Jakob Böhme - Christosophia, oder Der Weg zu Christo, 1730

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CHRISTOSOPHIA

oder

er

Seg

verfaſſet

zu

Shrifto

in Neun

Büchlein ,

nun in Acht zuſammen gezogen ,

welche handeln

Von wahrer

Buſſe , und

vom

Schlüſſel Göttlicher Geheimniffe ; vom H. Gebet ; von der wahren Gelaſſenheit; von der Wies dergeburt ; vom überſinnlichen Leben

von Göttlicher

Geſpråch einer erleuch ,

Beſchaulichkeit; nebſt einem

teten und unerleuchteten Seele; und dann von den vier Complexionen . Geſtellet aus Göttlichem Erkentniß

durch

Jacob Böhmen von Alt- Seidenberg, ſonſten Teutonicus Philoſophus genant. Gedruckt im Jahr des ausgebornen groſſen Heils I 7 3

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Summariſcher Inhalt

des Weges zu Chriſto .

1. Von wahrer Buſſe. Das 1. Büchlein . Vorrede des Autoris. Proceß der Buſſe .

pag. 1 6

Šurke Form der Beichte vor GOttes Augen. 9 Kurke Andeutung,wie die arme Seele wieder vor GOtt treten und um das edle Ritter-Krăngs

lein ſtreiten ſoll, was für Waffen ſie anziehen fou, fo ſie willwieder GOttes Zorn , auch wies der Teufel,Welt und Sünden,mit Fleiſchund Blut, wieder Sternen und Elementen , und

wieder alle Feinde in Streit ziehen. Proceß . Gebet.

14 15

Ånleitung, wie die Seele ſoll ihrem lieben Ruhs len, wann derſelbe im Centro, in der verſchloſ ſenen Cammer der Seelen , anklopfet , ber gegnen . 18 Ein gar ernſtes Gebet in der Anfechtung , wieder GOttes Zorn im Gewiſſen,auch wieder Fleiſch

und Blut, wann der Verſucher zur Seele trit und mit ihr ringet. 20 Unterweiſung in der Verſuchung.

( 2

22

Kurke


Summariſcher Inhalt. Kurse Formula des Gebets, wenn die edle SO phia mit ihrer Liebe die Seele küffet, und ihr die 23 Liebe anbeut. Gebetlein um Göttliche Wirckung, Schuß und Regierung , wie das Gemüthe im Lebenss Baume Chriſto, mit und in GOtt wircken 25 fou . Gebet in und wieder die Anfechtung untermCreus ke Chriſti; in Zeit , wann alle Feinde auf uns ſtůrmen , und wir im Geiſte Chriſti verfolget, gebaſſet und für Ubelthäter geſchmäher und ges 27 låſtert werden . Gebet oder Geſpräch zwiſchen der armen verwuns deten Seele und der edlen Jungfrau Soa phia im inwendigen Grunde des Menſchen,

als mit dem Geiſte Chriſti in der neuen Ges burt , aus feiner Menſchheit in uns und der 30 Seelen 2c. Gebetlein des Morgens , fo man aufſtehet, ſich

GOtt zu befehlen , ehe man was anders in ſich 36 låffet. ibid. Abend - Gebetlein. i

Das 2.Büchlein von der wahren Buſſe. Eine kurge Andeutung von

dem Schlüſſel zum

Verſtande Göttlicher Geheimniß , wie der

*

Menſch in ſichýzu Göttlicher Beſchaulichkeit ges 37 langen müge.

II. Vom H. Gebet.

43

Vorrede, vom wahren Grund der rechten Bets Kunſt, was das Gebet fey , und warum uns ibid . GOttheiſſe beten. Anleitung, wie ſich ein Menſd) zu ſolcher Orda nung


Summariſcher Inhalt.

nung und Ubung zum rechten Beten ſchicken 50 fou . Beichte und rechte Buß - Wirkung vor GOttes 53 Angeſichte. Dancefagung und Gebet,wann der Menſch nach folcher Buß -Wirckung die Göttliche Kraft in 56 ſich empfindet. Gebet zu der groſſen Feuer -brennenden Liebe GOttes, um dieſelbe recht zu lieben . 57 Gebete aufalle Tage in der Wochen , des Mors

gens,Mittags und Abends,wie der Menſch ſoll in ſteter Ubung und Wirckung feyn.

59

III. Von der wahren Gelaſſenheit. 85 Eines rechten Chriſten - Menſchen Proceſſus, wie er

gehen ſoll.

90

IV . Von der Neuen Wiedergeburt.

109

V. Vom úberſinnlichen Leben.

143

VI. Von Göttlicher Beſchaulichkeit.

165

1. Cap . Was GOtt ſey, und wie man ſeinGöttli,

1

ches Weſen an ſeiner Offenbarung erkennen ibid . fou. -2 . Cap. Vom Gemüth , Willen und Gedancken des menſchlichenLebens,wie daſſelbe feinen Urs ſtand vom Willen GOttes habe,und wie es ein Gegenwurf als ein Bild GOttes fer , in deme 176 GØtt wolle wirckeund wohne. 3.Cap . Voin natürlichen Grunde. Wie dieNas tur ein Gegenwurf Göttlicher Wiſſenſchaft ſey , dadurch ſich der ewige ( einige) Wille mit der

ungründlichen übernatürlichen Wiſſens

ſchaft empfindlich, ſichtlichy, wirckende und wol. lende mache ; und was Myſterium Magnum ; wie


Summariſcher Inhalt. wie alles von , durch und in GOtt fey ; wie GOtt allen Dingen ſo nahe ſey ,und alles in al 185 len erfülle.

4. Cap . Von dem Ein und aus : wie ſich der Ewige Wille GOttes Auss und in Empfinds lichkeit ein , und wieder in das Ein eins 198 führe.

VII . Geſpräch einer erleucht und unerleuch . 201 teten Seele. VIII . Troſt- Schrift von 4 Complexionen .220 Von den Urſachen der Furcht oder Traurigkeit, und was das Entfeßen oder die Angſt ſey. ibida Von den vier Complexionen mit ihrenEigenſchaf ten : Was die Seele und der gange Menſch thut, wenn die Seele blos von der Complea rion und vom Geſtirn ihr Feuer- Leben ans 226

zündet. Recept vor den ſchwarzen Teufel.

231

Von der Anfechtung aus der Melancholiſchen Complexion und dem Geſtirne. 237

Von der Choleriſchen Complexion. Von der Sanguinifchen Complexion .

248 249

Von der Phlegmatiſchen Complexion.

250

ERRATA, Pag. 81. Zeile so . für von dir lies vor dir . Pag . 108. Zeile 19. für Turbam dich einmal lies Turbam einmal. Pag. 115.

Zeile 8. für daran lies davon. Pag.128. Zeife 7.für davon lies davor. Pag . 192. Zeile 35. für ausgewachſen lies auf: gewachſen . Pag. 222. Zeile 14. får äuſſern lies åuſſern Welt. Pag. 227. Zeile 34. für gleichte lies gleichet. Das


1 Das Erſte Büchlein

DE

POENITENTIA

VERA

oder

Son

wahrer

Buffe ,

Wie ſich der Menſch im Willen und Gemüthe in fich ſelber erwecken müſſe ;

und was feine Betrachtung und ernſter Fürſak ſeyn ſolle, wann er will kräftige Buſſe wircken ; und mit was für einem Gemůthe er folle vor GOtt tres ten , wann er will von GOtt Vergebung der Sünden bitten und erlangen :

Samt kurßen Gebets - Formeln, wie ſich des Menſchen Seele in ſich ſelber in der Gnade GOttes erwecken , dieſelbe in ſich

faſſen und ergreiffen foll. Geſchrieben im Jahr 1622. durch Sacob Böhmen.

Gedrudt im Jahr des ausgebornen groſſen Heils 17 30.

1


+ 1

.

1


2* IX. let CHRISTOSOPHIA , ober

Der

SSeg zu Chriſto,

verfaffet in Neun Büchlein , nun in Acht zuſammengezogen. Das Erſte Büchlein . DE

POENITENTIA

VERA ,

oder Son wahrer Bulle. Das 1. Büchlein . Wie ſich der Menſch im Willen und Gemüthe in ſichy ſelber erwecken müſſe , und was ſeine Betrachs tung und ernſter Fårſak feyn folle, wann er will kraftige Buſſe wircken ; und mitwas für einem Ges můthe er folle vor GOtt treten , wann er wil von GOtt Vergebung der Sünden bitten und erlangen ? Vorrede des Aucoris an den GOttliebenden

Leſer. S. Paulus faget : Alles was ihr thut, das that im ftament des eren , und dandet GOtt und dem Vater in Chriſto Jeſu . Ottliebender Refer ! wirſt du dis Büchlein recht brauchen, und dir laffen ein Ernſt feyn , du wirft ſeinen Nußen wol erfahren : Id will dich aber $ gewarnet haben, iſt dirs nicht ein Ernſt, ſo laß die theuren Namen GOttes (indeme die höchſte Heiligkeit damit genant, gerůget und machtig begehret wird) ſteben ,daß fie dir nicht den Zorn GOttes in deiner Seelen entzünden. Dann 2 wan


IX. Weg zu Chriſto. man ſoll den H. Namen GOttes nicht mißbrauchen . Dieſes Büchlein gehdret allein denen,die da gerne wolten Buſſe thun, und in Begierde zum Anfange ſind : Sie werden es beyderſeits erfabren, was darinnen für Worte ſind , und woraus fie ge boren. Hiermit der ewigen Güte und-Barmhertigkeit Göt: tes empfohlen !

Summarien . Es Menſchen Gemüth iſt von GOtt abgewandt', ſuchet das Ir: diſche, liebet ſich ſelbſt, s. 1. ift GOttes Feind, 2. und an 3 Stets ten angebundcu , welche ſind: GOttes Zorn , des Teufels Be. gierde und Fleiſch und Blut. 3. Darum ſoll er ernſtlich betrachten den Sod, 4. und Gottes gerechtes Gericht, 5. auch die Verlierung des Göttliden Ebenbildes ;6. Desgleichendie Strafe der Verdammten, 7. und der Welt eitelen Lauff: 8. in welcher Betrachtunger in ſeinem Herken und Gemüthe fichfühlen wird. 9. Wer nun in Reue gehet: dem iſt gar leicht gerathen ; 10 . wer aber in ſich im Streit ſtehet : dem if folgender Proceß geſchrieben . 11. Wer da gerne wolte Buſſe thun, aber feine rechte Rene in ſich findet , 12. der muß in einem ſtrengen Sinn ſtehen , alles zeitliche zu verlaſſen.ohne Zurückgehen , 13. undvon der Liebe Jeſu Chriſti nichts böſes vermuthen. 14. Er ſoll ihm gånga lich die groſſe Liebe GOttes einbilden , 15. daß GDtt in der Liebe Chris Ati nichts Böſes wollen kann, 16. und dencken , daß GOtt in und auſſer thin gegenwärtig ſey ; 17. auch glauben, daß er mit ſeiner Seelen vor der H. Gottheit ſtehe.18. Eine kurße Form der Beicht vor GOttes Augin .19. Wo der Fürſak recht Ernſt iſt ; iſt keine Formul nöthig.20. GOttes Proceß iſt mancherley. 21. Es komintwol, daß man nicht gleich Erhörung triegt,22. in welchein Unfange viel verderben. 23. Darum muß eineStandhaftigkeit fenn, 24. und rechter Ernſt. 25. Die Seele muß in groffer liebe-Begierde um die Edle Jungfrau Sophia buhlen , 26. ein Eeufches, zúchtiges Gemüth haben, 27. nüchtern , ernſtig und demüthig ſenn, 28. und der Edlen Sophia ein Gelübde thun .29. Ges bet. 30. Warnung an den l'eſer . 31. Es muß Ernſt ſenn . 32. Die Chriſtus, 33. 34. und ihre Zuſage hals Seele inuß verſuchet werden wie ten . 35. Demuth muß an der Spiße ſtehen , wieder des Čeufels Gea genſtand. 36. 37. Der ſieget : wird gecrönet. 38. Dann kommt Vers achtung der Gottloſen , ja auch der allerbeſten Freundé. 39. Ein gar Ernſtes Gebet in der Únfechtung wieder GOttes Zorn im Gewiſſen , auchwieder Fleiſch und Blut, wann der Verſucher zur Seelen trit undmit ihr ringet .40. Jedweder Menſch muß durchs Gericht.41. Eine furke formula desGebets, wann die Edle Sophia mit Ihrer Lies be die Seele küſſet,und ihr die Liebe anbeut. 42. Ein Gebetlein um Göttliche Wirckung , Schuß und Regierung , wie das Gemüthe im Lebens- Baume Chriſtomit und in Gött wircken roll . 43. Ein Ges bet in und wieder die Anfechtung unterm Creuse Chriſti , in Zeit, wann alle Seinde aufuns ſtürmen , und wir im Geiite Chriſti verfola get, gebaſſetund für ubelthåter geſchmåhet und gelåſtert werden .44. Cin Gebetlein oder Geſpräche zwiſchen der armen verwundeten See. fen

1


1. Von wahrer Buffe. 3 len und der Edlen Jungfrauen Sophia , im inwendigen Grunde des Menſchen . 45-51. Waruung an den leſer. 52. Ein Gebetlein des Morgens, ſoman aufſtebet,rich Gott zu befehlen, ebe man was ander$ in ſich låſſet. 53. Ein Abend-Gebetlein.54. I. Ann der Menſch will zur Buffe ſchreiten , und ſich mit ſeinem Gebete zu GDte wenden ; To ſoll er vor allem Gebete fein Gemüth betrachten , wie daſſelbe ſo gang !und gar von GOtt abgewandt ftebet, wie es an GOtt fey treulos worden ; wie es nur in das zeitliche, zerbrechlice, irdiſde Leben gerichtet fey , und keine rechte Liebegegen GOtt und ſeinen Nacbifen fübre; und wie es alſo gang wieder GOttes Gebot lüftere und malle, und nur ſich ſelber in zeitlicher, vergånglicher Fleiſches -luft ſuce. 2. Zum andern ſoll er betrachten , wie diefes alles eine

Feindſchaft wieder GOtt iſt, welche ihm der Satan, durch ſeinen Trug, in unſern erſten Eltern erwecket bat ; um welches Greuels willen wir des Codes ſterben, und mit unſern Leibern verweſen müſſen. 3. Zum dritten ſoll er betrachten die grauſamen drey Keto ten, daran unſere Seele die Zeit dieſes irdiſchen Lebens feſte angebunden ift ; Als die erſte ift GOttes ſtrenger Born , der Abgrund und finſtere Welt, welche das Centrum und creas türliche Leben der Seelen iſt. Die andere Kette ift des Deus fels Begierde gegen der Seelen ,damiter die Seele ſters fichtet, verſuchet, und ſieohne Unterlaß von GOttes Wahrheit in die Eitelkeit,als in Hoffart, Geiß , Meid und Zorn ffurfen will, und dieſelben boſen Eigenſchaften, mit ſeiner Begierde, fters in der Seelen aufblåſet und anzündet, dadurch ſich der Seelen ille von GDtt wendet, und in eine Selbheit eingebet. Die zte und allerſchädlichſte Kette, darant die arme Seele ans gebunden ſtehet, iſt das verderbte und gang eitele , irdiſche, fterbliche Fleiſch und Blut, voll bófer Begierde und Neigs lichkeit. Alhier ſoll er betrachten, wie er mit Leib und Seele itt dem Sünden -Schlamm , in GOttes Zorne im Racen der Höllen Abgrund bart gefangen liege , wie GOttes Zorn in Seele und Leib in ihm brenne, und wie er der ſtinckende Såu : Hirte ſey , welcher ſeines Baters Erbe habe mit des Teus fels Maſtfauen in irdiſcher Wolluſt verpranget und verzehret, als SDites liebe und Barmbertigkeitsund nicht mabrgenoms 1 2


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IX . Weg zu Chriſto.

men babedes theuren Bundes und Verſöhnung des unſchul digen Leidens und Todes Jeſu Chriſti, welchen GOtt aus lauter Gnaden in unſere Menſchheit eingegeben , und uns in Ihmverföhnet hat ; auch wie er des Bundes der H. Sauffe ( in welchem er feinem Heiland hat Glauben und Treu zugeſagt) To gant vergeſſen, und ſeine Gerechtigkeit (welche ihm GOtt in Chriſto aus Gnaden geſchendt) fo gang in Sündent befudelt und verdunckelt, daß er nun ießt mit dem ſchönen Kleide der Unſchuld Chriſti, welches er beflecket hat , vor GOttes Anges ficht ſtehe als ein kothicher , zerriſſener und zerlumpter Såu Hirte, der ſtets mit des Teufels Säuten die Ereber der Eitels keit gefreſſen, und fey nicht werth, daß er ein Sohn des Baters und Glied Chriſti genennet werde. 4. Zum vierten ſoll er ernſtlich betrachten, daß der grimme Tod alle Stunden und Augenblick feiner wartet, und will ihn mit dieſem Säu - Hirten Kleide in ſeinen Sünden und Greueln ergreiffen, und in Abgrund der Höllen ſtårßen ,als einen Mein eldigen und Glaubbrüchigen , welcher zum Gerichte GOttes in der finſtern Sobes- Kammer folle behalten werden . 5. Zum fünften ſoll er das ernſte und ſtrenge Gericht GOt tes betrachten ,da er ſoll lebendig mit ſeinen Greueln vor das Gerichte geſtellet werden, und ihme alle diejenigen , welche er þat alhie niit Worten und Werckenbeleidiget, und zum Ubel verurſachet,daß ſie aus ſeinem Trieb baben auch Sünde ger wircket, werden unter Augen treten , ihn verfluchen , und fol 4 ches vor den Augen Chriſti,auch vor allen heiligen Engeln und Menſchen : Und wie er alda werde in groffen Scanden und Gpotte, darzu in groffem Schrecken , und ewiger Berzweifer lung ſtehen ; Und ivieihn daswürdeewigreuen , daß er inn ſo einer kurßen Zeit Wolluſt willen, habe eine ſo groffe ewige Ses tigkeit verſcherget, und feiner nicht beffer wabrgenommen, daß er auch möchte unter der Semeinſchaft der Heiligen ſenn, und des ewigen Lichtes und Göttlichen Kraft genieſſen . 6. Zum ſechſten folt er betrachten, wie der Gottloſe feine eds le Bildniß ( wie ihn GOtt zu ſeinem Bilde geſchaffen þat) vers leuret , und eine ungeſtalte larva, gleich einem holiſchen Durm , oder greulichen Sbier bekommt, da er dann ein Feind . GOttes, wieder den Himmel und alle heilige Engel und Mens fchen iſt; und wie ſeine Gemeinſchaft ewig in der grauſamen Finſterniß, unter den Ieufeln und hddiſoben Würmen iſt. 7. Zum


1. Von wahrer Buffe . 5 7. Zum ſiebenten ſoll er ernſtlich betrachten die ewige Straffe und Pein der Verdammten, wie ſie in ewigem Schre: den , in ihren hie gemachten Greueln follen Pein leiden, und das Land der Heiligen in Ewigkeit nicht ſchauen , auch keine Erquicung erlangen mogen , wie bey dem reichen Mann zu les ben iſt. Solchesſoll der Menſch ernſtlich betrachten ,und dens den, wie ihn GOtt babe in ein ſolch ſchon und herrlich Bilde geſchaffen, in ſein Gleichniß, in deme Er ſelber wohnen will ; daß Er ihn habe in ſein lob, zu ſeiner ſelbſt ewigen Freude und Herrlichkeit geſchaffen ; daß Er moge neben den heiligen Ens geln mit den Kindern SDttes , in groffer Freude , Kraft und Herrlichkeit, im ewigen lichte wobnen , in Sange und Klange der Harmonie der Engliſchen und Gottlichen Freudenreich : daß er fich folte mit den Kindern SDttes emig freuen , ohne Furcht einiges Endes, da ihn kein bóſer Gedancke rühren ton te, auch kein Leid noch Summer , weder Hiße-noch Kälte, da man von keiner Nacht weiß, auch kein Tag noch Zeit mehr iſt, ſondern eine emige Freude ; da Seele und Leib in Freuden zittern , und ſich der unendlichen Wunder und Kräfte, in Scho: ne der Farben , und Zierbeit der unendlichen Gebärung in der Weisheit GDttes, auf der neuen cryſtalliſchen Erden , welche als ein durchſcheinend Glas feyn wird , erfreuen ſolte : Und wie er es alſo muthwillig verſibergen thue, um einer ſolchen kurßen, ſchnóden Zeit willen, welche doch in dieſer Eitelkeit , in dem bofen Leben des wollüftigen Fleiſches , voll Jammer , Furcht und Unrube iſt, in eitel Quálen ; und gebet doch dem Gottloſen als dem Frommen ; wieeiner ſterben muß, alſo auch der ander ; und da der Heiligen Tod doch nur ein Eingang in die ewige Rube iſt, und der Gottloſen Tod ein Eingang in die Erige Unruhe. 8. Zum achten ſoll er betrachten den Lauff dieſer Welt , wie alles nur ein Spielwerck ſey , damit er ſeine Zeit in Unrube zu: bringet, und daß es dem Reichen und Gewaltigen gebet wie dem Urmen , wie wir alle gleich in den vier Elementen leben und ſchweben, und daß dem Armen fein Biſſen ſomol fchmecket in ſeiner Múbe, als dem Reichen in ſeiner Sorge: Daß wir alle in einem dem leben , und daß der Reiche nichts als nur eine Mund-leckerey und Augen Luft zum Vortheil habe ; ſonſt gehts einem wie dem andern , um welcher Augen-Luft wil len der Menſch eine ſolche groſſe Seligkeit verfüerget , 23 und


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IX . Weg zu Chriſto.

und ſich in ſolce groſſe ewige Unrube um des willen eins führet. 9. In ſolcher Betradtung wird ſich der Menſch in ſeinem Bergen und Gemüthe fühlen , ſonderlich , ſo er ihme fein Ende ftets fürmodelt,daß er wird ein berblich Sehnen und Verlans gen nach GDttes Barmberßigkeit bekommen ; und wird ans fahen ſeine begangene Sünde zu bereuen ,daß er feine Tage ſo ůbel zubracht hat,und nicht wahrgenommen noch betrachtet, wie er alhie in dieſer Welt in einem Acker im Bachren ſtebe, entweder eine Frucht in GOttes Liebe oder Zorn ; und wird ſich erſt beſinnen, daß er noch nichts in Chrifti Weinberge ges arbeitet habe, und daß er ein důrrer Rebe am Weinſtock Chris ſti ſer : Da dann in manchem , welchen der Geift Chriſti in folcher Betrachtung růbret, groß Jammer und Hergenleib , in rich ſelber Klagen, überbauffen angebet , über die Tage feiner Bosheit,welche er alſoohneWirckung in Chriſti Weinberge,in der Eitelkeit verſchoben, und zugebracht hat. 10. Dieſem nun, welchen der Geiſt Chriſti in Reue einfübs ret, da ſein Herß eröffnet wird, daß er kann ſeine Súnde erkens nen und bereuen, iſt gar leichtlich zu rathen : Er darf nur die Verheiſtungen Chriſti anziehen, das GOtt nicht den Tod des armen Sünders will. Ezech. 33: 11. fondern beiſlet fie alle zu Sich kommen, Er wil ſie erquicken ;"Matth. II: 28. Und daß groſſe Freude im Himmel ſen , über einen Sünder der Buffe thut. Luc. 15: 7. Dieſer ergreiffe nur die Worte Chriſti, und wickele ſichinChriſti Leidenund Tod ein. 11. Aber init denen willich reden, welche zwar eine Begierde Zur Buſſe in fich fühlen , und können aber nirgend zur Erfents niß noch zur rechten wahren Reu über ihre begangene Sünde kommen ,da das Fleiſch immer zur Seele ſpricht :Harrenoch , Morgen iſts gut ; und wann dann Morgen kommt, ro ſpricht das Fleiſch wieder, Morgen ; Dadie arme Seele achbet , und in Dunmacht ſtehet, und empfabet meder rechte Reue über die begangene Sünde, tioch einigen Troft: Denen ſage ich , will ich einen Proceß Tchreiben, den ich ſelber gegangen bin , was ihm zu thun fey, und wie mir es gegangen iſt; ob es einen lůs ſiete nachzufolgen , ſo wird er es erfahren, was bienach ges Fohrieben iſt.

Proceß der Buſſe. 12. Wann der Menſch einen Hunger, durch ſolche obbenans


1. Von tvahrer Buffe. te Betrachtung in ſich findet, daß er gerne wolte Buſte thun , und findet aber keinerechte Reue über die begangene Sünde in ſich, und gleichwol einen Hunger nach Reue (wie dann die ară me gefangene Seele immerdar achßet, fieb fürchtet, und vor ODttes Gerichte der Sünden fich ſchuldig geben muß, ) der kann es beffer nicht macben , als er raffe Sinnen und Gemütbe, mit aller Bernunft zuſammen in Eines :, und mache ihm zur ſelben Stunde, alſobald in der erſten Betrachtung,wann er fich in Luſt zur Buſſe füblet,einen gewaltigen Fürſas, daß er dieſe Stunde, und dieſe Minute alſobald wil in die Buffe eingeben , und von dem gottloſen Wege ausgehen, auch aller Welt Macht und Ehrenichts achten, und wo es ſeyn ſoll, alles umber wahs ren Buſſe willen verlaſſen , und für nichts achten . 13. Und feße ibm einen ſolchen barten und ſtrengen Sinn für, daß erniminermehr will wieder davon ausgeben, und ſolte er gleich aller Welt Narr darinnen ſeyn , und daß er wolle mit ſeinem Gemütbe, aus der Schönbeit und Wolluſt dieſer Welt, in das Leiden und Tod Chriſti, in und unter ſein Creuk gebula tig eingehen, und ſeine ganze Hoffnung auf das zukünftige les ben richten, und wolle nun in Gerechtigkeit und Wahrheit in Chrifti Weinberge eingeben, und SDttes Willen thun , und in Chriſti Geiſte und Willen alle ſeine Werck in dieſer Welt anfaben und vollenden, und wolle um Chrifti Wort und Vers beiſſung willen, indem er uns himmliſche Belohnung zugefac get bat,alles Unglück und Creus gerne leiden und tragen , daß er nur möge unter die Gemeinſchaft der Kinder Chriſti gea Zeblet , und im Blute des Lammes Jeſu Chriſti, in ſeine Menſchheit eingeleibet und vereiniget feyn . . 14. Er ſoll ihm feſtiglich einbilden , und ſeine Seele gant darein wickeln ,daß er in ſeinem Fürſage werde die Liebe SDts tes in Chriſto Télu erlangen, und daß ihme GOtt werde nady feiner treuen Berbeiſſung daßedle Pfand, den H.Geiſt, zu feie nem Anfang geben, daß er in der Menſchheit Chriſti, nach himmliſchen Göttlichen Leſen , werbe in ihm ſelber neugebos ren werden, und daß ihme der Geiſt Chrifti werde ſein Gemüa the in ſeiner Liebe und Kraft verneuren , und ſeinen ſchwachen Glauben kraftigmachen,auch daß er in ſeinen Göttlichen Hun : ger werde Chriſti Fleiſch und Blut in ſeiner Seelen: Begier: de, welche ſtets barnach hungert und dürftet, zu einer Speiſe und Trand bekommen, Joh .6:55. und mit der Seelen - Durft trims U 4


IX. Weg zu Chrifto.. 8 trinden ausdem füffen Brúnnlein JEfu Chrifti, das Waſſer des ewigen Lebens, nach Chriſti Berheiſſung , und wahrhafs. figer ſtarcker Zuſage. Joh . 4: 10 . 15. Er follibm auch ganglich einbilden die groffe Liebe GDts tes , daß ODtt nicht den Tod des Sünders wolle , ſondern will daß er ſich bekehreund lebe. Ezech. 33: 11. Und wie Chri ftus die armen Sünder alſo freundlich zu fich ruffet , wie Er fie wil erquicken ; Matth. 1:28 . Und daß Gott ſeinen Sohn darum babe in die Welt gefandt, zu ſuchen und feélig zu mas dhen , das verloren iſt, alsden armen , bußfertigen , wieder's tehrenden Sünder, und wie er um des armen Sünders willen babe ſein Leben in den Tod gegeben , und für ihn in unſerer ans genommenen Menfchbeit geftorben fey. 16. Mebr ſoll er ibm feſtiglich einbilden , daß ihn GOtt in Chriſto JEſu viel lieber wolle erhören und zu Gnaden annebs. men , als er zu Ibn komme, und daß Ott in der Liebe Chriſti, in dem bochtbeuren Namen Jeſu , nichts Böſes könne wollen , daß kein Zornblick in dieſem Namen ſey , ſondern Er iſt die böchſte und tieffte Liebe und Treu , die allergroffeſte Süßigkeit der Gottheit in dem groſſen Namen JEHOVA , welchen Er in unſerer verderbten und verblichenen Menſchheit des himmlis fchen Iheils , welches im Paradeis durch die Sünde verblich , bat offenbaret, und ſich deshalben nach ſeinem Herzen bewes get , daß Er uns feine füffe Liebe einfisflete , auf daß des Bas ters Zorn , welcher in uns entbrant war , dadurc veridiche, und in Liebeverwandelt würde, welches alles um des armen Sünders willen gefcbeben iſt , daß der möchte wieder eine ofs fene Gnaden - Pforte erlangen. 17. In ſolcher Betrachtung ſoll er ihm feſtiglich einbilden , daß er dieſe Stunde und Augenblick vor dem Angefichte der H. Dreyfaltigkeit ſtebe, und daß GDtt wahrhaftig in ibm und auffer ihm gegenwärtig lep , vermoge der 5. Schrift: Bin nicht Jobs, der es alles erfüllet ? Jerem . 23:24. (Itém, Das Wort iſt dir nabe , als nemlich in deinem Munde und Herßen . Rom . 1o : 8.) Item , Wir wollen zu euch kommen, und Woh: nung in euch machen. Joh . 14:23. Item , Ich will alle Sage bis an der Welt Ende bey euch bleiben . Matth. 28:20. Stein , Das Reid GOttes iſt inwendig in euch . Luc. 17:21. 18. Alſo ſoll er gewiß wiſſen und glauben , daß er mit ſeiner Seelen feſtevor dem Ungerichte JEfu Chriſti, vor der heilis gen


1. Don wahrer Buffe.

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gen Gottheitſtehe, und daß ſich ſeine Seele habe růcklings von GOttes Angeſicht gewandt , und daß er iego dieſe Stunde wolle ſeiner Seelen Augen und Begierde gegen GOtt wenden, und mit dem armen verlornen , und wiederkehrenden Sohne Jum Bater kommen. Er ſoll mit untergeſchlagenen Augen Teiner Seelen und Gemütbes, in Furcht und höchſter Demuth por GOtt anfaben ſeine Sünde und linwürdigkeit zu beichten, mie folget : Eine kurße Form der Beicht vor

GOttes Augen . Dieſe Beichte mag ihm ein ieder nach ſeinem Anlie: gen formiren und vermehren , wie ihn der H. Geiſt wird lehren :

Ich will nur eine kurze An leitung geben.

19 . ve aller Weſen , der du dich in Chriſto JEfu , aus große Ter Liebe gegen uns , mit deinem Heiligen Weſen in unſerer Menſchheit baſt offenbaret. ic armer, unwürdiger, ſündis ger Menſch , komme vor dein geoffenbartes Ungefichte, in der Menſcbbeit JEfu Chrifti, wiewol ichs nicht mertb bin , daß ich meine Augen zu dir aufbebé, und flebe vor dir , und bekenne dir , daß ich an deiner groſſen liebe und Gnade, die du uns ge fcbencfet haſt, bin treulos und brüchig worden . Ich babe den Bund , welchen du aus lauter Gnaden durch die Tauffe mit mir gemacht haſt , in welchem du mich zum Kind und Erben des ewigen Lebens baft angenommen , verlaffen ; und babe meine Begierde in die Eitelkeit dieſer Welt eingeführet, und meine Seele damit beſudelt, und gang viebiſch und irdiſch ges macht, daß fich auch meine Seele vor Sünden -Schlamm nicht kennet, und gang für ein fremdes Kind vor deinem Angeſichte achter, das nicht werth iſt, daß es deiner Gnade begehren ſoll. Ich liege im Schlamm der Sünden und Eitelkeit meines ver : berbten Fleiſches ,biß an den Gauinen meiner Seelen , und ba be nur noch ein klein Fündklein des lebendigen Odems in mir, welches deiner Gnaden begebret ; Ich bin mir in der Eitelkeit alſo tobt worden , daß ich auch in dieſer Eitelkeit meine Augen nicht zu dir aufheben darf. DODtt in Chriſto IEſu, der du um der armen Sünder willen A5


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ix . Weg zu Chriſto.

willen biſt Menſch worden , daß du ihnen helfen willis Dir klage ichs , zu dir habe ich noch einen Funcken der Zuflucht in meiner Seete : ich habe dein erworbenes Erbe , bas du durch deinen bittern God uns armenMenſchen erworben baft, nichts geachtet, und mich der Erbfchaft der Eitelkeit in deines Bas ters Zorn , im Fluche der Erden theilhaftig gemacht, und bin in Sünden gefangen , und an deinem Reiche balb erſtorben . Ich liege in Ohnmachtdeiner Kraft, und der grimmige Tod wartet meiner , der Teufel bat mich vergiftet, daß ich dich meineu Heiland nicht kenne. Ich bin ein toilder Zweig an deia nem Baum worden , und babemein Erbe an dirmit des Seus fels Säuen verzehret. Was ſoll ich vor dir ſagen , der ich dei ner Gnaden nicht werth bin ; Ich liege im Schlaffe des Todes, der hat mich gefangen, und bin mit dreven ſtarcken Ketten bart angebunden. D ou Durchbrecher des Todes,komm mir doch zu Hülfe, ich kann und vermag nichts , ich bin mir tobt worden , und habe keine Kraft vor dir , und darf auch meine Augen vor groſſer Schande vor dir nicht aufheben , dann ich bin der beſu delte Säu - Hirte, und habe mein Erbe mit der falſchen bubs teriſchen Hure der Eitelkeit , in Fleiſches - luft vertban, ich has be mich in eigener Luſt geſucht, und nicht Dich. Nun bin ich in meiner Selbheit zum Iboren geworden , und bin nacket und blos , meine Schande ffebet mir unter Augen , ich kann fie nicht verbergen dein Gerichte wartet meiner, was ſoll ich vor dir ſagen ,der du aller Welt Richter biſt ? Ich habe nichts mehr, das ich Dir fürtragen kann , bie ſtehe ich vor dir nacket und blos , und falle vor deinem Angeſichte zu Boden , und klage dir mein Elend , und lebe zu deiner groſſen Barmherbigkeit: wiewol ichs nicht wertb bin , fo nim mich doch nur in deinen Sod , und laß mich doch nur in deinem Tode, meines Todes ſterben ; Schlage doch Du mich in meiner angenommenen Ichbeit zu Boden , und tådte durch deinen Sod meine Ichbeit, auf daß ich nicht mebr mir ſelber lebe, weil ich in mir felber nur Sünden wircke ; rorohlage du doch das böſe Thier , voll falſcher Lift und eigener Begierde zu Boden , und erloſe doch die arme Seele von ihren ſchweren Banden . D barmherßiger GOtt, deine Liebeund Langmuth iſts, daß ich nicht albereit in der Hele liege: Ich ergebe mich mit meis nem gangen Willen , Sinnen und Gemüthe in deine Gnade, und flehe zu deiner Barinherbigkeit. Bch ruffe dir durch deinen


1. Von wahrer Buffe.'

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deinen Sod , aus dem kleinen Füncklein meines Lebens, mit dem Tode und der Höllen umfangen , welche ihren Raden ges gen mir aufſperren , und wollen mich gar im Tode verſchlins gen ; der du zugeſaget haft : Du wilft das glimmende Socht nicht auslöſben. Nun babe ich keine andere Straſſe zu dir, als dein Leiden und Sterben , weil du unſern Tod durch deine Menſchbeit baft zum Leben gemacht, und die Retten des Todes jerſprenget; ſo er ſendeich meiner Seelen Begierdein deinen. Sod , in die aufgebrochene Pforten deines Todes . groffer Brunquen der Liebe GOttes , taß mich doch meis ner Eitelkeit und Sünde, in dem Tode meines Erløſers JEfu Cbriſti ſterben ! Dou Ddem der groſſen Liebe GOttes , erquicte doch mei nen ſchwachen Doem in mir , daß er anfahe 'nach dir zu bun gern und zu bürſten ! DJEſu , du füffe Kraft , gib doch mei: ner Seele aus deinem Gnaden - Brünnlein deines füſſen als fers des ewigen Lebens zu trincken , daß ſie vom Tode aufwa che, und nach dir dürfte. Ach wie gar mattiſt fie doch an dei ner Kraft! O barmherßiger GOtt, befebre du doch mich, ich tann nidyt! Ddu Ritter des Todes , bilf du mir doch ringen , wie báltmich der Feind an ſeinen drey Retten , und will mei. ner Seelen Begierde nicht laffen vor dich kommen ; fomm doch du , und nim meiner Seelen Begierde in dich , fey doch du mein Zug zum Bater , und erloſe mich von des Teufels Banden ! Siebe nicht an meine Ungeſtalt, daß ich vordir nas det ſtehe, und habebein Kleid verloren , bekleide doch nur mei: nen Odem , der noch in mir lebet, und deiner Gnade begebret, und laß mich noch eins reben dein Heil. Allertiefeſte Liebe , nim doch meiner Seelen Begierde in dich , fübre ſie dod aus des Codes Banden , durch dcinen Sod , in deiner Auferſtehung in dir aus ! Erquicke mich doch in deiner Kraft , auf daß meine Begierde und Willen anfabe neu zu grünen ! Ach du überwinder des Todes und Zernes GOttes , überwinde doch du in mir meine Ichbeit, zerbrich ihren Willen , und zerknirſche meine Seele , daß fie ſich vor dir fürchte, und ſtets vor dir zu Boden falle, und fich ihres cigenen Willensvor deinem Gerichte ſchäme, daß ſie als dein Bercfzeug dir gehorſam ſey ; Beuge du fie in Zodes Banden , nim ihr die Gewalt, auf daß ſie ohne dich nichts wolle ! DGOtt Heiliger Seift,in CHriſto meinem Heiland ! lebre mich


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IX. Weg zu Chrifto.

mich bod was ich thun foll, daß ich mich moge zu dir wendent wende doch meinen Willen in mir zu dir, zeuch doch du mich in Chriſto zum Vater , und hilf mir, auf daß ich ießt von nun an, von der Sünden und Eitelkeit ausgebe, und nimmermehr wieder darein eingehe : Erwecke du eine rechte Reue úber die begangene Sünde in mir ; balt mich doch an deinem Bande, und laß mich nicht von dir los, daß mich der Seufel nicht richte in meinem böſen Fleiſch und Blut , und wieder in den Tod des Sodes führe : Erleuchte doch meinen Geiſt, daß id die Göttlis de Babn febe , und ſtets gebe: Nim doch du von mir, was mic wendet von dir , gib doch du mir, was mich ſtets wendet zu dir ; nimm mich mir , und gib mich ganß zu eigen dir : Laß mich doch nichts obne dich anfaben , wollen , denden noch thun. Ud wie lange , HErr ! bin ichs doch nicht werth, das ich von dir begehre : Laß doch meiner Seelen Begierde nur in den 3 horen deiner Borbofe wohnen , mache ſie nur zu deiner Diener Knecht, errette ſiedoch nur aus der grauſamen Grus ben , da kein Troſt noch Erquicfung innen iſt . D GOtt in Chrifto JEfu , ich bin mir blind , und fenne mich nicht vor Eitelkeit , du biſt mir in meiner Blindbeit vers borgen, der du doch nabe bey mir bift: Aber dein Griman bat mich finſter gemacht, welchen meine Begierde erwecfet bat; Nim doch nur den Ddem meiner Seelen - Begierde zu dir , průfe ihn HErr , und zerſdelte ihn , daß ineine Seele moge eis men Strahldeiner Püſſen Gnaden erreichen ! Bor dir liege ich als ein Sodter , deſſen Leben auf ſeinem Gaumen fowebet , als ein kleines Fünclein , zünde du es doch an HErr , und richte meiner Seelen Odem vor dir auf ! HÉrt , ich warte auf deine Zuſage, der du geſagt baft : So wahr ich lebe, ich habe nichtLuftam Tode des Sünders, fons dern daß er ſich bekehre und lebe; Icherfencke mich in den Tod meines Erlófers JEfu Chrifti , und barre deiner , dein Wort ift Wahrheit und Leben , Amen . 2. Auf folcheoder dergleichen Art, wie ſich ein ieder in ſeis nem Gewiſſen fühlet, in was Sünden er ſeine Seeleeingefübs ret bat , mag er beichten , wiewol, foder Fúrſag recht Ernſt iſt, keine Formula nothig jumachen iſt ,dannder Geift ŚDttes, welcher balde im Willen des Gemüths iſt,wird ſie ihme im Ges wiſſen wol ſelber machen ,dann Er iſts, der in einer rechten erns ften Begierde ſelber die Buſſe wirckt, und die Seele durch Chris fti Sod vor GOtt vertrit. 21. Dem


1. Von wahrer Buſſe.

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21. Dem lieben Leſer , welcher in einem Chriſtlichen Für: fag iſt , willich aber nicht bergen, wie es gemeinlich in ſolchem barten Fürſaspfleget ju zugeben, zwar einem anderſt als dem andern , nachdem der Furfag ernftlich und groß iſt : dann der Geift GDttes iſt ungebunden und pfleget mancherley Pro ceß zu halten , wie er einen ieden kennet. Jedoch , der im Kriege geweſen iſt, der kann vom Streite reden , obs einem auch alſo ginge , zur Nachricht. 22. Es komme, daß ein ſolch Hert mit ſtrengem Fürſake alſo vor GOtt fort, und in die Buſſe eingebet: Es gebet ihin aber wie dem Cananaiſchen Weiblein , als molte SDtt nicht bören , fein Herge bleibet ohne Troſt, es treten ihm noch wol feine Sünden und unwürdigkeit unter Augen, als ſey ers nicht werth , fein Gemütbe iſt, als wäre es ſtumm , die Seele ach Bet in der Tieffe, das Herß empfahet nichts , kann auch wol feine Beichte vor GOtt nicht ausſchütten gleich als wäre ihme ſein Berg und Seele verſchloffen , die Seele wolte gerne , aber das Fleiſch bålt ſie gefangen ; der Teufel decker feſte zu , und modelt ihm den Weg der Eitelkeit wieder vor , und fißelt ihn mit Fleiſches-Luſt , und Taget im Gemüthe: Harre noch, thue erſt diß und das , famle dir zuvorhin Geld , daß du der Welt nicht darfſt, alsdann trit in ein frommes Leben , in die Buffe, es iſt Zeit genug . 23. Dwie viel hundert verderben in ſolchem Anfange, fo fie wieder in die Eitelkeit eingeben ; und gehet ihnen , als einem jungen Pfropflein , das von Winden abgebrochen wird , oder vonder Hibe verborret. 24. Håre , liebe Seele , wilſt du ein Ritter des Todes und der 5 Slen in deinem Heilande Chriſto werden , und milft, daß dein junges Pfropflein ein Baum im Reiche Chrifti werbe und wachſe , ſo muſt du im erſten ernſten Furlaß bleiben ftes ben , es koſtet dein erſtes Båterliches Erbe , darzu dein Leib und Seele ; entweder ein Engel in GOtt, oder ein Seufet in der Hölle: Wilſt du gecrónetwerden , fo muſt du ſtreiten , du muſt in Chriſto ſiegen, und nicht vor dem Teufelunten liegen. Dein Fürſas rollbleiben ſtehen , du mußt zeitliche Ehre und Gut dieſem nicht vorziehen . 25. Wenn des Fleiſches Geiſt faget : Harrenoch, es iſt iego nicht angenehme ; Somuß die Seele ſagen : Es iſt ießt meine Beit und Stunde, daß ich wieder in mein Vaterland eingebe, baraus


14 IX. Weg zu Chriſto. daraus mich mein Vater Adam hat ausgeführet, es ſollmid teine Creatur halten , und ſolteſt du irdiſcher bofer Leib darum zu drümmern gehen und verſchmachten, ſo will ich anieko in den Roſen -Garten meines Erldfers Ieſu Chriſti, durch ſein Leiden und Tod zu Ihne , mit meinem Willen und ganger Bes gierde eingehen, und dich , du irdiſcher Leib , der du mirmeine Perle haft verſchlungen , welche GDtt meinem Vater Adams im Paradeis gab , in Chriſti Dode dåmpfen , und den Willen deiner Wolluſt in der Eitelkeit brechen , und dich , als einen böfen Hund , an die Kette meines ernſten Fürfabes anbinden, und ſolteſt du gleich aller Menſchen Narr darum reyn , ſo folft du doch meiner Seelen ernſten Fürſak geborſamen ; Von dies ſer Kette fell dich niemand auflöſen , als der zeitliche Sod. Darzu belfe mir GOtt und ſeine Kraft ! Amen . Eine kurze Andeutung , wie die arme Seele wieder vor GOtt treten ſoll, und wie ſie um das edle Rits ter Frånglein ſtreiten folle, was für Waffen ſie anziehen ſoll, ſo ſie will wieder GOttes Zorn, auch wieder Teufel, Welt und Sünden ,mit Fleiſch und Blut , wieder Sternen und Elementen , und wieder alle Feinde in Streit ziehen. 26. Liebe Seele , zu dieſem gehöret Ernſt , es muß nicht nur eine Erzehlung ſolcher Worte feyn , der ernſte fürgeſegte Wille muß das treiben , oder wird nicht erlanget werden. Dann , will dic Seele Chriſti Ritter-Krånglein von der Ellen Jungfrau Sophia erlangen . ſo muß fie in groſſer Liebes -Be: gierde mit ihr darum buhlen ; fie muß fie bey ihrem allerhei ligſten Namen darum bitten, und in gar groſſer zůchtiger Des muth vor Sie treten , nicht als ein brünſtiger Stier, oder gei le Benus : Alſo langeſie ſolche find , ſollen fie folches nicht be gehren , ſie erlangens nichts und ob was erlangt würde in die ſer Zeit, ſo iſt es bey ſolchen doch nur ein Glaſt tarvon . 27. Aber ein züchtiges Gemüth mags wol erlangen, daß die Seele in ihrer edlen Bildniß , welche in Adam ſtarb , lebendig gemacht werde, verſtehet in der himmliſchen leiblichkeit , nach dem inwendigen Grunde, und daß fie das Siegs- Krånßlein auficke, welches , ob es gefchiche, doch der Seelen wieder abs genommen , und als eine Crone beygeleget wird . Gleichwie man einen König crónet , und hernach ſeineErone verwahret; Alfo

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1. Von wahrer Buffe. 15 ſo geſchicht auch der Seelen, weil ſie noch mit dem Sündens Haufe umgeben iſt, dainit, ob ſie wieder fiele, nicht ibre Cro ne beſudeltwürde. Hiemit den Kindern , ſo dieſes Wiſſen und erfahren haben , verſtandig genug geredet, kein Gottloſer (Sau -Menſch) iſt dieſes ferner zu wiſſen würdig. Proceß. 28. Hiezu gehöret ein nüchtern Gemütbe , welches in ern ſtem Fürſaße, und in höchſter Demuth , mit Reue feiner Sünden , vor GOtt alſo trete , da ein Fürſaß innen iſt, daß der Menſch nicht mehr will in die alte Fußſtapfen der Eitelkeit eintreten , und ſolte ihn die gange Welt darum für nårriſch balten , er auch Ehr und Gut darum verlieren , dazu das zeit liche Leben , ſo wolte er dennoch darinnen verharren . 29. Ein fold Gelübde muß er der Edlen Jungfrau Sophia in ſeinem Fürfaß und Gemüthe thunt , will er ihre Ehe und Liebe erlangen. Denn Chriſtus fagte auch alſo : Wer nicht verlåſſet Weib , Kinder, Brüder, Schweſtern, Geld, Gut, und alles was er bat , ja auch fein irdiſch Leben , und folget mir nach , deriſt meiner nicht werth. Solches verſtehet Chriſtus auf das Seeliſche Gemüthe, daß, ob etwas wäre, welches das Gemüthe hierinnen wolte aufhalten , wie ſchön und herrlich das in dieſer Welt zu ſeyn auch ſchiene, ſoll es doch das Ge můthe nichts achten , und lieber wollen entbehren, als die Lies be der Edlen Jungfrauen Sophia im Gewächſe der Blume Chriſti, in ſeiner zarten Menſchheit in uns, nach himmliſcher Leiblichkeit. Denn das iſt die Blume zu Saron , die Rofe im Sbal, davon Salomon ſpielet, und ſeinen lieben Bublen, feine zůchtige Jungfrau nennet, welche er alſo liebete, ſo wol alle Heiligen vor und nach ihme ie geliebet haben : Welcher ſie kat erlanget, der bat fie feinePerle gebeiſſen. Wie nun um dieſe zu bitten ſey , folget bienach eine kurgeAnleitung : das Werck aber wird dem 5. Geifte befohlen , in iedem Hergen , da ſie ge ſucht wird , derſelbe formet ihme ſelber das Gebet. Gebet. 30. och armer , unwürdiger. Menfch , fomme abermal S8 vor dich , D groſſer, heiliger GOtt , und bebe ießt meine Augen zu dir auf ob ichs wol nicht werth bint, fo bat mich aber deinegroffe Barmhertigkeit, und deine theure Zus fage in deinenı Borte, kühne gemacht, daß ich iegt die Augen meiner


Leben in unſerm Fleiſch worden , ſo faſſe ichs in meiner See: len - Begierde , als mein eigen Leben , und dringe mit meiner Seelen Begierde durch dein Wort im Fleifche Chriſti (durch ſeine beilige Empfängniß in Maria der Jungfrauen , und durch ſeine gange Menſchwerdung, durch ſeine heilige Geburt, durch ſeine Bauffe am Jordan , durch ſeine Berſuchung in der Wüſten, da er in der Menſchheit des Teufels und dieſer Welt Reich überwandt, durch alle ſeine kraftige Wunderwercke, die Er auf Erden that, durch ſeinen Sport und Berachtung, durch fein unſchuldig Leiden und Sterben ; durch ſein Blutvergieffen, da GOttes Zorn mit in der Seele und Fleiſch erſäuffet ward ; durch ſeine Rube im Grabe, da Er unſern Vater Adam aus ſeinem Schlaff aufweckte, da er war des Himmelreichs einges fchlaffen ; durch ſeine Liebe , die durch den Zorn drang , und in der Seelen die Hölle überwandt und zerſtörete ; und durch ſeine Auferſtehung von den Jodten , durch ſeine Himmelfarth , durch die Sendung des H. Geiſtes in unſere Seele und Geiſt, und durch alle ſeine Worte und Verheiſſung , daß du GOtt Vater wilft den H. Geilt geben , denen die dich in dem Namen, und durch das Wort das Menſch ward , bitten werden ) in dich . • Odu Leben meines Fleiſches und der Seelen,inChriſto meis nem Bruder ! zu dir flebe ich in meiner Seelen Hunger , und bitte

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IX . Weg zu Chriſto. 16 meiner Seelen Begierde zu dir aufbebe : dann meine Seele bat ießt das Wort deiner Verheiſſung in ſich gefaſſet, und mit dies ſem komint fie zu dir ; und ob ſie noch ein fremdes Kind vor dir iſt , welches dir ungehorſam war , nun aber begehret gebors ſam zu feyn , ro windet ſid, aber meine Seele ießt mit ihrer Bes gierde in das Wort ein , das Menſch worden iſt , das Fleiſch und Blut worden iſt, das in meiner Menſchheit die Sünde un den Tod zerbrochen bat, das in meiner Seelen den Zorn in Lie: be verwandelt yat, das dem Tode ſeine Macht, und der Höllen ihren Sieg in Seele und Leib genommen hat , welches meiner Seelen eine offene Pforten zu deinem klaren Angeſichtdeiner Kraft gemacht hat. In dieſes allerheiligſte Wort habe ich, groffer, allerheiligſter GOtt, meiner Seelen Hunger und Bes gierde eingeführet, und komme ießt vor dich , und ruffe in mets nem Hunger durch dein Wort , das Fleiſch und Blut worden iſt , in dict , du lebendige Quelle : Dieweil dein Wort iſt das

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1. Von wahrer Buffe. bitte dich aus allen meinen Kräften , wieivol fie ſchwady find, gib mir doch , was du mir in meinem Heilande Jeſu Chriſto gefcbencfet und verſprochen baſt, als ſein Fleiſch zur Speiſe, und ſein Blut zum Tranck , meiner armen hungerigen Seelen zur Labung , auf daß ſie in deinem Wort , das Menſch warb, moge kraftig werden , und fich erquicken , dadurch ſie recht lửa fternb und hungerig nach dir werde. D tiefe Liebe in dem allerſüſſeſten Namen JEſu ! ergib dich doch in meiner Seelen Begierde ein : baſt du dich doch darum in der Menſchheit beweget, und nach deinergroſſen Süßigkeit offenbaret, und ruffeſt uns zu dir , die wir nach dir þungerig und durſtig find ; und baſt uns zugeſaget , du wolleft uns er: quiden : Jegt ſperre ich meiner Seelen Gaumen gegen dir , o allerheiligſte, füfleſte Wahrheit, auf; und ob ich unwürdig bin , von deiner Heiligkeit ſolches zu begehren , ſo komme ich aber durch dein bitter Leiden und Tod zu dir , da du meine Uns reinigkeit baft mit deinem Blute beſprenget , und in deiner Menſchheit gebeiliget, und mir eine offene Pfortedurch deinen Tod zu deiner füfſen Liebe in deinem Blute gemacht; duro deine heilige fünf Wunden , daraus du deinBlut vergoffenn führe ich meiner Seelen Begierdein deine Liebe ein . DIEfu, Chriſte, GOttes und Menſchen Sohn! nim doch dein erwors benes Erbe, das dir dein Bater bat geſchendet, in dich ! I ruffe in mir durch dein heiliges Blutund Tod in dich, thuedich in mir auf, daß dich meiner Seelen Geiſt in fich erreiche : Greiffe dumit deinem Durſt nach meinem Durſt in mir, füba cedeinen Durſt, den du am Beiligen Ereuße nach uns Mens fchen batteft, in meinem Durſt , und trände michmit deinem Blute in meinem Durſt , auf daß mein Sod in mir , der mich gefangen hält, in deinem Blute der Liebe erſäuffe, und mein verblichenes Bilde ( das in meinem Bater Adam in der Sün . den des Himmelreichs verblid ) in deinem träftigen Blutela bendig werde ; und zeuch es meiner Seelen wieder an , als eia nen neuen Leib , der im Himmel wohnet , darinnen deine beſo lige Kraft und Wort , das Menſch ward , inne mobnet , wels ches der Sempel deines H. Geiftes iſt, derin unswohnet: Wie du uns zugeſaget baft : Wir wollen zu eudikommen und Mohnung in euch machen.

D groß.


IX . Weg zu Chrifto . groffe Liebe Jeſu Chriſti! Ich kann nichts mehr,als icy erſende meine Begierde in dich , dein Wort, das Menſch ward, iſt die Wahrheit : Weil du mich haft heiſſen kommen, ſo kom, me ich iego , mir geſchebe nach deinem Worte und Wifen . Amen. Warnung an den Leſer. 31. Wolmeinende wil ich dir, lieber Leſer, nicht bergen , was mir hieber ernſtlich gezeiget iſt: Iſt dir noch in der Eitels keit des Fleiſches wol, undbiff nicht in ernſtem Fürſaße, auf dem Wege zur neuen Wiedergeburt, in willens ein anderer Menſch zu werden, ſo laß die obgeſchriebenen Worte in dieſem Gebet ungenant, oder werden dir in dir zum Gerichte GOttes werden : Duſolſt die beiligen Namen GOttes nicht mißbrau : chen , ſen treulich gewarnet, ſie gehören der dürftigen Seelen ; ist es ihr recht Ernft, fie wirds erfahren was fie find. 18

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Anleitung, wie die Seele fou ihrem lieben Buhlen , * wann derſelbe im Centro, in der verſchloſſenen Kammer der Seelen, anklopfet, begegnen. 32. Liebe Seele , es muß Ernſt reyn, ohne Nachlaß . Die Liebe eines Ruſſes, der Edlen Sophia in dem beiligen Namen JESU, crtangeſt du wol, dann fic fiehet ohne das vor der ge und klopfet an, undl warnet den Sünder rdes Thür, Secten h et a ise r , $ : So er nun einm alſo ihre Liebe bege Den Poiſt ſie ibm zu willen und füffet ihn mit den Strahlen ihrer füren Liebe, davon das Herß Freude empfabet ; aber in das Ehebette leget fie ſich nicht balde zur Seelen, das iſt, fie wecket nicht balde das verblichene Himmels Bilde, welches im Pas radeis verblich, in ſich auf, es iſt Gefahr bey dem Menſchen , dann fiel Adam und Lucifer, fo mags noch wol geſchehen, die weil der Menſch noch alſo ſtarck in der Eitelkeit angebunden

ſtebet. 33. Es muß ein treues Band deiner Zuſage feyn, fod fie dich cronen , du muſt vpn ebe verſuchet werben, ſie nimt ibre Liebe-Strahlen wieder von dir, und ſiehet, ob du wilft Treue Balten ; fie laſſet dich auch wol fleben, und antwortet dir nicht init einem Blicke ihrer Liebe : Dann ſoll fie dich crónen, fo muft du von ebe gerichtet werden , daß du bas ſaure Bier, welches du dir baſt eingeſchencket in deinen Greueln, ſchnecteft : Du muſk von ebe vor die Pforten der Höhen, und deinen Sieg, um und

!


19 1. Von tvahrer Buffe : and in ihrer Liebe in der Kraft, dainit fte did anblictete, wier der des Seufels Angriff bereifen . * 34. Chriſtus ward in der Wüſten verſuchet; wilſt du Ihn anziehen , ſo muſt du durch ſeinen gangen Proceß, von ſeinec menfibwerbung an bis zu ſeiner Himmelfahrt, geben : Ob du wol nicht kanſt noch darfeſt das thun , was er gethan bat, fo muft du doch gånglich in ſeinen Proceß eingeben, vnd der Sees ten Eitelkeit in ſeinem Proceß immerbar abſterben : Dann Tungfrau Sophia verináhlet ſid , anderſt gar nicht mit der Seelen , als nur in dieſer Eigenſchaft, welche in der Seelen durch Chriſti od ausgrünet, als ein neu Gewachſe, das im Himmel ſtehet: Der irdiſche Leib ergreiffet ſie dieſe Zeit nicht, bann er muß von ebe der Eitelkeit abfterben ; aber das Hims mels Bilde, welches in Adam verblich , als der wahre Weibess Same, darinnen GOtt Menſch ward, und feinen lebendigen Samen Himmliſcher Wefenbeit darein führete, ter ergreiffet Das edle Perlein, auf Art wie in Marien in Ziel dieſes Bundes geſchabe. 35. Darum fiebe zu , was du thuſt; ſageſt du zu, fo halt, fie wird did lieber crdnen als du es begebreft : Uber du muſt ftes ben, wann der Berſucher mit der Welt Wolluſt, Schöne und Herrlichkeit zu dir trit, ſo muß es das Gemütbe verwerfen, und ſagen : Ich foll Knecht im Weinberge Chrifti feyn, und nicht Herr ; deffen alles, was ich babe, bin ich nur ein Diener GOttes darüber, und folle darmit thun, wie mich ſein Wort lehret, mein Herke foll zum Ulberr im Staub, und ſtets demůs thig reyn. 36. Du ſepeſtin was Stande du wolleft, ſo muß Demuth an der Spige ſtehen, fonften erlangeſt du nicht ihre Ehe, wies wol wahre Demuth erſt in ihrer Ehe geboren wird, aber dein Freyer Wille der Seelen muß als ein Ritter ſieben: dann ſo der Teufel nichtmag mit der Eitelkeit der Seelenobſiegen, daß fie ihme nicht will anbeiſſen,ſo kommt er mit der Unwürdigkeit, mit dem Sünden -Regiſter, alda giltesKämpfens. . 37. Alhie muß Chriſti Berdienſt an die Spige geſtellet mets den , anderſt kann die Creatur nicht vor dem Teufel fiegen , dann es gehet alhie mit Manchen ſchrecklich zu , daß auch die åuſTere Bernunft meinet, dieſer Menſch ſer finnlos, und vom Teufel befeſſen : Alſo grauſam wehret ſich der Teufel in Man . dem , zumal, ſo er hat ein groß Raub-Schloßin ihme schabt, B 2 mann


20 IX. Weg zu Chriſto . wann er foll weichen , und fein Raub - Schloß verlaffent. Albie gilt es Kämpfens, da Himmel und Hölle mit einander ſtreiten . 38. So nun die Seele alhie beſtandig bleibet, und dem Deus fel in allen ſeinen Angriffen obſieget, und alles Zeitliche nichts achtet, um der Liebe ihrer Edlen Sophia willen ſo wird ihr das theure Ritter-Krånglein zu einem Siegs- Zeichen aufgeſeket. Alhie trit die Jungfrau, welche ſich aus dem theuren Namen Chriſto dem Schlangen -Treter, als dem Gefalbs JESU, mit ten GOttes offenbaret, zur Seele, und küſſet ſie mit ihrer für feſten Liebein der Effens gang innerlich, und drückt ihr ihre Liebe zum Siegs: Zeichen in ihre Begierde ein ; und alhie ftes bet Adam nach feinem himmliſchen Theil vom Tode auf in Chrifto. Davon ich nicht ſchreiben kann , es iſt keine Feder indieſer Welt dazu ,dann es iſt die Hochzeit des Lammes, da das edle Perleingeſået wird, zwar mitgroſſem Triumpf, dochy ift es erſtlich klein als ein Senftorn, wie Chriſtus faget. 39. Wann dieſe Hochzeit vorüber iſt, ſoll die Seele nun zuſehen, was ſie ihrer Jungfrauen gelobet hat, daß dasPers len .Bäumlein wachſe und zunehme: Dann alda wird alsbalde ber Jeufel mit ſeinem Sturm -Wetter, mit gottloſen Menſchen kommen, welche es verachten , verſpotten, und für eine Unfina nigkeit ausſchreyen : Ulda muß der Menſch nun in Chriſti Pros ceß unter ſein Ereuß treten ;alhie gilt es nun erſt mit der That Beweiſens, daß wir uns laffen Chriſten nennen , da muß er ſida laſſen für einen Narren und gottloſen Menſchen ausruffen , ja ſeine allerbeſten Freunde, welche ihme zuvorhin in des Fleis ſches Luſt haben geliebtofet, werden ießt ſeine Feinde, und ob ſie gleich nicht wiſſen warum , doch baſſen ſie ihn. Alſo gar deckt Chriſtus ſeine Braut unterm Creuße zu , daß fie in dieſer Welt nicht erkant werde, auch thut ſolches der Teufel, daß dies fe Kinder der Welt verborgen bleiben, auf daß ihme nicht ets wan viel folcher Zweige in ſeinem vermeinten Garten wachſen. Soldes ſeße ich dem Leſer Chriſtliches Gemüths zur Nach richtung, ob es ihn auch alſo tráfe, was ihme zu thun ſep. Ein gar ernſtes Gebet in der Anfechtung, wieder GOttes Zorn im Gewiſſen, auch wieder Fleiſch und Blut, wann der Verſucher zur Seelen trit, und mit ilır.ringet. Ullertiefſte LiebeGOttes in Chrifto JEfu ! verlaß 40 . mich

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1. Von wahrer Buſſe.

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mich nicht in dieſer Noth ; ich bin ja der Sünden ſchuldig, wels dhe mir ießt im Gewiſſen aufſteigen; verlåffeſt du mich, ſo muß id verſincken : Du baſt mir ja in deinem Wort zugefaget : D6 eine Mutter ihres Kindes vergaſſe, welches doch ſchmerplich zuginge, noc wilft du meiner nichtvergeſſen ; in deine Hande baſt du mich gezeichnet, in deine mit den ſcharfen Någeln durdgrabene Hände, und in deine bole Seite, daraus Blut und Waſſer rann , baſt du mich eingezeichnet. Ich armer Menſch , in deinem Zorn ergriffen , kann noch vermag ieto vor dir nichts, ich erſencke midynur in deine Wunden und Tod ein. D groffe Barmhertigkeit GOttes, erldſe mid doc pon des Teufels Banben ! babe ſonſt keine Zuflucht in nichts, als nur in deinebeilige Wunden und Tod. In dich erſincte ich in Angſt meines Gewiſſens,mache du es mit mir wie du wilſt. In dir millic ieft leben oder ſterben, wie du wilft, laß mich doch nur in deinem Tode ſterben und vergeben, begrabe mich nur in deinem Sod, daß mich der Göllen Angſt nicht růbre. Was ſoll ich mich vor dir ſchuldigen, der du mein Herße und Nieren prüfeſt, und mir meine Sünde unter Augen ſtelleft ? Ich binibr ja ſchuldig, und ergebe mich in dein Gerichte,führe doch du dein Gerichte, durch den Tod meines Erldſers JEſu Chriſti, über mich aus. Id flebe zu dir, o rechter Richter, durch die Angſt meines Erldſers Jeſu Chriſti, da Er am Delberge an meiner ſtatt blutigen Schweiß Tchwigete, da Er fich vor Pilato für mich geiſſelen,und eine Dornen -Crone zum Spotte aufſein Haupt brůcken ließ, daßfein Blutvon ihm floß. gerechter GOtt, du haſt Ibnja an meineStåttegeſtellt, war Er doc unſchuldig, und ich bin der Selbſchuldige, dafür Er gelitten bat, warum ſoll ich dann in deinem Grimm verza gen ? Tilge doch nun deinen Zorn in mir, durch ſeine Angſt, Leiden und Tod: Id ergebemich gang in ſeineAngſt, Leiden und Tod ein, in ſeiner Angſt und Leiden will ich dir ftille hal ten , mace es mit mir wie du wilft, nur laß mich nicht von feiner Angſt abweichen ; baſt du doch ſeine Angſt mir ges Fcbencft, und deinen Grimm in Ihme erfäuffet : Und ob ich nun ſolches nicht babe angenommen, ſondern bin von Ihme abgewichen und treulos worden, ſo baft du mir doch dieſes theure Pfand in mein Fleiſch und Seele gegeben , indeme Er bat mein Fleiſch undSeele an ſein Hiwinliſches angenommen, und B 3


22 . IX . Weg zu Chrifto . und hat den Zorn mit ſeinem himmliſche Blute in meinem n Fleiſch und Seele in Ihme verföhnet. Sonim mich doch nun in ſeiner Perſöhnung an, und ſtelle ſeine Angſt , leiden und Job in deinen Grimm , der in mir entbrant iſt, ein , und zera brich dein Gerichte in mir in dem Blute feiner Liebe. O groſſe Liebe, im Blute und Tode Jeſu Chriſti! zerbrich doch dem Teufelſein gemacht Raub -Schloß, das er in mir auf gebauet hat, da er mir in dem Wege deiner Gnaden wiederſtes bet ; treib ibn von mir aus, daß er mich nicht ſichte : Dann yor dir mag kein Lebendiger beſtehen, ſo du deine Hand von uns abzeucht. D komm doch, du Durchbrecher des Borns GOttes ! jera brich ihm feine Gewalt ; bilftod meiner armen Seelen wie der ibn ſtreiten und ſiegen ! führe mich doch in deinen Sieg ein, und erhalte mich in dir : Zerbrich ibnie doch den Sig in meiner entzündeten Eitelkeit in Seele und Fleiſch ; topte doch ou die Begierde in meiner Eitelkeit in Fleiſch und Blut, wel: che mir der Icufel mit ſeiner falſchen Begierde iegt bat init bólliſcherAngſt und Verzweifelung angezündet: Löſche doch du ſie mit deinem Waſſer des ewigen Lebens, und führe meine Angſt durch deinen Job aus. In dich erfincke ich gang und gar ; und wann mir gleich Leib und Seele ſolten zu dieſer Stunde verſchmachten , und in deinem Grimm vergeben, ſo will ich doch von dir nichtablaſſen: Db gleichmein Herb ſpricht fauter Nein , ſo ſoll meiner Seelen Begierde Body deine Wahrs heit feſte halten , die ſoll mir kein Teufel noch Tod nehmen : Dann das Blut JEfu Chrifti, des Sohns GOttes, mache uns rein von allen unſern Sünden. Das faſſe ich mir ein , und mache nun gleich SDttes Zorn mit meiner Sünden was er will, und raudbe gleich der Seufel, in feinem gemachten Raub.Schloß, über meiner Seelen ber, wie er wolle; aus dei men Wunden ſoll mich kein Teufel, Tod, noch Hölle reiſen . Du ſtinckender Teufel muſt doch an mir zuſchanden werden, und dein Raub-Schloß verlaſſen , dann ich will es in die Liebe JEfu Chriſti verſincken, lo magitcu alsdann darinnen wobs nen , wo du kanft. Amen. Unterweiſung in der Verſuchung. 41. Günſtiger Refer, es iſt kein Scherpster es nicht vers fuchet hat, und hält es für Schert, der iſt noch ungerichtet; und ob es geſparet würde, bis an Tein lebtes Ende, welches doch


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1. Von tvährer Buffe. 23 D doch gefährlich iſt, ſo muß er doch durch diefes Gerichte. wol beme, welcher in früher Zeit, in feinen jungen Jahren , ehe der Teufel fein Raub-Schloß feſte bauet, durchgehet; dieſer kann bernach einen Arbeiter in Chriſti Weinberge geben, und feinen Samen in Chrifti Gartlein faen , er wird die Früchte wol einernten zu ſeiner Zeit. Dieſes Gerichte wäbret über manchen viel Zeit und Jahre, ſo er fich nicht mit Ernſt in Chriſti Harniſch eingibt, wann ihn erſt foll das Gerichte der Anfechtung zur Buſſe vermahmen : Welcher aber ſelber aus feinem ernſten Fürſaße kommt, und gedencket von dem gottlo ſen Wege auszugeben, deme wird es nichtſo ſchwer, und wah . ret auchnicht lange, ob er wol muß den ritterlichen Sieg wies der den Teufel beſtehen , fo wird ilme doch mächtig beygeftan den , und gelanget ibme zum allerbeſten, daß, wann bernach die Morgenr8tbe in der Seelen anbricht, er ein groß Lob Gets tes daraus machet, daß der Treiber überwunden ist.

Eine kurte Formula des Gebets , wann die Edie Sophia mit ihrer Liebe die Seele küſſet, und ihr die Liebe anbeut. 42. Allerheiligſte und tiefeſte Liebe GOttes in Chrifto JEſu ! ſchencke mir doch dein Perlein, drücke es doch in meine Seele ein, nim doch meine Seele in deinen Arm . du allerfüffefte Liebe, ich bin wor unrein vor dir , zerbrich doch meine Unreinigkeit durch deinen Tod, führe doch meiner Seelen Hungerund Durſt, durch deinen Sod, in deiner Uufe erſtehung, in deinem Triumph aus; ſchlage meine Ichbeit in deinem Šode zu Boden , nim ſie gefangen, und fübrenur meio nen Hunger in deinem Hunger aus. Dhöchſte Liebe! biſt du doch in mir erſchienen , bleibe dock in mir, und faffe mich in dich, balte mich doch in dir , daß ich nicht von dir weichen kann ; erfülle doch meinen Hunger mit deiner Liebe, fpeife doch meine Seele mit deinem himmliſchen Wefen, und tráncke ſiemitdem Blute meines Erldſer $ JEſu Chriſti, tráncfc ſie doch aus deinem Brünnlein . D grofje Liebe! wecke doch mein verblichenes Bilde, wels thes in meinem Bater Udam am Himmelreich verblich , durch das Wort, das es in des Weibes Samen in Maria aufwecfes te, auf, HErr, bewege du es doch . Dou leben und Kraft der Gottheit! der du uns zugeraget baft, 54


24 IX. Weg zu Chrifto. haft, wir wollen zu euch kommen, und Wohnungin eucymas chen . D füffe Liebe !in das Wort deiner Berbeiflung fübre ich meineBegierde ein : Du haſt ja zugeſaget, daß dein Vater wil den 5. Seift geben denen, die Ihn darum bitten : ſo fübs reich nun meiner Seelen Hunger in deine Berbeiflung ein und nehme dein Wort in meinen Hunger ein : Vermehre doch du meinen Hunger in mir, nach dir ; ſtárcemich doch , o ſüſſe Liebe, in deiner Kraft; mache mich doch in dir lebendig, daß mein Geiſt deine Süßigkeit ſchmecke. Slaube doch du durch deine Kraft in mir, dann ohne dich kann ich nichts thun. D fülle Liebel.ich bitte dich, durch die Liebe, da du GOttes Born mit überwandteſt, und den in Liebe und in die Sšttliche Freubenreich vertrandelteft, verwandele doch auch den Zorn in meiner Seete, durch dieſelbe groſſe Liebe, daß ich dir gebors fam werde, und daß dich meine Seele ewig darinnen liebe : Permandele toch dumeinen Willen in deinen, fübre doch deis nen Gehorſam in meinen Ungehorſam ein, auf daß ich dir ges borſam werde. groſſe Liebe JEfu Chriſti! zu dir flebe ich, führe doch meiner Seelen Hunger in deine Wunden ein , daraus du dein beiliges Blut vergoffeft, und den Zorn in der Seelen löſcheteft: In deine hole Seite, daraus Blut und Waſſer rann, führe ich meinen Hunger ein, und werfe mich gang darein, fen doch du mein, und erquicfe mich in deinem Leiden , laß mich doch nicht von dir. D mein edler Weinſtock ! gib doch deiner Rebent Saft, daß ich in deiner Straft und Saft in deiner Effens grüne und wachſe : Gebare doch du durch deine Kraft in mir die rechte Kraft. Djúffe Liebe ! biſt du dochmein Licht, leuchte doch du meis ner armen Seelen in ihrem ſchweren Gefängniß , in Fleiſch und Blut ; führe ſie doch ſtets auf rechter Straffe : Zerbrich doch du des Scufels Willen, und fübremeinen Leib durch den fauff dieſer Welt durch des Todes Kammer,in deinen Job und Ruhe ein, auf daß er am Jüngſten Tage aus deinem Tod in dir aufſtehe, und in dir ewig lebe: Lehre doch bu mich , was ich in dir thun ſolf: Tey doch dumein Willert, Wiſſen und Than ,und ohne dich laß mich nirgends hingeben; ich ergebe mich dir gang und gar ; Amen . Ein


1. Bon wahrer Buſe.

1 ! 1

Ein Gebetlein um Göttliche Wirckung, Schuß und Regierung, wie das Gemüthe im Bebens- Baume Chriſto, mit und in GOtt wircken ſoll.

dir, o du lebendige Quelle, erhebe ich meiner Sees len Begierde, und ruffe mit meiner Begierde durch das Leben meines Heilandes JEſu Chriſti in dich . D du leben und KraftGDttes ! erwede dich doch in mei: ner Seelen Hunger, zůnde doch du meiner Seelen Hunger mit deiner Liebe Begierde, durch den Durft JEſu Chriſti, den Er am Creuse nach uns Menſchen batte, an , und führe meine fchwache Kraft, durch deine mächtige Kraft in deinem Geiſte aus : fer doch du mit deiner Kraft das Wiraten und Wollen in mir, blühe du in der Kraft JEfu Chriſti in mir aus, auf das ich dir möge lob gebåren , als rechteFrüchte in deinem Reich, las nur mein Herbe und Begierde ewig nicht von dir weichen. Weil ich aber in dieſem Jammerthal, in dem auffern irdis Ichen Fleiſch und Blut, in der Eitelkeit ſchwimme, und meine Seele und edle Bildniß nach deinem Gleichniß, auf allen Sei: ten mit Feinden umfangen iſt, als mit des Teufels Begierde gegen mir, auch mit der falſchen Begierde der Eitelkeit in Fleiſch und Blut, ſowol mit dem Gegenſaß aller gottloſen Menſchen, welche deinen Namen nicht kennen, und ſchwimme mit meinem äuſſern Leben in Sternen und Elementen , da meis ne Feinde aufallen Seiten, innerlich und äuſſerlich, auf mich warten, auch der zeitlicheTob, welcher der Zerbrecher dieſes eitelen lebens ift : Sofliebe id ju dir, o beilige Kraft GDttes, weil du dich mit deiner Liebe in Gnaden, in unſerer Menſchheit baft offenbaret, durch den heiligen Namen JEfu , und denfels ben zu unſern Geferten in uns gegeben, ſo bitteich dich, las doch auch ſeineEngel, die Ihm dienen , auf unſere Seele war ten , und fich um uns ber lagern , und uns bewahren vor den feurigen Pfeilen der Begierde des Böſewichts, welche er durch den Fluc GDttes Zornes, der in unſerm irdiſchen Fleiſche era wecfet iſt, tåglich in uns ſcheuſt : Halte doch durch deine Kraft auf die Strahlen des Geſtirnes in ihrer Wiederwertigkeit, in welche fich der Böſewicht mit ſeiner Begierde einflicht, uns in Seele und Fleiſch zu vergiften, und in falſche Begierde einzus führen, auch in Kranckheit und Elend: Wehre doch du dieſen Sornſtrahlen , mit dem þeiligen Namen IEſu, in unſerer B5 Seelen 43 .


IX: Weg zu Chriſto: Seeten und Seiffe, daß fie uns nicht rühren, und laß deinen beiligen guten Engel bey uns ſeyn, daß er diefe Gift -Strahler von unſerm Leibe abtreibe. groſſe Liebe, und füffe Kraft JESU , du Quellbrunn der Gottlichen Süßigkeit, aus dem ewigen groſſen Namen JE . HOVAH , ich ruffe mit meiner Seelen - Begierde in dich ; meis ne Seele ruffet in den Geiſt ein, aus deme ſie iſt in Leib einges blafen worden, der ſie bat zur Gleichniß G Dites formiret, und begehret in ihrem Durſte des füffen Quell- Brunnens JHESU aus JEHOVAH in fich zur Labung in ihrem Feuer - Odem GOttes, der ſie ſelber iſt, aufdaß in ihrem Feuer- Ddem auf, gebe, durch den Quell- Brunn JHESU aus JEHOVAH , die ſüſſe Liebe Jesu , und der H. CHRISTUS in meinem verbliches nem Bilde der Himmliſchen , Geiſtlichen Leiblichkeit offenbar, und Menſch werde, und die arme Seele ihre liebe Brautwiedes in ihre Arme bekomine, mit der ſie ſich mag ewig erfreuen. IMMANUEL , du Ebeffatt GOtt und Menſch, in deine armen, deiner Begierde gegen und in uns, ergebe ich mich , deiner begehre ich : Tilge du doch deines Vaters Zorn mit deia ner Liebe in mir, und ſtarcfe mein ſchwaches Bild in mir, dan es moge die Eitelkeit im Fleiſch und Blut überwinden und zåb men, und dir dienen in Heiligkeit und Gerechtigkeit. ., D groſſer , allerheiligſter Name und Kraft GOttes. JEHOVAH , der du dich im verbeiffenen Ziel des Bundes, mit Adam unſerm Vater gemacht, im Weibes Samen der Jung frauen Maria , in unſerer verblichenen Himmlichen Menſch , beit, haft mit deiner allerſüſTeſten Kraft Jesu beweget , und deine lebendige Wefenbeit, deiner beiligen Kraft, in der Jungfräulichen Weisheit GOttes , in unſere an dir verbli cene Menſchheit eingeführet , und ung zum Leben . Sieg und Neuen Wiedergeburt gegeben . Dich bitte ich aus allen meinen Kräften , gebäre mich doch auch in deiner für ren Kraft JESU , zu einem neuen und Heiligen Leben , auf Daß ich in dit, und du in mir ſeyit , und dein Reich in miroffens barwerde, und meinerSeelen Wille und Wandel im Himmel fey . O groſfer, unbegreiflicher GDtt, der du alles erfülleſt, fey dod du mein Hiinmel, in deme meine Neue Geburt in Chriſto JEſu möge wohnen laß doch meinen Geiſt deines H. Geis Hes Saitenſpiel , Klang und Freude feyn : Spiele du in mir

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27 Buff . 1. Von wahr e er Bildni , und führe meine Har's mir in deiner wieder ß ge a , in groſſe los monie in deinem GöttlibornenFreude m nreich us chen , in un He S d be GOtte , in den Wunde rn einer lori d rrlichkeit s , und Harmo der heilig Engliſ der Gemei en nſ ch n Kinde baue in mir acuhfadfite beilige Stadt Zion , in edner wir alsie r Chriſt , alle in einer Stadt leben , welche iſt Chriſtu in uns ; i s in dich erfenc ich mich gang und gar, thue du in mir, was du ke wilſt. Amen . u Ein Gebe in und wiede die Anfec t htung nterm r a F a , wann lle eind ,i Z C Creu uf uns ge hriſti n eit e , ges ſtürm , und wir im Geiſt Chriſt verfol get e i en und geſch baſſe , und für Ubelt häter måhet t gelåſtert werden .

44. Qocharmer Menſch, voll Angſtund Trübfal, wandere SA auf meiner Pilgram Straſſe wieder in mein ausges Dor's " nen dieſer Welt wieder zu dir, o GOtt mein Vater ! Und wers de allenthalben von den Dornen zerriffen , und von Feinden geplaget und verachtet: Sie ſichmåben meine Seele, und ver achten ſie , als eines Ubelthäters, welcher an ihnen treulus worden iſt; Sie verachten meinen Weg zu dir, und halten ihn für thdricht, ſie meinen ich ſey unſinnig, daß ich auf dies Fem Dornen-Wege wandele , und nicht ihre gleißneriſche Straſſe mit ihnen gebe. DHErr JEſu Chriſte unter dein Creus fliebe ich zu die, ach lieber Immanuel ! nim mich doch , und führe mich durch deine Pilgram - Straſſe, die du in dieſer Welt gewandelt haſt, durch deine Menſchwerdung und Armſeligkeit , durch deine Perachtung und Spott, auch durch deine Angſt, leiden und Tod, zu dir ein. Mache mich doch deinem Bilde åbnlich ! ſents de doch deinen guten Engel mit mir, der mir den Weg weife durch dieſe grauſame dornichte Wüſten der Welt ! Stebe mir doch in meinem Elende bey ! Troſte mich doch mit dem Troſte, da dich der Engel im Garten, als du zudeinem Vater betereſt, und blutigen Schweiß ſchwisteſt, tróftete! Erbalte du mich doch in meiner Angſt und Verfolgung, unter dem Spotte des Seufels, und aller falſchen Menſchen, die dich nicht fernen , und deinen Weg nicht geben wollen. Dgroffeliebe GOttes ! fie


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IX . Weg zu Chrifto.

fie kennen deinen Weg nicht, und thun es aus Blindheit, durch des Jeufels Drug : Erbarme doch du dich liber ſie, und fübre fie aus der Blindheit ans Licht, aufdaß ſie ſich lernen kennen , wie fie im Schlamm und Rothe des Teufels in einem finſtern Sbal gefangen liegen, mit dreyen Ketten bart angebunden. D groſſer GOtt! erbarmedich doch über Adam und ſeine Kin der, erlöſe ſie doch in Chriſto dem neuen Adain . Ich flebe zu dir, o Chriſte, Gott und Menſch, auf dieſer Pilgram : Straſſe, Da ich im finſtern Sbal wandeln muß, und allenthalben verſpottet, gcångſtiget, und für einen falſchen, gottloſen Menſchen gebalten werde. Err, es iſt dein Ges richte über mich, aufdaßmeine Sündeund angeborne Eitel keit, auf dieſer Pilgram -Straſſe, vor dirgerichtet, und als ein Fluch fühau getragen werde, daran fich dein Zorn ergebet, und alſo dadurc den erigen Sport von mir nimt: Es iſt dein Liebes: Zeichen, und fübreſtmich dadurch in den Spott,Ungit, Leiden und Tod meines Heilandes JEfu Chrifti ein, daß id der Eitelkeit in meinem Heilande alfo abſterbe, und in ſeinem Geiſte, durd feinen Spott und Beratung, durch ſeinen Tod, meines neuen Lebens ausgrüne. Ich bitte dich , o Chriſte, du gedultiges Lamm GOttes ! durch alle deine Angſt und Spott, durch dein Leiden und Tod, durch deine Berachtung ans Creußes Stamm : da du an mei: ner Stelleverachtet wurdeft; verleibe mir Gebult in meinem Creuß- Wege, und führe mich auch als ein gedultiges lamm darauf zu dir, in deine Überwindung ein : Laß mich mit und in dir leben , und betebre doch meine Berfolger , welche aniego mit ihrem Spotten ihnen gang unwiſſend, meine Eitelkeit und angeborne Sündevor deinem Zorn aufopfern: fie wiſſen ja nicht was fie thun ; ſie meinen es bóre mit mir zu machen , aber ſie machen mir es gut, fie thun das vor dir, das ich thun ſolte vor dir : Ich ſolte täglich meine Schande vor dir aufdes den und bekennen, und darmit in den Sob deines lieben Sohns mich erfencken , daß fte in feinem Sobe ſtürbe : Weil ich aber zu viel laf bin , auch zu matt und ſchwach, ſo braucheft du fie in deinem Zorn darzu, daß ſie meine Scande vordeinem Zorr aufdecken , welche dein Grimm ergreiffet, und in den Tod mei: nes Heilandes erfencket. D barmherbiger GOtt ! mein eiteles Fleiſch kann es nicht erkennen, wiedu es ſo gutmit mir meineft,daß du låffeſt meine Feinde

M


1. Von wahrer Buffe. Feinde meinen Edel von mir nehmen , und dir aufopfern ; Mein irdiſch Gemütbe meinet , du plageſt mich alſo wegen meiner Sünde , und mir iſt allenthalben bange; aber dein Geiſt in meinem inwendigen neuen Menſchen faget mir, daß es aus deiner Liebe gegenmir geſchebe, daß du es ſo gut mit mir meineft, wann du mich låffert meine Feinde verfolgen , daß mir es zum Beſten diene, daß ſie an meiner ſtate dic Urbeit ver, bringen, und meine Sunde vor dir in deinem Zorn aufwickeln , daß fie derſelbe verſchlinge, und ſie mir nicht nachfolge in mein Vaterland : Dieweil ſie noch in deinem Zorn ſtarck und feit find, ſo können ſie das beſſer thun als ich, dieweil ich ſchon in dem Willen der Eitelkeit ſchwach und matt bin, das weiſt dur o gerechter GDtt ! Darum bitte ich dich, o gerechter GOtt, weil du ſie zu meis nen Dienern brauchejt, daß fie mir das Beſte thun, ob es wol meine irdiſche Vernunft nicht kennet, du wolleſt ihnen doch auch meinen Weg , zu erkennen geben, und ihnen auch ſolche Diener zuſchicken, und ſie aber doch von ehe ans Licht füb: ren, wie du mich geführet haſt , daß fie dich erkennen, und dir dancken . O barmherziger GOtt in Chriſto JEfu, ich bitte dich in meiner Erkentniß, aus der Sieffe deiner Liebe gegen uns arme Menſchen , die du in mir geoffenbaret baft, nach dem verbors genen Menſchen, ruffe uns doch alle indirzu dir: Bewege dich doch noch eines in dieſer leßten Irúbfal, da dein Zorn in uns enthrant iſt, in uns : Wiederſtebe doch du deinem Zorn in uns, daß eruns nicht mit Leib und Seele verſchlinge. Ddu Morgenråthe des Tages GOttes! gebe doch vollend Hervor, biſt du dodangebrochen, offenbare doch deine heilige Stadt Zion, das beiligeJeruſalem in uns. D groſſer GDtt, ich ſchlummere noch , und ſebedich nicht in der Tieffe deiner Kraft und Macht, wecke mich doch gar in die auf, daß ich in dir lebendig werde : Zerbrich doch den Baum deines Zorns in uns ,und laß deine Liebe in uns grünen ! DHErr ! ich liege por deinem Ungeſichte, und bitte dich , ſtrafe uns doch ridt in deinem Zorn , ſind wir doch dein ers worbenes Gut ; Bergib uns doch alleſamt unſere Sünde, und erldre uns von der Feindſchaft deines Grimmes, und des Teus fels Neib, undfübre uns unter deinem Creuge in Gedult mies derin unſer Paradeis ein , Umen . in


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IX . Weg zu Chriſto:

Ein Gebetlein ,oder, Geſpråche zwiſchen der arment vers wundeten Seele, und der edlen Jungfrauen Sopbia , im inwendigen Grunde des Menſchen , als mit dem Geiſte Chriſti in der neuen Geburt, aus ſeiner Menſchs, beit in uns und der Seelen : Wie ſo grofte Freude im , Simniel des neuen wiedergebornen Menſchen fey : Wie boldſelig ſich die edle Sophia gegen ihrem Bråus: tigam der Seelen ſtelle , wenn die Seele in die Bulle eingebet; und wie ſich die Seele gegen ihr balte, wann ihr Jungfrau Sophia offenbar wird.

