und auf den Schwingen des W oUens in jene Regionen zu dringen, die wohl dem Genie, aber nicht dem geistlosen

behauptet hat; sein Glaube gründet sich nicht

auf die eigene Erkenntnis der Wahrheit,

sondern auf das Ansehen dieser oder jener

Person. Der Vernünftige dagegen ist weder

leichtgläubig noch ungläubig; er sucht die

Wahrheit nicht in dem Lichte eines anderen

Menschen, sondern in ihrem eigenen Lichte

zu erkennen; er lässt sich von keiner Autori-

tät, und sei sie noch so »respektabel«, blind-

lings an der Nase führen; er nimmt die Mei-

nungen eines anderen weder gläubig an, noch

verwirft er sie, sondern er prüft alles auf

dem Prüfstein der Vernunft und behält, was

er findet. Er weiss, dass die ewige Wahr-

heit viel zu gross ist, um in einem beschränk-

ten Gehirne offenbar zu werden, und deshalb

sucht er seinen geistigen Horizont zu er-

weitern und sich zum Lichte der Wahrheit

zu erheben; er ist kein Schwärmer und

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Träumer, sondern er sucht in seinem Selbst-

bewußtsein Platz für das Gottesbewusstsein

zu machen, und auf den Schwingen des

Wollens in jene Regionen zu dringen, die

wohl dem Genie, aber nicht dem geistlosen

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Verfertiger von wissenschaftlichen und philo-

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sophischen Hirngespinsten zugänglich sind.

Die geistige Evolution des Erdballs be-

Verfertiger von wissenschaftlichen und philo· sophischen Hirngespinsten zugänglich sind.

wegt sich gleich der Erde selbst in der Form

einer Spirale. Die Zeitperiode eines blöd-

sinnigen Materialismus ist vorüber und die

besten Denker und Schriftsteller der Gegen-

wart nähern sich wieder dem geistigen Stand-

Die geistige Evolution des Erdballs bewegt sich gleich der Erde selbst in der Form einer S~irale. Die Zeitperiode eines blödsinnigen Materialismus ist vorüber und die , besten Denker und Schriftsteller der Gegenwart nähern sich wieder dern geistigen Standpunkte, auf dem Plato und Pythagoras standen. Es mag vielleicht auch heutzutage noch einen Schuljungen geben, der sich einbildet, weiser zu sein als die Philosophen des Altertums, weil er mehr als wie diese in der modernen Wissenschaft bewandert ist. Wenn aber die Schuljungen heutzutage mehr als die alten Weisen über moderne Erfindungen, Dampfmaschinen und Telegraphen, Elektricität, Velocipedfahren u. s. w. wissen, so wussten dagegen die Philosophen des Altertums und auch die des Mittelalters viel mehr als unsere oberflächliche Wissenschaft von den geheimnisvollen Kräften, welche die Seele der Welt und damit auch die Welt in ihrem Innersten bewegen. Die moderne Wissenschaft hat sich ausgebreitet, aber es fehlt ihr noch die Vertiefung, welche die Wissenschaft der Alten

punkte, auf dem Plato und Pythagoras stan-

den. Es mag vielleicht auch heutzutage noch

einen Schuljungen geben, der sich einbildet,

weiser zu sein als die Philosophen des Alter-

tums, weil er mehr als wie diese in der mo-

dernen Wissenschaft bewandert ist. Wenn

aber die Schuljungen heutzutage mehr als

die alten Weisen über moderne Erfindungen,

Dampfmaschinen und Telegraphen, Elektrici-

tät, Velocipedfahren u. s. w. wissen, so wussten

dagegen die Philosophen des Altertums und

auch die des Mittelalters viel mehr als unsere

oberflächliche Wissenschaft von den geheim-

nisvollen Kräften, welche die Seele der Welt

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und damit auch die Welt in ihrem Innersten

bewegen. Die moderne Wissenschaft hat sich

ausgebreitet, aber es fehlt ihr noch die Ver-

tiefung, welche die Wissenschaft der Alten

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besass. Die moderne Chemie weiss mehr als

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die Alchemie der Alten über die äusserlichen

besass. Die modeme Chemie weiss mehr als die Alchemie der Alten über die äusserlichen Beziehungen der Metalle untereinander; aber die alten Alchemisten erkannten den Grund, aus dem alle Metalle und alle Dinge entstehen. Die modeme Anatomie hat mit Hilfe des Mikroskops den Bau des menschlichen Körpers bis ins kleinste verfolgt, aber die Philosophen des Altertums kannten ausser dem menschlichen Körper noch die viel wichtigeren Bestandteile der menschlichen Konstitution, sie erkannten den Organismus der Seele, dessen äusserliches Bild und Erscheinung der sichtbare Körper ist. Die moderne Wissenschaft beschäftigt sich mit den äusserlichen Wirkungen unbekannter Grundursachen; die »okkulte« Wissenschaft der Alten kannte diese Ursachen selbst. Es war wohl noch nie eine Zeit, in der es nicht vom Grössenwahn besessene Gelehrte gab, welche sich einbildeten, dass ihre Wissenschaft auf dem Gipfel alles möglichen Wissens angelangt sei; aber jede neue Entdeckung hat diesen Köhlerglauben zu Schanden gemacht, und alle einsichtsvollen Gelehrten sind noch am Ende zu der Überzeugung gekommen, dass, wie der grosse Isaak Newton sagt, wir

Beziehungen der Metalle untereinander; aber

die alten Alchemisten erkannten den Grund,

aus dem alle Metalle und alle Dinge ent-

stehen. Die moderne Anatomie hat mit Hilfe

des Mikroskops den Bau des menschlichen

Körpers bis ins kleinste verfolgt, aber die

Philosophen des Altertums kannten ausser

dem menschlichen Körper noch die viel

wichtigeren Bestandteile der menschlichen

Konstitution, sie erkannten den Organismus

der Seele, dessen äusserliches Bild und Er-

scheinung der sichtbare Körper ist. Die

moderne Wissenschaft beschäftigt sich mit

den äusserlichen Wirkungen unbekannter

Grundursachen; die »okkulte« Wissenschaft

der Alten kannte diese Ursachen selbst. Es

war wohl noch nie eine Zeit, in der es nicht

vom Grössenwahn besessene Gelehrte gab,

welche sich einbildeten, dass ihre Wissenschaft

auf dem Gipfel alles möglichen Wissens an-

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gelangt sei; aber jede neue Entdeckung hat

diesen Köhlerglauben zu Schanden gemacht,

und alle einsichtsvollen Gelehrten sind noch

am Ende zu der Überzeugung gekommen,

dass, wie der grosse Isaak Newton sagt, wir

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nur wie Kinder sind, welche am Ufer spielen,

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während vor uns der grosse noch unerforschte

Ocean der Wirklichkeit liegt.

nur wie Kinder sind, welche am Ufer spielen, während vor uns der grosse noch unerforschte Ocean der Wirklichkeit liegt.

Ein jedes Ding, aus dem der Geist, das

Leben entflohen ist, zerfällt. Es mag wie

ein Gespenst noch eine Zeitlang eine Schein-

existenz führen und die Unerfahrenen täu-

schen, aber es kann sich nicht weiter ent-

wickeln; eine verknöcherte »Philosophie« ist

ein Unding, dem es vor allem an der Haupt-

Ein jedes Ding, aus dem der Geist, das Leben entflohen ist, zerfällt. Es mag wie ein Gespenst noch eine Zeitlang eine Scheinexistenz führen und die Unerfahrenen täuschen, aber es kann sich nicht weiter entwickeln; eine verknöcherte »Philosophie« ist ein Unding, dem es vor allem an der Hauptsache, der Liebe zur Weisheit fehlt. Wenn die moderne Wissenschaft an wahrer Erkenntnis zunehmen will, so muss sie sich nicht nur auf der Oberfläche ausbreiten, sondern sich auch vertiefen. Dies ist aber nur dann möglich, wenn der Charakter derjenigen, die sich damit befassen, selbst eine Vertiefung erfährt. Auch giebt es keinen Ruhepunkt im ewigen Kreislaufe der Evolution. Wer nicht mit ihr fortschreitet, der bleibt zurück.

sache, der Liebe zur Weisheit fehlt. Wenn

die moderne Wissenschaft an wahrer Er-

kenntnis zunehmen will, so muss sie sich

nicht nur auf der Oberfläche ausbreiten, son-

dern sich auch vertiefen. Dies ist aber nur

dann möglich, wenn der Charakter derjenigen,

die sich damit befassen, selbst eine Ver-

tiefung erfährt. Auch giebt es keinen Ruhe-

punkt im ewigen Kreislaufe der Evolution.

Wer nicht mit ihr fortschreitet, der bleibt

zurück.

Wenn wir an der Schwelle des Heilig-

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tums stehen bleiben und uns fürchten, die

Grenze zu überschreiten, welche das Sinnliche

von demjenigen trennt, das nur die Seele

Wenn wir an der Schwelle des Heiligtums stehen bleiben und uns fürchten, die Grenze zu überschreiten, welche das Sinnliche von demjenigen trennt, das nur die Seele

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wahrnehmen kann und worin die höchsten

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Geheimnisse der Natur verborgen sind, so

werden wir wieder zurück in das Reich der

wahrnehmen kann und worin die höchsten Geheimnisse der Natur verborgen sind, so werden wir wieder zurück in das Reich der Täuschung gezogen und versinken im Sumpfe der Sinnlichkeit. Indem wir uns weigern, die uns von der Natur gegebenen Organe zur geistigen Wahmehmung zu gebrauchen, verlieren diese Organe ihre Fähigkeit dieser geistigen Wahrnehmung, je mehr die äussere Schale der Natur unsere Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt, um so leichter verlieren wir den Kern aus unserem Gesichtskreise; je mehr wir uns dem Scheine ergeben, um so mehr entzieht sich uns die Erkenntnis des wahren Seins.

Täuschung gezogen und versinken im Sumpfe

der Sinnlichkeit. Indem wir uns weigern, die

uns von der Natur gegebenen Organe zur

geistigen Wahrnehmung zu gebrauchen, ver-

lieren diese Organe ihre Fähigkeit dieser

geistigen Wahrnehmung, je mehr die äussere

Schale der Natur unsere Aufmerksamkeit in

Anspruch nimmt, um so leichter verlieren

wir den Kern aus unserem Gesichtskreise; je

mehr wir uns dem Scheine ergeben, um so

mehr entzieht sich uns die Erkenntnis des

wahren Seins.

Es ist ein Glück für die Menschheit, dass

jedes Übel in sich selbst den Keim zu seiner

Besserung trägt. Jede Aktion ruft eine

Reaktion ins Dasein. Der Fortschritt der

Welt gleicht den Schwingungen eines Pendels,

das sich von dem einen Extreme zum anderen

bewegt, bis es schliesslich im Mittelpunkte

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des Weges, den es beschreibt, zur Ruhe

kommt. Zeitperioden von Aberglauben folgen

auf Perioden des Unglaubens, und hat der

Aberglaube seine höchste Spitze erreicht, so

Es ist ein Glück für die Menschheit, dass jedes Übel in sich selbst den Keim zu seiner Besserung trägt. Jede Aktion ruft eine Reaktion ins Dasein. Der Fortschritt der Welt gleicht den Schwingungen eines Pendels, das sich von dem einen Extreme zum anderen bewegt, bis es schliesslich im Mittelpunkte des Weges, den es beschreibt, zur Ruhe kommt. Zeitperioden von Aberglauben folgen auf Perioden des Unglaubens, und hat der Aberglaube seine höchste Spitze erreicht, so

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geht es wieder zum Unglauben zurück. Jede

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Schwingung aber bringt die Menschheit der

Erkenntnis der Wahrheit, dem Ruhepunkt,

geht es wieder zum Unglauben zurück. Jede Schwingung aber bringt die Menschheit der Erkenntnis der Wahrheit, dem Ruhepunkt, näher. Wir haben jetzt wieder einen Wendepunkt überschritten. Der materialistische Aberglaube, welcher bis vor wenigen Jahren der Stolz unserer Gelehrtenwelt war, spukt heute nur noch in den Köpfen einiger Weinreisenden und Bierbankphilosophen , und es scheint überhaupt noch niemand denselben ernsthaft genommen zu haben, da eine Befolgung der daraus entspringenden Konsequenzen notwendigerweise zum Zuchthause oder zum Selbstmord führen würde. Wie bei kirchlichen Zeloten sind auch bei den Jüngern des Affellvogts die Verbreitung einer Lehre und die Befolgung derselben zwei ganz verschiedene Dinge. Der Zweifel ist nicht nur der Feind der Wahrheit, sondern auch der Feind der Lüge. Eine Zeitlang wurde die Welt geblendet von dem falschen Schimmer und den hochtrabenden Phrasen einer Lüge, deren ganzes Verdienst darin bestand, dass sie einen wissenschaftlichen Aberglauben an die Stelle eines kirchlichen Aberglaubens setzte. Unter dem· falschen Scheine der Phantasie glaubte man Schätze

näher. Wir haben jetzt wieder einen Wende-

punkt überschritten. Der materialistische

Aberglaube, welcher bis vor wenigen Jahren

der Stolz unserer Gelehrten weit war, spukt

heute nur noch in den Köpfen einiger Wein-

reisenden und Bierbankphilosophen, und es

scheint überhaupt noch niemand denselben

ernsthaft genommen zu haben, da eine Be-

folgung der daraus entspringenden Kon-

sequenzen notwendigerweise zum Zuchthause

oder zum Selbstmord führen würde. Wie

bei kirchlichen Zeloten sind auch bei den

Jüngern des Affenvogts die Verbreitung einer

Lehre und die Befolgung derselben zwei ganz

verschiedene Dinge. Der Zweifel ist nicht

nur der Feind der Wahrheit, sondern auch

der Feind der Lüge. Eine Zeitlang wurde

die Welt geblendet von dem falschen

Schimmer und den hochtrabenden Phrasen

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einer Lüge, deren ganzes Verdienst darin

bestand, dass sie einen wissenschaftlichen

Aberglauben an die Stelle eines kirchlichen

Aberglaubens setzte. Unter dem falschen

Scheine der Phantasie glaubte man Schätze

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zu sehen, Edelsteine, Rubinen und Diamanten;

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aber als die Morgendämmerung anbrach, sah

man, dass es bloss ein Misthaufen war, auf

zu sehen, Edelsteine, Rubinen und Diamanten; aber als die Morgendämmerung anbrach, sah man, dass es bloss ein Misthaufen war, auf dem Glasscherben und zerbrochene Töpfe herumlagen. Nun sind die Blicke wieder der aufgehenden Sonne zugewandt, decen Strahlen das Meer der Gedanken durchleuchtet bis auf den Grund, wo die kostbarste Perle ruht. Die Weisheit der alten Indier und Ägypter, welche so lange im Dunkel verborgen war, tritt ans Tageslicht, und wir entdecken unschätzbare Reichtümer in den vergilbten Pergamenten der Philosophen des Mittelalters in wurmstichigen F oHanten, von denen man noch vor kurzem glaubte, dass sie nur für Antiquare- und Kuriositätenhändler Wert besässen.

dem Glasscherben und zerbrochene Töpfe

herumlagen. Nun sind die Blicke wieder der

aufgehenden Sonne zugewandt, deren Strahlen

das Meer der Gedanken durchleuchtet bis

auf den Grund, wo die kostbarste Perle ruht.

Die Weisheit der alten Indier und Ägypter,

welche so lange im Dunkel verborgen war,

tritt ans Tageslicht, und wir entdecken un-

schätzbare Reichtümer in den vergilbten

Pergamenten der Philosophen des Mittel-

alters in wurmstichigen Folianten, von denen

man noch vor kurzem glaubte, dass sie nur

für Antiquare- und Kuriositätenhändler Wert

besässen.

Zu diesen lange verkannten Werken ge-

hören besonders die Schriften von Theo-

phrastus Paracelsus. Die indische Philosophie

giebt uns den Schlüssel zu deren Verständnis,

und wir staunen, dass die grosse und erhabene

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Wissenschaft, welche er lehrt, so wenig in

Deutschland bekannt ist; denn wenn man

auch den Namen Paracelsus allgemein kennt,

und Monumente und Gedenktafeln in Bezug

Zu diesen lange verkannten Werken gehören besonders die Schriften von Theophrastus Paracelsus. Die indische Philosophie giebt uns den Schlüssel zu deren Verständnis, und wir staunen, dass die grosse und erhabene Wissenschaft, welche er lehrt, so wenig in Deutschland bekannt ist; denn wenn man auch den Namen Paracelsus allgemein kennt, und Monumente und Gedenktafeln in Bezug

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— 397 —

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auf ihn existieren, und wenn auch schon viele

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Bücher darüber geschrieben worden sind, wo

und wann er gelebt hat und starb, und was

auf ihn existieren, und wenn auch schon viele Bücher darüber geschrieben worden sind, wo und wann er gelebt hat und starb, und was seine Hinterlassenschaft war, so haben doch heutzutage nur wenige unserer Gelehrten und Altertumsforscher eine Ahnung davon, welche erhabenen Geheimnisse in seinen Schriften verborgen sind. Was kümmert es uns, zu wissen, ob Paracelsus einen Bart hatte oder bartlos war, ob er ein hirschledernes Wams, oder eine Sammtjacke hinterliess! Nicht seine Persönlichkeit, sondern seine Lehre ist uns von Wichtigkeit; seinen Schädel überlassen wir dem Museum, die Wahrheiten, welche er uns geoffenbart hat, sind für uns.

seine Hinterlassenschaft war, so haben doch

heutzutage nur wenige unserer Gelehrten und

Altertumsforscher eine Ahnung davon, welche

erhabenen Geheimnisse in seinen Schriften

verborgen sind. Was kümmert es uns, zu

wissen, ob Paracelsus einen Bart hatte oder

bartlos war, ob er ein hirschledernes Wams

oder eine Sammtjacke hinterliess! Nicht seine

Persönlichkeit, sondern seine Lehre ist uns

von Wichtigkeit; seinen Schädel überlassen

wir dem Museum, die Wahrheiten, welche

er uns geoffenbart hat, sind für uns.

Indem wir in dieses Meer des höheren

Denkens, in welches uns Paracelsus führt,

eintauchen, eröffnet sich vor uns eine neue

Welt. Je mehr wir uns in den Geist des

Paracelsus versenken, um so mehr erkennen

wir seine Grösse. Die Anatomie, Physiologie

und Psychologie, welche er uns lehrt, machen

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aus dem Menschen etwas ganz anderes, als

was wir uns früher vorstellten. Hier erblicken

wir den Menschen nicht als einen Kadaver, der

vielleicht, und vielleicht auch nicht, eine Seele

Indem wir in dieses Meer des höheren Denkens, in welches uns Paracelsus führt, eintauchen, eröffnet sich vor uns eine neue Welt. Je mehr wir uns in den Geist des Paracelsus versenken, um so mehr erkennen wir seine GrÖsse. Die Anatomie, Physiologie und Psychologie, welche er uns lehrt, machen aus dem Menschen etwas ganz anderes, als was wir uns früher vorstellten. Hier erblicken wir den Menschen nicht als einen Kadaver, der vielleicht, und vielleicht auch nicht, eine Seele

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hat, sondern als eine Seele, vom göttlichen

Geiste belebt, deren Wesen sich in ihrer

materiellen Erscheinung wiederspiegelt. Und

hat, sondern als eine Seele, vom göttlichen Geiste belebt, deren Wesen sich in ihrer materiellen Erscheinung wiederspiegelt. Und ähnlich verhält es sich auch mit der Kosmologie und Pneumatologie von Theophrastus. Da ist alles Seele. Das ganze Weltall ist Weltseele, und was wir von ihr sehen nur ihr körperliches Spiegelbild. Desgleichen ist auch die Medizin von Paracelsus auf eine Heilung der Übel, die aus dem niederen Seelenleben entspringen, berechnet; denn die Seele (respektive der Astralkörper) des Menschen ist die Grundlage der körperlichen Erscheinung des Menschen. Ist diese Grundlage gesund, so kann auch dem Körper nicht viel fehlen.

ähnlich verhält es sich auch mit der Kosmo-

logie und Pneumatologie von Theophrastus.

Da ist alles Seele. Das ganze Weltall ist

Weltseele, und was wir von ihr sehen nur

ihr körperliches Spiegelbild. Desgleichen ist

auch die Medizin von Paracelsus auf eine

Heilung der Übel, die aus dem niederen

Seelenleben entspringen, berechnet; denn die

Seele (respektive der Astralkörper) des Men-

schen ist die Grundlage der körperlichen Er-

scheinung des Menschen. Ist diese Grund-

lage gesund, so kann auch dem Körper nicht

viel fehlen.

Die »okkulte Philosophie« von Paracelsus

macht uns bekannt mit den Bewohnern der

unsichtbaren Welt; sie führt uns ein in das

Reich der Elementargeister; sie lehrt uns die

Grundlage der weissen und der schwarzen

Magie, der Hexenkünste und Zauberei, und

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giebt uns eine vernünftige Erklärung vieler

Dinge, über welche der moderne Gelehrten-

glaube sich bisher mit Geringschätzung hin-

wegsetzte, weil man sie nicht verstand und

Die }) okkulte Philosophie« von Paracelsus macht uns bekannt mit den Bewohnern der unsichtbaren Welt; sie führt uns ein in das Reich der Elementargeister ; sie lehrt uns die Grundlage der weissen und der schwarzen Magie, der Hexenkünste und Zauberei, und giebt uns eine vernünftige Erklärung vieler Dinge, über weIche der moderne Gelehrtenglaube sich bisher mit Geringschätzung hinwegsetzte, weil man sie nicht verstand und

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zu bequem war, um ihre Ursachen zu erfor-

-

schen. Die moderne Philosophie stellt uns

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den Menschen dar als ein denkendes Tier,

zu bequem war, um ihre Ursachen zu erforschen. Die moderne Philosophie stellt uns den Menschen dar als ein denkendes Tier, dessen ganzes Bestreben ist, es während seines Daseins, das demjenigen der Eintagsfliege gleicht, recht bequem zu haben. Die Philosophie von Theophrastus lässt uns im Menschen einen Engel erblicken, welcher den tierischen Körper, den er bewohnt,· zum Denken benützt, dessen Dasein aber nicht von diesem Körper abhängig ist. Seine Theologie erkennt Gott als das Wesen von allen Dingen und seine Theosophie ist die wahre. Sie stimmt mit derjenigen der indischen und christlichen Weisen überein , wie es ja auch nicht anders denkbar ist, da es nur eine einzige Gotteserkenntnis giebt. Die moderne Wissenschaft sucht das Leben des Menschen um ein paar Jahre zu verlängern; die Wissenschaft von Paracelsus lehrt ihn, seine eigene Unsterblichkeit zu erkennen. Die erstere gewährt dem Menschen die Kraft, ein Gewicht zu heben, das ebenso schwer ist, als er selbst; die letztere beweist, dass der in Wahrheit selbstbewusste Mensch Herr über Himmel und Erde ist und durch seinen Willen die ganze Natur beherrscht.

dessen ganzes Bestreben ist, es während seines

Daseins, das demjenigen der Eintagsfliege

gleicht, recht bequem zu haben. Die Philo-

sophie von Theophrastus lässt uns im Men-

schen einen Engel erblicken, welcher den

tierischen Körper, den er bewohnt, zum

Denken benützt, dessen Dasein aber nicht

von diesem Körper abhängig ist. Seine Theo-

logie erkennt Gott als das Wesen von allen

Dingen und seine Theosophie ist die wahre.

