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<36638091480017 Bayer. Staatsbibliothek
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*
Die
M u tt er ſchule VON
Amos Comenius.
Auf's Neue herausgegeben HOTT (W)
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Hermann Schröter, Archidiakonus an der Stadtkirche zu Weißenfels.
Marc. 10, 14. Laſſet die Kindlein zu mir kommen und wehret ihnen nicht, denn ſolcher iſt das Reich Gottes.
Zweite
vermehrte und verbeſſerte Auflage.
Halle, C. E. M. Pfeffer. 1874.
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Cicer0.
Fundamentum totius Reipublicae est recta juventutis educatio.
Des ganzen Wohlſtands insgemein Grundveſt iſt dies einzig allein, Daß die aufwachſende Jugend
Recht erzogen werde zur Tugend.
Den Aitgliedern des
ehemaligen und jehigen Lehrer-Collegü des
Königl. Schullehrer-Seminars ZU
Weißenfels
widmet dies Büchlein aus Dankbarkeit und Verehrung
Der Herausgeber.
Vorwort zur erſten Auflage.
Dies Büchlein ward in der Bibliothek der hie ſigen Stadtkirche, mit welcher nach dem Ausſterben der Herzöge von Sachſen-Weißenfels auch ein Theil der herzoglichen Bibliothek vereinigt ward, vom Unter zeichneten aufgefunden. Das Original iſt ſehr elegant, in rothem Sammet und mit goldenem Schnitt ge bunden. Aus dieſem koſtbaren Einband, ſo wie aus dem Fundort (da das Buch mit anderen, die wegen ihrer fürſtlichen Wappen auf ehemaliges herzogliches Eigenthum ſchließen laſſen, zuſammen gefunden ward), läßt ſich wohl annehmen, daß es einer fürſtlichen Mutter ehedem zum Gebrauche gedient hat. Sein vollſtändiger Titel iſt: „Informatorium ma ternum, der Mutter Schule, d. i. ein richtiger und augenſcheinlicher Bericht, wie fromme Aeltern, theils ſelbſt, theils durch ihre Ammen, Kinderwärterinnen und andere Mitgehilfen, ihr allertheuerſtes Kleinod, die Kinder, in den erſten ſechs Jahren, ehe ſie den
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Präceptoren übergeben werden, recht vernünftiglich, Gott zu Ehren, ihnen ſelbſt zum Troſt, den Kindern
aber zur Seligkeit auferziehen und üben ſollen. Marc. 10, 14. Laſſet die Kindlein zu mir kommen und wehret ihnen nicht, denn ſolcher iſt das Reich Gottes. Nürnberg, gedruckt und verlegt durch Wolf gang Endter 1636.“ Der Verfaſſer des Buches hat ſich nicht genannt, es iſt aber kein anderer, als der große Pädagoge Amos Comenius, und zwar iſt das Büchlein ſeine von ihm ſelbſt aus dem Böhmiſchen 1633 in's Deutſche übertragene Schule der Kindheit (schola infantiae), welche ſich unter dieſem Titel in der Geſammtausgabe ſeiner Werke pag. 198–249 -
befindet.
Der Name des Comenius, der Geiſt und Herz erfriſchende Inhalt und Ton des ganzen Büchleins, die Nutzbarkeit ſeiner Ideen auch für die Jetztzeit, da altes Gold immer Gold bleibt und wieder blank
und brauchbar gemacht werden kann, die Erfahrung, daß, ſo weit meine Nachforſchungen reichen, das Büchlein in dieſer Geſtalt nirgends vorhanden iſt, die noch immer friſche Liebe zu meinem erſten Beruf und Stand, das Wort unſers Herrn und Meiſters: aus unſerm Schatz Neues und Altes hervorzutragen, die Ermunterung bewährter Pädagogen ſowie eines weit und breit bekannten Germaniſten, der das Büch lein in ſprachlicher Hinſicht pries, haben mich bewo gen, die Mutterſchule des Comenius von Neuem Lehrern und Aeltern zugänglich zu machen. Und ſo möge denn das Büchlein mit Gott aber
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mals nach zweihundert Jahren ſeine Wanderung an treten und ſein Geiſt offene und folgſame Herzen finden!