Pforte des Paradeifiſchen Roſen - Gartens , pi niemand als Chriſti Kindern ; verſtanden , welche dieſe erkant haben . 45. Wann ſich der Eckſtein Chriſtus in dem verblichenem Bilde des Menſchen, inſeiner berblichen Bekehrung und Buffe beweget, ſo erſcheinet Jungfrau Sophia in der Bewegung des Geiſtes Chriſti, in dem verblichenen Bilde vor der Seelen in ifrem Jungfräulichen Schmucke: vor welcher ſich die Seele in ihrer Unreinigkeit entſeget, daß alle ihre Sünden erſt in ibt aufwachen, und vor ihr erſchrecken und zittern. Denn alda gehet das Gerichte über die Sünde der Seelen an, daß ſie , auch wol in ihrer Unwürdigkeit zurücke weichet, und ſich vor ihrem ſchönen Bublen ſchämet, in fich gebet, und ſich vernicha tigt, als gang unwürdig, ein ſolches Kleinod zu empfaben ; den Unſern verſtanden , ſo dieſes Kleinod geſchmecket haben , und ſonſtniemanden wiſſende. Aber die edle Sophia nabet ſich in derSeelen Eſſeng, und küſſet fie freundlich, und eins giret mit ihren Liebe-Strahlen das finſtere Feuer der Seelen , unddurchfcheinetdie Seele mit ihrem Liebes- Kuſſe: So ſprina get die Seelein ihrem Leibe vor groffen Freuden, in Kraft der Jungfräulichen Liebe auf, triumphiret, und lobet den groſſen Gott, kraft ter edlen Sophia. Deffen ich alhie eine kurze Andeutung ſtellen will, wie es zugebe, wann die Braut den Bräutigam berget. Dem Leſer, To vielleicht noch nicht möchte feyn an dieſem Orte geweſen , zum Nachdencken ; ob ihn lüſterte uns nachzufahren und auc an den Reihen zu treten , da man mit Sophia (pielet. Wannnun dieſes, wie obengemeldet,geſchiehet, ſo erfreuet Die

fich die Seele in ihrem Leibe, und ſpricht : Seele;

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1. Von wahrer Buffe .

31 Seele : un rey dir , o groffer GOtt , in deiner Kraft und Süßigkeit, Lob, Dance, Starcke, Preiß und Ehre baß du mich von dem Sreiber der Angſt eridret baft : DDM ſchönes Lieb., mein Herke faſſet dich , wo biſtdu ſo lange gewes fen ? Mich dauchte, ich wäre in der Hölle , und in GOttes Grimm : D boldfeliges Lieb, bleib doch bey mir , fey doch meine Freudeund Erquickung , fübre mich doch auf rechter Straffe: In deine Liebe ergebe ich mich; Ach ich bin ja vor dir dunckel , machemich doch lichte. Dedles Lieb , gib mir doch deine füffe Berle , lege fie doch in mich ! . Ogroſſer GOttin Chriſto TÉfu , nun preife und lobe ich dich in deiner Wahrheit, in deiner groſſen Macht und Herrs lichkeit, daß du mir bafi meine Sünde vergeben , und baft mich mit deiner Kraft erfüllet: Ich jauchze dir in meinem les ben , und labe dich in deiner Veſte, welche niemand aufſchließz fen kann ,als dein Geiſt in deiner Barmherzigkeit; Meine Ges beine erfreuen ſich in deiner Kraft , und mein Here fpielet int deiner Liebe. Danck few dir ewiglich , daß du mich aus der Höllen erloſet, und den Tod in mir zum Leben gemacht haſt : Gebo empfinde ich deine verbeiffene Wahrheit: D füffes.Lieb laß mich doch nicht wieder von dir weichen ; Scence mir doch dein Perlen - Krånglein, und bleib in mir : Sey doch mein Eigenthum : daß ich mich ewig in dir erfreue. Darauf ſpricht die Jungfrau Sophia zur Seelen. 47. Mein edler Bräutigam , meine Stärcke und macht biß mir zu vielenmalen willkommen : Wie Baft du meiner fo lange vergeſſen , daß id in groffen Trauren vor deiner Shur ſtehen müffen anklopfen ? Habe ich dir doch allezeit geflehet und geruffen : Aber du batteſt dein Antlig von mir gewandt, deine Dhren waren ausmeinem Lande gegangen ; Mein Licht konteſt du nicht feben , dann du wandelteft im finſtern Sbal: Ich bin nahe bey dir geweſen, und baba dir ſtets geflebet , aber deine Sünde hielt dich im Tode gefangen , daß du mich nicht tanteſt. Ich kam in groffer Demuth zu dir, und rief dir, aber du wareft in derMacht des Zornes GOttes reich , und achteſt meiner Demuth nicht : Du hatteft dir den Teufel zum Bubles genommen , der hatdich alſobefudelt , und fein Rauh-Schloß der


32 IX . Weg zu Chriſto. der Eitelkeit in dir aufgebauet , und did gang von meiner Lima be und Treueabgewenderin ſein gleißneriſches, falſches Reich , darinnen haſt du viel Sünde und Bosbeit gewirefet, und dein ten Willen von meiner Liebe abgebrochen , und baft mir die Ebe gebrochen , und eine fremde Bublfchaft gepflogen , unb inic , deine dir von GDtt gegebene Braut , laffen im verblis denen Weſen, ohne Stårcke deiner Feuers Macht ſtehen. Ich babe nicht können ohne deine Feuers Macht fršlich fern, dann du biſt mein Mann , von dir wird mein Glanz offenbar, dui tanſtmeine verborgene Wunder in deinem FeuerLeben offents baren , und in Majeſtät einführen : und biſt doch auffer mir ein dunckelHaus, da nur Angſt und Pein , darzu eine feindli. die Anal innen iſt. Dedler Bräutigam , bleib doch mit deinem Angeſichte vor mir ſteben , und gib mir deine Feuer -Strahlen , führe deine Begierde in mich , und zůnde mich an , ſo wil ich dir aus meiner Sanftmuth deine Feuer -Strahlen in ein weiſſes Licht verwandlen , und meine Liebe durch deine Feuer -Strahlen in Deine Feuers-Effenseinführen , und will dich ewig füffen. D mein Bräutigam , wie iſt mir ſo wol in deiner Ebe , tüffe mich doch mit deiner Begierde, in deiner Stårcke und Macht, , nd sich mit meiner fowillich dir alle meine Schone zeigen u füffen Liebe und hellem Lichte, in deinemFeuer -Leben erfreuen . Ade beilige Engel erfreuen ſich ießt mit uns , daß fie uns wies der in der Ebe feben . Nun mein lieber Buhle , bleib doch in meiner Treue , und wende dein Angeſichte nicht mehr von mir , wircke du in meiner Liebe deine Wunder , darzu dich Sett ermedet bat.

Weiter ſpricht die Seele zu ihrer Edlen Jungfrau Sophia , als zu ihrer in ihr wiedergebors nen Bublſchaft. 48. Uch mein edle Perle, und eröffnete Flamme meines Lichtes, in meinem ångftlichem Feuer -Leben , wie verwans delſt du mich in deine Freude! D fcbones Lieb , ich bin dir ia in meinem Vater Adam brüchig worden , und habe mich durch die Feuers Macht in Wolluſt und Eitelkeit der åuſſern Welt gerrandt, und eine fremde Bublſchaft angenommen , und håt de alſo muffin ewig im finſtern Shal, in fremder Buhlſchaft wandeln , wann du nido mareſt in groffer Srew , durch dein Durch


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1.

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33 1. Von wahrer Buſſe.' Durchdringen , und Zerbrechung des Zorns GOttes , der Hollen , und finſkern Todes , in das Haus meines Elendes zu mirkommen , und hatteſtmeinem Feuer -Leben deine Sanfts muth und liebe wiederbracht. fuſte Liebe , du baft mir Waffer des ewigen Lebens aus GOttes Brünnlein mit gebracht, und mich in meinem gror ſen Durſte erquicket : In dir ſehe ich GOttes Barmberßigkeit, welche mir zuvorn in der fremden Buhlſchaft verborgen ſtund de ; In dir kann ich mich erfreuen,du wandelſt mir meine Feux er- Ungſt in groſſe Freude. Ach holdſeliges Lieb , gib mir doch deine Perle , daß ich ewig moge in ſolcher Freude ſtehen.

Darauf antwortet die edle Sophia der Seelen wieder , und ſpricht: 49. Mein lieber Buhle , und treuer Schaß, du erfreueft mich boch in deinem Anfange: Ich bin ja durch die Sieffe Shos ren GOttes zu dir eingebrochen , durch GOttes Zorn , durch Hölle und Sod , in das Haus deines Elendes , und habe dir meine Liebe aus Gnaden geſchencket , und dich von Ketten und Banden erldfet, daran du feſte angebunden wareſt, ich babe dir meine Sreu gehalten : Aber du bitteft ießt ein ſchweres von mir , das ich nicht gerne mit dir wage. Du wilt mein Pers lein zum Eigenthum baben : Gedencke doch mein lieber Braus tigam , wie du es vorhin in Adam verwahrloſet haſt ; Darzu ftebeſt du noch in groſſer Gefahr , und wandelſt in zweyen ge fährlichen Reichen : Als in deinem Feuer -Urſtandwandelſt du im Lande, da ſich Gott einen ſtarcken eiferigen GOtt , und ein verzeßrend Feuer nennet; Imandern Reiche wandelſt du in der åuſſern Welt in der Luft, im eiteln verderbten Fleiſch und Blut, da der Welt Wolluſt mit des Teufels Angriffen , alle Stunde über dich berrguſoben ; Du möchteſt in deiner groſſen Freude wiederum Irdigkeit in meine Scone einfüb ren , und mir mein Perlein verdunckeln ; Auch möchteſt du ſtolk werden , wie Lucifer ward , als er das Perlein zum Eis genthum batte, und møchteſt dich von GOttes Harmonie abs t wendent, To můſte ich bernach ewig meines Bublen beraube

feyn. Ich will mein Perlein in mir behalten , und will in beiner verblichenen , und ießt in mir wieder lebendig gemachten ins nern Menſchheit, im Himmel in dir wohnen , und mein Per ſein


IX. Weg zu Chriſto. 34 lein dem Paradeis vorbehalten , biß du dieſe Jrdigkeit von dir ablegeſt, alsdann will ich dirs zum Eigenthum geben ; aber mein Anlie , und füffe Strahlen des Perleins , will ich dir die Deit dieſes irdiſ ben Lebens gerne darbieten : Ich will mit dem Perlein im inneren Chor wohnen , und deine getreue liebe Brautfern ; In dein irdiſch Fleiſch vermáble ich mich nicht, dann ich bin eine Kønigin der Himmelt , und mein Reich iſt nichtvon dieſer Welt ; iedoc will ich dein äuſſer Leben nicht wegwerfen , ſondern ofte mit meinen Liebe Strahlen beimſus chen , dann deine äuſſere Menſchheit ſoll wiederkommen ; aber bas bier der Eitelkeit will ich nicht haben, GOtt hat das auch sicht aus ſeinem Fürſas alſo grob und irdiſch geſchaffen , fona dern deine Begierde hat dieſe vichiſche Grobbeit in Adam durch Luſt gefaffet , aus allen Eſſentien der aufgewachten Ei telkeit, irdiſcher Eigenſchaft, darinnen Hiße und Kälte , dazu Mebetbun , und Feindſchaft , auch das Zerbrechen ſtebet. Nun, mein lieber Buble und Bräutigam , giv dich inir in meinen Willen , ich will dich in dieſem irdiſchen Leben in deiner Fährlichkeit nicht verlaffen : wann dich gleich wird GOttes Zorn überzieben , daß dir wird bange fern , und meineſt, ich babedich verlaſſen , ſo will ich doch bey dir feyn , und dich veripabren , dann du kenneft did nicht, was dein Amt ift, du folft dieſe Zeit wirckert und gebåren. Du biſt die Wurtel die: ſes Baumes , aus dir follen Zweige geboren werden , die múr. ſen alle in dengjten geboren werden , Ich dringe durch deine Zweige in ihrem Saft mit aus , und gebare Früchte auf tei nen Leften , und das weiſt du nicht ; Dann der Hochſie hat mich alſo geordnet, bey und in dir zu wohnen. Darum wpickle dich in die Gedult , und búte sich vor Bols luſt des Fleiſches , brich ihmden Willen und Begierde , balte es im Baum , als ein biſes Roß , ſo will ich dich ofte in deiner feurifchen Effene beſuchen , und dir meinen Liebes -Kuß geben, und dir ein Krånglein aus dem Paradeis, zum Zeichen meiner Liebe , mitbringen und auffeßen , darinnen du dich folft, er . freuen : Aber mein Berlein gebe ich dir diefe Zeit nichtzum Eigenthum . Du følft in der Gelaſſenheit bleiben ſtehen, und båren , was der HErr in deiner Harmonie in dir ſpielet , dazu folt du Ibm Klang und Elfeng deines Thons aus meinerKraft geben, denn du biſtnun ießt ein Bote feines Mundes, und ſolit Teinen Ruhm und Ehreverkündigen. Um diefer Urſade hal ben


!

1. Von wahrer Buffe.

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ben hab ich mich ießt aufs neue mit dir verbunden , und die mein ritterliches Sieges - Kranblein , das ich in der Schlacht des Teufels und Todes erlanget babe , aufgeſetet. Aber die Berlen -Trone, damit ich dich crónete, babe ich dir bengeleget, die ſolſt du nicht mebr tragen , biß du rein vor mir wirft ſeyn.

1 Die Seele ſpricht ferner zu der Edlen Sophia.

50. Ach du meine ſchöne und ſüſſe Gemahlin , was ſoll ich vor dir ſagen ! laß mich nur dir befoblen feyn , ich kann mich nicht verwahren : wilſt du mir ießt nicht das Perlein geben, fo ſey es in deinem Willen , gib mir nur deine Liebes-Strahlen , und fübre mich durd , dieſe Pilgram - Straſſe. Erwecke und ges bare du in mir was du wilft , ich will binfort dein eigen ſeyn, und mir nichts mehr wollen noch begehren , ohnewas du durch mich wilſt. Ich batte deine ſüffe Liebe verſcherßt, und die meine Treu nicht gehalten , dadurch ich war in ewige Straffe gefallen : weil du aber biſt ausLiebe zumir in die Höllen -Angſt kommen , und haſt mich von Pein erlöſet , auch wieder zum Gemahl angenommen , ſo will ich ießt um deiner Liebe willen , meinen Willen brechen , und dir gehorſam ſeyn , und auf deis ne liebe warten : Ich habenun genug , daß ich weiß , daß du in allen Notben bey mir biſt, und nich nicht verlaffeſt. boldſeliges Lieb, id ) wende mein feuriges Angeſichte zu dir . D ſchöne Crone , bole mich doch balde in dich , und führe mich aus der Unruhe , ich will ewig dein eigen ſeyn , und nimmers. mehr von dir weichen . Die Edle Sophia antwortet der Seelen gantz tröſtlich und ſpricht: 51. Mein edler Bräutigam , fey getroſt , ich habe mich mit dirverlobet , in meiner höſten liebe, und in meiner Ireue mit dir verbunden : Ich will alle Sage biß an der Welt Ende ben und in dirfern , ich will zu dir kommen , und Wohnung in deinem innern Chor in dir machen , du ſolſt aus meinein Brünnlein trincken , dann ich bin nun dein , und du biſt meint, uns fol der Feind nicht mehr Ficheiden. Wirce du in deiner feuriſchen Eigenſchaft, ſo will ich dir meine Liebe-Strahlen in dein Wirchen eingeben :wir wollen den Weinberg JEfu Chri fti bauen ; gib du Eſſens des Feuers, fo will ich Eſſeng des Lichtes und Sebepen geben ; Sey du Feuer, ſo will ich Waffer 2 feyn,


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o IX . Weg zu Chriſt .

fenn , wir wollen das in dieſer Welt verrichten , darzu wir von GOtt verordnet ſind , und wollen Ihm dienen in ſeinem Tempel, der wir ſelber find , Amen. An den Leſer. 52. Lieber Leſer, balt dieſes für Fein ungewiß Gedichte, es iſt der wahre Grund, und bålt innen die gange H. Schrift : dann das Buch des Lebens Jeſu Chriſti iſt darinnen klar vor Augen gemahlet, wie es iſt vom Autore felber erkant worden , dann es iſt ſein Proceß geweſen : Er gibtdir das Beſte, das er bat, GOtt gebe das Gedeyen ! Es iſt ein ſchweres Urtheil über den Spdtter dieſes erkant worden. Er ſey gewarnet. Ein Gebetlein des Morgens , ſo man aufſtehet, ſich GOtt zu befehlen, ehe maa was anders in ſich låffet. Rus walte GOtt Pater , Sohn, H. Geiſt. Du einis 53. ♡ ger wahrer GOtt ! Ich dancke dir durch YEfum Chriſtum , (deinen lieben Sohn) unſern HErrn und Geyland, für deinem Schuß und Schirm , und für alle Wohlthat , und befehle mich ießtmit Leib und Seele , und allem dem , darein du mich gereket haſt zu wircken in ineinem Ruffe , in deinem Schuß und Schirm : fey bu der Anfang meines Sinnens, Sus dens , Trachtens und alles Thuns ; Wircke du in mir, daß ich alles deinem Namen zu Lobe anfahe und dem Nächſten zu Dienſt in deiner Liebe vollbringe: fende deinen guten Engel mit mir, daß er die giftigen Strahlen des Teufels und der vers derbten Natur von mir abwende ; Bebüte mich vor aller böfen Menſchen Begierde ; Gütige alle meine Feinde vor meinem Angeſichte, und führe mein Gemütbein deinen Weinberg, daß ich in meinem Amte und Ruffe darinnen arbeite und wircke, als dein geborſamer Knecht (oder Magd), und regne mich und alles damit ich wircke und umgebe , mit dem Segen deiner Liebe und Barmherßigkeit: balte deine Gnade und liebe in Elu Chriſto in und über mir , und gib mir ein frdliches Gemüthe, deine Wunder zu treiben . Dein H. Geift regiere inich in meis nem Anfange ,biß an mein lektes Ende, und ſey in mir das Wollen , Wirden und vollbringen , Amen. Ein Abend-Gebetlein. Ch erhebe mein Herß zu dir , D GOtt du Brunn: 54. quell des emigen Pebens, und danske dir durch JEs fum

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1. Von wahrer Buſſe. 37 fum Chriſtum , deinen lieben Sohn, unſern HErrn und Hey land , daß du mich dieſen Tag in meinen Ruffund Standebart Ich be vor allem Unfall bewahret, und mir beygeſtanden. fehle bir anieko nun meinen Ruffund Stand , und das Werck meiner Hånde, in deiner Verwaltung ; Und flebe mit meiner Seelen in did , wircke du in meiner Seele, daß nicht der bore Feind , und auch keine andere Einflüſſe und Begierde, in mei: ne Seele kommeoder bafte : Raß nur mein Gemütbe in deinem Sempel in dir ſpielen , und laß deinen guten Engel bey mir bleiben , daß ich mogeſicher in deiner Kraft ruben , Amen. Nota : Suche mehrers im Büchlein vom * . Gebet.

DE

POENITENTIA . Oder

Lib.

2.

Son wahrer Buffe, das 2. Büchlein . Eine kurke Andeutung von dem Schlüſſel zum Verſtande Göttlicher Geheimniß, wie der Menſcy in ſich zur Göttlichen Beſchaulichkeit ges langen möge.

Geſchrieben den 9. Febr. 1623. Sammarien . Er Menſch ſoll einen Ernſt faſſen, 5. I. sich unterſuchen, 2. und ſeinen Willen beſchauen . 3-6 . Spüret er die Begierde zur Bea kehrung ; iſt es GOttes Stimme.7. Demnach ſollerfein leben in GOttes Geboten unterſuchen , 8. daß erſehe , welche Sildniß in ihme ren ; 9. ſo wird er ein Chier und Teufel in. fich finden. 1o. Da muß er alsbald trachten von demn thieriſchen Willen auszugeben, 11. und ihme ChriftiVerheiſſung ins Herß faſſen undbeten . 12. Er ſoll an ſeinem Stónnen : nicht aber an Gottes Gnade verzagen , 13. ſondern an Chriſti Verheiſſung feſt hangen bleiben , 14. und ſeinen Willen feſt ſeßen , ſtets beten ; 15. ſo wird ErSråfteempfinden , 16. und wür: dig zu des Lammes Hochzeit kommen. 17. 18 . Elcher Menſch zu Gottlicher Beſchaulichkeit in ficts felber gelangen , und in ChriſtomitGDtt reden will, S SS der folge dieſem Proceß , ſo kommt er darzu , 1. Er 3


38 IX . Weg zu Chriſto . 1. Er for alle reine Sinnen und Bernunft , famt aller Eins bldung, zuſaminen in einen Sinn raffen, und eine ſolche ſtarce Imagination ihm einfaſſen, ſich ſelber zu betrachten, was er fey : Sindem ihn die Schrift GDttes Bild , Gen , r: 27. ja einen Seins pel des H. Geiſtes, I. Cor. 6:19. nennet,der in ihm wohnet ; und nennet ihn Chriſti Gliedmaß , und beut ihm Chriſti Fleiſch und Blut zu einer Speiſe und Trand an . 2. Soroll er ſich in ſeinem Leben beſchauen ,ob er auch dieſer groſſen Gnade würdig , und dieſes hoben Titels Chriſti fábig Tey ,und anbeben ſein gangesleben zu betrachten ,was er gethan , und wie erſeine gange Zeit zugebracht habe ? Dber ſich auch in Chrifto befinde ? Dber auch in Göttlichen Willen frebe, oder wazu er geneigt fen ? Db er auc einigen Willen in fich finde, der ſich herglich nach GOtt ſebne , und gerne ſelig ſeyn wolte ? 3. Und ſo er nun einen tief verborgenen Willen in fich fins det , der da gerne wolte zu GOttes Gnade fich wenden , ſo er nur könte ; ſo wifTe er , daß derſelbe Wille das eingeleibte , und im Paradeis, nach begangener Sünde, eingeſprochene Wort GOttes fev ; daß ihn dannoch der GOtt Jehova,als der Vater, zu Chriſto zeucht: Dann in unſerer Eigenheit haben wir keis nen 28illen mehr zum Gehorſam . 4. Aber derſelbe Zug des Vaters, als die eingeleibte, einges ſprochene Gnade, jeucht alle Menſchen, auch den aller-gottloſe: ſten (wann er nicht gar eine Diſtel iſt, und dem Zuge einen Au genblick ſtil ſtehen will) von ſeiner falſeben Wirckung. 5. Daß alſo kein Menſch an GOttes Gnade Urfach hat zu zweifeln , ſo er in ſich eine Begierde findet , ſich dermaleins zu bekeb en. 6. Derſelbe ſpare es keinen Augenblick mehr, wie geſchries ben ſtebet :Heutewann ihr des HErrn Stimme håret, fovers ftocket euere Dhren und Herßen nicht. 7. Dann die Begierde zur Einmal- Bekehrung ift GDttes Stimme im Menſchen ,welche der Teufel mit ſeinen eingeführ, ten Bilden verdecket und aufhält , das es von einem Tage und Sabr zum andern aufgeſchoben wird , biß endlich dieSeele zur Diffelwird ,und die Gnade nicht mehr erreichen kann. 8. Dieſer Menſch thue nur dis Ding in ſeiner (ſinnlichen ) Betrachtung,und ſehe ſeinen gangen Lauffan, und halte ihn ge gen die Zeben Gebot GOttes, und gegen die Liebe des Evanges lii, das ihm gebeut ſeinen Nadſten zu lieben die ſich ſelber, und daß


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39 1. Vonwahrer Buffe . daß er allein in Chriſti Liebe ein Snaden-Kind feys; und Tehe wie weit er davon abgeſchritter: fey , und was feine tägliche Ubung und Begierde fey: So wird ihn derfelbe Zug des Bas ters in GOttes Gerechtigkeit einfübren und die eingemodelten Bilder in ſeinem Bergen weiſen die er für GOtt geliebet,die er für ſeinen beſten Gdag gehalten bat , und noch balt. 9. Dieie Bilder werden ſeyn, ( 1.) Hoffart, ſich ſelber zu lies ben,und von andern geehset feru wollen . " Stein , es wird reyn ein Bild zur Macht,und Gewalt in ſeiner Hoffart. In Ehren über andere aufſteigen wollen . (2.) Stem ,es wird ſeyn ein Bild einer Sauen als der Seif,der alles allein baben will: und båts te er die Welt und den Himmel,ſo will er auch die Hölle beherr fchen ; welder mehr begebret,als er zu dem zeitlichen Leben be darf, und keinen Glauben in fich zu GOtt þat, ſondern iſt eine beſudelte Sau ,die alles begehret in ſich zu ziehen . (3. ) Item , es wird in ihm ſeyn ein Bild des Neides , das in andere berben ſticht,und andern nicht gonnet,ob ſie mehr zeitliches Gutes und Ehren haben als er. ( 4.) Jtem,eswird ſeyn der Zorn , da fich der Neid als ein Gift darinnen erhebt, und um geringer Urſach willen ſtoſſen, ſchlagen, zörnen und ſich reditfertigen will. (5.) Stem , es werden ein Hauffen, ja viel hundert irdiſche Thiere in ibm ſeyn,die er liebet : Dann alles was in der Welt iſt, das lie bet er,undhat esan ChriſtiStellegeſeget,und ehret es mebr als GOtt. Sebe er nur ſeine Worte an ,wie ſein Mund andes re Menſchen beimlich verleumdet , und übel bey den Seinigen ausrichtet,oft übel ohne Gewiſſen Grund rrachredet, des Nechs ffen Unglück ſich freuet,und ihm daſſelbe gonnet; Welches al les Klauen und Krelle des Teufels , und das Bild der Schlans gen ſind , das erin fich tråget. 10. Dabefehe er nun dieſe gegen GOttes Wort im Gefeße und.Evangelio,ſowird er fehen,daß ermehr einThier und Teus fel ift,als ein wahrer Menſch ; und wird klar fehen , wie dieſe eingebildete und angeerste Bilder von GOttes Reich ihn auf: balten und abführen : daß ofte, wann er gleich gerne Buſſe thun und zu GDttlich wenden und kehren wolte,dieſe Teufels Klauen ihn aufhalten und davon abführen ,und derarmen Sees len dieſe larven für Heiligkeit einbilden , daß ſie in die luſt ders felben wiedereingebet, und in GOttes Zorn figen bleibet , und endlich in Ubgrund trit , wann ihr dieGnade und der Zug des Baters verliſcht. n. Deme 4


IX. Weg zu Chriſto. 40 11. Deme fagen wir unſern eigenen Proceß, daß, ſobald er dieſer Shicre inne wird ,er alsbald diefelbe Stunde und Minute ſich in der Seelen alſo faffe, und in einen Willen einfübre , daß er molle von dem Thieriſchen Willen ausgehen , und durd wahre Buffe zu GOtt fich wenden : Und ob er das in eigenen Kräften nicht vermag noch kann , ſo nehme er Chriſti Berbeiſ fung in ſich,da Chriſtus ſprach : Suchet, ſo werder ihr finden ; klopfet an, ſo wird euch aufgetóan. Kein Sohn bittet den Bas ter umsBrot, der ihm einen Stein dafür biete ; oder um ein Ey , der ihm einen Scorpion biete, Kinnet ihr, die ihr arg ſeyd , euern Kindern gute Saben geben ; wie viel mehr wird mein Vater im Himmel den 5. Geiſt geben , denen die Ihn 1 darum bitten. Luc. It: 13. 12. Dieſe Berheiſſung bilde er ihm in fein Hert : Dann fie iſt des Teufels,und allerangeerbeten und eingemodelten Tbie ré Gift und Tod : Und komme alsbald dieſelbe Stunde mit dies fen eingebildeten, verheiffenen Worten mit ſeinem Gebet vor GDtt , und bilde ihm zuvorbia alle die greulichen Zbiere ein ,des rer er ſelber iſt,und dencke in ſich anders nichts, dann daß er der befudelteGauhirte fer ,der all feines Baters Gut und ſein kinds lich Rechtmit dieſen Såuen der Welt , mit den odſen Shieren vertban babe; daß er ießo vor GOttes Angeſicht anderſt nicht ſtehe, als ein elender,nacfeter, zerlumpter Säubirte, der feines Baters Erbe mit der Welt thieriſchen Bilden verhuret und verbublet habe , und habe mehr keine Gerechtigkeit zu GOttes Snade, ren derer auch nicht werth,vielweniger daß er einChrift oder GOttes Kind genantwerde ; und verzage auch an allen feinen guten Werden , die er iemals gethan hat, dann ſie ſind nur aus gleißneriſchem Schein einer Gottſeligkeit gegangen , damit derMenſchen -Teufel ein Engel genantſeyn will. Dann ohne Glauben iſts unmöglich Gott gefallen ,faget die Schrift. 13. Aber er verzage an Göttlicher Gnade nicht, nur an ſein ſelber, und an ſeinem Rönnen und Bermogen ,und bůcte fich in feiner Scelen aus allen Kräften vor GOtt : Und ob gleich ſein Hers ſpricht lauter Nein,oder : Barre noch , es iſt heute nicht gut, oder, deine Sünde ſind zu groß, es mag nicht ſeyn, daß du zur Huld GOttes komineſt; Daß auch ihme in ſich alſo angſt wird, daß er nicht zu GOtt beten kann , auch weder Iroſt noch Kraft in fein Herbe bekommt,daß ihm ift, als wäre ſeine Seele an GOtt gang blind und todt ; So ſoll er doch ſieben , und GDt tes


1. Von wahrer Buſje.

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tes Berheiftung für eine gewiſſe, unfehlbare Wahrheit halten, und mituntergeſchlagenem Bergen zu GOttes Gnade ſeufgen, und in einer groſſen Unwürdigkeit derſelben fich einergeben. 14. Und ob er wol fich zu unwürdig achtet, als der ein Fremdling fey, dem das Erbe Chriſti nicht mehr gebühre,und er ſein Recht verloren babe , ſo ſoll er ihm aber feſt einbilden, daß Chriſtus ſagte : Er ware kommen zu ſuchen und felig zu machen , das verloren iſt , als den armen an GOtt todten und Diefe Verbeiffung bilde er ihm ein , und blinden Sünder. macbe ihm in ſich einen ſolden ſtrengen Vorfat , daß er von der verheiſſenen Gnade GOttes in Chriſto nicht wolle ausges ' ben , folte ihm gleich Leib und Seele zerſpringen : Und ob er alle ſein Lebetage keinen Troſt in fein Herße zur Vergebung er : langen ſolte, ſo ſey GOttes Zuſage doch beſtändiger, als aller Sroſt , ſo ihm wiederfahren möchte. 15. Aud fese er ibm für , und ſchlieffe feinen Willen alſo bart in ſeinen Borſas , daß er nicht mehr wolle in die alten thieriſchen Bilder und Laſter eingeben , und ſolten alle ſeine Saue und Shiere um ihren Hirten trauren ; ſolte er auch gleich daruin aller Welt Narr ſeyn , fo rolle er doch beſtändig in ſeis nem Borfaße und an GOttes Gnaden - Berbeiſſung bleiben . Sey er aber ein Kind des Codes , fo wolle er in Chriſti Zufa : gung in Chriſti Tode ſeyn , und Ihm ſterben und leben , wie Er molle. Er richte nur ſeinen Vorfas 'in ſfetes Gebet und Seuffen zu Gott, und ergebeIhm alle feine Anfänge und Shun in ſeiner Hände Wercke, und fey von der Einbildung des Geißes , Neides und der Hoffart ſtille ; Er übergebe nur dieſe drey Shiere , fo werden die andern gar balde auch anbes ben ſchwach und kranck zu werden , und ſich zum Sterben nas ben : Dann Chriſtus wird bald in ſeinen verheiſſenen Worten , welche er ihm einbildet, und ſich darein büllet , eine Geſtalt zum Leben bekommen , und wird in ihm anheben zu wircken , darinn ſein Gebet wird kräftiger werden , und wird ( ie långer) je mehr im Geiſte der Gnaden geſtärcfet werden. 16. Gleichwie ein Same zum Kinde in Mutter -leibe wirs det , und wachfet unter vielen Anſtoffen der Natur und aus . wendigen Zufallen , bis daß das Kind ſein Leben in Mutters Leibe bekšmmt; Alſo gehet es auch alhie zu. Je mehr der Menſch von ſich aus den Bildern ausgehet, je mehr gehet er in GOtt ein ; bis ſolang Chriſtus in der eingeleibten Gnadeles 55 bens


42 ix . Weg zu Chriſto. Bendig wird,welches geſchichtin groſſein Ernſt des Borſages; So gehet alſobald die Vermählung mit Jungfrau Sophien an , da die zwey Licbe einander in Freuden empfahent, und mit gar inniglicher Begierde in die allerfüfleſte Liebe GOttes mit einander eindringen :alda in kurger Friſt die Hochzeit des Lamines bereitet iſt , da Jungfrau Sophia (als die würdige Menſchheit Cbriſti) mit der Seclen verináhlet wird. Und was alba gefcbebe, und was für Freuden alda gebalten wer den , deutet Chriftus mit der groffen Freude über den bekehr: ten Sünder , welche im Hiinmel im Menſchen vor GOttes Mugen und allen beiligen Engeln gehalten werden , vor neun und neungig Gerechten , die der Buſſe nicht bedürfen. Luc. 15 : 7. 17. Darzu wir weder Feder noch Worte haben zu ſchreiben oderzu reden, was die füſſe GnadeGOttes in Chriſti Menſch heit fer , und was denen wiederfahre, welche würdig zu des fammes Hochzeit kommen, welche wir in unſerm eigenen Pro ces felber erfabren baben, und wiſſen , daß wir unſers Sdirei bens einenwahren Grund haben : Welchen wir unſern Brús bern in der Liebe Chriſti berblich gerne mittheilen wolten : Wann es möglich wäre , daß fie unſerm treuen findlichen Rath glauben wolten , ſie würdens in ihnen erfabren, wovon dieſe einfältige Hand die groffen Geheimniſſe verſtehe und wiſſe. 18. Weil wir dann vorhin cinen gang ausführlichen Tran ctat von der Buffe und neuen Wiedergeburt geſchrieben ha ben , ſo laſſen wir es alhier nur bey einer Andeutung bleiben , und weiſen den Leſer daſelbſt bin , ſowol in das große Werck über Genefin : * Da wird er allen Grund deſſen , was er fra : gen möchte wollen , gnugſam ausführlich finden; Und ver mabnen ihn Chriſtlich , uns nachzufahren in dieſem Proceß, ſo wird er zu Gottlicher Beſchaulichkeit in ſich ſelber kommen,und båren was der HErr durch Chriſtumin ihm ſaget. Und empfehlen ihn hiemit der Liebe Chrifti. * Myſterium Magnum.

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Das Andere Büchlein SUSPIRIA VIATORUM

oder

Som

Heiligen Bebet ,

geridtet auf alle Sage in der Woche : Wie ſich der Menſch ſoll ſeines Amtes , Standes und Wandels , darein ihn GOtt verorde net hat, ſtets erinnern ; und wie erſeinen Anfang ,Mittel und Ende inalle ſeinem Thun foll GDtt befehler , und ſtets mit GOtt alle reine Werde wircken ; gleich wie der Aft des Baus mes mit der Kraft der Burgel ſeine Zweige gebieret, und dars aufſeineFrucht tråget:und wie erin allen Unfången ſoll zu ſeinem Wirchen aus GOttes Brünnlein Kraft ſchöpfen , und ſeinem Schöpfer füralle Boblebat dancten . Neben herßlicher Betrachtung des Leidens, Codes und Auferſtehung JEfu Chrifti, Wie der

Menſch ſou ſtets ſeiner Seelen

Hunger und Begierde durch Chriſti Tod in ſeiner Auferſtehungin GOtt führen , und zurneuen Wiedergeburt dringen ,aufdaß er im Geiſt und in der Wahrheit bete,und der Geift Chrifti in und mit ihm bete, und ihn vor CDtt vertreter Geſtellet auf Bitte und Begehren ſeiner lieben und guten Freunde, ihnen zu tåglicher Ubung des wahren Chris ſtenthums,in ihrem Herk -und Haus -Kirchleine

Im Jahr 1624. durd Jacob Böhmen Gedruckt im Jahr des ausgebornen groffen Beils

17 30.

1


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Olet IX. let

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Das andere Büchlein. SUSPIRIA

VIATORUM , oder

Som Heiligen Gebet , gerichtet auf alle Tage in der Wochen . Vorrede des Autoris an den GOtt-liebenden Leſer, Vom wahren Grund der rechten Bet-Kunſt, was das Gebet feuy, und warum uns GOtt heiſſe beten ? Summarien. Eten iſt nicht nur ein gewöhnliches Wort:Sprecken , 9.1. da der Mundnur eine Form des Willens machet, ohne Straft, darůs ber GOttiin Propheten klaget.2.3. Wollen wir recht beten, To follen wir uns wol betrachten ,ob unſer Herß auch was eigenes ſuché,4 . oder nur GOttes Erbarmen ? 5. allein Gottes Ehre und des Necha ſten Nuß,6. in gemeiner Liebe ? 7. nicht aus eigenen Sträften , 8. ſondern im Namen Jeſu .9. Daben ſollen wir die Sünde fliehen, und uns GOtt gang ergeben.16. Was dasrechte Beten ſey, im Glauben, Demuth und Hoffnung ? 11. 12. Wer alſo betet, wird zu hand Gott in fich hören , 13. und Gottes Liebe empfinden. 14. Es muß aber der H. jeiſt ſelbſt in uns beten, 15. denn wir haben einen kindlichen Geiſt ema pfangen . 16. Warum uns Chriſtus beten gelehret ? 17. was die Ers hörung hindert ? 18. Willman recht beten , ſoll man creatur-los und lauterlich mit demWillen und Geinůth vor GOtt treten, und des Teus fels (Oriffnichtsachten ; 19. ſeinen Seinden aber vergeben. 20. Die Seele muß blos und lauteren Willens feyn und init Gott ringen, 21. die einfallende Gedancken nicht achten, 22. auch nicht zweifeln , 23. ſo wirdet ſiemit Gott und bringet gute Früchte. 24.19. Hriſtlicher lieber Leſer. Recht beten iſt nicht nur eine Gewohnheit, daß man nur dürfe die Worte des Gebets ſprechen : Nein , folch Wortſprechen ohne berblice Andacht und Göttliche Begierde, iſt nur ein äuſſerlich Ding, eine aufſerliche Formirung der Worte. 2. Der Mund bildet feine Worte des Gebets nur mit åur ferlicher Kraft des Seſtirnes und der Elementen, und machet nur eine Form des Willens, darinnen keine rechte wirckliche Kraft


44 IX.Weg zu Chriſto. Kraft iſt. Dann nichts gefällt GOtt, obne was Er ſelber mit einem Dinge wircket und thut. 3. Dann GDtt klaget im Propheten über ſolch aufTerlich Mund-Gebete ohne Kraft, da Er ſpricht: Mit ihren Lippen naben ſie ſich zu inir, aber ilir Herb iſt ferne von mir, ( Ela.29: 13.) Jtem ſagt Chriſtus : Nicht alle, die zu mir ſagen : HErr, HErr, follen ins Himmelreich kommen, ſondern die da thun den Willen meines Vaters im Himmel. (Matth. 7: 21.) Und ſprach ferner am andern Orte : Ohne mich könnet ihr nichts thun . Joh. 15: 5.) Er iſt allein die lebendige Quelle und der Gnaden -Thron, mit und durch welchen wir können init dem Gebet vor und in GOtt dringen. 4. Wollen wir recht beten , fo follen wir uns (1) anſchauen , und wol betrachten, ob ſich unſer Herß auch babe in eine andere Creatur gebildet ? Und ob auch ſolche Begierde, als das wir begehren von GOtt zu erlangen, recht ſey ? Ob auch unſere Begierde, die wir zu GOtt im Gebet führen , wieder den Nug die Liebe des Nächſtenfey ? Ob wir auch darinnen zeitli und che Dinge ſuchen , unſern Nächſten damit zu verkürßen, und das Seine an uns zu ziehen ? D6 wir eine allgemeine Liebe und Eintrachtigkeit darmit begehren ? Oder ob wir mit rot chem Beten nur unſern eigenen Nußen ſuchen ? 5. Zum (2) follen wir uns wol betrachten , ob wir auch int unſerm Gebet etwas mehr begehren und lieben , als die Barm berßigkeit Gottes ? Db wir auch dasjenige, was wir von zeitlichen Dingen begehren , einig und allein von Göttlicher Hand und Mit-Wirdung begehren ? Oder ob wirs wollen Durch unſere Kunſt, Lift und Wis an uns ziehen , und nur alſo SOtt um Berlaubniß darum bitten ? Ob wir uns auf uns Felber verlaſſen ? Dder ob wirs wollen durch Göttliche Mits Wirckung erlangen, daß wir hernad, mit frölichem Herken ſa gen mogen: Das hat mir GOtt beſcheret durch ſeine våterli dhe Vorſorge ; id bin nur die Hand und das Werkzeug ge weſen ? Dder ob wir wollen fagen : Das habe ich durch meine Kunſt und Verſtand zuwege gebracht. 6. Zum ( 3 ) follenwir bedencken, was wir mit deme thun wollen , das wir von GOtt bitten und begebren wollen ? Db wir dadurch der Welt Ehre und Hoheit allein begelren zu zeit licher Bolluft ? Oder ob wir daſſelbe, was uns GOtt durch unſer Gebet zuwirft, mit ſeinem Segen, auch wollen zu ſeinen Ehren ,


2. Vom Heiligen Gebet.

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Ehren , und zur Liebe des Nächſten anwenden, und ihm wieder geben ? Und ob wir uns auch einig allein darunter für Arbeiter : und Diener in ſeinem Weinberg halten, von denen GOtt von ſeinen Gaben Rechenſchaft fodern werde, wie er ſey darinnen treu geweſen . 7. Zum ( 4) ſollen wir betrachten, daß wir in dieſer Welt nichts eigenes haben, und daß wir uns ſelber nicht eigen ſind, ſondern nur eine kleineZeit alhier in dieſer Welt Arbeiter, und darzu fremde Gåſte ſind, daß wir nur Umtleute unſers GDt: tes über ſeine Geſchöpfe und Creaturen find : Das wir das: jenige, was wir wirden und thun, nicht allein uns thun, ſon dern GOtt und unſerm Nächſten ; und daß wir alleſamt in Chriſto unſerm Heil nur Einer find, der iff er felber in uns al len : Und daß wir deswegen ſollen eine gemeine Liebe unter einander baben, und uns begehren berßlich zu lieben, wie uns GOtt in Chriſto unſerm Heilande geliebet bat. Und daß wir wollen berblich gerne die Gaben, die uns GOtt durch unſer Bebet gibt, es ſeyn himmliſche oder irdiſche, unſeren Mits Sliedern mittheilen, und uns balten wie der Baum in ſeinen Neffen, oder wie die Erde mit ihren Früchten thut, welche fich willig allen ihren Früchten einergiebet, und ſie alle liebet und tråget. 8. Zum (5) follen wir betrachten, daß wir aus unſern eiges nen Kräften vor GOtt nicht recht beten können , wie Chriſtus faget : Dhne mich könnet ihr nichts thun, Joh.15: 5. Und S. Paulus raget : Wir wiſſen nicht was wir beten, wie ſichs vor GDtt geziemet, ſondern der H.Geiſt vertrit uns ſelber mach tig mit unausſprechlichem Seufgen vor GOtt, wie es ihm ge fållet. ( Rom . 8:26 .) 9. Derowegen fo wir wollen zu Gott unſerm himmliſchen Bater beten, ſo ſollen wir ihm im Namen feines lieben Sohns JEfu Chrifti um die Erleuchtung feines H. Geiftes anruffen, daß Er uns wolle unſere Sünden um feines bittern Leidens und Sterbens Willen vergeben, und uns das geben, wasuns : gut und Felig iſt. Wir follen alles was irdiſch iſt, in feine Ers tentniß und Billen ſtellen , und nicht nur mit bloffem Odem . und Worten vor GOtt treten , wann wir wollen recher beten , und erhåret werden ; ſondern mit rechter ernſter Buſſe und Umwendung von unſerm falſchen Wandel. io. Und wollen pon aller Hoffart,Falſchbeit, Zorn , Neid und


IX . Weg zu Chriſto. und Wiederwillen ausgeben , und wollen unſer ganges Hers und Seele Sett dem H. Geiſt ergeben, daß er unſer Buß -Wir den und Kraft im Gebet fey ; daß Er unſern Willen und Be. gierde in ſich einfaſſe , und in GDtteinfübre, und daß wir mo gen unſerer falſchen Eitelkeit und Begierde, welche uns anges erbet iſt, im Tode Chriſti abſterben, und im Geiſte Chriſti in uns mit einem neuen Willen , Gemütbe und Geborſam , gegen GOttaufſtehen und geboren werden ; Und hinfüro in ſolcher Kraftin Gerecötigkeit und Reinigkeit, mit unſerm Willen und neuen Geburt vor GOtt wandeln ,als ſeine Kinder ,die er durch das Blut und Tod ſeines lieben Sohnes theuer erkauft, und in ſeinem Geiſte wieder neu geboren bat. 11. Chriſtlicher lieber Reſer, du ſolt wol betrachten ,was das Gebet ſey , und warum uns 6Dtt beifTet beten . Es ift nicht ein Ding , wie man vor einem weltlichen König oder HErrn trit, ſo man fic an dem bat bergriffen , und ibn um Gnade bittet, und oft im Herßen viel anderſt dencket ; Nein : Son dern es iſt ein Ausgang ſeiner ſelber, daß ſich ein Menſch aus allen feinen Kraften, mit alle dem, was er iſt und was er be fiect, Gott ergiebet ; ja zum Eigenthum GOttes ergibt er ſich mit rechtem Beten : Er kommtwieder mit dem verlornen Sohne zum Vater in ſein erſtes Vaterland und Erbtheil, dar: aus ihn Adam unſer erſter Vater ausgeführet hat ; Er bat Kein Natur -Recht mehr zu den himmliſchen Gütern, er hat ſie mit Adams Ausgang alle verloren, und mit des Teufels Buh lerey in der Eitelkeit verzehret. 12. So muß er nun in groffer Demuth und Glauben , in wahrer Hoffnung auf GDttes angebotene Gnade in ſeinem Sohn JEfu Chriſto, mit dem verlornen Sohn zu GDtt kom men , und ſich aller himmliſchen Güter aus Natur - Recht zu unwürdig achten , und vor GOtt feinem biminlifcben Bater niederfallen, und um die angebotene Barmhertigkeit in ſeinem Sohne JEfu Chriſto bitten, daß er ihn doch wolle wieder an nehmen, als einen Tag Löhner und Arbeiter in ſeinem Weins berge , und wolle ihm doch wieder himmliſche Speiſe und Trance für ſeine verſchmachte, bungerige und dürſtige Seele geben, daß er nicht mehr dürfe mit des Teufels Sauen Treber der Eitelkeit , Lügen und Falſchheit effen , und alſo im Una glauben ohne himmliſche Kraft verderben. Er muß ſeiner bun . gerigen und durſtigen SeelenMund in ſeinem Gebet gegen der Gnade 46


1 1 :

2. Vom Heiligen Gebet.

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Gnade und Barınbergigkeit GOttes aufſperren , mit hertli chem Seufzen und Einwendung zur Gnade, und ſich gang und gar der Gnade GOttes ergeben. 13. So wird er zu band in ſeiner Seelen Hören,daß ihm wird GOtt mit ſeiner Gnade entgegen kommen, und ihm die Gnade, welche Er in JEfu Chrifto anbeut, in feine Seele geben, das die arme, hungerige Seele wird dasjenige, was ſie von GOtt bittet und begehret, in ſich ſelber kräftig und weſentlich eins pfangen, als das Fleiſch und Blut Jeſu Chriſti ihres Heilans des, welches allen hungerigen , bußfertigen Seelen aus Snas de angeboten wird. 14. Er wird in fich recht empfinden, wie der alte Bater des verlornen Sohns , der arinen umgewandten , bubfertigen Seelen entgegen kommt, und ihr mit ſeiner Liebe um den Hals ihrer Eſſeng des Lebens fållet, und ſie mit ſeiner Liebe uinfá bet und küſſet, und ſie in ſeine Arme faſſet, und in Kraft zu ihr ſpricht: Dis iſt mein lieber Sohn ; Dis iſt meine liebeSeele, welche ich verloren batte ; Sie war tod, und iſt wieder lebens dig worden : nun ſchlachtet das Lamm Jeſum Chriſtum ; fie ſoll mit mir in meiner Kraft zu Ziſche Tigen, und mit mir von meinem zugerichteten Mabl, vou der rechten Speiſe meis nes Sohnes Ieſu Chriſti eſſen, und ſoll ſich mit mir ewig freuen . Alda wird der Seelen der Siegel- Ring, als das theure Teſtament des Bundes GOttes, im Blute Ieſu Chris ſti, wieder angeſtecket, und wird durch ſolchen Bund und Ber ſiegelung wieder zum Kinde GOttes angenommen . 15. Darum ſage ich dem Chriſtlicben Sefer dieſes, daß das Beten nicht nur ein Mund - Werck fey, wie man vor einen Herrn trit, und zeitliche Dinge von ilm bittet, oder um Er Taſſung der Schuls. Gott heiſſet uns nichtnur um äuſſerliche zugerechnete Snade bitten , ſondern um kindliche , wirckliche Gnade, da der H. Geiſt im Berdienſt Chriſti in uns ſelber bit tet und betet, damit er die Gnade in uns kräftig machet, und in ſolcher Wirkung auch in uns die Sünde tilget, und in Chri fti Tob erſäuffet, die Hölle zerſtöret, und die Pforten des emigen Lebens als die Bezahlung Chriſti,)in uns durch GDites Zorn ausführet, und dem Seufel ſeine Macht in uns nimt, und uns Chriſtum anzcucht, daß wir im Geiſte und Verdienſte Chriſti zum Vater aller Barmherfigkeit ſobrepen und ſprechen : Ub ba, lieber Bater . 16. Dann


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IX. Weg zu Chriſto. 16. Dann St. Paulus faget : wir haben nicht einen knecht lichen Geiſt empfangen ,daß wir uns abermal fürchten müſten, fondern einen findlichen Geiſt, daß wir mit freudigem Hergen, und mit aller Zuverſicht den Water bitten mogen, ſo wil Er es uns geben . (Rom . 8:15 . Ephef. 3:12 . Gal. 4 :6 .) 17. Um des Gebens und Nehmens willen, beiſſet uns Ott

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bitten und beten, wie Chriſtus ſagt : Mein Vater will den H. Geiſt geben , denen die Ihn darum bitten . Item : Bittet, ſo werdet ihr nehmen : Suchet, ſo werdet ihr finden : Klopfet an, ſo wird euch aufgethan. ( Luc, u : 9-13 ) . 18. Ein iebes Sebet, das da nicht findet und nimt, das iſt kalt und lau, und ſtecket in einer Hinderung zeitlicher, irdiſcher Dinge : Das iſt die Seele nabet ſich nicht lauterlich zu GDtt; fie will ſich nicht GOtt gang und gar ergeben , ſondern hanget noch an irdiſcher Liebe, welche ſie gefangen hält, daß ſie nicht mag die Státre GOttes erreichen . 19. Will man aber recht beten, ſo ſoll man ſich von aller Creatur abwenden , und lauterlich mit dem Willen und Gemü; the vor GOtt treten : Es muß ein ſolcher Fårſag und Ernſt feyn, wie mit dem armen Zöllner im Sempel, und wie mit dem verlornen Sohne , welche alſo zu GOtt kommen . Und ob gleich die Bernunft im Fleiſch und Blut ſpricht lauter Nein, du wirſt nicht erhöret, deine Sünden find jugroß ; Oder, es iſt ießt nicht Zeit, harre noch : Thue vun ebe dis und das, daß du bernach Muſſe und Zeit Barzu baſt ; Dder ſpricht: Was beteſt du ? kannſt du doch nicht mit deiner Begierde vor GOtt kominen : Empfabeft dú doch keine Kraft in dir. Das laß dich nichts irren, die Kraft iſt im inwendigen Grunde, in det Begierde des Willens ,und wircket init GDtr. Stebe nur ſtille, und harre des HErrn, ſie wird wol endlich durchdringen , daß du ſie wirſt in deinem Hergen füblen, und Sett dancken . 20. Wer da will recht beten, und mit feiner Begierde SDt: tes Kraft und Geiſterreichen, der ſoll allen ſeinen Feinden vers geben , und ſie in fein Gebet mit einfaſſen , und GOtt bitten, daß Er ſie auch wolle bekebren, und mit Ihm in feiner Liebe verföhnen, daß ihme nicht eine Schlange in ſeinem Herken bleibe, welche ihn zurücke balte, und die Kraft des Gebets von der Seelen reiſe, wie Chriſtus faget : Der Seufel reiſtet das Wort von ihrem Bergen, daß ſie nicht glauben und Relig wers den . ( Luc, 8:12.) Stem : Wann du wilt deine Gabe auf den Altar


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49 2. Vom Heiligen Gebet. Altar opferen, und wirft alda einbencken , daß dein Bruder ets was wieder dich habe, ſo gebe von ebe bin, und verſöhne dich mit deinem Bruder, alsdann komme und opfere deine Gabe, (Matth. 5:23. 24. ) Item im Vater -Unſer : Bergib uns uns ſere Schuld, als wir vergeben unfern Schuldigern . (Matth. 6: 12.) Auf daß uns der böſe Feind mit dem eingefaſten Haſle nicht verſuche, und uns verhindere, und in Zweifet führe. 21. GOtt foderteine lauterliche, bloſſe und nackende Seele im Gebet : Db ſie wol mit der Eitelkeit umgeben iſt ſo ſoll aber ihr Wille lauterlich vor GOtt kommen, auf daß Er in ihrem Willen anfahe zu wircken, und hernach aud die Eitelkeit des Fleiſches täglich tódte. Alſo gewiß ſoll der Wille mit der Bes gierde zu GDit gerichter ſenn ; daß er mit Jacob rage , da er die gange Nacht mitGDtt rang : HErr, ich laſſe dich nicht, Du fegneſt inich dann. (Geneſ, 32:26.) 22. Und ob gleich das Herße zappelt und zweifelt, und allers ley Hinderungen einfallen , noch ſoll der Wille bleibenſtehen, und ihm die Gnade feſt einbilden, und davon nicht wollen abs laſſen : Und ob gleich der Teufel des Fleiſches Luſt empor ſchwinget, davor die Seele erſchrickt, und dencket, fie ſey dars um von GOtt verſtoffen ; Soroll doch der Wille an der Gnade bangen, wie ein Kind an ſeiner Mutter Brüften , und ſtets wie . der den Teufel und ſeine Begierde im Fleiſch und Blut ftreiten, bis er endlich fieget, und den Teufel im Geiſt Chriſti übermina det ; So wird er bernach groſſe Wunder in fic reben und em , pfinden ,uud wird erkennen, daß es wahr fen, daßſolche groſſe Freude im Himmel der bekehrten Seeleſey,nor neun und neuns sig Gerechten ,die folder Buſſe nicht bedürfen. ( Luc. 15: 7.) 23. Darum , wer da will recht beten, der ſoll ihm feſt eina bilden , daß er will zu Göttlicher Gnade und Hulde kommen , und dasjenige, was er bitte, gewißlich erlangen. Darum ſol auch ſein Gebet alſo gerichtet ſeyn, daß es nicht wieder GOt. tes Ordnung lauffe : Sondern ſoll dencken, daß er in ſeinem Gebete mit SDtt wirden wolle; Gleichwie dasHolß am Bau . me mit des Baumes Kraft wircket, alſo aud roll er begehren allein mit GOttes Kraft und Willen zu wircken, anderſt iſtſein Gebet nur ein Wircen in der Schalen des rechten Lebens: Baumes : dann er mircet damit nur äuſſerlich in den Elea menten , und nicht innerlich mit und in GOtt. 24. Der aber recht betet, der wircket innerlich mit GOtt, und D


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IX . Weg zu Chrifto .

und gebåret äuſſerlich gute Früchte. Wie der Baum ſeine Kraft heraus fübret, und ſich mit der Kraft in der Frucht Tes ben laſſet ; Alſo auch låffet fich die wahre Göttliche Kraft im Menſchen äuſſerlich mit guten Wercken und Tugenden ſehen . Anderit iſt kein Glaube da, das Werck erfolge dann : So ift das Gebet nur Heudeley, und machet nur eine äuſſerliche Forme, und erreicher nicht die Stätte Ottes. 25. Solches wolte ich meinen guten Freunden und Freun dinnen in Chriſtlicher Liebe, aus meinem kleinen Schat -Kaft: leitt, zu einer Chriftlichen Erinnerung, wie der Menſch folle zum Gebete zubereitetſeyn , nicht bergen . Und wie wol id , weiß, daß fie felber neben mir in folchem Wircken ftes ben, und der Gabe des H.Geiftes theilhaftig und fåbig ſind : Sowolte ich mich doch alſo in dieſem und in den nachfolgenden Gebeten etwas mit ihnen erquicfen , und ihnen aus meiner

Kraft und Gabe die Gnade GOttes andeuten und mittheilen, ( gleichrie ein Licht das ander anzündet : Alſo auch eine Gabe GOttes die andere). Auf das wir uns mogen in Einer Liebe, welche iſt Chriſtus in uns Aden, erquicken , und ich auch alſo nióge eurer Göttlichen Gabe und Erkentniß genieſſen, daß wir mit einander im Lobe GOttes wachſen, zunehmen , und viel gute Früchte tragen mögen. 26. Ich will nachfolgende Gebete auf alle Tage (da ihm dann der Menſch mag darunit feine fonderliche Stunden nach feiner Gelegenheit vornehmen) nur zu einer Aufmunterung und Eriveckung der guten Gaben, welchezuvorhin in euch als len Find, geſchrieben haben : Nicht abermal vom gangen Gründe und Anfang der Chriſtlichen Lehre anfaben ; Sons bern nur zur Ubung und Erweckung. Und empfehle euch alle in die wirckende Liebe IEſu Chriſti, und mich in eure Bråder: liche und Chriſtliche Gunſten .

Anleitung , Wie ſich ein Menſch

zu ſolcher Ordnung und

Ubung zum rechten Beten ſchicken ſou.

Summarien . Eten muß Ernſtreyn . 9. 27. - So das ift, rühret GOtt den Wils len mitStraft,28. welcher in eigenen Stråften zu ſchwach ift.29. Beten ijt Efen . 30. Die Göttliche Erbórung iſt die Gnas dents


2. Vom Heiligen Gebet.

SI

ben -Straft, die GOtt in dem Namen JEſu wieder in die Menſchheit eingeführet. 31.Wie das geiſtliche Eſſen geſchehe 32. durch den ges Leſſenen Willen ? 33. Wie die Nothdurft gebildet wird ? 34. Bes ten iſt nehmen, 35. und bedarf nicht lange Worte ; denn auch ein Seuffer wircket mit Gott. 36. Der H. Geiſt machet ihm ſchon felber eine Form im Herken, wannſich der Wille rechtErnſtlich zu CDtt wendet. 37. 38. Eine Beichte und rechte Buß : Wirdung vor GOttes Ungeſichte. 39. Eine Danckſagung und Gebet, wann der Menſch nach ſolcher Huß - Wirkungdie Gåttliche Straft in fich empfindet. 40. Ein Gebet ' zu der groſſen Feuerbrennenden Liebe GOttes, um dieſelbe recht zu lieben ( bitten ). 41. Ein kurş Ges betlein und zu Gott dringendes Seuſkerlein , wann man frůbe aufwachet, ebe man aufſtehet. 42. Ein Gebet unb Danckagung, wann man aufſtehet. 43. Ein Gebet, wann inan ſich anzeuchtund wäſchet. 44. Ein Gebet, wann man will zu ſeinem Wercke und Be. ruff ſchreiten, darein Gott einen teden geſeket hat. 45. Ein Gebet am Montage zu Mittag, oder wann ihn folche Undacht rühret ; ſich zu erinnern ſeines Standes . 46. Ein Gebet , am Montage zu Mittag, des Tages Qualität und Eigenſchaft zu betrachten , und ſich in den rechten Mittag des inwendigen Mondes himmliſches Weſens, einzuſchwingen.VomAufſteigen des Genůths. 47: . Gebet amMona tag, gegen Übend, ſich der Mühſeligkeit unſerer Hände Wercke, im Fluche GOttesZornes, zu erinnern . Vom Abſteigen des Gemüths. 48. Ein Gebet, wann man des Abends von ſeinem Werck aufhöret, und ſchlaffen gehenwill. 49. Ein Gebetlein ,wannman ſich auszcucht und niederleget. so . Eine Danckſagung der bußfertigen Seelen für das bittere leidenund Sterben JEſu Chriſti. 51. Gebet über das i. Gebot. 52. Gebet über das 2. Gebot. sz.' Gebet über das z. Gebot.54. Gebet über das 4. Gebot. 55 . 27.

Hriſtlicher , lieber Leſer : Recht Beten iſt aud ) rechter Ernſt , und muß Ernſt reyn , oder iſt ungültig vor GOtt. Dann ſo wir wollen recht beten, fo follen wir anberft nicht dencken , als daß wir vor GOttes klarem Angeſichte , vor der H. Dreyfaltigkeit ſtehen , und vor den Choren feiner H. Engel, und daß GDtt in unferm Gebete unſer Seele, Geiſt und Herße prüfet, und unſern Wils len gang inniglich anſchauet, ob er gånßlicy rey zu Ihm gerichs tet,ob ſich Ihm der Wille habe gånßlich übergeben . 28. Und ſo das iſt, fo rúbret Er den Willen mit der Kraft ſeines H. Geiſtes, und zerſchellet ihn, auf daß er recht begie rig undbungerig nach der Gnade werde, daß er anfabet ernſts lich aus ſich ſelber auszudringen und in GOttes Erbarmen einzubringen. 29. Dann in eigenen Kräften iſt der Wille allzuſchwach : Aberwann ihn die GöttlicheKraft rühret, ſo wird er erwecket, D 2 das


IX. Weg zu Chrifto. 52 daß er feurig und recht begierig wird : In welcher Begierde GOtt felber wircket; Alsdann rebet der Menſch recht mit GOtt und GOtt redet wircklich mit der Seelen des Menſchen. 30. Solch Reden oder Bircken iſt anderſt nichts , als daß die armeSeele von GOttesBarmberßigkeit (welcheEr durch den Sod Chriſti hat wieder zu uns gewandt) iffet, und fich mit dem Balſam Göttlicher Liebein Chriſto erquicket, darinnen ſie ſtarck wird wieder die Anfechtung des Teufels. 31. Dann das Göttliche Gehöre iſt die Gnaden -Kraft ; welche Er hat in dem Namen JEfu wieder in die Menſchbeit eingeführet, und uns alda wieder eine offene Pforte zu feinem Gebore eröffnct,daburch wir könnten GOtt in uns hören wircks lichreden, wie Er und ſeine Barmbergigkeit durch dieſelbe ers dffnete Gnaden - Pforte einſpricht: Und hinwieder redet die Seele durch diefelbe offene Pforte in ihr ſelber mitGDtt ; Und wird in ſolchem Einreden von GOttes Ausſprechen geſpeiſſet unt erguidket, auch erleuchtet und verneuert. 32. Dann fie iſſet von dem Ausbauchen GOttes , das Menſch worden iſt, als das Fleiſch und Blut Chrifti, auf Art und Weiſe, wie ein Kraut der Sonnen Kraft in fich iffet, das von es tingiret, balfamiſch und gut wird, daß es wächſet und blühet: Alſo auch die Seele von der Göttlichen Sonnen , das von ſie lichte und kräftig wird. 33. Dieſes iſt nun des rechten Betens Nuß und Frucht: welchen Nuß kein äuſſerlicher Mund und von GOtt abges wandter Wiüe erreichen mag ; Sondern allein der eingekehrs te, der ſich gan GOtt ergiebet. 34. Sod nun ſolches geſchehen, ſo muß fich der Wille von allen andern Creaturen abwenden , und von allen irdiſchen Dingen, und lauterlich vor GOtt ſtehen, daß ihm das Ges fcbafte der Creaturen , oder deffen, das er in zeitlichen Dingen von GOtt bitten will, nur im Fleiſch nachfolge, und hinter dem lauterlichen Willen ſtehe, auf daß der lauterliche Wille des Leibes Nothdurft vor GOtt bringe, und das Fleiſch ſelber mit ſeiner Luft nicht mit wircke ; fonſt führet es irdiſche Kuſt in die Göttliche ſeeliſche Wirkung ein . 35. Darum gehöret zu rechtem ernſten Beten , fo wir wola lenetwas von GDtt erlangen, allezeit eine rechte Buffe und eingekehrte Demuth. Dann recht Beten iſt ein Zehmen deſſen, das die Seele begehret, davon Chriftus faget: Von


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2. Vom Heiligen Gebet. 53 nun an leibet das Himmelreich Gewalt, und die Gewalt thun, reiſſen es zu ſich. (Matth. 11: 12. ) 36. Wil deswegen eine furße Formulam einer Beichte und Vorbereitung feben, wie ſich der Menſch ſoll vorhin bereiten, wann er wil ſeine kurße Gebete und Bitten vor GOtt brin gen. Dann er magin einem kurßen Gebete ſowol erhåret werden, als mit viel Worten , wo ſein Hers recht vor GOtt ſtebet. Es darfnicht lange Worte, ſondern nur eine gläubi ge, bußfertige Seele, die fich mit gangem Ernſte in die Barm , berßigkeit Gottes, in GOttes Erbarmen einergiebet ; Dann ein einiger Seufferwircket mit Gott, ſo derWille lauterlich vor GOtt ſtebet, und das irdiſche Kieid, als die falſche Luft, bat von ſich geworfen : Dem Leſer zu einer Erinnerung, und ſeiner ſelbſt Aufmunterung. 37. Dann es darf nicht eben allein ſolche Form der Beichte gebrauchetwerden ; Sondern der H. Geiſt machet ihme wol felber eine Formim Herken , wann ſich der Wille recht ernſt lich zu GOtt wendet. 38. Allein zu einer Anleitung denjenigen, welche noch nicht wiſſen, wie ein rechter Beter foll geſchickt ſeyn, will ich dieſe Beichte feßen , feine Seele damit anzuleiten . Und will das Werck der Beichte, famt dem Beten, dem Heiligen Geiſte in ieder Seelen, der es recht Ernft iſt, befehlen, Er macbet ihm wol ſelber Beicht und Gebete; Komme einer nur recht ernſts lich an die Pforte, da GOtt der HErr im Menſchen wircflich rebet , ſo wird er eß empfinden. Eine Beichte und rechte Buß- Wirckung vor GOttes Angeſichte.

,Heiliger Unerforſchlich 39. & pertiefiter Ott ! der duGreffer, dich aus lauter Gnadener und Barms berßigkeit, nach dem Fahrecklichen Abfall unſerer erſten Eltern , mit deiner groſſen Liebe und Barmherßigkeit,in deinem Soh ne JEfu Chrifto in unſerer Menſchheit haſt offenbaret, und bart uns armen Menſchen wieder eine offene Gnaden - Pforte zu deinem Angeficht in Ihme gemacht, und haſt die Sünde und Tod in ſeinem Blutgetilger : Und ruffeſt uns nun als ein barınbersiger Ott zu ſolcher Gnade, wir armen Sünder fols Ten nur umwenden , und zu dir kommen , du wilft uns erquis đen, Matth. II : 28. Id D 3


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Ix.Weg zu Chriſto

Id armer, unwürdiger, fündiger Menſob , komme zu dit aufdein Wort geladen, und bekenne dir , daß ich ſolcher Gna den nicht werth bin ,die du uns anbieteſt; Dann ich ſtecke im Schlamme der Eitelkeit, und bin mit eitel Fleiſches - Euſt und eigenem Willen beladen ; Meine Sünde baben mich gefans gen und verdunckelt,daß ich deine Gnade in mir nicht ſchmecke noch lebe; Und habe auch kein recht Bertrauen noch Glauben zu dir, und habe mich gang in die Eitelkeit der Welt und des Fleiſches begeben, und bin damit umfangen ; Id habe mein Tchönes Kleid , daß du mir baſt in der Tauffe angezogen , mit Fleiſches - Luft beſudelt, und liege in des Teufels Nebe; in deis nem Grimme gefangen ; Die Hölle ſperret ihren Rachen ge gen mir auf, und mein Gewiſſen naget mich ; Dein Gericht ſtehet immer vor mir, und des Todes -Banden warten meiner ; Ich liegeim Schlamme der Sünden und Eitelkeit,daß ich auch meine Sünde nichtkenneund bereuen kann : Dann ſie haben mich von deinem Angeſicht verborgen : Und habe nur noch ein kleines Funcklein des lebendigen Odems in mir durch deis nen Zug, das deiner Gnaden begehret. Und komme ießt vor dich mit dem verlornen Sohne und dem Zöllner im Sempel, und flehe zu deiner Barmbersigkeit, und bitte dich in meiner ſchwachen Kraft, durch das bittere leiden und Sterben meis nes Erlöſers JEl Chriſti, welchen du dir bait zu einem Gnas den - Thron vorgeſtellet, und beuteſt uns ſeine Gnade durch ſeis ne Bezahlung an ; Du wolleſt mich doch wieder zu deinem Kinde und Erben in deinem Sohn annehmen, und wolleft mir rechte ernfte Buſſe, auch Reu und Leid über meine begangene Sünden , in meinein Herten erwecken , daß ich moge von den gottloſen Wegen ausgeben und meinners gang und gar zu dit wenden. groffer GOtt ! ſtarcke doch meinen ſchwachen Glauben in mir ; zerſchelle doch mein Herß , daß es die vielfältige Süns den erkenne und bereue; rühre doch meine arme Seele mit deiner Kraft an , daß ſie ſich erkenne, daß ſie von dir abges wandt ſtebet. I du Ddem der groſſen Barmherßigkeit GDttes , zeuch mich doch durch meines Erldfers JEfu Chriſti Tod und Auf erſtehung zu dir, und tilge meine Sünde in ſeinem Blute und Tode, und mache meine armeSeele in feinein Blute lebendig, und waſche ſie von ihren Sünden réin , aufdaß ſie mit ihrer. Begier:


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2. Vom Heiligen Gebet. 55 Begierde moge zu dir , odu beiliger GOtt, eindringert, und aus deinem Gnaden - Brünnlein Kraft ſchöpfen . Erwecke doch du in mir einen rechten Hunger und Durſt nach wahret Buſſe und Reue úber die begangene Sünden , daß ich ihr feind und gram werde, und mich zu dit wende. D du groſſe Tieffe der Barmhertigkeit, ich Armer bin ferne von dir, und kann dich in meiner ſchwachen Kraft nicht erreis chen ! Wende doch du dich zu mir , und faſſe meine Begierde in dich und zůnde ſie an, HErr, auf daß ich deine Gnade ſchmes de : Bergib mir doch meine Übertretung und Sünde , und heilemeineSchwachheit; Zerknirſche doch du mein Herbund Seele, aufdas ich mich erkenne, und vor dir demüthige ; Sey dod du mein Anfang zur Bekehrung, und leite mich auf rech ter Straſſe, daß ich mit dir wandelnmöge: Gib mir doch deis nen H. Geiſt in meine Seele und Geiſt, und heiligemich in dei ner Gnade, wie mir dein lieber Sohn Jéſus Chriſtus ver: ſprochen hat : Mein Vater will den H. Geiſt geben, denen die Söndarum bitten , ( Luc. It : 13 .) item : Klopfet an, ſo wird euch aufgethan. (Matth. 7: 7. Luc. II: 9. ) Jeßt komme ich armer Sünder auf dein Wort geladen, und faffe mir deine Zuſage in meine Seele und Herße,und laſſe nicht vondir, du fegneſt mich denn mit Jacob. Und ob gleich meiner Sünden viel find , ſo biſt du boch der Almachtige GOtt , und die ewige Wahrheit, die nicht lügen kann ,da du im Propbeten Eſaia verfprochen baft : So wir umkehren und Buffetbun ,ſo ſollen unſere Súns den ſchneeweis werden als Wolle. (Efai.1:18.) Auf deine Zu fage traue ich, und ergebe mich dir gang undgar, und bitte dich berblich, nim mich in Gnaden an , und fübre mich zu deinen Kindern, die da wandeln auf dem Wege des Lebendigen , und laß mich mit ihnen wandeln, und in deine Gebote treten . Gib mir ein recht demüthiges und geborſames Herbe, das ſich alles zeit vor deinem Zorn fürchte, und nicht mehr fündige. D du Brunnquelle aller Gnaden, was ſoll ich vor dir ſagen ? Oder was ſoll ich mir beucheln , und meinen böfen Willenund Begierde trøften ? Ich begebre feinen Troſt von dir in all meinem irdiſchen , böſen Willen , ſondern bitte dich aus aller meiner Kraft die noch durch deine Gnade in mir iſt, tote nur meinen irdiſchen böfen Willen, und laßihn nicht mehr vor dir leben : Dann er begehret nur Heucheley und eigene Liebe , und iſt nimmer rechtſaffen vor dir ; Ergibtdir gute Worte ,und 24 Taget

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IX. Weg zu Chriſto . faget Wahrheit zu, und iſt doch ein ſteter Lügner vor dir : Gil mir nur deinen Willert,aufdaß ich nichts ohne dich wolle ; Srit du mit deinem Willen meinen falſden boren Willen zu Boben , und laß mich in deiner Kraft mit bir wollen und thun . DHErr , was ſoll ich in meiner Eitelkeit von dir bitten ? Ich bitte nichts, als nur das Sterben meines Heilandes Jeſu briſti von dir, das du mich in ſeinem Tode tóðtert, und in feis ner Auferſtehung in Ihm lebendig macheft, aufdaß ich nicht mehr nacineines Geiſtes Willen in mir wandele, ſondern in Thm ; Daß ich moge ſein Tempel und Wohnbaus ſeyn,aufdaß Ersmich leite und führe , daß ich obne Ihn nichts wolle noch thun könne : Verbindedu mich mit Ihm , aufdaß ich fen ein guter Rebe an ſeinem Weinſtocke, und in ſeiner Kraft gute Früchte trage. In deine Zuſage erfincke ich gant und gar : Mir gefcbebe nach deinem Wortund Willen.Amen. Eine Dancffagung und Gebet, wann der Menſch nach folcher Buß -Wirckung die Göttliche Kraft in fid) empfindet. 40. GOtt, du Brunnquelle derLiebe und Barinherßige keit ! Ich lobe und preife dich in deiner Wahrheit, und dancedir in meinem Herßen , daß du mir wiederum dein Antlig anbeuteſt, und mich Unwürdigen und Elenden mit dert Augen deiner Barmhertigkeit anſiebeſt, und gibt mir wieders um einen Strahl des Troſtes , daß meine Seele auf dich hof fen kann. du überſchwengliche Liebe, JEfu Chrifte ! der du den Sod zerbrochen, und GOttes Zorn in Riebe gewandelt baſt ! dir ergebe ich mich ganzund gar : Dich lobet und rühmet meine Seele; Sie erfreuet ſich in deiner Kraft und Liebe , daß du ſo gütig bift ; Mein Geiſt ſpielet in deiner Kraft, und freuet ſich deiner Wahrheit : Ade dein Shun ift Recht und Wahrheit: Du berrſcheit über die Sünde , und zerbrichit dem Tod ſeine Gewalt ; Du hålteſt der Höllen Machtgefangen , und zeigeſt uns den Weg des Lebens : Niemand iſt wie du Err , der du die Gefangenen aus der Grube des Todes ausláſfeſt, und era quickelt die Elenden ; Du trånckeſt fie in ihrem Durſte ,und gibſt ihnen Waffer des ewigen Lebens ; Du richteſt ihren Fuß auf rechtem Wege , und weideft fie mit deinem Stabe : Die Dürren Ståtte des Hersens und der Seelen befeuchteſt du mit deinem


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2.Vom Heiligen Gebet. 57 deinem Regen, und gibſt ihnen Waſſer deiner Barmherfigs keit ; Du macheſt fie mitten im Tode lebendig , und richteft fie vor dir auf, daß fie vor dir leben ; Du denckeſt der Barmher: sigkeit und des Bundes, den du mit uns durit dein Blut und Tod gemachet haſt, und vergibſt uns unſere Sünde ; Du ſchenckeſt uns ein von deiner Kraft, aufdaß wir dich erkennen : Und gibſt uns Speiſe des ewigen Lebens, dadurch wir erquis det werden , und immerbar nach dir hungern und durſfert. Solches erkennet ießt meine Seele, darum lobet ſie dich , und jauchzet dir in deiner groffen Macht und Herrlichkeit. D du Brunnquell Göttlicher Süßigkeit ,faſſe doch meine Seele in dich, und erfülle meinen Geiſt mit deiner Liebe , und binde mich an deinen Band , daß ich nimmermehr von dir weiche. ( Starce doch meinen ſchwachen Glauben, und gib mir eine gewiſſe Hoffnung und Zuverſicht ! ) Reinige doch mein Hert und Seele, und gib mir Reuſchheit ins Gewiſſen, daß ich mich der Sünden vor deinem Antliß chåme,und von ihr weiche: Södte doch du alle bore Lüften in mir, aufdaß ich dir mit reiner Bes gierbe anbange, und in deinem Willen wandele. Erhalte mich boch in deiner Kraft und Erkentniß,und gib mir ein demüthi: gs Herße gegen dir und meinem Nächſten, aufbaß ich dich als te eit erkenne und liebe. Hilf auch , daß ich meinen Nächſter moge lieben als mich ſelber, durch Jefum Chriſtum unſern Errn , Amen. Ein Gebet zu der groſſen Feuerbrennenden Liebe GOttes, um dieſelbe recht zu lieben ( bitten ). Du Heiliger GOtt, der du in einem lichte wohneſt, darzu niemand kommen kann, als nurdie Liebe deines Sobres JEfu Chrifti, die du aus lauter Gnaden in unfere Menſchheit in JEfu Chriſto baſt eingegoſſen ; Darmit Du us arme Menſchen baft vor der Welt Grund geliebet , und bat uns durch dieſe Liebe von deinem Grimm , und von der Gwalt des Todes und der Hillen erldſet: Und beuteſt uns nun ſolche Liebe durch deinen Sohn IEſum Chriſtum an , in deinem Feuer- flammenden Geiſte , daß wir dich ſollen darum bitten , ſo wilft du ſie uns geben . 4

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Ich armer unwürdiger Menſch , erkenne mich wol der nicht werth : Weil du fie aber baſt in unſerer angenommes meni


58 IX . Weg zu Chriſto. nen Menſchheit offenbaret, und ruffeft damit den armen vers lornen Sünder , und biſt damit ins Fleiſch kommen ,daßdu ſie damit wilft in ihren Sünden und Elende fucben , und dadurch von Sünden erlöfen und ſelig machen , wie uns dein Wort fola des lebret ; 14 So komme ich, o fiebreicber Bater, aufdein Wort gelabert, und nehne dein Wort und Wahrheit inmein Hert und Sees lé, und faffe ſie mir ein als dein Geſchencke: Und bitte dich , o du Feuerſlammende Liebe Dttes , im Bunde Jeſu Chris ſti, uns armen dürftigen Seelen geſchencket, günde auch meine arme Seele mit dieſer Liebe an , daß fie ein neues Leben und Billen bekomme, und aus ihrer Gefängniß deines Zorns, uid aus dem Racben des Todes erldfet werde. Ddu feurigeLiebe GOttes ! die du baſt den Tod in unſerer Menſchheit zerbrochen , und die Hölle zerſtöret , und unſerer Seelen Sieg in Chrifto durch den Tod ausgeführet , Die du Haſt am H. Pfingſttage in der Apoſtel Munde und Herßen in feuriger Flammegeſchwebet, und alle denne Heiligen angezins det, und deine Wunderwercke durch ſie gethan ; Der du die ganze Welt und alle deine Geſchöpfe liebeſt und erhalteft : 24 dir komme ich, und ergebe mich gang in dich. D du groſſer Brunnquell GOttes, thue dich auf in meinen Geifte meiner Gnwendigkeit, und zünde auch in mir das Feuer deiner Liebe an , aufdaß mein Geift auch in deiner Liebe brenne, und ich dich darinnen erkennen und loben moge. · Ddu groffe Heiligkeit , durch das Verdienft meines Heilan : des JEſu Chriſti, durch ſein Blut und Tod bringe ich in mir zu dir, und ergebe mich in deine Flamme : Durch ſeine Auferſte: hung und Himmelfahrt führe ich meinen Willen in dich , und gebe dir ibn gang und gar, thue du mit ihm wie du wilt , erldre ibn nur von der falſchen Luft und brick ibm die Gewalt, daß er allein auf dich ſebe. 4 D du heilige Kraft GDttes , der du in und über Himnel und Erden ſchwebeft , und allen Dingen nahe biſt , geuß dich doch aus in mir, aufdaß ich in dir wieder neu geboren were, und in dir grüne, und gute Früchte wircke, als ein Rebe im Weinſtockemeines Heilandes JEfu Chrifti ; zu deinetn ewigen Lob und Herrlichkeit. I du Pforte der Heiligkeit GOttes ! leuchte doch in deitein Tempel in meinem Geiſte, aufdaß ich in deinem lichte van : dele,


59 2. Vom Heiligen Gebet. dele,und dich allezeit lobe , und dir diene in Heiligkeit und Ges rechtigkeit, wie es dir gefällig iſt, der du biſt ein einiger GOtt, Vater,Sohn und 5.Geiſt,bochgelobet in Ewigkeit,Amen.

Nun folgen die Gebete auf alle Tage in der Wochen, zu Morgens,Mittagsund Abends, wie der Menſch ſou in ſteter Ubung und Wirdung ſeyn. Hriſtus ſprach zu ſeinen jüngern : Wachet und betet, SK Doaß ihr nicht in Xnfechtung fallet , Matth . 26:41. Und S. Petrus : Euer Wiederfacher , der Seufel, gebet umber als ein brüllender Edwe, und ſuchet,welchen er verſchlin: gen möge. Dem wiederſtebet feſte im Glauben, im Gebet, und in der Hoffnung, aufdaß euer Hers bewahret werde vor ſolchen Pfeilen des Böſewichts, 1. Pet.5: 8.9. Gebete am Montage. Ein kurs Gebetlein und zu GOtt dringendes Seuft zerlein, wann man frůbe aufwachet, ehe man aufſtehet. Eine Augen leben auf den Lebendigen der Himmel und Erde gemacht hat, und erfreuen ſich ſeiner Gů: te, daß er fognädig iſt, und feineHand in dieſer fins ſtern Nacht über mir gehalten hat, und mich durch deinen beis ligen Engel vorallem Schaden und Leid bewahret. Zu Dir, du lebendige Quelle , dringe ich , und regne mich mit deineni þeiligen Creuß, daran du den Tod erwürget , und uns das les

ben wiedergebracht haſt, durch das Blutunſers HErrn JEfu Chriſti, im Namen GOttes des Baters ti und des Sob nes , und des H.Geiſtes + , Amen. Ein Gebet und Dancffagung , wann man aufſtehet. Ch dancke dir , o GOtt meint himnilifcher Vater, durch JEfum Chriſtum deinen lieben Sohn , unſern HErrn und Heiland , für alle Wolthat, für deinen gnädigen Schuß und Schirm , daß du deine Hand haft über mich gebala ten , und mich dieſe Nacht vor des Teufels Lift und Trug , und vor allem übelbewahret. Und befehle dir ießt nun mein Leib wb

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60 IX .Weg zu Chriſto... und Seele, (und alles das du mir gegeben , und barein du deis hem Diener gereget baft) in deine Hände ; Auch alle meine Sinnen , Gedancken und Begierde. Regiere mich doch dies fen Sag und alle Zeit , mit deinem H. Geifte, und führe mich aufrechter Straffen : Gib mir dein Wort in mein Herk , und lehre mich deine Wahrheit , daß ich dieſen Tag und allezeit nichts rede,dencke,noch thue,ohne was rechtund wahrhaftig iſt. Behüte mich vor Lügen und allen böſen Menſchen , welche in Lügen und Trug wandeln, daß ich ihnen nicht nachfolge, Tons dern deine Wahrheit in meinem Hergen führe , und auf rech tem Wege wandele. Zeuch du mein Herß und Seele an mit dem Kleide des Heils , und mit dem Rocke der Gerechtigkeit und Reinigkeit : Und waſche inein! Here mit dem Blut des Lämmleins Jeſu Chriſti . Laß meine Augen feben auf deis nen Weg , daß ich darauf wandele; Gib mir deinen heiligen Engel zu, daß er mich leite und führe und vor des Teufels fürs ſtellung und falſchem Neße bewahre , daß ich mich nicht laffe der Ungerechtigkeit gelüften ; Gibmir keuſche und züchtige Au gen, daß keine falſche Luft in mir erwache ; und behüte mich vor Zorn und Fluchen , daß ich deinen Namen nicht mißbrau : dhe; Sondern alſo wandele, wie es dir gefällig iſt,durch IE : ſum Chriſtum deinen lieben Sobn ; unfern HErrn und Hei land, Amen.