Sie stimmt mit derjenigen der indischen und

christlichen Weisen überein, wie es ja auch

nicht anders denkbar ist, da es nur eine ein-

zige Gotteserkenntnis giebt. Die moderne

Wissenschaft sucht das Leben des Menschen

um ein paar Jahre zu verlängern; die Wissen-

schaft von Paracelsus lehrt ihn, seine eigene

Unsterblichkeit zu erkennen. Die erstere ge-

währt dem Menschen die Kraft, ein Gewicht

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zu heben, das ebenso schwer ist, als er selbst;

die letztere beweist, dass der in Wahrheit

selbstbewusste Mensch Herr über Himmel

und Erde ist und durch seinen Willen die

ganze Natur beherrscht.

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Da erblicken wir die Formen nicht nur

-

als Erzeuger der Kräfte, sondern als die Ge-

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fässe der sie bewahrenden Kräfte und als die

Mittel zu deren Offenbarung. Da sehen wir

Da erblicken wir die Formen nicht nur als Erzeuger der Kräfte, sondern als die Gefässe der sie bewahrenden Kräfte und als die Mittel zu deren Offenbarung. Da sehen wir Welten innerhalb anderer Welten; Welten des Lichts und Welten der Dunkelheit, von denen jede ihre Bewohner hat Hier erblicken wir den Kosmos nicht als Stückwerk, sondern als ein vom schöpferischen Geiste durchdrungenes Ganzes. Da eröffnet uns Gott seine Herrlichkeit.

Welten innerhalb anderer Welten; Welten

des Lichts und Welten der Dunkelheit, von

denen jede ihre Bewohner hat. Hier erblicken

wir den Kosmos nicht als Stückwerk, sondern

als ein vom schöpferischen Geiste durch-

drungenes Ganzes. Da eröffnet uns Gott

seine Herrlichkeit.

Aber um mit den Augen von Paracelsus

zu sehen, müssen wir uns in seinen Geist ver-

senken. Dabei handelt es sich nicht um

Wortklauberei, noch um eine buchstäbliche

Wiederholung von Citaten, welche in einer

Sprache geschrieben sind, die heutzutage

den meisten Lesern unverständlich ist. Eben-

sowenig handelt es sich um eine willkürliche

Auslegung des Sinnes der Schriften von

Paracelsus oder um die Unterschiebung von

Ansichten, welche er nicht hatte. Wer aber

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eine Kuh kennt, der weiss, wovon die Rede

ist, wenn er eine Abhandlung über Kühe

liest, wenn dieselbe auch in etwas schwer-

verständlicher Sprache geschrieben ist; wer

Aber um mit den Augen von Paracelsus zu sehen, müssen wir uns in seinen Geist versenken. Dabei handelt es sich nicht um Wortklauberei, noch um eine buchstäbliche Wiederholung von Citaten, welche in einer Sprache geschrieben sind, die heutzutage den meisten Lesern unverständlich ist. Ebensowenig handelt es sich um eine willkürliche Auslegung des Sinnes der Schriften von Paracelsus oder um die Unterschiebung von Ansichten, welche er nicht hatte. Wer aber eine Kuh kennt, der weiss, wovon die Rede ist, wenn er eine Abhandlung über Kühe liest, wenn dieselbe auch in etwas schwerverständlicher Sprache geschrieben ist; wer

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— 401 —

-

aber nicht weiss, was eine Kuh ist, dem ver-

hilft am Ende auch sein ganzes philologisches

4°1

Studium zu keinem Verständnis. So ist es

aber nicht weiss, was eine Kuh ist, dem verhilft am Ende auch sein ganzes philologisches Studium zu keinem Verständnis. So ist es auch mit den Schriften von Paracelsus. Wer die Dinge kennt, von denen er spricht, der wird seine Sprache leicht verstehen; wer sie nicht kennt, dem helfen Citate nichts und wenn sie noch so genau, in schweizerischer Mundart, angeführt wären.

auch mit den Schriften von Paracelsus. Wer

die Dinge kennt, von denen er spricht, der

wird seine Sprache leicht verstehen; wer sie

nicht kennt, dem helfen Citate nichts und

wenn sie noch so genau, in schweizerischer

Mundart, angeführt wären.

Der Zweck der folgenden Blätter ist, die

Lehren von Paracelsus in einer verständlichen

Form dem Leser vorzulegen und dadurch

denen, die sich für das Original interessieren,

das Verständnis desselben zu erleichtern.

Wäre das Original für jedermann verständ-

lich, so hätte diese Arbeit keinen Zweck.

Dem Verfasser selbst wurden die Schriften

von Paracelsus erst durch das Studium der

völlig mit dem Sinne derselben übereinstim-

menden indischen Lehre bis zu einem gewissen

Grade klar.*)

*) Siehe F. Hartmann: »Paracelsus als Mystiker«,

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herausgegeben von der Gesellschaft für Salzburger Landes-

Der Zweck der folgenden Blätter ist, die Lehren von Paracelsus in einer verständlichen Form dem Leser vorzulegen und dadurch denen, die sich für das Original interessieren, das Verständnis desselben zu erleichtern. Wäre das Original für jedermann verständlich, so hätte diese Arbeit keinen Zweck. Dem Verfasser selbst wurden die Schriften von Paracelsus erst durch das Studium der völlig mit dem Sinne derselben übereinstimmenden indischen Lehre bis zu einem gewissen Grade klar. *)

kunde, Band XXXIV. Als Separatabdruck erschienen bei

W. Friedrich in Leipzig.

Lotnablüthen LVII. 27

*) Siebe F. Hartmann: »Paracelsus als Mystiker«, berausgegebea von der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde, Band XXXIV. Als Separatabdruck erschienen bei W. Friedrich in Leipzig. LotusbUlthen LVII. 27

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Aber auch das intellektuelle Verständnis

-

dieser Schriften ist noch nicht alles; vielmehr

4°2

-

bedarf es zur vollen Erkenntnis in geistigen

sowie in äusserlichen Dingen der eigenen

Aber auch das intellektuelle Verständnis dieser Schriften ist noch nicht alles; vielmehr bedarf es zur vollen Erkenntnis in geistigen sowie in äusserlichen Dingen der eigenen Erfahrung. Damit, dass wir den Inhalt einer Schrift verstehen, ist noch nicht viel gedient, wenn wir nicht den Gegenstand, welchen sie darstellt, selber erkennen. Das Studium eines Buches ist nicht sein eigener Zweck, sondern nur das Mittel zum Zweck, welches in der Hinleitung zum eigenen Erkennen besteht.

Erfahrung. Damit, dass wir den Inhalt einer

Schrift verstehen, ist noch nicht viel gedient,

wenn wir nicht den Gegenstand, welchen sie

darstellt, selber erkennen. Das Studium eines

Buches ist nicht sein eigener Zweck, sondern

nur das Mittel zum Zweck, welches in der

Hinleitung zum eigenen Erkennen besteht.

Es versteht sich von selbst, dass wir eine

Wahrheit nicht geistig erkennen können, so

lange wir glauben, dass es unmöglich ist,

sie in unser Bewusstsein aufzunehmen und

sie geistig zu erkennen; denn, wenn wir die

Organe unserer Seele nicht gebrauchen, so

können sie uns auch keine Dienste leisten.

Wer sich einbildet, dass er nicht auf seinen

Füssen stehen könne, der wird auch keinen

Versuch machen, aufzustehen. Die Ver-

wendung der Thätigkeit geistiger Organe

aber bedarf der Übung ebensogut, wie die

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Ausbildung der Muskelkraft äusserlicher An-

strengung bedarf. Kein Mensch, wenn er

nicht schon ein geborener Mystiker ist, wird

Es versteht sich von selbst, dass wir eine Wahrheit nicht geistig erkennen können, so lange wir glauben, dass es unmöglich ist, sie in unser Bewusstsein aufzunehmen und sie geistig zu erkennen; denn, wenn wir die Organe unserer Seele nicht gebrauchen, so können sie uns auch keine Dienste leisten. Wer sich einbildet, dass er nicht auf seinen Füssen stehen könne, der wird auch keinen Versuch machen, aufzustehen. Die Verwendung der Thätigkeit geistiger Organe aber bedarf der Übung ebensogut , wie ~e Ausbildung der Muskelkraft äusserlicher Anstrengung bedarf. Kein Mensch, wenn er nicht schon ein geborener Mystiker ist, wird

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die Schriften der Mystiker, selbst wenn sie

-

noch so klar und deutlich geschrieben sind,

40 3

-

schon beim erstmaligen Lesen völlig ver-

die Schriften der Mystiker, selbst wenn sie noch so klar und deutlich geschrieben sind, schon beim erstmaligen Lesen völlig verstehen; aber durch wiederholtes Lesen und Nachdenken (wozu im Gedränge unserer heutigen Civilisation nur wenige Zeit haben) eröffnet sich so zu sagen ein inneres Auge um das andere. Täglich blüht eine neue Blume am Baume der Erkenntnis, und, was uns gestern noch dunkel war, wird uns vielleicht morgen schon sonnenklar.

stehen; aber durch wiederholtes Lesen und

Nachdenken (wozu im Gedränge unserer

heutigen Civilisation nur wenige Zeit haben)

eröffnet sich so zu sagen ein inneres Auge

um das andere. Täglich blüht eine neue

Blume am Baume der Erkenntnis, und, was

uns gestern noch dunkel war, wird uns viel-

leicht morgen schon sonnenklar.

Wer aber einmal das Gold der Weisheit

gefunden hat, den wird es nicht mehr ge-

lüsten, nach Regenwürmern zu graben. Wenn

der Geist der Wahrheit in ihm lebendig ge-

worden ist, so wird er von diesem Geiste auf

eine Höhe getragen, von welcher er auf die

Narrenkomödie der Welt mit ihrem Kampf

ums täuschende Dasein, mit ihrem Eigen-

dünkel und vermeintlichen Wissen, ihrem

Haschen nach Reichtum und Ruhm, ihrer

Katzbalgerei wegen Verschiedenheit der Mei-

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nungen, ihrem kleinlichen Gelehrtenkram und

kirchlichen Flitter herabsehen kann, wie einer,

den die Sache nichts mehr angeht und der

nicht mehr daran teilnimmt, wenn er auch

27*

Wer aber einmal das Gold der Weisheit gefunden hat, den wird es nicht mehr gelüsten, nach Regenwürmern zu graben. Wenn der Geist der Wahrheit in ihm lebendig geworden ist, so wird er von diesem Geiste auf eine Höhe getragen, von welcher er auf die Narrenkomödie der Welt mit ihrem Kampf ums täuschende Dasein, mit ihrem Eigendünkel und vermeintlichen Wissen, ihrem Haschen nach Reichtum und Ruhm, ihrer Katzbalgerei wegen Verschiedenheit der Meinungen, ihrem kleinlichen Gelehrtenkram und kirchlichen Flitter herabsehen kann, wie einer, . den die Sache nichts mehr angeht und der nicht mehr daran teilnimmt, wenn er auch 27*

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-

allen, die seine Hilfe verlangen, gern zu Hilfe

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-

kommt. Er sieht, dass keine Blume zum Auf-

blühen kommt, so lange sie nicht reif dafür

allen, die seine Hilfe verlangen, gern zu Hilfe kommt. Er sieht, dass keine Blume zum Aufblühen kommt, so lange sie nicht reif dafür geworden ist, und er hat deshalb Geduld mit der Unwissenheit derjenigen, die noch im Nebel befangen sind; der Spott der Unver&tändigen berührt ihn nicht, und das Lob der Verständigen erhebt ihn nicht; denn er weiss, dass nicht sein irdischer Menschenverstand, sondern der Geist der Erkenntnis in ihm die Wahrheit erkennt.

geworden ist, und er hat deshalb Geduld mit

der Unwissenheit derjenigen, die noch im

Nebel befangen sind; der Spott der Unver-

ständigen berührt ihn nicht, und das Lob der

Verständigen erhebt ihn nicht; denn er weiss,

dass nicht sein irdischer Menschenverstand,

sondern der Geist der Erkenntnis in ihm die

Wahrheit erkennt.

Auf der geistigen Erkenntnis der Wahr-

heit und nicht bloss auf äusserlichen Bewei-

sen oder logischen Schlussfolgerungen beruht

die Wissenschaft der alten Weisen und auch

diejenige von Theophrastus Paracelsus. Als

Gautama Buddha gefragt wurde, woher er

seine Lehre erhalten habe, antwortete er:

»Diese heilige Wahrheit, ihr Mönche, wurde

mir von niemandem überliefert, noch habe

ich sie selber erfunden, sondern in mir selbst

eröffnete sich das Auge (des Verstandes), in

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mir selbst erwachte die Erkenntnis, in mir

offenbarte sich die Weisheit, in mir selbst

ging das Licht auf.« Dieses innerliche Er-

wachen ist aber nichts anderes, als die auch

Auf der geistigen Erkenntnis der Wahrheit und nicht blass auf äusserlichen Beweisen oder logischen Schlussfolgerungen beruht die Wissenschaft der alten Weisen und auch diejenige von Theophrastus Paracelsus. Als Gautama Buddha gefragt wurde, woher er seine Lehre erhalten habe, antwortete er: ,Diese heilige Wahrheit, ihr Mönche, wurde mir von niemandem überliefert, noch habe ich sie selber erfunden, sondern in mir selbst eröffnete sich das Auge (des Verstandes) , in mir selbst erwachte die Erkenntnis, in mir offenbarte sich die Weisheit, in mir selbst ging das Licht auf.« Dieses innerliche Erwachen ist aber nichts anderes, als die auch

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— 4°5 —

-

von den christlichen Mystikern gelehrte inner-

liche Erleuchtung durch den heiligen Geist

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oder die geistige Wiedergeburt, vermittelst

von den christlichen Mystikern gelehrte innerliche Erleuchtung durch den heiligen Geist oder die geistige Wiedergeburt, vermittelst welcher Christus~ das Licht der Weisheit, im Menschen offenbar wird.

welcher Christus, das Licht der Weisheit, im

Menschen offenbar wird.

Theophrastus Paracelsus war einer von

solchen geistig erleuchteten Menschen, deren

heutzutage nur mehr wenige zu finden sind.

Seine Lehren sind dem Geiste, wenn auch

nicht der Form' nach identisch mit denen

der indischen, buddhistischen, griechischen

Weisen und christlichen Mystiker. Die Ge-

heimnisse, welche er lehrt, wurden auch in

Ägypten und Griechenland den in die Schule

der Mysterien Eingeweihten gelehrt. Sie bilden

Theophrastus Paracelsus war einer von solchen geistig erleuchteten Menschen, deren heutzutage nur mehr wenige zu finden sind. Seine Lehren sind dem Geiste, wenn auch nicht der Form' nach identisch mit denen der indischen, buddhistischen, griechischen Weisen und christlichen Mystiker. Die Geheimnisse, welche er lehrt, wurden auch in Ägypten und Griechenland den in die Schule der Mysterien Eingeweihten gelehrt.. Sie bilden die Grundlage aller wahren Religionssysteme, wie auch der Freimaurerei. Ihre Erkenntnis steht jedermann offen, sobald er fähig ist, dieselbe zu empfangen; es soll sich aber niemand einbilden, dass diese innerliche Erleuchtung zu ihm komme, ohne dass er erst derselben fähig wird; denn erst, wenn die Seele gereinigt ist von allem irdischen Unrat und Aberglauben, kann das göttliche Licht der Weisheit in seiner Klarheit' sich in ihr wiederspiegeln und offenbar werden. Auch

die Grundlage aller wahren Religionssysteme,

wie auch der Freimaurerei. Ihre Erkenntnis

steht jedermann offen, sobald er fähig ist,

dieselbe zu empfangen; es soll sich aber

niemand einbilden, dass diese innerliche Er-

leuchtung zu ihm komme, ohne dass er erst

derselben fähig wird; denn erst, wenn die

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Seele gereinigt ist von allem irdischen Unrat

und Aberglauben, kann das göttliche Licht

der Weisheit in seiner Klarheit sich in ihr

wiederspiegeln und offenbar werden. Auch

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— 406 —

-

wird das Wort der Wahrheit erst dann rich-

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-

tig verstanden, wenn es im Geiste der Wahr-

heit gesprochen oder im Lichte der Wahrheit

wird das Wort der Wahrheit erst dann richtig verstanden, wenn es im Geiste der Wahrheit gesprochen oder im Lichte der Wahrheit gelesen wird. Da wohl viele nach der Befriedigung ihrer Neugierde, aber nur wenige nach dem Lichte der Wahrheit streben, so werden auch heutzutage die Bücher von Paracelsus, Jakob Boehme, Eckhardt u. s. w. nur von wenigen gelesen und von noch wenigeren verstanden.

gelesen wird. Da wohl viele nach der Be-

friedigung ihrer Neugierde, aber nur wenige

nach dem Lichte der Wahrheit streben, so

werden auch heutzutage die Bücher von

Paracelsus, Jakob Boehme, Eckhardt u. s. w.

nur von wenigen gelesen und von noch

wenigeren verstanden.

Der Verfasser des folgenden sucht in der

Erfüllung der ihm gestellten Aufgabe kein

Verdienst. Er giebt hiermit nichts anderes,

als was ihm gegeben wurde, und erkennt

darin nichts anderes als sein Eigentum an,

als wie die Irrtümer, die möglicherweise darin

enthalten sind. Möge dieses Werk dazu bei-

tragen, dass die deutsche Nation einen ihrer

grössten Geister kennen und seine Lehren zu

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würdigen lernt.

Der Verfasser des folgenden sucht in der Erfüllung der ihm gestellten Aufgabe kein Verdienst. Er giebt hiermit nichts anderes, als was ihm gegeben wurde, und erkennt darin nichts anderes als sein Eigentum an, als wie die Irrtümer, die möglicherweise darin enthalten sind. Möge dieses Werk dazu beitragen, dass die deutsche Nation einen ihrer grössten Geister kennen und seine Lehren zu würdigen lernt.

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Das Leben von Paracelsus.

-

Ks wird behauptet, dass bedrängte Zeiten

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grosse Geister hervorbringen, und die Ge-

schichte scheint dies zu bestätigen; denn wenn

die Zeit für eine Umwälzung auf politischem,

religiösem oder wissenschaftlichem Gebiete

II.

reif geworden ist, so finden sich Männer,

/

welche dieselbe vollziehen. Es ist unzweifel-

Das Leben von Paracelsus.

haft richtig, dass die Verhältnisse, welche

einer solchen Veränderung vorhergehen, da-

zu geeignet sind, Menschen zu Reformatoren

heranzubilden. Vielleicht ist es aber ebenso

richtig, zu sagen, dass, wenn auf der Welt

Es wird behauptet, dass bedrängte Zeiten grosse Geister hervorbringen, und die Geschichte scheint dies zu bestätigen; denn wenn die Zeit für eine Umwälzung auf politischem, religiösem oder wissenschaftlichem Gebiete reif geworden ist, so finden sich Männer, welche dieselbe vollziehen. Es ist unzweifel.haft richtig, dass die Verhältnisse , welche einer solchen Veränderung vorhergehen, dazu geeignet sind, Menschen zu Reformatoren heranzubilden. Vielleicht ist es aber ebenso richtig, zu sagen, dass, wenn auf der Welt eine grosse Veränderung nötig wird, ein grosser Geist, welcher die Fähigkeit hat, dieselbe zu vollziehen, sich zu diesem Zwecke auf der Erde verkörpert. Wenigstens sagt uns die Bhagavad Gita: »Jedesmal, wenn die Gerechtigkeit unter den Menschen erschlafft und die Ungerechtigkeit überhand nimmt, erzeuge ich mich in meiner Menschengestalt, zum Schutze der Guten und den Bösen zum Verderben. Um den wahren Glau-

eine grosse Veränderung nötig wird, ein

grosser Geist, welcher die Fähigkeit hat, die-

selbe zu vollziehen, sich zu diesem Zwecke

auf der Erde verkörpert. Wenigstens sagt

uns die Bhagavad Gita: »Jedesmal, wenn

die Gerechtigkeit unter den Menschen er-

schlafft und die Ungerechtigkeit überhand

nimmt, erzeuge ich mich in meiner Menschen-

gestalt, zum Schutze der Guten und den Bö-

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sen zum Verderben. Um den wahren Glau-

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ben wieder herzustellen, werde ich in ver-

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schiedenen Zeitperieden in Menschengestalt

wiedergeboren.« *)

ben wieder herzustellen, werde ich in verschiedenen Zeitperioden in Menschengestalt wiedergeboren.« *)

Der Okkultist, welcher weiss, dass, wenn

der Mensch einmal im Geiste wiedergeboren

und zum wahren geistigen Bewusstsein ge-

langt ist, er dieses Bewusstsein auch, nach-

dem er seinen irdischen Körper verlassen hat,

beibehalten kann (wie ja auch ein denkender

Mensch, wenn er seinen Rock auszieht, des-

halb nicht aufhört zu denken), findet nichts

Der Okkultist, welcher weiss, dass, wenn der Mensch einmal im Geiste wiedergeboren und zum wahren geistigen Bewusstsein gelangt ist, er dieses Bewusstsein auch, nachdem er seinen irdischen Körper verlassen hat, beibehalten kann (wie ja auch ein denkender Mensch, wenn er seinen Rock auszieht, deshalb nicht aufbört zu denken), findet nichts Absonderliches in der Lehre der indischen Weisen, welche sagt, dass solche »Geister« oder Intelligenzen, :&Adepten« oder :&Heilige« im Weltall existieren und in ihren Astralkörpern fortleben,**) und dass dieselben, wenn auch gewissermassen über alles Irdische erhaben, dennoch an den Schicksalen der Menschheit teilnehmen und dieselben leiten, indem sie empfängliche Gemüter beeinflussen; dass solche vorgeschrittene »Geister« die freiwillige Aufgabe übernommen haben, wenn auch unsichtbar, über das Wob! der Mensch-

Absonderliches in der Lehre der indischen

Weisen, welche sagt, dass solche »Geister«

oder Intelligenzen, »Adepten« oder »Heilige«

im Weltall existieren und in ihren Astral-

körpern fortleben,**) und dass dieselben, wenn

auch gewissermassen über alles Irdische erha-

ben, dennoch an den Schicksalen der Mensch-

heit teilnehmen und dieselben leiten, indem

sie empfängliche Gemüter beeinflussen; dass

solche vorgeschrittene »Geister« die frei-

willige Aufgabe übernommen haben, wenn

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auch unsichtbar, über das Wohl der Mensch-

*) Kap. rv, v. 7.

**) Siehe »Lotusblüthen«, No. ITT.

*)

Kap. IV, V. 7.