Weißenfels, am D. Estomihi 1864.
Aug. Hermann Preiſegott Schröter, Diac. an der Stadtkirche und Compaſtor zu Selau, Borau und Cleben.
Zweite vermehrte und verbeſſerte Auflage.
Nachdem
die erſte Auflage dieſes Büchleins vollſtändig vergriffen iſt und die Nachfragen nach ihm von allen Seiten ſich gemehrt haben, hab ich von Neuem den Text revidirt und ſeine urſprüng liche Form, ſo weit es die alte Redeweiſe erlaubte, beibehalten, die Lücken eines Capitels, ſo weit es ſich ſchickte, ausgefüllt, auch die Lebensbeſchrei bung berichtigt und erweitert. Weißenfels, D. Jubilate 1874. Schröter, Archidiakonus.
Inhaltsverzeichniß. Vorwort .
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Seite. W
Lebensbeſchreibung des Comenius . . .
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Vorrede des Comenius .
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Inhalt der Mutterſchule. Erſtes Capitel. Wie hoch die Kinder zu halten ſind Zweites Capitel. Wozu die Kinder gegeben werden . . Drittes Capitel. Die Jugend muß erzogen werden
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Viertes Capitel.
Worin die Jugend zu unterweiſen iſt . . . . . . . 33 Fünftes Capitel. Wie die Jugend bei Geſundheit zu erhalten iſt Sechſtes Capitel. Wie die Kinder im Verſtand zu üben ſind Siebentes Capitel. Wie ſie zur Arbeit anzuleiten ſind . . . . . . . . Achtes Capitel. Wie ſie in der Beredſamkeit zu üben ſind . . . . . . Neuntes Capitel. Wie die Jugend zu Tugend angeleitet werden ſoll . . . Zehntes Capitel. Wie die Jugend zur Gottesfurcht erzogen wird . . . Elftes Capitel. Wie lange die Kinder in der Mutterſchule zu behalten ſind Zwölftes Capitel. Wie die Jugend zur Schule vorzubereiten iſt .
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Lebensbeſchreibung des Comenius.*)
Johann Amos Comenius, einer der größten Ju gendmeiſter unſers Volkes, war am 28. März 1592 zu Niwnitz in Mähren geboren. Er verlor ſeine frommen Aeltern, arme Müllersleute, die zu der evangeliſchen Gemeinde der böhmiſch-mähriſchen Brüder ſich hielten, in früher Jugend und ſeine Pfleger kümmerten ſich nicht ſonderlich um ſeine Erziehung. Latein begann er erſt im 16. Jahre zu lernen, und dieſe Vernachläſſigung im Unterricht hat ihn ſchon früh mit Mitleid für An dere erfüllt. Seine Studien macht er auf dem Gymna ſium Herborn im Naſſau'ſchen und auf der Univerſität
Heidelberg.