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Ein Gebet,wann man ſich anzeucht und wäſchet. Ewiger GOtt ! init dieſem Kleide erinnere ich mich SW des Kleides der Unſchuld unſerer erſten Eltern, da ſte ſolcher Kleidung nicht beðurften : Welches irdiſcheKleid durch die Sünde bat ſeinen Anfang genommen . barmherfiger GOtt ! du baft uns das ſchöne Paradeis Kleid in deinem Sohn JEfu Chriſto wiedergebracht : Deuch es doch an meiner Seelen, weil es der irdiſche Leib nicht werth iſt, bis ich werde einmal wieder aus dem Staube der Erden auffheben, ſowirſt du mich wieder gang überkleiden mit dem Kloide deiner Kraft und Herrlichkeit: Das glaube und hoffe ich nach deinem Worte. Und wie ich mich ießo mit äuſſer : lichem Waſſer waſche, alſo , o lieber GOtt, waſche du dock auch mein Hert und Scele , mit dem Blute des Lammes JEfu Chriſti, aufdaß ich vor dir rein fey , und als deine Braut


2. Vom Heiligen Gebet.

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Brautdir wolgefalle; und faſſe mich in deine Arme, als deine liebe Braut, mit welcher du dich im Glauben und in der Liebe vertrauet und verlobetbaft. Seuch mir doch an das Kleid deiner Unſchuld , darinnen du in unſerm Kleide haft aller Menſchen Spott auf dich genom men. D HErr JEfu Chriſte, du haſt unſere irdiſche Kleider in deinem Leiben und Sterben von dir gelaſſen : Die Kriegs. Knechte zogen ſie dir aus, und haſt dich nacket und bios deinem Ewigen Vater aufgeopfert, und haſt uns darmit erworben das reine und heilige Kleid der Unſchuld , welches unſer erſter Bater Adam vor ſeinem Fall an hatte, da er nicht wuſte, daß er nacket war . O lieber HErr JEſu ! jeuch es doch meiner armen Seelen wieder an ; Biſt du doch darum in unſere Menſchheit kommen , daß du uns wilt helfen , und das Kleid deiner Kraft uns ſchens cen . Faſſe doch mein Gemüthe in dein Kleid , das es moge in folchem Kleide vor GOtt deinen Bater treten , und ihn bitten. D HErr JEfu Chriſte ! ich kann ohne das Kleid deiner Kraft und Genugthuung nicht vor GOtt kommen : Mein Ges bet kann die Stätteder Gottheit anberft nicht erreichen ,du vers kleideſt dann mein Gemüthe und Begierde init dem Sieg beis ner Auferſtehung: Darinnen allein kann ich mit meinem Ges múthe zu deinem H. Bater kommen ; Darum ſo gebe ich diri Bo mein Gemütbe und Willen gang zum Eigenthum , bekleide du es , HErr JEſu , mit deiner Kraft, gleichwie ich den Leib ieko mit irdiſchen Kleidern bekleide ; und waſche alle Unreis nigkeit von meinem Gemüthe ab ; gleichwie ich mein Antlik iego mit Waſſerwaſche ,alſo waſchedu mein Gemüthe inwens dig mit der Kraft deiner Gnaden , auf daß es wacker werde dich anzuſchauen , und einen Eckel habe an aller Falſcheit und un reinigkeit der Lügen , Unwahrheit, Hoffart , Geiß , Neid, Zorn, und allem deme, das wieder GOtt iſt.

DGDtt H.Geiſt ! laß mich einhergehen und wandeln in deiner Kraft: Dein heiliger Engel, den du mir zugegeben haft, der leite mich, durch J & fum ČHriſtum + unſern HErrn, Amen .

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IX . Weg zu Chriſto.

Ein Gebet , wann man will zu ſeinem Werde und Beruff ſchreiten , darein GOtt einen ieden geſeket hat.

Pelmächtiger , ewiger GOtt und lieber Bater , ein Schopfer Himmels und der Erden ! Du baft alle Dinge zu deinem Lobe, und den Menſchen zu deinem Ebenbil de geſchaffen , und ihn zum HErrn und Regierer deiner Wer de gefebet , und alles unter fcine Hände gethan . Ich armer , elendiger , ſündiger Menſch , erinnere mich des ſchweren Fals unſerer erſten Eltern , dadurch dein Fluch über dieſes Berck und über die Erden tam : Und erinnere mich , wie unſere erſte Eltern ſind aus dem Paradeis in dieſen Fluch gerathen , darinnen wir nun alleſamt müſſen in Múbe , Kum mer und Noth ſchwimmen , und uns múben und Francken, das wir unſer Leben friſten und erhalten , bis wir endlich wieder in das Staub - Wefen eingeben , davon mir genommen ſind ; Alda wir deiner wahrhaftigen Zufage warten ſollent, daß du unswilt aus dem Staube der Erden in den legten Sagen wie der aufwecken , und wieder in das ſchöne Paradeis -Bildniß formiren . Solches erinnere ich mich ieko , weil ich das Werdt und den Beruff angreiffe , darein du mich durch die Natur verordnet haft ; und bitte deine groſſe Barmherzigkeit, welche bu in dem ſchweren Abfalle wieder in der GnadeFEfu Chriſti zu uns gewandt baft: Segne mich doch in meinem Beruff und Stande, und wende deinen Fluc und Zorn durch die Lies be JEfu Chrifti von mir ab , daß mich der böfe Geiſt nicht in meinem Beruffund Stande lichte und angreiffe,und in Falſchs beit einführe , daß ich nicht etwa darinnen meinen Nächſten beleidige , betriege, mit Worten oder Wercken Unrecht thuce oder das begehre , das ich nicht fol . Gib mir doch , D lieber HErr, ein redlid Berg und Ges müthe, daß ich mit gutem Gewiſſen , ohne Falſche Begierde, auch ohne Hoffart, Geiß , Neid und Zorn , mein Werct treis be , und meinen Stand nach deinem Willen führe , und mid an deiner Gnade, was du mir gibſt, genügen laſſe; Und mit dem Wercke meiner Hände in meinem Amte und Stande, dars ein du mich gefeßt haſt, nicht allein das Meine , allein mir zu dienen , ſuche , ſondern auch meinem Nachſten , auch den Urs men , Elenben und unvermogenden : Item den Schwachen un


2. Vom Heiligen Gebet. und Bidden , welche nicht mit Verſtand deiner Wunderwers de, dieſelben zu treiben , begabet find , moge zu Hülfe foms unen .

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Hilftoch , o lieber GOtt, daß ich mich recht erkenne, daß ich in meinem Umte und Stande, in meinem Wercke, nur dein Diener bin , und das alles , was ich verwalte, von deiner Hand herkommt, und daß ich in dieſer Welt nichts Eigenes babe, ſondern nur ein Pilgram und Hausgenoſſe auf Erden bin : Und daß du , o GOtt Bater , mit deinem Sohne Jeſu Chrifto, in Kraft des H. Geiſtes , ſelber alles wirckeſt t , reia beſt und regiereſt , undalles allein dein, und nicht mein ift. Gibmir doch recht zu erkennen , daß alle Menſchen von Eis nem berkommen find, und deswegen alle meine Glieder , Brüs der und Schweſtern ſind , wie ein Baum in feinen Ueften : Daß ich ſie alle lieben ſoll, wie du uns , o lieber GOtt , mit einer einigen Liebe in JEfu Chriſto vor der Welt Grund gelie bet haſt und noch liebeft : und haſt uns Alle in einer ernigen Liebe in deinem Zorn (al. Sobn ) verſõbnet. A110 , o lieber GDtt , erwecke doch auch dieſelbe einige Liebe in mir , und zůnbemeine Seele und Gemüthe damit an , auf daß id, auch mit und in dir, in deiner Liebe alle meine Mit - Glieder liebe, und ihnen zu Dienft bereit und willig fer : Auf daß dein Name in uns allen gebeiliget werde, und dein Reich in uns komme, und dein Wille in uns geſchehe; Aufdaß wir alle in einer liebe deis nen Segen eſſen und trincken : Und nim von uns das Ubel, und die ſchwere Schuld, als deinen Fluch und Born , auf daß nicht des Teufels Neib und Geiß in unsaufquelle , und uns in Rache und Bosheit einführe : Daß wir uns auch mogen bergs lich lieben , und uns untereinander die Fehle und Schwach beiten vergeben , wie du uns in deiner Liebe in JEfu Chriſto tåglich vergibſt. DHErrwehredu doch des Satans liſtigen Eingriffen, daß er unsnichtverſuche, und die böſen Neiglichkeitenempor füh re , dadurch wir in falſche Luft gerathen . Erldfe uns doch , o lieber GDtt , von allem ſolchem Ubel, durch das Blut und Tod unſers HErrn JEfu Chrifti. Und gib mir ein frolich Gemüthe deine Wunder zu treiben , und hilf, daß ich ohne deine Kraft nichts wircke , wolle noch thue. Fübre mein Leben durch deine Wunderwercke und Ges fepópfe in dieewige himmliſche Wirkung, in die geiſtliche večs bors


64 IX . Weg zu Chriſto. borgene Welt ein , und laß mich alhie in deinen Wunderwers cen , in Kraft und Erkentniß zunebmen , auf daß auch mein inwendiger Grund in deinen Wunderwercken , in deiner Kraft wachſe und zunehme , zur Offenbarung des Neuen Jeruſa lems in uns , dadu , o wahrer Gott , wirſt Alles in dem in uns wircken , wollen und ſeyn. So gib mir doch ſolches ſtets zu erkennen , auf daß ichs zum Denckmahl in meinem Gemüs the habe , und nicht ſündige, noch meinen Willen von dir ab breche, und ein falſches Bild gebåre , das nur nach Hoffart, Geis und eigener Ehrelåſtere,und mit den böfen Geiſtern vers damit werde ; Sondern laß mich Ein Geiſt und Wille mit dir reyn , und mit dir wircken inKraft meines Heilandes IE fu Chriſti, und des H. Geiſtes, 4men .

Ein Gebet am Montage zu Mittag, oder wann ihn ſolche Andacht rühret; ſich zu erinnern ſeis

nes Standes . r t Bater , ich dance dir , und lobe dich, ewige GOt 46 . daß du mich in dieſen Stand geordnet , und mir Gut und Nahrung gegeben (oder zu frommen Leuten gefüget, denen Vernunft ich mit meiner Gabe dienenfoll) und haſtmic , mit und Verſtand begabet , und zu einem vernünftigen Menſchen geſchaffen, daß ich dich erkenne, daß ich nicht ein todter , this richter, unwiſſender Menſch bin, der von dirnichts miſſe, und dir nicht dancket für ſolche Rohithat: Sondern baſt mich ans Licht der Welt geſchaffen , daß ich mit deinem Lichte wircke und lebe : Und zeigeſt mir alledeine Wunder in deinem Lichte. Des bancke ich Dir, daß Du mich baft zu deinem Ebenbilde ges ſchaffen , und mir deine Wunder unter nieine Hände gethan, daß ich ſie erkenne, und mich in dem Wercke deines Geſchopfes mag erfreuen. ünd bitte dich , Ewiger SDtt, gib mir Berſtand und Weisbeit , daß ich ſolch dein Geſchöpfnicht mißbrauche, ſon . dern einig allein zu meiner Nochdurft brauche, meinem Nach ſten und mir (ſamt den Meinigen) zu gute. Gib mir , daß ich dir in allen deinen Gaben danckbar Fey , daß nicht meine Bers nunft fage : Das iſtmein , ich habs erworben , ich wills alleis ne beſißen , ich bin darmitedel, herrlich und ſchöne, mir ges bühret wegen dieſes Ehre und Rubm . Welches alles vom Teufel und dem ſoweren Falle Adams herkömmt. 2 lie .


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65 2. Vom Heiligen Gebet. O lieber HErr Chriſte ! hilf doch , daß ich allezeit deine Demuth , Niedrigung und zeitliche Armuth betrachte , und meinem Gemůthe nicht zulaſte, fich zu erbeben über den Al bern , Armen, und Nothdürftigen , daß ſich meine Seele nicht von ihnen abbrece, daß fie in ibrem Elende nicht über mich feufgen , und mir meine Wege zu Dir verhindern : fondern bilf , daß ich mein Herß zum Albern 'in Staub lege , und alles jeit bekenne , daß ich nichts mehr bin als ſie, daß mein Stand bein iſt, und ich nurdeſſen Diener bin, 2 groffer,heiliger GDtt , ic bitte dich , eröffne mir doch meine Inwendigkeit , daß ich recht erkenne , was ich bin . Sdleuß doch in mir auf, was in Abam zugeſchloſſen ward ; laß mich doch in meiner Inwendigkeit des Gemüthés feben und empfinden den ſchönen Morgenſtern in dem H. Namen JEfus , welcher fich uns armen Menſchen aus Gnaden an , beut , und in uns wohnen , auch in uns kraftig wircken wil. Berbrich doch du die harten Pfoſten meiner Annehmlichkeit cigenes Willens, auf daß ſein Wille durch mich ausſcheing, und mein Gemüthe ſeine Liebe- Feuer-Strahlen empfinde. Zůnde docdu mein feuriges Leben des ſeeliſchen Grundes anmit dem Strahl deines Lichts, auf daß ich dich ertragen mag , ſo geuß doch deineLiebeund Sanftmuthin mein Feuer's Leben ein , daß mich nicht dein Feuer - Slang gang verzebre und zerſcheitere, wegen meiner noch Unreinigkeit.

Ddu groſſer H.GOtt , zu dir nabe ich michy ießt in meinem Gemüthe , als in deiner ausgegoſſenenKraft, welche du in ein Bildniß deiner Gleichheit nach deiner Wirkung formiret baſt, und ergebe mnich dirwieder gang zum Eigenthum . Wirce du in meinem Gemüthe, als in deinem Gegenwurfe, deing Bunder , wie du wilt, und halt mein Gemüthe mit deiner Kraft, als deinen Werckzeug, auf daß es nichts ohne did wolle noch thue , ſondern alles mit dir wircke und thue. Fübre du meine Neiglichkeit mit deiner Macht, auf daß ich in und mit bir berrſche über die Sünde , Sod , Seufel, Holle und Welt. Weil du mid im Anfange in meinem Vater Adam zum Herrſcher aller Creaturen gemacht, und nach dem fchrecklie den Fall in Chrifto JEfu wieder darein gebracht baſt, daß ich in JEſu Chriſto ſoll mit Ihin , und in Ihm , und Er mit mir, und durch mich über alle ſeine Feinde berrſchen , bis ſie alle


IX . Weg zu Chriſto. 66 zum Schemel ſeiner undmeiner Füſſe geleget werden : Socr gebe ich dir , mein HErr JEfu , mein ganges Gemüth und Seele , und alles was ich bin ; Herrſche du in mir über alle meine Feinde , die in mir und auſſer mir ſind ; Lege du ſie zum Schemel deiner Füſſe , und fübre mein Semutbe, als das Ebenbild GOttes, in GOttes Kraft ,daß es als ein Werkzeug des H. Geiſtes , mit GOtt das Gute wirdke, wolle und ver bringe; auf das dein hoher Name, GOtt , darinne wieder of: fenbar werde , und wieder komme zur Gemeinſchaft deiner beiligen Engel, darzu du es im Anfang verordnet baft. 2 groffer GOtt , iſt es doch ein Strahl von deiner 210 . macht, Herrlichkeit und Wiſſenſchaft, eine Geſpielin der Göttlichen Weisheit und Herrlichkeit , eine Dienerin det Majeſtät und Einheit GOttes , eine Erkennerin deiner of: fenbarung, und eine Figur des groffen Namens GOttes, der die Welt und alle Dinge gemacht hat. In ſeiner EL fent , ehe es eine Creatur ward , ſtunden die Formungen deines Willens, welche Formungen Du , o groſſer GOtt, in ein creatürlich Geſcópfe gebracht haft , und das ed můthe zur Herrſcherin darüber gefeßet , da du mit deinem H. Namen , in deiner Kraft , durch das Gemütbe felber Berrſchen wolleſt. D GOtt ! das Gemüthe bat fich in Adam von dir ge wandt, und iſt in eigene Annehmlichkeit eigenes Willens eingegangen , und hat fich finſter , dürre, ſtachlicht, feindig, hungerig und neidig gemacht, und iſt ein hölliſcher Quell und Greuel vor dir worden , allen bofen Geiſtern gleich : 1 Weldes ou , o groſſer GOtt, mit dem allerheiligſten Nas men JEſu wieder zu dir geirandt und neugeboren haſt. Darum ergebe ich Dir es willig in deine füffe angebotene Gnade , und verfage mich hiemit meines eigenen Willens und Natur-Rechts, und gebe dir es zum Eigenthum , HErr JESU , auf daß ichs nicht mehr Felber rey , fondern daß du es reyſt, nach deinem und deines ewigen Vaters Willen und Wolgefallen , auf daß GOtt rep Alles in Allem , ein wab res Dren -einiges Weſen , Bater , Sohn , H. Geiſt , im Himmel und auf Erden , Alles in allem wirckende und bes berrfcbende, Amen. Ein


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Vom Heiligen Gebet.

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Ein Gebet , am Montage zu Mittag, des Tages Dualität und Eigenſchaft zu betrachten , und ſich in den rechten Mittag, des inwendigen Mons des Himmliſches Weſenis, einzus ſchwingen.

Vom Aufſteigen des Gemüths, GOtt, Du überglangendes , emis - ausſcheinendes Licht, Dubaſt der äuſſern Welt das Licht von dem Hauchen deiner Machtdurch die Strahlen deines Lichtes ges geben , und herrſcheſt mit Sonne und Monde in allen deinen Bercken in dieſer Welt Weſen ; Du gebåreſt alles zeitliche Les ben durch dieſe Lichter ; Alles was Odem hat , wircket und le bet in dieſen Lichtern , und lobet dich in deiner Kraft ; Alle Sternen nehmen licht und Schein von deinem ausgegoſſenen Glange : Duziereſt die Erde mit ſchönen Kräutern und Blus men durch dieſes Licht, und erfreueſt darinnen alles was lebet und wachſet : Und zeigeſtuns Menſchen darinnen deine Berr : lichkeit, daß wir erkennen deineKraft, die inwendig verbor : gen iſt , und daran ſeben , wie du haft dein ewiges Wort Fichts bar und wirckend gemacht ; auf daß wir dadurch ſollen bes trachten dein inwendiges , geiſtliches Reid , da du in Bers borgenen wohneft , und alle deine Geſctipfe erfülleſt, und A1 les in Allem felber wirdfeſt und tbuff. Die Himmel famt der Erden ergeblen deine Ebre , Kraft und groſſe Macht: Die Elementa ſind ein Gegenwurf deiner Weisbeit, da dein Geiſt mit einem Gegenwurf vor dir ſpielet, und alle Dinge dich loben , und fid in deiner Kraft freuen und frolocken. Über dieſes alles haſt du dir , o groſſer GOtt,mein Semüthe zur Erkennerin und Geſpielin deiner Weisheit ge macht , daß ich dich ſoll darinnen loben , und deine Wunder , wercke helfen treiben und fördern : Du haſt Bolgefallen dars an gebabt, daß du mic ſolche Macht haſt untertban , und balt mir gegeben in allen Dingen zu wircken , und mir alles zu ei: gen gemacht. 47 .

groffer GOttin Chrifto JEfu , woift ießtmeineMacht und Herrlichkeit ? If ſie doch blind : Fübre mich doch wieder in meinem Ort deiner Soopfung, auf daß ich wieder in deis nem Licht ſehen werde, und deine Wunder erkenne. Leucha


* IX . Weg zu Chrifto. 68 te doch du wieder in meinem äuſſern Sonnen- und Mondett Lichte, auf daß ich an dem äuſſern Weſen deine inwendige Sraft lerne erkennen . Ach du überlichtiſches Licht der groſſen Verborgenheit, gib mir doch deine Strahlen deiner verborgenen Heiligkeit, daß ich in meinem Lichte ſebe das Licht deines Scheins! Ddu Feuer und Licht der groſſen Inwendigkeit, erbarme dich über mein Elend , und hilfmir aus dieſem Bundeln Haus ſe , darinnen ich gefangen bin. Gib mir doch wieder eine wabs re Erkentniß deines Weſens , darzu du das Gemüthe anfang tich haft in Natur gebildet, und haft es zum Willen deiner Fis guren und Geſchöpfe geordnet : Führemich doch wieder in Chriſto meinem Heilande in meine gebabte Herrlichkeit. Und ob es wolber Reib in dieſer Zeit nicht werth iſt , weil er iſt ein ſtinckend Cadaver worden : ſo durchleuchte doch mein eða les Gemüthe , als dein Ebenbild , und laß es in Chrifto meis nem Heilande, im Himmelwohnen , in der Gemeinſaft deis ner H. Engel. Stelle du es in den Mittag deiner Wunder , dazu du es baft gebildet , und herrſche du , D HErr JEſu Chriſte, als mit deinem Erbe ,darmit über alle Dinge. Und hilf mir , daß ich bemüthig ſey , und mich deffen , was du thuft, nicht ans nehme, ſondern dir nachfebe , und meine Begierde dich lobe, und ſtets in deiner Harmonie lebe , und ohne dich nichts begehs re anzufaben oder zu thun. DHErr, du allerheiligſtes Licht, laßdoch mein Gemüthe in deinen Borbófen wohnen , daß fichs von deinem Glange, der von dir ausfleuſſet, erfreue, und ewig nicht mehr von dir abs weiche : Sondern fübre es wieder zur Gemeinſchaft der H. Engel , darzu du es verordnet baſt. DH. Name Immanuel, es iſt dein , thue du barmit, was

du wilt, Amen . Gebet am Montag, gegen Abend, ſich, der Mühe felichkeit unſerer Hände Wercke im Fluche GOttes Zorns, ju erinnern . Dom Abſteigen des Gemüths . 48 MS & Des, wie elend, voller: Tammer, Kummer


2. Vom Heiligen Gebet.

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und Sorgen iſt unfere Zeit, voller Hengſten und Trúbral! Wann wir meinen , wir ſtehen aufrecht , und wollen uns unt, ferer Hände Werck erfreuen , fo überfotbatteſt du unsmit dei: nem Grimme, und macbeſt, daß wir uns ångſten : Wir lauf: fen und ångſten uns , und iſt niemand , der uns jage , als nur Dein Zorn in unſerer Verderbniß . Wir verzehren unſere Tao ge wic ein Geſowaße: Wie eine Rede, fo vergeſſen wird ; at: fo vergeben unſere Tage , und ſind immerbar in Unrube; Unt ftáte iſt unſer Wandel , wir verlaffen uns auf unſern Arm, und kangen an unſerer Hände Wercke, und trauen dir nicht gång lich : Darum kaffeſt du uns hinfahren in unſern Lengſten und Duálen . Wir betrachten immer, daß du , o Gott , felber alles wirdfeſt und thuſt: Dann kein Ddem mag fich ohne dich rågen , und kann kein Gråstein die Erde ohne dich cro: Men . Das alles feben wir , und bauen doch auf unſere Nichtigkeit , auf unſerer Hände Werck , und trauen dir nicht mebr recht ; Wir famlen , und genieſſen des nicht: Ein Fremder quålet ſich darinnen mit Eitelkeit ; und iſt des jam mers keine Zahl , das wir treiben . D GOtt, gedencke doch an unſere Mübreligkeit und Elend, und wende deinen Zorn und Fluch von uns : Und laß uns wies der zu deinem Ziele lauffen , auf daß wir wieder in unfer Erbe tommen , unduns in deinen Wundern erfreuen. Siebe doch an das Hengſten unſers Gemüths , und das Tichten unſers Billens, und Dencke, daß wir im Staub -meſen verſchloſſen liegen ; Løſe uns dod auf HErr , und fübre uns wieder beim . Dann wir ſind in einem fremden Lande, bey einer fremden Mutter, welche uns in deinem Grimm ſehr ſchlaget , und in eitel Hunger an deiner füffen Speiſe darben und lauffen låſſet. Wir müffen mit dem verlofnen Sohne die Träber der Eitelkeit effen : Unſer Kleid iſt veraltet , und voll Schans be , und ſteben im groffem Spotte vor deiner Heiligkeit ; Der Treiber deines Zorns fübret uns gefangen : Wann wir meis nen , wir haben dich ergriffen , ſo verbirgeft ou dein Antlit vor uns , und låffert uns quálen . Das alles machet unſer Eigen - Wille, daß wir uns von dir abwendenin das Eitele , und begehren nur das vergångliche Weſen . Wir ſchwimmen mit unſerer Luft darinnen , wie der Fiſch im Waſſer, und ſagen immerbar zu unſerer Seelen , es bat keine Noth , da wir doch auf der Höhlen Abgrund ſteben, E 3 und


70 IX : Weg zu Chriſto . und der grimmige Sob unſer alle Stunden wartet. Wir wandeln alle gegen der Nacht, und lauffen gegen unſere Grus ben zu , wie ein Boten Lauffer feinen Weg lauffet. D HErr JEfu ! bleibe doch du bey und in uns , und lebs re uns bedencken , daß unſer äuſſerlich Leben , darauf wir ſo piel trauen , gegen Abend und zu feinem Ende lauffet, daß es gar balb um uns gefheben iſt, und lehre uns den rechten Wer wandeln ; Sey doch du mit uns auf dieſer Pilgrams Straffe, und führe uns zu bir beim : Wann unſere Nacht fich nahet , und ber Tod feinen Rachen nach unſerm Fleis iche und aufſerm Leben aufſperret , und uns in fich einſchlins get , und uns zumalmet wie einen Staub : So nim uns doch in deine Kraft, und laß uns ſeyrt ein füffes Brot in der EF fent , deines ausgefloffenen Worts deines Mundes. Hilf doch , mein lieber GOtt, daß ich ſtets daran gedens de , daß es mit meinem äuſſern Leben Allezeit (alle Stun den) gegen Abend , und zum Staub - Wefen gebet ; Daß ich der Nacht der Erden immer näher komme : Daß mein Lauff des Fleiſches nur ein lauff zur Gruben iſt, da mich ſollen die Würme verzehren . Ach HErr , was mir alhier ein Edel iſt, dem muß ich in ſeis nen Schlund fallen , und mich ihme zur Speiſe ergeben ; Wo bleibet dann meine Luft irdiſcher Dinge , welcher ich in der Welt pflege ? Somir alles zum Spotte wird , was erhebe ich mich dann in zeitlicher Puft nach dem , das mich nicht davon ers retten fann ? Warum qualet fich meine Seele , und ångſtet > ſich nach ihrem Feinde, der fie zurfinſtern Nacht führet ? D GDtt, lebre mich doch ſolches erkennen , daß ich mein Herke von der Mühſeligkeit des Wirckens dieſer Welt zu dir wende, und nicht den Job für mein Leben balte , auf daß ich in fteter Buffe lebe, und fid mein Gemůch zu dir ſchwinge, unb mit dir wircke, auf daß auch mein rechtes in Adam geſchaffe -nes Fleiſch in dir gebeiliget , und aus dem Staube wieder zum Gemůthe gebracht werbe. Erlöſe mich von der groben Hülfe des irdiſchen Fleiſches, darein der Seufel hat ſeine Sift gebracht, welches kein nuk iſt beinem Reiche; (Job. 6:63 . ) Und gebåre in mir wieder den himmtifcben geiſtlichen Leib,darinnen die Unſterblichkeit iſt,und keine böfe Neiglichkeit oder falſche Luft mehr entſteben mag : Und laß mic in Chriſto JEfu in dir ruben, bis zur berf lichen


3 .

9 .

2. Vom Heiligen Gebet.

71

lichen Wiederkunft und offenbarung deiner Herrlichkeit, Umnen. Ein Gebet , wann man des Abends von ſeinem Werck aufhóret,und ſchlaffen gehen will. Codancke dir, - CDtt, du Bater aller Güte, durch . Jefum Chriſtum , deinen lieben Sohn, unſern SErrn und Heiland , für alle Bolthat, daß du mich dieſen ? Tag vor allem Ubel und Schaden gnädiglich behütet baſi, und befehle dir nun ießt mein Werck in deine Berwaltung, und flies be mit meinem Gemütbe zu dir, und ergebe mich gantz und gar in deine H. Wirckung. Bircke doch du nun dieſe Nacht und allezeit niit deiner Gnaden -Kraft in mir, und zerbrich in mic die eitele Begierde ber falſchen Wirdung, da bein Fluch und Grimm in meinem Fleiſchebegehret mit zu wircken , ſowoldes Teufels eingeführte Luft ,welcbe alle mein Gemütbe zur Ruff der Eitelkeit reißen . Solches zerſtöre doch, o lieber GOtt, mit deiner Kraft, und zůnde in mir an das Feuer deiner reinen Liebe, und tilge die Falíčbe Luft der Unreinigkeit. Wiederſtebe du allen bofen Einflüſſen vom Geſtirne, und der entzündeten Elementen, und laß mich in deiner Kraft tila : ben , auf daß mein Gemütbe nicht in falſche Begierde und Neiglichkeit geführet werde. groffer, heiliger GDtt, in deine Gnade und Barmhertiga keit erſincke ich ganz und gar ! Laß doch deinen guten Engel bey mir ſeyn, daß er aufbalte die feurige Strahlen des Bore wichts, daß ich in deiner Kraftficher ruben möge, durch JE 49.

um Chriſtumunſern HErrn, Umen, Ein Gebetlein , wann man ſich auszeucht und niederleget. Barmherßiger GOtt, zeuch noch du in mir aus das 50 . falſche Kleid der Schlangen, das mein Vater Adam und meine Mutter Eva mir durchibre falſche luiſt angezogen baben, darinnen meine arme Seele mit deinen Zorn belleidet ift, und in Schande vor deinen H. Engeln ffebet Bleffe doch du mein Gemüthe und Seele, auf daß mein Gemüth von fol, dem Kleide abgezogen werde, und lauterlid vor deinein Ang ? geſichte ſtehen moge. Bekleide doch du es mit deiner Kraft, und mit dem Kleið der Menſchheit IEſu Chriſti, auf daß es wieder möge mit den H. Engeln vor dir wandeln . Ilie :


IX . Weg zu Chriſto. lieber HErr JEſu Chriſte ! ich ergebe dir meine Seele und Gemütbe, gang nacket unb blos : Zeuch du mir das uns reine Kleid ab, darinnen ich in groſſer Schande vor GOttes Heiligkeit ſtebe. Bekleide doch du mnich mit deiner überwindung, und ſtelle mich deinem Vater wieder vor, als ein neugebornes Kind , das du in deinem Blut gewaſchen, und deffen böſen Willen du in deinem Tode getödtet, und in deiner Auferſtehung neugeboren baſt: Und zünde in diefer neuen Geburt an dein Licht, auf daß ich im Lichte wandele, und ein Rebe an dir fen und bleibe, Umen . Eine Danckfagung der buffertigen Seelen das bittere Leiden und Sterben JEſu

für

Chriſti. Uertiefeſte Liebe GOttes , in Chriſto JEfu ! Ich fage dir Lob und Danck, daß du mich aus dem Feu er : Qual der Peinlichkeit haft erlófet, und dich felbft mit deiner Liebe und Gnade in meinen Feuer-Dual eingegeben , und mich in ein Liebes. Feuer und Göttliches Licht verwandelt. Du baft deine Kraft und Macht in mein Wefen , in Leib und Seele eingeleget, und dich mir zum Eigenthum gegeben ; ja du haſt mich felbft mit deiner Gnade durch den Schas deines theuer baren Blutes dir zum Eigenthum erkauffet, dafür dancke ich dir in Ewigkeit ; undbittedich, du ewige ausgegoſſene Liebe, in dem allerheiligſten Namen JEfus, führe mich doch (wann ich alhier des zeitlichen Lebens abgeſtorben bin) wiederum in mein erſtes Vaterland (in welchem mein Pater Adam in feis ner Unſchuld wobnete) in das Paradeis ein, und begrabe mein Leib und Seele in die Göttliche Ruhe. Unterdeſſen verleibe, daß ich täglich in der Buſſe und in dem Ausgeben von meinem irdiſchen Willen möge leben, auch die gange Zeit meines Le bens darinnen beſtändig bleiben , und viel guter Früchte in folchem Stande moge hervor bringen, bis daß du mich wies derum zu der Ruhe einführeſt, in mein rechtes Baterland, in das rechte gelobte Land, darinnen Milch und Honig der Götta lichen Kraft fleuſt, Amen . 51.

Gebete


2. Vom Heiligen Gebet.

73

Gebete am Dienſtage. !

!

Bon GOttes Gerechtigkeit, auch ſtrengem Gebot und Gefeße: was GOtt von uns fordere, und wie ſolches möge erfülletwerden . sota Durch die X. Gebote und Glauben geführet, und in Beichts: und Gebets -Weiſevorgeſtellet :

Ein ernſter Spiegel wol zu betrachten . Vom iſten Gebot. Ott ſprach aufdem Berge Sinai zu Iſrael : Ich bin der serr dein GOtt, du ſolt keine andere Götter neben mir baben, Exod . 20 : 2.3 . Deut: 5 : 6.76 Item : Du ſolt Ott deinen Seren lieben von gantzem Bergen von ganger Seelen, und von gantzem Gemåthe,Deur.6: 5 . Macch , 22:37 1 Gebet. , 52. SS dem Limo der Erden gemacht, darinnen das Paras deis grünete, alsdeinen gen und ſchönen Leib, ohne Zerrütlichkeitoder Zerſtörlichkeit, cine Gleichheit der Elementen : Und baft ihm aus deiner Kraft das innere Seeliſche, und suffere Elementiſche Leben eingehauchet , von der Kraft deiner innerlichen Göttlichen Wirdung und Erkentniß, als den groſſen Namen GOttes : Und haſt ihm eigenen Willen gegeben , daß er fer ein Bilde nach deiner Wundertbat, Macht und Herrlichkeit, und über alle deineGeſchöpfe dieſer Welt herrſche: Auch haſt du ihm das äuſſere Leben aller Wirkung, mit dem innern Seeliſchen Leben gegeben, durch den du die Welt beberrſcheft. Du haſt ihn zum Regenten über deine Wunderwercke gere: Bet, und ihm kein Gebot noch Geſeß gegeben, ohne daß er ſich nicht ſoll in eigene Luſt undWillen einführen, ſondern ſoll als lein ( in deinein ihm gegebenen Willen ) in deiner Kraft wirs den und wollen , und ſich nicht in eigene Annehmlichkeit eins führen , zu probiren Gutes und Böſes, auf daß nicht der Grimm des Feuers, und die Macht der Finſternißin ihm aufs wache, und dasedle Bild zerſtöre, und in die Schärfe der Er de verwandele. Weil ſich aber unſere erſte Eltern, durch des Satans Ein ſprechen


74 IX . Weg zu Ehriſto . ſprechon der Lügen , von deinem Willen abgewandt haben , und in eigen Wollen eingeführet, und wieder dein Berbot Gutes und Böſes probiret, und fich laſſen nach der Emdfinds lichkeit und eigener Annehmlichkeit gelüften , dadurch dein Zorn und Grimm in ihnen aufgewachet, und das Himmel Bilde zerſtöret, und in ein irdiſches Bilde, gleich deu Thieren , verwandelt : So baſt du, o beitiger GOtt, uns deine Gebot und Gefeße gegeben, unduns darinnen die himmliſche, Göttliche Form des vollen Gehorſams fürgeſtelltet, was wir ſind geweſen, und was wir im Abfalle find worden ; Und foderſt von uns, daß wir in inſerm Willen, aus allen Kräften und Sinnen follett 1 an dir allein hangen , und mit dir allein wircken ; la du fos derft von uns das edle Pfand , als die Seele, die du uns aus der inwendigen Kraft deines Namens und Willens baſt ein gebauchet : und wilt, daß die Seele, welchevon deiner Kraft iſt ausgefloſten , allein in deinem Namen und Kraft bleibe, und mit dir wircke, und ſich keines andern fremden Namens Wil lens noch Puft gebraucbe, als nur einig allein deffen ,daraus fie gefloſſen iſt, daß fie gang an ihrem Centro bange, and ihre Bes gierde einig allein in deineLiebe einfübre, und mit deiner liebe mit dir über alle Wercke herrſite,und ſich keiner eigenen Herr ſchung ohne deine Liebe und Wirkung annehme: Nufdaß ſie fer dein Derczeug , damit du alle Weren dieſerWelt regiereft. Sie fol ibr Bertrauen in keine andere Macht noch Kraft eins fibren, und ihr nichts zum Eigenthum machen, aucb ſich mit nichts bilden noch formen ; Dann ſie iſt ein Strahl des ud: machtigen, und ſoll über alle Dinge vollkommlich berrſchen, als GDtt felber, und doch nicht in eigner Annehmlichkeit eig nes Willens, ſondern in und mit GOtt : Und den Leib zu iha rem Mercfzeug gebrauchen , welcher ſolte feyn ein Pfleger deiner Creaturen : Alles haſt du ihm zu ſeinem Spiel und Freude gegeben , und ihm unterworfen . Dieſes alles, o groſſer GDtt, ſtelleſt du uns in deinem Ges bote vor, und foberft das von uns nach deiner ſtrengen Sje : rechtigkeit und ewigenWahrheit, ben Permeidung ewiger Straffe, daß, wer nicht halt alle deine Gebot und Gefeße, und bleibt in deiner Ordnung, der ſoll verflucht, und von deinem Angeſichte geſchieden ſeyn, und deine Herrlichkeit ewig nicht ſehen, noch zu deiner Ruhe kommen. 2 groß


2. Vom Heiligen Gebet.

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groſſer, heiliger ODtt, der du ein verzehrend Feuer biſt , was foll ich armer, elender Menſch, der ich voller ungebors ſam , eigener Luftund Willensbin, undkeine rechte Liebe noch Reiglichkeit zu dir habe, vor dir ſagen ? Was ſoll ich dir anta, worten, ſo du mich vor dein Gericht ſtelleft, und mein Hers und Seele prüfeſt ? D lieber Gott, ich kann nichts ! So ſtecke im Schlamme der Eitelkeit bis in meine Inwendigkeit der Seelen ; Dein Zorn iſt in mir angebrant: In mir leben alle bsſe Thiere mit ihrer Luft. Ach HErr ! meine Luſt in Seele und leib hat ſich in ſie ges bildet, und bin vor dir ein Burm und kein Menſch : Ich kann alſo mit dieſer Bildung nicht vor dein Angeſichte, vielmeniger zu deinem H. Namen , als zu dem Centro meiner Seelen, dara qus fie entſproſſen iſt, kommen : Ich ſchäme mich in dieſer Larve vor deinem Angeſichte, und habe keine Gerechtigkeit in mir zu dir : So bin dir treulcs worden , und habe mich von deinem Willen abgebrochen, und in eigenen Willen eingefühs ret ; und ſtehe ießt vor deinem Angeſichte als der verlorne Sohn, welcher ein Säuhirte wordeniſt, und babe das ſchöne Kleid Deiner Kraft verloren, und effe alle Stunden mit des Teufels Säuen die Ireber der Eitelkeit, und bin nicht werth, daß ich dein Bild und Gleichniß beiffe: Dann ich kann dit nicht geborſam ſeyn aus eigenen Kräften ; Ich bin in mir ſela Jer, auſſer beinerGnade, nur ein Quell dcines Grimmes und Zorns. Ich erfreue mich aber deiner groſſen Barmhertigkeit, wela chedu aus deinenH. Namen, daraus meine Seele iſt gefloſſen , wieder zu uns haſt gewandt; ja du haſt aufgethan die Pforten deiner Ewigen Einbeit, und meiner Seelen eingefloſſet, wel che deinen Grimm zerſtöret , und das Monſtrum zerbricht; Sa du haft mit dieſem Einfluſſe deiner inwendigſten Heiligkeit und Süßigkeit den Namen JEfus in meine Seele eingepråget, welcher meine Seele und Menſchheit angenommen , und dic gehorſam worden iſt an meiner ſtatt, und dein Gebotund ftrens ges Gefeße mit voller Liebe und Geborſam erfüllet bat. Seßt koinme ich nun mit Dancffagung zu dir , o Heiliger Gõtt, und bitte dich, mache ſolche deine geſchendte Liebe dei ner eingegoſſenen Gnade in mir groß, auf daß ich dir nun in dieſer neuen Gnaden -Liebe geborſam ſey, und dein Gebot und


76 IX . Weg zu Chri : ſto und Gefeß mit dem Geho J C rſam Efu hriſti , mit ſeint e Liebe erfüll . e JEſus hat mich Mein HErr nizber in deinem Namen ' eins gepflanget, daraus michmein Vater Adamhat ausgereutet. Darum fo fomme ich nun in Ihm und mit Shm zu dir, und trófte mich, daß ich in Ihm , (in feiner inivohnenden und in herrſchenden Gnade und Liebe,) in deinem Geborſam lebe und Hin : und daß ich in Ihm tann über Sünde, Tod, Teufel, Welt, und alle Creaturen berrſchen , und bin wieder dein rechtes Ebenbilde und Eigenthum in Ihm worden . Nuno lieber GOtt, Herrfdedu nur durch dieſe eingegoſſene Liebe deiner Gnaden in inir, und thue in mir, wie du wilt ; Oddte nur meine böſe Creaturen in ineinem Fleiſche tåglich, und verbinde did eriglich mit meiner Seelen und Gemütbe, wie du in der Menſchbeit FEfu Chriſti gethan baft ; Ich wili meine böſe Thiere im Fleiſche gern der Erden laffen zu Deiner Wiederbringung, nur überkleibe meine Seele urid Semütbe, und fübre das in deinen Geborſain,daß es feinen andern GOtt oder Namen mehr ſuche noch ebre, als allein den H. Namen JEſus, welcher in mir dein Gebot erfüllet, Amen.

Das zte Gebot. eu folt den Hamen des Errn deines 60t: 59. ex tes nic miß , dann der Err will ht brauc hen n Samen mißbrauchte den nichtangeſtraft laſſen, der ſeine Exod , 20 : 7 . Gebet. Lieber SDtt, dieſes Gebot erinnert mich recht, wie du deinen H. Namen baft in meine Seele und Gemüthe eingegoſſen ; Ja aus deinem Namen iſt es entfproſſen,und baft mir Semalt gegeben, mit deinem Namen über alle Dinge zu Herrſchen, daß erſoll aus meinem Diunde, durch deine Kraft ausflieffen , und alles regieren ; Said folte mit meinem Mund und Ausſprechen wieder H. Figurenund Bildniß bilden und forinent. Gleichwie du , o ewiger GOtt, baft alles durch dein Ausbauchen oder Sprechen gebildet und formiret : alſo baft du auch dein Wort mit deinem H. Namen in meine Seele und Gemüthe gegeben, daß ich als eine Form und Bilde deines Willens folte auch alſo ausſprechen, als nemlich deine Wuns bertbat: Bas du , o groffer GOtt, baſt leiblich und creatür . lich


2. Vom H. Gebet.

77

lich durch dein Wort gebildet, das ſolte ich geiſtlich in deinem Lobe bilden , und in deiner Weisheit formiren, und kein frems des Bilde wieder dein Geſchöpfe und Ordnung in meinem Munde bilden, ſondern in deiner Wirkung bleiben, und mit deinem Wort in meinem Munde und Herßen über alle Dinge berrſchen , wie die Schrift zeuget : Das Dort iſt dir nahe, als nenilich in deinem Munde, und in deinem Herken, (Deut. 30 : 14. Rom.io: 8 :) Stem : Das Reich GDttes iſt inwendig in euch . (Luc . 17:21.) Solches dein H. Wort, damit du Baft Himmel und Erden gemacht, baſt du in unſern Mund gegeben , auf daß du durch unſern Mund dein lob ſchopfeſt und bildeſt. Nachdem ſich aber der Menſd in eigene Luſt hatte einges fübret, und ſeinen Willen von dir abgewandt, fo bub er an irs diſche und båtliſche Figuren in deinem Grimme mit ſeinem Munde in dein Wort zu bilden , als Fluchen , Schweren , fügen , Zorn, falſche bofe Schlangen - Form , Wolfe, Bås ren, Löwen, Hunde, Kaßen , Nattern , Schlangen und al lerley giftige Shiere zu forinen , und den Namen GOttes, unterm Schein Göttlicher Formirung und Wabrheit , dars ein zu bilden ; auch in falſche Bauberey und Irug , und damit fremde Bilde für Gotter aufzuwerfen, und zu ebren , und deinen Namen in GdBen - Bilder einzuführen , und zu bilden . Das alles ftelleſt du uns in dieſem Gebote für, und foderfi von uns deine ſtrenge Gerechtigkeit, deinen Namen in Heilig keit zu dienen, zu deinem Lobe und in dein Lob, in Lauterkeit und Wahrbeit zu bilden , und obne deinen Willen und Mits Bircken keine Form unſerer Worte zu machen, ſondern wilt, daß wir mit dirſprechen, wollen und bilden ,bey Bermeidung ewiger Straffe, wie dein Gebot lautet: Berflucht fey , wer nicht hålt alle Worte dieſes Geſebes. (Deut. 27:26 .) D groſſer GOtt ! was ſoll ich nun alhier vor dir ſagen ? Wie unzeblich viel führen wir dein Wort und Kraft in unſerm Munde in falſcheBildung, da wir bey deinem Namen ſchwea ren , fluchen, falſche fuft darein führen, und ein ſchön gleifend Bilde auf unſern Lippen machen , und einander für Wahrheit verkauffen und einreden, und iſt inwendig doch nichts,' als eis ne Schlange voll Lügen und Gift: Und bilden alſo dein Wort unter rechtem Schein in eine Schlange und Seufelds Bilbe.


IX. Weg zu Chriſto . 78 Bilde. Stem , wir fluchen darbey , und gebåren alſo eine les bendige Figur des Teufels und der Hdden. Jtem , wir brau: chen ihn zu håbniſcher Spotterey, und bilden unſer Ihier dar: ein : Alles was wir in der Welt lieben, es fer fo falſch als es wolle, darein bilden wir deinen Namen und Kraft init unſerm Munde. Item, in Schweren, da wir deineMacht zum Zeu gen führen ; auch in Zaubern, Martern und Krancken : Ja in alle bölliſche Figuren bilden wir ihn mit unſerm Munde : Ja die Menſchen führen noch dein geoffenbartes Wort und Billen, um ibres Bauchs und zeitlichen Wolluſts und Hofs farts willen , in ein fremdes Bilde, das ſie ſelber nicht kennen , nur daß die Wahrheit dunckel bleibe, und ſie in folchem frems den Bilde ſelber für Götter geehret werden : Sie machen Ge fer und Gebot zu ihren eigenen Ehren und Wolluſt, und ver : binden ſie mit dem Schwurdeines Namens, und da doch kei ner daſſelbe in ſeinem Herßen bált. Ach GDtt, wie viel giftigen Zorn und Bosheit eigener Ras che führen wir in deinem Namen ? Da wir einander in unſerm boffartigen Sinne mit deinem Namen låffern, tres ten , und denſelben in Zyranniſcher Gerralt führen , und an : derfi mit deinem Namen nichts thun, als der abgefallene Deus fel that. Dieſes alles ſtelleft du uns vor in deinem Gebote, da du ſpracbit : wir ſollen ihn nicht mißbrauchen. Das beiſfet gemißbrauchet, wann wir ibn in falſch Ausſprechen und Bila den einführen. groſſer GDtt, was foll ich alhie vor dir ſagen ? Du fos derſt deinen Namen von mir in Heiligkeitin deinem Lobe ; Wo ſoll ich dieſe Seufels Bilder alle, welche wir arme Menſchen int unſerm Sünden -Hauſe bilden ,vor dir binthun ? Eind ſie doch eitel Greuel vor dir, um welcher willen mich dein Geleg vera fludt, und zum ewigen Todeverurtheilet. Dheiliger GOtt, ich habe nichts, darmit ich moge vor dich Eommen, als nur deine groſſe Barmherßigkeit,da dein H.Bort nach deiner allerinnerften liebe ift Menſch worden , und iſt uns als deinem erſt gegebenen Wort, welches fich bat in unſer les ben formiret, zu Hülfe kommen, daß er uns wieder verneure, und alle dieſe Teufels:Bilder tódte,und die armeSeele und Gea mütbe von dieſen Bildern und Schlangen erlöſe. Des dancke ich dir in Ewigkeit, undbitte dich du ewige auss gegoſſene


2. Vom Heiligen Gebet. 79 gegoffene Liebe, im allerheiligſten Namen JEfu , komme mic doch iju Hülfe ,und führe dein Wort , bas Menſch ward , in meine Seele und Gemütbe ein , und bleibe in mir , aufdaß ich in dir bleibe ! Erwecke doch in mir das Feuer deiner groſſen Liebe : Zünde eś an , DHErr , aufda6 meine Seele und Gemüth dieſe böſe Thiere ſebe, und in deiner Kraft, durch rechte wahre Buſſe tódte, aufdaß ich deinen H. Namen JEfus ſtets in mir, zu deinem Lobe und Danc , führe und ge brauche, und nichtmehrböſe Thiere in dein Wort gebåre,wel che in dein Gerichte geboren . O du lebendiger Odem GOttes , dir ergeb ich mich gant zum Eigenthum: Wircke du in mir, was duwilſt, Amen .

Das zte Gebot.

. :

1 1

1

1 ! 1 1 1

54 geft , c. ( Dann in ſechs Tagen bat der serr Rimmel und Erden geſchaffen, and 048 Meer, und alles was darinnen iſt, und ruhete am ſiebenten Tage. ( Exod. 20: 8.11 .

Gebet. Lieber GOtt ! dieſes Gebot erinnert mich meiner in = wendigen , rechten , Göttlichen Ruhe in deiner Liebe $ s und Kraft; Daß mein Wille von feiner eigenen Ans nehmlicbkeit eigenes Willens in dir ruben ſolte, und du emis ger GOtt wolteſt mit deiner Kraft in meinem Willen wirs den : Du biſt der rechte Sabbath , in deme alle meine Stråf te folten in einer ewigen Rube wircken und in dir beilig feyn und bleiben . Dach ! es iſt daswahre Paradeis geweſen , darein du uns fere erſte Eltern baft geſeßet, daß fiefølten deinen Sabbath, als deine inwohnende wirkliche Kraft heiligen , daß iſt, rect lieben, und keine fremde Luſt falſcher Begierde dareinführen , und dieſen H. Sabbath deiner inwohnenden Kraft nicht mit eigener Begierde verdunckeln , und der Schlangen Lift und Falſchheit darein nicht führen ; ſondern mit dir wollen , wir den und leben , aufdas du allein in mir ſeyft das Wircken, Wols kn und Thun. Ach lieber GOtt ! du ftetlefi mir in dieſem Gebote wol die Figur


IX . Weg zu Chriſto . 80 Figur vor, darinnen ich deineOrdnung und Willen febe : D# forderſt von inir das Vermogen , daß ich fou in deiner Ords nung, in deinem Willen leben, wie by mich in Adam baſt ges fcbaffen ; Aber mein Vater Adam bat ſeinen Millen von dir gewandt, und in eigene Luſt und Begierde eingeführet, und ſolch Paradeifiſches Wircken in deiner Ruhe , in ein feuriſch, feindig, hoffärtig, geißig , neidig , und zorniges Wirden ges führet , und hatdeinen und ſeinen Sabbath entheiliget ,und der Schlangen falſches Wirchen und Wollen darein geführet. Um welches willen du iBn baſt aus folcher Ruhe und Paras deifiſchen Wirckung ausgeſtoſſen , und ſein falſches Wircen verflucht ; weil er mit dem Teufel und der Hillen wircket, und in eitel Unruhe lauffet, ſo iſt es auc eine Feindſchaft wieder den H. Sabbath . Duftelleft uns in dieſein Gebot vor , wie du in den redes Eigenſchaften der ewigen Natur, (als (1) die Begierlichkeit, (2 die ) Beweglichkeit, (3) die Empfindlichkeit, (4 ) das Feuer oder Leben, (5) das Licht der Liebe, (6 ) die Verſtändniß oder Erkentniß der Kräfte) þaft alle Dinge gempircfet , und haſt es aber in die ſtebente Eigenſchaft, als in die weſentliche Einheit und Weisheit, zur Ruhe eingeführct, darinnen alle deine Bers de, in deinerwirckenden Liebe ruhen folten , darinnen du mie deiner Liebe wolteft wircken . Welches dann das rechte Paradeis auf Erden in den Eles menten war, da deine ausgegoſſene Liebe das Ober -Regiment in allen hatte. Aber der Seufel und der Menſch hat diefes verderbet, deswegen haſt du, gerechter SDtt, das Wircken des eigenen falſchen Willens verflucht, und deinen Sabbath das von entzogen, daß nun alle Dinge in eitel jammerund Noth ſteben , in Brecben , Morben , Södten und Wiederwillen . Soldes hat mein Vater Adam aufmich geerbet, daß ich nun in deinem Zorn wircke und lauffe , und ſtets deinen Sabbath in mir breche und entheilige, und deinen Namen mißbrauche, welcher ſich mit meinem Leben hat in mein Wircken und Wola len eingegeben . Weil aber der Menſch iſt an ſolcher Erkenta niß blindworden ,ſo haſt du ihm in deinen Geboten eine Fie gur und Forme vorgeſtellet, wozu du ihn haft erſchaffen , und in welcherOrdnung er fer geſtanden ; Und foderſt von ihm , Raß er ſoll infolder Form und Drdnung den Sabbath bei: ligen


1

! 1

81 2.Vom Heiligen Gebet. tigen, und am ſiebenten Sage von allem feinem Wiraten ſtille ſtehen, anzudeuten , daß du der Sabbath biſt, in welchem alle Dinge ruben . Auch ſtellteſt du ihme damit für die ewige Rube, da alle Dinge (was zum Enigen , und aus dem Emigen gefloſſen iſt) in deinem Sabbath ruhen ſollen ; Und haft deinen Fluch und Born wieder den gefeßt, der deine Ordnung nicht bålt, und nicht an deinem Sabbath in dir ruhet , und allein in die wircket.

Dewiger GDtt ! was ſoll ich allhie nun 'von dir ſagen ? Mein Gewiſſen überzeuget mid , das wir deinen Sabbath nicht recht heiligen : benn man treibet daran alle gottloſe Ups pigkeit, und unordentliches Leben ; Er wird mit eitel Dins gen einer falſchen Luſt zugebracht, da der Teufel in deinem Born in vielen wircket, und feinen Sabbath des Wiederſpiels bålt ; der Reiche verbringt ihn mit Pracht und Wolluſt des FleiſchesundderArme mit Sorgen und Kummer , oder ja auc mit Luſt des Fleiſches : Wir laſſen uns dein Wort rufs fen und laden , und halten beinen Schal , den wir bören für einen Sabbath ; Du ruffeft uns in deinen Sabbath ; aber das Gemüth und die Seele wirbs nicht gewahr : Wir geben fürüber als die Sauben , die deine Stimme nicht 18 ren . Der Wille hat ſich von dir gewandt , und wirdtet in eigenem Willen , in des Teufels Luſt , und laſſet ſich an dem Namen begnügen , daß es dein Sabbath rey : Aber die Sees le will dir nicht ſtille halten , und ihr Ohr und Begierde zu dir kehren ,daß du in ihr wirketeſt : D HErr , der Teufel batte feinen Sabbath in das menſchliche Geſchlecht einges führet, und ſie alſo verblendet, daß fie deinen beiligen Sab , bath nicht mehr kanten : Um welches willen du auch baft unſern Pater Adam und unſere Mutter Evam aus deinem beiligen Sabbath ausgeſtoffen und ins Borbild gefeßet : Und Þaſt aber deinen heiligen Sabbath in dem Namen IElus wieder in die Menſchheit eingeführet, daß er wieder in uns fallwircken ,und wir in ihm , welcher dem Deufel feinen Sabs bath der Falſchheit ,Lügen und Eitelkeit zerſidret , und das Paradeis wiederbracht hat, daß wir uns nur zu dir wenden follen , und diefen Sabbath annehmen und , uns dir gang in das Wircen deiner Gnade ergeben ; So wilft du , o ewiger Otty $


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IX . Weg zu Chriſto.

GOtt, in Icfu Chriſto in uns einen neuen Sabbath aufrich ten, und Wohnung in uns machen, und dein gebildetes Wort, als unſer Gemüthe und Seele wieder beiligen , und in den emvigen Sabbath, als in die Ruhe deiner Einbeit ſtellen . Dewiger Gott, ich ergebe dir meine Seele und Gemütb in deinen beiligen und neuen Sabbath JEfum Chriftum , und fübre alle meine Kräfte, meinen Willen und Sinne ges gen dir ; Nim und führe mich doch in deinen neuen Sab bath ein , dann ich kann ihn aus eigenen Kräften nicht erreis den, fo du mich nicht darein fübreſt ; Weil du mich aber in deinem Sohn Jeſu Chriſto haft beiſſen kommen, du wol Icft mich erquicken , Matth. 11:28. So komme ich auf dein Wort geladen zu deinem ewigen Abendmahl, deines ewigen Bundcs in Chrifto JEfu, und bitte dich , beilige doch meine arme Seele in dem Sabbath deines Sohnes JEfu Chrifti, und fübre fie darein in die ewige Rube , und gib ihr wieder die Speiſe deines rechten Sabbaths , als fein beiliges Fleiſch und Blut, aufdaß meine Seele wieder deinen Sab , bath beilige, und du allein in ihr wirckeft , als in deinem Ebenbilde. Zerbrich toch du in mir des Teufels Sabbath und falſche Wirdung, und gib mir ein gehorſames Herk , das ſtets nach deinem Sabbath bungere. Und laß dein Wort in mir den Sabbath halten, aufdaß meine Seele höre, was du in deiner Mirckung in mir ſprichſt ,auf daß ſie dir gehorſam ſey ,' und id all mein Betrauen allein in dich fest. D du ewige Liebe , IEſu Chriſte! wie berrlich iſt dein Sabbath in der Seele, wann ſie ſich zu dir wendet, daß du ſie mit deiner füffen Liebe durchdringeſt , darinnen ihr das Pa radeis wieder aufgefchloſſen wird : Laß doch meine Seele ewig in deinem Sabbath wohnen ; Baue doch du in mir wie : der aufdas neue Jeruſalem , als die Stadt GDttes , darins aen dein Sabbath gebeiliget wird . In deinem Sabbath ergebe ich mich ganz und gar : Erldfe mich nur vom Ubel, Amen. Das 4te Gebot. 55.

u folt deinen Vater and deine Matter ehren , auf. DAR dit es wolgebe , ano du lange lebeſt im Lande,


2. Vom Heiligen Gebet. 83 Lande , das dir der Err dein GOtt gegeben hat. Exod. 20:12

C

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11

Gebet. Ewiger GDtt, bep unfern leiblichen Eltern ſtelleſt du SS uns ein G Bild vor unſers ewigen Vaters , und unſerer ewigen Mutter : Dann du biſt unſer Vater , von dem wir haben unfer Leben empfangen ; Und bein Wort iſt unſere Mutter ,die uns hat aus deinem Geſchspfe geboren , und nach dem Ebenbilde deiner Offenbarung formiret. Unſere Sees le und Gemüthe iſt, D ODtt Bater , dein Ebenbilde, und uns ſer Leib iſt ein Ebenbild deines ausgefloſſenen Wortes. Welches Wort unſere ewige Mutter ift, in dero Leib wir ges

Jeuget und ernehret werden : Die follen wir ehren , und uns davor demüthigen, und ihr gehorſam ſeyn. Wie wir unſere auſſere leibliche Eltern ſollen ebren : Alſo auch unſere Ewige, aus welcher Grund wir ſind entſproſſen. ewiger Vater , wir ſind dir ungehorſam worden , und baben uns einer fremder Mutter in ihre Pflege gegeben : Wir haben die Welt zur Mutter angenommen , undſind der inwendigenMutter ,deiner Kraft in deinem Dorte treu - los worden . Nun müſſen wir von der fremden Mutter Brú. ſten den Gift und Tod in uns ſaugen ; Ja, fie trägt uns nun in ihrem Leibe der Wiederwärtigkeit, gebåret und verzehret uns wieder in deinem Grimm , und nehret uns die Zeit dies Fes ganßen äuſſern Lebens in eitel Elend , Kummer, Mübe und Noth, in Leiben und Dürftigkeit : Und bålt uns in fich gefangen, daß wir unſere rechte ewige Mutter nicht feben tonnen ; Unſere Seele jammert nach ihr , aber dein Zorn bålt uns in ſich gefangen , daß wir der fremden Mutter dies nen müſſen . DODtt,wie lange wilft du unfer in unſerm Elende vers geffen ! Rim uns doch wieder zu deinen Kindern an , und ges Påre uns wieder in unſerer ewigen Mutter neu, und gib uns einen geborſamen Willen ,daß wir ewig nicht mehr von dir abweichen. Gib uns auch ein gehorſameß Bert gegen unſere leibliche Eltern, daß wir fie als deine Ordnung, lieben und ehren , dies weil du uns durc ſie zu biefer Welt gebåreft und ans Sages 8 a Licht


1

84 Ix , Weg zu Chriſto. Licht bringeſt : So bilf doch, daß wir deinem Gebote gebors fam ſeyn. lieber GOtt ! du baſt uns aus Gnaden eine neue Mutter , als dein 'allerbeiligſtes Wort in deiner Liebe gegeben , und in unſere Menſchheit geſandt ; uns wieder in deiner ewigen Kraft zu deinen Kindern und Erben zu gebåren , und flofſeft uns wieder ein die Milch deines 5. Werens deiner Liebe : Beuch uns doch zu ihr , und ſchleuß in uns auf den rechten Mund des Glaubens, daß wir ſtets nach ihr hungern und dürften , und in ihrer Kraft erneuert werden: Dann der alte Leib von der irdiſchen Mutter gilt nicht vor dir, er kann dein Reich nicht beſigen ; Dann nicht der, ſo vom Fleiſch und Blut, noch vom Willen des Mannes gezeigetiſt, kann deine GöttlicheKindſchaft erreichen,ſondern derausGOtt geborē if Darum bitte ich dich, o ewiger Vater, gebåre mich doch durch die neue Mutter deiner Gnade und Barmbersigkeit,in IEſu Chriſto neu, und laß mich in in ihm wadſen und junebunen, zu einer lebendigen und H. Frucht indeinem Reiche, aufdaß ich dir neben den 5. Engeln ewig gehorſam fen , und mich in dir ewig freue, Amen .

Nota : So weit hat der Geiſt des Gebets fich albie in dem An tore zur H. Anweiſung ausgeboren !, als dieſer ans Ende feiner Pilgrimſchaftgekommen , und im November felbigen Sabres in die Ruhe der Heiligen eingegangen . Mebrers aber iſt im 1. Büchlein von der Baſie befindlicy, welches Auror auch das Gebet-Büchlein benennet.

Das


Das Dritte Büchlein

DE

ÆQUANIMITATE

.

oder Von der

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9ahrenelaſſe

nheit ,

sssie

der SSidenſch

mit ſeinem

eigenen Willen in ſeiner Selbheit mür ſe täglich ſterben, und wie er ſeine Begierde in GOtt einführen , was er von GOtt bitten und begehren fou , und wie er aus dem Sterben des Tündlichen Menſchen mit einem neuen Ges můthe und Willen in GOtt ausgrůs nen foll: Uudy Was der Alte und Neue Menſch , ein ieder in ſeinem Leben ,Willen und Thun ſey. Geſtellet durch Sacob Böhmen Im Jahr 1622.

Gedruckt im Jahr des ausgebornen groſſen Heils 17 30.


身 1

}


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IX .

85

Das dritte Büchlein . DE

ÆQUANIMITATE . ober

Son der wahren Selaſſenheit. Das 1. Capitel. Summarien . Elehrt , Berkehrt. $. 1. Bernunft iſt ſchädlich , 2. und ſteigt leichtin Hoffart auf, 3. wie am Lucifer und Adam zuſehen. 4. Gleichwie dieſer ein Feind der Liebe ward, s. alſo entſtund in Adam falſcher Wiederwille wieder GOtt, 6. welches aus der Selbheit entſtanden , 7. und noch heute ben GOttes Itindern Gefahr bringet ;8. daß nemlich eigener Dunckel in ihnen cntfehet, die Vernunft ſich ers hebet,9. derEeufel Zugang friegtund daslidt Gottes verdirbet. 10. Ulsdenn bleibet nur dasauſſere Licht derNaturin derCreatur ſcheinen , darein ſich der Teufel ſchwinget. 1l. Das gefchmückte Haus iſt das Vernunft- Licht,worinn der Verſucher die Seelefichtet, 12. und Wohs nung darein ſuchet. 13. Das Geſtirn führet ſeine Conſtellation auch in die Selbheit,ibid. daß der Menſch truncken wird, und groſſe Dins gébegrcift, 14. daher entſtehet eigene Ehre,und will der Vernunfts Wille geehret ſeyn.15. Daraus in der Chriſtlichen Stirchen Babel era boren . 16. Aber der Teufel reitet auf der Selbheit , 17. und ſo gehets allen Abweichenden von der Gelaſſenheit. 18. Der Vernunft licht iſt pobl gut , 19. 20. und gibt Erkentniß der Selbheit , 21. fie ſoll ſich aber nicht darinn beſchauen . 22, Sondern der Creatur:Wille ſon fich dieſer Gnadeunwürdig achten, 23. die Vernunft in Demuth bleiben undnach GOttes Liebe hungern; 24. ſo kommt der natürliche Wille in Unınacht.25. Alsdann zündetder H. Geilt die Lebens:Geſtaltnis mit ſeiner Liebe an,26, und die Selbheit fiehet dem Geiſte Sottes in der Demuth nach , 27.und gibt der Widen -Geiſt Gott die Ehre ; 28. in welcher demüthigen Eingebung das Seelen - Feuer entzündet wird. 29. So muß der Seelen : Wille ſtets in die Demuth vor Gott erſins den.30 . Sobald ſie vom Vernunft-Lichtiſſet, geråth ſie in Wabn, 31. wie an GOttes Heiligen , David, c. zu ſehen . 32. Dieſe Erfente niß iſt Gottes Stindern nöthig zu wiſſen. 33. Udes Speculiren in ſoll das Vernunft:Licht GOttes Wundern iſt gefährlich . 34. Darum durch GottesLicht fehen35. . Je mehr ſie in Demuth gebet, je mebs fieder eigenen Begierdeabftirbet. 36. Der eigene Wile regieretfic felbft: der gelaſſene trauet GOtt. 37. Was der EigeneWille thut, ist Sünde. 38. Wann er aber der Selbheit abſtirbet : iſt er der Sünden frey :39. und das iſt eben der rechte Glaube iin Menſchen . 40. Der gelaſſene Wille höret immer nach des HErrn Stimme: 41. aber die Selbheit tbut, was die Vernunft mil. 42. ODtt if Eins ; und was 33 ming


IX. Weg zu Chriſto. 86 mit Ihm in ſeinem Weſen arbeitet,iſt Ein Geiſt mit ihm : 43. Was aber in der Selbheit wircket; iſt auſſer GOttes Liebe.Regiment. 44. Ade Wercke der Eigenheit verbrennen im feuer. 45. Dann die Selbheitwircket imringenden Rad der Natur zum Gericht (sOttes . 46.47. So aber der Menſch umtehret , wird das Gute vom Böſen era Rediget werden . 48. in wabres Erempel baben wir am Lucifer , und auch an Adam , dem erſten Menſchen , was die Selbheit thut , wenn ſie das åuſTere Licht zum Eigenthum bekommt, daß fie im Verſtande mag im eigenem Regiment wandeln : Auch fiebet man es an den Kunft.Ses tebrten Menſchen, wann ſie das Licht der äuſſern Natur zum Eigenthum in der eigenen Bernunft erlangen , wie daraus nichts als Horfart entſtehet: Welches doch alle Welt fo heftig ſuchet und begehret , und als den beſten Schag ; es iſt auch wolder beſte Schab dieſer Welt , ſo der recht gebrauchet wird . 2. Weil aber die Selbbeit als die Bernunft, in einer ſchwes ren Gefängniß, als in GOttes Zorn, ſowol auch in der Frdiga teit gefangen , und feſte angebunden ſtebet, ſo iſt es dem Mens der Erkentniß in der ſchen gar gefährlich , daß er das Licht Selbheit führet, als ein Eigenthum der Selbheit. 3. Dann der Grimm der ewigen und zeitlichen Natur ers luſtiget ſich balde darinnen , davon die Selbheit und eigene Bernunft in Hoffart aufſteiget, und von der wahren gelaſſenen Demuth gegen GOtt ſich abbricht , und von der Paradeiss Frucht nichtmehr effen will,ſondern von der Eigenſchaft der Selbbeit, als von des Lebens Regiment ,darinnen Boſes und Gutes ftebet : Wie Lucifer und Adam tbåten , welche allebers de mit der Begierbe der creatürlichen Selbheit wieder in den Urſtand, daraus die Creatur ausgeboren worden , und in ein Geſchspfgetreten, eingingen ,Lucifer ins Centrum der grima migen Natur, in des FeuersMatrix , und Adam in die irdiſche Natur, in die Matrix der äuſſern Welt, als in die Luft Böſes und Gutes . 4. Welches ibnen beyden aus denen Urſachen entſtunde , daß ſie das Licht des Verſtandes in der Selbheit ſcheinen bats ten , in welchem fe fid beſpiegeln und im Wefen beſchauen tonten, dadurch der Geiſt der Selbheit in die Imagination , als in eine Begierde nach dem Centro eingegangen , fich zu erben ben ,


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07

1

87 Von wahrer Geraffenheit. Cap.1. ben , groß und machtig, darzu mehr klug zu werden : Wie dann Lucifer in ſeinem Centro die Feuers-Mutter ſuchete, und das mit gedachte über GOttes Liebe und alles Engliſche Heer zu regieren ; und Adam begebrete auch die Mutter , daraus Bere und Gut quillet, in der Effens zu probiren , und fübrete feine Begierde darein, in Willen , dadurch klug und verſtändig zu werden . 5. Welche alle beyde, Lucifer und aud Adam ,in ihrer fals fchen Begierde, in der Mutter gefangen wurden , und ſich von der Gelaffenbeit aus Gott abbrachen , und mit dem Willen : Geiſte mit der Begierde in der Mutter gefangen wurden , wel che zuband das Regiment in der Creatur kriegte , daß Lucifer in der grimmen finſteren Feuers -Qual ftehen blieb , und daſ felbe Feuer in ſeinem Wilen - Geiſte offenbar ward , dadurch die Creatur in der Begierde ein Feind der Liebe und Sanft: muth GOttes ward. 6. Alſo auch Adam ward zuhand von der irdiſchen Mutter, welche Böre und Gut iſt, als aus GOttes Liebe und Zorn in ein Wefen geſchaffen ,ergriffen ; und kriegte zu band die irdis fdge Eigenſchaft das Regiment in Adam : Davon ihm tam , daß Hiße und Kälte , Steid, Zorn , und aller falſcher Wie berwille und Bosbeit wieder SDtt, in but offenbar und res gierend ward. 7. So fie aber das Licht der Erkentniß nicht båtten in die Gelbyeit eingeführet, fowäre ihnen der Spiegel der Erkents niß des Centri, und des Urftandes der Creatur, nicht offenbar worden, darans die Imagination und Kuſt entſtund. 8. Sumaffen dann foiches noch beutiges Tages bey den er . leuchteren Kindern GOties Gefahr bringet , daß , wann mans chen die Sonne des groſſen Anblicks von GOttes Heiligkeit fcheinee, davon des Leben in Triumpb trit, fich die Bernunft barinnen ſpieguliret, und der Bille in die Selbheit, als in eigen Forſchen eingebet, und will das Centrum , daraus das licht Tcheinet, probiren,und rid in der Selbheit darein zwingen. 9. Aus welchem die elende Hoffart und eigner Düncel entstehet, daß die eigene Vernunft (welche doch nur ein Spies gel bes Ewigen iſt) meiner fie ley was mebr, fie thuc was fie . wolle, fo thuc es GOttes Wide in ihr, fie rep eine Propbetin : Und iſt doch nur in ihr ſelber, und gebet in eigener Begierde, in welcher ſich das Centrum der Creatur gar bald in die Höhe 84 rowins


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ix . Weg zu Chriſto.

Tchwinget, and in eigene Begierde der Falſchheit gegen GOtt eingehet daß der Wille in einen Dunckel eingebet. 10. So trit alsdann der Schmeichel- Teufel zu ihm , und richtet das Centrum der Creatur, und führet feine falſche Bes gierde darein , daß der Menſch in ſeiner Selbheit, gleich als wie trunden wird, und ſich ſelber beredet, er werde von GOtt alſo getrieben : Dadurch der gute Anfang, darinnen das Licht GOttes in der Créatur ſcheinend wars, verdirbet , und and daſſelbe Licht Dites von ihm weicbet. II. Alsdann bleibet das áufſerliche Licht der äuſſern Natuc in der Creatur ſcheinende, dann die eigene Selbheit ſchwinget fich darein , ſo meiner fie dann , es rey noch das erſte Licht von GOtt ; Aber nein, in dieſes ( als in den Düncel der Selbheit, in das suffere Vernunft:Licht ) ſchwinget ſich der Seufel, nachdem er im erſten Licht, welches Göttlich iſt, weichen mus fte,mit einer ſiebenfachen Begierde wieder ein : Davon Chris ftus faget : Wann der unſaubere Seiſt vom Dienſchen aus. fábret, fo durchwandert er dürre Stätte, ſucher Rube , und findet ihr nicht : Alsdann nimt er ſieben Geiſter zu ſich, die års ger ſind als er, und kehret wieder in ſein erſtes Haus ein , und findet esmit Befemen geſchmůcket ,und wohnet alsdann alda, und wird mit demſelben Menſchen ärger als vorhin, 26. Matth . 12:43. 45 . 12. Das geſchmückte Haus iſt das Vernunft-Licht in der Selbbeit; Dann ſo der Menſch ſeine Begierde und Billen in GDtt einführet, und in Abſtinent feines böfen Lebens einges bet, und GOttes Liebe begebret, ſo erſcheinet dieſelbe ihme mit ihrem gar freundlichen, freudenreichen Anblicke,dadurch auch das äuſſere Licht der Vernunft angezündet wird. Dann wo fich GOttes Licht anzündet, da wird alles lichte ; Alda kann der Seufelnichtbleiben , er muß alda ausfahren : So durds ſuchet er alsdann die Mutter des Lebens Urſtand, als das Cen. trum ; aber es iſt eine důrre, unmächtige Ståtte worden : Der Porn GOttes, als das Centrum der Natur , ift in feiner ſelbſt Eigenſchaft gang unmachtig, mager und dürre,und kann nicht zum Regiment kommen . Dieſe Ståtte durchſuchet der Sas tan, ob er irgend eine Pforte möchte offen finden , da er fonte mit der Begierde einkehren, und die Seele ſidten , daß ſie ſich erbübe. 13. Und fo fich nun der Willen -Geift der Creatur mitdem Ber :


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.

89 Cap.i. 3. Von wahrer Gelaſſenheit. Bernunft-Licht ins Centrum , als in die Selbheit ſchringet, und in eigenen Wahn eingebet, fo gebet er von GOttes Licht wiederum aus : Icht findet der Teufel eine offene Pforte zu ihme, und ein fchon geſchmückt Haus, als das Bernunft-licht, zu ſeiner Wohnung, To nimt er die fieben Geſtalten des Lebens Eigenſchaft zu fich in der Selbheit: als Heuchler , welche von GDtt find ausgegangen in die Selbheit : Aida Febret er ein, und feget feine Begierde in die Luſt der Selbheit , und falſchen Einbildung : da fich der Billen -Geiſt in den Geſtalten der les bens-Eigenſchaften im Suffern Licht ſelber ſchauet : Alda er : fincket er in fidy felber, als wäre er truncken, fo'ergreift ihn alsdann das Geſtirne, und führet reine mächtige Conſtellation darein , die Wunder GOttes aldar zu ſuchen, und ſich ſelber darinnen zu offenbaren : Dann alle Creatur ſebnet ſich nach GOtt. Und obwol das Geſtirne den Geiſt GOttes nicht er : greiffen mag, fo hats aber viel lieber ein Haus des Lichts,darints nen es rich mag beluſtigen, als ein zu geſchloſſen Haus, da es keinen Beyſtand bat. 14. Alſo gehet dann dieſer Menſch, als wäre er im Geſtirne truncken worden , erbegreift groſſe wunderliche Dinge, und bat einen ſteten Führer am Geſtirne: fo mercfet der Seus fel auch gar eben ,wo ihm eine Pforte offen ſtehet , da er mag des Lebens Centrum entzünden ,daß der Willen -Geiſt in eigener Hoffart in feinem Düncel ( oder ja in Geiß ) in die Hobe fábret. 15. Dannenber entſtehet die eigene Ebre , daß der Bers nunft: Wille will geehret ſeyn:Dan ermeinet,er habe den Bras ten des Heils , weil er ein Bernunft -Licht bat , und kann das verſchloſſene Haus richten , welches doch Gott wol mag auf ſchlieſſen : Er meinet,ihme gebühretnun die Ebre, weil er den Bernunft - Berſtand erreichet hat, und wird nimmer inne, wie fich der Oeufel mit ſeiner Begierde, in ſeinen ſieben Lebens Oes ſtalten des Centri der Natur beluftiget,und was er für greulis de Srrthum anrichtet. 1 /. Uus dieſem Verſtande iſt in der Chriſtlichen Kirchen aufErden die falſche Babel erboren worden, da man mit Bers nunft-Schlüſſen richtetund regieret, und das Kind der Truns denheit mit der Selbheit,undeigenen Luſt, fein wol geſchmů, det,als eine ſchöne Jungfrau, bat darauf geſebet. 17. Aber der Teufeliſt in den ſieben Lebens -Geſtalten des ,Centri zur Herberge eingezogen , als in die Selbheit der $$ eigenen


90 IX . Weg zu Chriſto. eigenen Vernunft , und fübret feinen Willen und Begierte ſtets in dieſe geſchmückte vom Geſtirne angenommene Junga frau; Er iſt ihr Thier, daraufſie in ihren eigenen Lebens -Ges ſtalten, fein wol geſchmückt einber reitet, (wie in Apocal. zu ſehen iſt ). Alſo hat ſie den åuſſern Glaſt, als das Vernunft: Richt, von GOttes Heiligkeit eingenommen , und meinet, fie fey das ſchone Kind im Hauſe, aber der Seufel iſt in ihr zu Hauſe innen . 18. Und alſo gebet es allen denen , welche einmal von GOtt erleuchtet werden, und von der wahren Gelaſſenheit ausgebers, und ſichvon der wahren Mutter Zigen, als von der rechten Demuth entwehnen. Eines rechten Chriſten - Menfchen Proceſſus, wie er gehen fou. Die Vernunft wird mir Einbalt thun , und ſagen : es 19 . Tey la recht und gut, daß ein Meni GOttes, fomol auch der auffern Natur und Vernunft Licht erreichet, damit er fein Lee ben moge weislich regieren , vermoge der heiligen Schrift. 20. Ja es iſt recht, und kann dem Menſchen nichts nuglia chers und beffers wiederfahren, und iſt ein Schaf über atte Schage dieſer Welt, wer da mag GOttes und der Zeit Licht erreichen und bekommen , dann es ift ein Auge der Zeit und Ewigkeit. 21. Aber böre wie du es brauchen ſolft: Das Licht Gottes eröffnet fich zum erſten in der Seelen, es ſcheinet aus, wie ein Licht aus einer Kerber, und zündet zur Hand das åuffere 1 Licht der Vernunft an , nicht das es ſich der Bernunft, als dem auſſeren Menſchen gang einergebe in ſein Regiment : Nein , der aufſere Menſch befiehet fich in dem durchbringenden Steine, als wie ein Bild vor einem Spiegel, er fernet fcb alsbald in der Selbheit kennen , welches an ihme felber gut und nüglich iſt. 22. Wann nun dieſes geſchiebet, fo mag die Vernunft , als die creatürliche Selbbeit , niches beffers thun, als daß fie fich ja nicht in der Selbheit der Creatur beſchaue, und ja mit dem Willen der Begierde nicht in das Centrum eingebe, und ſich fetber fuche, fie brichtſich ſonſt von GOttes Wefen (welches in dem lichte 3Dttes mit aufgehet, davon die Seele ſoll eſſen , und ſich erlaben ) ab, und iffet vom åuffern Licht und Weren, dadurch fie die Gift wieder in fich siebet. 23. Der


Cap.r.

3. Von wahrer Gelaſſenheit.

gt

( 23. Der Wille der Creatur fod fich mit aller Vernunft und Begierde , gang in ſich erfencten , als ein unwürdiges Kind, das dieſer hohen Gnaden gar nicht werth ren , ihme auch gang kein Wiffen oder Berſtand zumeffen, auch keinen Bers ſtand in der creatürlichen Selbheit von Dtt bittert, noch te gebren ; ſondern ſich nurſchlecht und einfáltig in die Liebeund Gnade GOttes in Chrifto JEfu einerfencen , und ſeiner Bers nunft und Selbheit im Leben GOttes , als wie todt zu ſeyn bes gehren, und ſich dem Leben GOttes in der Liebe gang einerges Den, daß er damit thue als mit feinein Werckzeuge , wie und was Er wolle. 24. Kein Tichten in Göttlichen oder menſchlichem Grunde, foll iór die eigene Bernunft fürnehmen , auch nichts wollen oder begehren , als nur GOttes Gnade in Chriſto alleine; auf Art, wie ſich ein Kind nur ftets nach der Mutter Brüſten lebs net : Alſo ſoll der Hunger nur ſtets in GOttes Liebe eingeben, und ſich ja mit nichten von ſolchem Hunger laſſen abbrechen ; wann die auſſere Vernunftim Lichte triumphiret, und ſpricht: habe das wahre Kind ; fo foll fie der Wille der Begierde zur Erben beugen, und in die hschfte Demuth und albern Una verſtand einführen , und zu ihr ſagen : Du biſt närriſch, und baff nichts , als nur GOttes Gnade; du muſí dich in dieſelbe init groffer Demuth einwinden, und gang in dir zu nichte wers den, dich auch weder kennen noch lieben ; alles was an und in dir iſt, muß ſich nichtig, nur blos als ein Werkzeug GDtte$ achten und halten, und die Begierde alleine in GOttes Erbars men einführen, und von allem ſelbit eigenen Wiſſen und Wols len ausgeben , es auch alles für nichtig halten , und keinen Willen fchopfen, iemal in nahe oder ferne darein wieder eins zugehen. 25. Und ſo dieſes geſchicht, ſo trit der natürliche Wille int feine Unmacht, und vermag ihn der Teufel auch nicht mehr als fo zu fichten mit ſeiner falſchen Begierde: Dann die Stätte ſeiner Ruhe werden ihme gang dürre und ohnmächtig. 26. Alsdann nimt der H. Geiſt aus GOtt die Lebens -Ges ſtåltniß ein, und führet fein Regiment empor, das iſt, Er güns det die Lebens- Geſtaltniß mit ſeiner Liebe- Flamme an . Und dann gebet die bobe Wiſſenſchaft und Erkentniß des Centri al ler Weſen, nach der innern und auffern Conſtellation der Cres atur auf, gar in einem fubtilen treibenden Feuer, mit groffer Luft,

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92 IX. Weg zu Chriſto . Puſt, ſich in daſſelbe Licht zu ſencken , und für unwürdig und nichtig darzu zu baltert. 27. Alſo bringer die eigene Begierbe ins Nichts, als nur in GOttes Machen und Shun , was der in ihr will ; und der Geiſt GDttesdringet durch die Begierde der gelaſſenen Des mutb aus : Alſo ficheti die menſchliche Selbbeit dem Geifte GDttes in Zittern und Freuden der Demuth nach ; und alfo mag fie alles ſchauen, was in der Zeit und Ewigkeit iſt, es iſt ihr alles nabe. 28. Wann der Geiſt GOttes gebet als ein Feuer der Liebes Flamine, fo gebet der Willen -Geiſt der Seelen unter ſich, und faget: HErr, deinem Namen ſey die Ebre,und nicht mir; Du bajt die Macht zu nehmen Kraft, Macht, Starde, Weisheit und Erkentniß ; thue du was du wilft, ich kann noch weiß nichts, ich will nirgends hingehen, du führeſt mich dann als deinen Werkzeug, thue bu in und mit mir was du wilft. 29. In ſolchen demüthigen Gang : Einergeben fallet der Funcke der Gottlichen Kraft, gleich als ein Zunder ins Cene trum der Lebens -Geſtaltniß, als ins Seelen - Feuer, welches Adam zu einer finſtern Kole geinacht hatte, ein , und glimmer : und ſo ſich alsdann das Licht der Göttlichen Kraft darinnen entzünder, ſo muß die Creatur alsdann, gleich als ein Wercks zeug des Geiſtes GOttes, vorfich geben , und reden was der Seift GOttes faget, fo ift fie alsdann nicht mehr ihr Eigens thum , ſondern das Werckzeug GDttes. 30. Aber der Seelen Wille muß ohne Unterlaß, auch in dieſem Feuriſchen Trieb ſich ins Nichts, als in die höchſte De much vor SDtt, einſenden : fo balbe ſie will mit dem wenig ften Theil in eigenem Forſchen geben, ſo erreichet ſie der Deus fel im Centro der Lebens-Geſtaltniß, und ſichtet ſie, daß fie in die Selbheit eingebet ; denn ſiemuß in der gelaſſenen Demuth bleiben, gleichwie ein Quell an ſeinem Urſprung, und muß ohne Unterlaš aus GOttes Brünnlein ſchöpfen und trincken, und aus GOttes Wege gar nicht begehren auszugehen. 31. Dann ſo bald die Seele von der Selbheit vom Vers nunft-Licht iſſet, fo wandelt ſie in eigenem Wahn ; ſo iſt ihr Ding, das ſie für Göttlich ausgibt, nur der aufſeren Conftel lation , welche ſie alſobald ergreiffet, und truncken madt : fo lauft ſie dann ſo lange in Irrthum , bisſie ſich gang in die Ges laſſenheit wieder einergibt, und ſich aufs neue für ein beſudelt Rind


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Cap.r.