**) Siehe »Lotusblüthenc, No.

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heit zu wachen, und dass, wenn die Stunde

des Handelns gekommen ist, ein solcher gro-

sser Geist herniedersteigen und sich freiwillig

heit zu wachen, und dass, wenn die Stunde des HandeIns gekommen ist, ein solcher grosser Geist herniedersteigen und sich freiwillig auf Erden wiederverkörpern kann, um die ihm zukommende Sendung zu übernehmen. Alles weist darauf hin, dass die Reinkarnation in solchen Fällen eine zeitgemässe und gutgewählte ist; denn auch das grösste Genie könnte ,venig Nutzen stiften, wenn es zur unrechten Zeit auf der Bühne des Lebens aufträte. Wäre z. B. Luther hundert Jahre früher auf der Welt erschienen, so hätte er schwerlich die Reformation zu Stande gebracht. Ein Bismarck hätte fünfzig Jahre früher wohl kaum das auseinander gerissene Deutsche Reich wieder zusammenflicken können u. s. w. Ein solcher »Adept« war, nach unserer Anschauung, der »Geist«, welcher die Persönlichkeit von Theophrastus Paracelsus überschattete und belebte. *)

auf Erden wiederverkörpern kann, um die

ihm zukommende Sendung zu übernehmen.

Alles weist darauf hin, dass die Reinkarnation

in solchen Fällen eine zeitgemässe und gut-

gewählte ist; denn auch das grösste Genie

könnte wenig Nutzen stiften, wenn es zur un-

rechten Zeit auf der Bühne des Lebens auf-

träte. Wäre z. B. Luther hundert Jahre früher

auf der Welt erschienen, so hätte er schwer-

lich die Reformation zu Stande gebracht.

Ein Bismarck hätte fünfzig Jahre früher wohl

kaum das auseinander gerissene Deutsche

Reich wieder zusammenflicken können u. s. w.

Ein solcher »Adept« war, nach unserer An-

schauung, der »Geist«, welcher die Persön-

lichkeit von Theophrastus Paracelsus über-

schattete und belebte.*)

*) Eine solche Wiederverkörperung war auch die so

wenig verstandene und so vielfach verleumdete Helene

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Petrowna Blavatsky. Wer den Geist nicht von der Hülle,

die er bewohnt, unterscheiden kann, der beurteilt solche

Menschen nur nach ihren oberflächlich zu Tage tretenden

äusserlichen Eigenschaften, und erkennt nicht deren inner-

lichen Gehalt.

*) Eine solche Wiederverkörpenmg war auch die so wenig verstandene und so vielfach verleumdete Helene Petrowna Blavatsky. Wer den Geist nicht von der Hüllet die er bewohnt t unterscheiden kann t der beurteilt solche Menschen nur nach ihren oberflächlich zu Tage tretenden äusserlichen Eigenschaften t und erkennt nicht deren inner· lichen Gehalt.

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Ein Biograph von Paracelsus, Dr. Michael

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Benedict Lessing, sagt in Bezug auf die da-

maligen Zeitverhältnisse folgendes*): »Die

Ein Biograph von Paracelsus, Dr. Michael Benedict Lessing, sagt in Bezug auf die damaligen Zeitverhältnisse folgendes*): ~Die Geschichte ist nichts Zufälliges oder Gemachtes; sie ist etwas Notwendiges, die Offenbarung der Gottheit in der Gestaltung des menschlichen Geistes und in der lebendigen Äusserung seiner Freiheit und Thätigkeit. Was man im einzelnen Organismus beobachtet, die verschiedenen Stadien seiner Entwicklung und Fortbildung, die mannigfachen Durchgangsperioden, ehe er zu einer gewissen Selbständigkeit und gleichmässigen Entfaltung seiner Kräfte gelangen kann, alles dies wiederholt sich in der grossen Gesamtheit des Menschengeschlechts nach denselben Gesetzen, und die Erscheinungen des Individuums spiegeln sich ab in den physischen und psychischen Schicksalen Aller. Auch das Menschengeschlecht hat seine Krankheiten und Gebrechen zu überwinden, ehe es den Höhepunkt seiner Gesittung und Humanität erreicht, und dem ernsten Betrachter gross-

Geschichte ist nichts Zufälliges oder Gemach-

tes; sie ist etwas Notwendiges, die Offenba-

rung der Gottheit in der Gestaltung des

menschlichen Geistes und in der lebendigen

Äusserung seiner Freiheit und Thätigkeit.

Was man im einzelnen Organismus beobach-

tet, die verschiedenen Stadien seiner Ent-

wicklung und Fortbildung, die mannigfachen

Durchgangsperioden, ehe er zu einer gewissen

Selbständigkeit und gleichmässigen Entfal-

tung seiner Kräfte gelangen kann, alles dies

wiederholt sich in der grossen Gesamtheit

des Menschengeschlechts nach denselben Ge-

setzen, und die Erscheinungen des Indivi-

duums spiegeln sich ab in den physischen und

psychischen Schicksalen Aller. Auch das

Menschengeschlecht hat seine Krankheiten

und Gebrechen zu überwinden, ehe es den

Höhepunkt seiner Gesittung und Humanität

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erreicht, und dem ernsten Betrachter gross-

r *) Lessing: »Paracelsus, sein Leben und Denken.*

Berlin, 1839. Aus diesem Werke sind die hier folgenden

biographischen Notizen zum grossen Teile entnommen.

*) Lessing: »Paracelsus, sein Leben und Denken... Berlin, 1839. Aus diesem Werke sind die hier folgenden biographischen Notizen zum grossen Teile entnommen.

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artiger Epochen stellt sich dieses Phänomen

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in klaren Zügen im Bilde der Weltgeschichte

dar.

artiger Epochen stellt sich dieses Phänomen in klaren Zügen im Bilde der Weltgeschichte dar.

»Der Abend des XV. Jahrhunderts ist die

Zeit der grössten Entdeckungen und die

Morgenröte des XVI. begrüsste die kühnste

und erhabenste That seit Christi Geburt (die

Reformation). Wie einst in den gläubigen

Gemütern der armen Jünger, so tagte es jetzt

in den gedankenschweren Geistern reichbe-

gabter Männer; das Licht blieb nicht mehr

»Der Abend des XV. Jahrhunderts ist die Zeit der grössten Entdeckungen und die Morgenröte des X VI. begrüsste die kühnste und erhabenste That seit Christi Geburt (die Reformation). Wie einst in den gläubigen Gemütern der armen Jünger, 80 tagte es jetzt in den gedankenschweren Geistern reichbegabter Männer; das Licht blieb nicht mehr Monopol einer bevorzugten Kaste, die Aufklärung ward Gemeingut. Eine solche Epoche konnte nicht ohne Einfluss auf den damaligen Standpunkt der Völker bleiben. Allenthalben erblickt man daher das Bild des Kampfes; im Innern der Menschen einen Widerstreit neu aufkeimender, sie mit Blitzesschnelle durchdringender, aber noch unausgebildeter und chaotisch verwirrter Ideen gegen die Verkehrtheiten der ehemaligen Jugend.. Erziehung und die tief eingenisteten Vorurteile aus Legenden und Ammenmärchen; in der Aussenwelt die Abwehr geistlicher Despotie und adeligen Übermutes durch die Macht selbsterworbener Einsicht und bürgerlicher

Monopol einer bevorzugten Kaste, die Auf-

klärung ward Gemeingut. Eine solche Epoche

konnte nicht ohne Einfluss auf den damaligen

Standpunkt der Völker bleiben. Allenthalben

erblickt man daher das Bild des Kampfes;

im Innern der Menschen einen Widerstreit

neu aufkeimender, sie mit Blitzesschnelle

durchdringender, aber noch unausgebildeter

und chaotisch verwirrter Ideen gegen die

Verkehrtheiten der ehemaligen Jugend-Er-

ziehung und die tief eingenisteten Vorurteile

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aus Legenden und Ammenmärchen; in der

Aussenwelt die Abwehr geistlicher Despotie

und adeligen Übermutes durch die Macht

selbsterworbener Einsicht und bürgerlicher

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Sitte und Ordnung. Auf dem Gebiete der

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Wissenschaft traten diese Folgen am auf-

fallendsten hervor. In allen Teilen derselben

Sitte und Ordnung. Auf dem Gebiete der Wissenschaft traten diese Folgen am auffallendsten hervor. In allen Teilen derselben musste die langgewohnte Nacht und Versumpfung der hellen Fackel funkensprühender Wahrheit und Überzeugung weichen. Sterne erster Grösse gingen endlich am Himmel der Gedankenwelt auf und sendeten ihre belebenden Strahlen in die entlegensten Winkel des verwahrlosten Geistes. Ein Luther brach mit den Donnerworten seiner Thesen die Gewalt der Hierarchie, Cardanus hob den Schleier der Isis, Copernicus rief J osuas göttlichen Machtspruch : })Stehe still, Sonne!« zum Himmel hinauf. Und dieser Geist lebendiger Forschung trat fast plötzlich in allen Teilen der Wissenschaft, auch in der Medizin und Naturkunde im Anfang des mächtigen XVI. Jahrhunderts auf.«

musste die langgewohnte Nacht und Ver-

sumpfung der hellen Fackel funkensprühen-

der Wahrheit und Überzeugung weichen.

Sterne erster Grösse gingen endlich am Him-

mel der Gedankenwelt auf und sendeten ihre

belebenden Strahlen in die entlegensten

Winkel des verwahrlosten Geistes. Ein Luther

brach mit den Donnerworten seiner Thesen

die Gewalt der Hierarchie, Cardanus hob den

Schleier der Isis, Copernicus rief Josuas gött-

lichen Machtspruch: »Stehe still, Sonne!« zum

Himmel hinauf. Und dieser Geist lebendiger

Forschung trat fast plötzlich in allen Teilen

der Wissenschaft, auch in der Medizin und

Naturkunde im Anfang des mächtigen XVI.

Jahrhunderts auf.«

Was Luther im Gebiete der Theologie

vollbrachte, das vollbrachte Paracelsus auf

dem Gebiete der Medizin. Deshalb wird er

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auch heute noch mit Recht als der Vater der

modernen Heilkunde betrachtet. Lessing sagt:

»Sein Streben ging darauf hinaus, die gött-

liche Abkunft der Philosophie zu beweisen,

Was Luther im Gebiete der Theologie vollbrachte, das vollbrachte Paracelsus auf dem Gebiete der Medizin. Deshalb wird er auch heute noch mit Recht als der Vater der modernen Heilkunde betrachtet. Lessing sagt: ~Sein Streben ging darauf hinaus, die göttliche Abkunft der Philosophie zu beweisen,

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und die Heilkunde aus der Flachheit der

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Meinungen zur Wissenschaftlichkeit, aus einer

bloss oberflächlichen und einseitigen Betrach-

und die Heilkunde aus der Flachheit der Meinungen zur Wissenschaftlichkeit, aus einer bloss oberflächlichen und einseitigen Betrachtung des W esens d~s Organismus zu einer höheren und universelleren zu erheben, die Ärzte selbst aus dem beschränkten Kreise ihres gewöhnlichen (handwerksmässigen) Handelns zu einer geläuterten Kunstansicht zu führen. Dies ist die Tendenz, die sich in seinen Büchern offenbart, und, wenn sein kühnes Streben ihm auch nur zum Teil gelang, so bleibt ihm doch immer das Verdienst, zu einer Zeit, wo die meisten Gelehrten in einer niederen Verstandessphäre befangen waren, einen höheren Standpunkt errungen, als ein neuer Prometheus in die alte tausendjährige Nacht helles, zündendes Licht geworfen, und eine Zwingburg der Ärzte (der Dummheit), an der Tausende tausend Jahre lang gebaut, als einzelner Mensch mit herkulischer Stärke von Grund aus zerstört zu haben.«

tung des Wesens des Organismus zu einer

höheren und universelleren zu erheben, die

Ärzte selbst aus dem beschränkten Kreise ih-

res gewöhnlichen (handwerksmässigen) Han-

delns zu einer geläuterten Kunstansicht zu

führen. Dies ist die Tendenz, die sich in sei-

nen Büchern offenbart, und, wenn sein kühnes

Streben ihm auch nur zum Teil gelang, so

bleibt ihm doch immer das Verdienst, zu einer

Zeit, wo die meisten Gelehrten in einer niede-

ren Verstandessphäre befangen waren, einen

höheren Standpunkt errungen, als ein neuer

Prometheus in die alte tausendjährige Nacht

helles, zündendes Licht geworfen, und eine

Zwingburg der Ärzte (der Dummheit), an

der Tausende tausend Jahre lang gebaut,

als einzelner Mensch mit herkulischer Stärke

von Grund aus zerstört zu haben.«

Philippus Aureolus Theophrastus

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Paracelsus Bombastus von Hohenheim

wurde am 14. Dezember 1493 zu Maria-Ein-

siedeln, einem Marktflecken und Wallfahrts-

ort, zwei Meilen von Zürich in der Schweiz

Philippus A ureol us T h e 0 p h r a stus Paracelsus Bombastus von Hohenheim wurde am 14. Dezember 1493 zu Maria-Einsiedeln, einem Marktflecken und Wallfahrtsort , zwei Meilen von Zürich in der Schweiz

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geboren. Eigentlich stand das Haus seines

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Vaters eine Stunde von Einsiedeln entfernt,

an der über das Ufer der wilden Sil gebauten

geboren. Eigentlich stand das Haus seines Vaters eine Stunde von Einsiedeln entfernt, an der über das Ufer der wilden Sil gebauten Teufelsbrücke , wo es im Jahre 1814 wegen seiner BauflUligkeit durch ein neues ersetzt wurde. Sein Vater, Wilhelm Bombast von Hohenheim , stammte aus der alten und berühmten schwäbischen Familie der Bombaste ab, die sich von dem adeligen Schlosse Hohenheim (nachmals Esslinger Hof oder Meiler), nächst dem Dorfe Plinningen bei Stuttgart, Bombaste von Hohenheim nannten, und war nahe verwandt mit dem Grossmeister des Johanniterordens Georg Bombast von Hohenheim. Er liess sich als Arzt in Maria-Einsiedeln nieder und verheiratete sich 1492 mit der Aufseherin des Krankenhauses der dortigen Abtei, aus welcher Ehe als einziges Kind Paracelsus entsprang. Alle anderen Angaben über seine Abkunft und seinen Namen sind entschieden unrichtig.

Teufelsbrücke, wo es im Jahre 1814 wegen

seiner Baufälligkeit durch ein neues ersetzt

wurde. Sein Vater, Wilhelm Bombast von

Hohenheim, stammte aus der alten und be-

rühmten schwäbischen Familie der Bombaste

ab, die sich von dem adeligen Schlosse Hohen-

heim (nachmals Esslinger Hof oder Meiler),

nächst dem Dorfe Plinningen bei Stuttgart,

Bombaste von Hohenheim nannten, und war

nahe verwandt mit dem Grossmeister des

Johanniterordens Georg Bombast von Hohen-

heim. Er Hess sich als Arzt in Maria-Ein-

siedeln nieder und verheiratete sich 1492 mit

der Aufseherin des Krankenhauses der dorti-

gen Abtei, aus welcher Ehe als einziges Kind

Paracelsus entsprang. Alle anderen Angaben

über seine Abkunft und seinen Namen sind

entschieden unrichtig.

Sein Vater zog im Jahre 1502 nach der

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Stadt Villach in Kärnthen, wo er 1534 als

angesehener Arzt und Bürger starb. In sei-

ner Jugend wurde Paracelsus von seinem

Vater unterrichtet, der ihm auch die ersten

Sein Vater zog im Jahre 1502 nach der Stadt Villach in Kämthen, wo er 1534 als angesehener Arzt und Bürger starb. In seiner Jugend wurde Paracelsus von seinem Vater unterrichtet, der ihm auch die ersten

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Kenntnisse in der Alchemie, Wundarznei-

kunst und in der Medizin beibrachte. Später

bildete er sich bei verschiedenen Kloster-

Kenntnisse in der Alchemie, Wundarzneikunst und in der Medizin beibrachte. Später bildete er sich bei verschiedenen Klostergeistlichen, besonders in dem nahe gelegenen Kloster zu St. Andrae im Laronthale, unter Leitung des gelehrten Bischofs Eberhard Paumgartner aus, ferner unter den Bischöfen Mathias Scheidt von Seckach, MathäusSchacht, Suffragen zu Freisingen u. a. Im 16. Jahre schickte ihn sein Vater auf die Universität nach Basel; doch ist es wohl ausgemacht, dass Paracelsus, dem die damalige Weisheit der Ärzte schon frühzeitig ein Greuel war, eigentlich keine regelmässigen akademischen Studien machte, was ihm, der sich einen eigenen Weg bahnte, nachher natürlich sehr übel ausgelegt wurde. Später kam er zu dem in der Alchemie sehr berühmten J ohannesTrithemius, damals Abt zu Sponheim, nachmals zu Würzburg. Seine Liebe zur Wissenschaft führte ihn darauf in das Laboratorium des reichen Siegmund von Fugger zu Schwatz in Tyrol, der damals für einen der berühmtesten Chymisten galt, und von dem er sehr viel lernte. In der Folge machte er noch in seinen Jünglingsjahren weite Reisen und soll Deutschland, Italien, Frankreich durchwandert und

geistlichen, besonders in dem nahe gelegenen

Kloster zu St. Andrae im Laronthale, unter

Leitung des gelehrten Bischofs Eberhard

Paumgartner aus, ferner unter den Bischöfen

Mathias Scheidt von Seckach, Mathäus Schacht,

Suffragen zu Freisingen u. a. Im 16. Jahre

schickte ihn sein Vater auf die Universität

nach Basel; doch ist es wohl ausgemacht, dass

Paracelsus, dem die damalige Weisheit der

Ärzte schon frühzeitig ein Greuel war, eigent-

lich keine regelmässigen akademischen Stu-

dien machte, was ihm, der sich einen eigenen

Weg bahnte, nachher natürlich sehr übel aus-

gelegt wurde. Später kam er zu dem in der

Alchemie sehr berühmten Johannes Trithemius,

damals Abt zu Sponheim, nachmals zu Würz-

burg. Seine Liebe zur Wissenschaft führte

ihn darauf in das Laboratorium des reichen

Siegmund von Fugger zu Schwatz in Tyrol,

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der damals für einen der berühmtesten Chy-

misten galt, und von dem er sehr viel lernte.

In der Folge machte er noch in seinen Jüng-

lingsjahren weite Reisen und soll Deutsch-

land, Italien, Frankreich durchwandert und

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nach Art anderer Alchemisten seiner Zeit

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auch das Erzgebirge, Schweden, selbst den

Orient besucht, ja sogar als Wundarzt die

nach Art anderer Alchemisten seiner Zeit auch das Erzgebirge , Schweden, selbst den Orient besucht, ja sogar als Wundarzt die Feldzüge in den Niederlanden, in Dänemark, Neapel und anderen Orten mitgemacht haben, wobei er allenthalben nicht nur aus dem U nterrichte der Ärzte, Laboranten und Hüttenarbeiter, sondern auch aus dem Umgange mit alten Weibern, Scharfrichtern, Schäfern, Juden, Badern, Zigeunern u. dergl. » Gescheiten und Einfältigen« - für seine Kenntnis der Natur und der Menschen Bereicherun g zu schöpfen strebte. Man sah ihn daher auch nicht selten in Gesellschaft von Kärrnern und Fuhrleuten auf der Landstrasse und in Wirtshäusern, was freilich die pedantische Beschränktheit und Engherzigkeit seiner Gegner nicht vom kosmopolitischen Standpunkte zu würdigen vermochte, und ihm daher zum bittersten V orwurf anrechnete. Im dänischen Heere angestellt, wohnte er der Belagerung Stockholms bei, von wo aus er die skandinavischen Bergwerke besuchte, und später durch Russland mit einem tartarischen Fürsten über Moskau nach Konstantinopel ging. Der Behauptung einiger seiner Schüler, dass er auch in Ägypten und

Feldzüge in den Niederlanden, in Dänemark,

Neapel und anderen Orten mitgemacht haben,

wobei er allenthalben nicht nur aus dem Un-

terrichte der Arzte, Laboranten und Hütten-

arbeiter, sondern auch aus dem Umgange

mit alten Weibern, Scharfrichtern, Schäfern,

Juden, Badern, Zigeunern u. dergl. »Ge-

scheiten und Einfältigen« — für seine

Kenntnis der Natur und der Menschen Be-

reicherung zu schöpfen strebte. Man sah ihn

daher auch nicht selten in Gesellschaft von

Kärrnern und Fuhrleuten auf der Landstrasse

und in Wirtshäusern, was freilich die pedan-

tische Beschränktheit und Engherzigkeit sei-

ner Gegner nicht vom kosmopolitischen

Standpunkte zu würdigen vermochte, und

ihm daher zum bittersten Vorwurf anrech-

nete. Im dänischen Heere angestellt, wohnte

er der Belagerung Stockholms bei, von wo

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aus er die skandinavischen Bergwerke be-

suchte, und später durch Russland mit einem

tartarischen Fürsten über Moskau nach Kon-

stantinopel ging. Der Behauptung einiger

seiner Schüler, dass er auch in Ägypten und

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Arabien gewesen, widerspricht er selbst.*)

Nach zehnjährigen Wanderungen kehrte er,

32 Jahre alt, nach Deutschland zurück, wo

er wegen seiner vielen glücklichen Kuren

Arabien gewesen, widerspricht er selbst.*) Nach zehnjährigen Wanderungen kehrte er, 32 Jahre alt, nach Deutschland zurück, wo er wegen seiner vielen glücklichen Kuren bald einen grossen Ruhm erlangte.

bald einen grossen Ruhm erlangte.

Wahrscheinlich nahm Paracelsus bereits

1525 sein Domizil zu Basel, und ward 1527,

wie man glaubt, auf des Oekolampadius

Empfehlung, vom Stadtrate zu Basel an der

dortigen Universität als Professor der Physik,

Medicin und Chirurgie angestellt. Seine Vor-

lesungen waren keine Kommentare zu Galen,

Hippokrates oder Aricenna, worauf sich

meistens die Professoren der Medicin in jener

Zeit beschränkten, sondern was Paracelsus

Wahrscheinlich nahm Paracelsus bereits 1525 sein Domizil zu Basel, und ward 1527, wie man glaubt, auf des Oekolampadius Empfehlung, vom Stadtrate zu Basel an der dortigen Universität als Professor der Physik, Medicin und Chirurgie angestellt. Seine V orlesungen waren keine Kommentare zu Galen, Hippokrates oder Aricenna, worauf sich meistens die Professoren der Medicin in jener Zeit beschränkten, sondern was Paracelsus lehrte, war im eigentlichsten Sinn seine eigene Wissenschaft. Zugleich verwaltete er das Amt eines Stadtarztes , als welcher er beim Magistrate den Antrag machte, die Apotheken einer Untersuchung unterwerfen zu dürfen, um sich zu überzeugen, ob die Apotheker ihre Kunst verstünden, gehörigen Vorrat an den nötigen Mitteln hätten, und ihre Ware nicht überteuerten. Dies gewissenhafte

lehrte, war im eigentlichsten Sinn seine eigene

Wissenschaft. Zugleich verwaltete er das

Amt eines Stadtarztes, als welcher er beim

Magistrate den Antrag machte, die Apotheken

einer Untersuchung unterwerfen zu dürfen,

um sich zu überzeugen, ob die Apotheker

ihre Kunst verstünden, gehörigen Vorrat

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an den nötigen Mitteln hätten, und ihre

Ware nicht überteuerten. Dies gewissenhafte

*) »De morbis tartar.« Kap. 2, pag. 285.