1614 ward er Rector zu Prerau in Mäh
ren, 1618 Paſtor und Schuleurator zu Fulneck, wo
ſeit 1480 der Hauptſitz der böhmiſchen Brüdergemeinde und der geflüchteten Waldenſer war. Hier ſchrieb er eine lateiniſche Grammatik und andere Schulbücher, was ihm aber bei einer Plünderung ſammt ſeiner *) S. J. A. Comenii opera didactica omnia. Amsterdam 1657. Karl von Raumer's Gedichte der Pädagogik. 2. Theil. Stuttgart 1843. Chiſtian Palmers evangel. Pädagogik. 3. Auf lage. Stuttgart 1862. Theodor Fliedners Buch der Märtyrer. 3. Band. Kaiſerswerth. s
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Bibliothek durch die Spanier 1621 wieder verloren ging. 1624 ward er ſammt allen evangeliſchen Paſtoren
durch ein Edict Ferdinand's II., eines Schülers und Werkzeugs der Jeſuiten, aus ſeinem Vaterlande ver
trieben und fand im böhmiſchen Gebirge unweit der Elbquellen bei dem Baron Georg Sadowsky von Slaupna eine Freiſtätte. Dem Hauslehrer desſelben arbeitete er Lehrgänge für ſeine Schüler aus. Als aber
auch aus Böhmen das Evangelium weichen mußte, und auf deſſelben Ferdinand's Betrieb 30000 ev. Familien,
darunter 500 edle Geſchlechter, auszuwandern gezwungen wurden, zog Commenius ſammt ſeiner vertriebenen Heerdegen Polen. Vom Grenzgebirge aus ſah er ſich noch einmal unter vielen Thränen nach ſeiner lieben Heimath um, -
fiel darauf mit ſeinen Brüdern auf die Kniee nieder
und betete zu Gott, Er wolle doch nicht ganz mit ſeinem Wort aus Böhmen und Mähren weichen, ſon dern ſich daſelbſt einen Samen erhalten. Seitdem ſah er ſein Vaterland nie wieder, ſondern hat ein unſtätes Wanderleben geführt, – doch dem Herrn zu Ehren und der Menſcheit zum Segen.
Er ſtellte ſein ganzes Leben in den Dienſt der Jugend. Das ſei auch für einen Theologen nach dem Auftrage ſeines Herrn: Weide meine Lämmer, eine ganz ſchickliche Sache. Die Menſchen ſeien. Eine große Familie.
Mit demſelben Rechte, womit ein Familien
glied dem andern zu Hilfe kommt, müßten auch wir Alle unſeren Mitmenſchen behilflich ſein. Nächſtenliebe predige die ganze heilige Schrift, und die geſunde Ver nunft lehre ſie gleichfalls. Sokrates habe lieber ſterben
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wollen, als das Gute nicht lehren dürfen, und Seneca
habe geſagt: Wenn ihm die Weisheit nur für ſich ge geben würde, und er ſie Niemand mittheilen dürfe, ſo begehre er ſie gar nicht.
So univerſell ſein Streben war, hat er es doch in ſeinen Schriften nicht an möglichſt tiefer Begründung
fehlen laſſen. Seine literariſche Thätigkeit iſt überaus fruchtbar geweſen. Seine didaktiſchen Werke umfaſſen über 1000 Folioſeiten. Seinen Ruhm begründete die aufgeſchloſſne Spra
chenthür (janua linguarum reserata), eine neue ſachge mäßere und einfachere Weiſe, Sprachen, insbeſondere Latein zu lehren. Er ſchrieb dies Buch zu Liſſa, in der jetzt preußiſchen Provinz Poſen, wo er Latein lehrte und 1632 für den böhmiſchen Zweig der Brüderge meinde zum Biſchof erwählt ward. Es fand ſolchen Anklang, daß es nicht nur in zwölf europäiſche Sprachen, ſondern auch in's Arabiſche, Türkiſche, Perſiſche und ſelbſt in's Mongoliſche überſetzt ward. Anſtatt wie es früher allgemeine Sitte geweſen, den Schülern eine
Fülle von Regeln zu geben, führte er ſie an der Hand lebendiger Beiſpiele aus dem Bereiche des dem Schü ler nützlichen Wiſſens in das Verſtändniß der Sprache. „Das halte ich ſagt er, für ein unbewegliches Geſetz der Lehrkunſt, daß der Verſtand und die Sprache ſchnur ſtraks bei einander laufen und daß einer ſich ſo viel gewöhne auszuſprechen, als er mit dem Verſtande begriffen habe: ohne Verſtand aber reden iſt papageiſch.“ 3 Jahre vorher hatte er ein größeres Werk, ſeine Didactica
magna oder die Kunſt, Alle Alles zu lehren, ausge arbeitet. In dieſem Werke hat er den ganzen Inbegriff 1
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der Lehre der Erziehungskunſt, getragen von ächt evange liſchem Geiſt und mit heller pſychologiſcher Einſicht in wiſſenſchaftlicher Weiſe entwickelt. S. die folg. Vorrede des Comenius. Ihm voraus aber ſchickte er als Herold und Bahnbrecher ein kleines Werkchen, unſere Mutter ſchule oder Informatorium maternum, darin er in kurzen, ſcharfen Zügen die Gedanken ſeiner Didactica magna in geiſtvoller, praktiſcher Weiſe auf die früheſte
Erziehung und Unterweiſung des Kindes anwendet und nachweiſt, wie wichtig die erſten Eindrücke für das
Kindesherz ſind und wie von ihnen oft die Richtung des ganzen Lebens und alles Glück und Heil der Zu kunft abhängt.