3. Von wahrer Gelaſſenheit.

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Kind erkennet, der Vernunft aufs neue wieder erſfirbet, und GOttes Liebe wieder erreichet,welches hårter zugebet,als zum erſtenmal : dann der Teufel führet den Zweifel heftig darein, er verlåſſet nicht gerne ſein Raub-Schloß. 32. Ein ſolches ſiehet man gar klar an den Heiligen GOts tes von der Welt her, wie mancher iſt vom Geiſte GOttes ges trieben worden, und iſt aber manchmal wieder aus der Ge. Laſſenbeit in die Selbheit, als in eigene Vernunft und Willen eingegangen , in welcher fie bat der Satan, in Sünden und GDttes Zorn geſtürßt, wie an David und Salomon, Powol auch an den Erf - Båtern, Propbeten und Apoſteln zu ſehen iſt, daß fiebaben manchmal kräftige Irrthum gewirckt, ſo ſie ſind aus der Gelaſſenheit in die Selbheit, als in eigene Vernunft und Luſt der Vernunft eingegangen. 33. Darum iſt den Kindern GOttes noth zu wiſſen, was ſie mit ſich ſelber thun follen, ſo ſie den Weg Ottes lernen wols len : Als daß ſie auch die Gedancken zerbrechen und wegwer. fen müſſen, und nichts begehren noch lernen wollen, fie em: pfinden ſich dann in wahrer Gelaſſenheit, daß GOttes Geiſt des Menſchen Geiſt lebre, leite und führe,und daß der Menſch liche eigneWille zu eigener Luſt gang gebrochen, und in GOtt ergeben ſey. 34. Ades Speculiren in den Wundern GOttes, iſtein faſt fährlich Ding, damit der Willen -Geiſt mag balde gefangen werden ; es ſey dann, daß der Willen -Geift dem Geifte Göt. tes nachſehe, ſo hat er in der gelaſſenen Demuth Macht, alle Wunder GOttes zu ſchauen. 35. Id fage nicht, daß der Menſch in natürlichen Künſten nichts forſchen und lernen foll ; nein, dann daſſelbe iſt ibm någ : lich, aber die eigene Vernunftſoll nichtder Anfang fenn ; Der Menſch fod fein Leben nicht allein durch das suffere Bernunfts Lichtregieren , daſſelbe iſt wol gut : aber er ſol fich mit dems. felben in die tiefſte Demuth vor GOtt einſencken, und den Geiſt und Willen GOttes in alle ſeinem Forſchen vorne ans ſtellen, daß das Bernunft- Licht durch Gottes Licht febe ; und ob die Vernunft viel erkennet, ſo ſoll ſie ſich des doch nicht ans . nehmen, als eines Eigenthums, ſondern GOtt die Ebre geben, welchem alleine iſt die Erkentniß und Weisheit. 36. Dann je mebr fich die Bernunft in die albere Demutb vor OD # erfencket, und je unwürdiger ſie ſich vor GOtt þált, o ie


94 IX. Weg zu Chrifto. je mehr ftitbet lie der eigenen Begierde ab, und ie mehr durch Bringet fie GOttes Geiſt , und fübret fie in die böchſte Ers tentniß ein , daß ſie mag die groſſen Wunder GOttes ſchauen . Dann GOttes Geift fábret nur in der gelaſſenen Demuth ; was ſich ſelber nicht fucbet noch begebret, was in ſich ſelber vor GOTS begehret einfältig zu ſeyn , das ergreiffet der Geiſt GOttes , und führets in ſeinen Wundern aus. Ihme gefallen allein d , ie fich vor Ihme fürchten und biegen . 37. Dann Gott hat uns nicht zur Eigen -Herrſchaft ges fthaffen , ſondern zum Werckzeuge ſeiner Wunder, durch wel den Er will ſeine Wunder ſelber offenbaren : Der gelaſſene Mille vertrauet GDtt , und hoffet alles Gutes von ihme; Aber der eigene Wille regieret ſich ſelber, dann er hat ſich von SDtt abgebrochen . 38. Alleswas der eigene Wille thut , das iſt Sünde , und wieder GOtt : Dann er iſt aus der Ordnung , darinn ihn GOtt geſchaffen bat, ausgegangen in einen Ungehorſam , und til ein eigener Herr feyn. 39. Wann der eigene Wille der Selbheitabſtirbet, ſo iſt er der Sünden frer : Dann er begehret nichts , als nur dieſes, was GOtt von ſeinem Geſchopf begehret; Er begebret nur das zu thun , dazu ibn GOtt geſchaffen bat , das GDtt durch ihn thun will. Und ob er wol das Thun iſt, und ſeyn muß, ſo ift er doch nur als ein Werckzeug des Thuns , mit deme GOtt tbut was er will. 40. Dann das iſt eben der rechte Glaube im Menſchen ,daß er der Selbbeit abftirbet , als der eigenen Begierde, und ſeine Begierde in allem ſeinen Fürbaben in GOttes Willen einfühs ret , und ſich keines Eigenthums annimt , ſondern in allem feinem Ibun nur für GOttes Knecht und Diener achtet , und dencket, daß er alles das , was er thut und fürbat, Gött thut. 41. Dann in ſolchem Willen führet ihn der Geiſt GOttes in die rechte Treu und Redlichkeit gegen feinen Nächſten ein, dann er dencket, ich thue mein Ding nicht mir , ſondern meis nem GDtt , der mich darzu beruffen und geordnet hat, als eis nen Knecht in feinen Weinberg : Er boret immer nach der Stimme ſeines HErrn , welcher ihme in ihme befiehlet was er thun foll ; der HErr redet in ihme,und befiehlet ihm das Shun . 42. Aber die Selbþeit thut , was die åuſſere Bernunft vom


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95 Cap. I. 3. Von wahrer Gelaſſenheit. Geſtirne will , in welche Luft ſich der inne fliegende Seufel mit feiner Begierde einführet. Alles was die Selbbeit thut , das iſt auſſer GOttes Willen, es geſchiehet alles in der Phantaſey daß der Zorn GOttes fein Ergeßen damit verbringe. 43. Kein Werck auſſer GOttes Willen mag GOttes Reich erreichen , es iſt alles nur ein unnüßes Schnißwerck , in der groſſen Mübreligkeit der Menſchen : Dann nichts gefalt GOtt , ohne was Er ſelber durch den Willen thut. Dann es ift nur ein einiger GOtt , in dem Weſen aller Weſen ; und ala les , was in demſelben Weſen mit ihme arbeitet und wirdet das iſt Ein Geiſt mit ihme. 44. Was aber in ſeiner Selbheit in eigenem Willen wirdfet, das iſt auſſer feinem Regiment, in ſich ſelber : Woliſts in ſeis nem allmächtigen Regiment , mit welchem er alles Leben re gieret , aber nicht in dem heiligen Göttlichen Regiment , fons dern im Regiment der Natur , damit Er Bófes und Gutes res gieret: Kein Ding wird Gottlich gebeiſſen, das nicht in Dt : tes Willen gebet und wircket. 45. Alle Pflanßen , fpricht Chriſtus , die mein Bater nicht gepflanget bat , ſollen ausgerottet , und im Feuer verbrennet werden Matth. 15:13 . Alle Wercke des Menſchen , welche er auſſer GOttes Willen wircket , die werden alle im legten Feuer GOttes verbrennen , und dem Zorne GOttes, als dem Abgrunde der Finſterniß , zur emigen Ergeblichkeit gegeben werden. Dann Chriſtusſpricht: Wer nicht mit mir iſt , der iſt wieder mich ; und wer nicht mit mir ſamlet, der gerſtreuet. Das iſt , wer nichtim gelaſſenen Willen , im Vertrauen auf Ihn wircket und ihut, der verwüſtet und zerſtreuet nur, es iſt ihm nicht angenehm : Kein Ding gefalt oDtt , obne was Ermit ſeinem Seift ſelber will , und durch ſeinen Werkzeug

thut. 46. Darum iſt alles Fabel und Babel, was aus Schlüſſen der menſchlichen Selbheitobne Göttliche Erkentniß und Wils len geſchiebet : und iſt nur ein Werd des Geſtirns und der auſſern Welt und wird von GOtt nicht für fein Werck erkant, ſondern iſt ein Spiegel des ringenden Rades der Natur , da Gutes und Bifes mit einander ringet : Was das Gute bauet, das zerbricht das Böſe ; undwasdas Böſebauet, das zerbricht das Gute . Und dis iſt der groffe Farmer der vergebenen Mübſeligkeit, welches alles ins Serichte Dites, zum Scheia 47. Dan den des Zancks geboret.


to 96 1 IX . Weg zu Chriſ . 47. Darum wer nun viel in folcher Mühſeligkeit wircket und bauet , der wircket nur zum Gerichte GDttes : Dann es iſt nichts vollkommenes und Beſtändiges, es muß alles in die Putrefaction, und geſchieden werden . Dann was in GDt: tes Zorn gewircketwird , das wird von ihme eingenommen, und wird im Myfterio feiner Begierde behalten zum Gerichts . Sage GOttes, da Böſes und Gutes foll geſchieden werden . 48. So aber der Menſch nun umkebret, und von der Selb beit ausgebet , und in GOttes Willen eintrit , ſo wird auch

Das Gute , das er in der Selbheit hat gewircket, von dem B8 ſent, ſo er gewirdfet bat , erlediget werden. Dann Efaias ſpricht: D6 eure Sünde blut-roth wåren ; ſo ihr umkehret, und Buſſe thut, ſo ſollen ſie ſchneesweiß werden als Wolle. Ela . 1:18. Dann das Bórewpird verſchlungen im Zorn GOttes in denSod , und das Gute gebet aus, als ein Gewächre aus der milden Erden .

Das 2. Capitel. Sammarien , PEr gelaſſene Wille machet ein vollkommen Werck, 5. 1. und bricht der Selbheit Weſen.2. Es iſt nicht gut reden und thun , als die Vernunft in der Begierde der Selbheit entzündet iſt. 3. Une falſche Begierde gehöret ins Gericht, 4. der aber umkehret, gehetda von aus.s. Eine lede Creatur bleibet in dem , darein GOtt ſie geſchaf. fen. 6. Der Menſch iſt ins Paradeisgeſchaffen , 7 , wie der Teufel in Himmels daher das Lichtdemſelben peinlich. 8. GOtt iſt alles: aber nur aleine GDtt , nach dein lichte ſeiner Liebe. 9. Licht und sinffera niß iſt ein ewig Contrarium .10. In der Finſterniß iſt der Teufel Fürſt, herrſchet aber nicht im Neuſſeren , 11. ſondern wird vom Guten ges fangen ; 12. wiewol er in Turba Magna geſchäftig iſt. 13. Die Creatur erwecket mit der Begierde Gutes und Böres ; 14. ſo ſie aus ihrer Muta ter gehet, gehet ſie in Wiederwillen ein, 15. findet aber nur Unruhe im Eigenen Willen , 16. wie in derGelaſſenheit Ruhe. 17. Ob auch gleich die Sünde, alsder Zorn GOttes,oft den gelaſſenen Willen über: tåubet , 18. ſo ſchreyet er doch zu GOtt um Erlöſung. 19. GOttes Ruff ſtehet in der Gelaſſenheit. 20.21. In der Selbheit iſt kein Sidna nen. 22. Das Gemüth kann ſich einführen , wohin eswil. 23. Gott hat ſeinen Willen wieder ins Fleiſch eingeführet, 24. und verſtockt niemand ; der eigene Wille verſlocket. 25. Dann GOttes Wille ift Liebe , 26. und nimtnichts ein , alswas er ſelber iſt, 27. nicht aber den Sünder in ſeiner Bosheit. 28. SobaldGOttes Odem indir ſich reget, ſou ſich der Seelen -Wille in Chriſti Dod einſencken : 29. will er nicht, ſo reße Seindſchaft wieder ihn. 30. Dann der irdiſche Wile iftnur derMagd Sohn .31. üles äuſſerliche Dichten zu Gott iſt un , NÚ8.32. Es ijtnur ein Weg zu GDtt.33. Heucheley hilfthier nichts, 34.


Cap. 2 . 3. Von wahrer Gelaſſenheit. 97 34. Der feelifche Wifle muß ſterben. 35. Aeufferlich Vergeben ift Heus cheley , 36. wir müſſen der Sünden abſterben. 37. Wer nun allen Qünden gram iſt : der kann ſich Chriſti Leiden tröſten . 38. Das fleiſchliche Werck machet nicht die Stindſchaft ,39. ſondern wer ein Sind ſeyn will , muß im Licht wandeln. 40. Uber deine Selbbeit hålt Dich ; 41. 42. wir wåren gerne finder , wollen aber nicht gerne abiter ben . 43.44. Allein ohnegroſſem Ernft kann keiuer ein rechter Chriſt werden. 45. Esmuß gerungen Tenn. 46. Auswendig iſt Verfolgung : inwendig Verſuchung , 47; damuß er in der Wüſten feſt ftehen ,48. und alles verlaſſen. 49; Die Selbbeit dienet nur dem zeitlichen Weſen : Die Gelaſſenheit aber beberrſcht alles was unter ihr iſt. 50.Woiſt nun Der Glaube , deſſen man ſich dochrůhmet ? 51. er iſt ſeit Chriſti Zeiten nie ſchwächer geweſen ,alsebenjekund, 52:54. Darum ist eseine Zeit des Érnſtes, 55.

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Er da gedencket etwas Bollkommenes und Gutes zu wircken , darinnen er gedencket fich ewig zu erfreuen und deffen zu genieſſen , der gebe aus der Selbheit, als aus eigener Begierde, in die Gelaſſenbeit in GOttes Wil len ein , und wircke mit GOtt. 2. Ob ifm gleich die irdiſche Begierde der Selbheit in Fleiſch und Blut anhanget, fo fie nur der Seelen - Wille nicht einnimt, fo mag die Selbheit kein Werck machen. Dann der gelaſſene Wille zerbricht der Selbheit Weſen immerdar wieder , daß es der Zorn GOttes nicht erreichen mag : Und 05 er es erreicbet, welchesnichtgar ohne iſt, und ſeynmag, lo fübret dody dergelaſſeneWille feine Kraft darinnen empor,.fo ſtebet es in der Figur vor ODtt, als ein Werck des Siegs im Wunder , und mag die Kindraft ererben . 3. Darum iſt nicht gut Reden und Ihun , ſo die Bernunft in der Begierde der Selbheit entzündet iſt , die Begierde wir's det anderſt in GOttes Zorn , deffen der Menſch wird Scha den haben , dann fein Werck wird in GOttes Zorn eingefühs tet , und behalten zum groffen Gerichts Sage GOttes .

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4 . Alle falſche Begierde, damitein Menſch die Vielheit der Welt von ſeinem Nadſten mit Liſt an ſich zu ziehen , zu ſeines Nächſten Berderb , gedencket, wird alles von GOttes Zorn eingenommen, und gehöret zum Gerichte ; da alles ſoll offen bar werden , und einem ieden im Myſterio der Offenbarung alle Kraft und Weſen , in Gutem und Böſem unter Augen ſte. hen. Alle Ubelthat aus Fürfaß , gebåretzum Gerichte GDT tes.

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5. Aber dieſer , welcher uinkehret, der gebet davon wieder aud,


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IX . Weg zu Chriſto .

aus , aber das Werck gehöret ins Feuer , alles roll und muß am Ende offenbar werden : Dann daruin bat GOtt feine wir cfende Kraft in ein Weſen eingeführet , auf daß fich GOttes Liebe und Zorn offenbare, und in jedem Spiel fey , zu GDt tes Ebren und Wunderthat. 6. Und iſt einer ieden Creatur dis zu wiffen , daß fie in de : mebleibe , darein ſie GOtt gefcbaffen þat , oder ſie lauffet in den Wiederwillen und Feindſchaft des Willens GOttes ein, und führet fich ſelbſt in Qual ein : Dann keine Creatur , fo in die Finſterniß iſt geſchaffen worden , bat Pein von der Finſter niß : Gleichwie ein giftiger Wurm kcine Pein vom Gift bat, die Gift iſt ſein Leben ; wann er aber die Giftverleuret, und das etwas Gutes in ihn eingeführet , und offenbar in ſeiner Eſſeng würde , das wäre feine Bein und Sterben : Alfo iſt auch das Bofedes Guten Pein und Sterben . 7. Der Menſch iſt ins Paradeis in GOttes Liebe gefchaf fen : und ſo er ſich in Zorn , als in Gift Qual und Tod einfüb : ret , ſo iſt ihmé das wiederwärtige Leben eine Pein. 8. Wäre der Teufel aus der grimmen Matrix in die Hilfe geſchaffen worden , und batte nicht Göttlichen Ens gehabt, fo båtte er in der Dillen keine Pein : Aber ſo er iſt in Himmel ge Tchaffen worden , und hat aber die Qual der Finſterniß in ih me erråget, und ſich gang in die finſtere Welt eingeführet, ſo iſt ihme nun das Licht eine Pein , als eine ewige Berzweifelung an GOttes Gnaden, und eine frete Feindſchaft, indemeer ihn in ſich nicht dulden mag , und ibn ausgeſpeyet bat , ſo ift er ſeiner Mutter gram , welche ihn geboren hat , und iſt auch ſeis nem Vater gram , aus deffen Eſſeng und Befen er entſtanden ift , als der ewigen Natur , welcheihn , als einen Abtrünni gen aus ſeinem Loco gefangen hålt, und ſich in ihme nach des Bornes und Grimmes Eigenſchaft ergeßet : Dieweil er nicht wolte helfen GOttes Freuden -Spiel führen , ſo muß er nur GOttes Zorn-Spiel führen , und ein Feind des Guten feyn. 9. Dann Gott iſt Alles , Er iſt Finſterniß und Licht , Lies be und Zorn , Feuer und Licht ; Aber er nennet ſich alleine GOtt nachdem Lichte ſeiner Liebe.

10. Es iſt ein ewiges Contrarium zwiſchen Finſterniß und Licht: Keines ergreiffet das ander , und iſt keines Das ander, und


Cap . 2. 3. Von wahrer Gelaſſenheit . 99 und iſt doch nur ein einiges Wefen , aber mit der Lual unters ſchieden , auch mit dem Willen , und iſt doch kein abtrennlich Weſen , nur ein Principium fcheidet das, das eines im andern , als ein Niches iſt, und iſt doch ; aber nach deſſen Eigenſchaft, darinnen es iſt, nicht offenbar. II . Dann der Seufel ift in ſeiner Herrſchaft blieben , aber nicht in der , darein ibn GOtt fchuf , ſondern in der , darein er ſelber einging , nicht im Wercke der Schöpfung , ſondern in der ångſtlichen Geburtder Ewigkeit , im Centro der Natur , nach des Grimmes zur Sebårung der Finſterniß , Angſt und Qual, Eigenſchaft: Wol ein Fürſt im Loco dieſer Welt, aber im erſten Principio, im Reicheder Finſterniß , im Abgrunde. Nicht im Reiche der Sonnen , Sternen und Elementen , dars innen iſt er kein Fürſte noch Herr, ſondern imTheil des Grint mes , als in der Wurzel der Bosheit aller Wefen , und hat doch nicht die Gewalt darmit zu thun .

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12. Dann in allen Dingen iſt auch ein Gutes , welches das Bife in fich gefangen und verſchloffen bält ; ſo mag er nur in dem Böſen fabren , und regieren , wann ſichs in der böfen Bei gierde erhebet , und ſeine Begierde in die Bosheit einführet, welches die unlebbafte Creatur nicht thun kann. Aber der Menſch kann es durch die unlebhafte Creatur wolthun , ſo er das Centrum feines Willens mit der Begierde aus dem ewigen Centro darein führet, welches eine Incantation , und falſche Magia iſt; Aida bineint , woder Menſch ſeiner Seelen Begier de , welche auch aus dem Ewigen iſt, in Bosbeit , als mit eis nem falſchen Willen einführet , da kann auch des Teufels Wils le binein . 13. Dann der Seeliſche und Engliſche Urſtand , aus dein

Ewigen, iſt Eines: Aber von der Zeitdieſer Welt (und ihrem Weſen ), bat der Teufel nichts mehr Dacht), als nur in Tura ba Magna; wo ſich die im ewigen Grimm entzündet, da ift er geſchäftig, als imKriege und Streit, auch in groſſen Unge wittern ohne Waſſer : Im Feuer fähret er ſo weit als die Turba gebet, weiter kann er nicht;Im Schauerſblag, als in der Turba , gebet er, auch , aber führen kann er ihn nicht, dann er iſt darinnen nicht Herr , ſondern Knect. 14. Alſo erweder die Creatur mit der Begierde Böſes und Gutes , Leben und Tod . DieMenſchliche und Engliſche Bes: gierde


IX . Weg zu Chriſto. 100 gierde ſteber im Centro der enigen unanfänglichen Natur ; worinnen ſich die entzündet, in Böſem oder Gutem , deſſen Dirckung verbringet ſie. 15. Nun hat doch Gott ein iedes Ding in das geſchaffen , barinnen es ſeyn ſoll , als die Engel in Himmel, und den Mens Ichen ins Paradeis: So nun die Begierdeder Creatur aus ih rer eigenen Mutter ausgebet, fo gehet fie in den Wiederwillen und in die Feindſchaft ein , und darinnen wird ſie mit dem Wiederwillen gequälet , und entſtebet ein falſcher Wille in einem guten : Davon der gute Willewieder in ſein Nichts, als ans Ende der Natur und Creatur eingebet , und die Creatur in eigener Bosheit verláſt ; Wie am Lucifer zu ſehen, und auch an Adam , fo ihme nicht ware SDttes liebe- Willen wieder entgegnet,und aus Gnaden wieder in die Menſchbeit eingegan gen , fo folte noch wol kein guter Wille im Menfcben ſeyn . 16. Darum iſt alles Spintiſiren und Forſchen von GOttes Willen , ohne Umwendung des Gemüthes , ein nichtig Ding. Wann das Gemüthe in eigener Begierde des irdiſchen Lebens gefangen ſtehet, fo mag es GOttes Willen nicht ergreif fen , es läuffet nur in der Selbheit , von einem Wege in den andern, und findet doch keine Rube : Dann die eigene Begier de führet doch immer Unrube ein. 17. Wann fichs aber gånßlich in GDttes Erbarmen eins fencket, und ſeiner Selbbeit begebret abzuſterben, und begeb ret GOttes Willen zum Führer und verſtande, daß fichsfels ber als ein Nichts erkennet und hält , das nichts will, ohne was GOtt will: und ſo dann des Zorns Begierde im irdiſchen Fleiſche , mit des Teufels Imagination daber kommt , und an der Seelen Willen anſtåſſet,fo ſchreyet die gelaſſene Begiers de zu GOtt, abba lieber Vater , erlöſe mich vom Ubel, und wircket alsdann (ob es gefcbebe , daß der irdiſche Wille im GrimmeGOttes , durdy des Teufels Sucht, zu ſfarck wårs de, ) nur in ſich ſelber, wie S. Paulus auch ſaget : Soich nun ſündige, ſo thuenicht ichs , ſondern dieSünde, die im Fleis ſche wohnet.Rom . 7:20. Item , So diene ich nun mit dem Gemüthe dem Gefeße GOttes , und mit dem Fleiſche dem Gefeßeder Sünden. Rom . 7:25. 18. Nicht meinet Paulus , daß das Gemüthe foll in des Fleiſches Willen einwilligen ; ſondern alſo ſtarck iſt die Sünde im Fleiſch, als der erweckte Zoxn GOttes in der Selbheit, daß


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Cap.2. 3. Von Ivahrer Gelafenheit. ior er oft mit Gewalt , durch einen falſchen Gegenhall gottloſer Menſchen , oder durch einen Anblick weltlicher Ilppigkeit , in die Luft eingeführet wird , daß er den gelaſſenen Willen gang übertaubet, und gleich mit Gewalt beherrſchet. 19. Und ſo alsdann die Sünde im Fleiſch gewircket iſt, ſo will ſich der Zorn damit ergeßen , und greiffet auch nach dem ges laſſenen Willen ; ſo ſchrevet der gelaſſene Wille zu SDtt um Erlöſung des Ubels , daß doch GDtt wolte die Sünde von ih me weg vergeben , und ins Centrum , als in Tod einführen, daß fie ſterbe. 20. Und S. Paulus ſpricht weiter : So iſt nun nichts Ber: dammliches an denen , die in Chrifto JEfu find , Rom . 8 : 1. dienach dem Fürſag beruffen ſind, daßiſt, die indem Fürſak GOttes , barinncn GOtt den Menſchen berieff, wieder in demſelben Ruffe beruffen ſind , daß ſie wieder im Fürſate GOttes ſtehen , darinnen Er den Menſchen in ſeine Gleichniß, in ein Bild nach Ihme ſchuf. Alſo lange der eigene Wiúe in der Selbheit ſtebet , ſo iſter nicht im Fürſaße und Ruffe GOts tes, ſo iſt er nicht beruffen , dann er iſt aus ſeinem Loco ausgangen. 21. Wann ſich aber das Gemüthe umwendet wieder in Beruff, als in die Gelaſſenheit , ſo iſt der Wille im Beruff GOttes , als im Loco , da ihn GOtt hineinſchuf; fo bat er Macht GOttes Kind zu werden , wie geſchrieben ſtehet: Er bat uns Macht gegeben , GOttes Kinder zu werden ; die Macht die Er uns gegeben hat, das iſt fein Fürſaß, darein Er den Menſchen in ſeinem Bilde ſchuf, die bat GOtt in Chriſto wieder in die Menſchheit eingeführet, und hat derſelben Macht eine Macht gegeben , derSünden im Fleiſche, als der Schlangen Willen und Begierde, den Kopf zu zertreten, das iſt, der gelaſſeneWille in Chriſto trit demfündlichen Schlans gen -Witten auf den Kopf feiner Begierde , und tödtet die bee gangene Sünde wieder : Die gegebene Madyt wird dem Sobe ein Tod , und dem Leben eine Macht zum Leben . 22. Darum bat niemand eine Entſchuldigung, als konte er nicht wollen : Ja , weil er in der Selbheit ſteckt, in eiges ner Begierde, und nur dem Gefen der Sünden im Fleiſch dies net, ſo kann er nicht,dann er wird gehalten , und iſt der Sůns den Knecht; Wann er aber das Centrum des Gemüthes um wendet , und in GOttes Gehorſam und iften einwendet , ſo tann er . 23. Run


IX . Weg zu Chriſto . 102 23.Nun iſt doch das Centrum des Gemüthes aus der Ewig teit, aus GOttes Allmacht, es mag fich einführen wo es bin will: Dann was aus dem Ewigen iſt, das hat fein Gefeße ; Aber der Wille hat ein Gefeße, Gött zu geborſamen , und der Wille wird aus dem Gemüthe erboren , der foll fich nicht von deme verrücken , in deme es GOtt geſchaffen hat. 24. So ſchuf doch GOtt den Willen des Gemütbes ins Pas radeis , zu einer Geſpielin der Göttlichen Freudenreich ; aus deme folte er ſich nicht verrücken : Nun er fich aber verrücket bat, ſo hat Gott ſeinen Willen wieder ins Fleiſch eingeführet, und hat uns in dieſem neu - eingeführten Willen Macht geges 1 ben , unſern Willen darein zu führen , und ein neu Licht darins nen anzuzünden , und wieder ſeine Kinder zu werden . 21. GOtt verſtockt niemand ; fondern der eigene Wille, welcher im Fleiſche der Sünden beharret , der verſtockt das Gemüthe : Dann er fubret die Eitelkeit dieſer Welt ins Ge: mütbe , aufdaß das Gemüthe verſchloſſen bleibe. 26. Gott , fo viel Er GOtt heiſſet und iſt, kann nichts Béres wollen : Dann es iſt nur ein einiger Wille in GOtt, und der iſt errige Liebe , eine Begierde der Gleichbeit: 218 Kraft, Schöne und Tugend. 27. GOtt begebret fonſt nichts , als nur was ſeiner Begierde ähnlich iſt ; feine Begierde nimt ſonſt nichts ein, als nur das , was ſie ſelber iſt. 28. GOtt nimt keinen Sünder in ſeine Kraft eint, es rey dann daß der Sünder von Sünden ausgebe , und mit der Bes gierde in Ihn eingebe : Und welche zu ihm kommen , die will Er nicht binaus ſtoffen .' Er bat dem Willen in Chriſto eine offene Pforte gegeben , und ſpricht : Kommt alle zu mir, die ihr mit Sünden beladen ferd, ich will euch erquicfen, nebs met mein joc auf euch , das iſt das Creuß der Feindſchaft im Fleiſche, welches Chrifti Joch war, der es für aller Menſchen Šünde muſte tragen : Dieſes muß der gelaſſene Wille in dem bsfen irdiſchen Sünden - Fleiſche auf ſich nehmen und in Gies dult, auf Hoffnung der Erlöſung, Chrifto nachtragen, und mit dem gelaſſenen Seelen - Willen iminerdar, in CHrifti Wil ten und Geiſte , der Schlangen den Kopf zertreten , und den irdiſchen Willen in GOttes Zorn tobten und brechen : Nicht laſſen ruben, und in ein ſanftes Bette legen, wann die Sünde began


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Cap.2.3. Von wahrer Gelaſſenheit. 103 Kegangen iſt, und dencken : Su will noch wol einmal dafür Buſſe thun . 29. Nein, nein , in dieſem fanften Bette wird der irdiſche Bille nur ftaret, fett und geil : Sondern ſo bald fich der Odein GOttes in dir erråget, und dir die Sünde anzeiget, ſo ſoll ſich der Seelen - Wille in das leiten und Tod Chrifti einerfencken , und feſte damit umwickeln, und das Leiden Chriffi zum Eigens tbum in fid nehmen , und über den Tod der Sünden, (mit Chriſti Tod ,) Herr ſeyn, und ibn in Chrifti Tod zerbrechen und códten . 30. Will er nicht ſo muß er wol ; lo reße Feindſchaft wieder daswollüſtige, irdiſche Fleiſch, gib ihm nichtdas,was es haben will , laß es faſten und bungern , bis der Kibel aufhöret. Achte des Fleiſches Willen für deinen Feind, und thue nicht was die Begierde im Fleiſche mil, ſo wirſt du dem Tode im Fleiſobe ei nen Tod einfübren . Achte keines Spottes der Welt, dence daß fie nur deinen Feind ſpotten , daß er ihr Narr worden iſt: Dalt ihn auch ſelber fir deinen Narren, den dir Adam erwe. cet, und zu einem falſchen Erben eingeſeket hat. Stoß der Magd Sobn aus dein Hauſe, als den fremden Sohn , welchen dir GOtt in Adam im Anfange nicht in das Haus des Lebens bat gegeben : dann der Magi Sohn foll nicht erben mit der Freyen . Gal . 4:30. 31. Der irdiſche Wille iſt nur der Mago Sobn : Dann die vier Elementa ſolten des Menſiben Knecht ſeyn, aber Adam bat ſie zur Kindſchaft eingeführet. So ſprach GOtt nun zu Abraham , als Er den Bund der Verheiſſung in ihme eröffnet: Etoß der Magd Sobn aus, dann er fod nicht erben mit der Frepen ; Die Freye ift Chriſtus, die uns GOtt wieder aus Gnaden ins Fleiſch einfübrete, als ein neues Gemütbe, da der Wille, verſtehe der ewige Wille der Seelen , fcopfen mag, und trincken das Waſſer des ewigen Lebens, davon uns Chris [fus faget: Wer dis Waſſer trincken würde, daß Er und gebent ferde, demewürde es in einen Quell. Brunn des ewigen Les bens quellen . Joh. 4:13. Der Quelbrunn iſt eine Verneues . rung des Seeliſchen Gemüthes, als das ewige Geſtirne der ewigen Matur, als der fecliſchen Creatur Eigenſdaft. 32. Darum fage ich, alles Tichten zu GDtt, wie das auch immer einen Namen haben mag, da ihme der Menſch Wege S4 ju


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IX . Weg zu Chriſto.

zu GOtt mögte tidten, iſt ein vergeblich unnut Ding, auffer dem neuen Gemüthe. ! 33. Kein anderer Weg iſt zu GOtt, als ein neu Gemüther das von der Bosheit umwendet, und in Reu feiner beganges nen Sünden eingebet , von der Ulbelthat ausgehet, und der nicht mehr will; ſondern ſeinen Willen in Chriſti Tod einwins det, und der Sünden der Seelen mit Ernſte in Chriſti Sod abſtirbet, daß das ſeeliſche Gemüthe der Sünden nicht mehr will. Dballe Teufel hinter ihm ber waren, und ins Fleiſch mit ihrer Begierde einführen, ſo muß der Seelen Wille im Code Chriſti ſtille ſtehen, ſich verbergen, und nichts wollen , als nur GOttes Barmbersigkeit. 34. Kein Heucheln und auſſerlich Troffen bilft nichts, da man den Scald der Sünden in Fleiſche, mit Chrifti Bezabs lung wolte zudecken , und in der Selbheit ſieben bleiben . Chris ftus fprach : Es ſey dann daß ihr umkehret, und werdet wie die Kinder, ſo ſolt ihr das Reich GOttes nicht ſchauen. Matth . 18 : 3 . Alfogarmuß ein neues Gemüthe werden, als in einem Ferner ſprach Chris Kinde, das von Sünden nichts weiß. ftus : Ihr müſſet von neuem geborenwerden anderſt folet ihr GOttes Reich nicht ſchauen . Joh .3 : 3 . Es muß ein gang neuer Wille aus Chriſti Sod aufſtehen , ja aus Chriſti Einges bung in die Menſchheit, muß er ausgeboren werden, und in Chriſti Auferſtehung aufſtehen. 35. Soll nun dieſes geſchehen, ſo muß der ſeeliſche Wille zuvor in Chrifti god ſterben , dann in Adam bat er der Magd Sohn, als die Sünde, eingenommen , die muß er aus dem Willen zuvor ausſtoffen, und muß ſich die arme gefangene Seele in das Sterben Chriſti, mit allem das ſie iſt, init Ernſte einwinden, alſo daß der Magd Sohn, als die Sünde in ihr, in Chriſti Sodefferbe: Ja, ſterben muß die Sünde in der Seelen Willen, fonſtmagkein Schauen GOttes feyn ; dann nicht der irdiſche Wille in Sünden und GOttes Zorne ſoll GOtt (dhaus en , ſondern Chriſtus der ins Fleiſch kam ; die Seele, inuß Chriſti Geiſt und Fleiſch anziehen : In dieſer irdiſchen Hütten mag fie nicht GDttes Reich erben, ob ihr wol von auſfen das Sünden - Reich anbanget, welches in der Erden verfaulen und in neuer Kraft aufſtehen foll. 36. Es iſt keinHeucheln nods Wort- Bergeben ; nicht von auffen angenommene Kinder müſſen wir ſeyn, ſondern von ins neng


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Sap. 2. 3. Vonivahrer Gelaſſenheit. 105 nen , ausGOttgeborne Kinder, mit einem neuen Menſchen, der in GOtt gelaſſen iſt. 37. Alles Heucheln , daß wir ſagen , Chriſtus hat bezablet, und für die Sünde gnug gethan ; Er iſt für unſere Sünde ge: ftorben : ſo wir nicht auch der Sünden in Ihme ſterben, und fein Verdienſt in einem neuen Geborſam anzieben, und darins nen leben, iſt alles falſch, und ein Trug, (nichtig, ungültig Tros ften ). 38. Der hat ſich Chriſti Leiden zu tråſten ,welcher der Süns ben feind und gram wird : der ſie nicht gerne ſiebet noch höret, oder ſchmecket ; der ihr feind ift; der immerdar gerne wolte recht und wol thun, wüſte er nur was er thun foite, der bat Chriſti Geiſt und Willen angezogen ; die aufſerliche Deucheley , der von auffen angenommenen Kindſchaft ift falſch und nichtig. 39. Nicht das Werck machet die Kindſchaft, das im åuffern Fleiſch alleine geſchiebet, aber das wircken Chriſti im Geiſt, welches mit dem äuſſern Wercke kraftig iſt, und ſich als ein neues Licht erzeiget, und dieKindſchaft im äuſſern Wercke des Fleiſches offenbaret, das iſt und macht die Kindſchaft. 40. Dann, ſo das Auge der Seelen lichte iſt, ſo iſt der gange Leib in allen Gliedern lichte. So fich nun einer der Kindſchaft rühmet, und laſſet denLeib in Sünden brennen, der iſt der Kindſchaft noch nicht fåbig, oder lieget ja in Banden des Teus fels, in einer ſchweren Finſterniß gefangen : Und ſo er auch nicht den ernſtenWillen, zur Wolthat in der Liebe, in ſich brens nen findet, fo ift fein Borgeben nur ein Bernunft -Sichten aus der Selbheit, welche nicht mag Gott ſchauen, ſie werde dann e neu geboren , und erzeige ſich in der Kraft der Kindſchaft : Dann kein Feuer iſt obne Leuchten. So nun GOttes Feuer im Gemütbe ift, ſo wirds wol bervor leuchten, und das thun, Das GOtt haben will. 41. So ſprichſt du : Ich habe Willen dazu, ich wolte es gere ne thun ; und werde aber gehalten, ich kann nicht. 42. Ja , liebes beſudeltes Hdigel, das iſt es eben, GOtt feucht dich zur Kindſchaft, aber du wilft nicht, dein ſanftes Küffen im Böfen iſt dir viel lieber : Du feßeſt der irdiſchen Bosheit Freude vor GOttes Freude : Du ſteckeſt noch gant in der Selbheit, und lebeft nach dem Gefeß der Sünden, das bålt dich : Du magſt der Wolluſt des Fleiſches nicht abſters Ben, darum fo biſt du auch nicht in der Kindſchaft, und GDtt GS jeucht


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IX . Weg zu Chriſto.

zeuchtdich doch darzu, aber du ſelber wilft nicht. Eywie fein dauchte das Adam ſeyn , wann man ihn alſo mit dieſem Wik len in Himmel einnahme, und Teßte das böſe Kind voll Falſch beit, in GOttes Thron. Lucifer wolte es auch alſo haben, aber er ward ausgefpeyet. 43. Das Sterben des bofen Willens thut webe, niemand will daran : Kinder waren wir alle gerne, fo man uns alſo mit diefem Pelße molte einnehmen, aber es mag gar nicht feyn . Dieſe Welt vergebet, ſo muß auch das suffere leben ſterben : Was ſoll mir dann die Kindſchaft in einem fterblichen Reibe ? 44. Wer die Kindſchaft erben will, der muß auch einen neuen Menſcben anzieben, welcher die Kindſchaft erben kann, und der Gottheit abnlid iſt. Gott will keinen Sünder im Himmel haben , ſondern nur eitel neugeborne Kinder, welche den Himmel baben angezogen . 45. Darum iſt es nicht ſo ein leicht Ding, Kinder GOttes zu werden oder ſeyn, wie man uns fürbildet. Zwar leichte ift es dem wol, welcher die Kindſchaft hat angezogen , deffen Licht Tcheinet, der hat ſeine Freude daran : Aber das Gemüthe um : menden, und die Selbbeit zerbrechen, muß ein ftrenger uns nachläßiger Ernſt ſeyn, und ein folcher Fürſat, daß, ob folte Leib und Seele darum zuſpringen, der Wille dennoch wolte : beſtändig bleiben,und nicht wieder in die Selbheit eingeben. 46. Es muß gerungen ſeyn, bis das finſtere, barte, ver ſchloſſene Centrum zerſpringet, und der Funcke im Centro fås bet , daraus alſobald der Edle Lilien - Zweig (als aus einem Göttlichen Senf- Kórntein , wie Chriſtus faget) ausgrünet. Es muß ernſtes Beten mit groſſer Demuth, und mit der eigenen Vernunft eine weile ein Narr feyn, fich felbft darinnen thåricht feben, bis Ebriſtus eine Geſtalt in dieſer neuen Menſchwer: dung bekommt. 47. Und alsdann, wann Chriſtus geboren wird, ſo komme alſobald Herodes, und will das Kindlein tódten, und ſuchet das auswendig mit Verfolgung, und inwendig mit Verſuchung, ob dieſer lilien -Zrceig will ſtarck genug fepn, dem Teufel fein Reich zu zerbrecben , welches im Fleiſch offenbar iſt. 48. Dieſer Schlangen - Sreter wird in die Wüffen einges führet, nachdem Ér zuvor mit dem H. Seiſte getauffet iſt, Er wird verſudet, ob Er will in der Gelaffenbeit in GOttes Wil len bleiben : Er muß alſo feft ſtehen, daß er aufn. Fall alles irdiſche,


Cap.2.

3. Von wahrer Gelaſſenheit.

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icdiſche, ja auch das äuſſere leben um der Kindſchaft willen verlaſt. 49. Keine zeitliche Ehre und Gut muß der Kindſchaft vor gezogen werden, ſondern muß mit ſeinem Willen das alles verlaſſen, und nicht für eigen achten, und ſich nur ein Knecht deffelben achten, der ſeinem Herrn in Gehorſam damit dienet. Ermuß alles Eigenthum dieſer Welt verlaffen ; nicht daß er es nicht befaſſe, oder befigen dörfte, allein fein Herbe muß das verlaſſen, und ſeinen Willen nicht darein führen, und für ei gen achten ; er bat ſonſt keine Macht dem Dirftigen, damit zu dienen . 50. Die Selbheit dienet nur dem zeitlichen Weſen : aber die Gelaſſenheit beherrſchet alles was unter ihr iſt. Die Selbheitmuß thun, was der Teufel in Fleiſches :Wolluſt und Boffartigem Leben haben will : Aber die Gelaſſenheit trit das mit Füſſen des Gemüths. Die Selbheit verachtet was alber iſt ; aber die Gelaſſenbeit leget ſich zum Albern in Staub, fie ſpricht: Ich will alber ſeyn, und nichts verſtehen , auf das mein Verſtand fich nicht erhebe und fündige; Ich will in den Borhöfen meines GOttes zum Füſſen liegen, aufdaßid , meis nem Herrn diene, wozu er mich haben will: Ich will nichts wiſſen, auf daß mich die Gebot meines Herrn leiten und füb ren, und ich nur das thue, das GOtt durch mich thut, und baben will; ich will in meiner Selbheit ſchlaffen, bis mich der Herr mit ſeinem Geiſt aufwecket: Únd ſo er nicht will, ſo will ich ewig in Ihm in der Stille ruhen, und ſeines Gebotes erwarten . 51. Lieben Brüder, man rühmet fich aniego des Glaubens, wo iſt aber der Olaube ? Eine Hiſtoria iſt der ießige Glaube. Bo iſt das Kind, das da glaubet, daß SEſus geboren fey ? So es ware und glaubete, daß JEfus geboren ſey, fo würde es ja fich zum Kindlein JEſu zunahen, es annehmenund pflegen. Ach es iſt nur ein biſtoriſcher Glaube, und eine lautere in fenſchaft, und vielmehr eine Kibelung des Gewiſſens : Das Ihn die Juden haben getódtet; Daß Er von dieſer Welt fer weggefahren ; Daß Er nicht König auf Erden , im animali fcben Menſchen fev ; Daß der Menſch thun møge was er wol le ; Daß er nicht dürfte der Sünden, und den boren Lüften ſterben. Des freuet ſich die Selbbeit, das böſe Kind, daß es möge im Fetten leben und den Teufel fett måſten. 52. Das


108 IX . Weg zu Chrifto. 52. Das bewabret fich, daß der rechte Glaube feit Chriſti Seiten niemal kråncker und ſchwacher geweſen ,als eben iegundi Da die Welt doch laut ſchreyet : Wir haben den rechten Slau? ben gefunden ; Und zancken um ein Kind, das böſernie gewes ſen iſt, ſeitdas Menſchen auf Erdén geweſen ſind. 53. Biſt du zion , das neugeborne und wiedergefundene Rind, ſo beweiſe deine Kraft und Jugend, und weiſe bervor das Kindlein JESUS aus dir, daß man ſebe, du ſeyft ſeine Pfleg -Umme: Wo nicht, fo fagen dieKinder Chriſti, du haft nur das Kind der Hiſtorien , als die Wiege des Kindes funden . 54. Wohaſt du das KindleinJesus ,du Abtrünnige, mit der Hiſtorien und falſchem Schein - Glauben ? Wie wird dich das Kindlein JESUS in des Paters Eigenſchaft, in deia ner eigenen Turba , die du haſt fettgemåffet, heimſuchen ? Es ruffet dir in liebe, aber du wilft nicht hören, dann deine Ohren find im Geiße und Wolluſt feſte zugeſchloſſen : Darum der Schall der Poſaunen mit einem barten Donnerſchlag deine Turbam dich einmal zerſprengen und dich aufipecken wird, ob du doch noch eins das Kindlein JESUS wolleſt fitchen und finden . 55. Lieben Brüder , es iſt eine Zeit des Suchens, Findens und Ernſtes ; Den es trift, den trifts. Wer da wachet, der wirds hören und ſehen. Wer aber in Sünden ſchlaffet, und in ſeinen fetten Sagen des Bauchs, der fpricht: Es iſt alles Friede und ſtille, wir bören keinen Schall vom HErrn . Aber des HErrn Stimme iſt an den Enden der Erden erſchollen, und gebet auf ein Rauch, und mitten im Rauche eine groſſe Helle eines Glanges, Amen ! Hallelujah, Amen ! Jauchtet dem HErrn in Zion, dann alleBerge und Hügel find voll ſeiner Herrlichkeit: Er fcheuft auf wie ein Gewächre, wer will das wehren ? Hallelujah

Das


1

Das Vierte Büchlein

DE REGENERATIONE oder

11

8

.

Von der

SgeuensSiedergeburt .

Das iſt,

S &Sie ſich ein Stenſch , dem die Seligkeit Ernſt iſt,durch Chriſti Geiſt aus der verwirrten und záncfiſchen Babylon müſſe bers aus führen laſſen , auf daß er in Chriſti Geiſt neu geboren werde, und Ihme allein lebe. Geſchrieben im Jahr 1622. durch Jacob Böhmen .

Gedruct im Jahrdes ausgebornen groſſen Heils 1730.



99

IX . let

109

Das vierte Büchlein . DE REGENERATIONE , oder

Sonder SteuensSsiedergeburt.

.

Vorrede des Autoris. Jerol ich dieſes in meinen andern gar tiefen Schriften gnugſam erkläret und aus dem Grun de dargeſtellet babe, ieder aber folche nicht in Hånden hat, auch iedermans Begriff nichtiſt zu verſtehen ; Als habe ich den einfältigen Kindern Chriſti zu Dienſte, und auf Begehren guter Freunde eine kurse Sum . mam von der neuen Wiedergeburt seſchrieben, ob ſich iemand dadurd wolte lernen erkennen. 2. Wer aber den tiefen Grund, daraus dieſes fleuſt, begeb. ret zu forſchen, und die Gabe zum Verſtand hat, der leſe das Buch vom dreyfachen Leben desMenſchen :auch die drey Bücher von der Menſchwerdung und Geburt Jeſu Chrifti ; Stem das Buch von ſechs Puncten ; vom Myſte rio Magno ; von den drey Welten, wie ſie in einander ſtehen als Eine, machen aber drey Principia , das iſt, drey Geburten oder Anfänge x. auch das Buch de Tribus Principiis ; Alba findet er, wornach erfragen mag, ſo hoch ſich ein Gemüthe des Menſchen ſchwingen kann, ſo wol in den vierzig Fragen von der Seelen . 3. Dieſes nun babe ich den hungerigen und durftigen Herßen nach Chriſti Brünnlein, als meinen Mit- Sliedern im Geift Chriſti geſchrieben. Den Spottern aber habe ich nichts ges ſchrieben : Dann ſie haben ihr Buch in fich, damit ſie die Rin der Chriſti unters Creus treiben, und müſſen über ihren Wils len der Kinder Chriſti Diener ſeyn, ob ſie gleich das nicht ver , ſtehen. Das 1. Capitel. Summarien. Ir müſſen neu geboren werden .5.1. Die Schrift bezeuget 1.Cor, 2:14. Daß wir Dempel des H. Geiftes, 2 , welches voin kerblis chen Fleiſch nicht kann verfanden werden. 3. Es ſtehet das Shriftenthum nicht in per Diſtorie, 4. Sodte Sünde im Fleiich thătig it


IIO

IX . Weg zu Chriſto.

ift : ſo muß die neue Wiedergeburteinanders fenn, dann der Gerechte, Neugeborne,ſündiget nicht. 5. 6. itnſer Wandel iſt im Himinel,darum muß der Himmel in uns ſcn1 ; 7. ſoiſt die Hölle auch in uns. 8. Alſo muß der Menſch wohl betrachtet werden , und was ein Chrijt ren ? 9. Der Wille, ro die Eitelkeit in ſich låffet und der begehret,iſt nicht neu ges boren . 10. Sind alſo 2 Menſchen in einander, 11.als Zeitund Ewig teit, lichtund Finferniß. 12. Die duſſere Welt heiſſet nichtGott, ober ſchon drinnen wohnet, 13. wie das Feuer im Waſſer wohnet, als am Blik zu ſehen, und das nicht beſikt. 14. Der äuſſere menſd)iſtdie Zeit: der Innere die Ewigkeit; is. ſo aber Eins ins Undere eingehet: verlie: rets Fein Recht.16. Welches iin Menſchen zu bedencken . 17. Das Seuer iſt peinlich : das Licht freundlich, und iſt doch nur Eine Notur. 18. Alſo lebet der Menſch in dreyen Welten : in der Finſtern- licht- und äuſſern Welt. 19. Das Feuer aber ift im Licht ein Liebe:Feuer. 20. Hriſtus ſpricht: Es ſey dann daß ihr umkehret, uns merdet wie die Kinder, ſonſt follt ihr das Reich ODttes nicht feben ; Matth . 18 : 3. Und abers S mal faget Er zu Nicodemo : Es fey damn dag jemand neugeboren werde, aus dem Waſſer und Geift, fent kann er nicht in das Reich GOttes kommen : Dann was vom Fleiſch geboren iſt, das iſt Fleiſch, und was vom Geiſt geboren iſt, das iſt Geiſt :Joh. 3 : 5.6. Die Schrift bezeu get klar , daß der fleiſchliche, natürliche Menſch nichts vom Geiſte GOttes vernimt : Es iſt ihm eine Thorheit, und kanns nicht begreiffen . 2. So wir aber nun alle Fleiſ und Blut haben, dazu fterblich ſind, wie vor Augen iſt, und gleichwol die Sdrift las get, daß wir auch Tempel des H. Geiftes find, der in uns mob , net : 1. Cor,6:19. Und daß das Reich GOttes inwendig in uns fey, Luc . 17:21. ja daß Chriftus in unsmüſſe eine Geſfalt gewinnen, Gal. 4:19 . auch daß Er uns wolle fein Fleiſch zu ei ner Speiſe geben, und fein Blut zu einem Tranck: Und fagt weiter : Wer nicht eſſen werde das Fleiſch des Menſchen Sohnes, der habekein Leben in Ihm; Joh.6 : 5.3. So müss fen wir ja mit Ernſt betrachten,was für ein Menfch in uns ſey, der der Sottheit abnlich und fähig fer . 3. Dann von dem ſterblichen Fleiſch, das zu Erden wird, und in der Eitelkeit dieſer Welt lebet, auch ſtets wieder GOtt lüſtert, kann nicht gefaget werden, daß es der Sempel des H. Geiſtes ſey ; Bielweniger, daß die neue Wiedergeburt in dies ſem irdiſchen Fleiſch geſchehe : Sintemal es ſtirbét und vers weſet, darzu ein ſtetes Sünden -Haus iſt, 4. So


Cap.i. 4.Von der neuen Wiedergeburt. It! 4. So aber dann gleichwol wahr bleibet , daß ein rechter Chriſt aus Chriſto geboren wird, und daß die neue Wiederge burt ein Sempel des H.Geiſtes fey , der in uns wohnet : Und daß allein der neue Menſch aus Chriſto geboren , das Fleifch und BlutChriſti nieffe ; Soiffs nicht ſo ein ſchlecht Ding ein Chriſt zu feyn. Und ſiehet das Chriſtenthum nicht in der Hi ſtoria, daßwirs nur wiffen, und das Wiffen uns zueignen , daß wir nur ſagen, Chriſtus iſt für uns geſtorben , und bat den Job sin uns zerbrochen, und zum Leben gemacht : Er hat für uns die Schuld bezahlet, wir dörfen uns deſſen nur tröſten , und fe ſtiglich glauben daß es geſchehen ſey . 5. Dann wir befinden in uns, daß die Sünde im Fleiſche les bendig, begierig und thátig iſt, daß ſie wircket : So muß nun die neue Wiebergeburt aus Chriſto, ein anders feyn , das nicht in dem Sünden - Fleiſche mitwirde, das der Sünden nicht will. 6. Dann S. Paulus ſagt : Daß an denen die in Chriſto JEfu ſind, nichts Berdaw mliches fey. Rom . 8 : 1 . Und weiter: Solten wir, die wir Chriſten ſind, noch Sünder erfunden wer: den ? das ſey ferne ; Gal. 2:17. ſo wir der Sünden abgeftor: ben ſind in Chriſto). Auch iſt der Menſch der Sünden nicht ein Tempel des H.Geiſtes ; Und iſt doch keinMenſch der nicht fündige; Dann die Schrift fagt: Gott hat alles unter die Sünde beſchloſſen . Rom .II: 32. Jtem, vor dir iſt kein Lebendi: ger gerecht,fo du wilft Sünde zumeſſen. Pf. 143: 2. Der Ses rechte fait des Tages ſiebenmal : Prov. 24:16 . da doch nicht mag verſtanden werden, daß der Gerechte,falle und fündige, ſondern der Sterbliche (und Sündige). 7. Dann eines Chriſten Gerechtigkeit iſt in Chriſto , der kann nichtfündigen . Dann S. Paulus ſagt : Unſer Wandel iſt im Himmel, von dannen wir warten des Heilandes Jeſu Chriſti, Philipp. 3:20. Iſt nun unſer Wandel im Himmel, ſo

muß der Himmelin uns ſeyn . Chriſtus wohnet im Himmel; Sowir nun ſein Tempel ſind, ſo muß derfelbé Himmel in uns feyn. 8. So uns aber gleichwol die Sünde in uns anſicht, in wel. cher der Teufel einen Zutritt zu uns und in uns bat; ſo muß auch die Hölle in uns ſeyn, dann der Teufel wohnet in der Hdl len: Und wo er dann immer iſt, ſo iſt erin der Hillen , und mag daraus nicht fommen ; Und ob er gleich einen Menſchen be Taffer


112

IX . Weg zu Chriſto . fåffe, ſo wohnet er doch im Menſchen, in der Håden,als in GDts tes Zorne. · 9. Feßt iſt uns der Menſch rechtzu betrachten , was und wie errey : Und daß ein rechter Chriſt nicht nur ein biſtoris ſcher ncuer Menſch ſey ; daß es an dem genug fen , daß wir Chriſtum bekennen und glauben , daß Er GOttes Sohn ſep , und babe für uns bejablet. Dann es gilt nicht eine von auf fen zugerechnete Gerechtigkeit, daß wirs nur glauben , es fers geſchehen : Sondern eineingeborne,eine kindliche. Gleichwie das Fleiſch ſterben muß, alſo muß auch das Leben und der Wils te der Sünden ſterben , und muß werden als ein Kind , das nichts weiß, und schbet allein nach der Mutter , die es geboren hat. Alſo gang muß eines Chriſten Wille wieder in die Muts ter, als in Seift Chriſti, eingeben , und in der Selbheit, des Selbmollens und Bermogens ein Kind werden : Da der Wil le und Begierde nur in dieMutter gerichtet ſey ,und muß aus dem Geiſte Chriſti, ein neuer Wille und Gehorſam , in der Ges rechtigkeit, aus dem Tode aufſtehen , der nicht mehr der Süns ben will. 10. Dann der Wille, ſo die Eitelkeit in fich låffet und der begehret, iſt nicht neugeboren : Und ſo doch gleichwol in den Neugebornen ein Wille bleibt , der ſich nach der Eitelkeit ſelbs net und fürdigt; ſo iſt uns des Menſchen Bild recht zu bes trachten , wie die neue Wiedergeburt geſchehe ; Dieweil fie nicht im ſterblichen Fleiſche geſchicht, und doch auch wahrhaf tig in uns, in Fleiſch und Blut, in Maſſer und Geift (geſchicht), wie die Schrift ſagt. 11. Somüſſen wir recht betrachten, was für ein Menfi in uns ſev, ber Chriſti Gliedmaß und ein Sempel GOttes fer , der im Himmel wobne ; und dann auch, was das für ein Menſc fey , der nur in der äuſſern Welt wohne, und was das für ein Menſch ren , den der Teufel regiere und treibe. Dann den Tempel Chriſti kann er nicht regieren und treiben, ſo iſt ihm an bem ſterblichen Fleiſch auch nichtes gelegen : und find doch nicht drey Menſchen in einander, ſondern nur ein einiger. 12. So wir nun folches wollen betrachten , ſo müſſen wir Deit und Ewigkeit betrachten, wie dieſe ineinander ſind , darzu Licht und Finſterniß , Gutes und Böſes ; ſonderlich aber des Menſchen Urſtand und Herkommen . 13. Dieſesiff nan alſo zu betrachten. Wir ſeben an die dyſfers


Cap.i. 4.Von der neuen Wiedergeburt. 113 auſſere Welt, mitSternen und vier Elementen , darinnen der Menſch und alle Creaturen leben : Die ift, und heiſſet nicht GOtt ; GOtt mobnet wol darinnen , aber der auffern Welt Weſen begreift Ihn nicht. Auch ſo.Fehen wir , wie das Licht in der Finſterniß ſcheinet, und die Finſferuiß begreift nicht das Licht, undwohnet doch eines im anbern. Auch fo haben wir deſſen ein Erempel an denvier Elementen, welche in ihrem Ur ſtande nur Ein Element find , und das weder heiß noch kalt, weder trocken noch naß iſt, und theilt ſich doch mit der Bewes gung in vier Eigenſchaften , als in Feuer , Luft, Waſſer und Erde. 14. Wer wolte glauben, daß das Feuer ein Waſſer gebåre? N und daß des Feuers Urſtand Kønte im Waſſer ſeyn, wann ivic das nicht im Wetter- Leuchten mit Augen fåben ; und auch in den Lebendigen zu befinden, daß das eſſentialiſche Feuer , im Corpore , im Blut wohnet, und das das Blut ſeine Mutter ſey, und das Feuer des Bluts Bater fey. 15. Bie nun GOtt in der Weltwohnet , und alles erfület, und doch nichts beſiget ; und das Feuer im Waſſer wohnet, und das nicht befißt; und wie das Licht in der Finſterniß wobs net , und die Finſterniß doch nicht beſißet ; der Sag in der Nacht, und die Nacht im Tage ; die Zeit in der Ewigkeit, und die Ewigkeit in der Zeit : Alſo auch iſt der Menſch geſchaffen . Er iſt nach der åuſſern Menſchheit die Zeit , und in der Zeit ; und die Zeit iſt die äuſſerWelt, das iſt auch der åuſſere Menſch: und der innereMenſch iſt dieEwigkeit, und die geiſtliche Zeit und Welt ; welche auch ſtehet in Licht und Finſterniß , als in SDttes Liebe, nach dem ewigen Licht; und in GOttes Zorn , nach der ewigen Finſterniß : welches in ihm offenbar iſt, dars innenwohnet ſein Geiſt, entweder in der Finſterniß, oder im Lichte : Es iſt beydes in ihm das Licht und die Finſterniß ; ein iedes wohnet in fich felber, feines beriget Das ander. 16. Aber ſo eines in das ander eingehet, und das andere ber fiben will, ſo verlieret das andere ſein Recht und Gewalt. Das Leidende verleuret feine Gewalt ; dann ſo das Licht in der Finſterniß offenbar wird, ſo verlieret die Finſterniß ihre Fin ſterbeit , und wird nicht erkant : Alſo auch hinwieder , ſo die Finſterniß im Lichte aufgebet, und den Gewalt bekommt, foers licht das Licht mit ſeiner Gewalt. 17. Ein fokhes iſt uns auch im Menſchen zu bedencken : die Wencher ewige


ix.Weg zu Chriſto. II4 ewige Finſterniß in der Seelen iſt die Hölle, als eine Angſt: Qual, welche GOttes Zorn heiſſet; und das ewige licht in der Seelen iſt das Himmelreich ,da die Feuriſdhe, finſtere Ängſt in eine Freude verwandelt wird . 18. Dann gleichwie die Natur der Ungft in der Finſternig eine Urſach der Traurigkeit iſt: Alſo iſt ſie im Lichte eineUrfa : de der erheblichen und beweglichen Freude. Dann die Qual im Lichte, und die Qual inder Finſterniß , ift nur Ein ei nige Qual, nur Eine Natur, wie das Feuer und Licht nur Eine Natur ſind , und geben aber einen gewaltigen Unterſcheid in der Qual : Eines wohnet im andern ,und gebiert das ander , und iſt doch nicht das ander. Das Feuer iſtpeinlich und verzehr lich, und das Licht iſt gebende, freundlich, kräftig und freuden reich , eine liebliche Wonne. 19. Alſo iſt uns auch der Menſch zu betrachten : er ſtebet und lebet in drey Welten ; die eine iſt die ewige finſtere Welt, als das Centrum der ewigen Natur,welche das Feuer gebieret, als die Angſt: Qual ; und die andere iſt die ewige Licht-Welt, welche die ewige Freude gebieret, und das Göttliche Wohn baus iſt, darinne der Geiff GOttes wohnet, darinnen der Geiſt Chrifti Menſchlich Wefen annimt, und die Finſterniß vertreis bet, daß fie muß eine Urſach der Freuden, im Geifte Chriſti, in Lichte feyn. Die dritte Welt iſt die äuſſere ſichtbare , in den vier Elementen , und dem ſichtbaren Geſtirne: wiemol iedes Element ein Geſtirne nach ſeiner Eigenſchaftin ſich hat, davon die Begierlichkeit und Eigenſchaft entſtehet , gleich einem Ges

mütbe. 20. Alſo verftebet : das Feuer im lichte iſt ein Liebe- Feuer, eine Begierde der Sanftmuth und Freudenreich ; und das Feuer in der Finſterniß iſt ein Ungſt - Feuer, und iſt peinlich, feindlid ), und in der Effenß wiederwärtig : das Feuer des Lichts iſt ein guter Geſchmack , und der Geſchmack in der Er fenß der Finſterniß iſtgang wiederwärtig und feindlich ;dann die Geſtalten zum Feuer ſtehen alle in der gröſſeſten Angſt. Das 2. Capitel. Summarien . Draus der Menſch geſchaffen ? 9.1. Die innere Welt iſt geiſt lich, daraus dieHeuſſere gehauchet worden , gleich aus diefen benden der Menſch , 2. Dieſes Bild war im geiftlichen Ele: ment,


Cap.2. 4.Von der neuen Wiedergeburt. 115 ment, in welchem Element das Paradeis war, 3. und in dieſes Bild hat GOtt den Verſtand aus 3 Welten eingeblaſeni.4. Das ilt nun die groſa fe Seele, einMagiſch Feuer Odcm ; 5. Dieandere Eigenſchaft iſt der Dual- Geiſt des Lichts ,6. dann Feuer und Licht ſind unterſchiedlich ; 7 . die 3. Eigenſchaft iſt die Luft mit dem Luft-Geſtirn. 8. Alſo hat das peilige durchs Neuſſere geherrſchet, 9. das war das H. Paradeis,io . welches durchdie Erde gegrünet bis auf den Fluch. 11. Aber des Deus felsNeid machte den Menſchen lüſternde, 12. daran der Baum derErs fentniß. 13. Das war möglich , weil in Adam der Geiſt der groſſen magiſchen Macht war.14. Darum mufte er probiret werden ; 15. und als Gótt erkante, daß er nicht beſtehen würde , ward die Frau fors miret, 16. dann er ging in Selbheit ,17a und da folgte die Zertheilung der Tincturen und Leibes. 18. Beyde wurden zum äuſſerlichen Naturs Leben geordnet : mit thieriſchen Gliedern , 19. deren ſich die Seele nun Ichámet, ibid . DieBegierde von derirbiſchen Fruchtzu eſſen war ſchon in Eva ;20. da miſchte der Teufel Lügen unter Wahrheit, nach ſeiner Liſt, 21. 22. bis mit dem Apfel: Biß die Finſterniß das Ober- Regiment kriegte. 23. Darum iſt Chriſtus Menſch worden. ibid.

Lhier iſt uns nun zu betrachten ,wie der Menſch geſchaf fen ſey. Mofes fagt recht: GDtt ſchufden Menſchen Ihm zum Bilde, ja zum Bilde GOttes fchuf Er ibn . Gen , r: 27. Das verſtehen wir aus der ewigen und zeitlichen Geburt, aus der innern geiſtlichen Welt, welche Er ihm in das geſchaffene (äuſſere) Bild einblies , und dann aus der innern geiſtlichen WeltWeſen,welches heilig iſt. 2. Dann gleichmie in der åuſſern Welt eine Natur und Wes ſen iſt ; Alſo auch iſt in der innern geiſtlichen Welt eine Natur und Wefen , welches geiſtlich iſt, aus welchein die äuſſere Belt ausgebauchet , und aus Licht und Finſterniß erboren und in einen Anfang und Zeit geſchaffen worden iſt. Und aus der innern und äuſſern Welt Weſen ward der Menſch in ein Gleichniß nach der Geburt , und aus der Geburt aller Weſen geſchaffen . Der Leib iſt ein Limbus ( Limus )der Ers den, und auch ein Limbus ( Limus) des himmliſchen Werens : Dann die Erde iſt aus der Finſter -und Licht- Welt ausgebau chet oder geſprochen worden ; Aus der iſt der Menſch , im Ver« bo Fiat, als in der ewigen Begierde, in ein Bild gefaſſet und geſchaffen worden , aus Zeit und Ewigkeit. 3. Dieſes Bild war im innern und geiſtlichen Element, daraus die vier Elementa ausgeben und erboren ſind : Im eis nigen Element war das Paradeis ; Dann die Eigenſchaften der Natur, aus der Feuer - Finſter- und Licht-Welt, waren alle in gleicher Concordang, Maſſe und Gewichte , keines war vor

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dem


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IX. Weg zu Chriſto . dem andern inſonderheit offenbar : 41o war auch keine Ser: brechlichkeit darinnen ; Dann eine Eigenſchaft übermochte die andere nicht, es war kein Streit nod Wiederwille zwiſchen den Kräften und Eigenſchaften . 4. In dieſes geſchaffene Bild blies GOtt den Geift und Odem des Verſtandes , aus allen dreyen Welten ein , als in eine einige Seele , welche in der innern Finſter- und Feuers Welt , der ewigen geiſtlichen Natur iſt, darnach rich GDtt ei nen ſtarcfen ,eiferigen GOtt, und ein verzehrend Feuer nennet, 5. Das iſt nun die ewige , creatürliche, groffe Seele , ein Magiſcher Feuer- Ddem , in welcher das Feuer des Lebens Urſtand iſt, aus der groſſen Macht der Berwandlung. In dieſer Eigenſchaft ift GOttes Zorn , fomol die ewige Finſter niß , ſo fern das Feuer kein licht gibt. 6. Die andere Eigenſchaft des Odems GOttes iſt der Dual- Geift des Lichtes , aus der groffen feurigen Liebe- Re : gierde , ans der groſſen Sanftmuth, nach welchem ſich Gott einen lieben , barmhertigen GOtt þeiffet : In welchem der wahre Geift des Verſtandes und Lebens in derKraft ftebet. 7. Dann gleichwie aus iedem Feuer ein Licht ſcheinet , und im Licht die Kraft des Berſtandes erkant wird ; Alſo ift dem Feuer - Odem GOttes der lichts-Odem angehangen, und dem Menfcben - Bilde eingeblaſen worden . 8. Die dritte Eigenſchaft des Ddems GOttes war die auf fere Luft, mit dem Luft-Geſtirne : darinne des auffern Des fens und Leibes Leben und Geſtirne mar , den blies Er ihm in Teine Naſe. Und gleichwie die Zeit und Ewigkeit an einander bangen , und die Zeit aus der Ewigkeit ift erboren ; alſo hing auch der innere Odem GOttes am äuſſern ; und ward dem Menſchen dieſe dreyfacheSeele auf einmal zugleich eingebla: ſeiner fen ; Ein iedes Weſen des Corporis nahm den Geiſt nach Eigenſchaft an : Alſo, das äuſſere Fleiſch nahm die äuſſere Luft mit ihrem Geſtirne an , zu einem Vernunft- und wachſens den Leben , zur Offenbarung der Bunder GOttes ; und des Richtes Leib , oder das himmliſche Wefen , nahm den Doem des Lichts , als derGöttlichen Kraft an : welcher Odem der H. Geift genant wird. 9. Álfo durchdrang das Licht die Finſterniß, als den finffern Feuer- Odem , und auch den auffern Luft Odem , in ſeinem Geſtirne , und nahm allen Eigenſchaften die Gewalt , daß die Ungſt


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Cap.2. 4. Von der neuen Wiedergeburt. 117 Angſt des Feuer -Odems in der innern ſeeliſchen Eigenſchaft, ſowol die Hiße und Kälte , auch alle andere Eigenſchaften des auſſern Geſtirnes , nicht konten noch mochten offenbar feyn . Die Eigenſchaften aller oren Welten in Seele und Leib ftuna den in gleicher Concordant und Gewichte : Das Innere, Heilige, herrfchete durchs Aeuffere, als durch die auffere Kräfte des auſſern Lebens, des äuſſern Geſtirnes , und vier Elementen. 10. Und das war das beilige Paradeis ; Alſo ffund der Menſch im Himmel , und auch in der erſtern Welt, und war ein Herr aller Creaturen dieſer Welt , nichts hätte ihn zer brochen . 11. Dann alſo war auch die Erde, bis auf den Fluch GDt tes. Die beilige Eigenſchaft der geiſtlichen Welt grinete auch durch die Erde , und trug H. Paraleiſiſche Früchte , die konte der Menſch effen auf ſolche Magiſche Paradcifiſche Art, und bedurfte keine Záhne noch Därme im Leib : Dann gleichwie das Licht die Finſterniß , und das Feuer das Waſſer verſchlinget, und deffen doch nicht voll wird ; Ein ſolch Cen trum batte der Menſch in ſeinem Munde, auf Art der Ewig keit. Und auf eine ſolche Magiſche Art konte er auch fei nes Gleichen aus ſich gebaren , ohne Zerreiſſung oder Eröff nung ſeines Leibes und Geiſtes. Gleichwie GOtt die äuſſere Welt gebar, und ſich doch nichtzerriß , ſondern in ſeiner Be gierde , als im Verbo Fiat , die Eigenſchaft faffete und qualitas tiſch machete , und aus dem Verbo Fiat offenbarte , und in eine Figur, nach der ewigen geiſtlichen Welt Geburt einführte ; Alſo ward der Menſch auch ein ſolch Bild und Gleichniß , nach Seit und Ewigkeit geſchaffen ; Aber in ein ewig, unſterblich Leben , welches ohne Feindſchaft und Wiederwärtigkeit war. 12. Weil aber der Teufel war ein Fürſt und Hierarcha im Orte dieſer Welt geweſen, und um ſeiner Hoffart willen war in der finſtern, ångftlichen, peinlichen, feindlichen Eigenſchaft und Qual , in Grimm GDttes geſtoffen worden ; So gón: nete er dem Menſchen die Ehre nicht, daß er an ſeine gehabte Stelle , in die geiſtliche Welt geſchaffen ward , und führete ſeine Imagination in das geſchaffene Bild des Menſchen , und machte das lüſternde, daß ſich die Eigenſchaften der finſtern, fomol aus der äuſſern Welt, im Menſchen erbuben , und aus dergleichen Concordang aus der Gleichheit ausgingen' und H 3


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IX. Weg zu Chrifto.

und eine die ander überwegete : Da'wurden die Eigenſchaf: ten , eine iede in ficb felber offenbar , und lüfferte einc iede nach ihrer Gleichheit, als die aus der finſtern Welt Geburt, ſowol auch aus der Licht-WeltGeburt, eineiede molte aus dem Limbo (Limo) der Erden effen , nach ihrem Hunger. 13. Alſo ward Böſe und Gut in dam offenbar : Und in dem der Hunger der Eigenſchaften in die Erde einging , daraus die Eigenſchaften des Leibes waren ausgezogen worden , ſo 30ch auch das Fiat ein ſolch Gewächs aus der Erden , davon die Eigenſchaften in ihrer aufgewacheten Eitelkeit konten effen. 14. Dann das war möglich : Weilin Adam der Geiſt der ſtarcken und groſſen Magiſchen Macht von Zeit und Ewigkeit war , daraus die Erde mit ihren Eigenſchaften war ausgebau : 1 chet worden ; So zog das Fiat , als die ſtarcke Begierde der ewigen Natur , die Eſſenz der Erden. 15. Alſo ließ ihm GOtt den Baum des Erkentniß Gutes und BSies , nach den aufgewachten Eigenſchaften Adams , wach ſen. Dann die groſſe Macht der Seelen und des Leibes hat ten das verurſachet: So muſte der Menſch probiret werden , ob er wolte in eignen Kräften vor dem Berſucher dem Deus fel , und vor dem Srimm der ewigen Natur beſteben ; of die Seele wolte in dergleichen Concordank der Eigenſchaften [ bleiben ] ſtehen , in wahrer Gelaſſenheit, unter GDttes Geis fte, als ein zugerichtes Werckzeug der Harmonie GOttes, ein Spiel der Göttlichen Freudenreich, darauf, und in dem, GOttes Geift ſpielen wolte; Das warð alhie verſucht mit dieſem Baum : Und dazu fam GOttes geſtrenges Gebot, und fprach : 16 nicht davon ; welches Tages du davon effen wirft , folff du des Todes ſterben . Gen. 2:17. 16. Als aber GOtt erkante, daß der Menſch nicht beſtehen würde , daß er ie nach Böſem und Gutem imaginirte, und lü : fterte , ſprach GDtt : Es iſtnicht gut , daß der Menſch alleine Tey , wir wollen ihm eine Gebülfin machen , die um ihn fey. Dann er ſabe wol, daß Adam nicht konte magiſch gebaren, weil feine Luft in die Eitelkeit einging. 17. So fagt nun Moſes : Und Er ließ einen tiefen Schlaff aufihn fallen , und er entſchlieff. Gena 2: 21. Das iſt; Weil er nicht wolte im Gehorſam der Göttlichen Harmonie bleiben , in den Eigenſchaften , daß er båtte, als ein Werkzeug, dem Geiſte GOttes ftille gehalten ; So ließ Er ihn von der


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Cap.2. 4. Vonder neuen Wiedergeburt. 119 der Göttlichen Harmonie in eine eigene Harmonie fallen , als in die aufgewachten Eigenſchaften , in Böſe und Gut ; Da hinein ging der ſeelifche Geift. 18. Ada ſtarb er in dieſem Schlaff der Engliſchen Welt (Qualität) ab , und fiel dem äuſſern Fiat heim : Und war iegt geſchehen um das ewige Bild nach GOttes Gebärung. Alhie lag ſeine Engels- (Beſtalt und macht zu Boden ,und fiel in Dhn macbt: So machte GOtt durchs Fiae das Weib , aus Vene ris Matrice , das iſt , aus der Eigenſchaft, darinnen Adam die Sebärerin in fich hatte , aus ihme; aus einem Leibe zween : Und theilte die Eigenſchaften der Siacturen , als im Element das wafferifcbe und fcuriſebe Geſtirn , nicht gang im Wefen , fondern im Geiſt; als die Eigenſchaften der waſſeriſchen und feuriſchen Seele, und da es doch nur Eine ift; aber die Eigen Tchaft der Tinctur ward getrennet: Die eigene Liebe Begier de ward Adain genommen , und in ein Weib formiret, nach ſeines Gleichen . Und darum begehret nun der Mann ſo bef tig des Weibes Matricem : und das Weib begehret des Mans nes Limbum , als das Feuer - Element , den Urſtand der wah ren Seele , darinnen des Feuers - Tinctur verſtanden wird. Dann bie zwey waren in Adam eines , und darinn ſtund die magiſche Geburt. 19. Und als Heva aus Adam gemacht ward in ſeinem Schlaff, fo mard Adam und Eva iegt zum aufſerlichen , na türlichen Leben geordnet : Dann alda ſind ihnen die Glieder zur Thieriſchen Fortpflanzung gegeben worden , ſowol der ir difche Madenfack , darein ſie doch konten die Eitelkeit einfacken, und den Thieren gleich leben ; Deffen ſich die arme, in der Eis telkeit gefangene Seele noch heute ſchåmet, daß fie hat eine thieriſche, monſtrofiſche Geſtalt an ihren Leib gekrieget, wie vor Augen iſt. Davon die menſchliche Scham ijtentſtanden , daß ſich der Menſch ſeiner Glieder ſchåmet, und auch der na deten Geſtalt, und daß er muß den irdiſchen Creaturen ihr Kleid abborgen , dieweiler ſein Engliſches hat verloren , und in ein Thier verwandelt: Und zeiget ihm dieſes Kleid genug an , daß er mit dieſer aufgewachten Eitelkeit , indem Hiße und Kälte auf ihn fält, (mit der Seelen darinnen) nicht daheime ift; Dann die Eitelkeit ſamtdem falſchen Kleide muß wieder von der Seelen weg und vergehen . 20. Und als nun Adam vom Schlaff erwachte , fahe er fein $4


120 IX. Weg zu Chrifto. fein Weit , und kante ſie , daß fie aus ibin war . Dann er batte noch nicht mit dem Munde von der Eitelkeit geſſen , als ſein mit der Imagination,der Begierde und Luſt ; Und war das der Evå erſtes Begehren , daß ſie wolte von dem Baume der Eitelkeit , von Böſe und Gute efſen , deffen ſie der Teufel vollend in der Schlangen - Geſtalt beredete : Shre Augen würden ihr aufgethan werden , und ſie würde feyn als GOtt felber. Gen. 3 : 5. 21. Welches Lügen und Wahrheit waren : Er ſagte ihr aber nicht,daß fie das Góttliche Licht und Kraft würde dadurch verlieren ; Er ſagte nur , die Augen würden ihr offen wers den , daß ſie könte Böſe und Gut ſchmecken , probiren und wiffen , wie er gethan batte. Er fagte ihr auch nicht, daß Hige und Kälte in ihr würde aufwachſen, und daß des auſſern Geſtirnes Eigenſchaft würdemachtig im Fleiſche und Gemüs the herrſchen .

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22. Ihm war es nur um das zu thun , daß das Engliſche Bild , als das Weſen von der innern Geiſtlichen Welt , möch te in ihnen verbleichen , fo můſten ſie der groben Irdigkeit und dem Geſtirne leben ; So wuſte er wol, wann die äuſſere Welt würde vergeben , daß alsbann die Seele bey ihm in der Finſterniß ſeyn würde : Dann er fabe , daß der Leib würde ſterben , welches er auch aus GOttes Andeuten batte. Alſo vermeinte er noch in Ewigkeit ein Herr im Loco dieſer Welt zu ſeyn , in ſeiner falſchen angenommenen Geſtalt: Darum be trog er den Menſchen. 23. Dann als Udam und Eva ießt von der Frucht Böſe und Gut, in den Leib aſſen , fo empfing die Imagination des Leibes die Eitelkeit in der Frucht. Jet wachte die Eitelkeit im Fleis fche auf , und kriegte die finſter Welt, in der Eitelkeit der er : digkeit den Gewalt, und das Regiment. Zu hand verblich das ſchone Himmels- Bild , aus der Himmliſchen , Göttlichen Belt Beſen. Alhieffarb Adam und Eva am Himmelreich, und wachten auf der aufſern Welt : Da war die ſchöne Seele in der Liebe GOttes verblichen , als in der beiligen Kraft und Eigenſchaft, und wachtean deffen Stelle in ihr der grimme Zorn , als die finſtere Feuer -Welt auf, und ward aus der See len an einem Sheil , als in der innern Natur , ein balber Teufel aus ihr , und am suffern Sheil der auffern Welt ein Thier . Allhie iſt der Zweck des Todes , und die Pforte der Hól: len ,


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Cap.3. 4. Von der neuen Wiedergeburt. 121 ten, um welcher willen GOtt Menſch ward, daß Er den Tod zerbrache, und die Hölle wieder in die groſſe Liebe verwandel te , und die Eitelkeit des Teufels zerſtörete. 24. Laſts euch geſagt ſeyn, ihr Menſchen -Kinder : Es iſt euch in der Poſaunen -Stimmegeſagt worden , daß ihr aniego folt von der ſchåndlichen Eitelkeit ausgeben , dann daſſelbe Feuer brennet. + Das 3. Capitel. Sammarien . Ls nun Udam und Eva gefallen , ſo wachte der Krimin der Natur inieder Eigenſchaft auf; und die Seele ward im Leibe ein Thier. 5.1. Darüber der Himmel im Menſchen erzittert, 2. und die Erde um der Eitelkeit willen verfluchet ward. 3. Da ward des Wei bes Samen verheiſſen , der der Schlangen den Kopf zertreteu ſolte . 4 . Alſo verſáhnete GOtt ſeinen Zorn iin Ziel des Bundes , 5. und dieſes Bundes Ziel iſt von Menſch zu Menſch fortgepflanßet , 6. und in Mariå Samen rege worden , 7. wo GOttes Weſen und des Mens ſchen verblichenes Weſen Eine Perſon worden , 8. welches die durre Ruthe Aaronis bedeutet. 9. Alſo iſt Chriſtus Menſch worden . 10. Nicht hater das fúndliche Fleiſch angendinmen , 11. ſondern Er hat die Hölle inmenſchlicher Eigenſchaftin Himmel verwandelt. 12 . Ls nun Adam und Eva in dieſes Elend fielen , da machte der Grimm der Natur in ieder Eigenſchaft auf , und imprefTete in ſeiner Begierde die Eitelkeit der Yrdigkeit und des Grimmes SOttes in fich . Da ward bas Fleiſch grob und derb , als cines andern Thieres , und ward die edle Seele damit in der Effens gefangen : Und fabe ſich an , daß fie war an ihrem Leibe ein Ihier worden , und fahedie thieriſchen Glies der zur Forepflanßung, und den ſtinckenden Madenſack , dars ein die Begierde des Fleiſches den Eitel (Edfel) einſacte : Des Ichåmeten ſie ſich vor GDtt, und verkrochen fich unter (hinter) die Bäume im Garten Eden , aucb fiel Hiße und Kälte auf ſie. 2. Alhier erzitterte der Himmel im Menſchen , vor der Grauſamkeit: Gleichwie die Erde im Grimm erzitterte , als dieſer Zorn amCreus mit der füffekten liebeGOttes zerbrochen ward , da erzitterte der Zorn vor der groſſen Liebe GOttes. 3. Und um dieſer aufgewachten Eitelkeit willen im Men fchen , verfluchte GOtt die Erde, auf daß das heilige Element nicht mehr durch die äuſſere Frucht ausdrünge, und Paradeis Früch $ 5

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1: IX. Weg zu Chriſto.

Früchte gebåre : Denn es war keine Creatur , welchedieſelde båtte können nieſſen , auch war deſſen der irdiſche Menfch nicht mehr werth , GDtt wolte die edle Perlen nicht vor die Zbiere werfen . Als dann ein un -göttlicher Menſch anders in ſeinem Leibe nichts iſt, als ein grobes viebildjes Thier; ob er Irrol eis ner edlen Effenß iſt, ſo iſt ſie doch gang vergiftet, und ein Edel ( Eitel) vor Str. 4. Als nun GOtt rahe, daß ſein ſchönes Bild verdorben war , eröffnete Er fich vor ihnen , und erbarmete fich ihrer, und verhieß ſich ihnen zum ewigen Eigenthum , daß Er mit feiner groſſen Liebe in angenommener Menſchheit wolte der Schlangen Eigenſchaft, als der Eitelkeit im Grimm GOttes, den Gewatt init der Liebe zerbrechen. Das war das Kopf Zertreten , daß Er wolte den finſtern Tod zerbrechen , und den Zorn mit der groffen Liebe überwältigen : und ſtéllete dies fen Bund ſeiner zukünftigen Menſchwerdung ins Lebens -Licht ein , aufwelchen Bund die Füdiſchen Opfer gerichtet warent, als auf ein Ziel , da ſich GOtt mit ſeiner Liebe bin verheiffen Hatte: Dann der Juden Glaubeging ins Opfer, und GOts tes Imagination ging in Bund; und das Opfer war eineFigur der Wiederbringung deffen , was Adam batte verloren. 5. Alſo verſáhnete GOtt feinen Zorn , in menſchlicher Ei genſchaft, durchs Opfer, im Ziel des Bundes ; In welchem Bunde fich der allerheiligſte Name JHESUS , aus dem heiligen Namen und groſſen Kraft JEHOVA , hatte einverfeibet , daß Er fich wolte in der himmliſchen Welt Weſen , welches in Adam verblich , wieder bewegen und offenbaren , und das Deilige, Göttliche Leben darinnen wieder anzünden. 6. Dieſes Bundes Ziel ward von Adam und ſeinen Kitt dern , von Menſch zu Menſch fortgepflanbet, und drang von Einem auf alle : Gleichwie auch die Sünde und aufgewachte Eitelkeit von Einem aufalle drang, und ſtund in der Verbeifs fung des Bundes am Ende , in der Wurbel Davids , in Mas ria der Jungfrauen , welche war im innern Reiche der vers borgenen Menſchheit, als der verblichenen Wefenbeit an GOttes Reich , des Bundes GOttes Sochter, und am aufs fern , nach der natürlichen Menſchheit , von ihrem rechten teiblichen Vater Joachim , und ibrer rechten Mutter Anna, gezeuget, aus ihren Leibs- und Seelen Effentien und Wefen, allen


Cap.3 .