Lotusbltlthen LVII. 28

*)

~De

morbis tartar.«

Lotusbl12then LVII.

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Kap.

2,

page 285. 28

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Vorgehen zog ihm natürlich den Hass der

Apotheker zu, sowie auch die Arzte und

übrigen Professoren und privilegierten

Vorgehen zog ihm natürlich den Hass der Apotheker zu, sowie auch die Ärzte und übrigen Professoren und privilegierten Pfuscher ihrerseits seiner Anstellung sich widersetzten, angeblich, weil dieselbe, ohne sie in Kenntnis zu setzen, geschehen, und man nicht wisse, woher er komme, und ob er ein wirklicher »Doktor« sei Vielleicht hätte er aber alle diese Verdriesslichkeiten und Verfolgungen besiegt, wenn er sich nicht veranlasst gesehen hätte, im Juli 1528 infolge eines unglücklichen Prozesses gegen den Kanonikus Comelius von Lichtenfels, den er von einer schlimmen Krankheit kuriert hatte, und über dessen Undankbarkeit er empört war, Basel zu verlassen.

Pfuscher ihrerseits seiner Anstellung sich

widersetzten, angeblich, weil dieselbe, ohne

sie in Kenntnis zu setzen, geschehen, und

man nicht wisse, woher er komme, und ob

er ein wirklicher »Doktor« sei. Vielleicht

hätte er aber alle diese Verdriesslichkeiten

und Verfolgungen besiegt, wenn er sich nicht

veranlasst gesehen hätte, im Juli 1528 infolge

eines unglücklichen Prozesses gegen den

Kanonikus Cornelius von Lichtenfels, den er

von einer schlimmen Krankheit kuriert hatte,

und über dessen Undankbarkeit er empört

war, Basel zu verlassen.

Seitdem lebte er als Mann ebenso un-

stet wie im Jünglingsalter und brachte oft,

wie ehemals auf seinen Wanderungen, in

Dörfern und Fuhrmannsherbergen zu. Auf

diesen Wanderungen schlossert sich ihm, wie

es scheint, weniger aus Wissbegierde, als aus

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Eigennutz zahlreiche Schüler an, deren einige

als stete Begleiter um ihn waren, weil sie

ihn im Besitze eines »Universal-Heilmittels«

oder »Steins der Weisen« glaubten und ihm

Seitdem lebte er als Mann ebenso unstet wie im Jünglingsalter und brachte oft, wie ehemals auf seinen Wanderungen, in Dörfern und Fuhrmannsherbergen zu. Auf diesen Wanderungen schlossert sich ihm, wie es scheint, weniger aus Wissbegierde, als aus Eigennutz zahlreiche Schüler an, deren einige als stete Begleiter um ihn waren, weil sie ihn im Besitze eines »Universal- Heilmittels« oder »Steins der Weisen« glaubten und ihm

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seine vermeinten geheimen Künste ablernen

wollten. Der bekannteste unter ihnen ist

Joh. Oporinus, tier mehr als drei Jahre ihm als

Schreiber bei seinen litterarischen Arbeiten

seine vermeinten geheimen Künste ablernen wollten. Der bekannteste unter ihnen ist J oh. Oporinus, 'tier mehr als drei Jahre ihm als Schreiber bei seinen litterarischen Arbeiten und als Diener folgte, und später Professor der griechischen Sprache und Buchdrucker zu Basel wurde. Durch seine »Nachrichten« über Paracelsus trug er sehr zu dessen Verunglimpfung bei und urteilte über ihn, wahrscheinlich weil er sich in seiner Hoffnung, von ihm die Bereitung des'Universalheilmittels zu erfahren, getäuscht, und, da Paracelsus seine eigennützige Absicht durchschaute, von ihm aus seiner Nähe entfernt sah, mit grosser Härte und Undankbarkeit. Erst nach dem Tode des Paracelsus zeigte er eine grosse Verehrung für ihn und bereute sein früheres Betragen.

und als Diener folgte, und später Professor

der griechischen Sprache und Buchdrucker

zu Basel wurde. Durch seine »Nachrichten«

über Paracelsus trug er sehr zu dessen Ver-

unglimpfung bei und urteilte über ihn, wahr-

scheinlich weil er sich in seiner Hoffnung,

von ihm die Bereitung des Universalheilmittels

zu erfahren, getäuscht, und, da Paracelsus

seine eigennützige Absicht durchschaute, von

ihm aus seiner Nähe entfernt sah, mit grosser

Härte und Undankbarkeit. Erst nach dem

Tode des Paracelsus zeigte er eine grosse

Verehrung für ihn und bereute sein früheres

Betragen.

Über seine angeblichen Schüler und deren

Unverstand und Treulosigkeit sagt Paracelsus

selbst:

»Was ich von Ärzten geboren habe:

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aus den Hunderten von Pannonia,

sage zween wohlgeraten; aus der

Consyn (Nachbarschaft) Poloniä drei;

aus den Regionen der Saxen zween;

28*

Über seine angeblichen Schüler und deren U tlverstand und Treulosigkeit sagt Paracelsus selbst: »Was ich von Ärzten geboren habe: aus den Hunderten von Pannonia, sage zween wohlgeraten; aus der Consyn (Nachbarschaft) Poloniä drei; aus den Regionen der Saxen zween; 28*

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aus den Navonien einer, aus Bohemien

einer, aus dem Niederland einer, aus

-:-

Schwaben keiner; wiewohl in jegli-

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chem Geschlecht grosse Zahlen ge-

wesen sind. Ein jeglicher hat meine

aus den Navonien einer, aus Bohemien eine1", aus dem Niederland einer, aus Schwaben keiner; wiewohl in jeglichem Geschlecht grosse Zahlen gewesen sind. Ein jeglicher hat meine Lehre nach seinem Kopfe gesattelt: einer führt mir's in einem Missbrauch zu seinem Seckel, ein anderer zeucht's ihm in seine Hoffart, aber ein anderer glossiert's und emendiert's, und im Fürlegen für mich waren's erstunkene

Lehre nach seinem Kopfe gesattelt:

einer führt mir's in einem Missbrauch

zu seinem Seckel, ein anderer zeucht's

ihm in seine Hoffart, aber ein anderer

glossiert's und emendiert's, und im Für-

legen für mich waren's erstunkene

Lügen.«*)

Es ist schwierig, bei dem herumziehenden

Lebenswandel, den Paracelsus führte, die

verschiedenen Aufenthaltsorte genau nachdem

Zeitpunkte, wo er sie wählte, zu ermitteln.

Doch geht aus seinen Schriften hervor, dass

er sich von Basel zunächst nach dem Elsass

wandte, bei welcher Reise eben der genannte

Oporinus sein Weib verliess, um sich ihm

anzuschliessen. Im Juli 1528 befand er sich

zu Colmar. Während der Jahre 1529 bis 1530

scheint er sich vielfach umhergetrieben zu

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*) Wer die Lebensgeschichte von H. P. Blavatsky und

ihrer Schüler studiert hat, konnte ganz dasselbe Schauspiel

Lügen.~*)

sich wiederholen sehen.

Es ist schwierig, bei dem herumziehenden Lebenswandel, den Paracelsus führte, die verschiedenen Aufenthaltsorte genau nach dem Zeitpunkte, wo er sie wählte, zu ermitteln. Doch geht aus seinen Schriften hervor, dass er sich von Basel zunächst nach dem Elsass wandte, bei welcher Reise eben der genannte Oporinus sein Weib verliess, um sich ihm anzuschliessen. Im Juli 1528 befand er sich zu Colmar. Während der Jahre 1529 bis 1530 scheint er sich vielfach umhergetrieben zu *) Wer die Lebensgeschichte von H. P. Blavatsky und ihrer Schüler studiert hat, konnte ganz dasselbe Schauspiel sich wiederholen seh.en.

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haben. In Nürnberg verschrieen ihn die

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neidischen Arzte als einen Prahler und Char-

latan. Um diese Nachrichten zu widerlegen,

haben. In Nürnberg verschrieen ihn die neidischen Ärzte als einen Prahler und Charlatan. Um diese Nachrichten zu widerlegen, bat er den Stadtmagistrat, ihm einige unheilbare Kranke zu übergeben. Er erhielt darauf einige an Elephant~asis Leidende, die er auch glücklich herstellte. Die Zeugnisse hierüber sollen in den Archiven der Stadt Nürnberg sich vorfinden. Natürlich musste unter solchen Umständen Theophrastus oft mit Armut kämpfen, und da er in schlechten Kleidern erschien, so empfahl er sich dadurch ebensowenig den verwöhnten Kranken, wie den Ärzten. Doch trug er dies alles mit Ergebenheit und leistete ruhig auf die Eitelkeiten des Lebens Verzieht.

bat er den Stadtmagistrat, ihm einige unheil-

bare Kranke zu übergeben. Er erhielt darauf

einige an Elephantiasis Leidende, die er auch

glücklich herstellte. Die Zeugnisse hierüber

sollen in den Archiven der Stadt Nürnberg

sich vorfinden. Natürlich musste unter sol-

chen Umständen Theophrastus oft mit Armut

kämpfen, und da er in schlechten Kleidern

erschien, so empfahl er sich dadurch eben-

sowenig den verwöhnten Kranken, wie den

Ärzten. Doch trug er dies alles mit Ergeben-

heit und leistete ruhig auf die Eitelkeiten des

Lebens Verzicht.

Wir finden ihn daher in jener Zeit stets

auf der Wanderung begriffen, z. B. zu Nörd-

lingen, München, Beritzhausen, Regensburg,

Amberg, Innsbruck und Meran. Aber er

fand nicht lange Ruhe an einem Orte, und

begab sich deshalb zu Anfang des Jahres 1531

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nach der Schweiz zurück. Daselbst lebte er

teils zu St. Gallen, teils während der drei

folgenden Jahre in Zürich und dessen Um-

gebung. Im August 1535 besuchte er den

Wir finden ihn daher in jener Zeit stets auf der Wanderung begriffen, z. B. zu Nördlingen, München, Beritzhausen, Regensburg, Amberg, Innsbruck und Meran. Aber er fand nieht lange Ruhe an einem Orte, und begab sich deshalb zu Anfang des Jabtes 1531 nach der Schweiz zurück. Daselbst lebte er teils zu St. Gallen, teils während der drei folgenden Jahre in Zürich und dessen Umgebung. Im August 1535 besuchte er den

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damals schon sehr berühmten Badeort Pfeffers.

Im Jahre 1536 begegnen wir ihm in Münche-

damals schon sehr berühmten Badeort Pfeffers. Im Jahre 1536 begegnen wir ihm in Müncherode, und bald darauf in Augsburg; dann in Krumau in ~Iähren, dann in Wien, worauf er durch Ungarn nach Kämthen ging. Anfangs hielt er sich zu Villach auf, dann war St. Veit sein Wohnort. Dort besuchte ihn der polnische Leibarzt Basa auf seiner Rückreise von Italien, und war Augenzeuge einer von ihm schnell vollbrachten Heilung eines schwer Kranken, dem Basa selbst schon das Leben abgesprochen hatte.

rode, und bald darauf in Augsburg; dann in

Krumau in Mähren, dann in Wien, worauf

er durch Ungarn nach Kärnthen ging. An-

fangs hielt er sich zu Villach auf, dann war

St. Veit sein Wohnort. Dort besuchte ihn

der polnische Leibarzt Basa auf seiner Rück-

reise von Italien, und war Augenzeuge einer

von ihm schnell vollbrachten Heilung eines

schwer Kranken, dem Basa selbst schon

das Leben abgesprochen hatte.

1540 ging Paracelsus nach Mindelheim

und kam 1541 nach Salzburg, wohin ihn

wahrscheinlich der wissenschaftlich gebildete

Fürst Ernst, Pfalzgraf zu Rhein und Herzog

in Bayern, der 1540 als Erzbischof zur Re-

gierung Salzburgs gelangte und ein Verehrer

der Astrologie und Naturwissenschaften war,

berufen- hatte. Er genoss hier endlich die

Früchte seiner vieljährigen Arbeiten und

Mühseligkeiten und seines ausgebreiteten

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Ruhmes. Doch nicht lange war ihm die

hier zugedachte Ruhe vergönnt, denn schon

am 24. September 1541 starb er nach kurzem

Krankenlager erst 48 Jahre alt, drei Tage

1540 ging Paracelsus nach rvIindelheim und kam 1541 nach Salzburg , wohin ihn

wahrscheinlich der wissenschaftlich gebildete Fürst Ernst, Pfalzgraf zu Rhein und Herzog in Bayern, der 1540 als Erzbischof zur Regierung Salzburgs gelangte und ein Verehrer der Astrologie und Naturwissenschaften war, berufen" hatte. Er genoss hier endlich die Früchte seiner vieljährigen Arbeiten und Mühseligkeiten und seines ausgebreiteten Ruhmes. Doch nicht lange war ihm die hier zugedachte Ruhe vergönnt, denn schon am 24. September 1541 starb er nach kurzem Krankenlager erst 4 g Jahre alt, drei Tage

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nachdem er sein Testament gemacht hatte,

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in einem kleinen Stübchen des am Quai ge-

legenen Wirtshauses, zum »weissen Ross«

nachdem er sein Testament gemacht hatte, in einem kleinen Stübchen des am Quai gelegenen Wirtshauses, zum »weissen Ross« genannt, und wurde auf dem Kirchhofe zu St. Sebastian begraben.

genannt, und wurde auf dem Kirchhofe zu

St. Sebastian begraben.

Über die Art seines Todes ist man noch

immer in Ungewissheit; jedoch bestätigen

die neusten Nachforschungen, was schon von

den Zeitgenossen behauptet wurde, dass näm-

lich Paracelsus von der Dienerschaft mehre-

rer ihm feindlich gesinnter Ärzte bei einem

Gastgebot meuchelmörderisch überfallen und

durch einen nach wenigen Tagen tödlich

gewordenen Schlag oder Sturz von einer

Über die Art seines Todes ist man noch immer in Ungewissheit; jedoch bestätigen die neusten Nachforschungen, was schon von den Zeitgenossen behauptet wurde, dass nämlich Paracelsus von der Dienerschaft mehrerer ihm feindlich gesinnter Ärzte bei einem Gastgebot meuchelmörderisch überfallen und durch einen nach wenigen Tagen tödlich gewordenen Schlag. oder Sturz von einer Anhöhe seines Lebens beraubt worden sei, weshalb man ihn, fast dem Verscheiden nahe, in aller Eile in die genannte Herberge bringen musste. Es verliert dadurch die Meinung anderer, dass er an Gift gestorben sei, um so mehr an Wahrscheinlichkeit, als S. Th. von Sömmering bereits im Jahre 18 I 2, bei einer genauen Untersuchung des durch seine eigentümliche Bildungsform schon an und für sich merkwürdigen Schädels des Paracelsus einen Sprung wahrgenommen hat, der durch den ganzen Schuppenteil des linken Schläfen-

Anhöhe seines Lebens beraubt worden sei,

weshalb man ihn, fast dem Verscheiden nahe,

in aller Eile in die genannte Herberge bringen

musste. Es verliert dadurch die Meinung

anderer, dass er an Gift gestorben sei, um so

mehr an Wahrscheinlichkeit, als S. Th. von

Sömmering bereits im Jahre 1812, bei einer

genauen Untersuchung des durch seine eigen-

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tümliche Bildungsform schon an und für sich

merkwürdigen Schädels des Paracelsus einen

Sprung wahrgenommen hat, der durch den

ganzen Schuppenteil des linken Schläfen-

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beins bis an den Schadelgrund dringt und,

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durch das häufige Hin- und Herwerfen ver-

grössert, jetzt für jedermann sichtbar ist

beins bis an den Schädelgrund dringt und,

.

durch das häufige Hin- und Herwerfen vergrössert, jetzt für jedermann sichtbar ist. Sömmering hält diesen Spalt fiir eine nur am lebendigen Kopfe mögliche Verletzung, indem auf diese Weise wohl nicht die Knochen eines dürren, trockenen, toten Schädels auseinanderweichen können.

Sömmering hält diesen Spalt für eine nur

am lebendigen Kopfe mögliche Verletzung,

indem auf diese Weise wohl nicht die Knochen

eines dürren, trockenen, toten Schädels aus-

einanderweichen können.

Paracelsus vermachte mit Ausnahme eini-

ger Legate an Verwandte und Freunde, sein

ganzes, freilich sehr unbedeutendes Vermögen

den Armen. Die »Bibliothek«, welche er

hinterliess, bestand aus nichts weiter, als aus

einer Bibel mit Konkordanz, dem neuen Tes-

tamente, den Kommentarien des Hieronymus

über die Evangelien, und einem Arzneibuche.

Seine Gebeine wurden bei einer späteren

Ausbesserung der Kirche im Jahre 1572 wieder

ausgegraben, und an der Hinterwand des

Paracelsus vermachte mit Ausnahme einiger Legate an Verwandte und Freunde, sein ganzes, freilich sehr unbedeutendes Vermögen den Armen. Die»Bibliothek«, welche er hinterliess, bestand aus nichts weiter, als aus einer Bibel mit Konkordanz, dem neuen T estamente, den Kommentarien des Hieronymus über die Evangelien, und einem Arzneibuche. Seine Gebeine wurden bei einer späteren Ausbesserung der Kirche im Jahre 1572 wieder ausgegraben, und an der Hinterwand des V orplatzes der an die 5t. 5ebastianskirche gebauten Kapelle des heiligen Philippus Nerius beigesetzt, wo noch jetzt sein ehrenvolles Denkmal steht. In der Mitte einer abgestumpften Pyramide von weissem Marmor befindet sich in einer Vertiefung ein Bildnis, welches damals für das Porträt von Paracelsus

Vorplatzes der an die St. Sebastianskirche ge-

bauten Kapelle des heiligen Philippus Nerius

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beigesetzt, wo noch jetzt sein ehrenvolles

Denkmal steht. In der Mitte einer abge-

stumpften Pyramide von weissem Marmor

befindet sich in einer Vertiefung ein Bildnis,

welches damals für das Porträt von Paracelsus

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gehalten, später aber als dasjenige seines

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-

Vaters erkannt wurde. Dasselbe bildet den

Verschluss zu einem Tabernakel, in welchem

gehalten, später aber als dasjenige seine~ Vaters erkannt wurde. Dasselbe bildet den Verschluss zu einem Tabernakel, in welchem der Schädel von Paracelsus aufbewahrt wird. Über demselben stehen die folgenden Worte:

der Schädel von Paracelsus aufbewahrt wird.

Über demselben stehen die folgenden Worte:

PHILIPPI THEOPHBASTI PABACELSI

QUI TANTAM OEBIS FAMAM EX AUEO CHYMICO

ADEPTUS EST EFFIGIES ET OSSA DONEC KURSUS

CTECUMDABITUE PELLE SUA.

JOHN. C. 19.

Unter dem Porträt liest man:

SUB REPARATIONE ECCLESIAE MDCCLXXII EX

SEPULCHEALI TABE EEUTA HEIC LOCATA SUNT.

PHILIPPI THEOPHRASTI PARACELSI QUI TANTAM ORBIB FAMAM EX AURO CHYMICO ADEPTUS EST EFFIGIES ET OBSA DONEC RUBBUS CIRCUMDABITUR PELLE SUA.

Das Piedestal aber trägt folgende Inschrift:

CONDITÜE HIC PHILIPPUS THEOPHEASTUS

INSIGNIS MEDIC1NAE DOCTOE QUI DIEA ILLA VUL-

NEEA LEPEAM PODAGEAM HYDEOPSIN ALIAQUE

INSANABHJA COEPOEIS CONTAGIA MIEIPICA AETE

SUSTULIT ET BONA SUA IN PAUPEEES DISTEI-

JOHN. C.19.

BUENDA LOCANDAQUE HONOEAVIT.

ANNO MDXXXXI DIE XXIV SEPTEMBEIS VITAM

CUM MOETE MUTAVIT.

Unter dem Porträt liest man:

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Unter dieser Aufschrift steht ein altes

Wappenschild mit einem Querbalken von

BUB REPARATIONE ECCLESIAE MDCCLXXII EX SEPULCHRALI TABE ERUTA BEIC LOCATA SUNT.

Silber, worauf drei schwarze Kugeln gereiht

sind, und darunter ist zu lesen:

PAX VIVIS EEQUIES AETEENA SEPULTIS.

Das Piedestal aber trägt folgende Inschrift: CONDlTUR HIC PHILIPPUS THEOPHRASTUS INSIGNIS MEDICINAE DoarOR QUI DIRA ILLA VULNERA LEPRAM PODAGRAM HYDROPSIN ALIAQUE INSANABILIA CORPORIS CONTAGIA MIRIFICA ARTE SUSTUIJT ET BONA BUA IN PAUPERES DISTRIBUENDA LOCANDAQUE HONORAVIT. ANNO MDXXXXI DIE XXIV SEPTEMBRIS VITAM CUM MORTE MUTAVIT.

Unter dieser Aufschrift steht ein altes Wappenschild mit einem Querbalken von Silber, worauf drei schwarze Kugeln gereiht sind, und darunter ist zu lesen: PAX vms REQUIES AETERNA SEPULTIS.

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-

Die beiden letzten Inschriften sind offen-

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-

bar die ursprünglich auf dem älteren Denk-

Die beiden letzten Inschriften sind offen~ bar die ursprünglich auf dem älteren Denkmal befindlich gewesenen, die um das Bildnis aber erst 1572 hinzugefügt worden.

mal befindlich gewesenen, die um das Bildnis

aber erst 1572 hinzugefügt worden.

So wurden die irdischen Überreste des

Hauses, welches der Geist von Paracelsus

bewohnte, versorgt; das, was von ihm der

Erde entsprungen war, kehrte wieder zur

Erde zurück; das, was in ihm göttlich war,

ruht in Gott, den es niemals verlassen hat;

aber eine alte Überlieferung behauptet, und

gewisse Personen, von denen man annehmen

So wurden die irdischen Überreste des Hauses, welches der Geist von Paracelsus bewohnte, versorgt; das, was von ihm der Erde entsprungen war, kehrte wieder zur Erde zurück; das, was in ihm göttlich war, ruht in Gott, den es niemals verlassen hat; aber eine alte Überlieferung behauptet, und gewisse Personen, von denen man annehmen darf, dass sie es wissen, bestätigen es, dass Paracelsus nicht schlafe, sondern dass er, der schon während seines Lebens gewohnt war, sich über das Irdische zu erheben, nachdem er seinen irdischen Körper verlassen habe, sich in der Gemeinschaft von anderen grossen Geistern (Mahatmas) befände, und dass er auch heute noch, wenn auch körperlich unsichtbar, thätig sei, für die Menschheit zu wirken und ihr Licht und Aufklärung zu verschaffen.

darf, dass sie es wissen, bestätigen es, dass

Paracelsus nicht schlafe, sondern dass er, der

schon während seines Lebens gewohnt war,

sich über das Irdische zu erheben, nachdem

er seinen irdischen Körper verlassen habe,

sich in der Gemeinschaft von anderen grossen

Geistern (Mahatmas) befände, und dass er

auch heute noch, wenn auch körperlich un-

sichtbar, thätig sei, für die Menschheit zu

wirken und ihr Licht und Aufklärung zu

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verschaffen.