Doch ſind die Grundlinien, die er hier
zunächſt für die erſten 6 Jahre vorzeichnet, auch treue Wegweiſer für die Erziehung und Unterweiſung der ſpäteren Jahre. 1641 ging er nach England, 1642 nach Schweden, durch den Kanzler Oxenſtjerna berufen, und 1650, durch den Fürſten Ragozky eingeladen, nach Ungarn, um die dortigen Schulen zu reformiren und neue
taugliche Schulbücher auszuarbeiten. Zu Patak in Ungarn ſchrieb er den Orbis pictus, die Welt in Bildern, auch bei Eudter in Nürnberg 1657 er ſchienen. Damit der Schüler eine wahre, volle, klare und feſte Erkenntniß der Dinge gewinne, hat er in
dieſem Buche von den vornehmſten Weltdingen und Lebensverrichtungen 1. Bilder, 2. Benennungen, 3. Be
ſchreibungen gegeben. Die kleinen in Holzſchnitt geſtellten Bilder haben Nummern, die auf die nennungen in lateiniſcher und deutſcher Sprache weiſen. Die Beſchreibungen ſind kurz und leicht
dar Be hin ver
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ſtändlich. Ihm iſt Sinnenbildung die Grundlage alles Unterrichts, dann erſt Gedächtniß, dann Verſtandes, zu letzt Urtheilsübung. Darum die immer wicderholte Betonung der Anſchauung im geſammten Gebiet des Unterrichts. 1654 kehrte er nach Liſſa zurück, wo er 1656, da die Stadt von den Polen verbrannt wurde,
ſein Haus, ſeine Bibliothek und faſt alle ſeine Manu ſcripte verlor. Er flüchtete nach Schleſien, Brandenburg, Hamburg und endlich nach Amſterdam, wo er für den Reſt ſeiner Tage eine Ruhſtatt und durch den Unter richt von Kindern reicher Kaufleute Unterſtützung fand. Hier ließ er auch 1657 auf Koſten eines Lorenz de Seer ſeine didaktiſchen Werke in lateiniſcher Sprache
drucken, welche Ausgabe ich bei Vergleichung mit der Mutterſchule zur Hand gehabt habe. Was die Bedeutung des Comenius für unſere Zeit betrifft, ſo kann man ihn mit vollem Recht den Propheten der heutigen evangeliſchen Pädagogik, den Peſtalozzi des 17. Jahrhunderts nennen. Unſere Zeit iſt kaum im Beſitze einer pädagogiſchen Wahrheit, oder einer didaktiſchen Regel, über die Comenius nicht ſchon mit der größten Klarheit und Beſtimmtheit ſich ausge ſprochen hätte. Und wie jener ſchweizeriſche Pädagog, ſo ſteht Comenius vor uns als ein Mann von hohem
Adel der Geſinnung, ſeltener Erkenntniß der Kindes natur und großem Reichthum pädagogiſcher Weisheit, nicht minder aber auch von wirkſamem Einfluß auf die
Reformation und Entwickelung des Erziehungs- und Unterrichtsweſens. Ein zuverläſſiger Gewährsmann, Karl von Raumer ſagt über ihn: ſeine pädagogiſchen Werke ſind die reichſte Schatzkammer ſcharfſinniger und tiefer pädagogiſcher Gedanken. –