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4.Von der neuen Wiedergeburt. 123 allen andern Adams-Kindern gleich , eine wahrhaftige Toch ter Evå . 7. In dieſer Maria der Jungfrauen , im verheiſſenen Ziel des Bundes , davon alle Propheten weiſſagten , hat ſich in der Erfüllung der Zeit das ewigfprechende Wort, das alle Ding hat erſchaffen , nach ſeiner hochſten und tiefſten Liebe und Des muth , in dein Namen YESU bemegt , und hat lebendige, Göttliche, bimmliſche Weſenheit in die in Abam verblichene Menſchheit des himmliſchen Theils , deſſen er im Paradeis erſtarb , eingeführet, in den Samen Maria : verſtebet in der Liebe Sinctur, als in die Eigenſchaft, darinn ſich Adam fola fe aufmagiſche , himmliſche Art fortpflanzen , als in den wah: ren Weibes Samen der himmliſchen Weſenheit, tpelcher im Paradeis verblich ; als das Góttliche Licht in derſelben bimm liſchen Effeng verloſch , hat GOttes Wort , als die Göttliche Kraft des Göttlichen Verſtandes , himmliſche, lebendige We : fenbeit eingeführet, und die verblichene Weſenbeit im Sainen Maria aufgeweckt und zum Leben erboren . 8. Und ift GOttes Weſen , darinn GOtt 'wohnet undwir det , und des Menſchen verblichenes Weſen iese Eine Perfon worden : dann die heilige Göttliche Wefenbeit falbete die Verblichene; darum heift die Perſon CHRISTUS , ein Gefalb ter GOttcs. 9. Und das iſt die dürre Ruthe Aaronis , die da grünete und Mandeln trug , (und der rechte Hobe Prieſter; ) und iſt eben die Menſchheit , davon Chriſtus ſagte : Joh. 3: 13. Er ware vom Himmel kommen , und wäre im Himmel; und kein Menfch konte alſo in Himmel kommen , als des Menſchen Sohn , der vom Himmel kommen ſey , und der im Himmel fer . Indeme Er ſpricht : Er fen vom Himinel kommen ; DA verſtehet Er himmliſch Weſen , himmliſcheLeiblichkeit: dann die Kraft GOttes darf keines Kommens, ſie iſt überal gang ungemeſſen , und unzertrennct ; aber das Weſen bedarf Kom mens, die Kraft darf fich nur bewegen und iin Weſen of: fenbaren . 10. Das Weſen aber iſt in das menſchliche Wefen eingegan gen , und hat das menſchliche angenommen , und nicht allein Das Theil von himmliſcher Wefenbeit, welches in Adam ver: blich , ſondern die gange menſchliche Effens, in Seele und Fleiſob, nach allen dreyen Welten . II. Aber


124 IX . Weg zu Chriſto. JI. Aber die aufgewachte und impreſſete Eitelkeit, welche der Teufel init ſeiner Imagination ins Fleiſch einführete, da von das Fleiſch Sünden wirckete, hat Er nicht angenommen ; wol bat Er die aufgewachten Lebens . Geſtalte, indeme ſie was ren aus dergleichen Concordanß ausgegangen, eine iebe in ſeia ne eigene Begierde, angenommen . 12. Dann alhie lag unſere Strandheit und der Tod, welchen Er ſolte mit dem himmliſchen , heiligen Blute erſauffen. 41 hier nahm Er alle unſere Sünde und Kranckheit, auch den Sod und Hölle , im Grimm GOttes auf ſich , und zerbrach dem Teufel fein Reich , in menſchlicher Eigenſchaft: Der Grimm GOttes war die Hölle, in welche der Seift Chriffi, als Erießt batte das Himmliſche Blut in unſer aufſeres Menſchliches vers goſſen , und mit der Liebe tingiret, einfuhr, und dieſelbe Hölle in menſchlicher Eigenſchaft in Himmel verwandelte, und die menfchlichen Eigenſchaften wieder in die gleiche Concordant, in die Göttliche Harinonie einführete und ordnete. Das 4. Capitel. Summarien . Hriſtus hat die verſchloſſene Porte im Menſchen wieder er & ffuet, 9.1. über es muß Ernſt ſeyn , 2. dann das Wiſſen allein ift kein Glaube. ibid . Der Wille muß des Fleiſches Eitelkeit vers laſſen ,undblosGOttes Liebe begehren .3. In ſolchem Hungerimpreſ ſeter ihmChriſti Geiſt und Leib, 4. und Faſſet diehimm !. Leiblichkeit, s. und derſelbe Leib ift des H. Geiſtes Tempel. 6. So nun die Seele da: voniſſet, entzündet ſie ſich von der groſſen Liebe ; davon ihr Angit- Seu: er ein groſſer Triumph wird. 7. Aber das Perlein der Straft kriegt ſie nicht in ihr Eigenthum , 8. obwol Sophiaoft ihre Liebe Strahlen in die Seele eingiebet. 9. Wie die neue Wiedergeburt geſchiehet ? 10. der auſſereMenſch hat keinen Götti.Willen . II. Der erleuchteteFeus er :Odem aber hungertnach Chriſti ſüſlem Brúnnlein, 12. und kann wegen der äuſſern Eitelteit nicht zur Volfоmmenheit kommen, 13-15. daher der Streit in der Seelen. 16. Der åuſſere Menſch verdunckelt den inneren, 17. und gehet gerne in Scheinheiligkeit, 18. welche dic Seele verführet und abhält. 19. 20. Lhier verſtehen wir nun unſere Neue Wiedergeburt N recht, wie wir können Tempel GOttes feyn und bleis ben ; doch (dieſe Zeit) nach der äuſſern Menſchheit,auch ſündliche, ſterbliche Menſchen. Chriſtus hat die Pforte unſe rer innerlichen , himmliſihen Menſchheit, welche in Atam zu geſchloſſen ward, in menſchlicher Eſſeng zerſprengt und aufge macht :


Cap.4 . 4.Von der neuen Wiedergeburt . 125 macht: Und liegt ießt blos an deme, daß die Seele ihren Wila len aus der Eitelkeltdes (verderbten ) Fleiſches ausführe, und in dieſe offene Pforte in Geift Chrifti einführe. 2. Es muß ein groſſer machtiger Ernſt Reyn ; nicht nur ein Lernen und Wiſſen, ſondern ein Hunger und groſſer Durſt nach Chriſti Geift: Dann das Siffen allein iſt kein Glaube, ſondern der Hunger und Durſt nach deme das ich begehre, daß ichs mir einbilde, undmit der Einbildung eigenthůmlid , faſſe und nehme, dasiſt Glauben . 3. Der Willemuß aus der Eitelkeit des Fleiſches ausges' hen, ſich freywillig ins Leiden und Tod Chriſti und in allen Spott der Eitelkeit (welche ihn darum ſpottet, daß er aus ſeis nein eigenen Haus, darinn er geboren iſt, ausgehet,) ergeben, und nicht mehr der Eitelkeit wollen, fondern nur blos ber liebe GOttes in Chrifto Iefu begehren . 4.Und inſolchemHunger und Begehren impreffet er ihm den Geiſt Chriſti, mit ſeiner bimmliſchen Leiblichkeit: Das iſt, ſein groffer Hunger und Begierde faffet den Leib Chriſti, als die himmliſche Weſenheit, in ſein verblichen Bilde ein, in welchem das Wort der Rrafi GOttes das wirckende Leben ins nen iſt. 5. Der Seelen Hunger führet feine Begierde durch die zer fichellete Eigenſchaft ihrer in Adam verblicbenen Menſchbeit des himmliſchen Theils : welche das ſüſſe Liebe: Feuer im Tode Chriſti, als der Tod der rechten biminlifchen Menſchheit fer brochen ward , zerſchellete. Der Seelen Hunger faſſete durch dieBegierde das Heilige, himmliſche Weſen ,als die himmliſche Reiblichkeit, ( Chriſti himmliſche Leiblichkeit, welche den Vater an allen Enden erfüllet, und allein nahe iſt, und durch alles iſt) in ihre verblichene Leiblichkeit eint ; und dadurch ſtebet der vers Blicbene himmliſche leib in der Kraft SDttes, in dem füffen Namen JESU auf. 6. Und derſelbe aufgewachte himmliſche, geiſtliche Leib iſt ' Chriſti Gliedmaß, und der Tempel des H. Geiffes, eine wahre Wohnung der H. Dreyfaltigkeit, wie Chriſtus verbieß, da Er fagte : Wir wollen zu euch kommen , und Wohnung in euch machen. 2. Cor. 6:16 . Dieſelbe Effent deffelben Lebens iſ ſet Chriffi Fleiſch, und trincket fein Blut: dann Chriſti Geit, als das Wort, das ſich mit der Menſchheit Chrifti, aus und in unſerer verblichenen Menſchheit, durch den äuſſern Mens Tchen


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IX. Weg zu Chriſto.

fden dieſer Welt Weſen, fichtbar machete, der iffet ſein heilis ges Weſen in ſein feuriges Wefen ; Ein ieder Geiſt iffet von feinem Leibe. 7. Und ſo nun die Seele von dieſer fürfen, heiligen ,' himmli fchen Speiſe iffet, ſo entzündet ſie ſich in der groffen Liebe im Namen JESU : Davon wird ihr Angſt- Feuer ein groffer Triumph, und gehet ihr die wahre Sonne auf, in welcher ſie eines andern Willens geboren wird . Und alhie iſt die Hoch zeit des Lammes: welches wir berglich wünſchen , daßes doch die Situl- und Maut-Chriſtenheit einmal erfahren möchte, und von der Hiſtoria ins Wefen eingeben . 8. Die Seele aber kriegt nicht das Perlein der H. Kraft die Beit dieſes Lebens, weil ſie noch des suffern thieriſchen Fleis Fches Eigenſchaft am auffern Menſchen hat, zum Eigenthum . Die Kraft Chriſti, welche in der Hochzeit des lammes fich vermablet, erſenckt ſich in das Himmels- Bilde ein , als in das Weſen des bimmliſchen Menſchen , der Chriſti Tempel ift und nicht in den Feuer:Ddem der Seelen , welche noch dieſe gange Zeit, am äuſſern Reidhe, am Bande der Eitelkeit, mit dem Luft-Odem feit angebunden ſtehet, und in groſſer Ges fahr iſt. 9. Sie gibt wol ihre Liebe Strahlen gar oft in die Seele cin , davon die Seele ihr Licht empfabet; aber dem Feuers Dbem ergibt ſich der Geift Chriſti diele Zeit nicht, fondern nur dem Ddem des Lichtes, welcher in Adam verlofche: Darinn iſt der Teinpel Chriſti, dann es iſt der wahre, heilige Himmel. 10. Alfo verſtebet uns recht, was und wie die neue Wieder, geburt geſchehe und fev : Der äuſſere, irdiſche , ſterbliche Menſch wird in dieſer Zeit nicht neugeboren ,weder das äuſſere Fleiſch, noch das auſTere Sheil der Seelen , fie bleiben beyde in der Eitelkeit ihres in Adam aufgewachten Willens, fie lieben ihreMutter, in dero Leibe ſie leben, als das Regiment dieſer äuſſern Welt, und darinn iſt die Sünden -Geburtoffenbar . II. Der auſfere Menſch in Seele und Fleiſch, verſtebet das auſTere Sheil der Seelen , hat keinen Gottlichen Willent, ver ſtehet auch nichts von GDtt, wie die Schrift faget: Der nas türliche Menſch vernimt nichts vom Geiſte GOttes, x . I. Cor. 2:14. 12. Aber der Feuer - Idem der innern Welt, ſo der einmal erlcuchtet wird , verſtebet es , der bat fein groſſes Herbßen, Jam :


Cap.4. 4. Von der neuen Wiedergeburt. 127 Sammern, Hungern und Dürften nach dem füffen Brünnlein Thrifti : Der erlabet fich durch Hungern und Begehren, wels ches der wahre Glaube iſt, in dem fuiffen Brünnlein Chriſti, von feinem neuen Leibe der himmliſchen Weſenheit, als eine bungerige Rebe am Weinſtock Chriſto. 13. Und das iſt die Urſache, daß die Feurige Seele dieſe Zeit nicht mag zur Vollkommenheit kommen, daß fie am äuſſern Bande der Eitelkeit angebunden fiehet, durch welches der Teus fel ſtets ſeine giftige Strahlen auf fie fcheuft, und fie fichtet, daß ſie ihme manchmal anbeiſt, und ſich vergiftet, davon groß Sammer und Angſt entſtehet, daß fich die Edle Sophia iin Brünnlein Chrifti in der himinlifchen Menſchheit verbirgt, und derEitelkeit nicht naben mag. 14. Dann Sie weiß, wie es ihr in Adam ging ; da fie ihr Perlein verlor, welches der innern Menſchheit aus Gnaden wieder geſchenckt wird, (darum ſie Sophia beiſt, als die Braut Chriſti). 15. Alhie ruft ſie der Feurigen Seelen, als ihrem Bräuti: gam getreulich, und ermahnet ihn zur Buſſe, und Abladung oder Ausgebung von dem Greuel der Eitelkeit : Da gehet dann der Streitin dem ganßen Menſchen an, da lüſtert der äuſſere, fleiſchliche Menſch wieder den innern, geiſtlichen ; und der geiſtliche wieder den fleiſchlichen, und ſiehet der Menſch im Streite, voller Trůbfal, Kummer, Angſt und Noth . 16. Der innere ſpricht zur Feuer Seelen : mein Buble, Febre doch um, und gehe von der Eitelkeit aus, oder du verlies reſt meine Liebe, und dasedle Perlein. So ſpricht die auſſere Bernunft, als die thierifche (irdiſde) Seele : Du biſt når

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riſch, daß du wilfederWelt Narr und Spottſeyn, du bedarfſt der äuſſern Welt zu deinem Leben ; Schönheit, Macht und Herrlichkeit iſt dein Beftes, darinnen kanſt du Freude baben ; Was wilt du dich in Angſt,Noth und Spott einführen ? Trach te nach Wolluft, das bem Fleiſche und Gemüthe wol thut. 17. Mit folchem Unflat wird dann ein rechter Menfch ofte beſudelt; Der åuſfere Menſch beſudelt ſich ſelber, gleichwie eine Sau im Kothe, und verbunckelt fein edles Bild . Dann je eiteler der auffere Menſch wird , je dunckeler wird der innere Menſch , alſolange , bis er gar verbleicht: So iſts alsdann geſchehen um das ſchöne Paradeis -Bäumlein undwird ſchwer zugehen, wieder zu erlangen. 18. Dann


128 IX. Weg zu Chriſto . 18. Dann wann das äuſſere Licht, als die äuſſere Seele, einmal crleuchtet wird, daß ihr das äuſſere licht der Vernunft durch das innere Licht angezündet wird , fo gibt die suffere Seele gerne einen Schein-Gleißner aus ſich, und achtet ſich für Göttlich, ob gleich das Perlein weg iſt. 19. Dabey bleibts bey vielen, und verdirbet alſo ofte der Perlen -Baum in Chriſti Gårtlein, davon die Schrift einen harten Knoten macht, daß diejenigen, ſo einmal haben die Süßigkeit der zukünftigen Welt geſchmecket, fo fie wieder das von abfallen , das Reich GOttes ſchwerlich bauen werden . Ebr. 6: 4-6 . 20. Und wiewol es ja iſt, daß die Gnaden - Pforte noch of fen ſtebet, fo hält ſie aber das Schein -Licht der äuſſern Ver nunft- Seele davon ab, daß ſie meinen, ſie haben das Perleir, und leben doch nur der Eitelkeit dieſer Welt, und tangen dem Teufel nach ſeiner Pfeiffe. Das 5. Capitel. Summarien . ben.2. So giebts zweyerley Chriſten. 3. über der böſe Wille muß ausgeſtoſſen werden.4 . Der Maul- Chriſt iſt nurBabel und ein Schwåter. 5. Darum ſoll ein Chriſt ſeinen Treiber kennen und ſeinen Hunger. 6. Iit kein Thun in Ihm , ſo iſter nur ein Heuch ler, 7. undhilft ihm ſein äuſſerlich Eröften und Wiſſen nicht. 8. 9. Dann Chriſtus gehöret nur dem Bußfertigen, 10. aber nicht dem Thiere. Il.Er wil nur neugeborne Stinder haben, 12. welche nicht von dieſer Welt. 13. Dann iſt unſer Wandel im Himmel, ibid. und Chriſtus iſt unſer Himmel in uns. 14. Lhier ſoll nun ein Chriff bedenckert, warum er fich einen Chriſten nennet, und ipol betrachten, ob er auch einer ſey : Dann daß ich lerne wiſſen und verſteben, daß ich ein Sünder bin , und das Chriſtus meine Sünde bat am Creu: Be getödtet, und ſein Blut für mich vergoſſen, das macht noch lange keinen Chriſten aus mir ; das Erbe gebühret allein den Kindern. Eine Magd im Hauſe weiß wot, was die Frau ger: ne hat, das macht ſie darum nicht zum Erben in der Frauen Güter : Der Teufel weiß auch, daß ein Gott iſt, das macht ihn darum nicht wieder zum Engel ; So ſich aber die Magd im Hauſe mit der Frauen Sohne verebliget, ſo mag ſie wol zur Erbſchaft der Frauen Güter kommen. 2. A110


Cap.s. 4. Von der neuen Wiedergeburt,129

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2. Alſo auch in unſerm.Chriſtenthum zu verſtehen iſt: Der Hiſtorien Kinder ſind nicht Erbender Güter Chriſti; ſondern die ebelicheKinder, welche aus Chrifti Geiff neugeboren wets den . Dann GOtt ſagtezu Abrahan : Stoß der Mago Sohn aus, er folle nicht erben mit der Frepen ; Gal. 4:30 . dann er war ein Spotter, und nur ein Hiſtorien -Sohn des Glaubens und Geiſtes Abrahams; und ſo lange er ein ſolcher war,ſo war er nicht in der rechten Erbroaft des Glaubens Abrahams ; Go hieß ihn GOtt ausſtoffen von ſeinen Gütern. 3. Welches ein Fürbildeder zukünftigen Chriſtenheitwar : Dann dem Abraham geſchabe die Verheiſſung der Chriſtens beit ; darum , fo ward auch alſobalde das Fürbilde in den zweyen Brüdern, als in Iſaac und Iſmael, dargeſtellet, wie fich die Chriſtenheit halten würde, und daß zweperley Mens fchen würden darinnen ſeyn , als wahre Chriſten , und Maul Chriſten, die nur würden unter dem Titul der Chriſtenheit Spotterſeyn, wieIſmael, und Eſau, welcher auch das Bilde des åuffern Udais war,und Jacob das Bilde Chriſti, und feiner wahren Chriſtenheit. 4. Alſo ſoll ein ieder, der ſich will einen Chriſten nennen, der Magd Sohn, das iſt, den irdiſchen , bdſen Willen, von ihme hinaus ſtoffen, immer tddten und zerbrechen, und nicht in die Erbſchaft einſeßen, nicht dem Thier-Menſchen das Perlein Spiel geben, daß er ſich in dem äuſſern lichte in derFleis zuin fches -Euſt ſtets erluſtige ; ſondern mit unſerm Bater Ubras bam den Sohn unſers rechten Willens an Berg Moria fub ren, und im Gehorſam wollen GDtt aufopfern, immer gerne wollen in Chriſti Tode der Sünden abſterben, dem Thier der Eitelkeit keine Rubein Chriſti Reiche einräumen, nicht laſſen geil, boffartig , geißig, neidig und bosbaftig werden : Diele Eigenſchaften ſind alledes Iſmaelis, der Magd Sohn, wel. chen Adam in ſeiner Eitelkeit, von der buhleriſchen Huren der falſchen Magd, vons Teufels Imagination , aus der irdiſchen Eigenſchaft im Fleiſch gebare. 5. Dieſer Spotter und Titul- Chriſt iſt ein Huren Sohn, der muß binausgeſtoſſen werden , dann erfoll das Erbe Chriſti im Reiche GOttes nicht erben , Gal. 4:30. Er iſt kein nůbe, und iſt nur Babel, eine Verwirrung der einigen Sprache in viel Sprachen : Eriſt nur ein Sowager und Båncfer um die Erbſchaft, und will lie erfomaßen und erzanden mit ſeiner Punos


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IX . Weg zu Chriſto.

Mund - Heucheter und Schein -Heiligkeit; Und ift doch nur ein Blut-dürftiger Mörder des Babels feines Bruders, wels der ein wahrer Erbe iſt. 6. Darum ſagen wirs, als wirs erkant haben, daß fich ein Menſch, der ſich will einen Chriſten nennen , foll prüfen, was für Eigenſchaften ihn treiben und regieren ; ob ihn der Geift Chriſti zur Wahrheit und Gerechtigkeit, und zur Liebe des Nächſten treibe, daß er gerne molte Gutes thun, wüfte er nur wie er fonte : Und ſo er befindet, daß er einen Hunger nach folder Jugend bat, fo mag er gewiß dencken, daß er gezogen wird, fo foll er e $ ins Berd ridten, nicht nur wollen , und nicht thun : Im Wollen ſtehet der Zug des Vaters zu Chriſto, aber im Ihun ſteberdas rechte Leben . 7. Dann der rechte Geiſt thue recht: Iſt aber der Wille zum Thun, und das Ibun aber nicht folget, ſo iſt der rechte Menſch in der eiteln Luſt, welche das Ihun bålt, gefangen, und iſt nurein Heucler, ein Iſmaeliter ; Anders redet er,und ants ders thut er , und bezeuget, daß ſein Mund ein Lügner iſt; Dann das er lehret, das thut er ſelber nicht, und dienet nur dem thieriſchen Menſchen in der Eitelkeit. 8. Dann daß einer ſagt : Ich babe Willen, und wolte gers te Gutes thun , und habe aber irdiſch Fleiſch, das hårt mich , daß ich nicht kann ; ich werde aber aus Gnaden, um des Ver dienſts Chriſti Billen ſelig werden ; Dann ich trofte mich ja feines Leibens und Berdienſtes, Er wird mich aus Gnaden , ohn allmein Berdienſt annehmen , und mirdie Sünde verges ben: Der thut gleich einem , dereine gute Speiſe zu feiner Ges fundbeit wüſte , und áffe derſelben nicht, alle aber an deren ftatt eine giftige, davon er franc würde und ſtürbe. 9. Was hilft das die Seele, daß fie den Weg zu GOtt weiß, und den nicht geben will, gebet aber den Irrweg, und erreiche GOtt nicht ? Was hilft das die Seele, daß fie fick der Kinds fibaft Chrifti, feines Reidens und Codes tröſtet, und ihr ſelber beuchelt, mag aber nicht in die Kindliche Geburt eingeben ,daß ſie ein wahres Kind, aus Chriſti Geiſte, aus ſeinem Leiden, Dob und Auferſtehung geborenwerde ; Gewiß und wahrhaf tig, das Kißeln und Heucheln mit Chriſti Berdienjt, auſſer der wabren ingebornen Kindſchaft, iſt falſch und erlogen, es lehre es wer da wolle.

10. Dis Tröſten gehöret dem bußfertigen Sünder, der im Streit


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Cap. 5 : 4. Von der neuen Wiedergeburt. 131 Streit wieder die Sünde und GOttes Zorn iſt, wann die Arts fechtungen kommen , daß der Teufel der Seelen zufeßt; Da fich die Seele fol in das Leiden und Job Chriſti, in fein Bers dienſt gang einwideln . II. Chriſtus þats wol allein verdienet, aber nicht als ein Verdienſt hat Ers verdienet , dem ein Lohn aus Berdienſt ges geben wird , daß Er uns die Kindſchaft aus ſeinem Verdienſt von auſſen ſchenckte, und uns alſo in die Kindſchaft einnahme : Nein, Er iſt ſelber das Berdienſt, Er iſt die offene Porte durch den Sod, durch den müſſen wir eingehen . Er nimt aber nicht Zbiere in fein Verdienſt ein , ſondern diejenigen , welche uma tehren, und werden als die Kinder. 12. Dieſelben Kinder die zu Ihm kommen , find fein Lobn , Er bat uns verdienet. Dann Er ſprach auch alſo : Bater, die Menſchen waren dein , und du haft fie mir gegeben, und ich gebe ihnen das ewige Leben. Joh. 17: 6. Nun aber wird keis nem das Leben Chriſti gegeben , er komme dann im Geiſte Chriſti zu Ihm, in ſeine Menſchheit, Leiden tind Berdienſt ein , und werde in ſeinem Perdienſt ein wahres Kind des Verdiens ſtes geboren : Aus ſeinem Verdienſt müſſen wir geboren wer den , und das Verdienſt Chriſti in ſeinem Leiden und Cod an ziehen ; nicht von auſſen , mit Mund -Heucheley allein, nicht nur mit Tröſten , und ein fremdes Kind fremder Eſſeng blei ben ; Nein, Sie fremde Eſſeng erbet nicht die Kindſchaft, font dern die ingeborne Eſſeng erbet ſie. 13. Diefelbe ingeborne Eſſeng iſt nicht von dieſer Welt, Ton dern im Himmel, davon St. Paulus fagt: Unſer Wandel iſt im Himmel ; Phil. 3 : 20. die Kindliche Effeng wandelt im Himmel, und der Himmeliſt im Menſchen : So aber der Hima mel im Menſchen nicht offen iſt, und ernur vorm Himmel ftes bet heucheln , und ſpricht: Ich bin wolauſfen, aber Chriſtus willmich aus Gnaden einnehmen, fein Verdienſt iſt ja meina Ein ſolcher iſt nach dem äuſſern Menſchen in der Eitelkeit und Sünden , und mit der Seele in der Hóle, als in GOttes Zorn. 14. Darum lernets recht verſtehen, was uns Chriſtus bat gelehret und gethan. Er iſt unſer Himmel, Er muß in uns eine Geſtalt gewinnen, ſollen wir im Himmel feyn : So ift alsdam der innere Seelen -Menſch mitdem 5. Leibe Chriſtia als in der Neuen Seburt, im Himmel, und der äuſſere, ſterb liche


132 " IX . Weg zu Chriſto . liebe iſt in der Welt. Davon fagt Chriſtus : MeineSchaf lein ſind in meiner Hand , niemand kann fie mir beraus reiffen ; der Vater der ſie mir gegeben hat, iſt gröſſer dann alles. Joh. 10 : 27-29 .

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Das 6. Capitel. Summarien, Beun bindet uns anieto an die Hiftorien, ſteinerne Stirche, ubio lution undAbendmahl, 5. 1-3. welchesim rechten (Sebrauch gutwåre. 4. Nun beſtehet zwar der Bund im Gebrauch , s . aber wasbilfts dem Thier ? 6. ſo auch von der Abſolution . 7. GOtt allein kann Sünde vergeben. 8. Wie der Mund : ſo iſt die Speiſe ; 9. daher igenieſſetder Gottlofe GOttes gorn . 10. Wie die Vergebung der Sünden geſchicht ? 11. Alſo auch im Prebist : Umt , lebret ein gottloſer Lehrer durch den böſen Geilt: 12. und ein Heiliger, lehret durch den 4. Geiſt. 13. Babel hat den Steinhauffen , ibid . und der Heilige hat ſeinen Tempel inſich. 14. Autor verachtet nid)t den Steinbauffen, 15. ſondernbezeuget nur, wie ohne Chriſto alles falſch ſen.16. Der Heilige thut beilige Wercke, der Saliche, Fabelen 1 , 7. indem ohne Ebriſto , ales deufſerliche nichts iſt als Babel und Fas bel. 18. geben Brüder, wir wollentreulich mit eucy reden, nicht aus heuchliſchem Munde, dem Äntichriſt zu gefallen, fondern aus unſerm Perlein, aus Chriſtlicher Effent und Wiſſenſchaft, nicht aus der Hülfe und Hiſtorien ; ſondern aus Kindlichem Geiſte, aus Chriſti Wiſſenſchaft, als ein Riebe am Weinſtock Chriſto, aus dem Maße deren in uns eröffneten Wiſſenſchaft in GOttes Rath . 2. Man bindet uns anießoan die Hiſtorien, an die ſteinerne Kirchen , welche zwar in ibrem Wertbe gut wåren,ſo man auch den Tempel Chriſti darein brachte. 3. Man lehret , ihre Abſolution fey eine Vergebung der Sünden ; Stem , das Abendmahl nehme die Sünden weg ; Stem , der Geiſt GOttes werde vom Predig-Umt eingegoſſen. 4. Dieſes alles båtte ſeinen Weg (Wertb ), fo es recht er klåret würde, und man nicht nur an der Hülſen hinge. Mans cher gebet 20 oder 30 Jahr in die Kirche, båret predigen, und braucht Sacrament, laft fich abſolviren, und iſt einmal ein Shier des Seufels ( und der Eitelkeit) wie das ander: Ein hier gebet in die Kirchen und zum Abendmabl,und ein Shier sebet wieder davon. Wie will der effen der feinen Mund hat ? Die will der hören der kein Gehör Hat? Mag auch einer eine Speiſe genieſs


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burt Cap.6. 4. Von der neuen Wiederge . 133 en n ſſ fe e lo ef em ch nd geni , die ſein Mu verſ iſt ? Wie will der . trincken, der fernevom Waſſer iſt ? Was hilft michs, daß ich in die Mauer -Kirche gebe, und fülle meine Dhren mit einem leeren Odem ? oder gebezum Abendinahl, und ſpeiſe nur den irdiſchen Mund, welcher ſterblich und verweslich iſt ? inag ich ihme doch wol daheim ein Stücke Brot geben , daß er ſatt wers de. Was hilft das die Seele, welche ein unſterblich Leben iſt, daß der thierifche Menſch die Weiſe des Gebrauchs Chriſti balt, fo fie nicht inag das Kleinod des Sebrauchs erreichen ? Dann St. Paulus ſagt vom Abendmahl : Darum daß ihr nicht unterſcheidet den Leib des HErrn , empfahet ihrs zum Gerichte. 1. Cor . II: 29. 5. Der Bund Borte feina predigten Worte , und in den Sacramenten ſeinen Leib und in der Brüderlifu n Berföhnung feine Abſolution. Blutund , 6. Was hilfts aber, daß init Thier alba zubsret, und kein Sehör zum innern lebendigen Worte bat ? bat auch kein Ge fåß, darein es kann das Wort legen,daß es Frucht bringe ? Von denen ſaget Chriftus: Der Teufel reiſt das Wort von ihren Herßen , daß fie nicht glauben und ſelig werben. Luc. 8 : 12. Warum ? darum , daß das Wort keine Stätte im Gebde findet, da es möchte baften. 7. Alſo auch von derAbfolution ; was hilfts, daß einer zu mir ſagt: Ich verkündige dir die Abſolution deiner Sünden, fo doc die Seele gang in Sünden verſchloſſen liegt? Der ſolches zum verſchloſſenen Sünder ſagt, der irret, und der es annimt ohne GDttes Stimme in ihme,der betreugt rich auch ſelber . 8. Niemand kann Sünde vergeben , als allein GOtt : Des Predigers Mund hat nicht die Vergebung in eigener Gewalt ; der Geift Chriſti bat fie in der Stimme des Prie Was balfs ſters Mund, ſo er aber auch ein Chrift iſt. aber diejenigen, die Chriſtum auf Erden böreten lehren , da Er fprach : Kommt alle zu mir, die ihr mübfelig und bela den feyd, Ich will euch erquicken ? Was halfs dieſelben, die es håreten , und nicht mühſelig waren ? Wo bliebe die Ers quickung ? da fie toote Dörenbatten , und nur den äuſſeru Chriſtum håreten , nicht aber das Wort der Göttlichen Kraft, wurden ſie doch nicht erguidet : Alſoviel hilft auch einen thies riden I 3


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IX . Weg zu Chriſto. riſchen Menſchen ſeine heuchlifche Abſolution ; Ulfo Velfen ibn Auch die Sacramenta . 9. In Sacramenten iſts nun offen, wie auch im Lehr- Umt. Der Bund wird gerüget ; die Nieſſung der Seelen geſchicht, aber in der Eigenſchaft, wie der Seelen Mund iſt : Als das auſfere Thier empfäbet Brot und Wein, das könte es auch da heim efſen ; Und die feuriſche Seele empfäbet nun das Seſtas ment nach ihrer Eigenſchaft, als im Zorne GOttes ; Sie em pfäbet der ewigen Welt Weren , aber nach der finſtern Welt Eigenſchaft. Wie der Mund iſt, alſo ift auch die Speiſe ro in Mundgebört. Er empfabet es ihme zum Gerichte, auf Art, wie die Gottloſen werden Chriſtum am jüngſten Gerichte, als einen ernſten, ſtrengen Richter ſehen ; und dieHeiligen , als ei nen lieben Immanuel , 10. Gegen den Gottloſen ſteber GOttes Zorn in ſeinen Ses ſtamenten offen , und gegen den Heiligen ſtebet die himmliſche Leiblichkeit, und darinn die Kraft Chriſti, im heiligen Namen JEſu, offen. Was hilftaber den Gottloſen das Heilige, ſo er das nicht kann genieffen ? was font alhie feine Sünde wegneh men ? Die Sünde wird nur gerüget und offenbar. II . Es iſt doch in den Heiligen mit den Sacramenten Fein Sünde - Wegnebmen , oder dadurch Vergeben, fondern alſo ifts : Wann Chriſtus aufſtebet, fo ftirbet Adam in der Schlans gen -Eſſeng ; wann die Sonne aufgehet, ſo wird die Nacht im Tage verſchlungen , und iſt keine Nacht mehr : Alſo iſt die Bergebungder Sünden ; Der Geiſt Chriſti iffet von ſeinem H. Weſen, der innere Menſch iſt die Faffung des H. Wefens : Er nimt an, was der Geiſt Chriſti in ihn einführet, als den Tempel GOttes, Chriſti Fleiſch undBlut. Was gehet das ein Shier an ? oder was gebets die Seufel, oder die Seele in GOttes Zorne an ? Sie eſſen von ihrem Himmliſchen Leibe, in welchem Himmelfie wohnen, als im Abgrunde. 12. Alſo auch im Predig- Amt: Der Gottlofe båret was die åuſſere Seele der auffern Welt predigt, das nimter an als eine Hiſtoriam : Ift aber etwa Stoppeln oder Stroh in der Pre digt, fo ſaugt er daraus die Eitelkeit, und die Seele ſaugt dars aus die falſche Gift, und Morde des Seufels ; Damit fibelt fie ſich, daß fie hdret, wie ſie kann Menſden richten. Iſt aber der Prediger auch ein Todter, und fået aus ſeinen Affecten Gift und Somache folehret der Teufel, und höret der Teufel: Daca


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Cap.6. Von der neuen Wiedergeburt. 135 Daſſelbe Lehren wird in dem gottloſen Herßen gefangen, und bringt gottloſe Früchte, daraus die Welt eine Mordgrube des Seufelsworden iſt, daß bepdes im Lehrer und Zubører nichts als eitel Spotten, Eaſtern, Båbnen, WortsZanden , und um die Hülſe Beiſſen innen iſt. 13. Aber in dem beiligen Lehrer lehret der H. Geiſt, und in dem heiligen Hörer bört der Geiſt Chrifti, durch die Seele und Osttlich Gebäule des Göttlichen Scalles. Der Heilige bat ſeine Kirchein fidy, da er inne båret und lebret : Uber Bas bel bat den Steinbauffen , da gebet fie binein beucheln und gleiffent; låft fich mit ſchönen Kleidern leben, ſtellt fid ans dächtig und fromm ; dieſteinerne Kirche iſt ihr GOtt, darein Ke das Vertrauen feßt. 14. Der Heilige aber bat feine Kirche an allen Orten bey fich) und in fich: Dann er ſtebet und gebet, er liegt und fißt iit ſeiner Kirchen, er iſt in der wahren Chriſtlichen Kirchen , im Sempel Chriſti ; Der 5. Geiſt predigtibine aus allen Creatu . ren ; alles was er anſiehet, da ſiebet er einen Prediger GOtted. 15. Hie wird der Spotter fagen, ich verachte die ſteinerne Kirche, da die Gemeine zuſammen kommt. Da ſage ich Nein ju : ſondern ich weiſe an die heucheliſche Babyloniſche Hure, die mit der ſteinern Kircbe nur Hurerey treibet,und nennet fich einen Chriſten, iſt aber ein Huren - Balg. 16. Ein rechter Chrift bringt feine beilige Kirche mit in die Gemeine: fein Hers iſt die wahre Kircbe,da man ſoll Bottes dienft pflegen ; wann ich tauſend Jabr in die Kirchen gebe. auch ade Wochen zum Sacrament,laffe mich auch gleich alle Tage abſolviren ; Habe ic Chriftum nicht in mir, ſo ifts alles falſch , und ein unnüber Tand, ein Sonik - Werck in Babel, und ift keine Bergebung der Sünden. 17. Der Heilige thut beilige Wercke, aus der heiligen Kraft iſt nicht die Verſöhnung ; ſeines Gemütbes. Das Wer aber es iſt das Gebäu, das der wahre Geiſt in feinem Wefen bauet : es iſt ſein Wohnbaus, gleicwie des falſben Chriſten feine Fabelenſein Wohnbaus iſt,dadann ſeine Seele heuchlend bingebet. Das äuſſere Gebór gebet in das áųſſere, und wirs det in das äuſſere ; und das innere Gebór gebet in das innere, und wirdfet in dem innern. 18. Heuchle, heule, ſchrepe,ſinge, prebige,lebrewie du wilſt, iſt nichtder innere Lehrer undHörer offen , ſo ifts alles Babel und I 4


136 IX : Weg zu Chriſto . und Fabel , und ein Schnit - Werck , da der äuſſere Welts Geiſt ein Model oder Schnit - Werck nach dem Innern macht; und damit gleifſet er, als ob er einen beiligen Got tesdienſt båtte, da doch manchmal der Teufel mitten in fola, dem Gottesdienſt machtig in der Imagination wircket , und das Hers wol kiſelt mit denen Dingen, ſo das Fleiſch gerne hätte : welches zwar wol dfters den Kindern GOttes nach Acht dem auffern Menſchen wiederfahret, fo fie nicht eben auf rich haben ; fo fichtet ſie der Teufel. Das 7. Capitel. Sammarien . In Chrift zandet nicht um die Religion. 9. 1. 2. Babel zandt nur um die Wiſſenſchaft, 3. da die Secten uncinig ſind. 4. Uber ein Chriſt hat feine Secte, s. er lebet im Glauben, 6. mittlerweile Babelin die Buchſtaben zandet, 1. welches des Deu : fels Werck ift.8. Dann ja GOtt init keinem Geſetz, allein mit Ges horſam gedienetwird. 9 : So lieget auch GOttes Reich nicht im Wiffen. io . Liebe iſt beſſer als viel Wiffen . 11. Das Wiſſen Offnet uns nur , daß wir böſe ſind : 12. aber das wahre Wiſſen offenbaret dét 1. Geiſt. 13. Die Menſchen, ſo um die Wiſſenſchaft und Got tes willen zancken , ſind thórichter als Vogel und Chiere ; unnüşer als dieWieſen - Blumen ; årger als die Diftet und Dörnet ; 14. ja ſie Find des Teufeld Gewächs, und treiben GOttes Sinder zum Gebet. 15. In rechter Menſch, welcher in Chriſti Geiſt neugebos ren iſt, der iſt in der Einfalt Chriſti, bat mit niemanden einigen Band um die Religion . Er þatin ihm ſelbſt Streit genugmit ſeinem thieriſchen, böſen Fleiſch und Blut'; Er meinet innmerdar, er ſeyein groffer Sünder, und fürchtet ſich vor GOtt, dann feineSünde ſtehen offenbar und ſind im Gerichte, dann die Turba verſchleur ſie in fich, davon ihm der Porn GOttes unter Augen ſchilt als einen Schuldigen : Aber Die Liebe Chriſti dringt hindurch, und vertreibt ſie, wie der Jag die Nacht verſchlingt. : 2. Dem Gottlofen aber ruben ſeine Sünden im Schlafe des Todes , und grünen im Abgrunde aus , und bringen Fruchte in der Hollen . 3. Die Chriſtenheit in Babel zandt um die Wiſſens fchaft, wie man GOtt dienen , ehren und erkennen ſoll , was Er fer nach ſeinem Wefen und Willen ; und lebren følecht, wer nicht in allen Stücken mit ihnen einig rey ,


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Cap.7. 4.Von der neuen Wiedergeburt. 137 in der Wiffenſchaft und Meinung, der ſey kein Chrift, fons dern ein Keger. 4. Nun wolte ich doch gerne ſehen, wie man alle ihre Se cten folte zuſammen in eine bringen , die ſich die Chriſtlice Kirchefónte nennen, weil ſie alleſamt nur Berachter ſind, da je ein Hauffe den andern laſtert, und für falſch ausforepet. 5. Ein Chriſt aber bat keine Secte, er kann mitten unter den Secten wohnen, auch in ihrem Gottesdienſt erfdeinen, und hangt doch keiner Secte an : Er hat nur eine einige Wiſſenſchaft , die ift Chriſtus in ihme; Er ſucht nur einen Weg, der iſt die Begierde, daß er immerdar wolte gerne recht

1 thun und leben , und ſtellt alle fein Wiſſen und Wollen ins Leben Chriſti ein. Er feuffet und wünſchet immerdar , daß doch GOttes Wille in ihme möchte geſchehen , und fein Reich in ihme offenbar werden ; Ertódtet täglich und ſtündlich die Sünde im Fleiſch : Dann des Weibes Same, als der innere Menſch in Chrifto, zertrit ſtets dem Teufel in der Eitelkeit den Kopf. Gen. 3: 15. 6. Sein Glaube iſt eine Begierde zu Gott, die hat er in die gewiſſe Hoffnung eingewickelt, darinn wagt ers auf die Wors te der Berbeiflung ; cr lebet und ſtirbet darinnen, und da er doch nach dem rechten Menſchen nimmermebr ſtirbet. Dann Chriſtus ſagt auch alſo : Wer an mich gläubet, wird nimmer mehr ſterben, ſondern iſt vom Tode zum Leben hindurch ge drungen. Stem . Es werden Strohme des lebendigen Waf fers von ihme flieffen, als guteLehre und Wercke. 7. Daruin ſage ich, iſt alles Babel, wasſich mit einander beiffet, und um die Buchſtaben jancket . Die Buchſtaben ſtes hen alle in einer Wurgel, die iſt der Geiſt GOttes: Gleichs wie die mancherley Blumen alle inder Erden ſtehenund wachs ſen alle neben einander ; feine beiſi fid mit der andern um die Farben , Geruch und Schmac , fie laſſen die Erde und Sonne, fowel Regen und Wind, auch Hiße und Kålte mit ſich ina chen was fie wollen , fie aber wachſen eine iede in ihrer Effeng und Eigenſchaft: Alſo iſts auch mit den Kindern GOttes, fie Baben mancherley Gaben und Erkentniß, aber alles aus Eir nem Geifte: Sie freuen fich neben einander der groffen Wunder GOttes, und dancken dem Höchſten in ſeiner Weis beit : was ſollen ſie lange um den gancken , in dem ſie leben und ſind, deſſenWefens fie ſelber ſind ?

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IX . Weg zu Chriſto.

8. Es iſt die gröfte Thorbeit in Babel, daß der Teufel hat die Welt um die Religion janckende gemacht, daß fie um Felbft gemachte Meinung zancken , um die Buchſtaben ; da doch in keiner Meinung das Reich GDttes fiebet ,ſondern in Kraft und der Liebe. Auch ſagte Chriſtus, und ließ es feinen Jüns gern zu left: fie ſolten einander lieben , darbey würde jeders man erkennen, daß fie feine Jünger waren , gleichwie Er fie ges liebet båtte. Wann die Menſchen alſo ſehr nach der Liebe und Gerechtigkeit trachteten, als nach Meinungen , fo ware gar tein Streit auf Erden : wir lebten als Kinder in unſerni Bater, und bebdrften keines Gefeßes noch Drdens. 9. Dann mit feinem Gefes wird Gottgedienet , allein mit Geborſam : Die Geſeße ſindwegen der Bören , die nicht der Liebe und der Gerechtigkeitwollen ,die werden mit Gefeßen ges trieben und gezwungen. Wir haben alle einen einigen Drden, der ift,daß wirdem HErrn aller Wefen ſtille halten,und unſern Willen Ihme ergeben, und laffen ſeinen Geift in uns wircken , ſpielen und macben , was er will ; und was er in uns wircket und offenbaret,das gebenwir Işme wieder dar,als ſeine Frucht. 10. Sowir nun um die mancherley Frucht, Gaben und Er Fentniß nicht zancketen ſondern erkenneten uns unterseinander, als Kinder des Geiſtes ODttes, mpas wolte uns richten ? Lie: get doch das Reich GOttes nicht an unſerm Wiſſen und Wah nen, fondern in der Kraft. 1. Wann wir nicht batb -fo-viel wüften , und waren viel kindiſcher , båtten aber nur einen Brüderlichen Willen unter einander , und lebten als Kinder einer Mutter , als wie die Zweige an einem Baume, die alle von einer Wurbel Saft nebs men, To wåren wir viel beiliger. 12. Das Wiffen iſt nur zu dem Ende ( daß wirs lernen ) weil wir haben die Göttliche Kraft verloren in Adam , und find nun ießt zum Boren geneigt,daß wir es lernen erkennen , wie wir bdre Eigenſchaften in uns haben , und daß das böſe Ibun GOtt nicht gefalt: Damit wir mit dem Wiffen lernen recht thun . So wir aber die Kraft GOttes in uns haben , und bes gebren von allen Kräften recht zu tun und recht zu leben ; ſo iſt das Wiſſen nur unſerSpiel, darinnen wir uns erfreuen. 13. Dann das wahre Wiffen iſt die Offenbarung des Geiſtes GOttes durch die ewige Weisheit: der weiß in ſeinen Kindern was Er will; Er geuit feine Weisheit und Wunder durch ſeine Kinder


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Cap.8. Von der neuen Wiedergeburt. 139 Kinder aus, gleichwie die Erde die mancherlen Blumen . So wir nun im Geiſte Chriſti, als demüthige Kinder, neben einans der mobneten, und erfreuete ſich je einer des andern Gaben und Erkentniß, wer wolte uns richten ? wer richtet die Bogel im Walde, die den HErrn aller Wefen mit mancherley Stimme loben, ein ieder aus ſeinerEſſeng ? ſtraft ſie auch der Geift Got: tes , daß fie nicht ihre Stimmen in eine Harmonie führen ? ge . bet doch ihr aller Hallaus feiner Kraft,und vor Ihm ſpielen ſie. 14. Darumſind die Menſchen, ſo umdie Wiſſenſchaft, und um GDttes Willen zancken , undeinander darum verachten, thårichter dann die Bogel im Walde, und die wilden Shiere, die feinen rechten Berſtand baben : ſie ſind vor dem beiligen GDtt unnuger als die Wieſen - Blumen , welche doch dein Geiſt Gets tes ſtille balten ,und laſſen ibn dieGöttliche Beisbeit und Kraft durch rich offenbaren ; ,fie ſind årger dann die Diffeln und Dorner unter den ſchönen Blumen,welchedoch ſtille ſieben : fie find als die rauberiſche Thiere und Bögel im Walde,welchedie andern Bogel von deren Gefang und Lobe GOttes abſchrecken . 15. In Summa , fie ſind des Teufels Gewachs im Zorne SDttes, die durch ihre Pein doch dem HErrn dienen müſſent. Dann fie treiben mit ihrer Prag und Verfolgung den Saft durch die Effenß der Kinder GOttes aus, daß fie fich imeiſte GOttes bewegen ,mit Beten und emſigen Flehen , in welchem der Geiſt GDttes ſich in ihnen bewegt: Dann die Begierde wird dadurd geåbet, und auch die Kinder GOttes, daß fie grus nen und Frucht bringen ; Dann in Trůbſal werden GOttes Kinder offenbar nach der Schrift : Wann du ſie zůchtigeſt, To ruffen ſie ångſtiglich zu dir. Das 8. Capitel. Sammavien . Drinn die Religion ſtehet ? 5.1. waswir lernen ſollen ? 2. was ChriſtiTeſtamenten ſind? 3. Alles Lehren,ohnedem H. Geiſt, ilt falfch ,4. und hat GOttes Stimmenicht in ſich.š. Das aufgeſchriebeneWort iſt nur ein Werckzeug; der rechte Gottesdienſt aber iſt Glauben . 6. Was in Selbheit geſchiebet , ift nur eine Sigur. 7 . Murriſche Liebe iſt nur einehalbeLiebe; 8. ſo auchdas undanckbarlis che Nehmen .9. Was einer fået,das erntet er auch ein .10. Woraus Babel erivachſen ? II. DieWort: Streiterdienen nicht @Ott, ſondern ſind Låſterbålge.12. Darum iſt den Spindern GOttes hoch noth , daß ſie ernſtlich beten, 13. und ausgehen von ſolchem greulichenZance. 14. 15. Je gange Chriſtliche Religion ſtehet in deme,daß wir uns lernen erkennen,was wir ſindvon wannen mir kom men


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IX . Weg zu Chrifto.

men find ; wie wir aus der Einigung in die Uneinigkeit, Boss beit und Ungerechtigkeit eingegangen ,wie wir diefelbe baben in uns erweckt. Zum andern ,wowir in der Einigung ſind ges weſen,da wir Kinder GOttes waren . Zum dritten , wie wir iegund in der Uneinigkeit ſind , in dem Streit und Wiederwila len . Zum vierten ,wo wir hinwallen aus dieſem zerbrechlia den leben (Weſen ). Wo wir mit dem Unſterblichen hin wols len, und dann auch mit dem Sterblichen , 2. In dieſen vier Puncten ſtehet unſere gange Religion zu lernen ,aus der Uneinigkeitund Eitelkeit zu kommen, und wies der in Einen Baum ,daraus wir in Adam allekommen ſind,eins zugehen,welcher iſt Chriſtus in uns. Wir dörfen um nichts ſtreiten ,baben auch keinenStreit ; lerne fich nur ein ieder åben , wie er wieder moge in die Liebe GOttes und Feines Bruders eingeben . 3. Cbrifti Teſtamenta find durchaus anders nichts, als eine Brüderliche Verbindniß, daß fich GOtt in Chriſto init uns verbindet und wir mit Ihme. Alles Lebren foll dahin gehen, auch alles Wollen , Leben und Thun : Was anderſi lebret und thut,das iſt Babel und Fabel,nurein Schnigwerck der Hoffart, ein unnüte Gerichte , und eine Irreinadung der Welt, eine Gleißnerey des Teufels, damit er die Einfalt blendet . 4. Alles was auffer GOttes Geiſt lehret, und hat nicht Göttliche Erkentniß, und wirftſichdoch zum Lehrer in ODt tes Reich auf, und willGOttmitLehrendienen, das iſt falſch, und dienet nur ſeinem Abgott Bauche, und ſeinem (tolgen ,hof førtigen Sinn ,daßer will geehret ſeyn , und wil Heilig geo nant ſeyn : Er trägt ein erwehlet Umt von Menſchen - Kins dern , welche ihm aud nur beucheln, und ihn um Gunft willen darzu geordnet haben . Chriſtus ſprach :Wer nicht zur Sbúr in den Schafſtall hineingehet, dasiſt, durch Ihn ſ , ondern ficia get anderſt-wo hinein, der iſt ein Dieb und ein Mörder, und die Schafe folgen ihm nicht, dann fie kennen feine Stimme nicht. Joh .10 : 1-5. 5. Er hatnicht die Stimme des Geiftes 6Dttes , ſondern nur die Stimme feiner Kunſt, feines Lernens ; Er lebret , und nicht GOttes Geift. Aber Chriſtus ſpricht: Alle Pflangen, die mein Himmliſcher Pater nicht gepflanget hat , follen aus gerottet werden : Matth . 15:13. Wie wil dann der himmliſche Pflanken pflangen, der gottlos iſt, ſo er doch keinen Samen in feiner

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Sap.8. Von der neuen Wiedergeburt. 141 ſeiner Kraft in fide bat ? Chriſtus ſpricht rund : Die Schafe hören ſeine (des falſchen Hirten ) Stimme nicht , ſie folgen ihme nicht. Joh , 10 : 5 . 6. Das aufgeſchriebene Wort iſt nur ein Werckzeug, das mitder Geiſt leitet : Das Wort , das da lehren will, muß in dem Buchſtabiſchen Wort lebendig ſeyn ; Der Geiſt SDttes muß in dem Buchſtabiſchen Halle ſeyn ,ſonſt iſt keiner ein Leh. rer GOttes ,ſondern nur ein Lehrer der Buchſtaben, ein Wiſſer der Hiſtorien, und nicht des Geiſtes GOttes in Chrifto. Alles damit man GOtt dienen will,muß im Glauben geſchehen , als im Geiſte, der macht das Werck völlig , und vor Gott anges nehm : Was der Menſch im Glauben anfäbet und thut , das chut er im Geiſte GOttes, welcher im Wercke mit wircket i Das iſt GOtt angenehm , dann fer hats ſelber gemacht, und feie ne Kraft iſt darinnen, es iſt heilig. 7. Was aber in der Selbheit ohne Glauben gemacht wird, das iſt nur eine Figur oder Hülfe eines rechten Chriſtlichen Wercks. 8. Dieneſt du deinem Bruder ,und thuſt es nur aus Gleißne: rey, und giebeft ihme ungerne, ſo dieneſt du nicht GOtt. Dann dein Glaube gehet nicht aus liebe in die Hoffnung in deinerGa be : Wol bieneſt du deinem Bruder , und er dancket an ſeinem Sheil GOtt fegnet dich auch an ſeinem Theil; Du aber fegneſt ibn nicht, dann du giebeſt ihm einen murriſchen Geiſt in deiner Gabe, der gehet'nicht inGOttes Geiſt, in die Hoffnung des Glaubens ein ; Darum iſt deineGabe nur halb gegeben , und haft nur halben lohn dafür. 9. Alſo auch mit dem Nehmen zu verſtehen : So einer im Blauben gibt in Göttlicher Hoffnung, der ſegnet feine Gaben in ſeinem Glauben ; Der fie aber undanckbarlich empfabet, und murret im Geiſte, der verflucht ſie in der Nieſſung : Alſo bleia bet einem ieden das Seine ; was er fäet, das erntet er auch ein. 10. Alſo auch im Lehr- Amt: Was einer ausfaet, das erntet er auch ein ; Sået einer aus Chriſti Geift guten Samen , fobes kleibt er in dem guten Herßen, und trägt gute Frucht: In den Gottloſenaber, die des nicht fähig ſind , wird der Born GDt tes gerüget. Sået einer Banck,Veractung,Übeldeutung,das nehmen alle gottloſe Menſchen ein, es bekleibet auc , und trägt folche Frucht,daß man einander ſpottet verhåbnet, verleumdet, übeldeutet. 11.Aus


142

IX . Weg zu Chriſto.

II. Aus welchem die groſſe Babel geboren und ausgewach ſen iſt: da man aus Hoffartum die Hiſtoriam der Rechtferti: gung des armen Sünders vor GOtt zancket, und den Ein fältigen irre und lüſterende macht, daß ein Bruder den andern um die Hiſtorien und Buchſtaben - Wechſeln willen veradotet, und dem Teufel gibt. 12. Solche Låſterbálge dienen nicht GDtt , ſondern dem grofſen Bau der Uneinigkeit. Weil in allen Menſchen im ir: diſchen Fleiſcbe noch eine verberbte Sucht lieget, fo wecken ſie auch in den einfältigen Kindern GOttes den Greuel auf, und machen GOttes Volck , ſamt den Kindern derBosheit låſte rende, und ſind nur Baumeiſter der groſſen Babel und der Welt, und ſo vielnüße als dem Wagen das fünfte Rad , ohne daß ſie das hölliſche Gebäu aufrichten. UI 13. Darum iſt den Kindern GOttes hoc noth , daß fie ernſtlich beten, und dieſen falſchen Bau lernen kennen , mit ihz rem Gemüthe davon ausgeben , und nicht auch belfen auf bauen, und die KinderGOttesſelberverfolgen; damit ſie ſich am Reiche GOttes aufhalten , und verführet werden. Wie Chriſtus zu den Phariſeernſprach: Meheeuch Phariſeern, ihr Bie umziebetfand unWaſſer,zu machen einen Juden -Senoffen;und fot ban wann er es worden iſt,ſo macht ihr aus ihme ein Kind der Sing Hållen ,zweyfaltigmehr dannihr femb. Match . 23:15. Wel leben ches wahrhaftig in den ießigen Rotten und Secten,bep den Screyern und Zande:Lehrern, auch dergleichen geſchicht. un 14.Will derowegen ade Kinder GOttes w, elchegedenden Chrifti Glieder zu ſeyn , vor folcem greulichen Zande, unb Blut-Paucen , aus denen mir von GOtt eröffneten Gaben treulid gewarnet baben,som Bruder-Bandeauszugehenund nur ſchlechtnach derLiebe und Gerechtigkeit gegen ade Mens ſchen zu trachten. 15. Dann iſt einer ein guter Baum , ſo ſoll er auch gute Früchte tragen : ob er gleich bisweilen muß leiden , daß ihme die Säue ſeine Früchte auffreſſen , ſo fod er doch ein guter Baum bleiben , und ſtets wollenmit GDtt mircken ; ficaudy kein Bojeslaſſen überwältigen : Softebeter in GOttesAcer, und trägt FrüchteaufGOttes Tiſche,welche eremiggenieſs ſen wird . Amen.

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10

Das fünfte Büchlein DE VITA MENTALI

ober Vom

Atverſinnlichen Leben

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Gin Geſpräch eines SSceiſters

und Süngers,

Wie die Seele moge zu Gottlicher An ſchauung und Gehör kommen ,und was ihre Kindheit in dem natürlichen und übernatürlichen Leben fery ; und wie ſie aus der Natur in GOtt, und wieder aus GÓtt in die Natur der Selb heit eingehe; auch was ihre Seligkeit und Verderben ſey. Geſchrieben im Jabr 1622. burd

Jacob Böhmen.

Gedruckt im Jahr des ausgebornen groſſen Heils 1730 .


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IX . Das fünfte Büchlein . DE

VITA

MENTALI..

ober Som im

überſinnlichen

Leben ,

Geſpräch eines Meiſters und Jüngers . Summarien .

Igenbeit hindert GOtt. 9. 1:5. Wie in das überſinnliche Leben zu kommen ? 6.7. Wie der Menſch die Creaturen beherrſchen tonnedurd die Berläugnung ? 8:10. Wie dem Menſchen zu rathen , daß ihme der H.Geiſtbedåndig beybleibe ? 11. 12. wieer alles verlaſſen und Chriſti + aufnehmen muß ? 13. Wie er ju Stråften kommen ſol ? 14. Was groſſen Spaß Gelaſſenheit bringe ? 15. Dar. inn derLeib dem Böſen feindwird,16. und alles Leidenendlich freus be. 17. Damit wird er Chriſto gleichförmig.18. Wober bat er aber Brot, ſo aller Welt Ungunft auf ibn fålt ? 19. GOtt treibet ihn durch ſolche Probe zum Gebet. ibid. Berlieret ergleich ſeinegute Freunde,20 . fo beforint er alle fromine Seelen zu Brüdern und Gliedern. 21. Mas anfangs schwer , wird ihm hernach gar leicht , 22. denn er wird mit himmliſcher Weisheit überkleidet , 23. daß er ſich , wie ſichs gehöret, lieben und haſſen kann, 24. Liebe und Leid ſtehen beyſammen.25. Was Liebe iß? 26. Der Liebe Tugend if das Nichts ; ihre Straft it durch alles ; ſie iſtſo hochals Gott , 27. ja gröſſer als Gött.ibid. Wer ſic findet , der findet Nichts, und findet doch alles. ibid. Sie wohnet im Menſchen , woer nichtwohnet , 28. nemlich in der gelaſſenen Seele. 29. Sie tann nicht gefaſſet werden .30. Benig finden ſie, weilſie Sie alle im Etwas ſuchen ; 31: Ihr Umt iſt, daß ſie dieIchheit verbren net.32.33. Wie ſie am nächſten zu finden ? 34. Wolte man allen zu wieder wandlen w , ürdeman von allen seharſet ? Antw . man muß recht thun , wenn die Welt Bdſes thut , 35. wo des Fleiſches Angit Buſſe wirdet , denn der Weg zur Liebe der Welt thòricht iſt. ibid. Wo die Seele binfábret, wenn der Leib ftirbet ?36. Sie gehet mit ihrem Willen ein in liebe oder Zorn . 37. Wie ſolches in den frommen und sottloſen Seelen geſchiehet ? 38. Wie in den Frommen das Reich GDttes oft bedecket wird ? 39. Der Gottloſe füblet dieHölle auchwoli veritehetsaber nicht. ibib . Bo die Engel wohnen unddie Teufel ? 40. Wie ſolches zu verſtehen ? 41. Wie ferne Himmel und Hölle von eina ander ? 42. Der Himmel iſt eine Offenbarung des ewigen Eins , da ales in ſtiller Liebe wirdet und will: Die Hölle aber wirdet in Selbheit und falfchem Willen. ibid. Was ein Engel und die Seele des Mens ſchen rey ? 43. Wo Gottes Liebe wirde ? ibid. Was der Leib ſen ? 44. ABAS nas dieſer A3cft fern wird ? 45. Was das Oericht ? ibid . In


IX . Weg zu Chrifto. 144 In welcher Geſtaltunſere Leiber auferſtehen werøen ? 46. Was von der Welt bleiben wird ? 47. In der Ewigkeitwird weder Mann noch Weib ;48. auch die Berherrlichung ungleich ſeyn. 49. Chriſtus wirð die Welt richten . so . Dié Hole , alsderOrt des Teufels , Bleibet im Drte dieſer Welt an allen Enden , aber dem Himmelreich verborgen. SI. Wie alles vors Gericht werde geſtellet werden ? 52. Das Gericht wird imSterben gleich offenbar. ibid . wie das Urtheil ſeyn werde 53. ? wie Chrifto Gutes gethan werde ? 54. Wic die Verfolger der Chriſten und die Babel- Bauer beſtehen werden ? 55.56. Warum GDtt ſola den Streit geſchehen låſſet ? 57. Er Jånger ſprach zum Meiſter : Wie mag ich kommen zu dem überſinnlichen Leben , daß ich GOtt fehe und höre reden ? DerMeiſter ſprach : Wann du dich magſt einen Augenblick in das Schwingen , da keine Creatür wohnet, fo båteſt du was Gott rebet. 2. Det Jånger, ſprach : Iſt das nahe oder ferne ? Der Meiſter ſprach :Esiſt in dir ;und ſo du magſt eine Stunde Tehweigen von allem deinem Wollen und Sinnen , ſo wirſt du unausſprechliche Worte GOttes hören . 3. Der Jånger ſprach : Wie mag ich hören , ſo id von Sinnen und Boden ſtille ftebe ? Der Meiſter ſprach : Wann du von Sinnen und Wollen deiner Selbheit ftille ftes beſt, ſo wird in dir das ewige Hören , Sehen und Sprechen offenbar , und höret und fieber GOtt durch dich : Dein eigen Hören , Wollen und Seben verhindert dich , daß du Gott nicht ſiebeft noch höreſt. 4. Dec Jůnger ſprach : Womit ſoll ich Gott boren und reben,ſo er über Natur und Creatur ift ? Der Meiſter ſprach : Wann du ſtille ſchweigeſt, ſo biſt du das, was GOtt vor Na tur und Creatur war , daraus Erdeine Natur und Creatur fchaffete : So hóreſt und ſiebeſt du es mitdeme, damit GDtt in bir ſabe und hörete , ebe dein eigen Wollen , Sehen und Hören anfing. 5. Der Junger ſprach : Was halt mich dann auf, daß ich nichtdahin kommen mag ? Der Meiſterſprach : Dein eigen Wollen , Hdren und Seben , und daß du wieder das ſtrebeft, daraus du kommen biſt: Mit deinem eigenem Wollen brichſt du dich von GOttes Wollen ab , und mit deinem eigenen Ses ben ſiebeſt du nur in dein Wollen ; Und dein Wollen verſtopfet bir das Gehór mit Gigen -Sinnlichkeit irdiſcher, natürlicher Dinte

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5. Vom úberſinnlichen Leben .

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9. Dinge , und führet dich in einen Grund ein , und überſchattet dich mit deme das du wilt, aufdaß du nicht magſt zu dem über natürlichen , überſinnlichen kommen . 6. Der Jůngerſprach : So ich in Natur ſtehe , wie inag ich aber durch die Natur in den überſinnlichen Grund kommen , ohne Zerbrechung der Natur ? Der Meiſter ſprach : Darzu gehören drey Dinge. Das erſte iſt, daß du deinen Willen SDtt ergebeſt, und dich zu Grund in feine Barmberßigkeiters Tenckelt. Das ander iſt, daß du deinen eigenen Willen bare ſeſt, und nicht thuſt, wozu dich dein Wille treibet. Das drit: te iſt, daß du dich dem Creußeunſers HErrn JEfu Chriſti in Gedult unterwerfeſt, auf daß du die Anfechtung der Natur i und Creatur ertragen mögeſt : Und ſo du das thuſt, ſo wird dir SDtt einſprechen , und deinen gelaſſenen Willen in Fich, in den übernatürlichen Grund einführen , ſo wirſt du hören was der HErr indir redet. 7. Der Jånger ſprach : So můſte ich die Welt und mein Reben verlaſſen ſo ich das thåte ? Der Meiſter ſprach : So du die Welt verlåſfeſt , ſo kommeſt du in das , daraus die Welt gemacher iſt; Und fo du dein Leben verliereft, und in Done macht deines Bermogens kommeſt, ſo ſtehet es in deme, um desmillen du es verlaffeft , als in GDtt, daraus es in Leib kam .

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8. Der Jünger ſprach : GDtt hat den Menſchen in das natürliche Leben geſchaffen , daß er berrſche über alle Creatu ren auf Erden , und ein HErr fer über alles Leben in dieſer Welt , darum ſo muß er es ja eigentkůmlich befigen. Der Meiſter ſpradı: Iſis,daß du allein aufferlich über die Crea turen berrſcheft, fo biſt du mit deinem Willen und Herrſchung in Ihieriſcher Art, und ſtebeft nur in bildlicher , vergånglicher Herrſchung: Auch führeſt du deine Begierde in thieriſche ER Feng, davon du inficiret und gefangen wirt, und auch thieri: ſche Art bekommeft: jſts aber, daß du die bildliche Art verlaſſen baſt, ſo ſtebeſt du in der über Bildlichkeit , und berr : rcheft in dem Grunde über alle Creaturen , aus deme ſie ge ſchaffen ſind ; und mag dir aufErden nichts ſchaden , dann du biſt mit allen Dingen gleich , und iſt dir nichts ungleich. 9. Der Jünger ſprach : D lieber Meiffer, lebre mich doch , wie ich zum nábeſten dahin kommen moge, daß ich allen Dins gen gleich Fey. Der Meiſter ſprach : Gerne , gedencke an die


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IX . Weg zu Chriſto.

die Worte unſers HErrn JEfu Chriſti, da Er ſprach : Es fer dann daß ihr umkehret, und werdet als die Kinder , fonfi fols let ihr GOttes Reich nicht ſehen. Macch . 18 : 3 . Iſts nun das du wilſt allen Dingen gleich werden, ſo muſt du alle Dinge verlaſſen , und deine Begierde von ihnen abwenden , und der nicht begehren , noch dich um das annehmen, zu einem Eigens thum zu beſigen , das Etwas iſt: Dann fo balde du das Ets wasin deine Begierde faſfeft, und zum Eigenthum in dich eins läſfeſt und nimſt , ſo iſt das Etwas Ein Ding miti " , und wircket mit dir in deinem Willen , ſo biſt du ſchuldig daſſelbe zu beſchirmen , und dich deſſen anzunehmen , als deines eigenen Wefens ; Sodu aber nichts in deine Begierdeeinnimſt, ſo bift du von allen Dingen frey , und herrſcheſt zugleich auf einmal # über alle Dinge : Dann du baft nichts in deiner Annehmlichs keit , und biſt allen Dingen ein Nichts , und find dir auch alle Dinge ein Nichts; du biſt als ein Kind , das nicht verſteheti was ein Ding iſt ; und ob du es ja verſtebeſt, ſo verſtebeſt du 41 es obne Berührung deiner Empfindlichkeit, auf Art , wie frece GOtt alle Dinge beherrſcbet, und fiebet , und Ihn doch kein Go folte dich leba Ding begreiffet. Das du aber ſpracheſt : I ture ren , wie du darzu kommen möchteſt ; So ſiebe an die Worte Chriſti , der da fprach : Ohne mich könnet ihr nichts thun . Joh. 15: 5. Du kanſt in eignem Vermsgen nicht zu ſolcher Ru ». ment. be fommen , daß did keine Creatur berübre , es fey dann das Sicht du dich in das Leben unſers HErrn JEſu Chriſti gang einer meros gebeſt, und dein Wollen und Begierde Ihm gang übergebeft und ohne ihn nichts wolleft: ſo ſtebeſt du mit deinem Leibe in 13. ſpred der Welt in den Eigenſchaften , und mit deiner Vernunft un diejeni ter dem Creuße unſers HErrn Chriſti ; aber mit deinem Wils lederki len wandelſt du im Himmel , und ſtebeft an dem Ende , da alle debalt Creaturen berkommen ſind , und dahin ſie wieder geben : So Delt magit du mit der Vernunft alles auſſerlich ſchauen , und mit taglish dem Gemůthe innerlich ; und mit Chriſto , deme alle Gewalt Þaben, gegeben iſt im Himmel und auf Erden , in und über alle Dins geherrſchen .Matth . 28:18 . zu ſuch Sprache 10. Der Jünger ſprach : D Meiſter, die Creaturen , wel che in mir leben , balten mich , daß ich mich nicht kann gans ngt. ergeben , wiegern ich wolte. DerMeiſterſprach : Sodein fecht ung Wille von den Creaturen ausgehet, ſo ſind die Creaturen in Stunde dir verlaſſen, und ſind in der Welt, und iſt nur dein Leib bey den


5. Vom überſinnlichen Leben . 147 den Creaturen , du aber wandelit Geiſtlich mit Gott : Und fo dein Wille die Creaturen verlåffet , fo ſind die Creaturen in it : - me geſtorben , und leben nur in dem Leibein der Welt ; Und ſo a fich der Wille nicht in fie einführet, fo mogen ſie die Seele nicht berühren . Dann S.Paulus faget: Unſer Wandel ift im Himmel.Phil . 3:20 . Item , Ihr Fend Tempel des Heilis igen Geiſtes , der in euch wohnet ; I. Cor.6:19. So wohnet nun der H. Geiſt im Willen , und die Creaturen im Leibe II . Der Junger ſprach : So der 5. Geift im Willen des Gemüthes wohnet, wie mag ich mich verwahren , daß Er nicht von mir weichet ? Der Meiſter ſprach : Höre die Dor: te unſers HErrn JEfu Chrift , der fprach : So ihr an meiner Rede bleibet , ſo bleiben meine Worte in euch. Ifts, daß du anit deinem Willen in den Worten Chriſti bleibeft , fo bleibet fein Wort und Geiſt in dir ; Ifts aber , daß dein Wille in die Creaturen gehet , ſo haſt du dich von ihme gebrochen , ſo magft bu dich anderſt nicht verwahren, du bleibeſt dann ſtets in ges laſſener Demuth , und begebeft dich in eine immermålrende ftete Buffe ; daß dich immer reue, daß Creaturen in dir leben : So du das thuſt, ſo ſteheſt du im täglichem Sterben ter Creas turen , und in tåglider Binnmelfahrt nach dem Willen . 12. Der Junger ſprach : D lieber Meiſter, lehre mich doch , wie ich moge in eine ſolche ſtetswehrende Buſſe koms men . Der Meiſter ſprach : Wann du das verlåſfeſt, dass dich liebet , und liebeſt das , das dich baſſet, ſo magſt du ims merdar darinnen ſtehen , 13. Der gånger ſprach : Was iſt das ? Der Meiſters fprach : Deine Creaturen in Fleiſch und Blut, ſo wol alle diejenigen , welchedie lieben , die lieben dich , weil dein Wils le derſelben pfleget, diemuß der Wille verlaſſen , und für Fein de balten : Und das + unſers HErrn JEfu Chriſti, mit der Welt Spott , baffeſt du , das muſt du lernen lieben, und zu m's tåglicher Ubung deiner Buſſe nehmen, ſo wirſt du ſtets Urſache haben , dich mit der Creatur zu baſſen , und die ewige Rube zu ſuchen , darinnen dein Wille mag ruhen , wie Chriſtus Login fprach : In mir habet ihr Ruhe , aber in der Welt habet ihr Angſt. 14. Der Junger ſprach : Wie mag ich mich in folcher Une TM fechtung erholen ? DerMeiſter ſprach : Wann du dich alle TEMA Stunden einmal auſſer allen Creaturen über alle finnliche M Wepe

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IX . Weg zu Chriſto.

Bernunft, in die allerlauterſteBarmhertigkeit GOttes , in das Leiden unſers HErrn JEfu Chriſti einſchwingeft , und dich darein ergibſt, ſowirftdu Kraft bekommen über Sünde, Tod, Teufel, Hölle und Weltzu herrſchen , fo magſt du in aller Anfechtung beſtehen . 15. Der Junger ſprach : Wie möchte mir armen Mens fchen wol geſchehen , ſo ich mit dem Gemüthe dahin gelangen móchte, da keineCreatur iſt ? Der Meiſter ſprach gar gåtig zu ihm : lieber Jünger, måre es, daß fich dein Wille möchs te eine Stunde von aller Creatur abbrechen , und dabin fchwingen , da keine Creatur iſt , er würde überkleidet mit dem böchſten Slang der Herrlichkeit GDttes ; und wurde in fich ſchmecken die allerføffeſte Liebe unſers HErrn JEfu Chris ſti, die kein Menſd , ausſprechen mag : Und in ſich empfinden die unausſprechlichen Worte unſers HErrn JEfu Chriſti, von ſeiner groffen Barmberßigkeit; Er würde in fich füblen, daß ihme das Creuße unſers HErrn Chrifti in ein ſanftes Wolthun gewandeltwürde, und wurde daſſelbe lieber gemin nen , als der Welt Ebre und Gut. 16. Der Jånger ſprach: Wie würde aber dem Leibe ges ſchehen , weil er in der Creatur leben muß ? Der Meiſter fprach : Der Leib wurde in die Nachfolge unſers HErrn Chriſti geſtellet werden , welcher (pract : Sein Reich wäre nichtvon dieſer Welt. Er wurde anheben von auſſen und in: nen zu ſterben ; von auſſen der Welt Eitelkeit und böſen Tha ten , und würde aller Uppigkeit gram und feind werden ; von innen aller böſen Luft und Neiglichkeit , und würde gar einen neuen Sinn und Willen bekommen, welcher ſtets zu GOttge: richtet wäre. 17. Der Junger ſprach : Die Welt würde ihn aber darum baſſen und verachten , weil er ihr wiederſprechen můſte, und anderſt leben , und anderſtthun als ſie. Der Meiſter ſprad ): Deſſen wird er fich nicht annehmen , als ob ihmeLeid geſcha be, ſondern wird ſich freuen , daß er würdig worden iſt, dem Bilde unſers HErrn Chriſti áhnlich zu werden , und ſolches Creus unſerm HErrn gar gerne nachtragen wollen , daß er Ihm nur ſeine allerfüffeſte Liebe dafür einfioffe. 18. Der Jünger ſprach : Wie würde ihm aber geſcheben , wann ihn GOttes Zorn von innen , und die bore Welt von auf fen angriffe, wie umferm

HErrn Chriſto geſchahe ? Der Meis


149 5. Vom überſinnlichen Leben . Meiſter ſprach : Ihme geſchahe als unſerm HErrn Chriſto. Als Er von der Welt und den Prieſtern verſpottet , und ges creußiget war ), da befahl Er ſeine Seele dem Vater in ſeine Hande , und fchied von der Angſt dieſer Welt in die ewige Freude. Alſo würde er auch vonaller Welt Spott und Angſt, in ſich ſelber in die groſſe Liebe GOttes eindringen , und durch den allerfuſeffen Namen JESUS erguidet und erbalten wers den ; Und in ſich eine neue Welt ſeben und empfinden , welche

durch GOttes Zorn durchdringe : darein würde er ſeine See le wickeln , und alles gleich achten , der Leib rey gleich in der Hide oder aufErden , fo ſey fein Gemüthe doch in der größten Liebe GOttes.

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19. Der Jünger ſprach : Wie würde aber fein Leib in der Welt ernehret , und wie wolte er die Seinen ernehren, fo aller Welt Ungunſt auf ihn fiele ? Der Meiſter ſprach : Er bes tommteine gröſſere Gunſt , als die Welt nicht vermag , dann er þat GOtt und alle feine Engel zu Freunden , die beſchůben ibn in aller Noth : Auch foift GDtt fein Segen in allen Din gen ; und ob fichs anliefTe, als molte Er nicht, ſo iſt es nur eine Proba und Liebe- Zug , daß er deſtomehr zu GOtt beten ſoll, und ihme alle ſeine Wege befehlen. 20. Der Jünger ſprach : Er verlieret aber alle ſeine gute Freunde, und iſt niemand mit ihme , der ihm in Nótben ben ftebe. Der Meiſter ſprach : Er bekommt das Hers aller guten Freunde zum Eigenthum , und verlieret nur ſeine Feins de, welche zuvorhin ſeine Eitelkeit und Bosheit geliebet haben. 21. Der Jünger ſprach : Wie geſchicht das , daß er ſeine gute Freunde zum Eigenthum bekommt? Der Meiſter Sprach : Er bekommt aller derer Seelen zu Brüdern und Glies bern feines eignen Lebens , welche unfern HErrn JEfum an gehören : Dann GOttes Kinder ſind in Chriſto nur Einer, der iſt Chriſtus in allen : Darum bekommt er ſie alle zu leibli chen Gliedern in Cbriſto : dann ſie haben die himmliſchen Gus ter allgemein , und leben in Einer LiebeGOttes , wie die deſte des Baumes von Einem Safte. Auch inags ihme an åuffer, lichen natürlichen Freunden nicht mangeln,wie unſerm HErrn Chriſto; Ob ihn gleich nicht wolten die Hobenprieſter und Ges waltigen der Welt lieben , welcheIhn nicht angehåreten , und nicht ſeine Glieder und Brüder waren , ſo liebeten Jbn aber dieſe , welche feiner Worte fähig waren : alſo auch würden ihn K 3 dieſe


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IX . Weg zu Chriſto.

diefe lieben , welche die Wahrheit und Gerechtigkeit lieben , und ſich zu Ihme geſellen , als Nicodemus zu Eſu bey der Nacht, welcher in feinem Herben JEfum liebete, wegen der Wahrs beit , und aufferlich ſich vor der Welt ſcheuete ; Alfo wird er viel guter Freunde baben , welche ihm nicht betant find. 22. Der Jünger ſprach : Es ift aber gar fchwer , von als ler Welt verachtet zu feyn. DerMeiſter ſprach : Was dich iegt dündket ſchwer zu ſeyn , das wirſt du hernach am meiſten lieben . 23. Der Jünger ſprach : Wie mag das ſeyn oder geſebes ben , daß ich liebe, was mich verachtet? Der Meiſter ſprach : gest liebeſt du irdiſche Weisheit ; Wann du aber überkleidet biſt mit himmliſcher , fo fieheſt du , daß aller Welt Weisheit nur Thorbeit iſt, und daß die Welt nur deinen Feind baſſet, als das ſterbliche Leben , das du ſelber auch baffeſt in deinem Mit. len ; fo hebeſt du an folche Verachtung des tödtlichen Leibes ( Lebens) auch zu lieben . 24. Der Jünger ſprach : Wie mag aber das ben einander ſtehen , daß fich ein Menſch liebe und auch baffe ? Der Meis fter ſprach : Was du dich liebeſt, das liebeft du dich nicht ats eine Deinbeit , fondern als eine gegebne Liebe GOttes : dulies beſt den Göttlichen Grund in dir , dadurch du GOttes Weiss beit und Wunderwerde, famt deinen Brüdern liebeft ; Was du dich aber hafTeft, das thuſt du nach der Deinbeit, in welcher dir das Böſe anhanget , das thuſt du, daß du gerne wolteſtdie Ichheit gar zerbrechen, und ſie dir würde zu einem gang Gótt lichen Grunde : Die Liebe Baffet die Pcbbeit, darum daß die Ichheit ein tödtlich Ding iſt , und mogen nicht wol bev . fammen ſieben ; dann die Liebe beriget den Himmel , und wohnet in fich felber, aber die Ichbeit befißet die Welt, ſamt ihren Weſen , und wohnet auch in fich felber: Gleich wie der Himmel die Welt beherrſchet , und die Ewigkeit die Reit , alſo auchherrſchet die Liebe über das natürliche Leben. 25. Der Jünger ſprach : Lieber Meiſter, fage mir doch, warum muß Liebe und Leid, Freund und Feind beyſammen ſtehen , wäre es nicht beffer eitel Liebe ? DerMeiſter ſprach : Wann die Liebe nicht in Leid ſtünde, fo båtte fie nichts,das ſie lieben fonte; weil aber ihr Wefen , das ſie liebet , als die arme Secle, inLeið und Pein ſtehet,fo bat ſie Urſache, ihr eigen We ſen

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5. Vom überſinnlichen Leben .

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fen zu lieben , und das von Pein zu erretten , auf daß fie mies der geliebet werde: Uud méchte nicht erkant werden , was Liebe ware, To ſie nicht hatte, das ſie möchte lieben. 26. Der Jünger fprach : Was iſt die Liebe in ihrer Kraft und Jugend , und in ihrer Höhe und Gröſſe ? Der Meiſter Sprach : Ihre Tugend iſt das Nichts, und ihre Kraft iſt durch Alles : Ihre Hobe ift fo boc als GDtt , und ihre, Groſſe iſt gröſſer als CDtt; wer ſie findet, der findet Nichts und 1 Alles. 27. Der ånger ſprach : 9 lieber Meiſter , fage mic doch, wie ichdas verſtehen mag ? DerMeiſter ſprach : Daß ich ſprad , ibre Jugend ſey das Nichts , das verſtebeſt du , wann du von aller Creatur ausgebeft, und aller Natur und Creatur ein Nichts wirſt, fo biſt du in dem ewigen Ein , das ift GOtt felber , ſo empfindeſt du der Liebe böchſte Tugend. Daß id aber ſagte : Ihre Kraft iſt durch alles ; das empfins deſt du in deiner Seelen und Leibe, ſo die große Liebe in dir an gezündet wird , ſo brennet ſie als kein Feuer vermag : Uuchy fiebeſt du das an allen Wercken GOttes, wie ſich die Liebe bat in alles ausgegoſſen , und in allen Dingen der innerſte und auſſerfte Grund iſt: Innerlich nach der Kraft , und aufferlich nach der Geſtalt. Und daß ich ferner ſprach : Ihre Höhe iſt ſo boc als GDtt , das verſtebeſt du in dir ſelber , daß fie dich in fich ſo hoch fübret, als GDtt felber iſt: wie du das fanft an uns Ferm lieben HErrn Chriſto nach unſerer Menſchheit feben , welchen die Liebe bat bis in den höchſten Shron in die Kraft der Gottheit geführet. Daß ich aber auch geſprodien : Ihre Gröſſewäre groſſer als GOtt , das iſt auch wahr , dann wo GOtt nicht wohnet , da gebet die Liebe hinein : Dann da uns fer lieber HErr Chriſtus in der Höllen ffund , ſo war die Hšlle nicht Gott, aber die Liebe war da, und zerbrach den Sod : Auch wann dir Angſt ift, ſo ift GOtt nicht die Angſt, aber ſeine Liebe iſt da , und führetdich aus der Angſt in GOtt; wann GOtt in dir ſich verbirget , ſo iſt die Liebe da , und of fenbaret Ihn in dir . Und daß ichweiter gefaget : Wer ſie findet, der finder Nichts und Alles, das iſt auch wahr, dann er findet einen über-natürlichen, über-ſinnlichen Ungrund, da keis ne Stätte zu ihrer Wohnung iſt , und findet nichts , das ihr gleich fey ; darum kann man ſiemitnichts vergleichen, dann ſie ift tiefer als Ichts , darum iſt ſie allen Dingen als ein Nichis wei R4


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ix . Weg zu Chriſto.

weil ſie nicht faßlich iſt : Und darum daß ſie nichts iſt , ſo iſt ſte von allen Dingen fren , und iſt das einige Gute , das man nicht ſprechen mag,was es fey. Daß ich aber endlich ſagte : Erfinde alles , wer ſie findet; das iſt auch wahr ; ſie iſt aller Dinge Anfang geweſen , und beherrſchet alles : fo ou fie fins deſt , ſo kommeſt du in den Grund , daraus alle Dinge find berkommen , und darinne ſie ſtehen , und biſt in ihr ein König uber alle Werde Sottes. 28. Der Jünger ſprach : Lieber Meiſter , Tage mir doch , wo wohnet ſie im Menſchen ? Der Meiſter ſprach . Wo der Menſch nicht wohnet , da bat ſie ihren Sigim Menſchen . 29. Der Jünger ſprach : Wo iſt das , da der Menſch in ſich ſelber nicht wohnet ? Der Meiſter ſprach : Das iſt die zu Grund gelaſſene Seele , da die Seele ihres eigenen Willens erſtirbet , und ſelber nichts mehr will , obne was GOtt will ; da wobnet fie : Dann ſo viel der eigene Wille ihme ſelber todt iſt , ſoviel hat ſie die Stätte eingenommen ; da zu vorhin eige ner Wille ſaß, da iſt ießt nichts ; und wo nichts iſt, da iſt GOttes Liebe alleine wirckende. 30. Der Junger ſprach : Wie mag ich ſie aber faſſen ob ne Sterben meines Willens ? Der Meiſter ſprach : 3118, daß du fie wilt faffen , fo fliebet fie von dir ; ſo du did ihr aber gang und gar ergibſt, fo biſt du dir nach deinem Willen todt, und ſie wird alsdann das Leben deiuer Naeur : Sie tódtet dich nicht ſondern machet dich lebendig nach ihrem Leben : Alsdann lebeft du , aber nicht deinem , fondern ihrem Willen , dann bein WBille wird ihr Wille ; fo biſt du dir alsdann tobt , und lebeſt aber S Otte. 31. Der Junger ſprach :Wie daß ſie ſo wenig Menſchen finden , und hatten ſie doch alle gerne ? Der Meiſter ſprach : Sie ſuchen ſie alle in Etwas , als in bildlicher Meinung , in eis gener Begierde, dazu haben ſie faſt alle cigne natürliche Luft : D6 fie fich ihnen gleich anbeut , ſo findet ſie doch keine Stát: te in ihnen , dann die Bildlichkeit eigenes Willens hat ſich an ihre Ståtte gefeßt, ſo will fie die Bildlichkeit eigener Luft in fich baben , aber ſie fleucht davon , dann ſie mobnet alleine im Nichts , darum finden ſie Sie nicht. 32. Der Junger ſprach : Was iſt ihr Amt im Nichts ? Der N1eiſter ſprach : Das iſt ihr Amt , daß ſie ohne Unterlaß ins Fmvas eindringet; und To fie im Etwas mag eine Ståtte fins den,

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153 5. Vomrüberſinnlichen Leben . ben , die ſtille ſtebet , die nimt ſie ein , und erfreuet ſich mit ib: rer Feuer -flammenden Liebe mehr darinne , als die Sonne in der Welt : Ihr Amt iſt, daß fie ohne Unterlaß im Etwas ein Feuer anzünde , und das Etwas verbrenne, und ſich darmit über- inflammire. lieber Meiſter , wie verſfebe 33. Der Junger ſprach : ich das ? Der Meiſter ſprach : Iſts , daß ſie in dir mag ein Feuer anzünden , ſo wirſt du das fühlen , wie ſie deine Ichbeit verbrennet , und ſich deines Feuers alſo hoch erfreuet , daß du dich eher liefſeſt todten ,als daß du wieder in dein Etwas eingin geſt : Auch iſt ihre Flamme ſo groß, daß ſie nicht von dir liefTe, ob es gleich dein zeitlich Leben gilt, ſo gebet ſie mit dir in ihrem Feuer in Tod ; Und ob du in die Hölle führeſt , fie zerbrache die Hölle um deinet willen . 34. Der Jünger ſprach : Lieber Meiſter , ich kann nicht mebr ertragen , das mich irret ; wie mag ich den nåbeſten Weg zu ihr finden ? Der Meiſter ſprach : Woder Weg am hårte ften iſt, da gebe bin , und was die Welt wegwirft , des nim dich an ; und was ſie thut , das thue du nicht: Wandele der Welt in allen Dingen zuwieder , ſo kommſt du den nächſten Weg zu ihr. 35. Der Jünger ſprach : Sſts , daß ich allen Dingen zu wieder wandele, ſo muß ich ja in eitel Noth und Unrubeftes ben , auch würde ich als thórícht erkant werden . Der Meis fter ſprad ): Ich heiſſe dich nicht iemanden Leides thun , als lein die Welt lieber nur Trug und Eitelkeit , und wandelt auf falſchem Wege ; und ſo du in allen Dingen ihrem Wege ein Gegenſpiel ſeynwilſt, ſo wandel alleine aufrechtem Wege, dann der rechte Weg iſt allen ihren Wegen zuwieder. Daf du aber fageſt , du würdeſt iu eitel Angſt ſtehen , das geſchies bet nach dem Fleiſch , das gibt dir Urſache zu ſteter Buſſe; und in ſolcher Angſt iſt die Liebe am allerliebſten mit ihrem Feuer Aufblaſen. Daß du auch ſageſt, du würdeſt für thóricht er , kant werden , das iſt wahr , dann der Weg zur Liebe GOttes iſt der Welt eine Sborheit , und aber den Kindern GOttes ei ne Weisheit : Wann die Welt folch Liebe: Feuer in GOttes Kindern fiebet, ſo ſaget fie, fie ſind thórict worden : Aber den Kindern GOttes ift es der gråſte Schag , den nie kein Leben ausſprechen kann, auch nie kein Mund nennen mag, was da fen das Feuer der inflammenden Liebe GOttes , welches weiffer

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IX.Weg zu Chriſto .

iſt dann die Sonne, und füſſer dann kein Honig , und kräftiger dann keine Speiſe und Tranck, auch lieblicher dann alle Freus de dieſer Welt: Wer dieſes erlanget, iſt reicher dann kein Kos nig auf Erden , undedler als kein Keyſer ſeyn mag , und ſtars der dann alle Macht. 36. Der Jånger fragte ferner den Meiſter : Bo fábret die Seele dann bin , wann der Reib ftirbet , fie fer ſelig ober verdammt? Der Meiſter ſprach : Sie darf keines Ausfab rens , fondern das äuſſere , tódtliche Leben ſamt dem Leibe fcheiden ſich nur von ihr ; Sie hat Himmel und Hölle zuvor in fich , wie geſchrieben ſtebet: Das Reich SDttes kommtnicht mit äuſſerlichen Gebården ,man wird auch nicht ſagen : Siebe bie oder da iſt es, dann feber das Reich GOttes ift inwendig in euch ; Welches in ihr offenbar wird , entweder der Himmel oder die Hölle , darinnen ſtehetfie. 37. Der Jånger ſprach : Fåhret ſie dann nicht in Him. mel oder Hölle ein , wie man in ein Haus eingebet, oder wie man durd ein Loch in eine andere Welt eingebet ? Der Mei fter ſprach : Nein ,es iſt kein Einfahren auf folche Weiſe; dann Himmel und Hölle iſt überal gegenwärtig : Es iſt nur eine Einwendung des Willens ,entweder in GOttes Liebe oder Born ; und ſolches geſchicht bey Zeit des Leibes,davon S. Pau lus faget: Unſer Wandel iſt im Himmel ; Und Chriſtus ſpricht auch : Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne fie, und ſie folgen mir , und ich gebe ihnen das Ewige Leben, und niemand wird ſie mir aus meiner Hand reiffen. Joh. 10 : 27. 28 . 38. Der Jünger ſprach : Wie geſchicht dann folch Ein geben des Willens in Himmel oder Hölle ? Der Meiſter ſprach : Wann ſich der Wille zu Grunde GOtt ergibt , ſo er Tincket er auſſer ſeiner ſelber, auſſer allem Grunde und Stätte, da allein GOtt offenbar iſt, wircket und will : ſo wird er ihm felber ein Nichts nach ſeinem eigenen Willen : Alsdann wirs det und will GOtt in ihm , und wohnet GDtt inſeinem gelaſ fenen Willendadurch wird die Seele gebeiliget ,daß fie inGotts liche Rube kommt. Wann nun der Laib zerbricht , ſo iſt die Seele mit Göttlicher Liebe durchdrungen , und mit GOttes licht durchleuchtet, wie das Feuer ein Eiſen durchglüet, davon es ſeine Finſterniß verlieret. Das iſt die Hand Chriſti , da GOttes Liebe die Seele gang durchwohnet, und in ihr ein

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5. Vom überſinnlichen Leben . 155 ein ſcheinend Licht und neues Leben iſt, ſo ift fie im Himmel, und ein Tempel des H. Geiftes, und iſt ſelber GOttes Hims mel, darinnen Er wohnet. Aber die gottloſe Seele will in dieſer Zeit nicht inGöttliche Gelaſſenheit ihresWillens gehen, fondern gebet nur ftets in eigene Luft und Begierde, in die Eis telkeit und Falſchheit , in des Teufels Willen : Sie faſſet nur Bosheit, Lügen Hoffart,Geiß,Neid und Zorn in ſich und ergies bet ihren Willen darein . Dieſelbe Eitelkeitwird in ihr auch of fenbar und wirckende, und durchdringet die Seele gang und gar, wie ein Feuer das Eiſen. Dieſe kann zu Gottlicher Rube nicht kommen ,dann GOttes Zorn iſt in ihr offenbar : Und fo fich nun der Leib von der Seele ſcheidet, fo gebet ewig Reuen und Verzweifeln an, dann ſie empfindet, daß ſie iſt ein eitel folcher ångftiicher Greuel worden,und fchamet fich, daß fie fol te mit ihrem falſchen Willen zu GOtt einbringen , ja fie kann auch nicht,dann ſie iſt im Grimm gefangenund iſt ſelber ein eis tel Grimm und hat ſich darmit eingeſchloſſen, durch ihre falſche Begierde,welche fie in fid' hat erwecket.lind weil GOttes Licht nicht in ihr ſcheinet,und feine Liebe ſie nicht berühret,ſo iſt ſie ei: ne groſſe Finſterniß, und eine peinlicbe, ångſfliche Feuer -Qual, unb tråget die Hodie in fich, und kann das LichtGOttes nicht ſeben . Alſo wohnet ſie in fich ſelber in der Hilie, und darf keis nes Einfahrens : Dann wo fie innen iſt, ſo ift fie in der Hölle, und ob ſie ſich viel hundert tauſend Meilen könte von ihrer Ståtte ſchwingen, ſo ift ſie doch in ſolcher Dual und Finſterniß. 39. Der Jünger ſprach : Wie dann, daß die 5.Scele in dieſer Zeit folch Licht und groffe Freude nicht mag vollkommen empfinden , und der Gottloſe die Hölle auch nicht fühlet, weil beydes im Menfden iſt,und je eines im Menſchen wirdet? Der Meiſter ſprach : Das Himmelreich iſt in den Heiligen in ih rem Glauben wirckende und empfindlich, fie fühlen GOttes Liebe in ihrem Glauben dadurch ſich der Wille in GOtt ergibt: aber das natürliche Leben iſt mit Fleiſch und Blut umgeben , und ſtebet im Gegenſag des Sornes Ottes,mit der eiteln Luft dieſer Welt umgeben, welche das auffere tódtliche Leben ſtets durchdringet : Da auf einer Seiten die Welt, und auf der ans dern Seiten der Teufel, und auf der dritten Seiten der Fluchy des Zornes GOttes, im Fleiſch und Blut das Leben durchdrin get, und richtet ; Dadurch die Seele oft in Angſt frebet, wann alſo die Hölle auf fie dringet, und ſich in ihr will offenbaren .