(Fortsetzung folgt.)

(F ortsetzung folgt.)

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2S_

Die

Erkenntnislehre der Bhagavad Gita.

Im Lichte der Geheimlehre betrachtet.

(Fortsetzung.)

Es ist zwecklos, den nach Beweisen

schreienden Unverständigen Beweise von der

Wiederverkörperung der menschlichen Seele

liefern zu wollen, so lange sie weder be-

greifen, was die »Seele« ist, noch was es ist,

das sich wiederverkörpert. Es handelt sich

in erster Linie nicht um Beweise für eine

Lehre, sondern um deren Verständnis. Wird

die Wirkung eines Gesetzes begriffen, so ver-

Die

steht sie sich auch von selbst. Die Erkennt-

nis der Wahrheit ist ihr eigener Beweis.

Erkenntnislehre der Bhagßvad Gitß.

Die »Seele« des Menschen ist das Leben

des Menschen. Der sterbliche Teil seiner

Im Lichte der Geheimlehre betrachtet. Generated for John Patrick Deveney (University of Chicago) on 2014-11-22 18:08 GMT / http://hdl.handle.net/2027/hvd.hnue9i Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www.hathitrust.org/access_use#pd-us-google

(Fortsetzung.)

Es ist zwecklos, den flach Beweisen schreienden Unverständigen Beweise von der Wiederverkörperung der menschlichen Seele liefern zu wollen, so lange sie weder begreifen, was die »Seele« ist, noch was es ist, das sich wiederverkörpert. Es handelt sich. in erster Linie nicht um Beweise für eine Lehre, sondern um deren Verständnis. Wird die Wirkung eines Gesetzes begriffen, so versteht sie sich auch von selbst. Die Erkenntnis der Wahrheit ist ihr eigener Beweis. Die »Seele« des Menschen ist das Leben des Menschen. Der sterbliche Teil seiner

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Seele bildet sein tierisches Leben, ihr un-

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sterblicher Teil sein geistiges Leben, welches

ein Ausfluss der Gottheit ist. So lange in

Seele bildet sein tierisches Leben, ihr unsterblicher Teil sein geistiges Leben, welches ein Ausfluss der Gottheit ist. So lange in seiner Seele die Begierde nach Selbstheit vorhanden ist, wird sie auch wieder zum irdischen Dasein angezogen und nimmt dabei das, was ihr zugehört, wieder auf. Wir wissen, dass am Ende jedes Ding wieder zu seinem Ursprunge zurückkehrt. Die Erde zur Erde, die der Astralebene entsprungenen Leidenschaften zum Reich der Begierden, die Gedanken, welche sich nicht über das Irdische erheben konnten, zur Gedankenwelt, das Himmlische zum Himmel (Devachan), das Göttliche zu Gott. Wenn die Seele (der Mensch) wieder aus dem oberen Reiche in das Materielle heruntersteigt, so sammelt sich um ihn auch wieder das, was zu seiner Natur gehört. Die Kräfte, welche er sich in früheren Leben erworben hat, bilden nun seine Talente fürs neue Leben; ja selbst dieselben Leidenschaften, für die er sich besonders empfänglich gemacht hat, finden wieder einen fruchtbaren Boden in ihm; nur das, was seinem irdischen Körper angehörte, kehrt nicht mehr zu ihm zurück, da es in andere Formen übergegangen ist, wie es ja auch währen«;l seines

seiner Seele die Begierde nach Selbstheit

vorhanden ist, wird sie auch wieder zum ir-

dischen Dasein angezogen und nimmt dabei

das, was ihr zugehört, wieder auf. Wir wissen,

dass am Ende jedes Ding wieder zu seinem

Ursprunge zurückkehrt. Die Erde zur Erde,

die der Astralebene entsprungenen Leiden-

schaften zum Reich der Begierden, die Ge-

danken, welche sich nicht über das Irdische

erheben konnten, zur Gedankenwelt, das

Himmlische zum Himmel (Devachan), das

Göttliche zu Gott. Wenn die Seele (der

Mensch) wieder aus dem oberen Reiche in

das Materielle heruntersteigt, so sammelt sich

um ihn auch wieder das, was zu seiner Natur

gehört. Die Kräfte, welche er sich in früheren

Leben erworben hat, bilden nun seine Talente

fürs neue Leben; ja selbst dieselben Leiden-

schaften, für die er sich besonders empfäng-

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lich gemacht hat, finden wieder einen frucht-

baren Boden in ihm; nur das, was seinem

irdischen Körper angehörte, kehrt nicht mehr

zu ihm zurück, da es in andere Formen über-

gegangen ist, wie es ja auch während seines

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Daseins beständig durch den Stoffwechsel in

andere übergeht.

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Die Bedingungen aber, unter denen ein

Daseins beständig durch den Stoffwechsel in andere übergeht.

Mensch wieder in einer neuen Rolle auf der

Bühne des Daseins auf Erden erscheint, wer-

den durch sein Karma bestimmt. »Karma«

heisst »Handlung«. Durch seine Handlungen

macht sich der Mensch gewisse Eigenschaften,

Tugenden sowohl als Laster, zu eigen; er

Die Bedingungen aber, unter denen ein Mensch wieder in einer neuen Rolle auf der Bühne des Daseins auf Erden erscheint, werden durch sein Karm a bestimmt. »Karma« heisst }')Handlung«. Durch seine Handlungen macht sich der Mensch gewisse Eigenschaften, Tugenden sowohl als Laster, zu eigen; er verwirklicht sie durch seine Handlungen in sich selbst. Sie bilden somit einen Teil seines Wesens, und da immer Gleiches von Gleichem angezogen wird und sich zusammenfindet, so wird der Mensch auch zu solchen Eltern angezogen werden, wo er seiner Natur gemäss hingehört. So kann ein grosser, aber geistloser und starrköpfiger Gelehrter das nächste Mal als ein Idiot, ein reicher Geizhals in einer Bettlerfamilie, ein edelmütiger Bettler als ein Edelmann geboren werden u. s. w. >Ist.in einem Menschen zur Zeit seines Todes die Liebe zur Wahrheit vorherrschend, so geht er ein in die Regionen der Guten, die nach dem Höchsten strebten. Stirbt sein Körper, wenn die leidenschaftliche Natur in ihm vorherrschend ist, 50 wird er wieder unter selbst-

verwirklicht sie durch seine Handlungen in

sich selbst. Sie bilden somit einen Teil seines

Wesens, und da immer Gleiches von Glei-

chem angezogen wird und sich zusammen-

findet, so wird der Mensch auch zu solchen

Eltern angezogen werden, wo er seiner Natur

gemäss hingehört. So kann ein grosser, aber

geistloser und starrköpfiger Gelehrter das

nächste Mal als ein Idiot, ein reicher Geizhals

in einer Bettlerfamilie, ein edelmütiger Bettler

als ein Edelmann geboren werden u. s. w.

»Ist in einem Menschen zur Zeit seines Todes

die Liebe zur Wahrheit vorherrschend, so geht

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er ein in die Regionen der Guten, die nach

dem Höchsten strebten. Stirbt sein Körper,

wenn die leidenschaftliche Natur in ihm vor-

herrschend ist, so wird er wieder unter selbst-

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süchtigen Leuten geboren. Regiert aber die

Nichterkenntnis in seiner Natur, so wird er

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wieder unter den Thoren geboren.«*) Ja es

süchtigen Leuten geboren. Regiert aber die Nichterkenntnis in seiner Natur, so wird er wieder unter den Thoren geboren.« *) Ja es ist sogar denkbar, dass ein Mensch nach und nach so vertieren kann, dass, wenn er stirbt, nichts Göttliches in ihm mehr vorhanden ist, und nur seine tierischen Elemente wieder im Tierreich erscheinen. Wenigstens deutet ein Vers in der Bhagavad Gita auf diese ~fög­ lichkeit hin: »Die Hochmütigen, Lästerer und Gottlosen verstosse Ich in den Schoss der Asuras. Wenn sie in einem AsuraMutterleib angelangt sind, so gehen sie als Thoren von Geburt zu Geburt. Sie verlangen mich nicht, 0 Kantedscha! Sie wandeln den tiefsten Weg.«**)

ist sogar denkbar, dass ein Mensch nach und

nach so vertieren kann, dass, wenn er stirbt,

nichts Göttliches in ihm mehr vorhanden ist,

und nur seine tierischen Elemente wieder im

Tierreich erscheinen. Wenigstens deutet ein

Vers in der Bhagavad Gita auf diese Mög-

lichkeit hin: »Die Hochmütigen, Lästerer

und Gottlosen verstosse Ich in den Schoss

der Asuras. Wenn sie in einem Asura-

Mutterleib angelangt sind, so gehen sie als

Thoren von Geburt zu Geburt. Sie verlangen

mich nicht, o Kantedscha! Sie wandeln den

tiefsten Weg.«**)

»Wenn beim Verlassen des Körpers das

ganze Denken und Wollen eines Menschen

auf ein anderes Wesen gerichtet ist, so geht

er in dessen Wesen ein, was es auch sei;

denn seine Natur wird gleich der Natur dieses

Wesens. Deshalb richte dein Gemüt gänzlich

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auf Mich, so wirst du zweifellos zu Mir kom-

*) Bhagavad Gita XIV, 14 u. 15.

**) Kap. XVn, 19 u. 20.

»Wenn beim V erlassen des Körpers das ganze Denken und Wollen eines Menschen auf ein anderes Wesen gerichtet ist, so geht er in dessen Wesen ein, was es auch sei; denn seine Natur wird gleich der Natur dieses Wesens. Deshalb richte dein Gemüt gänzlich auf Mich, so wirst du zweifellos zu Mir kom*) Bhagavad Gita XIV, 14 u. 15. **) Kap. XVII, 19 u.

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men.«*) »Wer sich den Göttern weiht, geht

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zu den Göttern. Wer sich den Manen (Pitris)

weiht, geht zu diesen. Wer sich den Ge-

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spenstern (Bhuts) opfert, geht zu den Ge-

men.«*) »Wer sich den Göttern weiht, geht zu den Göttern. Wer sich den Manen (Pitris) weiht, geht zu diesen. Wer sich den Gespenstern (Bhuts) opfert, geht zu den Gespenstern; wer mich allein liebt, geht zu Mir.«**) Aber auch der beste Mensch muss, so lange in ihm noch der Eigenwille und Selbstwahn vorhanden ist, wieder zur Erde zurück. »Nachdem er im Himmel der Gerechten angelangt ist und dort ungezählte Jahre gewohnt hat, wird er im Hause eines guten und edeln Menschen wiedergeboren, und strebt nun weiter auf dem Wege zur Vollkommenheit. «***.)

spenstern; wer mich allein liebt, geht zu

Mir.«**) Aber auch der beste Mensch muss,

so lange in ihm noch der Eigenwille und

Selbstwahn vorhanden ist, wieder zur Erde

zurück. »Nachdem er im Himmel der Ge-

rechten angelangt ist und dort ungezählte

Jahre gewohnt hat, wird er im Hause eines

guten und edeln Menschen wiedergeboren,

und strebt nun weiter auf dem Wege zur

Vollkommenheit.«***)

Wie wir sehen, ist der einzige Weg zur

Freiheit das Freiwerden vom »Selbst«, die

durch Erhabenheit über das Selbst erlangte

Selbstlosigkeit, verwirklicht durch die That.

Eine That, die aber aus unserem eigenen

persönlichen Wollen hervorgeht, kann nicht

selbstlos sein. Nur das, was wir als Werk-

zeuge der in uns zur Erkenntnis gelangten

Kraft des Guten, oder (um uns in christlicher

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*) Kap. vin, 6.

**) Kap. IX, 25.

***) Kap. VI, 41.

Wie wir sehen, ist der einzige Weg zur Freiheit das Freiwerden vom »Selbst«,. die durch Erhabenheit über das Selbst erlangte Selbstlosigkeit, verwirklicht durch die That. Eine That, die aber aus unserem eigenen persönlichen Wollen hervorgeht, kann nicht selbstlos sein. Nur das, was wir als Werkzeuge der in uns zur Erkenntnis gelangten Kraft des Guten, oder (um uns in christlicher *) Kap. VID, 6. **) Kap. I}(, 25. ***) Kap. VI, 41.

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Sprechweise auszudrücken) »im Namen Gottes«

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thun, das ist selbstlos und gut. Um diesen

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-

Punkt dreht sich ein grosser Teil der Lehre

der Bhagavad Gita, und er ist einer der

Sprechweise auszudrücken) »im Namen Gottes« thun, das ist selbstlos und gut. Um diesen Punkt dreht sich ein grosser Teil der Lehre der Bhagavad Gita, und er ist einer der schwierigsten; denn so lange der Mensch Gott nicht kennt, kann er auch nicht zwischen dem, was Gott in ihm will und dem, was er selbst will und denkt, unterscheiden. In einem Menschen, in welchem das Gottesbewusstsein noch nicht erwacht ist, weiss, will und denkt Gott nichts; in ihm will und wirkt nur die Natur. Der nichterkennende Mensch ist seiner Natur unterthan; er wird von dem, was die Natur in ihm denkt und begehrt, geleitet. Im erkennenden Menschen ist Gott (das höhere Selbst) Herr über seine Natur. Die Mystiker, Rosenkreuzer und Illuminaten des Mittelalters erkannten dies, und ihr Wahrspruch, der noch heute über den Bildern des Gekreuzigten durch die Buchstaben J. N. R. J. angedeutet ist, lautete: In N obis Regnat J e s u s, d. h. in uns ist der Herrscher J esus, der Gottmensch, das höhere Selbit.

schwierigsten; denn so lange der Mensch Gott

nicht kennt, kann er auch nicht zwischen dem,

was Gott in ihm will und dem, was er selbst will

und denkt, unterscheiden. In einem Menschen,

in welchem das Gottesbewusstsein noch nicht

erwacht ist, weiss, will und denkt Gott nichts;

in ihm will und wirkt nur die Natur. Der

nichterkennende Mensch ist seiner Natur

unterthan; er wird von dem, was die Natur

in ihm denkt und begehrt, geleitet. Im er-

kennenden Menschen ist Gott (das höhere

Selbst) Herr über seine Natur. Die Mystiker,

Rosenkreuzer und Illuminaten des Mittel-

alters erkannten dies, und ihr Wahrspruch,

der noch heute über den Bildern des Ge-

kreuzigten durch die Buchstaben J. N. R. J.

angedeutet ist, lautete: In Nobis Regnat

Jesus, d. h. in uns ist der Herrscher Jesus,

der Gottmensch, das höhere Selbst.

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Wenn es heisst, dass der Mensch nichts

aus eigenem Willen thun und sich ganz in

Gott ergeben soll, so ist damit nicht gemeint,

Wenn es heisst, dass der Mensch nichts aus eigenem Willen thun und sich ganz in Gott ergeben soll, so ist damit nicht gemeint,

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— 433 ~

dass er die Hände in den Schoss legen und

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warten solle bis ein Gott, den er nicht kennt,

die Arbeit für ihn besorge, sondern es heisst

dass er die Hände in den Schoss legen und warten splle bis ein Gott, den er nicht kennt, die Arbeit für ihn besorge, sondern es heisst vielmehr: Thue das Gute um des Guten will,en, weil es das Gute ist und kümmere dich nicht um das, was es dir bringt. »Lass nur das Werk selbst deine Sorge sein und kümmere dich nicht um den Vorteil oder Nachteil, den es dir bringen kann. Hänge aber nicht dem Müssiggange nach.« - »Alles was du aus eigener Machtvollkommenheit thun kannst, ist viel weniger wert, als die Ergebung in den göttlichen Geist. Bedauernswert sind diejenigen, welche in der Erwartung von Belohnung (in geistigen Dingen) handeln.« *) »Wer nichts beginnt, kann nicht in den Zustand der ewigen Ruhe. kommen. Er kann nicht durch Nichtsthun V ollkommenheit erreichen. Wer aber seine Sinne Gott durch die feurige Liebe zum Höchsten unterworfen hat, der handelt nicht selbst. Wisse, dass alles Thun in Brahma seinen Ursprung hat. Deshalb ist Brahma~ der Allesdurchdringende, stets in deinem Thun gegenwärtig.«**)

vielmehr: Thue das Gute um des Guten willen,

weil es das Gute ist und kümmere dich nicht

um das, was es dir bringt. »Lass nur das

Werk selbst deine Sorge sein und kümmere

dich nicht um den Vorteil oder Nachteil, den

es dir bringen kann. Hänge aber nicht dem

Müssiggange nach.« — »Alles was du aus

eigener Machtvollkommenheit thun kannst,

ist viel weniger wert, als die Ergebung in

den göttlichen Geist. Bedauernswert sind die-

jenigen, welche in der Erwartung von Be-

lohnung (in geistigen Dingen) handeln.«*)

»Wer nichts beginnt, kann nicht in den Zu-

stand der ewigen Ruhe kommen. Er kann

nicht durch Nichtsthun Vollkommenheit er-

reichen. Wer aber seine Sinne Gott durch

die feurige Liebe zum Höchsten unterworfen

hat, der handelt nicht selbst. Wisse, dass

alles Thun in Brahma seinen Ursprung hat.

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Deshalb ist Brahma, der Allesdurchdringende,

stets in deinem Thun gegenwärtig.«**)

*) Bhagavad Gita II, 47 u. 49.

**) Ibid. III, 7 u. 15.

Lotusblüthen LVII.

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*) Bhagavad Gita II, 47 u. 49. **) Ibid. III, 7 u. Lotusblüthen LVII.

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Diese Lehre ist auch unter den Christen

ganz verkehrt aufgefasst worden, und hat zu

den Verkehrtheiten der »Quietisten«, welche

Diese Lehre ist auch unter den Christen ganz verkehrt aufgefasst worden, und hat zu den Verkehrtheiten der ~Quietisten«, welche Michael de Molinos als ihren Lehrer verehren, ihn aber nicht verstehen, Anlass gegeben. Molinos sagt: »Du sollst wissen, dass deine Seele der Mittelpunkt, die Wohnung und das Reich Gottes ist, und dass, damit der höchste Herr auf dem Throne deiner Seele ruhen kann, du denselben rein, ruhig, frei und friedevoll halten sollst. Frei von Furcht, frei von persönlichen Neigungen, Begierden und Gedanken, friedvoll in Versuchungen und Trübsalen.« *) Erst wenn der eigene Wille sich vor dem Willen Gottes beugt, dann kann der göttliche Wille im Menschen sich offenbaren. - Im Gebete der Christen heisst es: »Herr! dein Wille geschehe!« Wer aber von Gott nichts weiss und seine Gegenwart nicht empfindet, für den ist der »Herr« ein Nichts und der »Wille des Herrn« ohne Kraft. In ihm verhindert die Thorheit, die Selbstsucht, oder der Eigenwille das Geschehen des Willens des Herrn.

Michael de Molinos als ihren Lehrer verehren,

ihn aber nicht verstehen, Anlass gegeben.

Molinos sagt: »Du sollst wissen, dass deine

Seele der Mittelpunkt, die Wohnung und das

Reich Gottes ist, und dass, damit der höchste

Herr auf dem Throne deiner Seele ruhen

kann, du denselben rein, ruhig, frei und friede-

voll halten sollst. Frei von Furcht, frei von

persönlichen Neigungen, Begierden und Ge-

danken, friedvoll in Versuchungen und Trüb-

salen.« *) Erst wenn der eigene Wille sich

vor dem Willen Gottes beugt, dann kann der

göttliche Wille im Menschen sich offenbaren.

Im Gebete der Christen heisst es: »Herr! dein

Wille geschehe!« Wer aber von Gott nichts

weiss und seine Gegenwart nicht empfindet,

für den ist der »Herr« ein Nichts und der

»Wille des Herrn« ohne Kraft. In ihm ver-

hindert die Thorheit, die Selbstsucht, oder der

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Eigenwille das Geschehen des Willens des

Herrn.

Wie jedes Ding in der Welt, so ent-

*) »Der geistige Führer.« Kap. I.

Wie jedes Ding in der Welt, so ent*) »Der geistige Führer.« Kap. I.

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springen auch die Werke des Menschen aus

einer der drei Grundeigenschaften (Gunas) in

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der Natur, nämlich entweder aus Sattwa

springen auch die Werke des Menschen aus einer der drei Grundeigenschaften (Gunas) in der Natur, nämlich entweder aus Sattwa Guna, d. h. aus der Erkenntnis des Wahrseins, aus Radschas Guna, d. h. der Begierde oder Leidenschaft, oder aus Tamas Guna, d. h. dem Dunkel, der Dummheit oder Nichterkenntnis. Der Gescheite handelt gut, weil er sein Thun als gut und richtig erkennt; der Begehrende handelt aus Begierde, um für sich oder andere einen Vorteil zu schaffen; der Dumme handelt oder unterlässt das Handeln aus Dummheit; aber der Weise (Yogi), welcher mit seinem höheren Selbst, mit Gott, vereinigt ist, hat seine »Selbstheit« aufgegeben. Er handelt gar nicht mehr selbst; er ist nur das Werkzeug des Gottesbewusstseins und göttlichen Willens in ihm. »Er lebt, und doch lebt nicht er, sondern Gott lebt in ihm,«*) und dies ist auch der Sinn der Bibel, wo es heisst: »Gott (das selbstlose Selbst) ist es, der in uns wirket das Wollen und Vollbringen nach seinem Wohlgefallen.« **) Wer Gott nicht erkennt, der

Guna, d. h. aus der Erkenntnis des "Wahr-

seins, aus Radschas Guna, d. h. der Begierde

oder Leidenschaft, oder aus Tamas Guna, d. h.

dem Dunkel, der Dummheit oder Nichter-

kenntnis. Der Gescheite handelt gut, weil

er sein Thun als gut und richtig erkennt;

der Begehrende handelt aus Begierde, um

für sich oder andere einen Vorteil zu schaffen;

der Dumme handelt oder unterlässt das

Handeln aus Dummheit; aber der Weise

(Yogi), welcher mit seinem höheren Selbst,

mit Gott, vereinigt ist, hat seine »Selbstheit«

aufgegeben. Er handelt gar nicht mehr selbst;

er ist nur das Werkzeug des Gottesbewusst-

seins und göttlichen Willens in ihm. »Er

lebt, und doch lebt nicht er, sondern Gott

lebt in ihm,«*) und dies ist auch der Sinn

der Bibel, wo es heisst: »Gott (das selbst-

lose Selbst) ist es, der in uns wirket das

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Wollen und Vollbringen nach seinem Wohl-

gefallen.« **) Wer Gott nicht erkennt, der

*) II. Korinther IV, n.

**) Phil. II, 13.

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*) 11. Korinther IV,

I I.