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Erfüllt von einfältiger, herzlicher Frömmigkeit und hohem ſittlichen Ernſt, beſeelt von ſelbſtverläugnender Liebe für die Lämmer Jeſu Chriſti und von dem un austilgbaren Berlangen, der unter den Stürmen des 30jährigen Krieges tief geſunkenen Volksbildung durch Umwandlung des Jugendunterrichts von Grund aufzu helfen, ſuchte er vor Allen, wie Peſtalozzi anderthalb Jahrhunderte nach ihm, den hohen Werth der müt = terlichen Erziehung, die Nothwendigkeit eines anſchaulichen, methodiſch fortſchreiten den, auch die Mutterſprache und die Realien umfaſſenden Unterrichts zur Anerkennung zu brin gen. Kinder müſſen nicht nur Worte, ſon dern auch Sachen lernen; nicht das Gedächt =
niß allein bedarf der Pflege, ſondern auch der Verſtand,
der Wille,
das Herz des
Menſchen von Jugend auf, durch Klarheit und Ordnung des Denkens, durch Herzlich keit im Umgange; das Endziel des Men= ſchen aber, und alſo auch das Endziel aller
Erziehung, iſt das ewige Leben. Bei all' ſeiner angeſtrengten pädagogiſchen Thä= tigkeit vergaß aber Comenius keineswegs ſeine liebe Brüderkirche. Als Biſchof derſelben ſuchte er durch Wort und That die Schwergeprüfte zu tröſten und auf zurichten, die erkaltete Licbe zu entflammen und ihren
Glauben zu ſtärken. Aber der weſtphäliſche Friede knickte wieder viele ſeiner Hoffnungen für ihr Empor blühen. Denn Böhmen und Mähren waren im Re ligionsfrieden ausgeſchloſſen, und die römiſche Kirche ward in ihre vorige Gewalt wieder eingeſetzt. In
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Amſterdam ſetzte er ſeiner Kirche ein ſchönes Monument
in ſeiner Brüdergeſchichte, worin er mit großer Sieges gewißheit die Ewigkeit der allgemeinen Kirche verkündigt. Mögen, ſagt er, vor unſeren Augen Reiche, Städte, Kirchen, Schulen fallen; Gott kann aus dieſen Trümmern etwas Beſſeres erwecken, als wir zu denken vermögen,
nämlich daß das Evangelium auch zu anderen Völkern der Erde gelange; das lindert meinen Schmerz über den Sturz der Kirche meines Volkes.
Ich aber ſchließe
deren Thür vor euern Augen, ihre beſtehenden Kirchen hinter mir zu, unter den Letzten der Letzte; denn faſt alle ihre Prediger, Biſchöfe und Vorſteher haben ZU leben aufgehört. In ſeinen alten Tagen verirrte er ſich ſtark in chiliaſtiſchen Träumereien (Licht in Finſter niß 1663) über das Ende der Welt und weiſſagte
gegen den Papſt und das Haus Oeſtreich, aber er kehrte bei Zeiten zur Beſonnenheit zurück. Am 15. November 1671 ward der faſt achtzig
jährige Greis nach einer ruheloſen, mühe - und leidens vollen Pilgerfahrt in die ewige Ruhe heimgerufen als der letzte Biſchof der böhmiſchen Brüdergemeinde. Aber der Ewigvater ſeiner Kirche hat ihm neuen Samen erwecket.*) Zu Naarden in Holland liegt ſein Leib begraben. Mit Thränen, ſagt Zinſendorf, der Sammler der Brüder, ſchloß dieſer Jeremias die Thür ſeiner Kirche und überlebte ſeiner Meinung nach ſein Volk. Aber er irrte ſich; die Gemeinden werden von Gott
nicht Wittwen gelaſfen; ſie ſind ewig. *) Luc. 3, 8. Hebr. 11, 19.