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156 IX. Weg zu Chriſto. Sie aber erfindet in die HoffnungGöttlicher Gnade ein , und ftebet als eine ſchöne Rofe mitten unter den Dornen, bis dieſer Welt Reich von ibr fällt im Sterben des leibes: Alsdann wird ſie erſt recht in GOttes Liebe offenbar, wann ſie nichts mehr hindert. Sie muß dieſe Zeit mit Chriſto in dieſer Welt wan: deln , Chriſtus erlåſet ſie aus ihrer eigenen Höllen, indem Er fie mit ſeiner Liebedurchdringet, und bey ihrin der Höllen ſtehet, und ihre Hölle in Himmel wandelt. Daß du aber ſpracheft, warum der Gottloſe in dieſer Zeit die Hölle nicht füblet, Fage ich : Er fiihlet ſie wol in ſeinem falſchen Gewiſſen , aber er vers ſtebet das nicht, dann er hat noch die irdiſche Eitelkeit, mit der er ſich beliebet, daran er Freude und Wolluſt hat: auch bat das auſſere Leben noch das Licht der äuſſern Natur, darinnen ſich die Seele beluſtiget, daß alſo das Peinen nicht mag offenbar werden ; Wann aber der Leib ftirbet, ſo kann die Seele folcher geitlichen Wolluſt nicht mehr genieſſen,und iſtihr auch dasLicht der auſſern Welt verloſchen : Alsdann ſtehet fie in ewigem Durſte und Hunger nach folcher Eitelkeit, mit welcher fie ſich alhie hat beliebet, und kann aber nichts erreichen , als nur Toda chen falſchen eingefaſten Willen : Deſſen ſie in dieſem Leben zu viel hat gehabt, und ſich doch nichtlaſſen begnügen, deſſen bat ſie alsdan zu wenig,darum iſt ſie in ewigem Hunger und Durft nach Eitelkeit. Bosheit und Leichtfertigkeit: Sie wolte immers dar gerne noch mehr Böſes thun, und hat aber nichts darinnen oder damit ſie das kann vollbringen , ſo geſchicht ſolches Polls bringen nur in ihr ſelber. Und ſolcher hölliſcher Hunger und Durft kann eher nicht ganß offenbar in ihr werden, bis ihr der Leib ftirbet, mit dem ſie hat alſo in Wolluſt gebublet, welcher ibr zufügete wornach fie lúfferte. 40. Der Jünger ſprach : Weil Himmel und Holle in dies ſer Zeit in uns im Streite und uns GOtt alſo nabe iſt ,wowob nen dann dieEngel und Teufel in ſolcher Zeit ? Der Meiſter ſprach : Wodu nach deiner Selbheit und eigenem Willen nicht wohneſt, da wohnen die Engel bey dir und überal ; und wo du nach deiner Selbheit und eigenem Willen wohneſt, da wohnen die Teufel bey dir und überal. 41. Der Jünger ſprach : Ich verſtebe das nicht. Der Meiſter ſprach : Wo GOttes Wille in einem Dinge will, da iſt GOtt offenbar ; in ſolcher Offenbarung wohnen auch die Engel: Und wo GOtt in einem Dinge nicht mit des Dinges Willen


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5. Vom überſinnlichen Leben . 157 Willen wil, ſo iſt GDtt alda ihm nicht offenbar, ſondern woh Mitwir Dinges deffelbe kung ; als n net nur in fich ſelber, ohne da iff in dem Dinge eigener Wille ohneGOttes Willen ,und da wohner der Teufel, und alles was auſſer GOtt iſt. 42. Der Jünger ſprad ): Wie Ferne iſt dann Himmel und Hšle von einander ? Der Meiſter ſprach : Wie Tag und Nacht und wie Ichts und Nichts : Sie ſind in einander und iſt je eins dem andern wie ein Nichts, und urſachen doch einander zur Freude und Leid. Der Himmel iſt durch die gange Welt, und auſſer der Welt überal , ohne alle Trennung, Drt oder Ståtte, und wircket durch Göttliche Dffenbarung nur in fich felber : Und in deme das darein kommt, oder in deme darinnen er offenbar wird,alda iſt GDtt offenbar. Dann der Himmel iſt anders nichts , als eine Offenbarung des ewigen Eins, da alles in ſtiller kiebe wircket und will. Urd die Hölle iſt auch durch die gange Welt, wohnet und wircket auch nur in ſich ſelber, und in deme, darinnen der Höllen Fundament offenbar wird, als ils Selbbeit und falſchem Willen . Die fichtbare Welt bat dieſes beydes in fich : Aber der Menſch nach dem zeitlichen Leben , ift allein aus der ſichtbaren Welt, darum fiebet er diefe Zeit des auſſern Lebens die geiſtliche Welt nicht; Dann die äuſſere Welt mit ihrem Weſen ,iſt eine Decke vor der geiſtlichen Weltgleich wie die Seele mit dem Leibe bedeckt iſt : Wann aber der åuſſere Menſo ſtirbet, ſo wird die geiſtliche Welt nach der Seelen ofá fenbar, entweder nach ewigem Lichte bey den H. Engeln, oder in ewiger Finſterniß bey den Teufeln. 43. Der Jünger ſprach : Was iſt dann ein Engel, oder die Seele eines Menſchen,daß ſie alſo mogen in GOttes Liebe oder Zornoffenbar werden ? Der Meiſter ſprach : Sie ſind aus gleichem Urſtande, ein Stück aus Göttlicher Wiſſenſchaft Göttliches Willens , entſprungen aus Göttlichem Worte, und geführet in einen Gegenwurf Göttlicher Liebe : fic find aus dem Grunde der Ewigkeit, daraus Licht und Finſterniß entſpringet: Als in der Annehmlichkeit eigener Begierde ift die Finſterniß , und in gleichem Wollen mit Gott das Licht; da der Wille der Ichheit der Seelen mit Gott will, da iſt GOttes Liebe im Wirken : Und in der Selbft - Ans nebm lichkeit des ſeeliſchen Wollens wircket Settes Wille peinlid , und iſt eine Finſterniß, auf daß das Licht erkant werde. Sie find andersnichts als eine Pffenbarung Gótelia Des


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IX. Weg zu Chriſto .

ches Willens, entweder in licht oder Finſterniß der geiſtlichen Welt Eigenſchaft. 44. Der Jünger ſprach : Was iſt dann der Leib eines Mens fchen ? Der Meiſter ſprach : Er iſt die ſichtbare Welt, ein Bild und Wefen alles beſſen was die Welt iſt; und die fichtbare Welt iſt eine Offenbarung der innern geiſtlichen Welt,aus dem eria gen Lichte, und aus der ewigen Finſterniß, aus dem geiſtlichen Gewircke: Und ift ein Gegenwurfder Ewigkeit, mit dem ſich die Ewigkeit hat ſichtbar gemacht, da eigen Willeund gelaſſes ner Wille untereinander wircfct, als Böſes und Gutes . Eint folches Weſen iſt auch der åuſſere Menſch : dann GOtt fchuf die benäuſſern Menſchen aus der åuſſern Welt, und blies ihm innere geiſtliche Welt zu einer Seelen und verſtändigem Reben

ein : Darum kann die Seele in der äuſſern Welt Weſen,Böres und Gutes annehmen und wircken. 45. Der Jünger ſprach : Was wird denn nach dieſer Welt feyn, wann das alles vergebet? Der Meiſter ſprach : Es håret nur das materialiſche Wefen auf, als die vier Elementa , die Sonne, Mond und Sternen : Alsdann wird die innere geiſtlia che Welt gang ſichtbar und offenbar ; was aber in dieſer Zeit iſt durch den Geiſt gewircket worden , es ſey Bofe oder Gut, da wird ſich ein iedes Werck geiſtlicher Art nach, entreder in das Licht, oder in die ewige Finſterniß fcheiden : Dann was aus ies dem Willen geboren iſt, das dringet wieder in ſeine Gleichbeit ein . Und da wird die Finſterniß die Håde genant, als eine emis ge Bergeſſung alles Guten ; und das Licht wird das Reich GOttes genant, als eine ewige Freude und ein ewiges Lob der Heiligen, daß ſie ſind von ſolcherPein erloſet worden . Das endlidhe Geridite iſt eine Anzündung des Feuers nach GDts tes Liebe und Zorn . Darinnen vergebet die Materia aller Wes fen, und wird ein iedes Feuer das Šeine, als das Weſen ſeiner Gleichheit, in fich sieben. Als was in SDttes Liebe iſt erbos ten, das zeucht das Liebe- Feuer SDttes in fich, darinnen es auch wird nach der Liebe Art brennen , und ſich demſelben Wes fen ſelber einergeben . Was aber in GOttes Zoru nach der Finſterniß iſt gewirdet worden , das zeucht die Peinlichkeit in Rich und verzehret das falſche Weren ; alsdann ſo bleibet nur der peinliche Wille in eigener Bildung und Form. 46. Der Jånger ſprach . In welcher Materia oder Geſtalt werden unſere Leiber auferſteben ? Der Meiſterſprach : E $ mpiro


5. Vom úberſinnlichen Leben.

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wird gefäet ein natürlicher,grober und elementariſcher Leib,der iſt in dieſer Zeit den äuſſern Elementen gleich ; und in demſel ben groben Leibeiſt die ſubtile Kraft, gleichwie in der Erden eis ne ſubtile gute Kraftiſt, welche ſich mit der Sonnen vergleia chet, und einiget, welche auch im Anfange der Zeit, aus Göttlia cher Kraft entſprungen iſt, daraus auch die gute Kraft des Leie bes iſt genommen worden . Dieſe gute Kraft des tddtlichen Leibesfoll in ſchöner,durchſichtigercryſtalliniſcher, materiali der Eigenſchaft,in geiſtlichem Fleiſche und Blute wiederkoms men ,und ewig bleiben oder leben. Wie dann auch die gute Kraft Tenn, und der Erden, da dann die Erdewird auch cryſtalliniſch das Göttliche Licht wird in allem Weſen leuchten. Und wie die grobe Erde vergeben, und nicht wiederkommen ſoll, alſo auch foll das grobe Fleiſch des Menſchen vergehen , und nichtewig leben : Aber vor das Gericht muß alles , und im Gerichte durch bas Feuer geſchieden werden, beydes die Erde und die Aſche .

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des menſchlichen Leibes. Dann wann GOtt wirddie geiſtliche Welt noch eines bewegen , ſo zeucht ein ieder Geiſt ſein Geiſtli, ches Weſen wieder an ficb : Als ein guter Geiſt und Seele feucht ihr gutes Weſen an ſich, und ein Böſer ſein böſes ; man muß aber nur eine weſentliche, materialiſche Kraft verſtehen , da das Weſen eitel Kraft iſt, gleich einer materialiſchen Dins ctur, da die Grobbeit vergebet an allen Dingen . 47. Der Jänger ſprach : So werden wir nicht mit den Fächtbaren Leibern aufſteben , und darinnen ewig leben ? Der Meiſter ſprach . Wann die ſichtbare Welt vergebet, foverges het alles das mit, was aufſerlich iſt geweſen, das aus ihriſt berkommen ; Von der Welt bleibet nur die himmliſche, crn ſtalliniſche Art und Form ; alſo auch vom Dienſchen bleibet nur die Geiſtliche Erde; Dann der Menſch wird der geiſtlis chen Welt, welche ießo noc verborgen iſt, gane gleich feyn . 48. Der Jånger ſprach : Wird auch ein Mann und Weib Peyn im Seiftlichen Leben , oder Kinder, oder Blutfreune de ? wird ſich auch einer zum andern gefellen, wie alhie geſchés ben iſt ? Der Meiſter ſprach : Wie biſt du ſo fleiſchlich gefins net ? Es iſt alda fein Mann noch Weib , ſondern alle nur gleich den Engeln GOttes,als männliche Jungfrauen, weder Tochter, Sohn, Bruder noch Schweſter , ſondern alle eines Geſchlechtes,in Chriſto Ale nur Einer,wie ein Baum in ſeinen

8. Heften ; und doch abſonderliche Creaturen , aber GDt alles mal

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160 IX. Weg zu Chriſto. in allen . Es wird ja eine geiſtlideErkentniß. feyn , was ein ieder geweſen iſt,und was er gethan bat , aber es iſt keine Ans nehmlichkeit, oder Begierde zur Annehmlichkeit ſolches Wes fens mebr da. 49. Der Junger ſprach : Werden ſie auch alle gleich der ewigen Freude und Glorificirung genieſſen . Der Meiſter ſprach : Die Schrift (pricht: Welch ein Bold das iſt einen fola chen GOtt hat es auch. Item : Bey den Heiligen biſt du beiligi und bey den Verkehrten verkebret. Pl.18:26, 27. Und S.Pau lus ſchreibet : Sie werden einander übertreffen in der Aufers ftehung wie Sonne,Mond und Sternen.i.Cor.15: 41. So wiſſe nun,daß ſie ja werden alle Göttlicher Wirckung genieſſen , aber ibre Kraft und Erleuchtung wird gar ungleich ſeyn : Alles nachdem einrieder wird in dieſer Zeit in ſeinem ångſtlichen Wir den, ſeyn mit Kraft angethan worden ; Dann das ángſtliche Wircken der Creatur dieſer Zeit, iſt eine Eröffnung und Geta rung GottlicherKraft, dadurch GOttes Kraft beweglich und wirckende wird : Welche nun in dieſer Zeit mit Chriſto haben gemircfet und nicht in Fleiſches-Luft,die werde eine groſſeKraft und Phone Glorificirung in und an ſich baben ; Die andern aber, welche nur auf einezugerechnete Genugthuung alleine ge wartet, und unterdeſſen dem Bauch Gotte gedienet, und fich doch endlich bekehret haben , und zur Huld kommen ſind, dieſe werden nicht ſo groſſe Kraft und Erleuchtung baben : Darum wird es mit dieſen ein Unterſcheid fern, wie mit Sonne , Mond und Sternen undden Wieſen - Blumen in in ihrer Schönheit, Kraft und Jugend. 50. Der Jünger ſprach : Wie,oder durch wen ſolldie Welt gerichtet werden ? Der Meiſter ſprach : Mit Göttlicher Bes wegniß,durch die Perſon und Seiff Chriſti, der wird durch das Wort GOttes, das Menſch ward, von ſich ſcheiden das Chris: ffum nicht angehöret ; und wird fein Reich in dem Orte,wo bieſe Welt ſtebet, gang offenbaren , dann die Bewegniß der Scheidung geſchichtüberalzu gleich. 51. Der Junger ſprach : Wo werden dann die Seufel und alle Berdammten hingeworfen werden, ſo der Ort dieſer gans Ben Welt das Reich Chriſti iſt,undglorificiret werden ſoll; wers den ſie auſſer den Ort dieſer Welt getrieben werden , oder wird Chriſtus ſeine Herrſchaft auffer dem Ort dieſer Welt haben, und offenbaren ? DerMeiſter ſprach : Die Holle bleibet im Drte


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Vom úberſinnlichen Leben .. 161 dieſer Drte Welt an allen Enden, aber dem Himmelreich vers borgen,wie die Nacht im Tage verborgen iſt: das Licht wird ewig in die Finſterniß ſcheinen , und die Finſterniß kann das nicht ergreiffen. So iſt das Licht das Reid Cbrifti , und die Finſterniß iſt die Hölle,darinnen die Teufel und Gottleſen wob nen : Alſo werden ſie vom Reiche Chrifti unterdruckt, und zum Subſchemel, alszum Spotte, gefeget werden . 52. Der Jünger ſprad) : Wie werden alle Völcker vor das Gerichtgeſtellet werden ? Der Meiſter ſprach : Das ewige Wort GOttes,daraus alles Geiſtliche, Creatürliche Leben iſt gegangen ,beweget ſich zu der Stunde nach Liebe und Zorn , in allem Leben,was aus der Ewigkeit iſt, und zeucht die Creatur vor das Urtbeil Chriſti. Durch ſolche Bewegniß des Wortes wird das Leben in allen ſeinen Wercken offenbar , und wird ein ieder ſein Urtheil und Gerichte in fich feben und empfin den ; Dann das Gerichte wird in des menſchlichen Leibes Abſterben alsbald in der Seelen offenbar ; das End -Urtheil iſt nur eine Wieberkunft des geiſtlichen Leibes, und eine Scheis dung der Welt, da am Weſen der Welt, und am Leibe ſoll das Bðfe vom Guten geſchieden werden, ein iedes Ding in feinen ewigen Eingangund Behalter : Und iſt eine Offenbarung der Berborgenheit GOttes in allem Weſen und Leben. 53. Der Jånger ſprach : Wie wird das Urtheil gefället ? Der Meiſter ſprach : Da fiebe an die Worte Chriſti , der wird ſprechen zu denen zu ſeiner Rechten :Kommt ber,ihr Ges fegneten meines Baters, ererbet das Reich , das euch bereitet iſt vom Anbegin der Welt; Dann ich bin hungerig gewefent, und ihr babet mich geſpeiſet ; Ich bin durſtig geweſen , und ihr habet mich getráncfet : Ich bin ein Gaſt geweſen , und ihr babetmich beherberget; Ich bin nacker geweſen, und ihr ha bet mich bekleidet: Ich bin franck und gefangen geweſen , und ihr haber mich befuchet, und ſend zu mir kommen . Und fie werden Ihm antworten : Wann baben wir dich bungerig, burſtig, einen Gaſt ,nackend, krant, und gefangen geſehen, und haben dir alſo gedienet ? Und der König wird antworten , und zu ihnen ſagen : Was ihr gethan babet einem unter dieſen meis nen geringſten Brüdern , das babet ihr Mir gethan . Und zu den Gottloſen zur Linden wird Er ſagen : Gebet hin von mir, ihr Berfluchten, in das ewige Feuer , das bereitet iſt dem Teufel und ſeinen Engeln . Id bin þungerig,durftig,einGaſt, nacker,


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ix . Weg zu Chriſto . nacket,kranck und gefangen geweſen , und ihr Babet Mit nicht gedienet. Und ſie werden Ihm auch antworten , und zu Ihm ſprechen : Wann haben wir dich alſo geſehen , und haben dir nicht gedienet ? Dann wird Er ibnen antworten : Wahrlich ich ſage euch, was ihr nicht gethan habet einem unter dieſen Geringſten,das habet ihr mir auch nicht gethan. Und ſie wers den in die ewige Pein geben ; aber die Gerechten in das ewige Leben. Matth . 25: 34-46 .

54. Der Junger ſprach : lieber Meiſter , fage mir doch , warum agct Chriſtus : Was ihr dieſen Geringſten gethan ha bet,das habet ihr Mir gethan ,und was ihr ihnen nicht gethan babct,das habet ihr mir auch nicht gethan ? wie thut inan Ehrl ſto folches,daß es ihm ſelber geſcbebe ? Der Meiſter ſprach : Chriſtus wohnct weſentlich im Glauben derer die ſich Ihm gang ergeben, und gibt ihnen fein Fleiſch zur Speiſe, und feint Blut zum Trance , und beſikt alſo den Grund ihres Glaubens nach der Injvendigkeit des Menſchen ; darum dann ein Chriſt ein Rebe an ſeinem Weinſtocke, und ein Chrift genant wird, das Chriſtus geiſtlich in ihm wohnet :Undwas man nun einein folchen Chriſten in ſeinen leiblichen Róthen thut, das thut man Chriſto felber, welcher in ihm wohnet ; Dann ein ſolcher Chriſt iſt nicht ſein eigen, ſondern iſt Chriſto gang ergeben , und ſein Eigenthum , darum ſo geſchicht es Chrifto felber : Und wer nun feine Hand von ſolchem nothleidenden Chriſten -Menſchen abgeucht, und ihn nicht in Nöthen dienen will, der ſtoffet Chris ftum von ſich weg, und verachtet Ihn in ſeinen Gliedern. Wann dich ein armer Menſch bittet, der Chriſtum angehöret, und du verfaget es ihm in ſeiner Nothdurft, ſo baſt du es bri fto felber verſaget; undwas man einem ſolchen Chriſten -Men : fchen zu Leide thut,das thut man Chriſto ſelber : Wann man einen ſolchen Menſchen ſpottet,verhöhnet, låſtert, und von fich ſtófTet, das alles thut man Chriſto felber ; Wer ihn aber auf. nimt , fpeifet, tráncket, kleidet, und in Notben beyſpringet, der thut es Chriſto und feines eigenen Leibes Glieder, ja er thut es Ibm felber, ſo er ein Chriſt iſt: Dann in Chrifto find wir nur einer, wieder Baum in ſeinen Veſten . ,, 55. Der Jånger ſprach : Wie wollen dann dieſe beſteben am Sage ſolches Gerichts , welche den Armen , Elenden alſo quaten, und ihme ſeinen Schweiß ausſaugen, ibn drengen , und mit


5. Vom überſinnlichen Leben . 163 mit Gewalt an ſich ziehen, und für ihren Fußbader achten, nur zu dem Ende, daß fie eigen - machtig , und ſeinen Schweiß in Wolluſt mit Hoffart und Uppigkeit verzehren ? Der Meiſter ſprach : Dieſe alle thun es Chriſto ſelber ,und gehören in ſein ſtrenges Urtheil: Dann fie legen ihre Hände alſo an Chriſtum , verfolgen ihn in ſeinen Gliedernund helfen darneben dem Seu : fel fein Reich mehren, und ziehen den Armen durch ſolch Drens gen von Chriſto ab, daß er auch einen leichtfertigen Weg fus chet, ſeinen Bauch zu füllen : Ja, fie thun anders nichts, als der Seufel ſelber tbut, welcher ohneUnterlaß dem Reicbe Chriſti in der Liebe wiederſteber. Denn alle,fo fie ſich nicht von gan bem Herßen zu Chriſto bekehren, und Thm dienen müſſen in das hölliſche Feuer geben, da eitel ſolche Eigenbeit innen iſt. 56. Der Jünger ſprach : Wie werden dann dieſe beſtehen , welche in dieſer Zeit alſo um das Reich Chriſti ſtreiten , und einander darum verfolgen ,ſchånden, ſchmäben , und låſtern ? Der Meiſter ſprach : Diefe alle haben Chriſtum noch nie ers tant, und ſtehen auch nur in der Figur, wie Himmel und Hölle miteinander um die Uverwindung ſtreitet. Alles Aufſteigen der Hoffart,daman nur um Meinungen ſtreitet,iſt ein Bild des Eigenthums : Welcher nicht den Glauben und die Demuth bat,und in Chriſti Seift ftebet, der iſt nur mit dem ZorneGDts tes gewapnet, und dienet der Überwindung der bildlichen Eis genbeit, als dem Reiche der Finſterniß , und dem Zorne Gots tes . Dann alle Eigenheit wird am Gerichts - Tage der Fins ſterniß gegeben werden : Alſo auch ihr unnüße Sezáncfe,das durch ſie keine Liebe ſuchen , ſondern nur bildliche Eigenheit, fich in Meinungen feben zu laſſen, und dadurch die Fürſten um folche bildliche Meinungen zu Kriegen verurſachen , und mit ibren Bildern fand und Leute ſtürmen und verwüſten : Dieſe alle gehören in das Gerichte zum Scheiben , das Falſche vom e harli Recten : Dawerden alle Bilder und Meinungen aufhörent TA und werden alle Kinder GOttes in der Liebe Cbriſti wandeln, ad und Er in uns. Alles was in dieſer Zeit des Streits nicht im Geiſte Cbriſti eifert, und allein die Liebe begehret zu fördernt, IND ſondern Eigen - Nuß im Streit ſucbet, das iſt vom Šeufel, und geboret in die Finſterniß , und wird von Chriſto geſchieden werden : Dann im Himmel bienetalles in Deinuth SDtt feis nem Schöpfer. 57. Der Jünger ſprach : Warum låffet es dann GDtt in yp33 dieſer


IX. Weg zu Chriſto. 166 dieſer Zeit gefcbeben , daß ſolcher Streit iſt ? Der Junge ſprach : Das Leben ſtehet im Streite, aufdaß es offenbar, ein pfindlich , findlich und die Weisbeit ſchieblich , und erkant wer de : Und dienet zur ewigen Freude der überwindung. Dann in den Heiligen in Chriſto wird ein groſſes Lob daraus entſte ben, daß Chriſtus in ihnen die Finſterniß und alle Eigenheit der Natur überwunden hat, und ſievom Streite erldfet find : Deſſen werden ſie ſich ewig erfreuen , wann ſie erkennen wer: den, wie es den Gottloſen vergolten wird. So láffet nun GOtt álle Dinge im frepen Willen ſtehen , aufdaß die ewige Herr ſchaft nach Liebe und Zorn, nach Licht und Finſterniß offenbar und erkant werde, und ein iedes Leben fein Urtheil in fich ſelber urface und erwecke : Dann was iego den Heiligen in ibrem Elende ein Streit und Pein iſt, das wird ihnen in greffe Freude verwandelt werden ; Und was den Gottlofen eine Luſt und Freude in dieſer Welt iſt , das wird ihnen in ewige Pein und Schande verkehret werden. Und darum muß denHeiligen ibre Freude aus dem Jode entſtehen , gleichwie das Licht aus der Kergen durch das Sterben und Verzehren im Feuer ent ftebet ; Aufdaß das Leben alſo der Peinlichkeit der Natur 105 werde, und sine andereWelt berige. Gleichwie das Licht gar andere Eigenſchaft hat als das Feuer und ſich felber gibt,und das Feuer aber ſich felber nimt und friſfet ; Ulfo auch grünet das heilige Leben der Sanftmuth durch den Tod aus , da der eigene Wille erſtirbet , und alleine GOttes liebe-Wide Alles in allein regieret und thut. Dann alſo hat das Ewige eine Empfindlichkeit und Schieda lichkeit angenommen , und ſich wieder durch den Tod mit der Empfindlichkett in groſſer Freudenreich ausgeführet, aufdaß ein ewiges Spiel in der unendlichen Einheit fey, und eine eivis ge Urſachezur Freudenreichy ; ſo muß nun die Peinlichkeit ein Grund und Urſache feyn zu folcher Bewegniß. Undin diefem lieget das Myfterium der verborgenen Weisa beit GDttes. Wer da bittet, der empfahet : Wer da ſuchet, der findet : Und wer da anklopfet,dein wird aufgethan . Die Gnade un fers HErrn JEfu Chriſti,und die Liebe GOttes , und die Ges meinſchaft des 5.Geiſtes ,fey mit uns allen, Amen . E

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Das Sechſte Büchlein

THEOSCOPIA oder

Bie hochtheure

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Von

Söttlicher

Beſchaulichkei

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seas Myſterium Magnum , und wie alles von ,durch und in Gott

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ſen , wie GOtt allen Dingen ſo nahe fey , und alles erfüŭe. Geſchrieben im Jahr 1620 :

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durch Jacob Böhmen.

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Gebrudt im Jahr des ausgebornen groſſen Heils

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1916 18.

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Das rechſte Büchlein. THEOSCOPIA oder

Die hochtheure Porte Von Göttlicher

Beſchaulichkeit .

Das 1. Capitel. Was GOtt ſen : Und wie man ſein (Götte liches ) Weſen an ſeiner Offenbarung erkennen ſoll ? Summarien . Rje Vernunft tann Gott nicht ſchauen , Ş. 1.2. empfindet iedoch eine Begierde nach der Ruhe, 3. und ergiebet fich ins Leiden. 4 . GOtt offenbaret ſich im Geinúthe. 6. 7. Dhne Wiederwartig teit mag ihm nichts offenbar werden , noch einpflndlichy , 8. 9. Gott wåre Ibm felbft verborgen ; 10. aber durch den Wiederwillen kommt Erkentniß, it wo ſid )die Sinnen in gut und bós ſcheiden . 12. Denn treibet das Böſe den Willen zu Gott, 13. und wird das Gute durchs Böſe erkant, 14. GOttes EinigerWille flieſſet immer aus, und be: weget das Leidende zum Sebnen nach dem Einen. 16. GOtt wil ſich felber ,und iſt ein Gegenwurf ferner Selber, 17. gleich der ſinnliche uusiluß ein Gegenwurf des Gemüths iſt. 18. Wo nur Eines wäre, konten GOttes Wunder nicht offenbar werden , 19. ein wiederwarti: ges aber erwecket Begehren, 20. unddaher kommt Streit,ſamt Glau: be und Hoffnung. 21. 22. Nicht aus GOtt, ſondern aus dem Ausfuß des Worts kommtdie Eigenheit. 23. Dieſer eigene Wille iſt begeh rend undmachet fich finſter. 24. In ſolchem Göttlichen Uusfuß ift uns zu erkennen , Göttes Einiger Wille auſſerNatur, 25. und der ans fängliche Wille zur Natur. 26. Ieder begehret ſeine Gleichheit, 27. und iſt uns nun der gute und böſe Wille in allen Dingen zu verſtehen . 28. Jeder machetihin einen Gegenwurf, 29. welche 2 Weſen und Willen in dieſer Welt ſind. 30. Das Himmliſche hånget dem Irbis Ichen und das Irdiſche dem Himmliſchen an. 31. Die luſt Göttlicher Straft, von Gõtt in dieNatur geführet,ſehnet ſich nach Erlöſung von der Eitelkeit. 32:34 . Alſo iſt allesvon GDtt. 35. Die Vernunft iſt nur des rechten Lebens Gegenwurf. ibid. Der Weiſe wird durch Eingehen ſeines Willens errettet. 36. Die Jrdiſche Vernunft iſt blind an CDtt.37. Der Gläubigewird von GOtt nichtverlaſſen, wie die Ver: nunft £ 3


166 IX. Weg zu Chriſto. nunftmeinet,38. und weil ſie die Straffe nichtgleichfühlet, meinetfie, es fer fein Ernſtmehrda,39. und ſiehet nur aufs aufſerliche. 40. Der Weiſe aber haſſetfich ſelber, 41. der Menſch ſollnach Gottes Geiſt ein Menſch ſeyn . 42. 3e Vernunft ſpricht : Ich höre viel von GOtt ſagen, daß ein GDtt ſev , welcher alle Dinge babe erſchaffen , auch alle Dinge erhalte und trage ; Aber ich habe noch keinen geſeben oder von einem gehöret, der GOtt babe geſehen, oder der dakonte fagen : Bo GOtt wohne oder feys, oder wie er ſen. Dann fo ſie das Wes fen dieſer Welt anfiebet, und betrachtet, wie es den Frommen gebet als dem Böſen : Und wie alle Dinge tódtlich und zers brechlid find ; Auch wie derFromine keinen Erretter ſiebet, der ihn von der Angſt und Wiederwertigkeit des Böſen erlófet, und alſo muß mit Hengſten in Elende zur Gruben fahren ; Sodendet ſie, es geſcheben alle Dinge alſo ohngefähr, es ſers kein GOtt, der ſich des Leidenden annehme, meil Er den , ſo auf Ibn borfet, im Elende laſte ſtecken , und darinne zur Grus ben Fabren ; und man auch von keinein gehöret, der da fer aus der Berweſung wieder kommen , und geſagt habe, er mare Ben GOtt geweſen . 2. Antwort. Die Vernunft iſt ein natürlich Leben , deffen Grund in einem zeitlichen Anfang und Ende ſtebet, und nicht kommen mag in den übernatürlichen Grund , darinnen Ste verſtanden tvird : Dann ob ſie ſich gleich alſo in dieſer Welt beſchauet, und in ihrer Beſchaulichkeit keinen andern Grund findet, ſo empfindet ſie aber doch in fich ſelber eine Begierde nach einem höhern Grunde,darinnen ſie ruhen moge : 3. Dann ſie verſkehet, daß ſie iſt aus einem übernatürli: den Grundeberfommen , und daß ein GOtt feyn müſſe , der fie babe in ein Leben und Wollen gebracht, und entſeget ſich in sich ſelber vor ihrem Wollen der Bosheit , fie Tobamet ſich in fid ſelber ihres eignen Bollens, und urtbeilet ſich in dem Wola len des Bófen für Unrecht : Db ſie gleich das Unrecht thut, dannoch klagetſie ſich ſelber an, und fürchtet ſich vor einem Gerichte, das ſie nicht fiebet ; Welches andeutet, daß der vers borgene GOtt, der ſich bat in Natur gebracht , in ihr wohnet, und ſie des böſen Weges ſtraffet, und daß derfelbe (verborgene GDtt) nicht der Natur der Empfindlichkeit ſeyn müſſe, weil ibn die Vernunft nicht fehet noch begreiffet.

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Cap. r. 6. Von Götti. Beſchaulichkeit. 167 4. Dagegen empfindet die verlaſſene Vernunft , welche al bie mit Unrecht ( ihres Bedünckens) im Elende gequålet wird, eine Begierde in fich , ſich felber noch mehr zu verlaſſen , und ergiebet ſich willig dem Leiden , trit aber in ihrem Unrecht leis den in eine Hoffnung, daß ſie das jenige, was ſie hat geſchaffen, werde von dem Leiden in ſich einnehmen ,und begebret in deme ju ruhen , das nicht leiðentlich iſt ; und ſuchet in deme Rube, das ſie ſelber in ſich nicht iſt : Sie begehret des Sterbens ihrer Ichheit, und begehret doch nicht ein Nichts zu ſeyn, fons dern begehret nur der Qual abzuſterben , auf daß ſie möge in fich ſelber ruben . 5. Dem Leiden ergibt ſie ſich darum , auf daß der Peinlich keit Gewalt ihr Leiden todte,und ſie in ihrem Leben moge durch den Tod ihres Selbſterbens, indem ſie ein peinlich Leben iſt, in das unpeinliche , unleidende eingeben. 6. In dieſem verſtebet man recht den verborgenen GOtt, wie er ſich im Gemüthe des Menſchen offenbare , und das un recht im Gewiſſen ſtraffe, und das unrecht- Leidende durch Leis den zu fich ziebe ; und wie das Bernunft -Leben , als das na : türliche Leben , müſſe im Leiden eine Begierde überkommen, fich wieder in das einzuwenden , daraus es iſt gegangen , und wie fichs müſſe begebren ſelber zu baſſen , und des natürlichen

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Wollens abzuſterben , aufdaß es moge das übernatürliche ers reichen. 7. Die Vernunft ſpricht: Warum hat GOtt ein peinlich leidend Leben geſchaffen ? Möchte es nicht ohne Leiben und Qual in einem beſſern Zuſtand ſeyn , weil er aller Dinge Grund und Anfang iſt ? Waruin duldet Er den Wiederwil len ? Warum zerbricht Er nicht das Böſe, daß allein ein Gus tes rey in allen Dingen ? 8. Antwort : Kein Ding ohne Wiederwärtigkeit mag ih me ſelber offenbar werden : Dann ſo es nichts bat , das ihme wiederſtehet, ſo gebets immerbar vor fich aus, und gebet nicht wieder in ſich ein : So es aber nicht wieder in ſich eingebet, als in das , daraus es iſt urſprünglich gegangen, fo weiß es nichts von ſeinem Urſtand. 9. Wann das natürlicheLeben keine Wiederwertigkeitbåt te und wåre ohne ein Ziel, To fragte es niemals nach ſeinem Grunde, woraus es ſey Berkonimen : ſo bliebe der verborgene GOtt 24

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IX . Weg zu Chrifto. 168 GOtt dem natürlichen Leben unerkant. Auch ſo keine Wies derwertigkeit im Leben wäre , ſo wäre auch keine Empfindlich keit, noch Wollen, noch Wircken, auch weber Verſtand, noch Wiffenſcbaft darinnen : Dann ein Ding, das nur einen Wils len bat, das hat keine Schiedlichkeit ? So es nicht einen Wies derwillen empfindet , der es zum Treiben der Bewegniß urſa chet, ſo ſtebets ſtille : Dann ein Einig Ding weiß nichts mehr als Eines ; Und ob es gleich in ſich gutiſt, ſo kennets Doch wes der Bifes noch Gutes , dann es hat in ſich nichts , das es ems pfindlich mache. 10. Alſo auch können wir von demWillen GOttes philoſos phiren und ſagen : Wann ſich der verborgene GOtt , welcher nur ein Einig Weſen und Wille iſt, nicht båtte mitſeinem Willen aus ſich ausgeführet, und hatte ſich aus der Ewigen Wiſſenſchaft im Temperamento, in Schiedlichkeit des Willens ausgeführet, und hatte nicht diefelbe Schiedlichkeit in eine In faßlichkeit zu einem natürlichen und creatürlichen Leben einges führet, und daß dieſelbe Schiedlichkeit im Leben nicht im Streit ftinde, wie wolte ihm dann der verborgene Wille GOttes , welcher in ſich nur Einer iſt , offenbar feyn ? Wie mag in einem Einigen Willen eine Erkentniß feiner ſelber reyn ? II. So aber eine Schiedlichkeit in dem Einigen Willen iſt, daß fich die Schiedlichkeit in Centra und eigen Willen einfúba ret , daß alſo in dem Abgeſcheidenen ein eigener Wille iſt, und alſo in einem Einigen Millen ungründliche und unzahl bare Willen entſtehen , wie die Zweige aus dem Baume;" So feben und verſtehen wir , daß ſich in ſolcher Schiedlich keit ein ieder abgeſcheidener Wille in eine eigene Forin ein führet, und daß der Streit der Willen um die Form iſt, daß eine Form in der Theilichkeit nicht iſt als die andere, und ſtehen doch alle in Einein Grunbe. 12. Dann ein Einiger Willie kann ſich nicht in Stücke von einander brechen ; gleichwie ſich das Gemüthenicht in Stücke bricht, wann ſich in ein Bofes und Gutes Wollen ſcheidet ; fondern der Ausgang der Senſuum fcheidet ſich nur in ein Bifes und Gutes Wollen , und das Gemüth in fich bleibet gan , und leidet, daß ein Bðfes und Gutes Wollen in ihm entſtehe und wohne. 13. So


Cap . I.

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6. Von Götti. Beſchaulichkeit. 169

13. So ſpricht die Vernunft : Vorzu iſt das gutoder nů se , daß bey dem Guten muß ein Bifes feyn ? Antwort : Das Böſe oder Wiederwillige urſachet das Gute, als den Willen , daß er wieder nach ſeinem IIrſtand, als nach Gott dringe , und das Gute , als der gute Wille , begehrende wer : de : Dann ein Ding , das in ſich nur gut iſt, und keine Qual bat, dasbegehret nichts, dann es weiß nichts beſſers in fich pder vor fich , darnach es könte lůſtern . 14. Alſo auch können wir vom Einigen guten Willen GDt. tes philoſophiren und ſagen , daß Er nichts in ſich ſelber könne begehren, dann er hat nichts in oder vor fich , das Ihm ets was fonte geben : und führet fich darum aus ſich aus in eine Schiedlichkeit, in Centra , aufdaß eine Wiederwertigkeit ents ſtebe in dem Ausflus, als in dem Husgefloſſenen , das das Gute in dem Böfen empfindlich , wirdfend und wollend wers de , als nemlich ſich wollen von dem Böſen ſcheiden , und wieder wollen in den Einigen Willen GOttes eingeben. 15. Weil aber der Ausfluß des einigen , ewigen Willens GDttes immerdar aus ſich ausgebetzuſeiner Offenbarung, ſo fleuſtauch das Gute , als die Göttliche Kraft aus dem Ewi: gen Einen , mit ſolchem Ausfluß aus , und gebet mit in die 1 Schiedlichkeit und in die Centra der Bielbeit ein . 16. So urſachet nun der immerwährende Ausfluß des Wil lens das Gute in ihme mit ſeiner Bewegniß , daß ſich das Gu : te wieder nach dem Stillefteben ſehnet, und begehrend wird, wieder in das Ewige Ein einzubringen ; und in Tolchem Eins dringen in ſich ſelber,wird das Eine beweglichund begierlich ; und in ſolcher Wirckung ſteher die Empfindlichkeit, Erkentniß und das Wollen . 17. GOtt , fo viel Er GOtt heiſſet , fann nichts wollen als Fich ſelber : Dann Er hat nichts vor oder nach Ihme, das Er wollen kann ; So Er aber etwas will , ſo iſt daſſelbe von Ihm ausgefloſſen , und iſt ein Gegenwurf ſeiner ſelber,darinnen der Ewige Will in feinem Etwas will : So nun das Etwas nur Eines wäre , lo båtte der Wide darinnen kein Berbringen ; Und darum hat ſich der ungründliche Wille in Anfänge ges ſchieden und in Weſen eingefaſſet, daß er in etwas moge wir, den,wie man ein Gleichniß am Gemüthe des Menſchen bat. 18. Wann das Gemüth nicht ſelber aus ſich ausflöſſe , ſo båtte

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1

170 IX.Weg zu Chriſto . båtte es keine Sinnen ; ſo es aber keine Sinnen hatte, ſo båtte es auch keine Erkentniß ſeiner ſelber, auch keines andern Din ges , und konte keine Berbringung oder Wirckung haben : über der finnliche Ausfluß aus dem Semůche ( der ein Eegenwurf des Gemüths iſt, darinnen ſich das Gemüth em pfindet ) machet das Semüth wollende oder begehrende, daß das Gemüth die Sinnen in etwas einführet , als in ein Centrum einer Ichheit, darinnen das Gemüth mit den Sins nen wircket, und ſich ſelber, in dem Mircken mit den Sinnen , offenbaret und beſchauet. 19. Sonun in dieſen Centris der Sinnen im Gegenwurf des Gemüthes fein Contrarium ware , ſo waren alle Cen. tra der ausgefloſſenen Sinnen nur Eines , in allen Centris der Sinnen nur ein Einiger Wille, der thate inimerbar nur Ein Ding: wie wolten denn die Wunder und Kräfte Göttlicher Weisheit durch das Gemüth (welches ein Bil de Göttlicher Offenbarung iſt ) erkant und in Figuren ge bracht werden ? 20. Soaber ein Contrarium , als Licht und Finſterniß , dars innen iſt, ſo iſt ihme dieſes Contrarium felber wiederwärtig, und urſachet ie eine Eigenſchaft die andere , daß fich die andere in Begierde einführet, wieder die andern wollen ſtreiten und fie zu beherrſchen ; in welcher Begierde die Sinnen und das Gemüth in einen natürlichen und creatürlichen Gründ zu eis nem eigenen Wollen eingeführet wird, als zu einer Beberr: fchung in ſeinem Etwas , als mit ſeinem Centro über alle Cen tra , als ein Sinn des Gemüths über den andern. 21. Daher Streit und Angſt, auch Wiederwille im Ses můth urſtåndet, daß das gange Gemüth dadurch geurſachet wird , wieder in eine Zerbrechung der Sinnen , und Selb Bollens derSinnen ,ais der natürlichen Centrorum einzuge ben , und ſich aus den Peinen des Wiederwillens und Streits, aus der Angſt in die Ewige Ruhe, als in GOtt, daraus es ent ſprungen iſt, einzuerſencken wollen . 22. Und hierausentſtehet Glaube und Hoffnung, daß das ångſtliche Gemüth einer Érldſung boffet, und fich wieder nad ſeinem Urſprung , als nach Gott , fehnet. 23. Alſo follen wir auch die Göttliche Offenbarung verſtes ben : Dann alle Ding haben ihren erſten Anfang aus dem Auss


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Cap.1.5 6. Von Göttl. Beſchaulichkeit. 171 Ausflug Göttlichen Willens , es fey Bis oder Gut, Lieb oder Leid , und da doch der Wille GOttes fein Ding ift, weder Natur noch Creatur , darinnekeinePein , Leið noch Wieder will ift ; ſondern aus dem Ausfluß des Worts , als durch den Ausgang des ungründlichen Gemüths (welches die Weisheit GOttes , als das groſſe Myfteriuin iſt, darinnen der ewige Berſtand im Temperamento innen lieget) daraus iſt gefloffert das Berſtändniß und Erkentniß; und derſelbe Ausfluß iſt ein Anfang des Wollens, daſich die Verſtändniß bat in Seſtått: niſſe geſchieden ; fo ſind die Geſtalten , eine iede in fid , begels rende worden , ibrer Gleichbeit aud) einen Gegenwurf zu bas ben. Und dieſelbe Begierde iſt eine Infaßlichkeit zur Selb beit oder Eigenhaftigkeit, als zu einer Ståtte geweſen, als zum Etwas : Und aus dieſem Etwas iſt das Myſterium Magnum , als die unnatürliche Kraft, weſentlich und natürlich wors den , und hat ſich das Etwas eingefaſſet zu einem eigenen Willen . 24. Dann dieſer eigene Wille iſt ein Grund ſeiner Selbs beit, und ſoleuſtſich ein, als ein begehrender Wille , davon die magnetiſche Impreſſion, zur Schårfeund Hårte,ſeinen Urſtand bat genommen , und ein Grund der Finſterniß und des peinlichen Empfindens ift , daraus Wiederwillen , Angſt und Flieben (als die Empfindlichkeit) ihren Urſtand bat ; und iſt ein Grund der Natur , daraus die Bielheit der Eigens fchaften kommt, daß in ſolcher Wiederwårtigkeit iſt ie ein Wille aus dem anderen entſtanden , ſich von den Peinen zu ſcheiden , gleichwie die Sinnen aus dem Gemütbe, da das Ges můth mit den Sinnen in ſteter Angſt, Wircken , Wollen und Derbrechen ſtebet. 25. In folchem Gottlichen Ausfluß, indeme fich die Götta liche Kraft aus ſich ſelber ausbauchet , und in Natur und Creatur einführet und geführet hat , iſt uns zweyerley zu ers des Einigenguten kennen, als zum Erſten , der ewige Verſtand Willens, welcher ein Temperament iſt, und ſich alſo nur in eine Empfindlichkeit und Wircken einführet, zur Offenbarung der Kraft, Farben und Tugend : Daß die Kraft und Tugend in Schiedlichkeit und Formlichkeit erſcheinen , und die ewige Wiſſenſchaft offenbar werde und in Erkentniß komme, daraus dann auch der englifebe', ſeeliſche und creatürliche Grund bers toms


172 IX . Weg zu Chriſto kommen iſt, ſowol die Thronen und Herrſchaften , ſamtder ſichtbaren Welt. 26. Und dann zum Andern , iſt uns der anfängliche Wille der Natur, als der Infaßlichkeit der Centrorum zu verſtehen , da fich ein iedes Centrum inder Schiedlichkeit in eineStats te zur Ichbeit und Selbwollens, als ein eigen Myfterium oder Gemüth einſchleuſt , daraus die Ungleichheit des Wol lens urſtåndet, wie in dieſen beyben ein Contrarium entſtehen dann ſie ſind zwey in Einem Weſen . 27. Uis (1) das inwendige von Urſtand der Göttliden Kraft begehret nur einen Gegenwurf ſeiner Gleichheit, als ein Gutes, barinne der gute, Göttliche, ausgefloſſene Wille wirs de und ſich offenbare. Sobegehret zum (2) der ſelb -erborne, eigene, natürliche Wille in der Stätte der Selbbeit der fins ſtern Impreſſion der Schärfe auch eine Gleichheit, als einen Gegenwurf durch ſeine eigene Infaßlichkeit: Durch wela des Infaſſen er ſich materialiſch machet, und anders nichts begehret, als nur feiner Corporalitat, als eines natürlichen Grundes. 28. In dieſen beyden iſt uns nun der Gute und Bore Wille in allen Dingen zu verſtehen : und wird hierinnen recht verſtanden, wie der inwendige, geiſtliche Grund aller Weſen von Göttlicher Kraft urſtånde, und wie in allen Dingen auch eine eigene natürliche Begierde urſtånde; und wie alle Cor pora der ſichtbarlichen, empfindlichen Weren von der Begier . de der Natur urſtanden . 29. Darbey wir nun klar mercken ſollen , daß gleichwie ſich die eigene , natürliche Begierde, welche Anfang bat, mas terialiſch und ihr einen Gegenwurf machet , als eine Gleich heit , darinnen ſiewircket; Alſo auc machet ihme der Göttlis che Grund und Wille mit feiner Liebe Infaßlichkeit einen Gegenwurf und geiſtlich Weſen , darinnen der Gåttliche H. Wille wircket, und die Göttliche Kraft in Formen und Schieds lichkeit einführet zur Offenbarung Gottlicher Kraft und Herrlichkeit. 30. und werden in dieſer Welt Weſen allemal zwey Wefen in Einem verſtanden , als zum Erſten ein Ewig , Göttlich, im Geiſtliches; und zum Ándern ein anfänglich , natürlich, zeitlich und zerbrechliches in eigenem Willen : Da jweyerley Wils


Cap.1.

Von Götti. Beſchaulichkeit.

173

Millen in Einem Leben inne liegen, als zum erſten ein anfäng lich, natürlicher, darinnen der Wille ein eigen Aftrum ift, und mit allen aufſerlichen , natürlichen, elementiſchen und fy . rii deriſchen inqualiret ; und zum andern ein ewig , geiſtlicher pa Wille, oder ewig geiſtliches Weſen , welcher (oder welches) Mies eine Infaßlichkeit oder ingefaſſetes Weſen des Göttlichen Wils he lens ift, damit ihme der Göttliche Wilde auch einen Gegens Co wurf und Weren machet, darinnen er wircket ; und werden dieſe zwey Weſen in zwepen Principiis verſtanden , das erſte Ošttlichein einem himmliſchen, und das ander zeitliche in eis nem irdiſchen . i 31. Und wie nun das himmlifcbe Göttliche am irdiſchen ans hangt, alſo auch das irdiſche am himmliſchen , und iſt doch keis ve cente nes das ander , dann das himmliſche hat ein geiſtlich Weſen , welches nur eine weſentliche Kraft iſt, und durch das irdiſche De durchdringet, und doch nur ſein Principium befißet, und dem Wirdiſchen Weſen Kraft giebet, daß es auch einen andern neuen Willen befommt, und fich nach dem bimmliſchen fehnet, wel cheSehnung iſt eine Luſt, von der Eitelkeit der Natur auszus geben , davon die Sdrift faget : Es febnen fich alle Creatus 3 ren neben uns, von der Eitelkeit, der ſie wieder ( ůber) ihren Lab Willen -unterworfen ſind, los zu werden . Rom. 8° 19-22 . 32. Verſtebers recht. Die ausgegangene Luſt der Göttlis Den Kraft zur Natur , daraus die Natur und eigener Wille iſt entſtanden, fehnet ſich von dem natürlichen , eigenen Wit len los zu ſeyn. 33. Dieſelbe Luft iſt mit der Impreſſion der Natur über ihren Willen beladen, um des Willen , daß ſie GDít hat dars ein geführet, die fol am Ende dieſer Zeit von der aufgeladenen Eitelkeit der Natur erlöfet, und in eine cryſtalliniſche, klare Matur gebracht werden, alsdann wird offenbar ſeyn , warum fie Dit in eine Zeit geſchloſſen, und ſie der Peinlichkeit zum Leiben unterworfen hat , als nemlich darum, daß durch das natürliche Peinen die ewige Kraft mit in Formen, Geſtalt und Schiedlichkeit zur Empfindlichkeit gebracht werde , und daß Creaturen , als ein creatürlich Leben in dieſer Zeit darinnen

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offenbar würden , und alſo einSpiel in dem Gegenwurf Oštt licher Beisbeit fey, dann durch die Shorbeit wird die Weiss beit offenbar, darum daß ihr die Thorbeit eigen Vermogen jumi

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Cap. IX . Weg zu Chriſto jumiffet, und ſtehet doch in einem Grund und Anfang, undicher iſt endlich . Bilde 37 34. So wird das unendliche Leben alſo durch die Thors heit ſchau getragen, auf daf darinnen ein Cob zur Ehre GDE kennet tes eneſtebe und das Ewige, Beſtändige in dem Idótlichen Wille erkant werde. wohne Zborhe 35. Alſo wird der Vernunft aufihre erſte Frage geantwora Weisb tet, indem ſie meinet, es geſchehen alle Dinge ohngefähr, und ſev; es rey kein GOtt weil Er den Frommen låſſet in Pein, Ungfrihmen und Trúbral ſtehen, und ihn endlich zur Gruben führet, wie en den Gottloſen ; daß es ſcheinet zu ſeyn, als náhine fide GOtt mog Werd keines Dinges an,oder wärekein GOtt,dieweil ſieIhn nicht flehet, fennet noch empfindet : ſo wird ihr geſaget, daß ſie in folds ihrem eigenen Leben nur ein Gegenwurf des rechten Lebens iſt ; bricht, und fo fie in fich keinen Hunger und Begierde empfindet nad deme, davonſie ift im Unfang entſtanden,daß ſiein ihrem les zubail DI ben nur eine Chorbeit und Spiel fey, darinnen die Weisheit 38 ihre Wunder verbringet. malt 36. Dann ſie fiehet an dem Weiſen auch nach der Aufferne RibeDe Natur eine ſolche Iborbeit , und ſiebet, wie GOtt dieſelbe men i Thorheit des Beiſen verlaffet,daßfiemußin Schanden und Spotte ſtehen vor der eigenwilligen , nårriſchen Klugbeit, welche doch nichtihr Ende kennet : Someinetdie týðrichte trauet Bernunft , es ſey kein Erretter,und weiß nicht,wieder Beife Erihe in ſich ſelber errettet, und von der angeerbten Thorbeiterlóa fet wird, durch Eingeben ſeines eigenen Willens, indem feite eigener Wille durchdas PeinenundGegenfagder Gottlofen mehr in ſein Zerbrechen und in fein Nichts -Wollen eingebet,undſich wieder in ſeinen erſten Urſtand, als in GOttes Willen einers lern Pencket, und darinnen neugeboren wird : und daß GOtt an dem groben, ſterblichen Fleiſche nicht gedienet ren , daß Er und wolte die Errettung in das thieriſche, eigenwillige Leben eins raube führen, ſondern daß Ihm andeme gelegen ſey, daß der Eis 40 genwille zerbreche , und wieder in SDtt rich erfence; So tetſid wird das inwendige gute Defen in GOttes Willen eingefaſ; metre fet,und wird dem tödtlichen Leibenur deſtometr Pein auf Tofte geleget, aufdaßnicht der eigene, natürliche Wille wiederin MenE eigeneBegierde zur Selbþeit eingebe, und ſich zum Herr: eine 41 Tober

ha


di 151 si

6. Von Gottl. Beſchaulichkeit. 174 ſcher über den inwendigen Grund aufwerfe, und das wahre Bilde GOttes zerſtöre. 37. Diefes verſtebet die irdiſche Vernunft nicht, dann fie Bennet nicht , wie GOtt in ihr wohnet , und was GOttes Ville und Weſen fey : Sie weiß nicht, daß GOtt durch fie wohnet und ihr alſo nahe iſt , und daß ihr Leben nur eine Thorheit der Weisheit fey , durch welches Leben ſich die Weisbeit offenbaret, auf daß erkant werde, was Weisheit ſey ; Ihr Wille iſt von GOtt in die Selbheit eingegangen ,und rubmet ſich eigenes Bermogens, und lieber nicht wie ihr Vera

Cap . 1.

mogen anfänglich und endlich iſt, daß es nur ein Spiegels Werck iſt, durch welchen Spiegel fich die Weisheit eine Zeit: lang in der Narrheit der Wciſen fohauet, und endlich durch ſolch Peinen der Gottloſen die Thorbeit an den Weiſen zer bricht, indeme ſie anfahen , das zerbrechliche, thårichte Leben zu baffen, und mit der Vernunft zu ſterben, und den Willen

CDtt zu ergeben. 38. Dieſes bålt die irdiſche Vernunft für eine Thorheit, zus mal wann ſie ſiebet, daß auch Ott an den Weiſen ibre irdis fde Shorheit verlaffet, und den Leib ſolcher Thorheit, darina nen fich die Iborbeit bat geſchauet, låſſet ohne Hülfe zur Grube fabren : So meinet fie, dieſer Menſch babe teine Ér : rettung von GOtt empfangen ; weil Er ibme dann hat vers trauet, Tomůſſe ja ſein Glaube falſch geweſen ſeyn, ſonſt hätte Erihn ja bey Lebens Zeit errettet. ni 39. Uuch weil ſie ihre Straffe nicht balde füblet, meinet ſie, es fey kein Ernſt mehr da, undweiß nicht, daß fie je långer je mehr fid in die Sborbeit einfaſſet, und ein ſtarder Quali emis 8 ger Pein in ſich ſelber wird, daß, wann ihr das Licht der dur fern Natur zerbricht, darinnen fie hat eine Zeitlang in der Schheit ſtolpiret, fie alsdann in ſich ſelber in ewiger Finſterniß und Peinen ſtehet, daß ihre falſche, eigene Begierde eine eitele, raube, ſtachlichte barteScharfe und Wiederwille ift. 40. Sie boffer dieſe Zeit auf eineauſſerliche Hülfe, und füba inal rer ſich in Wolluſt ihres Willens, und hält das für ihr Him melreich ; Aber wann ihr das äuſſere Licht im Tode verliſchet, foſtebet fie alsdann in ewigem Verzagen, und ſiehet auch kei Pienet men Erretter um noch in ſich. 41. Aber der Weiſe wirdſich in dieſer Zeit ſelber zum Nara ren ,


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IX . Weg zu Chriſto.

ren , und lernet ſeine Thorheit (welche die Vernunft für Klug beit hält) baſſen ; Alſo muß ſeine Weisheit (welche die Welt für Thorbeit hält) der Vernunft eine Thorbeit feyn, daran fie fich årgert. Und alſo haſſet auch GDtt in dem Weiſen das thdridte, tddtliche Leben, gleichwie es der Weiſe ſelber baſſet, aufdaß das wahre Göttliche Leben in ihme mit dem Verſtand regiere : Und darum ift bey GOtt keine Klag um den tódtlis chen Leib des Weiſen , dann er faffet fein Göttlich Ens in ihme in feinen Geiſt und Willen, und laffet den Leib der Thorbeitmit den Thirichten hinfahren in ſeine Grube, bis an den Tag zur Scheidung aller Wefen. 42. Und das verſtebet die Vernunft nicht, darum ift fic närriſch : Und foll' ein Menſch nicht nach der Iborbeit, fondern nach GDttes Geiſt, ein Menſch feyn, und richten was Göttlich iſt, nicht nach der bildlichen Vernunft, dann es ſtehet geſchrieben : Wer auf das Fleiſch ( als auf die tödtliche Vernunft eigenes Willens) bauet, der wird vom Fleiſch das Verderben erben ; Wer aber auf den Geiſt ( als auf Gotta lichen Willen ) bauet , und Tebet feinen Willen in die Hoff nung Gottlicher Zuſage, der wird vom Geiſt das ewige les ben erben. Gal. 6 : 8 .

Das 2. Capitel. Bom Gemüth, Willen und Gedanden des menſchlichen Lebens, wie

daſſelbe

reinen

Urſtand vom Willen GOttes habe ,

und

wie es ein Gegenwurf, als ein Bilde GOTI tes ſey , in deme GOttwolle , wirde, . und wohne.

Summarien . us menſchliche Leben, ſo eine Sorin des Gottl. Willend, iſt im es Fall verderben , 5.1,2. und ſtehet in 3 Principien ; als im 1. Principio, 3. welches der Scufel verleitet, daß es ſich in Eigens heit eingeführet, 4.§ . und aus ſeiner Gleichheit in die Vielheit ges fallen, 6. dadurch die Göttliche Weisheit, als das 2. Principium vers Torchen ; 7. an deſſen Stelle das 3. Principium aufgewachet , 8 . und ſich finſter, raub und peinlicb.gemachet, 9; welches in der Zer: brechung alſo bleibet, 1o , Dem ijt Gottes Giebe iu Hülfe gefoms pen ,


Cap . 2. . 6. Von Göttl. Beſchaulichkeit. 177 men , 11. und hat ſich dem Leben aller 3 Principien einverleibet, 12. daraus GOttes Allmacht erhellet. ibid. Nun mußfid) der Menſch wieder in das Eine einſenckeri. 13. Denn es ſolte das menſchl. Les ben des Gottl. willens Gezienwurf ſeyn. 14. Weil es aber irdiſch worden , 15. ſo muß der Menſch iekt vom eigenen Willen ſtil ftes beil, 16. und das Göttliche Wollen und Sprechen in Jhm regieren Lalien . 17. Gott kann iin gelaſſenen Willen nicht ſtill ſtehen . 18. 19. Das Leben iſt ein bildlicher WilleGOttes, 20. und ODttes odem , 21. mit welchem ſich GOtt offenbaret:22. Das Innere ſoll über das Neuſſere herrſchen .23. Per nicht mit Gott will, der zerſtreuet, 24. undwo die Liebenicht Primus ift, da herrſchet der Zorn,25. und maa chet alles Gute bos. 26. Gleichwie die Sonne ales lieblich im Ueuſſes ten machet, auch im auſſern Menſchen : 27 : 28. alſo wird auch die Seele, wo ſie GOttes Licht erreichet, freudenreich.29:30. Hinge gen kann in einer geißigen und neidigen Begierde die Göttliche Sanftinuth nicht wircken. 31.

Je Vernunft ſpricht : Weil das Gemüthe mit den Sinnen ein anfänglich, natürlich Leben iſt, welches in einer Zeit und Zerbrechlichkeit ſtebet; Wie inag es dann in dieſer Zeitzu dem überfinnlichen Göttlichen Leben gea bracht werden ? Oder wie iſt die Gëttliche Inwohne im Leben ? 2. Antwort : Das Leben des Menſchen iſt eine Form des Göttlichen Willens, und iſt vom Göttlichcu Einhauchen in das geſchaffene Bilde des Menſchen kommen : Es iſt das gebildete Wort Göttlicher Wiffenſchaft, und iſt aber vom Gegen - Hauchen des Teufels, und Grimmes der zeitlichen Matur, vergiftet worden , daß fich des Lebens Wille hat mit ibe i dem äuſſern irdiſchenGegenwurf der tódtlichen Natur gebita jabe det, und von ſeinem Temperament in Sciedlichkeit der Ei sides genſcbaften kommen iſt. 3. Aus folchen Urſachen ſtehets noch in irdiſcher Bildniß, wird und wird nun iegt in Drepen Principiis betrachtet: As im . Erſten Principio,nach ſeinem wahren Urſtande,ſtebets in aus: m tuGöttlicher gebendenchWillen GOttes, Wiſſenſchaft, welde nin che li ein Temperame war , darinn die Göttli anfäng tai

des /igti

melchesinder e ju jube

Kraft ſenſualiſch wirkete, und recht ein Paradeis, oder Wir: den Göttlicher Kräfte, darinnen verſtanden ward, als eine im merwährende Bildung Göttliches Willens , welches Grünert in dem Ausgang der guten Sinnen verſtanden wird, dadurch fich die Göttliche Weisheit, figürlich aufGøttliche,Artbildete, und M


178 IX . Weg zu Chrifto. und durc fold Bilden das Göttliche Berſtändniß, durch des ſinnlichen Lebens Uusgang,offenbarete. Dannenbero es recht, ein Bilde GOttes genennet ward, in dem ſich der Göttliche Wille offenbarete. 4. Als aber dieſes Leben im Erſten Principio vom Grimmen Seufel angebaucet ward in ſeiner Bildniß, daß ihme der Deus fel einſpracy, es war ihm nůg und gut, daß ſich der Ausgang der Sinnen aus dem Leben vom Semperament abbråde, und in ein eigen Bildniß, nad den Eigenſchaften der Bielheit, eins führete, zu probiren die Ungleichbeit, als Böſes und Gutes zu erkennen und zu empfinden ; 5. So hat der eigene Wille des Lebens darein gewilliget, und die Sinnen als die ausgebende Luſt darein geführet ; und ſich in Begierde zur Eigenheit eingeführet, und ſich in die Selbheit gepreffet oder gefaſſet. 6. Zuband iſt das Berſtändniß des Lebens in den Eigens fchaften offenbar worden, ſo hat es die Natur in der Ungleichs Beit gefangen , und ihr Regiment empor geführet. Davon iſt es peinlich worden, und iſt der inwendige Göttliche Grund, des guten Willens und Weſens, verloſchen , dos iſt, nach der Creatur wircklos worden : Dann der Wille des Lebens brach ſich davon ab, und ging in die Empfindlichkeit, ausder Einheit in die Dielheit, und wiederſtrebete der Einheit, als der ewigen einigen Ruhe, dem Einigen Guten. 7. Als ſolches geſchehen , ſo iſt der Göttliche Grund ( als das Zweyte Principium , da ſich die Gdttliche Kraft mit dein ausbauchendem Willen GOttes batte mit in das bildliche le ben , als in den Gegenwurf GOttes, eingebildet, verſtehet, die Weisheit Gottes, als der weſentliche Wille GOttes ) in dem falſchen Willen verblichen ; Dann die Urſache der Bes fich zur Jrdigkeit gewandt, wegniß des heiligen Weſens hatte in welcher Befes und Gutes im Streite ſtebet.

8. Verſtehets : Der ewige, ungründliche Wilfe des Lebens batte ſich vom heiligen Odttlichen Ente abgewandt, und wols len in Bås und Gut herrſchen ; Und darum iſt ihme das Zwery te Principiuın , als das Reich GOttes, verloſchen, und iſt ibm an deſſen ſtatt das Dritte Principium in der eigenen Bildlica teit, als die Dual des Geſtirnes undder vier Elementen, auf gewacet,


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Cap.2. 6. Von Götti. Beſchaulichkeit.

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gewachet, davon der Leib grob und thieriſch, und die Sinnen falſch und irbiſch worden ſind. 9. Alſo hat das Leben verloren das Temperamentum , als die ewigeRube, und hat ſich mit der eigenen Begierde finſter, peinlich, ſtrenge, hart und rauh gemachet;und iſt worden eine eitele Unruhe, und lauffet nun in irdiſcher Kraft in einem ewis gen Grunde, und ſuchet in der Zerbrechlichkeit Ruhe, und fins det aber keine: Denn die Zerbrechlichkeit iſt nicht des Lebens Gleichheit, darum ſo ſchwinget ſich das Leben nun über das Weſen dieſer Welt, und beherrſchet die todtliche Kraft der Sternen und der Elementen, als ein eigener SDtt der Nas tur, und iſtmitſolcher Herrſchung närriſch und thårichtwors den, das es in ſolcher irdiſchen Bildung und Eigen - Annebs mung nichtmag ſeinen Grund und Urſtand erkennen , wors innen ſeine ewige Ruhe ſtünde, und wird recht Thdricht gea nant : Dann es hat ſich aus dem Göttlichen Ente in ein Írs diſch ( Thieriſch ) Ens geführet, und in ein zerbrechlich Weſen gefeßt, und will in dem herrſchen, das ihmedoch zerbricht, und geſchwinde wie ein Rauch vergeber. 10. Und ſo das zerbricht,darüber es bat zeitlich geherrſchet, fo bleibet alsdann das Leben in ſeiner Wiederwärtigkeit im

Erſten Principio , in der Finſternis, und iſt anders nichts als ein immerwährender, unerlöſeblicher, peinlicher Feuer - Duall, als die Seufel auch ſolche find. II. Dieſem gefangenen Leben iſt die groſſe Liebe GOttes wieder zu Hülfe kommen, und hat ſich alsbald, nach folcem Abfall,wieder in den inwendigen Ens , als in das verloſchene Weren, Göttlicher Eigenſchaft, eingebauchet, und dem Leben zu einem Gegenwurf,als ein neuer Quell-Brunn Göttlicher Einigkeit, Liebe und Rube, in den verblichenen Göttlichen Ens eingegeben, und ſich darinnen eröffnet, daraus nun das Leben ſchöpfen und ſeine Peinlichkeit und Unruhe in den Centris der Eigenheit erldfcben mag. 12. Uud batſich dieſer neue Quellbrunn Göttlicher Liebe und Einigkeit, mit ſeinem Ausfluß in Cbriſto,in das wabre les ben aller brey Principien , menſoblicher Eigenſchaft, eingeleibet, und iſt in die bildlicheSenſus, als in den natürlichen, creatür lichen, abgewidenen, bildlichen Willen des Lebens eingegan gen, und bat Menſchbeit angenommen, und die Ichheit und M 2 eigen


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IX . Weg zu Chriſto. eigen Wollen mit dem Einfluß der einigen Liebe GOttes, als mit dem enigen Ein gerbrodert, und den Willen des Lebens

wiederum in das enige Ein, als ins Temperamentum , einges wandt, da dann des Teufels eingefübrter Wille zerffóret, und die Peinlichkeit des Lebens in die watre Rube gebracht ward, und hat die Einſchlieſſung, als den Tod, zerſprenget, und das Göttliche, ſenſualifche, paradeifiſde Grünenmitden beiligen Sinnen und Wircken þerwieder gebracht, und das Veilige les ben durch die Einſchlieſſung des Todes durchgeführet, und den Dob und Teufels Willen zum Spott gemacht, und alſo kraftig erwieſen, wie das ewige Ein konine mächtig über die Vielheit und Eigenheitherrſchen, das nicht die Macht der Bildlichkeit ein Gott ſey , ſondern die Macht der Uber- und Unbildlichkeit alles beherrſche : Dann das Bildliche üf nur ein Gegenwurf dès unbildlichen Willens GDites, Sadiird der Wille GOttes tpircket. 13. Weil aber die groNe fiebe GDites in Chrifto, iſt dem menſdlichen Leber in der irdiſchen Bildungalſozu Hilfe komis -men, und uns arme Menſchen , in dem Xeben der Menſchbeit Chriſti, eine offene Gnaden -Pfortë,zum Göttlichen Eingang, gemacht hat ; ſo liegts iegund an dem, dag der gefangene Wils le des Lebens in ſeiner Bildlichkeit das Irdiſche, als die Selbs beit und eigen Willen, wieder verlaffe, und ſich einig und al tein in dieſe eingeleibte Gnade (welche von Einem , als von dem erſten Menſchen , auf alle gedrungen iſt, Rom . 5:18 . ) erfencke, und fich dieſer Snaden annehine, und in Kraftſolcher Auneb: mung und Göttlicher Einigung, ſich mit dem gelaſſenen les bens- Willen in das überſinnliche,übergründliche, ewige Ein, als in den erſten Grund des Lebens Anfang, erfencke, und ſich wieder in den Grund einergebe, daraus das Leben entſproſſen iſt, fo'ifts alsdann wieder in ſeinem ewigen Ort, als im Tem. peramento , in der (wahren ) Ruhe. 14. Die Vernunft ſpricht : Wie kann das ein Menſch thun, ſintemal die Schrift ſpricht 1. Cor.15 : 45. Gen. 1: 28 . Der erſte Menſch rep juin natürlichen Leben gemacht, daß er berrſcheüber alle Creaturen und Wefen dieſer Welt; fo mulle a das leben die Begierde in die irdiſche Eigenſchaften einfühs ren ? Antwort : Das menſchliche Lebent iſt gefest in einen Gegenpurf Göttliches Willens, in und mit deme ODtt will : und


Creaturen ſindgelebrullid Feit . irtiſc caBichtbeste unddie Cap.2 , 6.he Von Gottl.

i8r

a 30n el

menſchlichen Lebens, 'in und mit deme der Mienſib ſoltewollen . Des Menſchen Wollen folte mit Gottes Wollen über alles Tidle prix natür: unb creatürliche Leben wollen und herrſchen : Nicht in sche odern thierifcher Effens folte es ſtehen , ſondern in Göttlicher Effeng; critenute ne ob der Menſch gleich mit dem Leben in die Natur gefekt ward, menu de la fo mar doch ſeine Natur ein Temperamentuin , und ſein Leben entshave ein Gehäuſe Göttliches Willens. 15. Weil aber nun ießt das Leben in irdiſcher Effent dieſe e uzdalibi Zeit ſtehen muß, und ſich das nicht benehmen mag, ſo mußmatt anſehen die dreyfache Art des Lebens nach den dreyen Princi piis , mit welchem Grunde des Lebens ſich der Menſch in das überſinnliche Wefen GOttes ſhwingen könne, und wie daſſel be kónne und moge geſchehen. 16. Chriſtus ſprach : Job. 15 : 5 . Dine mich könnet ihr nicts VU thun. Kein Menſch kaun, aus eigenein Bermogen, gelangen in den höchſten Grund, es Tev dann,daß er ſeinen innerſten Grund Frisch des Erſten Principii, nach des Lebens Bildlichkeit, in die einges leibte Gnade GOttes erfencke, und nach demfelben Grund , int . Hoffnung frille ſiebe vom eigenen Weſen, und ſich Göttlicher CHA mit dem Wollen Gött gang ergebe, in ſolcher Maſte, daß ſein Wollen, nach folchem Grunde, nicht mehr ſprechen will, ohne mas GOtt durch dieſen Grund ſpricht und will, ſo iſt er am höchſten Ziel. 17. Sfts meglich, daß er mag eine Stunde, oder weniger, von ſeinem innerlichen Selb- Wollen und Sprechen ſtille ftes ben, ſo wird das Göttliche Wollen ihm einſprechen : Durch welches Einſprechen GOttes Wollen ſein Wollen in ſich faffet, und dem bildlichen, natürlichen , effentialiſchen auffern Ver

nunft-Leben einſpricht, und die irdiſche Bildung des Ver nunft- Willens zerſchellet und erleuchtet, daß alſo zuband das üderſinnliche Göttliche Leben und Wollen in dem Bernunfts Wollen grünet , und ſich eincentriret. 18. Dann ſo wenig das eigene Wollen des Lebens in der Celbheit und abgewandtem Wollen von GOttes Wollen, int der Natur einen Augenblick ſtilt ſteben mag von ſeiner Wirs cung, es erfence fich denn auffer aller Natur : So wenig mag auch das Göttliche Sprechen , in dem zu Grunde gelaſſes nem Leben ,ſtill ſtehen von ſeinem Wircen . 19. Dann M 3


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IX . Weg zu Chriſto.

19. Dann ſo das Leben von ſeinem Eigen - Wollen ſtille ftes het, ſo ſtehets im Abgrund der Natur und Creatur, im erigen Ausſprechen GOttes, ſo ſpricht GOtt darinnen. 20. Dann von GOttes Sprechen iſt das Leben ausgangen, und in Leib kommen, und iſt anders nichts als ein bildlicher Wille GOttes : Iſts nun, daß das eigen Selber- Bilden und Wollen ſtille ſtebet, ſo gehet das Göttliche Bilden und Wollen auf: Dann was Willen -los iſt, das iſt mit dem Nichts Ein Ding, und iſt auſſer aller Natur, welcher Ungrund iſt GOtt felber. 21. Weil dann der Ungrund, als GDtt, ein ewig Sprechen iſt, als ein Uusbauchen ſeinerſelber, ſo wird auch dem gelaſſe: nen Leben der Ungrund eingeſprochen : Dann das Hauchen des Ungrundes ſpricht durch den ſtillſtehenden Grund des lebens ; Dann das Leben iſt ausdem Göttlichen Hauchen entſtanden, und iſt cine Gleichbeit Göttliches Haucbens, darum fabet eine Gleichheit die ander : Wie wir das an des Lebens Sinnen vers ſtehen , welche auch ein ſolcher Ausgang voin Hauchen des Gemüthes ſind, wie das Gemüth ein Ausgang und Gegen wurf vom Göttlichen Gemüthe Göttlicher Wiſſeuſchaft iſt. 22. Wie fich nun GOtt mit ſeinem Ausbauchen ſeiner ewi gen Weisheit und Wiſſenſchaft mit der Natur und Creatur, beydes mit dem inwendigen beiligen Leben ( Willeii), mit dem Leben der Engel und Menſchen hat offenbaret, und ſeinen Willen ſeiner Wiſſenſchaftin Bildung eingeführet, zum Wie: der- Ausſprechen , durch gebildete lautbare Art : Sowol mit der Natur und ihrer Wieder- Ausbauchung der Creaturen der Fichtbaren Welt, und bat immerdar das äuſſere von der Nas tur ausgeſprochene, dem innern Grund unterthänig gemacht, daß dasinnere durch das äuſſere corporaliſche Herrſchen , und ein Geiſt des auſſern renn ſoll; 23. Alſo wiffet, daß auch das eingewandte, neugeborne les ben des Menſchen in Göttlicher Kraft und macht über das äuß fere Vernunft- leben von Sternen und Elementen herrſchen kann und foll : Und ſo das nicht geſchiebet, daß das inwendige ewige Leben im Dienſchen , in Göttlicher Kraft und Licht, über pas äuſſere , irdiſche , aſtraliſche Leben der tödtlichen Luſt herrſchet, und der irdiſchen Luft ( darinnen das Schlangen Monſtrum ſtecket) den Willen zerbricht ; So iſt noch keine Neue


Chriſto Cap.2. 6. Von Götti. Beſchaulichkeit.

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Frazen:Pealer i Neus Wiedergeburt oder GöttlicherWille in ſolchem Leben und ercatur, de im Wircen oder offenbar , und iſt ſolcher Menſch ( alſolang er datinnen, im irdiſchen Willen allein ſtebet) tein Kind des Himmels : sitas deben estar Dann die Sšttliche Sciensiſt in irdiſche , thieriſche Eigens " Pts els ci hafi fchaft durch die Selb -Bildung des falſchen Willens gerana en Selber Bilder delt , und iſt nach dem Leib ein bsſes Thier , und nach der be Filden und Seelen ein abgewandter , falſcher Wille, der nicht mit mit dem Hendrik Gott will, auf Urt der Teufel, welche auch in eigener Bils e Ungrund il dung der finnlichen Wiſſenſbaft ſteben. 24. Deshalben ſagte Chriſtus:Matth. 12:30 . Wer nicht einerig en mit mir ramlet: das iſt, wer nicht mit der eingeleibten Gnade GOttes, welche GOtt durch Chriſtun bat offenbas FBauto da now for ret und barbeut, wircket, will und thut, ſondernwircket durch "Srundder natürlichen eigenen Willen , der zerſtreuet, nicht allein die auchen ersten Gottliche Ordnungder Sinnen , ſondern erſtreuet auch ſeine darum fit Wercke in falſchen Grund. 25. Sebet an ein Gleichniß von der Sonnen : Wann ein censSite Kraut nicht Saft bat, fo verbrenners der Sonnen : Strahl; must bats aber Saft, ſo erwärmet es der Sonnen -Strahl, das ing up von eswachſet : Alſo auch im Leben der Effenß im Menſchen : :/ilīculia Hat daſſelbe nicht Ens von GOttes Sanftmuth und Liebe , als wi von dem ewigen Ein , ſo impreſſet fichs in eine grimmige, feurige Schärfe, daß das Gemüth gang raub , bungeris , geißig , neidig und ftachlicht wird: Und folcher falfiber Sinnund Willegebet auch bernadh aus dem Leben in Leib, und tu! in alle ſeine Befen und Wercke. 26. Alſo zerſtreuet und zerbricht ſolche Feurende, geißige, Teaturi neidige Art mit dem ſcharfen Senfu des Lebens, alles das gut ift : Mit allem dem , damit es umgebet, iſt Fährlichkeit ; Dann es führet feineGift-Strahlen darein , und will alles an Hai ſich ziehenund feinGift darein führen,als den fungerigenGeit ; Iſt es aber, daßdas feurige Leben mag von Gittlicher Liebe eſ NB Teri, ſo iſts eine Gleichniß , wie ein Licht vom Feuer ausdrin get und gebet : Alſo auc dringet das rechte Leben von der feus renden Art,mit einem neuen Geiſt und Willen Göttlicher lies be von innen aus , und iſt nicht mebr nehmend , wie des Feus crs Urt iſt,ſondern gebend : Dann der LiebeWille gibt ſich ſel ber , wie das Licht aus dem Feuer , welches ſich in alleDinge gibt , und in allem ein Gutes wircket. 27. Wam M 4


e, g ne ffreidſet roW.elt, nicht mehr S.onW in z deur TiCeh 27. Wann diIeX e s e u i n e t e d d i i r n r h r i ü u c e o p n f , f w d S chen M , i dieſrchSecnhärf des Se al irnes, in der Sulphuriſ , Mercuri Urt in den vier 18 ft4 en Element ,gans ſtren,g raub trocken ,bnerb,dick,finſter und barte : e So ging alles Leben in den Element zu Grund , und wurd man b.ald ſehen , was diech Hölle und GOttes Zorn fey . 28 Alſo auch im glei en , wie der aufſere Menſch iſt ein chen Limus der auffern eleinentiſ Welt, deffen Leben in der n n e Sonne und Stern - Rraft ftebet, und der Leib , wie dann n auch die Erde , eine Coagulatio des Spiritus Mundi ift ; und to ſo der in ſeinem Nutrimen in der Speiſung nicht möchte der Sonnen Licht-liebe- Kraft haben , er gang bós , feurig und tóðtlich werden würde , und das äuſſere Leben zu Srunde 29. Alſo auch iin gleichen iſt die Seele ein Limus von der in n geiſtlichen Welt aus dem Myfterio Magno , als aus neehr e; g g emn múf urf öttlicher iſſenſchaft e Ausgan und Gegenw d G W , t n e welche ihr Nutriin muß atus dem Myfterio Magno, Gott : f ha licher Kraft und Wiſſenſc , nehmen ; Iſt es nur , daß fie g a er nicht mag das Ens Göttlich Liebe zu ibrer Speiſun it b e b d n n e u f r f g a m ß n n n r ch l s be , da fie fi vo li , al vo de Se , abs ch bricht, ſowird ſie augch alſo rſwchialrlfi,gfeurig ,finſter ,raub,) fta licht, neidig , feindi , wiede , und eine gange Unrube ihr felber, und führet ſich ſelber in eine tódtliche,ſterbende,grimmige niß Dual ein , welcheihre Berbamm iſt, Sarinnen ſie verdirbet, n n he l e he iſt, und auch allen Gottloſe geſchie wie dem Teuf geſc

30. Iſts aber, daß ſolcher Feuer - Duall mag wieder Gott iche LichtGOttes,erreichen und in liche Liebe,als das weſentl n e t b . he a f ,ſo wird ſolcher fecliſcher Feuer:Quall in ein sich enip h c i hne umge nre delt ; Abeo ns ob Ottes t ſteilrlwaſtneh Freude en mag vorn ſeiner Im Will,ein , Lſo Gder nnigch,v eſſu , iſts nichtmöglich : Dann das und Einſchli n ag e n n o in einem barten Stein nicht alſo wirs m S wandaten de l , s prn , K un Bä i M ,da da Wa räut ell n etal er ern d ionumen etnn s ſirſet le Lic idon ht er gefaſſ und coagul . in enine harte Impreſſ wi uso dao r rdp uth u erfehen t as s inen Sanftm z v if : D de alſo die Go n G her geißigen, neidigen Feuer-Be c l o in f mit3 r o n t1 . gierde t li tt be mi ch i ti el n Sa


Tha. Aero en bikini

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Chriſto) durch einen neuen Quellbrunn,der armen verborretert Seelen zur Erquicfung, hat offenbaret ; welche Seele nicht davon eſſen würde, diemöchte das GöttlicheLicht nicht erreis chen , und ware ohne Göttlich Leben : wie er ſich dann Joh . 8: 12. das Lichtder Welt nennet ; tem in Pſalmen, Ein Licht das im Finſtern leuchtet , das die Finſterniß in Licht wandelt. Pſ. 112 : 4.

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Das 3. Capitel.

itus Magno. r

Vom natürlichen Grunde. Wie die Natur

Ich itlovice

rovide rreioa

er cbra von Kiz

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asiwill கர் எதங்

ein Gegenwurf Göttlicher Wiſſenſchaft fen, dadurch ſich der ewige ( einige) Wille mit der ungründlichen, übernatürlichen Wiſſena ſdhaft empfindlid ), ſichtlich , wirdende ind wollende made ; und was Myſterium Ma gnum ; wie alles von , durch und in Gott ren : Wie GOtt allen Dingen ſo nahe ſen , und alles in allen erfülle. Eine hochtheure Pforte , dem Gottliebenden Leſer wol zubetrachten .