**) Phi!. 11, 13.

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sieht nur sich selbst und hält sich selbst für

den Handelnden, während es doch nur seine

Natur ist, die ihn zum Handeln treibt. »Die

sieht nur sich selbst und hält sich selbst für den Handelnden, während es doch nur seine Natur ist, die ihn zum Handeln treibt. »Die Thoren wissen es nicht, wann der Geist geht oder kommt, aber wer das Auge der Erkenntnis hat, kann ihn sehen. Die Weisen, welche ihn suchen, sehen Ihn, den in ihnen selbst Weilenden, aber die Thoren, in ihrer Verkehrtheit befangen, sehen ihn nicht, wenn sie sich auch deshalb eifrig bemühen.« *)

Thoren wissen es nicht, wann der Geist geht

oder kommt, aber wer das Auge der Erkennt-

nis hat, kann ihn sehen. Die Weisen, welche

ihn suchen, sehen Ihn, den in ihnen selbst

Weilenden, aber die Thoren, in ihrer Ver-

kehrtheit befangen, sehen ihn nicht, wenn sie

sich auch deshalb eifrig bemühen.«*)

Die Lehre von den drei Gunas oder Grund-

eigenschaften der Natur ist von höchster

Wichtigkeit, und ihre Kenntnis und Beach-

tung wäre auch im alltäglichen Leben von

grösstem Wert. Die meisten Streitigkeiten

im menschlichen Leben entstehen wegen

Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf

Worte, von denen jede Partei sich einen

andern Begriff macht, und man bedenkt nicht,

dass jedes Ding, je nach seinem Ursprunge

aus einer der drei Grundeigenschaften der

Natur, dreifach verschieden sein kann. So

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will z. B. der eine vom »Glauben« nichts

wissen, der andere hält daran fest, und der

Die Lehre von den drei Gunas oder Grundeigenschaften der Natur ist von höchster Wichtigkeit, und ihre Kenntnis und Beachtung wäre auch im alltäglichen Leben von grösstem W ~rt. Die meisten Streitigkeiten im menschlichen Leben entstehen wegen Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf Worte, von denen jede Partei sich einen andern Begriff macht, und man bedenkt nicht, dass jedes Ding, je nach seinem Ursprunge aus einer der drei Grundeigenschaften der Natur, dreifach verschieden sein kann. So will z. B. der eine vom »Glauben« nichts wissen, der andere hält daran fest, und der

*) Bhagavad Gita XV, n u. 12.

*) Bhagavad Gita XV,

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II U. 12.

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dritte weiss nicht was er glauben soll. Man

gerät sich darüber in die Haare und bedenkt

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nicht, dass es dreierlei Glauben giebt, je nach-

dritte weiss nicht was er glauben soll. Man gerät sich darüber in die Haare und bedenkt nicht, dass es dreierlei Glauben giebt, je nachdem derselbe der Erkenntnis, der Habsucht oder der Dummheit entspringt. Der Glaube, welcher der Erkenntnis entspringt, bedarf keiner Beweise; er ist die innere Überzeugung, die Kraft der Erkenntnis selbst. Der Glaube, welcher der Begierde entspringt, ist von der eigenen Begierde gefärbt; denn, was der Mensch wünscht, daran hängt er auch und bildet sich ein, das Falsche, was er liebt, sei wahr. Der Glaube, welcher der Dummheit entspringt, kann nichts anderes als eine Dummheit sein. Die Liebe, welche der Erkenntnis entspringt, ist wahr. Entspringt sie der Begierde nach Besitz, so ist sie Habsucht. Entspringt sie der Dummheit, so ist es eine Liebe zu etwas, was schädlich oder nutzlos ist. So ist es mit jedem Ding in der Welt, und man sollte deshalb vor allem den Ursprung desselben feststellen. Ein Gebet, welches der wahren Erkenntnis entspringt, ist ein Eingehen in Gott, und je tiefer man in Gott eingeht,; um so mehr erlangt man die Kraft, das zu vollbringen, was man wünscht. Ein. Gebet, welches der Begierde nach dem

dem derselbe der Erkenntnis, der Habsucht

oder der Dummheit entspringt. Der Glaube,

welcher der Erkenntnis entspringt, bedarf

keiner Beweise; er ist die innere Überzeu-

gung, die Kraft der Erkenntnis selbst. Der

Glaube, welcher der Begierde entspringt, ist

von der eigenen Begierde gefärbt; denn, was

der Mensch wünscht, daran hängt er auch

und bildet sich ein, das Falsche, was er liebt,

sei wahr. Der Glaube, welcher der Dumm-

heit entspringt, kann nichts anderes als eine

Dummheit sein. Die Liebe, welche der Er-

kenntnis entspringt, ist wahr. Entspringt sie

der Begierde nach Besitz, so ist sie Habsucht.

Entspringt sie der Dummheit, so ist es eine

Liebe zu etwas, was schädlich oder nutzlos

ist. So ist es mit jedem Ding in der Welt,

und man sollte deshalb vor allem den Ur-

sprung desselben feststellen. Ein Gebet, wel-

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ches der wahren Erkenntnis entspringt, ist

ein Eingehen in Gott, und je tiefer man in

Gott eingeht, um so mehr erlangt man die

Kraft, das zu vollbringen, was man wünscht.

Ein Gebet, welches der Begierde nach dem

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-

Besitze von etwas entspringt, ist Schwärmerei, t

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-

wenn es zum Gott des Weltalls gerichtet ist;

denn Gott lässt sich von keinem Menschen

Besitze von etwas entspringt, ist Schwärmerei, wenn es zum Gott des Weltalls gerichtet ist; denn Gott lässt sich von keinem Menschen bewegen oder beraten. Ein solches Gebet könnte nur insofern wirksam sein, als es andere Geschöpfe, seien es sichtbare oder unsichtbare, zur Hilfeleistung bewegen würde. Ein Gebet, das der Dummheit entspringt, ist eine Bitte um etwas, das, wenn man es bekäme, wertlos oder schädlich wäre. Auf diese Weise lassen sich diese drei U rsprungsformen auf jedes Ding anwenden.

bewegen oder beraten. Ein solches Gebet

könnte nur insofern wirksam sein, als es

andere Geschöpfe, seien es sichtbare oder un-

sichtbare, zur Hilfeleistung bewegen würde.

Ein Gebet, das der Dummheit entspringt, ist

eine Bitte um etwas, das, wenn man es be-

käme, wertlos oder schädlich wäre. Auf

diese Weise lassen sich diese drei Ursprungs-

formen auf jedes Ding anwenden.

Nun sind aber in der Regel in jedem

Dinge diese drei Eigenschaften vermischt,

und da handelt es sich darum, zu erkennen,

welche Eigenschaft vorherrschend ist. »Wenn

Radschas und Tamas besiegt sind, d. h. wenn

die Habsucht und der Unverstand überwunden

sind, so herrscht nur mehr Sattwa, die Er-

kenntnis des Wahren. Wenn Radschas und

Sattwa untergehen, so ist Tamas vorhanden;

wenn aber Tamas und Sattwa verschwinden,

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so ist Radschas in Thätigkeit.*) Tamas ist

geistige Finsternis. Radschas ist das Feuer

*) Bhagavad Gita XIV, 10.

,

Nun sind aber in der Regel In jedem Dinge diese drei Eigenschaften vermischt, und da handelt es sich darum, zu erkennen, welche Eigenschaft vorherrschend ist. »Wenn Radschas und Tamas besiegt sind, d. h. wen n die Habsucht und der Unverstand überwunden sind, so herrscht nur mehr Sattwa, die Erkenntnis des Wahren. Wenn Radschas und Sattwa untergehen, so ist Tamas vorhanden; wenn aber Tamas und Sattwa verschwinden, so ist Radschas in Thätigkeit. *) Tamas ist geistige Finsternis. Radschas ist das Feuer *) Bbagavad Gita XIV,

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der Begierde. »Ist aber Sattwa im Menschen

-

zur Herrschaft gekommen, so dringt durch

alle Thore das Licht der Erkenntnis ein.«*)

der Begierde. » Ist aber Sattwa im Menschen zur Herrschaft gekommen, so dringt durch alle Thore das Licht der Erkenntnis ein.« *)

*) Ibid. XIV, I1.

(Fortsetzung folgt.)

*) Ibid. J{I1/, 11.

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(Fortsetzung folgt.)

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K a r m a.

(Schluss.)

xn.

Harmonie.

..Es kann in Ewigkeit kein Ton so lieblich sein,

Als wenn des Menschen Herz mit Gott stimmt

überein."

J. Scheffler.

Die Lehre der Weisheit ist Harmonie. Die

Übereinstimmung aller Teile bedingt die Ein-

heit des Ganzen. Dadurch wird die Indivi-

dualität des Einzelnen nicht aufgehoben, son-

Kar m a.

dern vollkommen. Dadurch, dass ein einzelner

Ton in einer Symphonie mit allen anderen

Tönen darin im Einklange steht, wird seine

(Schluss.)

Individualität nicht vernichtet. Er wird dann

allerdings als ein einzelner Ton nicht mehr

wahrgenommen, aber sein individuelles Dasein

hängt nicht davon ab, dass er als ein einzel-

nes von anderen wahrgenommen wird, son-

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Xll.

Harmonie. ,.EI kann in Ewigkeit kein Ton 80 lieblich sein, Als wenn des KenlChen Herz mit Gott ltimmt tiberein.lt J. Seheffler.

,

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Die Lehre der Weisheit ist Harmonie. Die Übereinstimmung aller Teile bedingt die Einheit des Ganzen. Dadurch wird die Individualität des Einzelnen nicht aufgehoben, sondern vollkommen. Dadurch, dass ein einzelner Ton in einer Symphonie mit allen anderen Tönen darin im Einklange steht, wird seine Individualität nicht vernichtet. Er wird dann allerdings als ein einzelner Ton nicht mehr wahrgenommen, aber sein individuelles Dasein hängt nicht davon ab, dass er als ein einzelnes von anderen wahrgenommen wird, son-

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-

dem wird um so grösser, je mehr es sich

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über das Ganze ausbreitet, dasselbe in sich

aufnimmt und sich mit ihm in Überein-

dern wird um so grösser, je mehr es sich über das Ganze ausbreitet, dasselbe in sich aufnimmt und sich mit ihm in Übereinstimmung bringt.

stimmung bringt.

Der kleinlichste und beschränkteste Mensch

ist der nur auf sein eigenes Wohl bedachte

Egoist, wenn er sich auch in seinem Eigen-

dünkel über alle anderen erhaben dünkt. Der

Menschenfeind oder Sonderling, welcher

glaubt, die ganze Welt verachten zu kön-

nen, dabei aber nicht die Nichtigkeit seines

eigenen Selbstwahnes erkennt, gleicht der

Der kleinlichste und beschränkteste Mensch ist der nur auf sein eigenes Wohl bedachte Egoist, wenn er sich auch in seinem Eigendünkel über alle anderen erhaben dünkt. Der Menschenfeind oder Sonderling, welcher glaubt, die ganze Welt verachten zu können, dabei aber nicht die Nichtigkeit seines eigenen Selbstwahnes erkennt, gleicht der Schnecke, die sich in ihr eigenes Haus verkriecht. Er kann die Welt nicht überwinden, so lange er sich vor ihr verschliesst. Niemand kann die Welt verlassen, so lange er nicht seine eigene eingebildete Selbstheit, die ja ein Teil der Welt ist, verlässt und sein wahres Selbst findet. Um das wahre Ich zu finden, genügt es nicht, das eingebildete "Ich" zu ignorieren; denn sonst könnte man sich im Schlafe zum Adepten machen; sondern es handelt sich darum, über das täuschende Selbst hinauszuwachsen, grösser als dieses "Selbst" zu werden, und dies geschieht durch die Kraft der Liebe. Der Wille ist der Grund

Schnecke, die sich in ihr eigenes Haus ver-

kriecht. Er kann die Welt nicht überwinden,

so lange er sich vor ihr verschliesst. Niemand

kann die Welt verlassen, so lange er nicht

seine eigene eingebildete Selbstheit, die ja

ein Teil der Welt ist, verlässt und sein wahres

Selbst f1ndet. Um das wahre Ich zu finden,

genügt es nicht, das eingebildete „Ich" zu

ignorieren; denn sonst könnte man sich im

Schlafe zum Adepten machen; sondern es

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handelt sich darum, über das täuschende

Selbst hinauszuwachsen, grösser als dieses

„Selbst" zu werden, und dies geschieht durch

die Kraft der Liebe. Der Wille ist der Grund

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unseres Wesens; er ist die Substanz der Liebe

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Je mehr sich unsere Liebe auf das grosse

Ganze erstreckt, um so mehr tritt das Ganze

unseres Wesens; er ist die Substanz der Liebe Je mehr sich unsere Liebe auf das grosse Ganze erstreckt, um so mehr tritt das Ganze in das Bereich unseres Wesens und Daseins ein, um so mehr nehmen wir an dem Kanna des Ganzen teil.

in das Bereich unseres Wesens und Daseins

ein, um so mehr nehmen wir an dem Karma

des Ganzen teil.

Höher als der Menschenverächter und

Asket steht der Liebende. Wer ausser sich

selbst auch noch sein Weib oder seine Familie

liebt, dessen Daseinssphäre hat einen viel

grösseren Umfang, als diejenige des frommen

Schwärmers, welcher sich einbildet, dass er

durch Entbehrungen sich einen guten Sitz

im Himmel erwerben möchte. Der Himmel,

den er sich einbildet, existiert nur in seiner

Höher als der Menschenverächter und Asket steht der Liebende. Wer ausser sich selbst auch noch sein Weib oder seine Familie liebt, dessen Daseinssphäre hat einen viel grösseren Umfang, als diejenige des frommen Schwärmers, welcher sich einbildet, dass er durch Entbehrungen sich einen guten Sitz im Himmel erwerben möchte. Der Himmel, den er sich einbildet, existiert nur in seiner eigenen Phantasie; denn es giebt keinen Himmel ohne Liebe, und wo die Liebe auf das eigene "Selbst" beschränkt ist, da ist auch dieser Himmel sehr klein und gleicht eher einem Gefängnisse als einem Tempel. Das "Selbst" ist die Hölle, denn es herrschen darin die Begierde und Leidenschaft. Der Himmel ist die Liebe; denn in ihr ist die Seligkeit.

eigenen Phantasie; denn es giebt keinen

Himmel ohne Liebe, und wo die Liebe auf

das eigene „Selbst" beschränkt ist, da ist auch

dieser Himmel sehr klein und gleicht eher

einem Gefängnisse als einem Tempel. Das

„Selbst" ist die Hölle, denn es herrschen darin

die Begierde und Leidenschaft. Der Himmel

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ist die Liebe; denn in ihr ist die Seligkeit.

Höher als der Familienvater steht der

Patriot. Seine Liebe erstreckt sich nicht bloss

auf seine eigene Familie, sondern über sein

Höher als der Familienvater steht der Patriot. Seine Liebe erstreckt sich nicht bloss auf seine eigene Familie, sondern über sein

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Vaterland; vorausgesetzt, dass sein Patriotis-

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mus echt ist und nicht seinen Ursprung in

der Befriedigung seines Ehrgeizes, seiner

Vaterland; vorausgesetzt, dass sein Patriotismus echt ist und nicht seinen Ursprung in der Befriedigung seines Ehrgeizes, seiner Eitelkeit oder Gewinnsucht hat. Der Soldat, welcher nicht von Leidenschaft hingerissen, sondern zielbewusst für sein Vaterland kämpft und stirbt, steht höher als derjenige, welcher sich nicht zu kämpfen getraut, weil er glaubt, dass er dadurch an seiner eigenen Seele Schaden nehmen könnte; denn die Seele des Patrioten ist gross genug, um die ganze Nation in ihrer Liebe, die ja ihr Wesen ist, zu umfassen; während die Seele des Furchtsamen nichts enthält, als das eigene kleinliche, furchtsame Selbst.

Eitelkeit oder Gewinnsucht hat. Der Soldat,

welcher nicht von Leidenschaft hingerissen,

sondern zielbewusst für sein Vaterland kämpft

und stirbt, steht höher als derjenige, welcher

sich nicht zu kämpfen getraut, weil er glaubt,

dass er dadurch an seiner eigenen Seele Scha-

den nehmen könnte; denn die Seele des

Patrioten ist gross genug, um die ganze

Nation in ihrer Liebe, die ja ihr Wesen ist,

zu umfassen; während die Seele des Furcht-

samen nichts enthält, als das eigene kleinliche,

furchtsame Selbst.

Grösser noch als der Patriot ist derjenige,

dessen Liebe, ohne Unterschied der Nation,

die ganze Menschheit umfasst. Diese Liebe

ist aber nur dann nicht eine Schwärmerei,

wenn sie sich nicht bloss auf die mensch-

lichen Geschöpfe, sondern auf die Menschheit

in den Menschen bezieht. Der Geist ist die

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Substanz und das Wesen; Formen sind nur

Erscheinungen. Wer nur die Formen liebt,

der liebt nichts Wesentliches; seine Liebe ist

eine Täuschung. Wer das eine Wesen in

Grösser noch als der Patriot ist derjenige, dessen Liebe, ohne Unterschied der Nation, die ganze Menschheit umfasst. Diese Liebe ist aber nur dann nicht eine Schwärmerei, wenn sie sich nicht bloss auf die menschlichen Geschöpfe, sondern auf die Menschheit in den Menschen bezieht. Der Geist ist die Substanz und das Wesen; Formen sind nur Erscheinungen. Wer nur die Formen liebt, der nebt nichts Wesentliches; seine Liebe ist eine Täuschung. Wer das eine Wesen in

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Allem erkennt und liebt, der liebt und er-

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kennt auch das Wesen selbst . Wer es er-

kennt, der liebt es auch, und wer es lieben

Allem erkennt und liebt, der liebt und erkennt auch das \Vesen selbst. Wer es erkennt, der liebt es auch, und wer es lieben kann, ist auf dem Wege zu dessen Erkenntnis; denn Liebe und Erkenntnis bedingen sich gegenseitig; sie sind im Grunde genommen nur eines. Diese Liebe und Erkenntnis ist die göttliche 'Veisheit oder "Theosophie".

kann, ist auf dem Wege zu dessen Erkennt-

nis; denn Liebe und Erkenntnis bedingen

sich gegenseitig; sie sind im Grunde genom-

men nur eines. Diese Liebe und Erkenntnis

ist die göttliche Weisheit oder „Theosophie".

Wird aber das Wesen aller Dinge einmal

erkannt, so erkennen wir auch die Welt der

Erscheinungen als den Ausdruck dieses We-

sens, und es eröffnet sich vor uns klar das

Geheimnis des Gesetzes der Harmonie, nach

welchem dieser Ausdruck des göttlichen

Gedankens, der die Formen welt erschafft,

stattf1ndet. Die Welt mit allem, was wir da-

rin erblicken, ist eine Offenbarung des allem

Dasein zu Grunde liegenden Wesens; sie ist

der äussere Ausdruck dieses Wesens, dessen

Natur Gesetz ist und Harmonie, und deshalb

Wird aber das V\Tesen aller Dinge einmal erkannt, so erkennen wir auch die Welt der Erscheinungen als den Ausdruck dieses Wesens, und es eröffnet sich vor uns klar das Geheimnis des Gesetzes der Harmonie, nach welchem dieser Ausdruck des göttlichen Gedankens, der die Formenwelt erschafft, stattfindet. Die Welt mit allem, was wir darin erblicken, ist eine Offenbarung des allem Dasein zu Grunde liegenden Wesens; sie ist der äussere Ausdruck dieses Wesens, dessen Natur Gesetz ist und Harmonie, und deshalb ist auch das ganze Weltall nach dem Gesetze der Harmonie aufgebaut. Jedes Ding hat seine ihm eigentümliche Wesenheit oder Individualität. Diese wird als sein "Name" bezeichnet, denn das Ding selbst ist der Ausdruck des ihm zu Grunde liegenden Gedan-

ist auch das ganze Weltall nach dem Gesetze

der Harmonie aufgebaut. Jedes Ding hat

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seine ihm eigentümliche Wesenheit oder In-

dividualität. Diese wird als sein „Name" be-

zeichnet, denn das Ding selbst ist der Aus-

druck des ihm zu Grunde liegenden Gedan-

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kens, folglich das Wort, welches sein Wesen

bedeutet. Die äusserlichen Namen, welche

die Menschen den verschiedenen Dingen bei-

kens, folglich das Wort, welches sein Wesen bedeutet. Die äusserlichen Namen, welche die Menschen den verschiedenen Dingen beilegen, sind Bezeichnungen, denen eine durch Herkommen oder Übereinkommen bestimmte Bedeutung zugeschrieben wird; aber die wirklichen Namen der Dinge in ihrer eigenen Natursprache gehen aus deren eigenem Wesen hervor, weil sie die Symbole der in ihnen zum Ausdruck gelangten Gedanken sind. "Den wahren Namen eines Dinges aussprechen" heisst im okkulten Sinne, den Gedanken des dem Dasein des betreffenden Dinges zu Grunde liegenden Wesens zum Ausdruck bringen, nicht durch leere Worte, sondern durch die diesem Gedanken innewohnende Kraft. Darin beruhen die Wunder der magischen Schöpfung. Den wahren Namen aussprechen, ist, das betreffende Ding aus dem Nichtoffenbaren ins offenbare Dasein zu rufen. Deshalb 'kann auch niemand den wahren Namen Gottes aussprechen; denn dies hiesse Gott erzeugen. Die "Sprache Gottes" aber ist die ganze Natur und sein Wort der Ursprung von allem.

legen, sind Bezeichnungen, denen eine durch

Herkommen oder Übereinkommen bestimmte

Bedeutung zugeschrieben wird; aber die wirk-

lichen Namen der Dinge in ihrer eigenen

Natursprache gehen aus deren eigenem We-

sen hervor, weil sie die Symbole der in ihnen

zum Ausdruck gelangten Gedanken sind. „Den

wahren Namen eines Dinges aussprechen"

heisst im okkulten Sinne, den Gedanken des

dem Dasein des betreffenden Dinges zu Grunde

liegenden Wesens zum Ausdruck bringen,

nicht durch leere Worte, sondern durch die

diesem Gedanken innewohnende Kraft. Darin

beruhen die Wunder der magischen Schöpfung.

Den wahren Namen aussprechen, ist, das be-

treffende Ding aus dem Nichtoffenbaren ins

offenbare Dasein zu rufen. Deshalb kann

auch niemand den wahren Namen Gottes aus-

sprechen; denn dies hiesse Gott erzeugen.

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Die „Sprache Gottes" aber ist die ganze Na-

tur und sein Wort der Ursprung von allem.

Das „Wort" im okkulten Sinne aber ist

der Schall, und in der That lehrt uns die in-

Das "Wort" im okkulten Sinne aber ist der Schall, und in der That lehrt uns die in-

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dische Philosophie, dass die ganze Schöpfung

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-

aus „geistigen Schallschwingungen" (Akäsha)

und deren Modifikationen bestehe. Aus der

dische Philosophie, dass die ganze Schöpfung aus "geistigen Schal1schwingungen" (Akasha) und deren Modifikationen bestehe. Aus der Kraft des schöpferischen Wortes ,,Es werde!" entsprang das ,,Feuer" (die Energie), aus dem Feuer das ,.Licht", aus dem Lichte das"Wasser" (die Astralwelt), aus dem Wasser die ,,Erde", das materielle Prinzip. So wurden auch die Kräfte zum Hören, Empfinden, Sehen, Schmecken und Riechen geboren. *)

Kraft des schöpferischen Wortes „Es werde!"

entsprang das „Feuer" (die Energie), aus dem

Feuer das „Licht", aus dem Lichte das „Wasser"

(die Astralwelt), aus dem Wasser die „Erde",

das materielle Prinzip. So wurden auch

die Kräfte zum Hören, Empfinden, Sehen,

Schmecken und Riechen geboren.*)

Jede dieser Kräfte aber besteht aus Schwin-

gungen derjenigen Ursubstanz, welche wir in

Ermangelung eines anderen Wortes als den

„Universalwillen in der Natur" bezeichnen

können, und, da die Art des Auftretens dieser

Kräfte, ob sie nun auf der geistigen, der

Astralebene oder der physischen Ebene sich

äussern, von der Art und Zahl dieser Schwin-

gungen abhängig ist, so hat auch jedes Ding

in der Welt nicht bloss seinen bestimmten

Namen, sondern auch seine bestimmte Zahl.

Auf dieser Übereinstimmung zwischen Name

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und Zahl beruht die Wissenschaft der Kabala.

Jede dieser Kräfte aber besteht aus Schwingungen derjenigen U rsubstanz, welche wir in Ennangelung eines anderen Wortes als den "Universalwillen in der Natl:ll'" bezeichnen können, und, da die Art des Auftretens dieser Kräfte, ob sie nun auf der geistigen, der Astralebene oder der physischen Ebene sich äussern, von der Art und Zahl dieser Schwingungen abhängig ist, so hat auch jedes Ding in der Welt nicht bloss seinen bestimmten Namen, sondern auch seine bestimmte ZahL Auf dieser Übereinstimmung zwischen Name und Zahl beruht die Wissenschaft der Kabala.

Aus Bewusstsein, Name und Zahl ent-

*) Siehe: Sankaracharya. „Tattwa Bodha."

Aus Bewusstsein, Name und Zahl ent*) Siehe: Sankaracharya.

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"Tattwa Bodha."

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-

springen Begriff, Vorstellung und Form. Des-

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halb hat auch jedes Ding, jede Idee, jeder Ge-

danke eine seinem Wesen und seinen Eigen-

springen Begriff, Vorstellung und Form. Deshalb hat auch jedes Ding, jede Idee, jeder Gedanke eine seinem Wesen und seinen Eigenschaften entsprechende Form, und, wo keine störenden Einflüsse dazwischen treten, da befinden sich Name, Zahl und Form in völliger Übereinstimmung; das eine wird durch das andere bedingt. Die Grundlage des Ganzen ist Harmonie. Wäre der Mensch im Bewusstsein seines göttlichen Namens geblieben, so wären alle die Schwingungen, welche seinen Geist, Seele und Körper erfüllen, harmonisch und beseligend, seine Gestalt wäre göttergleich; ja die ganze Natur wäre dann eine Fülle von Wohlklang, Licht und Freude, weil ja die ganze Natur der Ausdruck der Weltseele (des Universalmenschen) ist. Aller Missklang, alle Disharmonie, Traurigkeit und Leiden entspringen nur dem Umstande, dass der Mensch sich seines wahren Wesens unbewusst geworden ist, seinen wahren Namen vergessen und damit auch seine göttlichen Kräfte verloren hat; dass er, der durch den äusseren Schein der von ihm selbst geschaffenen Welt geblendet, in Irrtum und Sünde verfiel, sich für etwas anderes hält, als was er in Wirklichkeit ist. Hierdurch änderten sich sein Name und seine

schaften entsprechende Form, und, wo keine

störenden Einflüsse dazwischen treten, da be-

finden sich Name, Zahl und Form in völliger

Übereinstimmung; das eine wird durch das

andere bedingt. Die Grundlage des Ganzen

ist Harmonie. Wäre der Mensch im Bewusst-

sein seines göttlichen Namens geblieben, so

wären alle die Schwingungen, welche seinen

Geist, Seele und Körper erfüllen, harmonisch

und beseligend, seine Gestalt wäre götter-

gleich; ja die ganze Natur wäre dann eine

Fülle von Wohlklang, Licht und Freude, weil

ja die ganze Natur der Ausdruck der Welt-

seele (des Universalmenschen) ist. Aller Miss-

klang, alle Disharmonie, Traurigkeit und Lei-

den entspringen nur dem Umstande, dass der

Mensch sich seines wahren Wesens unbewusst

geworden ist, seinen wahren Namen vergessen

und damit auch seine göttlichen Kräfte verloren

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hat; dass er, der durch den äusseren Schein

der von ihm selbst geschaffenen Welt geblen-

det, in Irrtum und Sünde verfiel, sich für etwas

anderes hält, als was er in Wirklichkeit ist.

Hierdurch änderten sich sein Name und seine

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— 448 —

Zahl und Form. Aus der wirklichen Einheit

wurde die scheinbare Vielheit; aus dem All-

selbstbewussten entsprangen eine Menge von

Zahl und Form. Aus der wirklichen Einheit wurde die scheinbare Vielheit; aus dem Allselbstbewussten entsprangen eine Menge von Vorstellungen, aus dem Formenlosen traten unzählige Formen hervor, und als in den Formen die Empfindung lebendig wurde, da vergassen die Formen ihr wahres Wesen und aus der Vielheit der Formen und deren Sonderinteressen entsprang der Kampf ums Dasein und die Disharmonie, welche so lange dauern wird, bis die Menschheit als Ganzes die Einheitlichkeit ihres Wesens in Wahrheit wieder erkennt.

Vorstellungen, aus dem Formenlosen traten

unzählige Formen hervor, und als in den For-

men die Empfindung lebendig wurde, da ver-

gassen die Formen ihr wahres Wesen und aus

der Vielheit der Formen und deren Sonder-

interessen entsprang der Kampf ums Dasein

und die Disharmonie, welche so lange dauern

wird, bis die Menschheit als Ganzes die Ein-

heitlichkeit ihres Wesens in Wahrheit wieder

erkennt.

So wie in der Eins alle Zahlen enthalten

sind und aus ihr entspringen, ohne dass des-

halb die Einheit kleiner oder grösser wird,

oder sich teilt oder verändert, so sind in dem

einen Wesen von allem alle Dinge enthalten,

und das alleinige Wesen ändert sich nicht

und teilt sich nicht, wenn in ihm auch noch

so viele Vorstellungen und Welten entstehen;

aber die Offenbarung des alleinigen Wesens

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stellt sich uns in unzähligen Formen dar.

Der Geist ist überall; ausser ihm giebt es

weder Raum noch Zeit; aber die Formen, in

denen sich der Geist offenbart, sind auf Raum

So wie in der Eins alle Zahlen enthalten sind und aus ihr entspringen, ohne dass deshalb die Einheit kleiner oder grösser wird, oder sich teilt oder verändert, so sind in dem einen Wesen von allem alle Dinge enthalten, und das alleinige Wesen ändert sich nicht und teilt sich nicht, wenn in ihm auch noch so viele Vorstellungen und Welten entstehen; aber die Offenbarung des alleinigen Wesens stellt sich uns in unzähligen Formen dar. Der Geist ist überall; ausser ihm giebt es weder Raum noch Zeit; aber die Formen, in denen sich der Geist offenbart, sind auf Raum

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— 449 —

und Zeit beschränkt. Die Wirklichkeit selbst

-

ist ewig, ohne Anfang und ohne Ende; aber

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-

der Schein entsteht und vergeht. Das Wesen

ist die Eins und die Null ist das Nichts.

und Zeit beschränkt. Die Wirklichkeit selbst ist ewig, ohne Anfang und ohne Ende; aber der Schein entsteht und vergeht. Das Wesen ist die Eins und die Null ist das Nichts. Durch die Eins wird die Null zu etwas; es entsteht die Zehn, die Zahl der V ollkornmenheit. Die Eins bedeutet das männliche, die Null das weibliche Prinzip in der Natur, Intelligenz und Wille. Aus der Verbindung der Eins mit der Null wird der Sohn, die Offenbarung, geboren. Die Eins ist das "Feuer", die Kraft; die Null das Dunkel. Durch die Wirkung des Feuers entspringt aus dem Dunkel das Licht.

Durch die Eins wird die Null zu etwas; es

entsteht die Zehn, die Zahl der Vollkommen-

heit. Die Eins bedeutet das männliche, die

Null das weibliche Prinzip in der Natur, In-

telligenz und Wille. Aus der Verbindung

der Eins mit der Null wird der Sohn, die

Offenbarung, geboren. Die Eins ist das

„Feuer", die Kraft; die Null das Dunkel.

Durch die Wirkung des Feuers entspringt

aus dem Dunkel das Licht.

Die Wissenschaft der okkulten Bedeutung

der Zahlen ist eine heilige und erhabene

Wissenschaft, welche, wie alle geistigen Dinge,

nicht vom materiellen Standpunkte beurteilt

und nicht äusserlich aufgefasst, sondern nur

intuitiv, geistig erfasst werden kann. Sie ist

insofern eine lebendige Wissenschaft im Ver-

gleiche mit der gewöhnlichen Mathematik, als

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in ihr die Eins, welche das Leben von allen

Zahlen ist, nicht aus dem Auge gelassen wird.

Die Eins ist das Bewusstsein, und aus ihr

gehen lebendige Kräfte hervor, welche auf

Lotusblütheu LVII. 3o

Die Wissenschaft der okkulten Bedeutung der Zahlen ist eine heilige und erhabene Wissenschaft, welche, wie alle geistigen Dinge, nicht vom materiellen Standpunkte beurteilt und nicht äusserlich aufgefasst, sondern nur intuitiv, geistig erfasst werden kann. Sie ist insofern eine lebendige Wissenschaft im Vergleiche mit der gewöhnlichen Mathematik, als in ihr die Eins, welche das Leben von allen Zahlen ist, nicht aus dem Auge gelassen wird. Die Eins ist das Bewusstsein, und aus ihr gehen lebendige Kräfte hervor, welche auf Lotusbllltheu LVII.

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— 45° —

45 0

den verschiedenen Daseinsebenen wirken und

-

offenbar werden, in der Himmelswelt als

göttergleiche Intelligenzen, auf der Astral-

den verschiedenen Daseinsebenen wirken und offenbar werden, in der Himmelswelt als göttergleiche Intelligenzen, auf der Astralebene als deren Bewohner, auf der physischen Ebene als Menschen, Tiere, Pflanzen und Mineralien mit den in ihnen thätigen Kräften. Es ist da viel von ,,Evolution" die Rede; "aber diese Entwicklung bezieht sich nicht auf das Wesen, sondern bloss auf dessen Erscheinungen; die Eins verändert sich nicht, und in Wirklichkeit ist alles "Gott", nur sind die Arten, in welchen sich der Allgeist offenbart, von einander verschieden.

ebene als deren Bewohner, auf der physischen

Ebene als Menschen, Tiere, Pflanzen und

Mineralien mit den in ihnen thätigen Kräften.

Es ist da viel von „Evolution" die Rede; aber

diese Entwicklung bezieht sich nicht auf das

Wesen, sondern bloss auf dessen Erscheinun-

gen; die Eins verändert sich nicht, und in

Wirklichkeit ist alles „Gott", nur sind die

Arten, in welchen sich der Allgeist offen-

bart, von einander verschieden.

So ist auch das Licht der Sonne eine Ein-

heit, aber wenn es sich im Regentropfen

spiegelt, so wird es in sieben Farben offen-

bar. Der Schall ist eine Einheit, aber je nach

der Art seiner Schwingungen bringt er ver-

schiedene Oktaven von je sieben Tönen her-

vor. Im Regenbogen werden die drei Grund-

farben unter den sieben, in der Harmonie

der Töne der Dreiklang in der Oktave unter-

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schieden, und dasselbe Gesetz f1ndet sich in

der ganzen Natur, im Geistigen sowohl als im

Materiellen; denn die Einheit wird zur Drei-

heit, wenn sie offenbart wird; die Dreiheit in

So ist auch das Licht der Sonne eine Einheit, aber wenn es sich im Regentropfen spiegelt, so wird es in sieben Farben offenbar. Der Schall ist eine Einheit, aber je nach der Art seiner Schwingungen bringt er verschiedene Oktaven von je sieben Tönen hervor. Im Regenbogen werden die drei Grundfarben unter den sieben, in der Harmonie der Töne der Dreiklang in der Oktave unterschieden, und dasselbe Gesetz findet sich in der ganzen Natur, im Geistigen sowohl als im Materiellen; denn die Einheit wird zur Dreiheit, wenn sie offenbart wird; die Dreiheit in

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— 451 —

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der Einheit eingeschlossen bildet die Vier

oder das Quadrat; die Drei und die Vier zu-

sammen aber die Sieben, und diese mit der

der Einheit eingeschlossen bildet die Vier oder das Quadrat; die Drei und die Vier zusammen aber die Sieben, und diese mit der höchsten Dreieinigkeit die Zehn. Somit ist die ganze untere Welt eine Stufenleiter von sieben Tönen oder Harmonien, und über derselben ist der höchste Dreiklang der göttlichen Welt.

höchsten Dreieinigkeit die Zehn. Somit ist

die ganze untere Welt eine Stufenleiter von

sieben Tönen oder Harmonien, und über der-

selben ist der höchste Dreiklang der gött-

lichen Welt.

Diese Himmelsleiter ist in der Kabala als

die zehn Sephiroth oder „Ausstrahlungen der

Gottheit", wovon die oberen Drei in Einem

der Gottheit, die übrigen sieben der Natur

angehören. Jedes dieser Sephiroth stellt eine

Summe von Kräften und Eigenschaften dar,

die zu erhaben sind, um in Worten beschrieben

zu werden, wo die geistige Anschauung fehlt.*)

*) Die Namen der zehn Sephiroth sind:

/

Geist.

Seele.

Diese Himmelsleiter ist in der Kabala als die zehn Sephiroth oder "Ausstrahlungen der Gottheit", wovon die oberen Drei in Einem der Gottheit, die übrigen sieben der Natur angehören. Jedes dieser Sephiroth stellt eine Summe von Kräften und Eigenschaften dar, die zu erhaben sind, um in Worten beschrieben zu werden, wo die geistige Anschauung fehlt.*)

Körper.

1. Kether — Krone.

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2. Chokmah — Weisheit.

3. Binah — Verstand.

4. Chesed — Gnade.

5. Geburah — Macht.

6. Tiphereth — Schönheit.

7. Netzach — Sieg.

8. Hod — Herrlichkeit.

9. Jesod — Grund.

1o. Malkuth — Reich.

Gottheit. A

3o*

*)

Die Namen der zehn Sephiroth sind:

6. 7. 8.

Kether - Krone. } Chokmah - Weisheit. Gottheit. Binah - Verstand. Chesed - Gnade. Geburah - Macht. Tiphereth - Schönheit. Netzach - Sieg. Ho d - Herrlichkeit.

J esod

I.

2.

Gei s t. {

3. 4.

5. See 1e.

{ Körper. {

10.

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6.

- Grund. Malkuth - Reich.

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-

Sie umfassen die himmlischen Heerscharen,

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Engel, Dämonen und Kräfte; der Fuss die-

ser Himmelsleiter ruht in der Erde, ihre

Sie umfassen die himmlischen Heerscharen, Engel, Dämonen und Kräfte; der Fuss dieser Himmelsleiter ruht in der Erde, ihre Spitze verliert sich im Namenlosen, Ewigen; sie stellt eine Oktave von Weltharmonien dar, deren unterste aus groben Schwingungen besteht, welche die Materie darstellen; während die höheren Oktaven aus feineren Schwingungen bestehen, die nur der geistige Mensch empfinden, hören und sehen kann. Sie ist das Bild der Menschheit selbst, welche von der obersten Stufe zur untersten heruntersteigt und sich dann wieder zur V ollkommenheit hinaufarbeitet; sie ist "der Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen", von dessen Früchten (Karma) der Mensch essen muss, um am Ende sein göttliches Dasein geniessen zu können; sie besteht aus den zehn schöpferischen Kräften und Wesenheiten, deren Symbol das geoffenbarte Weltall ist.

Spitze verliert sich im Namenlosen, Ewigen;

sie stellt eine Oktave von Weltharmonien dar,

deren unterste aus groben Schwingungen be-

steht, welche die Materie darstellen; wäh-

rend die höheren Oktaven aus feineren

Schwingungen bestehen, die nur der geistige

Mensch empfinden, hören und sehen kann.

Sie ist das Bild der Menschheit selbst, welche

von der obersten Stufe zur untersten herunter-

steigt und sich dann wieder zur Vollkommen-

heit hinaufarbeitet; sie ist „der Baum der Er-

kenntnis des Guten und Bösen", von dessen

Früchten (Karma) der Mensch essen muss,

um am Ende sein göttliches Dasein geniessen

zu können; sie besteht aus den zehn schöpfe-

rischen Kräften und Wesenheiten, deren Sym-

bol das geoffenbarte Weltall ist.

Desgleichen stellt auch der individuelle

Mensch eine solche Stufenleiter von sieben

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Tönen und Farben dar, eine siebenfache Welt,

in welcher die obere göttliche Dreieinigkeit

sich wiederspiegelt. Seine obersten drei

Prinzipien, Atma — Buddhi — Manas,

Desgleichen stellt auch der individuelle Mensch eine solche Stufenleiter von sieben Tönen und Farben dar, eine siebenfache Welt, in welcher die obere göttliche Dreieinigkeit sich wiederspiegelt. Seine obersten drei Prinzipien, Atma - Buddhi - Manas,

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— 453 —

-

entsprechen der göttlichen Dreiheit; seine un-

453

-

teren vier Prinzipien seiner materiellen Natur.

Auch in ihm offenbart sich die Eins mit der

entsprechen der göttlichen Dreiheit; seine unteren vier Prinzipien seiner materiellen Natur. Auch in ihm offenbart sich die Eins mit der Zwei als Dreiheit, die in der Eins als die Vier erscheint, und die Summe des Ganzen ist Zehn, die Zahl der Vollkommenheit, in welcher die heilige Siebenzahl verborgen ist. Damit ist gesagt, dass die Zweiheit von Wille und Vorstellung im Bewusstsein (der Einheit) als Dreiheit offenbar wird. Geht diese Drei in die Einheit (in Gott) ein, so ist sie in der Vierheit, dem Symbol der Wahrheit. Durch die Verbindung des unteren Quadrats mit dem oberen Dreieck, d. h. durch das Durchdringen des Irdischen durch das Göttliche entsteht die heilige Siebenzahl, welche in der Zehn, der Zahl des Ganzen, verborgen ist. Die Zahl Sieben ist aber deshalb heilig, weil sie die Zahl der Vollendung ist. Die Dreiheit bleibt ewig in sich selbst; aus ihr entspringt die Sieben und aus jeder der Sieben immer wieder Sieben; aus dem einen göttlichen Lichte der Weisheit sieben Lichter oder Intelligenzen , aus jeder von diesen Sieben siebenmal sieben Bewusstseinszustände oder Formen des Daseins. *)

Zwei als Dreiheit, die in der Eins als die Vier

erscheint, und die Summe des Ganzen ist

Zehn, die Zahl der Vollkommenheit, in wel-

cher die heilige Siebenzahl verborgen ist.

Damit ist gesagt, dass die Zweiheit von Wille

und Vorstellung im Bewusstsein (der Einheit)

als Dreiheit offenbar wird. Geht diese Drei

in die Einheit (in Gott) ein, so ist sie in der

Vierheit, dem Symbol der Wahrheit. Durch

die Verbindung des unteren Quadrats mit

dem oberen Dreieck, d. h. durch das Durch-

dringen des Irdischen durch das Göttliche

entsteht die heilige Siebenzahl, welche in der

Zehn, der Zahl des Ganzen, verborgen ist.

Die Zahl Sieben ist aber deshalb heilig, weil

sie die Zahl der Vollendung ist. Die Drei-

heit bleibt ewig in sich selbst; aus ihr ent-

springt die Sieben und aus jeder der Sieben

immer wieder Sieben; aus dem einen gött-

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lichen Lichte der Weisheit sieben Lichter oder

Intelligenzen, aus jeder von diesen Sieben

siebenmal sieben Bewusstseinszustände oder

Formen des Daseins.*)

*) Vgl. H. P. Blavatsky: „The Secret Doctrine" I, 63.

*) Vgl. H. P. Blavatsky: "The Secret Doctrine" 1,63.

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— 454 —

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Aus dem göttlichen Namen entsprangen

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-

durch die geheimen Kräfte der Siebenzahl

die sieben Welten, die sieben Söhne des

Aus dem göttlichen Namen entsprangen durch die geheimen Kräfte der Siebenzahl die sieben Welten, die sieben Söhne des Lichtes. So wie das Licht der Sonne in sieben Farben sich bricht, so offenbart sich die göttliche Sonne der Weisheit in sieben lichtstrahlenden Sphären, erfüllt mit Leben, Bewusstsein, Empfindung, Intelligenz, und aus diesen entspringen die Sonnen mit ihren Planeten, die zahllosen Sternenheere im Weltenraum, den wir uns weder als endlich, noch als unendlich vorstellen können, und worin jede Welt die Offenbarung eines schöpferischen Gottesgedankens ist.

Lichtes. So wie das Licht der Sonne in sieben

Farben sich bricht, so offenbart sich die gött-

liche Sonne der Weisheit in sieben lichtstrah-

lenden Sphären, erfullt mit Leben, Bewusst-

sein, Empfindung, Intelligenz, und aus diesen

entspringen die Sonnen mit ihren Planeten,

die zahllosen Sternenheere im Weltenraum,

den wir uns weder als endlich, noch als un-

endlich vorstellen können, und worin jede

Welt die Offenbarung eines schöpferischen

Gottesgedankens ist.

Es ist nicht unsere Absicht, an dieser

Stelle tiefer in das geheimnisvolle und gren-

zenlose Gebiet der in der okkulten Bedeutung

der Zahlen versinnlichten mystischen Kräfte

des Weltalls einzudringen; das bereits Er-

wähnte genügt, um anzudeuten, welcher

Art die Gesetze der Harmonie sind, welche

das Grösste sowohl als das Kleinste be-

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herrschen, und um uns den Weg zu zei-

gen, wie wir unsere eigene Natur mit dem

grossen Ganzen in Übereinstimmung bringen

können.

Es ist nicht unsere Absicht, an dieser Stelle tiefer in das geheimnisvolle und grenzenlose Gebiet der in der okkulten Bedeutung der Zahlen versinnlichten mystischen Kräfte des Weltalls einzudringen; das bereits Erwähnte genügt, um anzudeuten, welcher A!t die Gesetze der Hannonie sind, welche das Grösste sowohl als das Kleinste beherrschen, und um uns den Weg zu zeigen, wie wir unsere eigene Natur mit dem grossen Ganzen in Übereinstimmung bringen können.