Sammarien . Wort GOTT der verborgene GOtt verſtanden . S. 1. Das Wort iſt Gott , 2. und das Ausgefloſſene iſt Weisbeit. 3. It der Offenbarung der Strafte ſchauet ſid der Wille, 4. und ift das Sienbild oder Mniterium Magnuin der Separator , s. daraus die Beiheit der Willen urftånden , auch das creatürliche Leben der Engel um Menſchen. 6. Wie ſich das menſchliche Gemüth mit den Sinnen in in Ebenbild einführet: 7 Alſo hat ſich das ewige Gemüth durchs Wrt in Schiedlichkeit eingeführet. 3. Die Begierde iſt derGrund der ncur der Empfindlichkeit des eigenen Willend, 9. Der Widedes Emi. ms gen


186 , ix . Weg zu Chriſto. gent Sin iſt unempfindlich , 10. führet ſich aber in Eigenſchaften aus, undmacht ſich empfindlich. 11. Das Peinen treibet das Licht, und dis iſteine Salbung der Peinlichkeit. ibid. Aus dieſem ewigen Wirden iſt die ſichtbare Welt entſprungen. 12, QOttes Wefen iſt nicht fern .13. Dieſichtbače Welt iſt anders nichts , als das ausgefloffeneWort. 14. Sind'alfo ausdemn Willen z leben entſproſſen. 15. Der innerſte Grund iſt mit GottesWort verbunden und ein (Sehåuſe Göttliches Willens. 16. 17. Das Undere Leben iſt die Seele der äuſſern Welt. 18. Die Geiſtliche Welt vom Feuer, Licht und Finſterniß, ſiehet in der ſichtba: ren Welt verborgen u , nd wircket durch dieſelbe , 19. als manauch in den wachſenden Sträften dreperler Spiritus verſtehet , als Sal, Sula phur und Mercurius, darausder Leib ; 20. Der 2.Spiritus iſt Quinta Eſeng, und liegtim Del des Schwefels ; 21. Der 3. Spiritus iſt Eina rtur , 22: welche ein Feuer und Lichtiſt , und derhöchſte Grundim Weſen dieſer Welt.23. Sie gehöret nachihrer Eigenſchaft zur Ewig keit. ibid. In dieſen 3 Principien ſtehenalle Dinge. 24. Ein strautiſt ein Bild des Erden -Geiſtes , darinn der bliſche Geiſt in der Blükte und Linctur fich öffnet. 25. Solchen Ruch håtte die Erde nicht, ohne GOttes Straft. 26. Alſo haben auch die Metallen innerlich ein klar Corpus , und darinnen die Tinctur. 27. Von der Linctur wird der Elementiſche Geiſt beweget. 28. Der Ruch iſt die Empfindung der Linctur , 29. aber nicht des Medici Eur, 30, dann die Straft kommt aus dem innern Grund.31. Was der rechte wahre Glaube ſen ? 32. Der verborgene Criſt des Separatoris aller Weſen , bat ſich in eine Eis genſchaft gebildet. 33. Im innerſten Srund der Linctur iſt alles gut unduuş , ibid . und iſt cin iedes Geſchöpf gut. 34. Dann das Sicht: bare iſt des itufichtbaren Gegenwurf, 35. und kann man an allen Sea Tchöpfen den innern Grunderkennen, daraus es entſprungen. 36. Ein jedes Ding hatſeinen Grund, da es wachſet. 37. Die Elementen ſind desUnſichtbaren Bewegniß ,38.39. wie dieSternen ein Ausflußder Geiſtlichen Welt. ibid. Die Elementen kommen aus Einem Grund, 40. die Scheidungen aber der Eigenſchaften ſind aus Myſterio Ma: Ano. 41. Wie der Ausfluß der inncrn Stråſte geweſen : alſo ſind die Materien worden . 42. Wopon hart und weich ihren Grund genom . men ? 43. Der höchſte Grund iſt der Einheit Bewegnif', da wian ron dreyen und doch nurvon Einem ſaget , 44. daher alles,was in dieſer Weltweich iſt, auspieſſend, und ſeinGrund nach der Einheit der Ewig teit ift. 45. Das harte verſchleußt ſich vor derEinführung des eigeum Willens. 46. Soiſt die Einctur am härteſten verſchloſſen , da ſie cm edelſten ift. 47. Das trockene Waſſer iſt der rechtc Perlen : Grund. ilid . Wo derWillein einem Dingzertrennet, darinnen iſtkeine groſſe Simft. 48. Die Medici ſollen nichtauf die groben Spiritus ſtarces Ruchs ſea ben .ibid . Siemüſſen dieſelben erſtinsTemperament bringen, 49.50. daß ſie einen Willen haben. 51. Gleich ein Sefangener mit ſeinerEr. ledigunggetróftetwird , und dadurdy endlich in die Hoffnung ins Fem peramentféllst , und demüthig werden lernet. 52. 53. Oh. 1 : 1-3. ftehet: Im Anfang war das Wort : Unddas port Jok.


Sap . 3. 6. Von Gottl. Beſchaulichkeit. 187 Dort war bey GOTT, und GOTT war das Wort ; daſſel be war im Anfang bey GOTT : Udle Dinge ſind durch daſſel be gemacht ; und ohne daſſelbe iſt nichts gemacht , was ges macht iſt. 1. Der Anfang aller Weſen iſt dasWort, als das Aushaus chen GOttes geweſen , und Sett iſt das ewige Ein ges weren von Ewigkeit, und bleibets auch in Ewigkeit : Aber das Woort iſt der Ausfluß des Göttlichen Willens oder der Gotts lichen WifTenfchaft : Gleichwie die Sinnen aus dem Gemüs the ausflieſen , und das Gemüth doch nur ein Ein iſt ; alſo iſt auch das ewige Lin mit in dem Ausfluß des Willens geweſen , das beiffet : Im Anfang war das WOXT ; Dann das Wort , als der Uusfluß vom Willen GOttes , ift der ewige Anfang geweſen , und bleibets emig : Dann er iſt die Offenbarung des ewigen einen , damit und dadurch die Göttliche Kraft in eine Wiſſenſchaft des Etwas gebracht wird : Und verfteben mit dem WORT den offenbaren Wils len GOttes, und mit dem Wort GOTT verſtehen wir den verborgenen GOtt , als das ewige skin , daraus das Wort ewig entſpringet. 2. Alſo iſt der Ausfluß des Göttlichen Ein das Wort, und doch GDtt ſelber , als ſeine Offenbarung. 3. Dieſer Ausfluß fleuſt aus GDtt , und das Ausgefloſſes ne iſt die Weisheit , aller Kräfte, Farben , Tugend und Eis genſchaften Anfang und Urſach . 4. Uus ſolcher Offenbarung der Kräfte , darinnen ſich der Wille des Ewigen Ein beſchauet, fleuſt aus der Verſtand und die Wiſſenſchaft des Ichts , da ſich der enige Wille im Ichts ſchauet, und in der Weisheit in Luſt einführet zu cube einer Gleichniß und Ebenbildniß. சான் 5. Und diefelbe Ebenbildniß iſt das Myfterium Magnum, t i m u als der Schöpfer aller Weſen und Creaturen , dann es iſt r G egroby der Separator in dem Ausfluß des Willens , welcher den des pluont Willen des ewigen Ein ſchiedlich machet: Er iſt die Schied Tingten,1c9.a5 lichkeit im Widen , daraus Kräfte und Eigenſchaften urs n i m i Tulungingin ſtånden. 6. Dieſelben Kräfte ſind wieder ein Ausfluß ihrer ſelber, da ſich eine iede Kraft in eigenen Willen , nach derſelben Kraft e ort,Imag Tugend , einführet: Daher die Bielheit der Willen ur ſtån


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IX. Weg zu Chriſto .

ſtåndet, und daraus auch das creatürliche Leben, der Ewigent, feinen Urſprung genommen bat , als Engel und Seelen ; und man doch nicht ſagen kann , daß hierinnen eine Natur oder Creatur verſtanden ſey , ſondern die ewige Bildlichkeit Gott liches Worts und Willens , da der Geiſt GOttes in einem ſolchen Gegenwurf in den Kräften der Weisheit in ſolche For munge der Gleichniß init fich ſelber gefpielet hat . 7. Sleichwie fich das Gemüth des Menſchen, im Verffans

de mit den Sinnen, in einen Gegenwurf einer Ebenbiloniſ einführet,und mit denſelben ausfleuſt, und in Bilde einfaffet, welche Bilde die Gedancken des Gemüthes find , darinnen der Wille des Gemütbes wircket, und ſich alſo mit der Luft in eine Schärfe, als in eine magnetiſche Unnehmung einfaffet , bars aus Freud und Leib urſtåndet ; 8. Alſo iſt uns auch von dem ewigen Gemütle der Ems pfindlichkeit zu erkennen , daß fich der Ausgang des einigen Willens GOttes, durchs WOXT, in Schiedlichkeit babe eingeführet, und die Schiedlichkeit hat ſich in Annehmlichkeit, als in eigen Luft und Begierde zu feiner Selbſt-Offenbarung, eingefübret, aus der Einbeit in Bielheit. 9. Die Begierde iſt der Grund und Anfang der Natur der Empfindlichkeit des eigenen Willens, dann darinne wird die Schiedlichkeit der Einbeit in Annehmlichkeit gebracht, daraus die Sdiedlichkeiten der Willen in Empfindlichkeit ciner Selbheit gebracht werden , darinnen das wahre, crea türliche, empfindliche, engliſche und Reeliſche Leben verſtanden wird. 10. Dann der Wille des ewigen Ein iſt unempfindlich , obne Neiglichkeit zu etwas, dann er Bat Niches , dazu er ſich konte neigen, als nur in ſich ſelber : Darum ſo führet er ſich Felber aus ſich aus, und führet den Ausfluß ſeiner Einheit in Bielheit, und in Unnehmung zur Selbheit, als zu einer Stätte einer Natur ,daraus Eigenſchaften urſtanden : Dann eine ie : de Eigenfibaft bat ihren eigenen Separatorem , Scheider und Macher in fich, und iſt in ſich ſelber gang nach Eigenſwaft der ewigen Einheit. II. Alſo fülret der Separator iedes Willens wieder Ei. genſchaften aus fich aus , davon die unendliche Bielheit ents ſtebet, und dadurch fid das ewige Ein empfindlich machet, niebt


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i p n cha tt Ca . 3. 6. Vo itGö .nBeſ . 189 r t luß e e h h b f h d c m c n r s c n r ni na de Ei , fo na de Au de Ein : eit t hen h k eine r usfluß e t e t r h l i c i t c c s l e H e. A ärf de A fü iſ fi ſo whemli ,bi in die groß net t ne s in n i n fef Sch ndhe mit der Mag er A , b e d reſc ch ge kin ren die ſfteäuti Art , in wel feu Art das ewi s e h e t g d d h d c j ude Ma t wir : A wir die erdi hun eirnlicLhic n c e r k f e u c i a d d d r g r r e Ur : K da be un wi , un iſt RdT der tO n ..1 .Da inndlidcehm keW ß i e u t l f h f en rſtán g fi Krä inm Aus einn ewi e, emp indlic Leb ue : e n t s inen Empf a ; Da det e ſo d kec bnåt , eſto n Leb e e l t h n h r r båt es tnedin Wol macung nodc Wi , abe das Per i ünd he t cke len d es wirs und wol t ; Un ndraesichLich , ſolc Anz n ch er e hiet s reude bur g Feu ,limchakce e f , dan es iſt eine Sal 4 bun der Pein . 12. Aus dieſem ewigen Wirefen der Empfindlichkeit und Sinnlichkeit, da ſich dieſelbe Wirkung von Ewigkeit hat je alſo in Natur, als in Eigenſchaften, eingeführet, iſt die richt's bare Welt mit all ihrem Deer entſprungen , und in ein Ges robopf gebracht worden : Dann die Ewigkeit ſolcher Wirs kung zu Feuer, Licht und Finſternis, hat ſich mit der richtbaa ren Welt in einen Gegenwurf geführet, und den Separatorem in allen Kräften des ausgefloſſenen Wefens, durch die Bes

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gierlichkeit zu einem Amtmann der Natur geordnet , mit wel: chem der ewige Wille alle Dinge regieret, machet , formet und bildet. 13. Alſo können wir mit nichten ſagen, daß GOttes Weſen etwas fernes fey , das eine fonderliche Stätte oder Drt beſiße oder babe, dann der Abgrund der Natur und Creatur iſt GOtt ſelber. 14. Die ſichtbare Welt ,mit ihrem Heer und Creaturen, iſt anders nichts, als das ausgefloſſene Wort, welches ſich bat in Eigenſchaften eingeführet, da in den Eigenſchaften iſt eige ner Wille entftanden ; und mit der Annehmlichkeit der Wila len iſt das creatürliche Leben entſtanden , welches Leben fich ,

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im Anfang dieſer Welt, bat in eine Unnehmlichkeit, zu einem creatürlichen, eingeführet, welches der Separator nach der Eis genſchaft hat entſchieden, und in ein eigen Bollen nach folcher Form gebracht: Soiſt mit dem eigenen Wollen ſolcher Bluse gierbe, das Weſen ,als der Reib ,entſtanden ,einer ieden Annehm Hipkeit aus ſeiner Gleichbeit und Eigenſchaft, dadurch þat ſich ber


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ix . Weg zu Chriſto.

der Separátor ſigniretund ſichtbar gemacht, wie an allem les ben zu erkennen iſt. 15. In folchem Gegenturf Göttliches Willens find ums nun zweyerley Leben zu verſtehen, als Erſtlich ein ewiges, und zum Andern ein zeitliches , todtliches. Das Ewige iſt in dem Enigen , und urſtåndet aus dem ewigen WORT , und , ls im Myfte ſtehet im Grunde der ewigen , geiſtlichen Welt a rio Magno Göttliches Gegenwurfs, und iſt das ſinnliche , ver : ſtåndige Leben im Grunde des ewigen Feuers und lichts. 16. Der innerſte Grund iſt ein Funce des ausgefloffenen Willens GOttes, durchs ewige Bauchen GDites, und ift mit GØttes DORT verbunden , anders nichts zu wollen , als nur was der einige Wille GOttes durch ſolchen Aus. flug will. 17. Es iſt anders nichts , als ein Gehäuſe Göttliches Wil lens, dadurch fich der Göttliche Wille offenbaret, und ift zu Feiner Eigenbeit eigenes Willens offenbar worden , ſondern nur zum Werckzeug Göttliches Willens, dadurch derſelbe fei: ne Wunderwerke verrichten will. Et iſt der Separator Gottliches Willens, als ein Berckzeug GDttes , darein ſich der Göttliche Wille bat gebildet zu einem Wunderthåter der Almacht und Herrlichkeit, damit Er will alle Ding beherr: ſchen , deswegen ihm auch iſt Göttliche Verſtändniß gegeben worben. 18. Das andere leben iſt ein anfänglicher -Ausfluß des Separatoris aller Kräften , und beiffer die Seele der Suflern Welt, welches Leben in den ausgefloffenen Eigenſchaften creatürlich worden iſt, und iſt ein leben aller Creaturender ſichtbaren Welt, damit ſich der Separator oder Schöpfer dies ſer Welt bildet, und eine Gleichniß nad der Geiſtlichen Welt macbet,Darinne ſich die Kraft der innern Geiſtlichen Welt mit formet, bildet und ſchauet .. 19. Dann die Geiſtliche Welt vom Feuer , licht und Fin : ſterniß , ſtebet in der ſichtbaren Elementiſchen Welt verbor's gen , und wirdfet durch die ſichtbare Welt , und bildet, fich durch den Separatorem mit ihrem Ausfing in alle Dinge , nach iebes Dinges (Art und) Eigenſchaft : Wie ein iedes Ding einer Art und Eigenſchaft iſt, eine ſolche Eigenſchaft empfäbet es aud vom Separatore der innern geiſtlichen Kraft : Nicht


Sap.3. 6.Von Götti.Beſchaulichkeit. 191 Nicht zu einer Habhaftigkeit und eigener Macht empfabet Das ſichtbare Weſen das unſichtbare , daß das äuſſere moch te dadurch in das innere verwandelt werden ; Nein , das iſt nicht : Die innere Kraft bildet ſich nur damit , wie wir das an den Kräften der Kräuter, Bäume und Metallen verfteben , das derer aufſerliche Geift nur ein Werckzeug des innern Geiſtes, als der innern Kraft ,fey , dadurch fic die innere Kraft in den aufſern Geift bildet. 20. Als wir dann in folchen Kräften der Wachſenden drer. erter Spiritus verſtehen in unterſchiedenen Centris, und doch nur in einem Corpore. Der erſte und aufſerliche Spiritus ift der grobeSchwefel, Salg und Mercurius ,der iſt ein Weſen der vier Elementen oder des Seftirnes , nach der Sternen Raubigkeit Eigenſchaft : Dieſer machet das Corpus, und impreffet fich felber, oder faffet fich in ein Defen , obe zeudt das innere aus dem Geiſtlichen Separatore an fid , fowol auch von auſſen die Elementen , und coaguliret ſich damit, davon alsbald die Signatur oder Bezeichnung , vom Separatore ge : ſchiebet : Derſelbe bildet das ſichtbare Corpus nach der Eis genſchaft der gröften Kraft des Spiritus Mundi , als der Cone Hellation der Sternen, ober Eigenfibaft der Planeten und icbt entzündeten Elementen . 21. Der Ander Spiritus , welcher ein eigen Centrum bat, der liegt im Dele des Sowefels, den man die ste Elfens beira ſet, als eineWurfel der vier Elementen . Dieſer iſt die Sanf tigung und Freude des groben , peinlichen Schwefel-und Salg -Geiſtes , und nimt ſein Nutrimentum erftlich von innen aus dem lichte der Natur , als vom Ausfluſſe der geifflichen Sanftmuth , vom innern Geiſtlichen Feuer und Licht. Únd zum andern von auſſen nimt er ſein Nutriment von der Son nen, und von der ſubtilen Kraft des Spiritus Mundi , und iſt die rechte Urſac des wachſenden Lebens , eine Freude der Natur ,wie die Sonne in den Elementen iſt. 22. Der Dritte Spiritus iſt die Tinctur , als ein Gegen wurf des Göttlichen Myfterii Magni , da alle Kräfte in der Gleichheit inne liegen , und beiffet recht Paradeis oder Sått : liche luft: Der iſt ein Gehäuſe Gsttlicher Kraft, ein Gehäus der ewigen Seelen , daraus alle auſſerliche Kräfte entſpringen , auf Artmiedie Luft aus demFeuer .

23. Dann


1x :Weg zu Chriſto. 192 23. Dann die Tinctur iſt anders nichts als ein Geiſtlich Feuer und Licht, da Feuer und licht ein eigen ( einig) Weſen innen iſt ; Weil ſie aber auch ihren Separatorem , als den aus . gefloſſenen Göttlichen Willen zur Offenbarungin fich bat , ſo ift fie der böchſte Grund , daraus die erſte Schiedlichkeit der Eigenſchaften, im Weſen dieſer Welt, urſtåndet, und gehöret, nach ihrer Selbſt-Eigenſchaft , zur Ewigkeit : Dann ihr ür: ſtand iſt die heilige Kraft GOttes, und hat ein eigen Centrum, als den allerinwendigſten Grund der Creatur , welcher zwar der tådtlicben Creatur verborgen iſt , wegen des , daß der Menſch falſchen Willen dagegen geführet : Dannenbero der Fluch der Erden im Fall des Menſchen entſtund ; Jedoch drins gct dieſer bohe, heilige Grund in ſein Eigen Centruni,durch al le Wefen dieſer Welt, mit aus ; und fleuſt aus in die äuſſere Kräfte : Gleichwie die Sonne in die Elemente ; Aber die Crea: tur mag das Centrum dieſer Kraft nicht berühren , es geſches be dann darch Göttlich zulaſſen , als in der neuen Wiederges

.

burt geſchiebet. 24. Solche Offenbarung ſiehet man an allen Dingen der Lebendigen und Wachſenden : Alle Dinge ſtehen in dieſen dreyen Principiis oder Anfangen : Ein Erempel ſebet ihr an einem Kraut der Erden, das hat fein Nutrimentum von innen und auſfen, als von der Erden und von auſſen von der Sons nen und Sternen ,dadurch ſich der Erden Spiritus ſamt dem áuſſern mit bildet ; wann daſſelbe auswächſet , fo geſchiebet das in ſolcher Gewalt, fo bezeichnet (figniret) fich von auſſen in dem Kraute, mit der Bildung und Form deſſelben, der auf fer Separator im Schwefel, Salg und Mercurio , dann er iſt des Krauts Bewegniß, und Empfindlichkeit, und macbet ficy. corporaliſch . 25. Daß, ſo ich ein Kraut ſebe ſtehen ,ſo ſage ich mit Wahra Beit : Diß iſt ein Bild des Erden -Geiftes, in deme fich die obern Kräfte erfreuen, und es auch für ihr Kind halten , dies weil der Erden - Geiſt init den obern auswendigen Kräften Ein Weſen iſt ; Und wann das Kraut ausgewachſen iſt, ſo blubets, fo bezeichnet ſich mit der Blübte der slide Seift mit ſchönen Farben ; und mit dem lieblichen Geruch der Blübte bezeichnet ſich die TINCTUR , als der dritte Grund. 26. Da man dann verſtehet , daß ſich der inwendige , verbor:


als dit can com3 Fordet en -za co lod det Cliendin et une Darba reclam is

Com hi

Cap.3. 6.Von Göttl. Beſchaulichkeit. 193 verborgene Geiſt der Elementen bat eröffnet , und fübret fich mit in die Bildung der Frucht ein : Dann die Erde. batte keinen ſolchen Ruci , weder Farben noch ſolche Jugend, fo fich nicht die verborgene Kraft Göttliches Ausfluſſes of fenbarete, 27. Alſo auch an den Metallen zu ſehen iſt, welche auswen : dig ein grob Corpus vom Schwefel, Mercurio und Sals find, darinnen das Wachsthum ftebet ; und in ihrem inwendigen Grunde find ſie ein fcbón klar Corpus , darinnen das eingebils dete licht der Natur von Göttlichem Ausfluß ſcheinet : In welchem Glaſt man die Sinctur und groſſe Kraft verſtebet, wie ſich die verborgene Kraft fichtbar machet: Man kann nicht von ſolcher Kraft ſagen, daß fie elementiſch rep , wie auch die Kraft der Blühte nicht; Die Elementen ſind nur ein Ges håus und Gegenwurf der innern Kraft, eine Urſache der Bes wegniß der Sinctur.

28. Dann von der Sinctur gebet die Kraft durch Bes wegniß des groben Elementiſchen Geiſtes aus , und füh ret ſich dadurch in Empfindlichkeit , als in Geſchmack und Ruch : 29. Dann der Ruch iſt anders nichts als die Empfinds lichkeit der Sinctur , durch welde fich der Ausfluß Gottlis cher Kraft offenbaret, und alſo Empfindlichkeit annimt: Die Schärfe des Ruchs iſt wol elementiſch , aber die wahre Kraft und Tugend, in der Schårfe des Ruchs, ift die Zinctur; Dann die Bewegniß eines Dinges iſt nicht der böchſte Grund der Kraft, ſondern dieſes ; daraus die Urſache der Bewegniß tommt. 30. Der Medicus braucht ein wolriechend Kraut zu feia nen Medicamenten , aber der Ruch , als die Schärfe des Ruchs, iſt nicht die Cur ; welche den Patienten in der Kranck beit curiret, ſondern das iſt die Eur, davon ſolcber Balſam oder Ruch urſtåndet, als die Tinctur , welche ſich in folchen Bals ſam einbildet. 31. Chriſtus ſagte , Matth .21 : 19. zum Feigenbaum : Vet's dorre ; Aber das suffere, lautbare , menſchliche Wort , als der Hall, war nicht dieKraft, daß es geſchahe ; Sonderndas war die Kraft , daraus das Wort kam : Sonſt fo es der N auſſere


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IX. Weg zu Chriſto .

äuſſere menſchliche Hall thate , fo konten es andere Menſchen auch thun . 32. Alſo dergleichen auch mit dem Glauben zu verſtehen ift : Die Bekentniß und Beyfall eines Dinges iſt nicht der rechte Glaube, vielmeniger die Wiſſenſcbaft ; fondern das iſt der Glaub ,daraus die Bekentniß gebet , als der eröffnete Geiſt GOttes in dem innern Grunde der Seelen , welcher ſich mit der Bekentniß ins lautbare Bort bildet , und aufſerlich ſichts bar machet, und mit ben ſichtbaren Elementen des Leibes wirs det, und fich aufferlich erzeiget, daß man verſtebet , DAF GDt: tes Geiſt in Bercke des Glaubens mitwircket, gleichwie Er mit und durch die Kraft der elementiſiben Welt wircket , und fich durch das Weſen dieſer Welt mit einem Gegenwurf ſicht bar inacbet. 33. Alſo daß alles, was ich anſebe, es fey Bås oder Gut , fo kann ich mit Wahrheit fagen : Alhie mit dieſem Ding hat ſich der verborgene Geiſt des Separatoris aller Weſen in eine Ei genſchaft gebildet, und bat ibin alhie cinen Gegenwurf oder Bildniß nach ſeinem Ausfluß gemachet, entweder nach Bos oder Gut ; Alles nach den Eigenſchaften der Natur , nach Hiße oder Kälte, nach Berbe, Bitter, Süß oder Sauer, oder wie das fey , ſo iſt in aller folcher Bildung nur auſſer : lich eine ſolche elementiſche Art , als ein ſolcher Schwefel und Salo , Aber im inwendigen Grund, in der Tinctur,iſt es gut und nůß , und gehöret zu ſeiner Gleichbeit, zum Nutrimento des Lebens , welches nach der Aſtraliſchen und Elementi ſchen Art, in allenEigenſchaften, nach ſeinem äuſſern Gruns de, tebet. 34. Ein iedes Ding,es ſey Kraut, Gras , Bäume , Thier , Bogel , Fiſch, Würme, oder was das immer fey , iſt nuß , und iſt aus dem Separatore aller Weren , als aus dem Wuxt oder ſchiedlichen Willen GOttes, gegangen , damit ihme der Separator iedes Dinas Eigenſchaft bat ein Gleichniß oder Bild gemachet, darinnen er wircket. 35. Dann dieſe ſichtbare Welt , mit allem ihrem Heer und Weſen ,iſt anders nichts , als nur ein Gegenwurf der Geiſtlichen Welt , welche in diefer materialiſchen , elemen : tiſchen verborgen iſt,gleichwie die Tinctur in Kräutern und metalen . 36.Und


195 Cap . 3. 6.Von Götti Beſchaulichkeit. 36. Und wie ſich die Tinctur mit ihrer Jugend in allen Dingen,mit ihrem Ausfluß , mitbildet und ſichtbar machet ,das man an der Figur, fowol an den Farben und Geruch, kann re ben und erkennen, was in der Sinctur für ein Separator oder Ausfluß Göttliches Willens aus dem Myfterio Magno fey ausgefloſſen ; Alſo auch kann man auch an der ſichtbaren Welt,an Sonne , Sternen , Elementen , Creaturen , und an allen Geſchöpfen den innern Grund , daraus es iſt entſprun : gen , erkennen. 37. Denn kein Ding oder Beſen eines Dings iſt von fern an feinen Ort kommen, ſondern an dem Ort, da es wachſet, iſt fein Grund : Die Elementen haben ibre Urjach in fich ſelber , davon fie entſpringen ; Alſo auch haben die Sternen ibr Chaos in ſich ſelber, darinnen ſie ſtehen . 38. Die Elementen ſind anders nichts , als ein bildliches, bewegendes Wefen des unſichtbaren unbewegenden : 39. Alſo auch die Sternen ſind ein Ausfluß der Eigen fchaften der Geiſtlichen Welt, nach der Schiedlichkeit des Se. paratoris,welches Grund iſt das WORT , oder der ſchiedliche Wille GOttes. 40. Das Weſen und Weben der Elementen iſt Feuer , Luft, Waſſer und Erden, darinnen iſt dick und dünne , naß und trocken , bart und weich, die ſind zuſammen gereßt in Ein Wes fen . Nicht daß iedes von einem ſonderlichen Urſprung und Herkommen ſey, ſondern ſie kommen alle nur aus einem eini gen Grunde; und dieſelbe Ståtte, da ſie berkommen find ,ift ůberal : Nur zu dencken , wie an einem Drt iſt etwa eine meb : rere Entzündung nach einer Eigenſchaft geſchehen , als am andern , davon die Bewegniß groffer , und der Materien in folcher Form und Beſen mehr worden iſt,als am andern ; wie an den Materien der Erden, fowol an dem Waſſer und Luft zu verſtehen iſt, wie ein Unterſcheid in iedem Polo als an jedem Drt über der Erden iſt : Dannenberó auch der Unterſcheid der Sitten und Tugenden , ſowol der Regimenter , Drdnung und Creaturen find . 41. Die Scheidungen aber ſolcher Eigenſchaften find alle aus dem Myſterio Magno entſtanden , durch die einmal Bes wegniß der Kräften aller Wefen , als da fich bat der einige wille aller Weſen auf einmal beweget , und aus der Unems N 2 pfinds

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IX. Weg zu Chriſto. pfindlichkeit in Empfindlichkeit und Schiedlichkeit der Kräfte ausgeführet, und die ewige Kraft wirckende und wollende ges macht, daß in ieder Kraft iſt ein Gegenwurf, als eine eigene Begierde, entſtanden : Dieſelbe eigene Begierde, in dem Ges genwurf der Kräfte,hat ſich wieder aus ſich ausgeführet zu eis nem Gegenwurf , davon iſt die Begierde ſolches Ausfluſſes ſcharf, ſtreng und grob worden, und hat ſich coaguliret und in Materien gebracht. 42. Und wie nun der Ausfluß der innern Kräften aus Licht und Finſterniß , aus Scarfe und Linde, aus feurender oder Richts-Art iſt geweſen ; Alſo find auch die Materien wor . den : Je weiter fich der Ausfluß einer Kraft erſtrecket bat , je åuſſerlicher und gröber iſt die Materia worden , dann es iſt je ein Gegenwurf aus dem andern gegangen , bis leglich auf die grobe Erbe. 43. Wir müſſen aber den Grund ſolcher Philofophiæ recht vollführen und andeuten , wovon bart und weich babe ſeinen Grund genommen, welches wir an den Metallen erkennen : Denn eine iede Materia, welche bart iſt, als da find Metallent und Steine , ſowol Hole , Kräuter und dergleichen , das bat in fich gar eine edle Sinctur und hoben Geiſt der Kraft, wie auch an den Beinen der Creaturen zu erkennen iſt , wie die edleſte Tinctur nach des Lichts Kraft, als die grðiſefte Süſſe im Marcke der Beinen , und dargegen im Geblüte nur eine feu riſche Tinctur lieget, als im Schwefel , Salß und Mercurio. Dieſes verſtehet man alſo :

44. GOTT iſt das ewige Lin , als die grófleſte Sånften ſo viel Er auffer feiner Bewegniß und Offenbarung in fich ſelber iſt ; Uber ſeine Bewegniß , indem Er Ein SDtt in Dreyfaltigkeit beifTet , als ein Dren . Einiges Weſen , da man von Drey und doch nur von Einem faget , und da Er die Ewige Kraft und Wort heiſſet : dieſe iſt der theure und bochite Grund , und alſo nachzufinnen , wie ſich der Göttli che Wille in eine Stätte zur Selbheit , als zur Kraft ein: ſchleuſt, und in ſich ſelber wirdfet , und aber durc ſein Wirs den ausgebet, und ihm einen Gegenwurf , als die Weisheit, machet , dadurch aller Wefen Grund und Hertommen ents ſprungen iſt. 45. Ufo


197 Cap.3. 6.Von Götti. Beſchaulichkeit. 45. Alſo auch imgleichen wiſſet dieſes : Alles was im Weſen dieſer Weltweich, fanft und dünn iſt , das iſt ausflier fend und ſich ſelber gebend , und iſt deſſen Grund und Urs ſtand nach der Einbeit der Ewigkeit, da die Einheit immers bar von ſich ausfleuſt, wie man dann an dem Wefen der Dünnbeit , als am Waſſer und Luft keine Empfindlichkeit oder Peinen verſtehet, was daſſelbe Wefen Einig in ſich ſels ber iſt.

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46. Was aber hart und impreſſend iſt, als da ſind Bei ne, Hols , Kräuter , Metallen , Feuer , Erde , Steine , und dergleichen Materien , darinnen lieget das Bild Gottlider Kraft und Bewegniß , und verſchleuſt ſich mit ſeinem Sepa. ratore (als dem Ausfluß Gottlicher Begierde,) als ein ed les Kleinod oder Funcke Göttlicher Kraft , vor der Grobs beit ; und iſt darum hart und feurend , daß es feinen Grund Góttticher Infaßlichkeit bat , als da fich das Ewige Ein immerbar in einen Grund der Dreyfaltigkeit, zur Bewegs niß der Kräften , einführet, und ſich doch vor dem Aus fluß, als vor der Einführung des eigenen Willens der Nas tur,verſchleuſt, und mit der Kraft der Einheit durch die Na. tur wircker. 47. Alſo auch mit der edlen Tinctur zu verſtehen iſt: Wo fie am edleften iſt, da ift fie am meiſten mit der Härte vers fchloffen ; Dann die Einheit liegt in ihr in einer Beweglich : keit, als in einer Empfindlichkeit des Wircens , darum vers birget fie fich ; aber in der Dünnheit lieget ſie nicht in fol cher Empfindlichkeit , ſondern iſt allen Dingen gleich : Wie dann das Waſſer und Luft allen Dingen gleich , und in allen Dingen iſt; aber das trockene Waffer iſt der rechte Perlene Grund, darinnen die ſubtile Kraft des Wircens der Einheit im Centro lieget: Den Unſern, ſo dis werth ſind,hiermit ans gedeutet, ſich um das Weiche obne feurende Art , darinnen Ses

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beimniß zu ſuchen ,nicht anzunehmen. Alſo verſtehet dieſes Geheimniß : 48. Daß das Weiche und Dünne von der Einbeit, von deſſen Ausflus, aus dem Myſterio Magno urſtånde, und der Einheit am nächſten fey, und dargegen der edelſte Grund Göttlicher Offenbarung in Kraft und Wirdungin derfeu renden Hårte liege, und eine trockene Einheit , als ein Temas N 3 peramen .

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IX . Weg zu Chriſto . da dieSchiedlichkeit aller Kräfte wieder ins en, f peramentum ne lieget : Dann wo die Krafte nicht in der Einbeit eines Willens inne liegen , da iſt der Wille zertrennet,und iſt keine groſſe Kraft in dem Dinge zu verſehen , welches den Medicis wol zu mercken iſt, daß ſie nicht aufdie groben Spiritus ftardes Ruchs ſehen ſollen, und den für redyten Balſam balten , ob er wol alda innen iſt, ſo ift aber die Tinctur alda innen ſehr bes weglich und ausfliegend. 49. Die Spiritus, der ſtarcken Kraft im Ruch , müſſen ins Temperamentum gebracht werden , als in die Einheit , und nicht davon fliegen : Da man alsdann will mit dem Sals , als mit des Feuers Scarfe,curiren, und gibt dem Patienten Sera le obne Geiſt ein . 50. Die Seele folcher Balfamen iſt in den Eigenſchaften Jertrennet, eine iede gibt ſich in ihrer groſſer Freude inſonders heit,undſind aber in der Zertrennung zu wiederwillig :Fie einis gen nicht des Lebens Feindſchaft und zertrennung, ſondern zůnden desLebens Zertrennung mehr an . 51. Verſchlieſſet ſie und machet ſie einig , daß ſie alle Einen Willen in der Liebe babent, ſo habt ihr das Perlein in der gants Ben Welt : zu Zorn reißen machet Hoffart und Streit , wela ches an allen Dingen zu erkennen iſt. 52. Einen Gefangenen tröſtet man nur mit ſeiner Erledia gung, bis er feinen Willen in die Hoffnung feget , und ſich mit Gedult faſſet, fu fålt endlich ſeine Unruhe in die Hoffnung ing Temperamentum , und lečnet in ſolcher Hoffnung demüthig werden ; fo man ihm alsdann von ſeiner Erledigung faget, ſo erfreuet er fich. 53. Alſo auch ihr Medici, mercket es , das iſt euer Perlein, fo ihr dis verſtehen möget , der Sinn iſt inwendig und ausa wendig. Das 4. Capitel. 198

Von

dem

EFN und AUS : wie ſich der

Ewige Wille GOttes Ausrund in Em pfindlichkeit Ein -und wieder in das EFN einführe. DA man verſtehen kann, zu was Ende das Weſen diefer Welt


Cap. 4. 6. Von Götti. Beſchaulichkeit. 199 Welt geſchaffen, und worzu der Creatürliche Grund nårze ? Auch zu was Ende Freude und Leid offenbar worden ſey ? und wie GOtt Allen Dingen ro nabe rey ? Summarien. us Ewige Wort iſt in das Uusgefloſſene kommen, 9.1.2. der abs geivandte Wille aber hat es nicht aufgenommen. 3. Welcher Wille aber ſich uingewandt zur Neuen Geburt, dem hat Er Macht gegeben Gottes Stind zu werden. 4. Der innere Grund hat fich ſichtbar gemacht. 5.

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X

3

Oh.r: 11-13.(tebet : ER (JESUS CHRISTUS ) kam in fein r Jeige Eigenthum , und die Seinen nahmen Ihn nicht an ; trie viel Ibn aber annahmen , denen gab Er Macht, GDttes Kinder zu werden , die an ſeinen Namen glauben : welche nicht vom Geblüte , noch vom Willen des Fleiſches , noch von dem Willen eines Mannes , ſondern aus GOtt geboren ſind. 2. In dieſen Morten liegt der theure Grund Gottlicher Offenbarung, als das Ewige Ein und Aus : Dann fie reden von deme , wie das verborgene Göttliche Ewige WORT, Göttlicher Kraft der Einbeit, ſey her AUS in das aus - ge floſſene, natürliche, creatürliche,bildliche WOXT , als in die Menſchheit, kommen in ſein Eigentbuin . 3. Dann das Aus - gefloſſene , bildliche , creatürliche WORT, ift des Emig-ſprechenden WORTS Eigenthum : und wird davmit klari angedcutet , daß Ihn die Seinigen , als der abgewandte, bildliche, eigene Wide,nichthat angenom men ; welcher eigene , bildliche Wille aus eigenem Grunde war entſtanden, als aus Fleiſch und Blut eigener Natur , von Mann und Weibe , das iſt, in dem Separatore des 2US ges floffenen Willens, da ſich der ewige Wille in Eigenthum ge ſchloſſen hatte, und in eigener Kraft und Macht XUS - geben und herrſchen woltee 4. Dieſer babe das EmigeWoxt, welches , als ein Aus. fluß Göttlicher Gittadenwieder ber - AUS zu dem abgewand ten Willenkam , nicht angenommen , dann er wolte ein eiges ner Herr feyn ; welcher Wille ſich aber habe umgewandt, daß er wieder in dem Göttlichen Uusfluß der Liebe ſey neu-ge: boren worden , dem babe Er Macht gegeben, GOttes Kind zu N 4 werden :


200 IX. Weg zu Chriſto. werden : Dann nicht der natürliche, eigene Wille kann die Göttliche Kindſchaft erben , ſondern nur dieſer, welder mit der Einbeit vereinbaret, allen Dingen gleich iſt , in deme GOtt felber wircket und will. 5. Darinnen wir klar verſtehen ,wie ſich der inwendige Grund ber-Aus gewandt und ſichtbar gemacht habe , und ein Eigenthum GOttes Fey , als ein Ausfluß Göttlicher Kraft und Willens.

Nora : Diefe bochtbeure Pforte iſt vom Autore weiter nicht ersffnet, nachdem Er durch ſeine folgende Schrif ten unter Göttlicher Fügung davon abgebalten worden . Was aber vorige Ediciones vom Myfterio Magno alhie mit angehånget, gehöret zum Clave oder Schlüra, ſel der vornehmſten Pancten, alwo es ſ . 137.138.139 befindlich ,

)

Das


Das Siebente Büchlein

COLLOQUIUM VIATORUM oder

Geſpräch

Siner erleucht-und

uner

leuchteten Seele.

sessie eine erleuchtete Seele die andere ſuchen , tröſten , und in ihrer Erkent niß mit auf die Pilgram -Straſſe Chriſti führen, und ihr der dornichten Weg dieſer Welt,welcher in Abgrund ge bet, auf welchem die abgewandte Seele wandelt, treulich zum Spiegel vor Augen ſtellen folle.

In einem Send Briefe an eine hungrige und

durſtige

Seele nach

dem

Brúnnlein der füſſen Liebe JEſu Chriſti

geſtellet Von

einer

liebhabenden

Seele

der

Kinder Jeſu Chriſti, unter dem Creuße uns ſers HErrn Jeſu Chriſti, Im Jahr 1624 .

Gedruct im Jahr des ausgebornen groſſen Heils

17 30.


1


1916. IX . let

201

Das Siebente Büchlein . COLLOQUIUM VIATORUM, oder Gefpracy Finer erleucht, und unterleuch,

teten Seelen .

Summarien , $. 1-9 . betete in Eignem Willen den Teufel an , 10. 11. lebete im Zorn, 13. und böſen Lůſten, 14. zur Hoffart, Macht, 15 . Geiß und Eigen Sorge, 16. dadurch das Leben dunckel ward und GOttes Språſte verloſchen . 17. Da wachten auf Neið und Feind. ſchaft, 18. Zorn und Mord, 19. die Hölle oder GOttes zorn , mit Erlöſchung der Götti. Liebe. 20. Des Šeufelso Trieb ſtürßte ſie in alle Fafter , 21. und ihre Blindheit war ſo groß, daß ſie den Teufel nicht kante ; 22. als nun die Seele in folchem Wandel lieff, erging der Ruff Chriſti an ſie.23. Da ſahe ſie ihre inonſtrofiſche Geſtalt, 24. 25. und Fehrete ſich mit Ernſt zu Gott ein. 26. Da kam treit von innen und auſfen ; 27., der Ceufel verwirret die guten Sinnen, 28. unb hindert das Gebet; 29. darüber die Seele erſchridt, 30. und ſich heftiger im Gebet zu Gott erhebet. 31. Dennoch erwecket der seua fel irdiſche Luſt, 32. und hindert das Gebet ;33. ſpricht fügen, 34 und ſtellet der Welt Eitelkeit und Chriſti Verdienſt vor, 35, daß man ſich nicht ſollzum Narren machen , lieber erft Geld famlen. 36. Das durch entſtehet in der Seelen groffe Unruhe, 37. daß ſieallerlen Wege zur Ruhe zu kommen und GOttes Gnade zu erlangen ſuchet, 38. kanns aber nicht finden, 39. denn ſie iſt blind an Chriſto.40. Es be gegnet ihr aber ein rechter Chriſt,41, welchem ſie ihren Stand öffnet, 42., der gibt ihr guten Bericht, 43. darüber ſie effchrickt und zaghaft wird, 44. undmit dem Zweifel zu ringen beginnet. 45. Der Chriſt unterweiſet ſie ferner, 46. 47. und lehret ſie, wie ſie ſich tragen roll; 48. daß ihr GOttesLiebe begegne; 49.50. lehret ſie die Welt ver: laſſen und Guteswircken ; si. nicht den Elenden drengen ,welcher mit ſeinem Seuften GOttes Zorn in dem Freiber des Armen erwecket : 52. 53. und wie ſie ferner die Thiere ihrer böſen Neiglichkeiten verlaſſen ſoll, daß fic in ihr ſterben, 54. wenn ſchon dieſer Weg Der Abſterbung ſehr bang und enge iſt. 55. Darum ſoll ſie in Chriſto leben, so dera ſen Reich nicht von dieſer Welt iſt, 57. und Ihm in der Verleugnung nachfolgen , 58. alles Irdiſche verlaſſen , 59. Alen vergeben , 60. nur ſuchen Gutes zu thun, 61. feſtftehen im Glauben, 62.uno ſtrei: N 5 ten


202 IX. Weg zu Chriſto. ten wieder den Teufel iin Fleiſch und Blut. 63. In folchem Stand magſie mit dem verlornen Sohn zum Vater gehen, 64. welcher ihr alsbenn ſein Wort einſprechen wird. 65. So ſie nun in dieſem Ringen feft ſtehet, wird ſie erſt Wunder ſehen, 66. nur muß ſie nicht erſchres den . 67. Sie findet nicht gleich Sträfte, 68. bis ſie lauterlich in Got: tes Willen erſincket, 69. und ihre Unachtſamkeit betrachtet. ibid. Als ſie nun in dechßen and Weinen in die Hölle komint, 70., da er : ſcheinet ihr die LiebeGOttes,71. und ſie ſchmeckte GOttes Süßigkeit, 72. in weicher Straft fie anfängt zu wircken . 73. Da ſie zwardes Teus fels falſche Einſprache , nebſt der Vernunft beſtreiten : 74.75. aber die Liebe GOttes weichet nicht, bis die Vernunft ſtirbet. 26. 77. Das ben die arme Seele yol Streit und unruhe, 78. 79. von auſſenund innen verlaſſen, 80. und rechtin ChriſtiFußſtapfen ift. 81. Dadurch Lernet ſie ernſtig beten , 82. wachſetvonoben und unten wieder ins Hilde GOttes, 83. und wird iebt Chriſtus in ihr geboren, 84. der die Seele fruchtbar macht; 85. der Teufel aber ſiehet in Schana den . 86. Nur iſt Gebult nöthig, 87. darinn die Seele von Dag zu { ag mächtiger und fråftiger wird , 88. bis daß ſie wieder ein Kind GOttes worden. 89. Ine arme Seele war aus dem Paradeis gewandelt, und war gekommen in das Reich dieſer Welt, der begegnete der Teufel und ſprach zu Ihr : Wo wilſt du hin , du balb -blindeSeele ? 2. Die Seele ſprach : Ydy will die Creaturen der Welt bes pa ſchauen, die der Schöpfer gemacht hat. , ſo du fic ſchauen ſie 3. Der Teufel ſprach : Wie wilſt du doch nicht magſt erkennen, aus mas Effens und Eigenſchaft fie ſind, du ſteheſt fie nur als ein gemahltes Bild, und magft ſie nicht erfennen . 4. Die Seele ſprach : Wie möchte ich ſie wol in Eſſens und Wefen erkennen ? 5. Der Teufel fprach : So du von deme ifieft,davon die Creaturen Gut und Böre gemachtfind, ſo werden deine Augen aufgethan, und wirft ſeynwie GOtt felber, und erkennen was der Schöpfer ſey . 6. Die Seele ſprach : Ich bin Edel und Heilig, und möchs te davon ſterben , wie der Schöpfer geſprochen hat. 7. Der Teufel ſpracy: Duwirſtmit nichten ſterben , ſons dern deine Augen werden aufgethan, und wirſt fern gleich als GOtt iſt, und wirft Böſes und Gutes erkennen : Darzu wirft du måchtig, gewaltig undgroß, wie Ich bin ; Afle Wige der Creaturen wird dir offenbar. 8. Die


7. Geſpr . einer erleucht- u. unerl.Seeren . 203 8. Die Seele ſprach : Håtte ich die Erkentniß der Natur und Creaturen , fo wolte ich die Welt beherrſchen . 9. Der Teufel ſprach : Der Grund zu ſolcher Erkentniß liegt in dir ; wende nur deinen Willen von GDtt in die Natur und Creaturen, ſo entſtehet in dir die Luſt zu ſolchem Schma de , ſo kanſt du vom Baum der Erkentniß Gutes und Böſes eſſen , alsdenn ſo wirſt du alles erkennen .

11

10. Die Seele ſprac : Ich will effen von der Erkentniß Gutes und Böſes, auf daß ich herrſchein eigener Macht über

et

alle Dinge, und ſey ein eigener Herr auf Erden, fo thue ich was ich will, als GOtt felber. II. Der Teufel ſprach : Ich bin ein Fürſte der Welt ; So du auf Erden Berrſchen wilſt, ſo muſt du deine Luft ges gen meinem Bilde führen, auf daß du meines Bildes Witze bekommeſt. Und ſtellete der Seelen ben Marcuriiim im Vulcano , als das Feuer - Rab der Effent , vor , in einer Schlangen -Geſtalt.

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CM O 12. 2018


204 Ix.Weg zu Chriſto. 12, Als die Seele dieſes fabe, ſprach fie : Dis iſt die Macht aller Dinge, wie mag ich auch alſo werden ? 13. Der Teufel ſprach : Du biſt auch ein ſolcher feuriſcher Marcurius ; ſo du deinen Willen von GOtt abebrichſt, und bei: ne Begierde in dieſe Kunſt einführeſt, ſo wird dein verborgener Grund in dir offenbar , ſo kanſt du auch alſo wircken ; Aber du muſt von ſolcher Frucht eſſen, darinnen die 4 Elemente ein iedes in ſich ſelber über das andere regieren, darinnen fie im Streite ſind, als die Hiße wieder die Kälte, und die Kålte wieder die Hiße, da alle Eigenſchaften der Natur in Empfindlichkeit wirden, fo wirſt du zuband ſeyn wie das Feuer- Rad, und alle Ding in eigeneGewalt bringen, und zum Eigenthum beſigen . 14. 2018 nun die Seele ihren Willen von Gott abbrad , und ihre Begierde in den Vulcanum des Marcurii ( in das Feuer Rad, in dasſelbſt eigene Vermögen des Gemüths ) einführete, po entſtund in ihr zuband die Luftvon Erkentniß Bofes und Gus tes zu effent,und griffan die Frucht der Erkentniß Gutes und Böſes, und aß davon. 15. 218 dieles geſchahe, fo zunibete der Vulcanus das Feuera Rad der Effens an, fo wachten juband alte Eigenſaften der Natur in der Seelen auf, und führeten fieh in eigene Fuft und Begierde ein . Da entſtund zum erſten eine Luſt zur soffart, groß, machtig und gewaltig zu ſeyn , alles unter fic zu bändigen und mit Gewalt zu beberrfdben, wollen ein eigener Herr ſeyn ,und ſich mit nichtes zu gleichen, die Demuth und Gleichheit zu verachten , ſich alleine klug und wißig zu ach ten , und alles für thåricht zu balten was ſich dieſer Wiße nicht gleichete, 16. Sum andern entſtund eine Luft zur Begierde der Un nehmlichkeit, als des Geitges, der wolte alles an fich zieben und befißen : Dann als die abgewandte Luſt der Hoffart ihren Willen von GOtt abwandte, lo molte das Leben GOtt nicht mehr trauen , ſondern wolte ſich ſelber verſorgen, und fübrete feine Begierde und Annebmlichkeiten zu den Creaturen , ſomol in die Erde, in Metallen und Bäume. 17. Alſo hungrig und geißig ward der angezündete feuriſibe Marcurius , als das Feuriſche Leben , nachdem fichs von GDt: tes Einheit, Liebe und Sanftmuth abbrach, und zog an fich die 4 Elementa und derer Wefen, und fübrete ſich in thieri: fiche


7.Geſpr. einer erleucht- u. unerl. Seelen. 205 ſche Art, davon ward das Leben duncel, rauh und grimmig , und verloſchen die Himmliſche Kräfte und Farben. 18. Zum dritten wachte in dem feuriſchen Leben auf eine # fachlichte, feindliche fuft, das war der Heid, als die höllis che Gift, eine Qual aller Teufel, davon ward das Leben eitt Feind GOttes und aller Creaturen . Dieſer wütete und

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tobete in der Geiß -Begierde , als ein Gift im Fleiſche: was der Seit nicht mochte an fich ziehen , das wolte der Neid ermorden, dadurch ginge die edle Liebe dieſer Seelen gang zu Grunde. 19. Jum vierten wachte in dieſem feurifchen Leben auf eine Dual gleich dem Feuer ; das war der Jorn , der wolte alles morden und tódten, was diefer Hoffart nicht wolte uns terworfen feyn. 20. Alſo ward der Hållen Fundament, welches Fimdas ment heiſſet der Zorn GOttes, in dieſer Seelen gang offents bar, und ſie verlor dadurch GDtt , Paradeis und Himmels reich, und ward ein Wurm gleich der feuriſchen Schlans gen , welche ihr der Teufel in ſeiner Bildniß vorſtellete, und fing an auf thieriſche Art zu regieren auf Erden, nnd thate alles nach des Teufels Willen , lebete in eitel Hoffart, Geiß , Neid und Zorn, und hatte keine rechte Liebe mehr zu GOtt, fondern an derer Statt war entſtanden eine falſche, viebiſche Liebe, nach Unzucht und Eitelkeit, und war keine Reinigkeit mehr im Hergen , dann fie batte das Parabeis verlaſſen, und die Erde beſeffen : Ihr Sinn ſtund ihr nur nach Kunſt, Diße, Hobeit und Bielbeit natürlicher Dinge ; keine Gerecs tigkeit noch Gottliche Sugend blieb in ihr ; was ſie immer fal ſches trieb, das deckte ſie mit Liſt unter folcher Gewalt zu, und bieß das Recht. 21. A18 nun folches geſchahe, fo nabete fich der Teufel zu ihr, und führete ſie aus einem Laſter in das andere, denn er batte fie in ihrer Effent gefangen , (al, denn fie hatte fich in ſeiner Eſſenß gefangen )und ſtellete ihr darinnen Freude und Wolluſt vor, und ſprac zu ihr : Siebe du biſt ieko gewaltig, mächtia, boch und edel, fiebe daß du noch gröſſer, reicher und gewaltiger werdeſt, brauche deine Kunſt und Wiße, daß dich jederman fürchte, ſo baſt du ein Unſeben, und einen groſſen Namen in der Welt. 22. Die


IX . Weg zu Chriſto. 206 22. Die Seele thate, als ihrder Teufel rieth, und kante ift doch nicht,daß er der Teufelwar, ſondern dachte, es wäre ihre Miße und Berſtand, Tie thate mol und recht. 23. Als ſie nun alſo lieff in folchem Wandel, da begegnete ihr auf eine Zeit unſer lieber HErr JEſus Chriſtus mit GDt tes liebe und Zorn, welcher in dieſe Welt gekommen war dem Teufel ſeine Wercke zunichte zu machen, und über alle gottloſe Wercke das Gerichte zu halten, und ſprach, als mit einer ge maltigen Kraft, mit feinem Leiden, Sterben und Tod in ſie ein , und zerſchellete des Teufels Wercke in ihr, und eröffnete ihr den Weg zu feiner Gnade, und blickte ſie mit ſeiner Barmher Bigkeit an, rieff fie wieder zurücke, fie ſolte umkehren und Bufte thun, ſo wolle Er ſie von folcher Larven - Bildniß wieder erló. Ten, und wieder ins Paradeis einführen . 24. Als nun dieſes geſchab, daß in ihr ber Functe Göttliches Lichts offenbar ward, Tabe ſie ſich an, ſamt ihren Wercken und Willen , und ward gewahr, daß fie in der Hoden in Gottes Zorn ſtund, und erkante daß fie eine Larvaund Monſtrum vor GOtt und Himmelreich war ; Davor erſchred fie alſo ſehr, daß in ihr die größte Angſt aufwachte , damn das Gerichte GOttes ward in ihr offenbar. 25. Als diefes geſchahe, ſo ſprach der Err Chriſtus mit ſeiner Gnaden -Stimme in fie: Thae Buſſe, und verlaß die Eitelkeit, ſo kommſt du zu meiner Gnade. 26. Die Seele trat in ihrer Larven : Bildnig , mit dem beſudelten Rocke der Eitelkeit vor GOtt, und bat um Gnave, GOtt wolte ihr die Sünde verzeihen : Und bildete ihr feſte eint die Gnugthuung und Berſöhnung Unſers Errn Jeſu Chriſti. 27. Aber die boſe Eigenſchaften der gebildeten Schlangen im Uſtraliſchen Geiſt, molten der Seelen Willen nicht vor GOtt laſſen, ſondern führeten ihre eigene Luſt und Begierde darein, denn ſie wolten nicht ihrer eigenen Luſt erſterben , und die Welt nicht verlaffen, dann ſie waren aus der Welt ; Auch fürchteten ſie der Welt Spott, fo fie ihre weltliche Ehre und Herrlichkeit verlieſſen . Aber die arme Seele wendete ihr Ungeſicht zu GOtt, und begehrete Gnade von GOtt, daß ihr GOtt wolte feine Liebe geben . 28. Als ſolches der Teufel ſahe, daß die Seele zu Gott betete,


7.Geſpr.einer erleuchtu . unerl. Seelen. 207 betéte , und in die Buffe eingehen wolte , trat er zur Seelen, und führete die Neiglichkeit der Irdiſchen Eigenſchaften ins Sebet , iind verwirrere die gute Sinnen , welche zu Gott Prungen , daß ſie nicht ſolten zu GOtt kommen , sobe ſie zus ricke in irdiſche Dinge : Der Seelen Wille achgete nad GOtt , aber die ausgebende Sinnen , welche folten in Gott

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cindringen , wurden zerſtreuet,und mochten die Kraft GDta tes nicht erreichen. 29. Deffen erſchrad die Arme Seele noch vielmehr, daß fie ibre Begierde nicht mochte in GOtt bringen , und fing an bers tiger zu beten : Über der Teufel griffmit ſeiner Begierde in das Mercurialiſche entzündete Feuer- Rad bes Lebens, und erwects te die boſe Eigenſchaften , daß die falſche Neiglichkeiten auf ſtiegen , und in daſſelbe eingingen , barinnen ſie ſich hatten zuvorhin beluftiget. 30. Die armeSeele wolte mit ihrem Willen zu GOtt, und ångſtigte ſich ſehr: Aber die Gedancken fichen alle von GOtt weg in irdiſche Dinge , und wolten nicht zu GOtt gehen . Die Seele acheteund fiebete vor GOtt : aber ihr war als wäre fie gang von GOttes Angeſichte verftoffen , fie mochte nicht einen Blick der Gnade erreichen , und ſtund in eitel Uengſten, darzu in groffer Furcht und Schrecken , und meinete immer , dar, GOttes Zorn und ſtrenges Gerichte würde in ihr offens bar werden , und der Teufelwürde ſie ergreiffen ; und fiel al ſo in groſſe Traurigkeit und Elend, daß ſie aller Freude und Wolluſt zeitlicher , zuvorhin gepflogener Dinge , überdrüßig und mühſam ward. 31. Der irdiſche , natürliche Bille begebrte derſelben wol, aber die Seele wolte dieſelben gerne verlaſſen , und begehrte aller zeitlichen Luſt und Freude abzuſterben , fehnete ſich nur nach ihrem erſten Baterlande, daraus ſie war urſprünglich bergekommen : befande fich aber ferne davon , darzu in grofs ſer Verlaſſenheit und Elende , und wuſte nicht was ſie thun folte : Gedachte fie in ſich zu geben und fich noch mehr zu ers wecken , und beftiger zu beten , fo wiederſfund ihr der Teufel, und hielt ſie , daß ſie nicht möchte in gröſſere Bewegniß und Buſſe eingeben. 32. Der Teufel erweckte die irdiſche Luft im Bergen, daß dieNeiglichkeiten ibr falſches Natur- Rechtbehielten,und ficis gegen


208

IX. Weg zu Chriſto.

gegen der Seelen Willen und Begierden wehreten , dann fie wolten nicht ihres eigenen Willens und der Luſt erſterben, ſon dern ihre zeitliche Wolluſt behalten , und hielten die arme Seele in ihrer falſchen Begierde gefangen , daß fie fich nicht mochte erwecken , wie heftig fie auch immer nach GDttes Gnade åchtzete und feufgete. 33. Wann die Seele zu GOtt betete und drang , to fal fete die Fleiſches -Luft die ausgebende Strahlen der Seelen in ſich , und führete ſie in irdiſcheGedancken ein , und führete fie von GOtt ab , aufdaß die Seele nicht Göttliche Kraft er: langete; Alsdann ſabe fich die Seele an , als wäre fie von GOtt verſtoſſen ; und wuſte nicht daß fie GOtt alſo zdhe und ihr alſo nabe wäre. 34. Uuch tratder Teufel in den feuriſchen Marcurium oder Feuer - Rad des Lebens zu ihr , und miſcete ſeine Begierde in des Fleiſches irdiſche Luft , und ſpottete der armen Seelent, und ſprach in den irdiſchen Gedancken zu ihr : Warum beteſt du , meineſt du,daß dich GOtt höre und deiner wolle ? Siebe dich nur an , was haſtdu für Gedancken vor Ihme , haſt du doch eitel böre Gedancken , und baft keinen Glauben an Gott ; wie ſolte dich dann GOtt hören ? Er þöret dich nicht, laß nur ab , es iſt ießt nicht gut , oder du wirſt von Sinnen tommen . 35. Was plageſt du dich , ſiehe doch die Weltan , wie fie in Freuden lebet , ſie wird gleichwol felig werden ; kat dodo Chriſtus für alle Menſchen bezahlet und gnug gethan ; du darfſt dich deſſen nur tröſten daß es geſcheben ſey , fo wirſt du - felig ; du kanſt alhier in dieſer Welt nicht zų Gåttlicher Em pfindlichkeit kommen , laß nur ab , und pflege des Leibes und zeitlicher Herrlichkeit. 36. Was meinſt du nicht, daß aus dir werden würde , lo bu alſo melancholiſch und närriſch würdeſt, ſo wäreft du ies dermanns Narr, und lebeteſt in eitel Traurigkeit, daran bat weder GOtt noch die Natur Gefallen ; ſiehe doch die ſchöne Welt an , darein dich SDtt hat geſchaffen , und zum Herrn über alle Creaturen gemacht , dieſelbe zu beberrſchen : Samle dir vonebe zeitlich Gut, daß du der Welt nicht mehr bedarfeſt, alsdann , wann dein Alter und Ende kommt , ſo wende dich zur Buſte, GOtt wird dich gleichwol ſelig machen und in Him:


7.Geſpr. einer erleucht- und unerl.Seele.209

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Himmel nehmen , es darf keines ſolchen Plagens, Erweckens und Gråmens, als du ießt thuſt. 37. In ſolche und dergleichen Gedancken ward die Seele

vom Teufelin die Fleiſches- Luſt und irdiſchen Willen einges faſt, als mit groſſen Ketten angebunden, und wuſte nicht was fie thun folte , gedachte etwan zurück in die Welt und ihre Wolluft , und befand doch auch in ſich einen groſſen Hunger nach Göttlicher Onade , und wolte immerdar gerne in die Buffe eingeben , und zur Hulde GOttes kommen , dann die Hand GDttes hatte ſie gerúbret und zerſchellet: darum konte fie nirgends ruben , ſondern achßeteimmerbar in ſich ſelber nach Reue über begangene Sünden , und wolte derſelben ger : ue los werden , und mochte doch auch zu keiner rechten waba ren Reue kommen , vielweniger zu Erkentniß der Sündent, und ffund doch in foldem Hunger und Begierde nach Reue und Buſſe. 38. Als ſie nun in ſolcher Traurigkeit ſtunde, und nir : gend Rath oder Ruhe finden mochte , gedachte fte , wo ſie doch möchte eine Stätte finden , da ſie möchte rechte Buffe wircken, und von den Hinderungen der Welt und ihren Ges ſchäften frey ſeyn , auch durch welch Mittel fie wolte bep GOtt Snabe erlangen. Nahm ihr deswegen für, fich an einen einſamen Ort zu begeben , und von Geſchäften abzus wenden : Auch dachte ſie, ſie wolte ſich mit Wohlthätigkeit gegen den Armen verſchulden , daß ihr GOtt folte gnädig feyn , und fuchte allerley Wege zu ihrer Ruhe, wie ſiemschs te zur Hulde und Snade kommen. 39. Aber es wolte noch alles nicht baften und fie laffen zur Hulde tommen : dann es folgten ihr alle ibre irdiſche Geſchäfte in der Fleiſches-luft nach , und war einmal wie das ander ins Seufels Neße gefangen , und mochte nicht zur Ruhe kommen ; und ob ſie ſich gleich eine Stunde mit irdiſchen Dingen beluſtigte , ſo kam doch die andere Stunde Srauren und Elende berwieder , dann ſie füblete den er weckten Grimm GOttes in ihr , und wuffe nicht wie das zuginge , oder wie ihr geſchehen wäre: Ofte fiel groſſe Angſt und Anfechtung auf ſie , daß ſie ſich auch nicht eines Tro: ftes mochte erholen , und vor Aengſten Francf ward. 40. Alſo ſehr rührete fie der Strahl der Zerſchellung ers ftes


210

IX . Beg zu Chriſto .

ftes Ungriffes von der Gnade , und ſie wulie es atcut, dar Chriſtus in ihrer Hillen in GOttes Zorn und firengen Gis rechtigkeit ſtunde , und mit dem eingeleibten Satan uso Irrgeiſt in Seele und leib ftritte ; Sie verſtunde nicht, daß ſolcher Hunger und Begierde zur Buſſe und Bekehrung von Chrifto Felber berkäme, daß fie alſo gezogen würde; Auch wuſte fie nicht, was ihr noch mangelte, daß ſie nicht konte zu Gottlicher Empfindlichkeit kommen ,ſie wuffe nicht,daß ſie monſtrofiſch wäreund ein Schlangen -Bild an ibu trüge , barinnen der Teufel folche Gewalt und Zutritt zu iht Batte, darinnen eralle ihre gute Sinnen hatte verwerren, und von GOtt abgeführet, davon Chriſtus ſagte: Der Seufel reifſet das Wortvon ihren Hert , daß fie nicht glauben und felig werden . Luc . 8 : 12. 41. Bon Schickung GDttes, begegnete dieſer armen , trübten Seelen einmal eine von GOtt erleuchtete und new geborne Seele , und ſprad zu ihr : Was ift dir du betrübte Seele,daßdu ſo unrubig biſt,und in folchem Kummer ffebeſt. 42. Die betrübte Seele ſpracy: Mir hat der Sodpfer fein Antlis verborgen ,daß ich nicht mag zu ſeiner. Rube kommen, darum ſo bin ich ſo leidig und weiß nichtwas ich thun ſoll, das ich ſeine Huld erlange,dann mir liegen Berge und groſſe Klifs ten vor ſeiner Huld , daß ich nicht kann zu Ihm kommen , wie ſehr ich mich doch nach Ihmſehne; ſo werde ich doch gevalten, daß ich nicht kann ſeineKraft erreichen , und ob ich mich gleich darum ångſtige und mit fehnlichem Verlangen ſeiner Warte. 43. Die erleuchtete Seele ſprach zu ihr : Du trågeſt an dir ein larven -Bildniß des Teufels , das fiebet der Schlans gen gleich, und biſt damit umgeben , darinn hat der Seufel zu. tritt zu dir, als zu deiner Eigenfcbaft, und hält darinnen deis nen Willen auf, daß er nicht mag in GOtt eindringen ; Son fo das geſchabe , daß dein Wille möchte in GOtt eindringen , ſo würde er geſalbet mit der höchſten Kraft GOttes' in der Auferſtehung anfers Errn Jeſu Chriſti, ſo würde dieſe Salbung das Monſtrum an dir gerſprengen , und würde wieder deine erſte Paradeis - Bildniß in dit offenbar wers den ; fo verlore der Seufel feine Macht an dir , und würdeſt du wieder ein Eugel : Und dieweiler dir ſolches nichtginnet , ro bålt erdich in ſeiner Begierde in deiner Fleiſches -Puſt gefana gen ;


7. Geſpr. einer erleudit- u . unerl . Seelen , 211

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gen ; und ſo du nicht davon los wirft werden , ſo biſt du von GOtt geſchieden , únd kominſt nimmermeir in unſere Geſells fchaft. 44. Bor dieſer Rede erſchrack die arme betrübte Seele alſo ſehr, daß ſie auch kein Wort mehr ſpreden mochte, indem fie borte, daß fie der Schlangen Bild an ſich trüge, welches fie von GOtt abſcheidete , und daß ihr der Teufel darinne ſo nahe ware, imd ihren Willen in falſche Gedancken einmiſchete, und daß er ſolchen Gewalt an ihr hatte , und ſie der Verðammnis alſo nahe wäre, und im Abgrund der Höllen ſtünde, in GDttes Zorn gefangen , und wolte an der Gnade GOttes verzagen. 45. Aber die Kraft ihrer Zerſchellung hielte ſie, daß ſte nicht verzagte , und rang alſo in ſich ſelber in Hoffnung und Zweifel; was die Hoffnung aufbauiete , das riß der zweifel nieder , und ſtund in ſtetiger Hinrube , alſo , daß ihrlestlich die Welt mit aller ihrer Schöne ein Eitel (Edel) ward , und feine Freude dieſer Welt mehr pflegen wolte , und mochte doch auch nicht zur Ruhe komment. 46. Auf eine Zeit fame die erleuchtete Seele wieder zu ihr , und fand ſie in ſolchen Vengſten, und ſprach zu ihr:: Was iſts das du thuſt, wilſt du dich zerberffen in deinen Uengſten ? Warum qualeſt du dich in eigenem Bermögen und Willen , fo du doch ein Wurm biſt, und deine Qual dardurch nur groſs ſer wird ? Jawann du dich in die Tieffe des Meeres erfences teſt, oder möchteſt an die Morgenrothe fliegen , und dich über die Sternen ſchwingen , ſo würdeſt du doc alſo nicht los. Dannie mehr du dich ångſteſt, ie gröſſer und peinlicher wird deine Natur, und kommſt doch alſo nicht zur Rube , dann dein Bermogen iſt alles verloren ; Sleichwie ein dürrer Robl aus ei: genem Vermogen nicht wieder grünet und Saft bekommt,daß er fich wieder mit den Bäumen freuen mag ; Alſo magſt du auch nicht in eigenem Bermogen die Stätte GOttes crreis chen , und dich wieder in deine erſte gehabte Engels -Geſtalt verwandelen : Dann du biſt an GOtt verdorret und erſtors ben , wie der Kohl an ſeiner Kraft und Saft, und biſt nur ein ångſtlicher, důrrer Hunger, deine Eigenſchaften ſind gleichwie die Hiße und Kälte , welche im Streite ſteben , und nimmer Eins werden . 47. Die arme Seele ſprach : Was ſoll ich dann thun , das


IX . Weg zu Chriſto. 212 ich wieder grüne , und mein erſtes gehabtes Leben bekomme, darinn ich in Rube ſtunde, ebe ich ein Bilde war ? 48. Die erleuchtete Seele ſprach : Du folft nicts thun, ſondern deinen eigenen Willen eigener Annehmlichkeit ver: laffen , ſo werden deine Bofe Eigenſchaften alle ſchwach , und verwegen ſich zu ſterben , ſo erfindeſt du mit deinem Dillen wieder in das Eine, daraus du im Ünfang bergekommen biſt: Dann du liegelt ießo in den Creaturen gefangen ; To nun dein Wille dieſelbe verlaſſet, ſo ſterben die Creaturen mit ihrer bdſen Neiglichkeit in dir , welche dich ießt aufhalten , daß du nicht magſt zu GDtt kommen. 49. Und ſo du das tbuſt, ſo fendet dir GOtt feine Bod fite Liebe entgegen , welche Er hat in Chriſto JEfu in der Menſchheit geoffenbaret : Dieſelbe wird dir wieder Saft und Leben geben, daß du wieder grüneft , und dich wieder mit den Febendigen GOttes erfreueſt. Auch wirſt du wieder das Bilde GOttes bekommen , und dieſes Schlangen -Bildes los werden , alsdenn kommeſt du zu unſerer Engliſchen Spaar, und wirft mein Bruder . 50. Die arme Seele ſprach : Die foll ich meinen eigenen Willen verlaſſen , aufdaß die Creaturen darinnen ſterben, weil ich in der Welt lebe , und die Welt haben muß ? 51. Die erleuchtete Seele ſprach : Jegt bålteſt du zeits liche'Ebre und Gut , darzu die Wolluſt des Fleiſches für dein Eigenthum , und achteſt leichte was du darinnetbuft , oder wie du daſſelbe an dich zeuchit : und wenn du gleicb fiebeft den Elenden Noth leiden , der doch dein Bruder iſt, nocy retteſt du ihn nicht , fondern zeucht ihn an deinem Bande , und quas left ibn , indeme du fein Werck und Můbe an dich zeuchft, und dich darinne beluſtigeſt ; darzu biſt du in dieſem ſtarrende und bochmüthig , und erhebeſt dich wieder ihn , und achteſt ihn ge ring gegen dir. 52. Alſo ſtebet der Elende und Feufget gegen Dtt , daß ibme feine Mühe entzogen wird , und daß er neben dir im Glend leben muß : Alſo erwecket er mit ſeinem Seuffen GOttes Zorn in dir , welcher dir deine Flamme und Unrube immer groſſer macet. 53. Und das ſind deine Creaturen die du liebeft, und haft dich um derer willen von GOtt abgebrochen , und Deine Liebe


7. Geſpr. einer erleucht- u. unerl. Seelen . 213 Mine Liebe in ſie eingefübret ; ' Alſo teben ſie in deiner Liebe , und du nebreſt ſie mit deiner Begierde und fteter Annebmlichkeit : Dann in deiner Unnehmlichkeit leben ſie, indeme du deines Les bens Luft in fie einführeſt ; und ſie ſind nur Unreine bore Thiere , welche ſich haben mit deiner Annehmlichkeit in deis iner Luft mit dir gebildet. 54. Und daſſelbe Bild iſt ein Shier mit 4 bdſen Neiglichs keiten : die erſte ift Hoffart , die ander Geiß , die dritte Neib, die vierte Zorn. Und in dieſen 4 Eigenſchaften ſtebet der Hdl. len Fundament,das trågeſt du in und an dir eingepräget, und biſt gang damit gefangen : Dann dieſe Eigenſchaften leben in deinem eigenen Leben, und damit biſt du yon GOtt geſchieden, und magſt nicht zu GOtt kommen , du verlaſſeft dann dieſe 8 böfe Creaturen , daß fie in dir fferben. 55. Daß du aber ſpracheſt. Ich ſolte dir ſagen , wie du deinen eigenen , creatürlichen ,bdſen Willen verlaffen ſolſt, daß ſolche Creaturen ſtürben , und du doch gleichwol in der Welt bey ihnen leben mogeft : da ſage id dir , daß darzu nicht mebr dann ein einiger Weg fey , welcher enge und ſchmal iſt, und dir daraufzu wandeln im Anfang garbang thunwürde,du aber bernad mit Freuden darauf wandeln wurbeſt. 56. Du muſt recht betrachten , wie daß du in ſolchem

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Wandel der Welt, in GOttes Zorne und im Fundament der Höllen wandelſt, daß es nicht dein recht Baterland ſey, und daß ein Chrift folle und můſle in Chrifto leben und mpandeln , und Chriſto recht nachfolgen : unddaß er anderſt kein Chriff feyx tonne , es lebe dann Chriſti Geift und Kraft in Fhme, daß er derfelben gang ergeben ſey. 57. Nun iſt Chriſti Reich nicht von diefer Welt, ſondern im Himmel: besmegen muſt du in einer ſtetsmåbrenden Him . melfahrt ſieben ,ſo du wilfi Chrifto nachfolgen, und ob du gleich

nad dem Leibebey den Creaturen wandeln muſt, und deren pflegen . 58. Der ſchmale Weg, ju folcher ſtetsmährenden Himmels fahrt und Nachfolge Chriſti, iſt dieſer. Du muſt an alle deinem eigenen Können und Vermogen verzagen ; dann in eis gener Kraft erreichert du nicht die Porten GOttes : Und muſt dir feftiglich fürnehmen , dich gånglich der Barmhergigkeit GOttes zu ergeben, und dir das Leiden und denTodunſers serra 2 3


IX : Weg zu Chriſto . 214 Seren Jeſu Chrifti feſtiglich einbilden , und dich mit aller Bernunft und Sinnen darein erfencken , darinnen wollen ims merbar beharren , und deinen Creaturen darinnen begehren abzuſterben. 59. Darneben folft du dir gang feſtiglich einbilden , deine Luft und Gemütbe von aller falſchen Annehmlichkeit abzuwens den , und dich nicht laſſen zeicliche Ehr und Gut balten, auch von dir weg thun was unrecht iſt, und dich daran hinderit mag ; dein Wille muß gang lauterlich feyn , und in einen folchen ernſten Fürfaß gerichtet, daß du nimmermehr wifi ipieber in deine falſche Creaturen eingehen , ſondern ſie zur fels ben Stunde verlaſſen , und dein Gemüth von ihnen ſcheiden, auch das du wilft zur felben Stunde auf den lauterlichert Weg der Wahrheit und Grechtigkeit treten , und der Lehre Chriſti nachfolgen . 60. Und wie du die Feinde deiner eigenen Natur lego gedencfeſt zu verlaſſen , alſo muſt du auch ſelber allen deinen auſſerlichen Feinden vergeben undgedencken, ihnen deine Liebe entgegen zuführen,aufdaß nicht etwan eine Creatur fey, welche ſich möge in deinem Willen faſſent , und dich moge balten , fons dcrn dag er lauterlich werde von aller Greatur. 61. Auch deine zeitliche Ehre und Gut um Chriſti willen , ſo das fesyn ſolte; alles gerne wollen verlaſſen, und dich um kein Ding wollen annehmen das irdiſch iſt , daſſetbe zu lies ben , ſondern dich in deinem Stande und zeitlichen Ehren und Gütern nur für einen Diener GOttes und seiner Rebens Chriffen wollen achten , als ein Haushalter GOttes in deis nem Amte : Die hohe Augen eigener Liebe müſſen gebrochent und gedemüthiget werden , aufdaß nicht Creaturen darinnen bleiben , welche die Sinnen in Bilder einführen. 62. Darneben folt du dir feſt einbilden , daß du werdeſt dieverheiſſene Gnade im Verdienſt JEfu Chriſti, als feine ausflieſſende Liebe, gewißlich erlangen welche dich wird von des nen Creaturen erlófen , und deinen Willen erleuchten , und mit der Liebe- Flamme anzünden , dadurc du wieder den Teufel fiegbaft wirft. 63. Nicht daß du etwas thun konteſt oder wolteſt , ſondern Tolſt dir das leiden und Auferfteben Chriſti einbilden , und zum Eigenthum in dich faſſen , und darmitwollen dem Teufel rein


7. Geſpr. einer erleucht. y . unerl. Seelen . 215

fein Reich in dir zerbrechen und ſtürmen , und deine Cren. Euren tódten. Und ſolſi dir einen ſolchen Fürſaß machen, dies fe Stunde barein zu treten , und ewig nicht mehr wollen das von weichen , ſondern deinen Willen in allen Anfangen und 2.1 Shun wollen GOtt ergeben, daß Er mit dir wircke und thue, ipas Er wolle.

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64. So nun dein Wille und Fürſas alſo bereitet iſt, ſo iſt er durch deine Creaturen durchgebrochen , und ſtebet. Tauterlich vor GOtt , mit dem Verdienjt Jeſu Chriſti umge. ben . Jegt mag er mit dem verlornen Sohn zum Bater koina men , und vor ſeinem Angeſichte vor ihm nieberfallen , und feine Beichte vor Ihme ausſchütten , und alle feine Kräfte in bleres Wirden feßen, und feine Sünde und Ungehorſam , ſamt Peiner Abwendung vor GOtt beichten, nicht mit bloſſen Wors ten , ſondern mit ganger Kraft : welches doch nur ein ſolcher Gitrag iſt, dann die Seele verinag felber nichts. 6s . So du nun wirft alſo bereitet ſeyn , daß der enige Bater wird deine Ankunft ſeben, daß du in ſolcher Buſſe und Demuth wieder zu Ihm kommſt , ſo wird er in dich einſpres den und ſagen : Siebe, das iſt mein Sohn, welchen Ich verlos ren hatte , er war todt, und iſt wieder lebendig worden ; und wird dir mit der Gnade und liebe IEſu Chrifti entgegen Kommen , und dich mit dem Strahl der Liebe umfaben, und dich mit ſeinem Geiſte der Kraft küffen : alba wirſt du Kraft bea kommen, deine Beichte vor Ihme auszuſchütten , und kräftiga lidy zu beten . 66. Und athie iſt nun die rechte Stätte , da du in folchem Söttlichen Anblick magſt ringen; ſo du albie wirft fefte fté. ben und nicht davon weiden , ſo wirſt du groſſe Wunder ſehen und empfinden : Dann du wirſt in dir empfinden, wie Ebriftus wird die Hölle in bir ſtürmen , und deine Sbiere zerbrechen , welche ein Aufruhr und Jammer in dir wird entſtehen , und wie erſt deine unerkante Sünde in dir wird aufmachen , und did wollen von GOtt ſcheiden , undzurücke halten , und wirft Hecht empfinden, wie Tod und Leben mit einander ſtreitet, und wirſt empfinden was Himmel und Hölle fey. 67. Daran folſt du dich nicht ſtoſſen,ſondern feſte ſtehen und nichtabweichen , ſo werden endlich alle deine bore Shiere matt und ſchwach werden , und ſich verwegen zu ſterben ; ſo wird alsdann 4


216 IX. Weg zu Chriſto. alsdann dein Wille kräftiger, und mag die bófen Neiglichkeis ten unter fich drucken , und alſo wird deint Wille und Gemüth täglich zu himmel fahren, und deine Creaturen täglich ſter's ben ; und wirft gar ein neues Gemüth bekommen , und anfas ben eine neue Creatur zu werden, und wirft wieder in das Bilde GOttes gewandelt, und desLarven -Bildes, thieriſcher Art,los werden : Alſo kommeſt du wieder zur Ruhe, und wirſt von dieſer Angſt erlöſet. 68. Als nun die arme Seele folchen Proceß und Übung ants fing, und folden Ernſt annabm , vermeinete fie alſo alsbalde zu ſiegen ; Aber die Portedes Himmels und der Gnaden ward ihr, in ihrer Kraft und Vermogen, zugeſchloſſen , als wäre ſie von GOtt verſtoſſen , und erlangete keinen Anblick der Gnaden . Da dachte ſie in rich , du biſt nicht lauterlich GOtt ergeben, du wilſt nichts von GOtt bitten noch begehs ren, fondern sich in ſein Gericht ergeben, daß er deine böfe uns nehmlichkeit robte ; du wilft dich nur zu Grund auffer aller Natur und Treatur in ihn erfencken , und dich Ihme er geben, Er thue mit dir wie Er wolle, dann du biſt nicht werth daß du ihn anſprecheſt. Und verwegete ſich alſo zu erfinden , und ihren eigenen Willen gang zu verlaſſen . 69. Und als ſie das thåte, ſo kam ſie an die allergröſte Reue über ihre begangene Sünden, und beteinete bitterlich ihre Ungeſtalt, und daß Creaturen in ihr wohneten , und mochte doch vor Reue kein Wort vor GOtt ſprechen, ohne daß fie in folcher Reue bas bittere Leiden und Sterben unſers HErrn JEfu Chriſti betrachtete , welche groſſe Angſt unb Marter Er um ibrent willen hätte gelitten, daß Er fie möchte aus folcher Angſt und Noth eridſen , und wieder ins Bilde SDts tes verwandeln : Darein erſendkete ſie ſich gang und garn und bub nur an zu klagen über ihren Unverſtand und Nachs låßigkeit, daß fie Ihme nicht hatte dafür gedancket, und folde groffe Liebe niemals betrachtet, und ihre Zeit ſo übel zuge: bracht, und nicht wabrgenommen, wie nie ſolcher Gnade batte mogen theilhaftig werden, ſondern ſich indefTen mit der eiteln Luft dieſer Welt in irdiſche Dinge gebildet, davon fie folche thieriſche Neiglichkeit håtte empfangen, und nun im Elendges Fangen liege, und ihre Uugen vorSchande nicht dürfe zu Gott aufa


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7. Geſpr. einer erleucht- u . unerl Seelen . 217 aufheben , welcher ſein Antlik der Kraft vor ihr verberge, und fie nicht anſehen wolle. 70. Und als ſie in folchem Aechten und Weinen ſtund , To warð fie gezogen in den Abgrund der Grauſamkeit, gleichſam als ſtünde ſie vor der Hillen - Pforten , und folte ieto verderben : Und ward ihr, gleich als käme fte von allen Ginnen, und wäre nun gang verlaffen , daben ſie auch alle ihres Shuns und Wefens vergaß, als ſolte ſie ſich dem Toa de gang übergeben, und nicht mehr eine Creatur reyn ; Al ſo, daß fie ficb dem Tode übergab, und wolte doch anders nichts, alsnur im Tode ihres Erldſers JEfu Chriſti, welcher folche groſſe Marter für ſie gelitten , und für ſie geſtorben, auch ſterben und vergeben : Hub aber in ſolchem Bergeben an , in fidh gang inniglich zu der Barmbergigkeit GDttes zu feuf ben und zu fleben , und ſich in dic allerlauterlichfte Barmbers Bigkeit GOttes zu erſenden. 71. Als nun dieſes geſcbabe, ſo erſchien ihr das freundliche Angeſichte der Liebe GOttes, und durchdrang fie, als ein groſs fes Licht, davon ward ſte zitternd und freudenreich, und hub an recht zu beten, und dem Allerböchften vor folche Gnade zu dancken , und ficb gang inniglich zu erfreuen, daß ſie von dem Lobe und der Angſt der Halen erlåſet war. 72. Und alda dymedfete fie GOttes Süßigkeit, und ſeine verheiſſene Wahrheit, und muſten zuband alle bøſe Geiſter, welche ſie batten zuvorhin geplaget und von GOttes Gnade aufgebalten , von ihr weichen , und ward die Hochzeit des Lammes gehalten, und die Vermählung der Edlen Sophia mit der Seelen, und ward ihr der Siegel-Ring des Sieges Cbriſti in ihre Effens eingedruckt, und ſie wieder zum Kinde und Erben GOttes angenommen . 73. Als nun ſolches geſchahe, ward die Seele gang freus benreich , und bub an in folcher Kraft zu wircken , und die Wunder GOttes zu preifen , und vermeinte nun in folcher Kraft und Freude darinnen ſtets zu wandeln . Aber es ums fiel ſie auswendig von der Welt Spott und Schmach, und inwendig groſſe Anfechtung, daß fie anhub zu zweifeln , eb ihr Grund aus GOtt fey , und ob ſie gewißlich die Gnade GOttes båtte erlanget. 74. Dann


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1. IX . Weg zu Chrifto . 4.74. Dann der Lafferer trat zu tbr , umb wolte ihr dies Ten seg vernichtigen, und in Zweifel führen, und ſprach in fie ein : Es iſt nicht von GOtt , es iſt nur deine Eine bildung geweſen .