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— 455 —

Jedes der sieben Prinzipien in der Kon-

455

stitution des Menschen stellt eine bestimmte

Jedes der sieben Prinzipien in der Konstitution des Menschen stellt eine bestimmte Stufe von Schwingungen des einen Lebenselementes , welches im Menschen verkörpert ist, dar. Diese Schwingungen entsprechen bestimmten Farben, welche von jedem, der die hierzu nötige Gabe des Hellsehens besitzt, wahrgenommen werden können, und zwar wie folgt:

Stufe von Schwingungen des einen Lebens-

elementes, welches im Menschen verkörpert

ist, dar. Diese Schwingungen entsprechen

bestimmten Farben, welche von jedem, der

die hierzu nötige Gabe des Hellsehens be-

sitzt, wahrgenommen werden können, und

zwar wie folgt:

ö Der materielle Körper, das Haus,

welches der Mensch bewohnt, ist von ver-

schiedenen Ausströmungen umgeben, wozu

die Wärmestrahlen, elektrischen, magnetischen,

irdischen u. s. w. Strahlen gehören, und die

Farben derselben wechseln, je nachdem darin

das eine oder das andere Element (Tattwa)

vorherrschend ist.*)

1. Das Lebensprinzip. Orangefarbig.

2. Der ätherische Körper. Violett; je

nach seiner Mischung mit Kama mehr

oder weniger rot gefärbt.

Der materielle Körper, das Haus, welches der Mensch bewohnt, ist von verschiedenen Ausströmungen umgeben, wozu die Wärmestrahlen, elektrischen, magnetischen, irdischen u. s. w. Strahlen gehören, und die Farben derselben wechseln, je nachdem darin das eine oder das andere Element (Tattwa) vorherrschend ist.*) (J

*) Der materielle Körper des Menschen, sowie das

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materielle Prinzip der Erde sind hier nicht mitgezählt. Sie

gehören nicht den sieben Prinzipien, sondern der „achten

Sphäre" an.

I.

2.

Das Der nach oder

Lebensprinzip. Orangefarbig. ätherische Körper. Violett; je seiner Mischung mit Kama mehr weniger rot gefärbt.

*) Der ~aterielle Körper des Menschen, sowie das materielle Prinzip der Erde sind hier nicht mitgezählt. Sie gehören nicht den sieben Prinzipien, sondern der "achten Sphäre" an.

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— 456 —

-

3. Der Astralkörper. Kama rupa. Blutrot.

45 6

-

4. Kama Manas. Grün.

5. Buddhi Manas. Indigoblau.

3. Der Astralkörper. Kama rupa. Blutrot.

6. Buddhi. Gelb.

7. Atma. Blau.

4. Kama Manas.

Diese den Menschenkörper umgebenden

Gron.

farbigen Lichtsphären sind mit der Photo-

5. Buddhi Manas.

sphäre der Sonne vergleichbar und reichen

Indigoblau.

weit über den Umfang desselben hinaus. Je

6. Buddhi.

geistiger die Schwingungen sind, um so aus-

Gelb.

gedehnter ist der Lichtkreis, den sie ver-

7. Atma.

breiten. Auch sind diese Sphären nicht scharf

von einander getrennt, sondern vermischen

Blau.

sich dort, wo sie sich gegenseitig berühren.

Dasjenige Prinzip, welches in dem betreffen-

den Menschen am meisten in Thätigkeit ist,

Diese den Menschenkörper umgebenden farbigen Lichtsphären sind mit der Photosphäre der Sonne vergleichbar und reichen weit über den Umfang desselben hinaus. Je geistiger die Schwingungen sind, um so ausgedehnter ist der Lichtkreis , den sie verbreiten. Auch sind diese Sphären nicht scharf von einander getrennt, sondern vermischen sich dort, wo sie sich gegenseitig berühren. Dasjenige Prinzip, welches in dem betreffenden Menschen am meisten in Thätigkeit ist, macht sich durch seine hervorragende Aura am meisten bemerkbar, so dass z. B. ein sehr leidenschaftlicher oder zorniger Mensch hauptsächlich von einem roten, ein von Weisheit durchdrungener_Mensch von einem besonders starken gelben Lichtkreise umgeben ist.

macht sich durch seine hervorragende Aura

am meisten bemerkbar, so dass z. B. ein sehr

leidenschaftlicher oder zorniger Mensch haupt-

sächlich von einem roten, ein von Weisheit

durchdrungener Mensch von einem besonders

starken gelben Lichtkreise umgeben ist.

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Die Aura, von welcher ein Mensch um-

geben ist, gehört zu seinem eigenen Wesen;

Die Aura, von welcher ein Mensch umgeben ist, gehört zu seinem eigenen Wesen;

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— 457 —

-

sie ist sozusagen die Sphäre seines Daseins,

457

deren Mittelpunkt der materielle Körper ist.

Ohne sie wäre eine „Exterriorisierung der

sie ist sozusagen die Sphäre seines Daseins, deren Mittelpunkt der materielle Körper ist. Ohne sie wäre eine "Exterrlorisierung der Empfindung", wie sie bei sehr sensitiven Personen beobachtet wird, nicht denkbar. Wo zwei oder mehr Menschen zusammenkommen, da tritt der eine in die Aura des anderen ein; da lebt gleichsam einer im anderen, und aus der Harmonie oder Disharmonie dieser "irdischen Ausströmungen" erklären sich die gegenseitigen Sympathien und Antipathien.

Empfindung", wie sie bei sehr sensitiven Per-

sonen beobachtet wird, nicht denkbar. Wo

zwei oder mehr Menschen zusammenkommen,

da tritt der eine in die Aura des anderen ein;

da lebt gleichsam einer im anderen, und aus

der Harmonie oder Disharmonie dieser „ir-

dischen Ausströmungen" erklären sich die

gegenseitigen Sympathien und Antipathien.

Diese Farben und Schwingungen ent-

sprechen vollständig denjenigen, der mit die-

sen Prinzipien oder Bewusstseinszuständen

korrespondierenden Daseinsebenen im Welt-

all, welche wir, um den Gebrauch von Sans-

kritwörtern zu vermeiden, mit den Namen

der dieselben symbolisierenden sieben Plane-

ten bezeichnen wollen.

1. 0 Sonne. — Das Lebensprinzip, des-

sen Gottheit und Mittelpunkt in unse-

rem Sonnensysteme die Sonne ist.

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Orange.

2. C Mond. — Das materielle (äthe-

rische)Prinzip,das Astrallicht. Violett.

Diese Farben und Schwingungen entsprechen vollständig denjenigen, der mit diesen Prinzipien oder Bewusstseinszuständen korrespondierenden Daseinsebenen im Weltall' welche wir, um den Gebrauch von Sanskritwörtern zu vermeiden, mit den Namen der dieselben symbolisierenden sieben Planeten bezeichnen wollen. 1.

2.

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Sonne. - Das Lebensprinzip, dessen Gottheit und Mittelpunkt in unserem Sonnensysteme die Sonne ist. Orange. Mond. Das materielle (ätheri s ch e )Pri n zip, dasAstrallicht. Violett.

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3. Mars. — Die Astralebene, Region

der Begierden und Leidenschaften,

3. cf l\fars. - Die Astralebene, Region der Begierden und Leidenschaften, Wohnplatz der Elementarwesen. Rot. 4. p Saturn. Die niedere geistige Ebene, der irdische Teil der Weltseele, das Reich der veränderlichen Gedanken. Grün. 5. ~ Venus. - Das Reich der Liebe, der höhere (himmlische) Teil der Weltseele, die Wohnung der Götter. 6. ~ Merkur.- Das Reich der Erkenntnis. 7. '1J. Jupiter. - Das Reich der Seligk e i t, die Gotteswelt, Herrlichkeit und Vollkommenheit.

Wohnplatz der Elementarwesen. Rot

.

4. j> Saturn. — Die niedere geistige

Ebene, der irdische Teil der Welt-

seele, das Reich der veränderlichen

Gedanken. Grün.

5. $ Venus. — Das Reich der Liebe,

der höhere (himmlische) Teil der Welt-

seele, die Wohnung der Götter.

6. ^ Merkur.— Das Reich der Erkennt-

nis.

7. 2J. Jupiter. — Das Reich der Selig-

keit, die Gotteswelt, Herrlichkeit und

Vollkommenheit.

Hierzu kann noch gerechnet werden die

„Schale" oder die „Materie", welche den Kör-

per der Dinge, der Planeten sowohl als der

Bewohner derselben, bildet, und welche gar

kein Prinzip, sondern nur ein Produkt der

Wirkung der obigen Prinzipien, die an sich

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selbst leblose Materie, die achte Sphäre ist,

deren Mittelpunkt und Symbol unsere Erde

darstellt, welche auch zugleich die „Hölle" ist,

wie es durch ihr Zeichen $, das umgekehrte

Zeichen der Liebe ($) fur den Mystiker ver-

Hierzu kann noch gerechnet werden die "Schale" oder die "Materie", welche den Körper der Dinge, der Planeten sowohl als der Bewohner derselben, bildet, und welche gar kein Prinzip, sondern nur ein Produkt der Wirkung der obigen Prinzipien, die an sich selbst leblose Materie, die achte Sphäre ist, deren Mittelpunkt und Symbol unsere Erde darstellt, welche auch zugleich die "Hölle" ist, wie es durch ihr Zeichen ~, das umgekehrte Zeichen der Liebe (2) für den Mystiker ver-

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ständlich genug dargestellt ist. Ihre Aura ist

an sich grau, wird aber durch die darin thäti-

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gen Prinzipien verändert. Das in unserem

ständlich genug dargestellt ist. Ihre Aura ist an sich grau, wird aber durch die darin thätigen Prinzipien verändert. Das in unserem Erdballe auf dem jetzigen Zeitpunkte der Evolution am meisten hervortretende Prinzip ist 1> Saturn (Kama Manas). Demgemäss entspricht auch grün der Farbe der Vegetation auf unserer Welt.*)

Erdballe auf dem jetzigen Zeitpunkte der

Evolution am meisten hervortretende Prinzip

ist £ Saturn (Kama Manas). Demgemäss ent-

spricht auch grün der Farbe der Vegetation

auf unserer Welt.*)

Ein bloss theoretisches Wissen dieser Dinge

hat keinen praktischen Wert. Ganz anders aber

verhält sich die Sache, wenn die okkulte Wis-

senschaft zu unserem geistigen Wachstum in

Anwendung gebracht wird. Sie zeigt- uns,

dass wir uns dadurch zu einer höheren Stufe

des Bewusstseins und Daseins aufschwingen

können, indem wir die Schwingungen einer

höheren Daseinsebene in uns aufnehmen und

unsere eigenen mit denselben in Einklang

bleiben, oder mit anderen Worten, indem wir

uns anhaltend in eine höhere Stimmung ver-

Ein bloss theoretischesWissen dieser Dinge hat keinen praktischen Wert. Ganz anders aber verhält sich die Sache, wenn die okkulte Wissenschaft zu unserem geistigen Wachstum in Anwendung gebracht wird. Sie zeigt- uns, dass wir uns dadurch zu einer höheren Stufe des Bewusstseins und Daseins aufschwingen können, indem wir die Schwingungen einer höheren Daseinsebene in uns aufnehmen und unsere eigenen mit denselben in Einklang bleiben, oder mit anderen Worten, indem wir uns anhaltend in eine höhere Stimmung versetzen und darin verbleiben, bis diese Stimmung

setzen und darin verbleiben, bis diese Stimmung

*) Alles das wird für den beschränkten Gelehrtenver-

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stand, der keine mystische Begabung hat, wenig verständlich

sein. Mystische Schriften können nur verstanden werden,

wenn sie im mystischen Sinne aufgefasst werden, wozu nicht

bloss Scharfsinn, sondern auch Geist gehört.

*) Alles das wird für den beschränkten Gelehrtenverstand, der keine mystische Begabung hat, wenig verständlich sein. Mystische Schriften können nur verstanden werden, wenn sie im mystischen Sinne aufgefasst werden, wozu nicht bloss Scharfsinn, sondern auch Geist gehört.

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zu unserer Natur geworden ist. Das Gemüt

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kann mit einer Harfe verglichen werden, wel-

che tiefe, mittlere und hohe Töne hat. So

zu unserer Natur geworden ·ist. Das Gemüt kann mit einer Harfe verglichen werden, welche tiefe, mittlere und hohe Töne hat. So lange wir uns nur in den tiefen Akkorden bewegen, werden diese Akkorde oder auch ~Iisstöne zu unserem eigenen Wesen; steigen wir in unserem Empfinden und Denken, Wollen und Handeln zu einer höheren Stufe empor, so wird unser eigenes Wesen dadurch ein höheres. Es ist aber wohl zu unterscheiden z\vischen dem Fluge der Phantasie und dem \virklichen \Vachstum. Der Sch\vänner verlässt den sicheren Grund, auf dem er steht und fliegt in die höheren Regionen, 'wo er keinen bleibenden Aufenthalt findet, sondern bald wieder zur Erde zurückkehren muss; der \vahre Baum der Erkenntnis aber wurzelt fest in der Erde, er verlässt nicht den Boden, auf dem er steht, aber seine Zweige erheben sich hoch in die Luft und sein Gipfel \vohnt im Lichte der unvergänglichen Sonne.

lange wir uns nur in den tiefen Akkorden

bewegen, werden diese Akkorde oder auch

Misstöne zu unserem eigenen Wesen; steigen

wir in unserem Empfinden und Denken, Wollen

und Handeln zu einer höheren Stufe empor,

so wird unser eigenes Wesen dadurch ein

höheres. Es ist aber wohl zu unterscheiden

zwischen dem Fluge der Phantasie und dem

wirklichen Wachstum. Der Schwärmer ver-

lässt den sicheren Grund, auf dem er steht

und fliegt in die höheren Regionen, wo er

keinen bleibenden Aufenthalt findet, sondern

bald wieder zur Erde zurückkehren muss; der

wahre Baum der Erkenntnis aber wurzelt fest

in der Erde, er verlässt nicht den Boden, auf

dem er steht, aber seine Zweige erheben sich

hoch in die Luft und sein Gipfel wohnt im

Lichte der unvergänglichen Sonne.

Für jeden, der fähig ist, das Schöne, Edle,

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Wahre und Gute in sich zu empfinden, ist es

ein leichtes, sich dieser Empfindung hinzu-

geben und sich zum Göttlichen zu erheben.

Wie aber die Schöpfung ohne das schöpferische

Für jeden, der fähig ist, das Schöne, Edle, 'Vahre und Gute in sich zu empfinden, ist es ein leichtes, sich dieser Empfindung hinzugeben und sich zum Göttlichen zu erheben. \Vie aber die Schöpfung ohne das schöpferische

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Wort „Es werde!" nicht zustande gekommen,

und nur ein schöner Traum geblieben wäre,

so ist auch alles Schwärmen im Reiche des

Idealen nichts weiter als eine vorübergehende

Wort "Es werde!" nicht zustande gekommen, und nur ein schöner Traum geblieben wäre, so ist auch alles Schwärmen im Reiche des Idealen nichts weiter als eine vorübergehende Schwärmerei, so lange das Ideale nicht in uns selber verwirklicht wird.

Schwärmerei, so lange das Ideale nicht in uns

selber verwirklicht wird.

Diese Verwirklichung geschieht durch die

That. Das Wort „Karma" bedeutet „Hand-

lung". Unser Denken und Empfinden be-

stimmt unser Sprechen und Handeln. Nicht

durch Empfinden und Denken, Wünschen

und Wollen, sondern durch unser Thun und

Lassen erschaffen wir uns unser eigenes We-

sen, und die Art unseres Wesens bestimmt

ihrerseits unser Denken und Wollen, unser

Lassen und Thun. Unser Karma ist unser

eigenes Erzeugnis, das Resultat unserer Hand-

Diese V erwirklichung geschieht durch die That. Das Wort "Karma" bedeutet "Handlung". Unser Denken und Empfinden bestimmt unser Sprechen und Handeln. Nicht durch Empfinden und Denken, Wünschen und Wollen, sondern durch unser Thun und Lassen erschaffen wir uns unser eigenes Wesen, und die Art unseres Wesens bestimmt ihrerseits unser Denken und Wollen, unser Lassen und Thun. Unser Karma ist unser eigenes Erzeugnis, das Resultat unserer Handlungen, und das Produkt unseres Karma ist unser eigenes Selbst. Wir selbst sind die Kinder unserer Thaten, .die wir in der Vergangenheit' sei es in diesem oder in einem früheren Leben, begangen haben, und unser jetziges Wollen, Denken und Thun bestimmt die Stellung, die wir unserem Wesen gemäss in der Zukunft, in diesem oder in einem zukünftigen Leben auf Erden einnehmen werden.

lungen, und das Produkt unseres Karma ist

unser eigenes Selbst. Wir selbst sind die Kin-

der unserer Thaten, die wir in der Vergangen-

heit, sei es in diesem oder in einem früheren

Leben, begangen haben, und unser jetziges

Wollen, Denken und Thun bestimmt die

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Stellung, die wir unserem Wesen gemäss in

der Zukunft, in diesem oder in einem zu-

künftigen Leben auf Erden einnehmen werden.

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— 462 —

Wie es in der äusserlichen Natur ein Gravi-

tationsgesetz giebt, demgemäss jeder Körper

dort seinen Schwerpunkt hat, wohin er seiner

Wie es in der äusserlichen Natur ein Gravitationsgesetz giebt, demgemäss jeder Körper dort seinen Schwerpunkt hat, wohin er seiner Natur gemäss gehört, so ist auch im Geistigen ein ähnliches Gravitationsgesetz vorhanden, demgemäss schliesslich jeder Mensch diejenige Stellung findet, die ihm gebührt. Der Dieb, selbst wenn er in seinem früheren Leben ein Papst oder König gewesen wäre, wird unter Dieben, der Gute unter den Guten wiedergeboren, und selbst in diesem Leben strebt jeder derjenigen Stellung in der Gesellschaft zu, für die er geeignet ist; wenn sich auch oft der Erreichung derselben unüberwindliche Hindernisse als Folgen des gesellschaftlichen Karmas, an dem jeder einzelne teilnimmt, tn den Weg stellen.

Natur gemäss gehört, so ist auch im Geistigen

ein ähnliches Gravitationsgesetz vorhanden,

demgemäss schliesslich jeder Mensch diejenige

Stellung findet, die ihm gebührt. Der Dieb,

selbst wenn er in seinem früheren Leben ein

Papst oder König gewesen wäre, wird unter

Dieben, der Gute unter den Guten wieder-

geboren, und selbst in diesem Leben strebt

jeder derjenigen Stellung in der Gesellschaft

zu, für die er geeignet ist; wenn sich auch oft

der Erreichung derselben unüberwindliche

Hindernisse als Folgen des gesellschaftlichen

Karmas, an dem jeder einzelne teilnimmt, in

den Weg stellen.

Wer aber den Banden des Karma, die

ihn gefangen halten, entrinnen will, der muss

dem eigenen persönlichen Selbst mit seinem

Selbstwollen und Selbsthandeln entsagen, und

indem er ganz in der selbstlosen, göttlichen

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Liebe aufgeht, nur dasjenige empfinden, den-

ken, wollen und thun, was die göttliche Weis-

heit in ihm will und wozu ihn ihr Wille be-

wegt; d. h. sein Denken und Wollen und

Wer aber den Banden des Karma, die ihn gefangen halten, entrinnen will, der muss dem eigenen persönlichen Selbst mit seinem Selbstwollen und Selbsthandeln entsagen, und indem er ganz in der selbstlosen, göttlichen Liebe aufgeht, nur dasjenige empfinden, denken, wollen und thun, was die göttliche Weisheit in ihm will und wozu ihn ihr Wille be\vegt; d. h. sein Denken und Wollen und

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— 463 —

Handeln muss aus der wahren Erkenntnis der

Wahrheit entspringen, und diese Erkenntnis

ist keines Menschen Werk, sondern das Pro-

Handeln muss aus der wahren Erkenntnis der Wahrheit entspringen, und diese Erkenntnis ist keines Menschen Werk, sondern das Produkt der göttlichen Gnade, welche jeden Menschen erfüllt, sobald er die Hindernisse überwunden hat, welche sich ihrem Eindringen entgegenstellen. Diese Hindernisse aber sind die Irrtümer und Täuschungen, an denen der Mensch festhält , und das Gesetz des Karma oder der Notwendigkeit ist dazu da, un1 ihn auf dem Wege der Erfahrung durch die Schule des Leidens auf den Weg zur Erkenntnis zu führen. Somit steht hinter dem Gesetze der eisernen Notwendigkeit, welches "Auge für Auge und Zahn für Zahn" erheischt, das Gesetz der göttlichen Liebe, welches die ganze Welt durch die Kraft der Erkenntnis erlöst.

dukt der göttlichen Gnade, welche jeden

Menschen erfüllt, sobald er die Hindernisse

überwunden hat, welche sich ihrem Eindringen

entgegenstellen. Diese Hindernisse aber sind

die Irrtümer und Täuschungen, an denen der

Mensch festhält, und das Gesetz des Karma

oder der Notwendigkeit ist dazu da, um ihn

auf dem Wege der Erfahrung durch die Schule

des Leidens auf den Weg zur Erkenntnis zu

führen. Somit steht hinter dem Gesetze der

eisernen Notwendigkeit, welches „Auge für

Auge und Zahn für Zahn" erheischt, das Ge-

setz der göttlichen Liebe, welches die ganze

Welt durch die Kraft der Erkenntnis erlöst.

Nicht Selbstlosigkeit im Nichts, sondern

Erhabenheit über das eigene Selbst durch die

Kraft der Erkenntnis ist deshalb der Zweck

unseres Daseins; nicht ein Verschwinden der

Selbstheit im Ganzen ohne dessen Erkenntnis,

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sondern eine Ausbreitung unserer Daseins-

sphäre über das Ganze, so dass sie das Ganze

umfasst. Da ist von keinem Verluste der In-

dividualität des Einzelnen, sondern von einem

Nicht Selbstlosigkeit im Nichts, sondern \ Erhabenheit über das eigene Selbst durch die Kraft der Erkenntnis ist deshalb der Zweck unseres Daseins; nicht ein Verschwinden der Selbstheit im Ganzen ohne dessen Erkenntnis, sondern eine Ausbreitung unserer Daseinssphäre über das Ganze, so dass sie das Ganze umfasst. Da ist von keinem Verluste der Individualität des Einzelnen, sondern von einem

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— 464 —

Wachstume derselben, so dass sie das Ganze

in ihr Bewusstsein aufnimmt und es in ihre

Liebe einschliesst, die Rede. Dann erst wird

Wachstume derselben, so dass sie das Ganze in ihr Bewusstsein aufnimmt und es in ihre Liebe einschliesst, die Rede. Dann erst wird die Erde mit dem Himmel im Einklang sein und selber zum Himmel werden, wenn jeder nicht für sich selbst, sondern für alle lebt. Dann lebt aber auch jeder im anderen und alles in jedem; dann erst kann der Mensch sein \vahres Dasein geniessen, wenn er in sich selber das Ganze erkennt.

die Erde mit dem Himmel im Einklang sein

und selber zum Himmel werden, wenn jeder

nicht für sich selbst, sondern für alle lebt.

Dann lebt aber auch jeder im anderen und

alles in jedem; dann erst kann der Mensch

sein wahres Dasein gemessen, wenn er in sich

selber das Ganze erkennt.

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Druck von Carl Otto in Meerane.

Druck von ea.rl Otto in Meerane.

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