: 76. Auch wiche ilye das Gserliche Sicht zurücte, uno grama menur in intendigen Grunde , als ein Mober : Feuer , alſo baß fich bie Bernunft gaag närriſch und verlaffen anfabe, und micht wuſte wie ibr gefchabe, ob es gewiß wabe wäre, das fie bàite bas Göttliche Gnaden: Licht geſchmecket, und konte doc auch nicht davon ablaffen . 76. Dann die Feuerbrennende liebe GOttes war in fia eingefaet, sadur ' in its ein groffer Hunger und Dust mady Göttlicher Sügigkeit entſtund , und fing nun er recht an zu beten , und fich vor Gott zu demůchigen , und ibre botë.Neiglichkeit u . Gebancken zu prüferi, und dies felbe zu verwerfert. 77. Dadurch warb Ber Bernunft cott Wille gebrochen und die bore angeborne Steinlichkeit ie mehr und mehr ger tödtet , und geſchahe der Ratur des Leibes gang webe, und gerieth in uniuacht, gleich einer Kranckheit, und da es doch Teine natürliche Kranckheit war , ſondern nur eine Meians cholia der irbiſchen Natur des Leibes, daß ihme feine falſche Luft gebrochen warb. 78. 418 fich nun die irdiſche Bernunft alſo verfaffen farta de, und die arme Seele ſabe, daß ſie auswendig mit Spots der Welt verhöhnet ward, daß fie nicht wolte mehr auf denne gottloſen Wege wandeln, und auch inwendig vom fáſterec angegriffen ward , melder ihrer ſpottete , und ihr immers dar der Weit Reichtbum , Schonbeit und Herrlichkeit vors bildete, und ſie dargegen närriſch ſchåbete; dachte ſie : D ewiger GOtt, was folk du Doch nun thun, daß du zur Rus be tommeft! 79. In ſolchem Betrachten begegnete ihr wieder die Ers Leudotete Seele, und fprad zu ihr : Was ift bir mein Bruder, daß du ſo traurig bift ? 80. Die Seele ſprac : Ich babe deinem Rath gefolget, und dadurch den Anblick Göttlicher Süſſigkeit erlanget: Ubec fie iſt wieder von mir gewichen, und frehe ießtverlaſſen, und in


7.Geſpr. einer erleucht- u .unert. Geeren . 219

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in groſſen Anfechtungen : Von auſſen vor der Welt, dann alle meine gute Freunde verlaffen mich, und ſpotten meiner ; Auch werde ich von innen mit Angſt und Zweifel angefochten, und weiß nicht was ich nun thun foli . 81. Die Erleuchtete Seele ſprach : Du gefallelt mir iegt wool : dannießt wandert unſer lieber HErr Chriſtus mit und in dir feine Pilgram Straffe auf Erden, wie er elsie auf dice fer Welt gethan hat, da Ihme auch immerbar Wiederſprochen ward, und albie nichts Eigenes batte : jest drogejt du feint Mahl- Zeichen, laß dich das nicht wundern , dann alſo ſoll est ſeyn , aufdaß du bewahret und geläutert werbeſt ? 82. Dann in folcher Trúbral wirſt du Urico caben ofte zu beten , und nach der Erlöſung zu hungel'tts uab in ſola chem Hunger und Durſte zeuchſt du die Gnade von innen und auffenin dich. 83. Denn du muſt von oben und unten wieder ins Bilde GOttes wachfen : gleid ,wie ein junger Balim vom Winde bervegetirird, und muß in Hiße und Kälteprobert, und in fol. cher Bewegnig von oben und unten Kraft. an fich feucht, und muß manchen Sturm - Wino ausſiehen , da er in groſſer Fährlichkeit ſtehet , ehe er ein Baum wird daß er Fruche tråget ; dann in ſolcher Bewegniß wird der Sonnen Kraft in ihme beweglich , dadurch die wilden Eigenſchaften des Bau mes mit der Sonnen Kräft durchdrungen und getingiret wers den , davon fie wachſen . 84. Jeſt Tolſt du nun erſt deinen ritterlidyen Kampf im Geiſte Chriſti bewahren , und ſelber mitwircken , dann iego gebieret nun der eivige Vater ſeinen Sohn durch ſeineFeuers Madt in dir , welcher ſein Feuer in eine Liebe-Flamme wana delt, daß aus Feuer und Licht nur ein Einiges Weſen wird, welches ein wahrer Tempel GOttes iſt. 85. Geßt folſt du nun im Weinberge Cbrifti, am Wein ſtocke Chriſti, grünen, und mit Lehr und Leben Früchte tra gen , und deine Liebe, als ein guter Baum , fruchtbarlich beweiſen , dann alſo muß das Parabeis in dir ſelber wieder durch GOttes Zorn ausgrünen, und die Hölle in dir in Him mel wandeln. 86. Darum laß dich die Anfechtung des Teufels nicht irrent,


220

IX. Weg zu Chrifto.

irren , dann er ftreitet um fein gebabtes Reich in dit ; Wann er nun verlieret, ſo ſtehet er in Schanden, und muß gang von dir weichen : Darum vedeckt er dich von auſſen mit der Welt Spott, daß ſeine Schande nicht erkant werde, und daß du der Welt verborgen bleibeſt. 87. Dann du ſtebeſt mit deiner neuen Geburt im Himmel, in Göttlicher Harmonia : darum fey gedultig, und warte auf den HErrn : Was dir dann immer geſchiebet, da dencke nur, daß es vom HErrn geſchebe, um deiner Beſſerung willen. Und alſo ſchieddie Erleuchtete Seele von ibr. 88. Dieſe bekümmerte Seele fing nun ihren Lauff unter der Gedult Chrifti alſo an , und trat in die Hoffnung in Göttlich Bertrauen, und ward von Tag zu Sag macbtiger und kräftis ger, underſturben ihre bofe Neiglichkeiten je mehr und mehr in ibr, bis ſie in eine groffe Gnadenreid gereßt wart, und ihr die Porten Göttlicher Dffenbarung aufgethan wurden , und das Bimmelreich in ihr offenbar ward. 89. Alſo fam ſie wieder in die rechte Rube , und warb wieder ein Kind GDttes . Darju belfe uns SDtt allen ! Amen .

Das


Das Achte Büchlein

DE QUATUOR COMPLEXION IB

US

oder

Froſt-Sachrift Von

Sier

Somplexionen.

Das iſt,

Unterweiſung in Zeit der An fechtung für ein ſtets trauriges anges fochtenes Herk, Wovon

Traurigkeit natürlich urſtånde und komme, wie die Anfechtung geſchehe :

Scebſt ſeinen Troſt Sprüchen, Angefochtenen Herzen und Seelen faſt nůßlich.

Auf Begehren Beſchrieben im Martio Anno 1624. burd

Jacob Böhmen .

Gedructim Jabr des ausgebornen groffen Heils 17 30 .



IX.

221

Das adyte Büchlein.

QUATUOR COMPLEXIO NIBUS. ober Croft

son

vier

Schrift

Stomplerionen .

Von den Urſachen der furcht oder Trau . rigkeit, und was das Entſeßen oder die Angit rey ?

Summarien . Plle Furcht und Sraurigkeit iſt von der Seele, 5.1. Denn ſie wiri M vom Geiſt dieſer Welt in einem finſtern Serder gehalten. ibid. Dieſer hat 4 Herbergen , 2. als choleriſch , 3. ſanguiniſch , 4. phlegmatiſch s. und melancholiſch. 6:8. In dieſer Gebäuſe Einem , liegt die Seele gefangen , 9. und wohnet eines im andern. 10. Die Seele iſt ein Magiſcher Feuer :Dual and GDttes des Vaters Natur, cine große Begierde nach dem Lichte ; 11. ihre Wurßel iſt die finftere Welt, 12. ſie begehret geiſtliche Wefenheit, 13. hat ſich in udam auss gewendet, i4. iſſet im Mutterleibe vom Spiritú Mundi,15. und mus Complexion oder Straft zur Speiſe haben . 16. Daber kommt der uns terſcheid des Menſchen in Willen und Thun 17. und ſteter Streit zwiſchen der Seele und Complexion , 18. wo die Liebe Gottes oft tris umphiret,wenn ſie von GOttes Liebe-Weſen iffet ; 19. wo ſie aber von der Complexion iſſet, ſo thut ſie des Geſtirns Willen , 20. und hier ſies bet man ,wasSünde ift. 21. GOttes Geift gehet nicht ins Feuer, 22. . Lle Traurigkeit und Furcht, da ſich der Menſch in ſich ſelbſt entfeßet und fürchtet, iſt von der Seele. Denn der aufſere Geiſt vom Geſtirn und Elements ten entfeßet ſich nicht, ſintemal er lebet in ſeiner Mutter, die ihn geboren bat : Die arme Seele aber iſt mit Udam in eine fremde Herberge eingangen , nemlich in den Geiſt dieſer Welt, da wird die ſchöne Creatur verdecket, und in sinem finſtern Kercer gebalten.


IX . Weg zu Chrifto. 222 2. Es hat aber der Geiſt dieſer Welt vier Herbergen , barini nen das edle Kleinod eingeſperret ſtehet ': Unter dieſen vieren ift jeeine und nicist alle viere, in einem Menſchen fürnemlich offenbar, als nach dcii vier Elementen , die ein ieder Menſch in ſich hat , und er iſt ſelber daſſelbe Weſen , ausgenommen die Seele, die niet daſſelbe Weſen iſt , lieget aber im ſelben Wes fen gefangen, und hat doch nur Eine Herberge oder Geſtaltniß unter den Bieren das Ober Regiment des Lebens. Dieſe piere heiſſen ( 1) Choleriſch , (2) Sanguiniſch , (3) Phlegma tiſd), uno (4) Melancholiſch. 3. (1) Choicriſch iſt des Feuers Yiatur und Eigenſchaft, giebet ſfarcken Muth, jáben Zorn ,Aufſteigen der Hoffart, Eis genſinnigkeit, nach niemand fragen. Dieſe Geſtalt ſcheinet nach der auffern in einem Felier-Lichte; fie arbeitet nach der Sonnen Gewalt,und will immer gern Herr reynt. 4. ( 2) Sanguiniſch nach der Luft, iftfubtil,freundlich , fros lich, doch nicht ſtarcken Muths , iſt wandelbar , wird leicht bes wegt von einem zum andern , empfabet natürlich des Geſtirns Eigenſchaft und Wiß in ihrer Eſſeng, iſt züchtig und rein , und führet groſſe Heimlichkeit in ihrer Wiffene. 5. ( 3) Pbiegmatiſch iſt nach des Waſſers 7atur und Eis genſchaft, fieiſüblich, grob und weich ,weibiſches Willens ,máſ Tiges Begriffs, Hålt aber feſte, was ſie in ſich bekommt : Kunſt muß in fie durch Schall und Lehren gebracht werden , ſie ers findet ſie nicht aus ihrer Wurbel : Sie laſſet alles gut ſeyn, machet ihr nicht Sdwermuth , hat einen Slang vom lics -te , nicht traurig nod hoch frölich, ſondern alles leicht und gemein. 6. ( 4) Melancholifd , der Erden latar und Eigenſchaft, wie die Erde kalt, erſtarret, finſter, traurig und hungerig des Lichtes, immer furchtſam vor GDttes Zorn. 7. Denn die Erde und Steine find auffer der ewigen Wes fenbeit, das iſt, in der entzündeten Begierde im Fiat nach des Borns, auch nach der Liebe Eigenſchaft, ergriffen worden ,es iſt Böſes und Gutes untereinander : Das Gute hat immer eis ne Furchtvor dem Böſen , es iſt ein ſtetes Flieben , das Gute will immer vom Böſen flieben, wie am Metall zu ſehen , da ſeis ne Sinctur gut iſt, und die gant Irdiſde bóle und grimmig ; da will die Sinctur der Metalen immer von der Irdiſchen flieben ,


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Troſt-Schrift von 4. Complexionen . 223 filieben, zumal wenn ſie das böfe Geſtirn rühret, und will aus bem Centro : Dannenbero kommt, daß die Metalla tvachfert, Denn ihre Tincturtreiber ihre Begierde aus rich , ' und Begebrer zu flichen, faſſet aber in der Begierde ein ſolch lieblich Wefen , wie der Seift oder bie Begierde iſt ; dannenbero fommt der Metalliſche leib. 8. Die Melancholifobe Natur iſt finſter und dürre , gieber wenig Wefenbeit, fie friſſet ſich in ſich ſelber, und bleibet immer im Srauer - Hauſe ; wetin gleich die Sonne in ihr fcheinet , ift īſiedoch in ſich traurig, bekommt ja von der Sonnen Giant was Erquictung ; aber in der Finſterniß iſt fie immer in Furcht und Schrecken vor ODtres Bericht.

sier merde ein traurig Gemåthe. 9. So'nun dieſer Complerionen eine in Menfchen Ober's Band bat, daß er darein complerioniret iſt, fo ffeiset die arme Seele, als das edle Kleinod, in dieſem Baufe, und muß fick in dieſer Zeit ( wo ſie nicht GOttes Licht in fich gånßlich erreis det)mit der Sonnen Glaft bebelfen , weil ibr in Ubam das Göttliche Licht- Auge in der irdiſchen Qual ( darein fie ging) verſchloſſen worden iſt : Die Seele bat in Adam die suffere Complerionen in fich gelaſſen, als den Geiſt der groſſen Dele, Der Sternen und Elementen . 10. Dieſe Zeit wohnet nun eines im andern , die Seele in den Complerionen, und dieſe in der Seele, doch ergreiffet eis nes das andere nicht in der Effens : die Seele ift tiefer als der åuffere Geiſt, bangen aber dieſe Zeit an einander, wie die innere und suffere Welt, da doch keine die andere iſt ; Alſo ift der åuffere Geiſt auch nicht die Seele. n . Mehrwiſſet : die Seele iſt in ibrer Subftang ein Mas giſcher Feuer -Qual , aus GOttes des Baters Natur , eine groſſe Begierde nach dem Lichte , wie dann GOtt der Bater in groſſer Begierde von Ewigkeit ſein Herk , als des Lichtes Centrum begehret, und in einem begehrenden Willen aus Feuers Eigenſchaft gebieret, wie das Licht aus dem Feuer er. boren wird. 12. Nun kann aber kein Feuer ſeyn, es muß auch die Wurs Gel zum Feuer da feyn , als das Centrum oder die Geſtalt jur Natur, die ber die Geele auch in fich , und bremuet aus den Geftal


IX. Weg zu Chrifto. 224 Geſtalten zur Natur, als aus der finſtern Welt, welche fich in ihrer Qual der Begierde treibet bis ans Feuer, denn ſie begebs ret der Freyheit, als des Lichts , wie im Buche vom Dreyfas chen Leben ausgeführet worden . 13. So dann nun die Seele ein hungerig , Magiſch Geiſt Feuer iſt, begehret ſie Geiſtliche Weſenbeit , als Kraft, davon Tiemag ihr Feuer - Leben erhalten , und die Feuer-Dual fånfo

tigen . 14. Nun iſt wol wiffend, wie ſie ſich hat in Adam mit Un gehorſam in den Seift dieſer Welt eingewandt, und vom Geis ſter der aufſern Welt geſien : Darum denn Chriſtus ein Menſch in unſerer Effeng ward , daß Er ſie wieder durchs Centrum und durchs Feuer GOttes ins Licht, als in die Welt der Sanftmuth, einwendete, das nun in der Perſon Chriſti alſo geſchehen iſt. 15. Weilaber unſere Seele von Mutter -Leibe alſo nur im Geiſt der groſſen Welt,in den Complerionen, eingewandt ſtes bet, ſo iſſet ſie alſobald von Mutter-Leibe ( ja in der Mutter) vom Geifte dieſer Welt. 16. Die Seele iffet geiſtliche Speiſe , nemlich vom Geiſte der Geſtaltniß der Complexionen, nicht gånßlich derſelben Ef ſeng, ſondern magiſch, es iſt ihr Feuer- Anzünden , die Com plexion wird im Seelen - Feuer ſeeliſch : Es iſtwie Holg und Feuer gegeneinander , ( verſtebe im Holt die Complexion, im Feuer die Seele ) da doch das Feuer muß Holz haben , das iſt, entweder die äuſſere complexion , oder eine Göttliche Weſenbeit von GOttes Weſen, von deren einem muß fie effen oder verdirbet, da doch kein Verderben in ihr möglich iſt, denn ſie iſt eine Begierde : Wo nun ein Begehren iſt , da iſt auch Weſen, die Begierde machet ihr ſelber Weſen . 17. Jeßt verſtehen wir , warum ein ſolcher Unterſcheid der Menſchen im Willen und Shun ift. Denn von was die Seele iffet,worinn ihr Feuer -Leben angezündet wird, darnach führet Bas Seelen -Leben das Regiment : Wendet ſich die Seele aus ihrer Complexion in GOttes Liebe: Feuer in bimms liſche Weſenbeit , welche Chriſti Leiblichkeit nach der Englis Ichen Licht- Welt iſt, ſo ifſet ſie von Chriſti Fleiſche , verſtehet himmliſch , als feine ewige Wefenbeit von der Sanftmuth , vom Lichte der Majeſtát , in welcher das Feuer GOttes des Baters


8.Troſt- Schrift von 4. Complexionen . 225

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Baters im Glange eine Tinctur machet , in derfelben Weſens beit als im Waſſer - Duell des ewigen Lebens , davon Chriſtus ſagte,Erwolte uns ſold Waſſer zu trincken geben ; bavon iſſet das Seelen - Feuer , als von Göttlicher , bimmliſcher Weren : heit , welches in der Linctur in himmliſch Blut verwandelt wird, geiſtlich zu verſtehen ; davon bekommt die Seele Göttlis den Willen, und führet den Leib im Zwange, zu thun was er nicht gerne wil, nach ſeiner eigenen Geſtalt und Geiſte dieſer Welt ; in deme muß die Complexion nicht in der Seele regie ren, ſondern ſtebet nur im Weſen des Fleiſches, und fübret das ' fleiſchliche Regiment, den åuſſern Leib betreffend ; der Menſch fraget nad GOttes Wort, und bat immer ein ftetes Berlans gen nach GOtt, feine Begierde iſt immer von GDtt zu reden, wolte immer GOttes Süßigkeit gernemehr ſchmecken , wird abervonder Complexion perdecktund verbindert, daß ein fte ter Streit in ihm bleibet. 18. Die Seele ſtreitet wieder die Complexion , denn ſie ſind iegt an Einem Bande : die Complexion ſtreitet wieder die Seele, ſie will immer gern ins Seelen - Feuer ,und fich anzůns den , daß fie recht lebe : Denn wenn die Seele von SDttes Wort iſſet, ſo iſt die Complexion nach dem äuſſern leben wie ohnmächtig und als gefangen, da ſie doch in fich lebet. 19. Die Seele aber iſt ſo getreu, bevorn GOttes Liebe , 'bie allein ihrem Weſen zu Hülfe kommt,fübret oft (wenn fie von GOttes Liebe-Weſen iſſet ) einen Triumph und Göttlichen Schmack in die Complexion , davon fie zitternde und hoc freudenreich wird , und den gangen Leib aufwecket , als wäre nundas Paradeis verhanden, hat aber nicht immer Beſtand , die Seele wird bald mit etwas anders ( das in die Comple xion fallet, und die äuſſere Imagination vom Geiſt der groſs fen Welt in die Complexion einführet ) bedecket , davon ſie ei nen Spiegelbekommt,und bebet an darein zu imaginiren : To gebet ſie vom Geiſte GOttes aus, und wird oft im Schlaram gefület,wenn ſie nicht die Jungfrau Gottlicher Weisheit rries der rieffe umjukehren,welche der Seelen zu einem Spiegel iſt porgeſtellet. Ferner von den Complexionen. 20. Wenn die Seele in die Complexion imaginiret und ifſet von derſelben, und wendet ſich von GOttes Bort und Wileni P


226 IX . Weg zu Chriſto. Willen , fo thut fie wie der Complexion Eigenſchaft iſt, fle nimt alles an, was vom Geſtirn in die Complexion eingewor fen wird , alles was der Geiſt der groſſen Welt in die Comple xion mit ſeiner Imagination einführet; fie vergaffet fich burch die Begierde in der Complexion an allem auſſerlichen Werenie an alle dem was die Welt thut, an Worten und Wercken : Sols des fübret die Begierde der Complexion ins Seelen - Feuer, darinn brennet das Seelen : Feuer. 21. Hie findet man , wie alle böſe Thaten und Werte im Feuer GOttes des Vaters (inwelchem die Seele ſtebet) brente net ; was nun nicht der Liebe GOttes åhnlich iſt, das kann die Liebe nicht fahen. Athie findetman ,was und wie es Sünde fey , wie Gott erzůrnet werde , wenn Ihme mit der Seelen Brennen oder Leben ſolche Greuel, wie der Menſch thut, eins geführet werden, welche die Seele von GOttes Liebe aufbals ten, und das Seelen -Feuer an GOttes Weißheit und Licht ftockblind machen . 22. Denn GOttes Geiſt gehet nicht in das Feuer-Brens nen oder Leben des Greuels, bis die Seele wieder beraus ges bet, und ſich wieder im Waſſer des Ewigen Lebens babet , wels ebes durch ernſte Buſſe geſchicht, da wird file im Feuer der Sanftmutb GOttes und im H.Geiſte wieder renoviret, als ein neu Kind, und bebet wieder an vom ſelbigen Waſſer zutrinto den, und lebet mit GOtt. Nun von den vier Complerionen mit

ihren Eigenſchaften : was die Seele und der gange Menſch that , wenn die Seele blos von der Complexion und blos rom Geftirn ihr fener -Leben anzündet ? Summarien . per Choleriſchen Complexiou Geftalt. 9.23. 24. In dieſer Com plexion hatder Teufel einen groſſen Zugang. 25. Sanguiniſche Complecion . 26. Der Seelen Stand in dieſem Hauſe . 27. If vieler Feindſchaft unterworfen . 28. Phlegmatiſche Complerion, 29. niint alles an, 30. und kann der Teufel alle Lafter in ſie einführen . 31. Melancholiſche Complerion, 32. iſt ſchwerinüthig , 33. und ſehr bos,wo ſieleichtfertigwird ; 34. ftreitende aber iſt ſie gnt.35. Wo fie GOttes Ticht erreichet, wird der Teufel leicht offenbar, 36.37. Darum gehet er liftigmit ihr um . 38. Warum fie der Leufel anſicht ? 39, er if aber machtlos, wo die Sünde gelaffen wird . 4 @ 4a.. 1 ,Chos


8.Troſt Schrift von 4 Completionen. 227 1. Cholerifdie Complexion nach dem Feuer.

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23. Ift das Seelen-Leben mit der Choleriſchen Comple zion umgeben ,ſo iſt ſie feurig, griinmig , aufſteigend und ver Behrend, gieber auch einen ſolchen Leib, der da mager , boshaf tig, grimmig, zornig iſt , und ſo die Seele darein imaginiret, zündet ſie die Complexion nod febrer an , denn ſie iſt auch feu : rig : Da gebet im Menſchen an Zorn, Hoffart, Begierde des Aufſteigens in Macht und Pracht, alles unter fich zu drücken, Spdtter des Elenden, Herrſcher über die gebogene Knie,nichts achten obs im Zorne todt bleibet, es ſey denn , daß es das Bes ſtirne verhindert, welches oft mit einer Vereinigung der Com plexion Einwürfe thut und viel verhindert. 24. Es ift grofte Gefährlichkeit bey der Complexion , ſo die Seele åuſſerlicher Imagination lebet, fie hat ein bartes Band, wenn ein Feuer -Dual an den andern gebunden iſt. 25. Der grimmige Teufel bat einen gewaltigen Zugang zu ibr, denn die Feuers- Eigenſchaft dienet ihm : Er iſt auch hof fårtig und neidig,alſo iſt auch die Complexion . O mie ſchwer wird die Seele los , wenn ſie in dieſer Eigenſchaft recht ents påndet iſt , der Teufel darf ſie nicht anfechten, ſie gehet ihme gang willig nach ſeiner Geigen , ſie wird nicht leicht traurig : Denn ſie hat in der Complexion ein Feuer:Licht, und ſie mei net inmerdar, es ſey GOttes Licht, ſie ſey auf gutem Wege ; Sit doch ein hoffartiger, neidiger, zorniger, gewaltiger , nieders druckender Wille und Geiſt, ſo lange fich die Seele allein der Complexion behilft. D fie giebet gern einen gleiffenden Schein in ihrer Pracht, aus ihrer Feuers Complexion und Schein ; in ihrer groſſen Hoffart und übermuth wil ſie auch þeilig gerühmet ſeyn. D Teufel in Engels-Geſtalt,wie finſter biſt du, wenn die Complexion im Sterben zerbricht! 2.Sanguiniſche Complexion nach der Luft. 26. Sanguiniſche Complexion , die iſt fanft, lichte und freudenreich ,nach des Lufts Eigenſchaft,iſt ſinnlich, fanft und lieblich ; gleichte ſich dem Leben. 27. Iſt die Seele mit dieſer Complexion umgeben , und imaginiret darein, und will derſelben leben , ſo erzeiget ſie ſich freundlich, liſtig,willviel erfahren , kommt ihr auch zu han : ben : P 2


228 Ix.Weg zu Chriſto. den : Alles was das Geſtirn machet, erfähret ſie in der Com . plexion ; Sie iſt freudig , doch bald auch vor der Feuers -Ge: . walt, (als vor den groſſen Hanſen ) verzagt, aber in fich felbft machtig in eignem Sinn , ohne Ratb , ift carfer Bernunft durch die Complexion nach dem åuſſern Geiſte ; thut nicht leicht im Zorn was fohádliches ; ijt bald erhebend und große müthig, bald auch wiederfallend,wie die Luft : Soll ſich båten , der Deufel iſt ihr gram ,kann ihr in der Coniplexion nicht viel anbaben , er verwirrete ſie gern, daß fie mancherley Sinne füh . rete, damit ſie nicht nach GOttes Reich möge imaginiren ; Er wirft ihr felgame Dinge vor, ihre Zeit damitzu vertreiben , fie ftudiret gern in vielen Dingen, denn die Sterne werfen ibre Jinagination in die Luft, davon bekommt ſie viel felgame weits fchweiffende Gedancken. 28. Der Menſch führet ein ſchwach, mit iedermann ge Mein , fromm , einfältig Leben , aber treflich beßet der Teufel Feine Feindewieder ihn , er muß viel leiden ,gebet aber leicht hindurch, wie die Luft durch etwas gehet : Selten iſt er ſehr traurig, denn er führet nicht ein feurig Herbe , ſo brennet auch nichtdasSchrecken hart in ihme ; mag fich doch für Unzucht und Utgåtteren hüten, in deme hat der Teufel einen Zutritt in die Complexion . 3. Phlegmatiſche Coinplexion nach dem Waſſer. 29. Iſt die Seele mit dieſer Complexion umgeben , und blåfet davon ihr Leben auf, ſo ifts ein dick geſchwül Leben , tól piſch, faſt ſchnóde und leicht-achtende, grobes Leibes, fchlech ter Bernunft, doch wird durch Lebren alles gemeine Weſen binein gebracht; kommt nicht des Monden Gewalt darzu , ſo iſts garein grober Klok, darzu faſt ungerecht durd, des Mona den Gewalt. 30. Man kann aus dieſer Complexion allerley fchnißen,der Waſſer- Geiſt nimt allerley an, bald Böſes, bald Gutes , giebet ibme gern ſelber einen heiligen Heuchler, miſſet ihme ein fromm , gerecht Leben zu , es wird aber vermiſchet. Das Waſſer iſt ſcheinlich,die Seele wird auch GOttes Bornes und der finſtern Welt (die in ihrem Centro iſt) nicht leichtlich inne, beiſſetweidlich an, an die Greuel der Welt, und verdeckts uns ter dem Waſſerſbein, in Meinung es ſey Dttes Glans. 31. Der


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8. Droſt Schrift von 4 Complexionen. 229 31. Der Teufel kann alle Laſter ( die er in der Höllen weiß ) in diefe Complexion einführen, wo es nicht das Geſtirne ver: hindert, und es die Seele zulaffet, er bekommt alhier ſo viel als im Feuer, in der Feuer -Complexion: denn die Sünde wird fo leichte darinn geachtet , wie ein Waſſerſtrom dahin läuft: Er bat auch Macht,ſie mit Traurigkeit hierinn anzufechten , wenn ſie ihme will entgehen . Denn er verdunckelt des Waſſers Glang mit den eingeführten Sünden, und umſchleuſt die See. le, daß fie von GOtt zurücke bleibet. Aber im Sturm der Seelen, ſo ſie ihm will mit Gewalt aus dem Trauer-Hauſe entlauffen , beſtebet er alhier nicht, die Complexion ift zu Tohwacy, im Feuer kann er beſſer halten. 4.Melancholiſche Complexion nach der Erde. 32. Melancholiſche Complexion die gleichet ſich der traus rigen Erden, die immer in der Furcht ftebet vor dem Grimm GDttes, der in der Schopfung in fie kam , giebet mittelmäßi. gen Verſtand, doch etwas tief nachſinnig . 33. Die Complexion -Kammer ſtebetoffen ,es mag viel er's griffen werden , wo es nicht Schwermuth hindert. Sit die Seele init dieſer Complexiog umgeben ,daß fie davon iflet , fo wird ihr Feuer- Brennen faſt bunckel , febr traurig ; ſie achtet keiner weltlichen Uppigkeit groß , iſt durch die Complexion immer ſchwermüthig und furchtſam wie die Erde , der Teufel fichtet ſie bart an ,wolte ſie immer gern vollend in die Finſter niß, in ſein Reich ſtürßen. 34. Denn wo es dunckelift, da gebet er gern ein , er machet Fúrbilde der Seelen, und fchrecket fie mit ſeiner Schalckbeit, daß fie ſoll an GOttes Gnade verzagen ; denn die Seele in dieſer Rammer der Melancholey führet ihme ſonſt nicht viel dienſtliches ein, es ſey dann, daß ſie ſich von GOttes Gnade verwage und gang leichtfertig werde, To fann der Reib einen Mörder und Räuber geben, der achter einen Menſchen , Gott und Seufel alles gleich : Denn fo fie fich verwåget und der Complexion ergibt,wasſie mit ihr thut, ſo thut dieſer Menſch alles, was das Geſtirn in der Complexion wircket , und der Seufel mifchet feine Imagination darein . 35. Weil ſie aber im Streite bleibet wieder die traurigeCom plexion, ift feine unter dieſen vier Complexionen , da wenis $ 3


230 IX. Weg zu Chriſto . ger laſter eingefübret werden ; Denn ſie iſt immer im Streit wieder den Seufel, fie erkennet , daß ſie ihn gar nabe zums Nachbar bat : denn die Finſterniß ift fein Wohn -Haus, dars um fichtet er die Melancholiſche ſo gern an ; will ſie entweder in die Finſterniß haben, oder ſie ſtürgen, daß fie verzaget und fich verwaget. 36. Denn er weiß wol, was die Seele kann , wenn ſich ( ſie ) GOttes Licht in ihr entzündet, ſo zündet ſie ihme fein Raubs Schloß an d , a ftehet erin groſſen Schanden , und werdenſeis ne Dude offenbar. 37: In keiner Complexion wird des Teufels Wille ſehrere offenbar ( To die Seele in GOttes Licht (Liebe) entzündet wird ) als in der Melancholiſchen , wie die Ungefochtenen wol wiffent, wenn ſie ihme ſein Raub -Schloß zerſprengen ; fie erkennen in der Complexion in der Natur bald, was er für ein garftiger, unverſchämter Vogelift : Er nahet ibnen hernach nicht gero , er ſebe dann, daß die Seele ſicher ſey , und ins Sünden - Haus ju gaffe gehe , da kommt er als ein freundlicher Hund, daß ihn die Seele nicht kenne, ſtreuet Zucker auf, iniſſet der Seele Frömmigkeit zu, bis er ſiewieder in dic Complexion einführen könne, daß fie Trauer -Speiſe effe. 38. Dwie fchalckhaftig gebet er mit ihr um , wie ein Stel ler den Vögeln nachgehet! Er ſchrecket fie in ihrem Gebet, $( ſonderlich bey Nacht, wenn es finſter iſt.) wirft ſeine Imagi nation in fie, daß fie dencket, es ſey GDttes Zorn über ihr, und wolle ſie ſtürgen ; er thut immerdar, als hätte er eine Macht zur Seelen , als wäre ſie fein, bat doch nicht eines Ha. res Macht an ihr, fie verjage dann ſelber, und ergebe ſich in me ; Er darf ſie geiſtlich weder anrühren noch beſigen ,nur mit der Imagination ſcheuft er durch die Complexion in fie . 39. Das iſt die Urſache, warum er dieſe Seele alſo anficht, daß die Complexion :Kammer dunceliſt: In das Licht kann er ſeine Imagination nicht einſchieben, er muß es nur mit der Menſchen Sünde thun ; in dieſer Complexion aber kann ers thun, ſie iſt ſeiner Begierde nabe, weil dieſe Begierde Duna delheit inachet, das FurchtBarinn iſt, wegen der rauhen Ers den, ſonſt hat er nicht ein Fündklein melir Recht darinn oder darzu, als in den andern ; er kannmit der Imagination niches mehr ausrichten, als daß er den Menſchen forecfet und jaga baftig


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8. Troft-Schrift von 4 Complexionen . 231 baftig machet ; wofernedie Seele ſelbſt nichtverzaget und ſich ihmeergiebet, ſo führet er ſie dabin, daß ſie ſich ſelber ſtůrget, er darf ſie nicht ſtürßen, ſie thue es dann ſelber. 40. Die Seele bat freyen Willen ; ſtebet fie vor dem Sena fel und will nicht, wie er will, ſo hat er nicht ſo viel Macht, daß er fie darfam auffern fündlichen Leibeanrühren : Er rúhs met fich wolder Macht, iſtaber ein kúgner ; båtte er Macht, er würde es bald beweiſen , aber nein , Chriſtus bar mit ſeinem Eingeben in den Tod, in die finſtere Kammer des Todes und in die Hölle, allen Seelen die Pforte aufgeſchloſſen, eine iede mag eingeben , dem Teufel iſt ſein Strick , daran er die Seele in Udam band , am Creuße zuriſſen. Dwie ungern böret er vom Creußeſagen ! es iſt ihme eine Peſtileng, fo es ernſt lich geſchicpt. 41. Der Seufel wirft den Melancholifchen Menſchen ims mer gerneihre Sünde für, giebet für, ſie mögen nicht GOts tes Gnade erlangen, ſolle nur verzagen, fich erſtechen, erſäuf: fen, erbenden, oder einen andern ermorden, daß er nur einen Zutritt in die Seele bekomme, denn er darf und kann fie fonft nicht anrühren . 42. Bringet er ſie aber darzu , daß fie ihm williget fots des zu thun, ſo iſt er wie der Hencker, der einen Gefanges men bindet und zum Gericht fübret : noc darf er ſie nicht ricbien noch fürßen, ſie thuees denn felber.

Récept vor dem ſchwarßen Teufel. Summarien . Der Teufel muß geſpottet werden . S. 43. Man muß mit ihme nicht diſputiren , 44. ſeiner nicht achten , 45. ſondern ihn GOttes Verheiſſungen vorbalten. 46. 47. Furcht konimtvon des Teufels Imagination. 48. Da falle dir einen Muth in dem Zeugniß derSchrift, 49. und jage den Teufel von dir, durch Chria kum ; 50. fpotte ſeiner, si. und entretie dich nicht.52. Er kommt nur mit Schrecken, sz. Sarunu weiche ihm nicht, 54. denn einen Croßigen ſchrecket er nicht leicht, 55. 56. Steinerlen Diſputat laß dein Gemüth mit ihm halten , 57. er iſt nur ein Lügner , glaube ihm nicht, ibid. dencke auch nicht auf viel Sprüche, 58. ſondern halte Einen feft. 59. Chriſtus iſt dein , den laſſe nicht fahren , 60. der vergiſſet der Seelen nicht , 61, 62. Darum feiner an ſeiner Gnade zweifeln ſoll. 63. 43. Menu * 4


232 IX. Weg zu Chriſto. 43. Wenn er die arme Seele anficht, daß fie folle verja , gen , ſoll man ihme (wenn er kommt) das Recept zu eſſen ges ben : Der Seufel iſt ein ſtolper, boffartiger Geift, deme fann man nicht weber thun, daß er eher weiche, als daß man einen friſchen Muth wieder ihn farfe, gang tropig und hochmüthig, fic, vor ihmenicht entreße (denn er hat nicht eines Strobal. mens Semalt ) und nur feiner ſpotte, ibme feinen Fall fürs werfe, wie er ein ſo ſchöner Engel geweſen, und nun ein ſchwara Ber Teufel worden . 44. Erſtlich wenn er fommt, mit nichten mit ihme diſput. tiret, wenn er das Sünden - Regiſter bringet, und zeucht ſeine Gewalt an, ſamt dein Zutritt zu dir : gið ihm erſtlich darauf keine Antwort, fondern wenn er kommt, und mit der Imagi nation an die Seele ftoft, wirft dir böre Gedancken ein, und deine Sünde für, und thut wie er sich molle in ſchrecklichen Anblicke wegführen, fo faffe dir einen trobigen Mutb wieder ihn, ſprechend : 45. Siche,wannenbero, Schwarß -Hans ? Ich dachte du wäreft im Himmel unter den Engeln, ſo kommeft du daber ge . jogen , und ſchleppeſt dich mit CDttes Zorn - Regiſter : Ich dachte du wäreſt ein Fürſt in GDtt, wie biſt du tann ſein Bits telworden ? Iſt dann ein Hencker -Knecht aus ſolchem fchos nen Engel worden ? Pfuy bid, du garſtiger Hencker :Knecht, was wilt du bey mir ? Sebe bin in Himmel zu den Engeln , biſt du GOttes Diener ; Pfuy dich an,pacte dich weg du Hens der-Knecht, gehezu deinen Engeln,bier haſt du nichts zu thun. 46. Dieſes Recept ifſet er gerne, es dienet zu ſeiner Ges fundbeit. Will er nicht weichen , ſondern liefet das Süns den - Regiſter immer daher , ſo ſtebe vor ihm und ſpric : Höre, lieſe das vorber: Des Weibes Samen ſoll derSolans gen den Kopfzertreten ; Kannſt du es nicht finden ? warte ein wenig, ich will ein Licht anzünden , daß du es findeſt, denn es ſtehet voran in der Bibel, da Adam in die Sünde fiel, fo ſchrieb GDttes Zorn zum erſten, denn des Weibes Samen Das iſt das andere ſoll dir den Kopf zertreten . Gen. 3:15 . Recept, das er gern iſſet. 47. Dber noch nicht weichen wolte, und ſagte: Du feyſtein groffer Sünder, hatteft fürféglich diefe oder jene groſſe Sin, Bebegangen, auch wol gemuſt, daß es unrecft rey,wolteft dich nun


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8. Troſt-Shrift von 4 Complexionen. 233 nun lange mit Gottes Gnade beſchönen, da dod GOttes Zorn • albereit in dir entzündet, und du ießt nun des Teufels reyſt. 48. Alſo kommts der armen Seelen vons Teufels Imagina . tion ein, daß fie fich fürchtet, und dencket : Du biſt ein groffer Sünder, GDtt bat dich verlaſſen wegen deiner Sünden, ießt wird dich der Teufel hier ſtürgen, und das Garaus machen, daß fie anhebt ſich vor ihm zu entfeßen. 49. Denn er nun alſo kommt, faſſe dir abermal einen Muth aus Chriſto wieder ihn, ſprich : So habe noch was für dich Seufel, daß du kannſt wieder ein Engel werden, nims ein, und ſprich : Das Blut Jefu Chriftimachetuns rein don Allen unſern Sünden, I. Joh. 1: 7. ſtem , Des Menſchen Sobnift kommen zu ſuchen und ſelig zu machen das vera loren iſt . Matth . 18:11. 50. Was gábeſt du Seufel darum, das GDtt in dir wäre Menſch worden ? Ich babe immerdar eine offene Gnaden Shůr : Du aber nicht, du biſt nur ein Ligner, pacte dich weg, dubaſt nichts an mir ; bin ich gleich ein Sünder, ſo bift du Schuld baran : Du haſt die Sünde durch deinen Trug in mir gemircket: Nun nim dasDeine; Die Sünde iſt dein ; Das Zeiden und Sterben (unſers HErrn) JEfu Chrifti iſt mein : Der iſt darum ein Menſch worden, daß Er uns von Sünden erretten will ; Du baſt die Sünde in mir gemircet, die bebalte dir, und mein HErr JEſus Chriſtus hat die Gerechtigkeit, die vor GOtt gilt, in mir gewircket, die behalte ich mir, ſein Leiden und Sterben für die Sünde iſt mein : Er iſt für meine Sünde geſtorben, die ich gethan babe, und iſt in ſeiner Ges rechtigkeit auferſtanderi, und hatmeine Seele in ſeine Genug thuunggefaſſet; Chriſtus iſt in mir, und ich bin in Ihm, und meine Sündeiſt in dir, und du biſt in der Hölle. 51. Spotte ihn : Ey ſchöner Engel, der nicht einen Tag im Himmelbleiben konte ; Er war ein Fürſte, und ſchleppet fichießt mit der Sünden Regiſter , mit dem Schlampacte. Du Hencker: Knecht, nim bin meine Sünde in deinen Bettels face, biſt du doch nur der Sünden Knecht worden, Bringe fie deinem Herrn , ſo werde ich ihr los, ſo bleibet Chrifti Verdienſt mir. Chriſtus ſprac : Joh . 10:28 . 29. Meine Schaflein ſind in meinen Händen , und niemand tann ſie mir heraus reſſen ; der Vater der ſie mir gegeben hat, ift grøffer denn 95 alles .


234 IX. Weg zu Chriſto. alles. Wie biſt du ſchöner Engel zu einem Träger des Sürts denſacs worden, aus einem Fürſten ein Büttel Knecht ? Faba re mur bin mit deinem Sündenſacke, und nim meine auch mit, du bedarfit ſonſt nichts als Sünden : An meiner Seele bart du feinen Sheil, fannſt du , friß mich hier ſtehe ich ; Aber bos te, ich habe ein Zeichen in mir, das iſt des Creuges Zeichen , daran JEſusdie Sünde und den Tod erwürgete, und dem Seufel die Hddle zerſtörete, ursb ibn in GOttes Zorn band : Friß daſſelbe auchmit, fo wirſt du wieder cin Enget. 52. Nicht laß die Sinnen mit ihm difputiren, entfeße dich auch nichts vor ihme, mache dich nur vermågen, es ſey bey Sag oder Nacht, er darf dir nichts thun, wenn du ihn aufs greulichfte ſpotteft, fo-er Urſache giebet; ſonſt ſpotte ihn nicht. 53. Kommter nicht mit einemSchrecken der Furcht, ſo iſt er nicht da, ſondern es iſt der Seelen Entfeßung vor dem duna geln Abgrunde, die entſeßet fich vor GOttes Zora : Sie dens det oft, wenn die Melancholiſche Complexion init der Grims migkeit des Geſtirnis angeſtecketwird ,der Teufel rey da, iff abec nicht. Wenn er kommt, ſo kommt er entweder mit hartem Schrecken, oder als ein Engel alſo freundlich wie ein ſchmeicha lendes Hundlein . 54. Rommet er im Finſtern, und du im finſfern Drte bift, und erſchrecket dich , ſo weiche ihm nicht von der Statte, fleuch nicht vor ihme, er ift deffen nicht werth , daß ihme ein Menſch weiche: Spotte feiner in der Finſternis, fage : Siehe, biſt du da,ich dachte du wäreft ein Engel des Lichts, ſo ſtebeji du da im Finſtern lauren wie ein Dieb, es waren wol andere Drte fürdich ,da mehr Stancts wäre denn hie, weil du nur nach Sůndenſtand umgebeft fuchen. Doch mahne ihn nicbt zu dir, daß er nicht Utrfach bekomme. 55. Einen trobigen Menſchen, der ihm nicht weicher, fores det er nicht leicht,zumalſo er ſich verwåget und fein ſpottet, denn er ift hoffartig, will immer Herr ſeyn. So der Menſ ibm nicht wilweichen derdreuſt es ihn, wartet alda nicht. 56. Fábret er aber mit einem Stand von dannen , fo gebe bald von dannen ,fagende: Pfuy du ſtinckender Büttel-Knect, wie reuchſt du nach deinerHerberge, in derCloaca reucht es eber alſo ; Er wird dir nicht bald mit Sührecken wieder kommen . 57. Keinerley Diſputat laß dein Gemåthe mit ihm balten,


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8. Troſt Schrift von 4. Complexionen 235 er iſt des nicht werth , bilde dir nur das einige Sprüchlein ein, du haſt genug daran , bedarfſt keines Troſtes mehr im Schres den : Das Blut JEſu Chriſti des Sohns GOttes machet uns rein von allen unſern Súnden. J. Joh. 1 : 7. Darein wictele alle Sinnen , lag keine andere aus dir geben , der Teufel fchies be dir durch ſeine Imagination ein waser will, dencke doch), es find lugen alles was der Seufel faget ; aber der Spruch iſt wahr, balt den Spruch für dein , laß ihn einſchieben was er wil. 58. Suche aufn Schreckens: Fall nicht viel Sprůche, er iſt dir zu liſtig , er reiſfet den erſten und beſten aus deinem Hers Bent , daß du ihn vergiſfeſt, oder daran zweifelft: Wicfele nur die Seele in den einigen , er iſt ihme zum Wiederſtand ſtarck genug , magſt (ro du deine Seele darein wickelſt) Feiner wol ſpotten ; Er kann dich nicht rühren , wird auch nicht lange warten . Sodu ihmenur nicht weichert , ſo iſt er vor ſeinen andern Dienern am Menſchen zum Spott worden , auch vor den H. Engeln : Da fleuchter für allen Dingen , che du fein ſpotteſt. 59. Repetire den Spruc , faſſe ihn ins Hergé , und ichés pfe dir einen trobigen Muth wieder ibn ; Der Geiſt , der in dem Spruche ſtedet, wird dir wol beyſtehen. Db die Seele por ihm zittert , ſo ſtehe im Grimm wieder ihn, als ob dudas Reden verwageft, dir wiederfabret nichts : Er darf feine Macht anlegen , hat auch keine; weil der Menſch in dieſer Zeit lebet, darfer ibme nichts thun : Denn Chriſtus bat die Gnadenta Shůr aufgethan , die ſtebet dem armen Sünder offen , weil er auf Erden lebet ; dieſelbe Gnaden-Thür iſt in des Menſchen Seele offen 60. Cbriffus bat das feſte Schloß das in GDttes Zorn war verſchloſſen ) in ſeiner Seele zerſprenget. Nun inquali: ren alle Seelen mit einer , fie kominen alle aus einer , find alle juſammen nur ein einiger Baum mit vielen Neffen : Seine Derſprengung iſt auf alleSeelen gangen , aus ihme auf Adam und den leßten Menſchen ; Die Gnaden - Thür ſtebet allen ofs fen , GDtt hat ſie keinem verſperret, als deme , der ſelber nicht will : Das Zeichen ſeiner Eingehung in die Menſchheit iſt allen Seelen offenbar ; Das wird auch ein Zeugniß über den Gottloſen ſeyn , am Tage des Gerichts, daß ers verachtet bat.


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IX. Weg zu Chriſto.

þat. Ob auch unſere Sünde blut-roth wäre, (wie Eſaias ſa get) ftehet ihm dieGnaden-Thür noch offen : Denn wenn er rich bekebret, fou fie ſchneeweiß als Wolle werden . Weiter faget Efaias : cap . 49: 15. 16. Kann auch eine Mutter ibres Kindes vergeſſen , daß fie fich nicht erbarine über den Sohn ibs res Leibes ; und ob ſie des vergåffe , will ich doch dein nicht vergeſſen : Denn ſiebe , in meine Hände habe ich dich gezeicis net , nemlich in ſeine mit den Nageln durchgrabene Hände, und in feine hole Seite bat er die Seele aller Seelen ges Jeichnet. 61. Will nun eine nicht kommen , und ſich darein legen, will das Mahl-Zeichen Chriſti verachten , oder ihr den Teufel es laſſen verdecken , die iſt ſelber ſchuldig ; und ob ers verdeckte, ſo ſtebet8 doch an dem gråſten Sünder,der in der Welt iſt, eins gepfeßet : Denn Efaias lagt in Chriſti Geiſte : Db gleich eine Mutter ihres Kindes vergaſſe, (das doch ſchmerßlich zuges bet) doch zuſeine Liebe und Gnade nicht vergeſſent ſeyn . Er bat der Seelen nicht vergeſfen , ob ſie blut- roth in Sünden ware ; Denn er hat ſie in fein Blut und Tod eingezeichnet, nicht nur etliche , fondern den Baum mit ſeiner Wurgel und Aeften . Wie die Sünde von einem kant auf alle , alſo auch die Gerechs tigkeit durch Chriſtum auf alle , faget der Apoſtel. Wie die Sünde von einem aufalledrang zum Sode, alſo auch brang die Gerechtigkeit aus CHriſto von einem auf alle zum Les ben. 62. Daß fie aber nicht alle wollen , iſt ihre Schult , fie baben freyen Willen . Sott will daß allen Menſchen gehol fen werde, und Pfal. 5 : 5. Du biſt nicht ein GOtt det das Böſe will, Ezech . 33: 11. So wahr ich lebe ( ſpricht der HErr) ich will nicht den Toddes Sünders, ſondern daß er ſich befebre und lebe. 63. Darum foll keine Seele gedencken , mein Sünden Maaß iſt voll; Gott hatmein vergeſſen , ich kann nicht ſelig wer den . Nein , Er hat ihn in ſeineHände, in die Någel-Mahl, eingezeichnet, er iſt ein Aeſtlein am groſſen Baume aller Sees len , und inqualiret mit allen gleich , wie die Heſte mit dem Baume. Weil er in dieſer Welt lebet, ſtehet er im Bayme, ſo langedie Seele mit Fleiſch und Blut bekleidetiſt. Von


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8. Troft: Schrift von 4. Complexionen. 237

Von der Anfechtung aus der Complexion und dem Geſtirne.

Summarien . lle Anfechtung kommt nicht vom Teufel. 64. Es können auch M die allerheiligſten Seelen oft traurig werden. 65. Es iſt viel berrlicher in der Zeit überwinden , als bernach . 66. Dit kommt Schreden von einer böſen Conjunction des Geſtirns , ſons derlich wenn die Seele in die Complexion imaginiret , 67. ro treis bet der Spir. M. ſeine Gauckelen darinnen. 68. 69. Craurigkeit kommt von der Complexion ,nicht von GOttes Zorn. 70. Ein Gottloſer iſt leichtfertig. 71. Gott will alſo reinen Zorn in dieſem Reben nicht offenbaren . 72. Die traurige Seele faſſe ſich nur in dic Liebe. 73. Daß fie Göttes begehret, iſt der Zug des Baters, 74. und der H. Geiſt iſt die Begierde ſelber. 75. Wir ſollen dannenhes ro nicht kleinmüthig reyn , 76. fondern das Ereipel des verlornen Sohng vor Augen haben . 77: Urſache der Traurigkeit . 78. Auto ciß Erempel. 79 Wir müſſen um das Ritter-Strånglein kämpfen . 80. 81. És verbirget ſich 6Dtt unterweilen , 82. daß die Seele anklopfen und ſuchen ſoll. 83. GOttes Verheiſſungen müſſen gewiſs ſer reyn . 84. Was der rechte Glaube y ? 85. Die Seele muß feit Atehen , 86. und nicht in die Complexion imaginiren . 87. Dencke, du ſteheſt in GOttes Weinberg. 88. Rechter Glaube. 89. Die Furcht entſtehet in der Seelen, aus Phantaſer , 90. darum fuu fie nicht in GOttes Zorn imaginiren , 91. noch Streit: Bücher leſen , 92. ſondern bey der Schrift bleiben , 93. und mit fteten Gebet Cens trum Natura ſuchen ; 94. 95. vornemlich aber die Crunckenheitflies hen , 96. damit Gottes Zorn nicht entzündet werde ; 97. ſich ans ben húten vor Zorn , der ihr größter Gift ijt, 98. 99. wie auch mit Ernſt vom Geiße ausgeben . 100. 101. In der Furcht GOttes iſtein Melancholiſch Gemüth ſehr gut , 102. Darum ſoll es nichts ohne Ges bet thun. 103. 64. Die Anfechtung geſchiebet nicht alle vom Seufel, cſon derlich bey den Melancholiſchen Menſchen , die meiſte Traus (rigkeit kommt von Einbildung der Seelen , wann ſie in einer Melancholiſchen Herberge ſtehen muß , da wird ſie gar leicht traurig , und dencket, SDtt babe ihr vergeſſen, Er wolle ibs rer nicht : Dann die Melancholiſche Coinplexion iſt dunctel, bat tein eigen Licht wie die andern , gebåret aber nicht zum Weſen der Seelen ; Sie iſt dieſe Zeit des auſſern Lebens nur der Seelen Wohn- Haus ; lo ſtebet aud der Seelen Heiligs keit und Gerechtigkeit nicht in der Complexion , ſondern im Himmel bey GDtt : Denn S.Paulus faget : (Philip.3 : 20.) Unſer Wandel iſt im Himmel. Dieſer Himmel, da GDtt wobs


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IX . Weg zu Chriſto .

wohnet, iſt nichtin der Complexion offenbar , ſondern in fight ſelber im andern Principio . 65. Esgeſchicht oft , daß die allerheiligſten Seelen alſo vers decket und traurig werden ; GOtt låſts auch ofte darum zu , daß fie ſollen probiret werden , zu ringen um das edle Ritter Krånglein . 66. Dann wenn die Seele des H. Geiftes Krånglein mit Sturm und groſſer Beſtändigkeit im Streit erlanget, ſo ifts viel edler und ſchoner , als wenns der Seelen erſt nach des Leis bes Sterben aufgeſebet wird , dann die Offenbarung Jeſu Chriſti ſaget : Wer überwindet, dem will ich geben mit mir aufmeinem Stuhl zu fißen , wie ich überwunden habe, und bin gefeffen mit meinen Bater auf ſeinem Stuhl. Apoc. 3 : 21 . Stem , Wer überwindet, dem will ich zu eſſen geben von dem verborgenen Manna, und will ihm geben ein gut Zeugniß, und mit dem Zeugniß einen neuen Namen geſchrieben , den nie mand kennet, denn der ihn empfabet. Apoc. 2:17 . 67. Oft hat das Geſtirne eine böſe Conjunction oder Zus fammenkunft, oft Finſterniß an Sonn und Mond : Sodenn Mars ſeine Gift- Strahlen darein wirft, und die Coojundion in einem irdiſchen Zeichen geſchiebet , in der Melancholiſchen Kammer , fo erſchrecket es dieſelben Seelen mächtig, die mit einer Melancholiſchen Complexion umgeben find ; ſie meinen immerdar , es rey der grimmige Zorn GOttes , oder der Seu fel, daß er komme und wolle die Seele holen : Denn ſie füblet in der Complexion die Gift-Strahlen Martis , fiebet darzu, daß fie in einer dunckeln Herberge iſt ; So dencket fie , Gott babe ſie verſtoſſen , Er wolle ihrer nicht , ſonderlich wenn ſie in die Complexion imaginiret und forſchet, daß ſie von der Gift des Martis iffet, und ihr Feuer -Leben damit aufblafet, fo ift groſſe bittere Angſt und Furchtvor dem Teufel und GDt tes Zorn in ihr : Da fpeculiret fie denn , und dencket , GDtt babe ſienicht in Chriſto zum ewigen Leben verſehen ; ihr iſt ſo bange, daß ſienicht gern ihr Untliß zu GOtt aufhebet , Dencker immerdar , fie rey der gröſſeſten Sünder eine, die Gnaden Jhüre fen zu. 68. Iſt doch in Wahrheit nichts anders als Phantafey vom Geſtirne in der Complexion , da ſich die Seele inne quålet : Wenn es nun der Geiſt der groſſen Welt mit der Conſtellation des


8. Troft-Sdrift von 4. Complexionen. 239 des Geſtirnes inne wird , treibet er ſein Gauckelſpiel darinne, bringetwunberliche Phantafev barein , daß ſich die Seele quas Hetet, auch der äuſſere Geiſt endlich in der Jrdiſchen Qual fich gant entzündet, davon das Radim Centro der Natur drebend wird , daß der Geiſt nicht kann die Sinne faffen und erhalten ,

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welches Unſinrigkeit iſt, und vielmal bey den Melancholiſchen erbsret wird . 69. Wenn das der Teufel fiehet , fcbeuſt er feine Imagina tion darein , quálet die armeSeele noch febrer ; aber er hat teine Gewalt , alleine die Angſt- Qualift feines Lebens -Qual : Er iſt gern darbey , dann er iſt ohne dis ein Feind Menſchlis des Geſchlechts. 70. Darum ſoll ihme kein Angefochtener von der Traurige teit einbilden , wenn dieſe ibn anficht durch die Complexion, daß es von GOttes Ungnadeund Zornſey ,es iſt eine Phantas fey von der Complexion und Geffirne. Siehet man doch wol, wie die årgeſten Teufels Maft-Saue , die ſich alle Sage und Stunden in Sünden baden , nicht alſo traurig ſind und anges fochten werden : Urſach , ſie haben ein äuſſerlich Licht in der Complexion , darinntanßen ſie dem Teufel in Engels Geſtalt. So lange nun ein Fündklein im Menſchen iſt, das Dites Gnaden nur begehret, und wolte gerne ſelig werden, ift GOta tes Gnaben Shur offen . 71. Dann der von GOttverlaffen iſt, deffen Maß voll iſt, der fraget weder nach Sott oder Menſchen , auch nach dem Teufel nichts, er ift ſtockblind, gebet leichtfertig ohne Furcht einher , bat eine åuſſerliche Bewohnheit an ſeinem GDttesa Dienft ; ein Shier gebet ins Heiligthun , und ein Shier gebet wieder beraus, da iſt keine Osttliche Erkentniß , nur Land und Gewohnheit , das bålt derſelbe für ſein Heiligthum . 72. Daran ſoll das Melancholiſche Gemütheerkennen, daß GOtt feinen Zorn nicht alſo in dieſem Leben offenbare, denn ob der Gottloſe gleich geftraffet wird von GOtt in dieſem Leben , bålt ers doch für ein Ding , das ohngefähr geſchehen fer. Dann Efaias fagt in der Perſon und Geiſte Chrifti: Er will das zerſtoffeneRobr nicht zubrechen , noch das glimmende Sóchtlein ausidſchen . Cap. 42 : 3 .

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73. Item , March. II : 28. Kommt er alle zu mir , die ihr mubeſelig und beladen fepd. Sein Joc iſt auch dieſes , was bie


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IX. Weg zu Chriſto.

die Natur der armen Seelezufüget , es rep Anfechtung, Vers folgung oder Kranckheit, man trage es nur mit Gedult , und werfe ſich in ſeine Liebe und Barmbertigkeit, es ſchadet der Seelen nichts , es iſt ihr mehr gutin Wahrheit: Dann weil fie im Trauer -Haufe ſtebet, iſt ſie nicht im Sünden - Hauſe, oder in der Welt Hoffart und Bolluft , Gott bált fie Damit im Zügel von der Welt ſündlichen Wolluſt ab : Muß ſie dann eine kleine Weile trauren , was ifts? Wie bald wird ſie des Irauer- Hauſes entlediget, und die Ritterliche Tronder ewis gen Freude auffeßen ? D Emigkeit du biſt lange! Was iſts, daß eine Seeleeine kleine Weile muß traurig ſeyn , und dars nad erige Freude baben ? Denn er will alle Shranen von ibs ren Augen abwiſchen. Solange nur ein kleines Fincklein in der Seelen iſt , das ſich nach GDtt fehnet, ſo ift GDttes Geift in demſelben Fündklein, 74. Denn das ein Menſch GOttes begebret, und nach ihm åchbet, das kommtnichtvom Menſchen , es iſt der Zug des Baters in ſeinem Sohne JEfu Chriſto zu Ihme. 75. Der H. Geiſt iſt die Göttliche Begierde ſelber ; Rein Menſch kann GOttes begehren ohne ſeinen Geiſt, der iſt in dem Begebren und erhält ben Willen des Begebrens in Gott, daß die arme Seele erhalten wird. St. Paulus faget : Bir wiſſen nicht, was wir vor GOtt reben ſollen , ivann wir beten : Der Geiſt GOttes vertrit uns måchtiglich mit unausſprech , lichen Seuffen , nach dem, wie es SDtt gefället. Rom . 8 : 26. 76. Was ſollen wir dann lange an ſeiner Gnade kleinmüthig feyn , nimt Er unsdoch lieber zu Gnaden an , als wir zu Ibs me kommen. Siehe, wie that Er dem verlornen Sohne, der ſeines Vaters Erbe hatte mit des Teufels Maſt: Sauen vers gebret , und war ein nacfender , ffincender Sáu -Hirte wors den ; als Er ibn ſabe , daß er ſich hatte wieder zu Ihme ge wandt, mie fiel Er ihme um den Hals und küfſete ihn, ſagend : Das ift mein lieber Sohn , den ich verloren hatte , der ift wie derfommen : Er war todt, und iſt lebendig worden ; wie bieß Er zurichten , und mit ihm über ſeinem bósgeweſenem Sohne fich freuen ; wie Chriſtus weiter lebret , daß Freude im Hims melreich fey für den Engeln GDttes über einen Sünder der Bulle


8. Troft-Sdyrift von 4 Complexionen: 241 Buſſe thut, mehr als über neun und neungig Gerechte, die der Buffe nicht bedürfen. 77. Der verlorne Sohn iſt der armefündige Menſch : wenn er ſich erkennet, daß er ein groſſer Sünder iſt geweſen, und gebencfet umzukehren zu GOttes Barmherßigkeit, ſo ents gegnet ihm alſo unſer lieber Vater in Chriſto, nimt ihn alſo mit groſſen Freuden wiederan ,und die Engel und H. Seelen im Himmel erfreuen ſich alſo febr, daß abermal eine Liebe Seele, ein lieber Bruder, aus dem Sündenbauſe, aus dem Sode, ift zu ihnen kommen . 78. Die traurige Seele betrůbet ſich um destillen alfo , baß fie nicht kann groſſe Freude im Herzen erwecken in ihrer Begierde, fie schget und klaget, und dencket , 3Dtt wolle ihr nicht, wenn ſie nichts fühlen kann . So ſiehet ſie andere Mens Tchen an ,die da frölich find, ( ſteben doch in GOttes Furcht mit ihr gleich in der Wage) To bendket fie , derſelben Freu de ſtebe in GOttes Kraft ; ſie aber ſey vor GOtt nicht ans genehme, GOtt wolle ihr nicht , ſie will ſchlechts GOtt im Herken füblen : 79. Vor der Zeit meiner Erkentniß war mir eben auch Alfo, ich lag im barten Streit, bis mit mein edles Krångs 3 lein ward, da lernete ich erſt erkennen , wie SDtt nicht im åuffern fleiſchlichen Herßen wohne, ſondern in der Seelen Centro, in ſich ſelber : da ward ich beffen erft inne, daß mich GOtt alſo in der Begierde hatte gezogen , und ich vers ſtunds zuvor nicht, ich dachte, die Begierde wäre mein Eigentbum , Gott wäre ferne von uns. Hernach fabe ichs und freuete mic des , das GDtt ſo gnädig iſt , und [chreibe es andern zum Erempel, mit nichten zu zagen , wenn ſich der Troſt verweilet, nach Davids Pfalm : Und ob es währet bis in die Nacht, und wieder an den Morgen , 7 . PL 130 : 6.

80. Es iſt den groffen Heiligen alſo gegangen , daß fie vielZeit um das edle Ritter :Krånglein baben ringen muſs fen, keiner wird darmit gecronet, er ringe denn darum ; es iſt ber Seelen wolbeygelegt; aber es liegt im andern Principio, die Seele ſtebet imerſten , wil ſiedas in dieſer Zeit auffeßen, muß fie derum kämpfen. 81,6


IX . Weg zu Chriſto. 242 81. Erlanget ſie das auch nicht in dieſer Welt, bekommt File es doch nach dieſer Zeit, in der irdiſchen Hütten Ablegung. Denn Chriſtus ſpricht: Seyd getroſt, ich habe die Welt über : wunden . Jtem : In mir babet ihr Friede, in der Welt Angſt. Joh. 16:33. 82. Das edle Berlein lieget in manchem angefochtenen betrübten Gemüthe gar viel nåber,als in deme derda mei: net er babs ergriffen : Es verbirget ſich aber ; Dann wo Er ist am Beſten mit , da will Érs nicht entdecken ; und lieſſe richs anſehen als wolte Er nicht, das laſſe ſich keine

Seele erſchrecken . 83. Er verbirgets darum , daß die Seelefollanklopfen und ſuchen ; Denn Chriſtus ſpricht : Bittet ſo werdet ihr nebs : men : Suchet, fo werdet ihr finden : Klopfet an , ſo wird euch aufgethan ; Matth. 7: 7. Mein Vater will den H. Geiſt geben denen , die Ihn darum bitten . Luc. I: 13. 84. GOttes Verheiſſung laß dir gewiſſer Tenn ; und of dein Hers ſpråch lauter Nein, ſo laß doch dir nicht grauen. Denn das iſt nicht glauben , daß einer im Fleiſchenen Hers Ben in der aufſern Complexion Freude empfabet, daß das - Semutbe im Geifte frslich wird, daß Hers und Nieren gleich für Freude zittern , dis iſt noch nicht der Glaube , es ſind nur des H. Geiſtes Liebe-Strahlen , ein Göttlis cher Anblick , der unbeſtandig ift : Denn GOtt wohnet nicht im aufern Bergen , noch Complexion , ſondern in fich Felber im andern Centro , in dem Kleinod der edler Bilds niß der Gleichniß GOttes ; diefe ift in der äuſſern Wels verborgen . 85. Der rechte Glaube iſt, daß der Seelen :Geiſt mit feis nem Willen , mit der Begierde in das eingebet and begebret, Das er nicht fiebet noch füblet: Berftebet , die Seele, was ſie pur allein antrift,ſtebet nicht in dieſer Zeit, noch ſchicket fie Dent er urſtåndet) r fubtilen Willen -Geift ( der aus ihrem FeueLeb darein : in demfelben Willen : Geifte wird das Perlein ems pfangen, daß das Seefen - Feuer immer in der Begierde bleis bet : Dann ſo lange das Perlein im Willen -Geiſte bleibed , fo lange iſt die Begierde in der Seele ; Dann daſſelbe Perlein ## ein


hat

8. Troſt-Schrift von 4 Complexionen. 243 çin Funcke der Göttlichen Liebe; es ift der Zug des Baters in ſeiner Liebe. 86. Die Seele foll ſtehen in ihrer Begierde, wenn gleich dieauſſere Vernunft aus der finſtern Complexion ſpricht lauter Nein ; GDtt fer nicht da , ſo wäre auch keine Begier, de oder Wille nach Obmeda : Denn wo Gott nicht im Wils fen -Geiſte iſt, ſo iſt derſelbe als blind und an GOtt todt ; er begehret nicht GOttes, lebet in Meinungen, achtet nicht GDttes zu begehren , es iſt nur eine ſubtile Wiſſenſchaft in ihme vor andern Sbieren, darum , daß die Seele biber gras diret iſt . 1:87. Darum foll ein traurigs Here ihme die Comple xion mit nichten ins Herß laffen bilden , Sott fey nicht da, noch gegenwärtig, Er wolle einer nicht ; die Seele ifs fet ſonſt von ſolcher Einbildung, und wird traurig. Groſſe Sünde iſt es , daß das Gemütbe dem Herben folche Phans taſey einſcheubt: denn die Seele ( ſo eine edle Creatur aus GOttes Natur iſt ) wird darinn geångſtet, die Phantaſey zündetdas Seelen - Feuer an, daß es in ſolcher Schmergens Qual brenner. 88. liebes Gemüthe, dence anderſt nicht, wann die Ungft der Complexion (vom Geſtirne entzündet) daher kommt, daß du alsdann in GOttes Weinberge ſteheſt, du folt ar: beiten , nicht můſfig ſtehen, du thuſt GDtt einen groſſen Dienft daran : Deine Arbeit iſt , daß bu überwindeſt im Glauben , ob dir gleich kein Troſt im åuffern Herßen ers. ſcheinet, irret nichts. 89. Das iſt nicht Glaube, das ich lebe ; ſondern das ift Glaube, daß ich dem verborgenen Geifte traue, und ſeinem Worte glaube, daß ich ebe das Leben verliere als ſeiner Bers beiſlung nicht glaubenwolte. Der kämpfet recht mit GDte, wie deralte Jacob die gange Nacht, der nichts fiebet noch füb let , aber auf das verbeiffene Wort trauet , der überwindet GDtt, wie zu Jacob geſagt ward : Du haſt mit GDtt und Menſchen gerungen , und biſt obgelegen. Gen. 32 : 28 . Spridjft du, welc Wort iſts ? Antrwort: das iſts: mein Baterwill den 5. Geift geben denen, die sin darum bitten . 2.2 Luc,


244 IX . Weg zu Chrifto. Luc. It:13. Das iſts, das der Mund Chriſti ſelber fagte: Wann der kommen wird, der wird euch in alle Wahrheit leia ten ; Denn von dem Meinen wird ers nehmen und euch vers kündigen . Joh. 16:13. 14. : 90. Daß du aber nicht zweifelft , dem fer gewiß alſo, daß die Anfechtung und das Entfeben nur aus der Complexi on komme : fo ſtelle ich dir ein Erempel vor, das wol einer Feuers - Complexion , auch einer Melancholiſchen vielmehr begegnen darf . ) Gebeft du bey Nacht im finſtern Gemach , du entſeteſt did und dencteft immer, es fen was im Finſterrt, das dich ſchrecken dörfte ; Was iſt das für eine Furcht ? Fürdytet ſich das Fleiſch ? Nein , es ging ſonſt nicht hin , die arme im Fleiſch gefangene Seele fürchtet ſich in der Finſters niß, bat immerdar Sorge, der Teufel greiffe nach ihr : Dent fie weiß , daß er in der Finſterniß wohnet, wie dann die Furcht alſo iſt, erwerde nach ihr greiffen ; Da iſt wol zu fe ben, daß die Furcht aus der Phantaſep kommt: Alſo gebet es auch der armen Seelen in einer ſtetsmåbrenden finſtern Come plexion -Kammer , ſie iſt alſo zagbaft, daß ſie im Duncteln muß wohnen, und fürchtet fich immer vor dem Seufel und GOttes Zorn. 91. Eine Seele in der Melancholifden Kammer ſoll durch's aus nicht in GOttes Born fpeculiren, noch gern allein ſeput, ſondern bey Leuten die da reden ; So bildet ihr die Seele die Phantaſey der Reden ein , und fpeculiret nicht, denn keine Speculation iſt ihr nuge; wann ſie diefelbe nicht mag zu ihrem Heil anwenden, fo laffe ſie es bleiben. Solcher Menſch ſoll auch keine ſolche Sdriften lefen, 92. darinn von einer ſonderlichen Wahl gelehret wird . Sie lebs ren alle init Unverſtand, und erklärens nicht recht , wie es die bobe Zunge des H. Geiſtes verſtehet und gefeßet hat, und in andern unſern Schriften genug dargethan iſt. 93. Er ſoll ſich nicht mancherley Schriften brauchen , ſondern einfältig bey der Særift bleiben, da er mag einen ftes ten Troſt finden . 94. Iſt er aber mit tiefem Sinn von GOtt begabet, da die Seele denn nicht nachlaſſet mit Forſchen , fo lege er fic in Gottede


8. Troſt-Schrift von 4 Complexionen . 245 Gottesfürdyt mit ftetem Sebet aufs Centruin der Natur, daß er das erforſche: (wann er das erforſchet) To ftellet fich die Seele in eine Rube ; Denn ſie fiehet ihren Grund, und vers fchwindet alle Furcht und Traurigkeit von ihr. 95. Davon weiß ich zu ſagen, was das für ein Licht und Beſtätigung fey , wer das Centrum Naturæ erfinder. Aber keine eigene Vernunft erlanget és , GOtt verſperretes gwar niemanden , aber es muß in GOttes Furdyt mit ſte: tem Anhalten und Beten gefunden werden : Denn es iſt bas grne Kleinod in dieſer Welt ; wer das findet, der kommet gus Babel. 96. Ein Melancholiſches Gemüthe foll ſich mit groſſem Ernſt vor der Trunckenbeit hüten , daß die Seele nicht mit Grdiſcher Kraft zu ſehr befchweret werde : Dann wenn fich der Leib mit dem Trunck alſo beladet, ſo nimt die irdiſche Kraft vom Tranck die Complexion - Kammer ganglich ein ; alsdenn imaginiret die Seele darein, iffet die irdiſche Dual, zündet ihr Feuer damit an , und erfreuet ſich etwas darinn : Dann aber die Kraft wieder findet und nachläfſet, das iſt , wenn der Menſch vom Trunde rieder nüchtern wird, ſo iſt die arme Seele als ob ſie verflucht ware ; Denn ſie verlieret in der überflüßigen irdiſchen Qual die Göttliche Imagination oder Begierde : Denn GOttes Geift will nicht in irðiſcher Imagie nation wohnen ; Da gebet dann in der Seele Reuel an , und iſt ihr , als wäre ſie verflucht. 97. Alſo ſtellet fich GOttes Zorn gegen ihr, als wolte er fie in dieWurßel, ins Centrum , in die Finſterniß ſtoffen, da ift der Seelen bange,trachtet wieder nach den guten Sauff-Brus dern, daß fie doch wieder möchte eine Narren - Freude baben : Daher kommen die Sauff- Brüder, die einen Tag an den an tern binden , und ihre Seele in GOttes Sorn und Ungnade ftürgen ; Sage ich treulich, als ich boch im Centro Naturz und im Principio des Lebens erkant habe. 98. Die Melancholiſche Scele foll fich vor Zorn båten. Born iſt ihre grøfte Gift, und bringet Unſinnigkeit, wie es im Centro gar belle zu erkennen iſt: Denn die Melancholis ſche Kammer ift raube, gleichet ſich der wilden Erden , und ift

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246 ix.Weg zu Chrifto. oft faſtdde, ſie hat am Rade der Natur gar ſchwache Baltung. Wenns nun geſchicht, daß fich des Grimmes Feuer zu ſehe bemeget, fo gehet das Rad der Natur im Schalle, wie man denn ſiehet,daß der Leib zittert. 99. So dann die Complexion - Kammer ſo dde obne Bea ſen ijt, kann ſich das Rad nicht leicht wieder bemmen , und können die Sinnen auch nicht gefaſſet werden , ſondern ges het alles unter einander gang feurig und grimmig , wie an den Ihnſinnigen zu ſehen ,daß das Gemütbe nicht mag die Sinnen ergreiffen : Weiß alſo nicht, was er redet und thut , als wie das Rad gebet. Der Teufel fúbret auct gerne feine Imagination darein , daß ofte groß übel ges Ichicht. Dieſes Rad ſtehet wol im Suffern Geiſte ; aber die arme Seele iffet dann auch davon, und gebet ſchrecklich zu . Doch ſoll man keine Seele verdammen in dieſer Zeit: Denn das Creuß -Zeichen ſtebet noch in ihr mit offner Gnga

den-Thůr. 100. Die Melancholiſche Kammer folt fich vor Geiß búa ten , und ja mit Ernit davon ausgeben : Denn er iſt ihr fo ſchädlich als der Zorn. Geit iſt eine irdiſche Begiede, die Complexion iſt auch irdiſch , und die rechte Kammer faft ode : Dann zeucht die Begierde das irdiſche Weſen in die óde Rammer, und füllet die mit foicher finſtern Materia , da eitel Grimm und GOttes Zorn mit Falrobbeit und uns gerechtigkeit inne ſtecket, und böfe Weſenbeit nach der Ers den Eigenſchaft . Das machet die Complexion , weil ſie ohne das eine irdiſche Begierde iſt , vollend alles Irdiſh. 101. Davon iffet dann die arme Seele mit ihrer Imagi. nation , und fühlet alsdann in ihrem Feuer- Brennen GDt: tes ſtrenges Gerichte, der über die Falſchheit und Ungerechs tigkeit erzůrnet iſt, als denn im Geiße, viel ſolche fondde Ma. teria mit eingeführet wird. Wennnun die arme Seele fico alſo in GOttes Zorn befindet, fåhet ſie an zu zweifeln , ung zu zagen : Denn ſie ſiehet nichts um ſich , als eitel Bóſes, Irdiſches , Falſches und Unrechtes , davon ſich nur GDt: tes Zorn anzündet. 102. Das ſep treulich offenbaret : Einem Melancholi fchen


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8. Troſt-Schriftvon 4 Complecionen. 247 chen Gemüth iſt nicht beſſer , als ein einfáltig, einſames Les ben zu führen , ohne Hoffart, in einem gemeinen Stande , po es feyn mag, ja ein nüchtern , mäßiges Leben , nicht mit groſſen Sorgen beladen ; und ob es ia feyn müfte , ſoll die Sottesfurcht und das Gebet alles anfangen , ſo tauget fie in alle Stånde : Denn in der Melancholiſchen Kammer kann groſſer Ratb gefunden werden ; Sie iſt offen, ſo fern fie ſich nüchtern bält : Sie gebet jo tief als die Sanguiniſche Rama mer : aber ohne Gottesfurcht erlanget ſie nur äuſſere Vers nunft, fie richtet das grófte Ubel in der Welt an , ſo ſie offen, und in einem Saturniniſchen Zeichen iſt, der denn ihr Herr iſt, fie bauet Babei und allen Trug, iſt faſt großmachtig, ſo viel als ſie traurig iſt. 103. Darum, ob ſich einer unter dieſer Complexion weiß , per fabe nichts ohne das Gebet an : Er befehle juvor dem Höchften rein Hert ,Sinnen und Gemüthe , Willen und Sbun in feine heilige Hände, und bitte ihn , daß er in all ſeis nem Wollen und Ihun der Regente fey , ſo mag er viel Gu: tes ausrichten . Auſſer diefem richtet keiner, in Uemtern fist Bender , und in dieſer Kammer zu berberge ſtebender, nichts Sutes,Gott wolgefälliges, aus. Von den andern dreyen Compleo rionen.

Ein gemeiner Spiegel, darinn ſich jeder beſehen mag . aus Gnaden GDttes vorgeſtel .. mir es Wird faſt kurs ,wie let worden ,aufgeſchrieben . Summarien.

anders in groſſer Gefahr, 106. hoffårtig und vermeſſen.ibid. Darum habe ein ieder auf ſich acht , was er thue , 107.ſtes be nicht nach Ehren und Macht, 108. ſondern befleifige ſich der Deas muth und Sanftmuth, welches GOtt Liebet. 109. Die Sanguinifde Complexion fou fich für Weitſchweifigkeit båten ,no. und ein nůch. tern seben führen ; III. Hoffart it ihr gefährlich. 113. In der Got: tesfurcht fann fie Moñecium Magnum finden. 113. Sie leide und traue D 4


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248 IX. Weg zu Chrifto . traue GOtt. 114. In der Srundenheit hat der Teufel groffen Zute gang zu ihr , 115. Die Phlegmatiſche Coniplerion iteckt voller Lügen , Darum ſie ſich der Wahrheit befleißigen ſoll, 116, Dieſe Seele hat ei: nen falſchen Spiegel im Waſſer , 17. und nimt ihre Complerion ger : ne aller Sternen Siſt :Strahlen in ſich . 118. Sie ift voller Betrug, Lügen und Heuchelen, 119. Darum ſou ſte fets GOttbitten, um deo 5. Geiftes Regierung,120. nüchtern leben , und fleißig wacheu . 12L Ein Menſch ſoll uicht ein Vieh ſeyn, ſondern menſchlich initder Sees len regieren ; 122. ſonſt, ſo er nur will dem Geftirne leben , hat der Seufel ſeine Wollut darinnen . 123. Darum beiſfets : Wachet und betet. 124. Von der Cholerifchen Complexion . 104. Der Menſch , ſo ſeinen beſten Schat , die edle Seele, in einem Choleriſchen Hauſe bat , fol vor allen Dingen ſich in der Demuth úben, oder ſtehet in groffer Gefahr , mag wol Waſſer ins Feuer gieſſen , daß ihm nicht fein edles Bild ents zündet werde : Denn ſie giebet grote Hoffart, Hartſinniga keit, jåben Zorn, und wird faſt erhaben , gefürchtet und ema por gereget, aber nicht bart geliebet ; es kommedann das War fer GOttes, als die edle Demuth, ins Feuer , ſo ifts liebens werth und gibt den erſten Schein . 105. Denn dieſe Kammer hat einen eigenen Schein in der äuſſern Natur , fie iſt wol nicht gemein demüthig, ſie habe. dann den Jupiter ins Lebens Zeichen , oder die Venus: fo bat fie doch unter Venere ihren Teufel ,der ſie Tag und Nacht mit der Unkeuſchheit plaget. 106 , Und fage zur Warnung, daß groſſe Gefahr in dies fer Complexion fey, viel gröſſer als in der Melancholiſchen : Denn hier kommt der Teufel in Engels - Geſtalt des Lichts, in einem Feuer Slang ; er tigelt die arme Seele , daß fie fich des Feuer -Scheines behilft , und großmüthig wird, cs wird ibr alles leichte vorgeſtellet , fie beiſfet gar leichtlich an die Sünde ; Schweren, Fluchen, und leichte Reden , fo wies der GOttes Namen lauffen und entheiligen in der Seele, iſt nicht felgam in dieſer Kammer ; des Feuers grimmige Sfo fene bålt das Gemüthe auf, daß es gar ſchwer in GOttes Lies be und Sanftmuth (ſonderlich in rechte Ubftinens und Bula fe) eingehet, esſtarret immergerne im Zorn, man foll es nur fürchten ; Fället mit , daß es in einem irdiſchen Zeichen ges bet,


8. Troft -Schrift von 4 Complexionen. 249 bet, fo thut es aus eigener Geſtalt nicht viel Guts , das zu > SDttes Ehren tauge.

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107. Darum , ob einer ſeinen beſten Schas hierin liegen bat, der fche eben zu, was er thue, und wie er lebe: Denn die ar's me Seele feet ihre Imagination darein, und wird damit anta gezündet, ſie wird nicht leichte gewahr, daß ſie in GOttes Zorn, im holiſchen Feuer figet, bis derfelbe aufwachet , oder bis fie des äuſſern Feuer - Glanges in der Complexion mit des Leibes Sterben beraubet wird , alsdann iſt ſie ein hoffårtiger, grimmigeſ Teufel, und muß eben im Finſtern figen . 108. Dafür iſt nun gut, daß ein ſolcher nicht ſelber nach Macht und Ehren ſtrebe; wird ſie ihm aber aufgelegt, daß er ja ſeinem Gemüthe nichtzulaſſe, fich darinn zu ſchauen : Dann es hat ein ſtolk , boshaftig Feuers-Auge. Fleißig Beten iſt bier ſehr noth. 109. Die Seele wird albie leichtlich entzündet , daß ſie Freude empfabet, aber geniein aus der Feuers -Complexion im Feuer -Lichte, ſo meinet ſie dann , es ren GOttes Geift ; Aber nein : GOttes Geiſt kommet gar mit groffer Sanft muth und Demuth , wenn er ſich in der Seelen offenbas ret. Dwelch einen Sriumph führet Er in der Feuer -Com plexion in der Seelen , ſo Er erſcheinet ! aber es iſt ießt faſt theuer in den Menſden worden , die Complexion bleis Darum fer gewarnet , werbe des bet immerdar Herr. müthig, befleißige dich der Sanftmuth in Worten und Wers den , ſo mag dir die Complexion nicht ſo leicht die Seele ans zünden : Denn ein demüthig Hero liebet Dtt. Du biſt wegen der Complexion GOtt nichts weiter : Siebe nur, mißa brauche fie nicht, laß alles zu GOttes Ehren geſobeben , To icbadet dir Nichts, brich ihr den Willen.

1 Von der Sanguiniſchen Complexion. ITO ., Du magſt dein Leben auch darnach anſtellen, und die in dieſer edlen Complexion nichtſelbſt einen Heuchler geben ; Mit deiner Weitſchweifigkeit erfindeſt du viel; Siehe, daß du nicht Stoppel und Stroh in die Sanguiniſche Kammer eina führeft, und meineſt es ſey der H.Geift : Denn du baſt auch 25


IX . Weg zu Chriſto. 250 in der Complexion ein ſcheinlich Licht, es iſt wol Menſchliche aber ſchaue zu, fübre nicht Yrdigkeit darein . III. Nuchtern leben iſt dir gut , båte sich vor Truns denbeit , du fålleſt ſonſt dem Feinde in feine Arme: Denn du liebeſt viel, båte dich, daß du nicht Unzucht und Hoffart liebeft. 112. Und wievol du von Natur demüthig biſt, ſo mag doch gar leicht Boffart in dich gebracht werben : Denn du trågeſt aller Sternen Haus, wie die Luft und das Ober - Waſſer, 113. Wirſt du in Gottesfurcht treten, und dich recht darein rohicken , fo magſt du Myſterium Magnum gar wol finden ; aber nicht aus die ſelber, ſondern durch GDtt, allein du haft eine offene Kaminer darzu, Daruun fiebe zu, was du deiner Seelen zur Speiſe giebeſt. 114. Denn es iſt nichts fo gut, es mag boſe werden , Daß man sich verachtet , fo ein Bófes darein tommt. das laß binfahren , und traue in GDtt , es begegnet dir vielfältig um deiner einfältigen Geſtalt willen : Bebalte nur was du . Haft, und brauche nicht viel fremder Ⓡiße, fo führeſt du dir in dein edles Haus nicht einen fremden Geiſt. Beſſer alhie leiden Spott, al$ nach diefem Xeben Noth . II5. Quáleft du dich mit Trunckenbeit, ſo wird dir der Seufel viel Ubel und Unglück in das zarte Haus einführen : Denn er iſt ihm gram , er hat keinen eigenen Sie darinne, als nur in der Sünden Einfübrung : Ein einſames ftilles leben wäre für did gut, aber bu biſt zu weitſchweifig, und findeſt viel, giebeſt es auch umſonſt, wie die Luft. Schaue zu, was du einläſſelt und ausgiebeſt, daß es nicht der Sters nen Fund ſey , ſondern aus GOtt geboren ; du wirſt ſonſt bei trogen und betreugeſt. Von der Phlegmatiſchen Complexion . n6. Die Wahrheit und Gerechtigkeit wäre eine edle Arß: uey in dir : Denn du ſteckeſt ſonſt gern vol Lügen, und ach teſt wenig,was du ausgiebeſt und einnimſt. Du arme Seele Fof


Da

8. Troſt-Schrift von 4 Complexionen . 256 baſt alhie einen fábrlichen Weg durch das Tammer -Meer in dieſer Complexion zu gehen, du wirft immer mit Baſtern der Worte und Werckebefudelt. 117. Waſſer hat einen bellen Glaſt in fich, und giebet einen Gegenſchein, iſt doch ein falſcher Spiegel; Alſo hat die arme Seele in dieſer Cornplexion einen faſt ungerechten Spiegel : Dann das Waſſer nimt alles in ſich, es ſeye bos oder gut, es bált eß, und verdımcfelt ſich damit.

} 118. Ulfo gebet es auch diefer Complexion : fie nimt allere Sternen Gift Strahlen in fich, und ſtellets der armen gefan : genen Seelen zum Spiegel für, daran beiffet fie dann, und richtet das in dem Reibe zu Bercte, mas in der Complexion nur ein magiſcher Spiegel ift. 119. D welche gute füffe Worte, gleich dem füffen Waſſer, ſind ohne Geld , doch voll bitterer Galle von den Sternen gemenget. Es iſt faff kein Trug zu viel : fügen ſind der

Heucheley Mantel, mit einem Spiegel-Glaſt rich feben zu laſs ſen, wo gute Chriſten in Babel ſind, iſt und will zum Gottes dienſt gerechnet werden. 120. Daß du unrecht thult, Andeſtdu nicht, komme man dir aber mit einem Fündinak nabe, ſo iſts ſchon in deinem Spiegel : Dir wärewof ;d lrathen , daß du erkens neteſt, wie du ein innmer - ſündlicher Menſch biſt: Magſt wol in eine rechte Bufte eingeben , und GOtt um Regies rung ſeines 5. Geiftes bitren ,daß die böſen Affecten vom Geſtirne gebrochen und im Baum gehaltett werden ,daß die arme Seele ſolches nicht einfaſſe, und alſo zum Nars ren werde. 121. Auch wird dir ein nüchtern Leben gefund ſeyn : Immer Wachen und Beten , und ſtets in Gottesfurcht ſeyn,das wens det alles Bsfe aus dem Geſtirne ab. Denn der dem Geſtirne lebet, der lebetallem Biebe gleich : Wenn man aber die Gots über Leben es aber nicht , ſo wird die Complexion der Geelen Meiſter ſchon die Seele in eigener Macht und Wegweiſer Obſie . nicht regieren kann , ſtellet fie-doch der Seelen ihren Eles menti :


IX. Weg zu Chriſto. 252 mentiſchen und Sternen -Spiegel für , barinn fich die Seele vergaffet und fangen låſt. 122, Darum ſoll der Menſch ein Menfch , und nicht ein er folt Menſchlich mit der Seefen regieren , Bieb feyn und nicht mit der Begierde der Complexion , fo mag er das hochſte und ewige Gut erlangen , er ſey unter welcher Com plexion er wolle. 123. Es iſt keine Complexiou To edel , ſo der Menſch nur will dem Geſtirne leben , ber Seufel bat feine Woduſt barinnten . 124. Darum beiſfets recht nach S. Petri Schrift: 1. Petr, 5 : 8 . Seyd nüchern und machet , denn euer Wiederſacher, der Teufel, gehetum , wie ein brúlleuder liwe, und ſuchete welchen er verſchlingen moge : wiederſtebet dem in der Furcht GOttes, und feyd Feinmal ficher vor ihm . Berç, du biſt unſere Juflucht!

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