An den chriſtlichen Leſer.
Günſtiger lieber Leſer! was Gott der Herr dem Propheten Daniel hat ſagen laſſen, daß nämlich in der letzterk Zeit ihrer Viele über die Bücher der Propheten kommen und großen Verſtand finden werden (Dan. 12, 4), ſolches erfüllt ſich, Gott ſei Lob und Dank, auch zu
unſeren Zeiten augenſcheinlich, indem viele Geheimniſſe des Reiches Gottes durch das wiederhergebrachte Licht des heiligen Evangelii klarer als jemals an den Tag kommen.
Unter anderen Stücken aber, darin ſich die Wahr heit dieſer Prophezeiung hervorthut, ſoll nicht unbillig die Lehrkunſt gerechnet werden, welche in dieſen eben jetzt laufenden Zeiten mit großem Ernſt von Etlichen vorgenommen worden iſt, und iſt kein geringer Anfang
gemacht worden ihren Grund zu entdecken, nämlich wie man dem menſchlichen Verſtand. Alles das, was zu
wiſſen nöthig iſt, mit minderer Mühe als bisher, aber mit größerem Nutzen vortragen und zu eigen machen könne, damit man in kurzer Zeit Vieles faſſen und
großen Verſtand erlangen möge. Etliche ſind nun in dieſem Studium ziemlich weit
gekommen, obſchon bis auf den rechten Grund bis jetzt noch
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Niemand ganz gekommen. Denn Gott behält doch auch hier ſeinen Brauch, daß er nur allmählich und ſtufenweiſe ſein Licht offenbaret, damit auch wir Men ſchen keine Scheu tragen, daß Einem von dem Andern geholfen wird, und die Liebe Aller unter einander, welche Gott überall am meiſten gefällt, auch durch dies Mittel unter uns gebaut und erhalten werde. Unter ſolche Didacticos oder Lehrkünſtler ſind auch durch Gottes Schickung Etliche von uns Brüdern; die jetzt den Anfang machen, unſere meditationes heraus
zugeben, vor etlichen Jahren gerathen und haben ſich in dieſer Sache ſo weit umgeſehen, daß hoffentlich dieſe Kunſt um ein Ziemliches gefördert worden iſt. Nun hatten wir uns zwar entſchloſſen, dies Alles bis auf gelegenere Zeiten geheim zu halten, weil wir aber von unterſchiedlichen verſtändigen und gelehrten Männern aus mancherlei Ländern welchen die von uns inzwiſchen zur Probe herausgegebene Sprachenthür*) vorgekommen, dringend erſucht, ermahnet gebeten worden ſind, mit dem Uebrigen, was Gott geoffenbaret, nicht inne zu halten, auch unlängſt dieſer Stadt Erbherr und in Kron - Polen der Kirchen Gottes vornehmer Patron, der Hochwohlgeborne Graf und Herr, Herr Raphael Graf von Liſſa, Palatin zu Bels 2c, derglei chen nicht allein begehrt, ſondern ſich auch gnädiglich an erboten hat, den zu dieſem Werke gehörigen Vorſchub zu leiſten und endlich auch der Conſens unſerer Vorge ſetzten dazu gekommen iſt, wagen wir es nun in des Allerhöchſten Namen.
*) Die Sprachthür (janua linguarum oder j. reserata), 631 geſchrieben.
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Und damit wir dem ganzen Werke ſeinen gebüh renden Grund legen, laſſen wir zuerſt unſere Didactica magna, d. i. die große Kunſt, alle Menſchen
Alles, – was zu dieſes und des künftigen Lebens ſeli gem Zuſtande gehört, – zu lehren, damit jeder mann über dieſen ganzen Handel deſto richtiger urtheilen könne, an's Licht gehen.
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Weil aber dieſelbe in lateiniſcher Sprache heraus kommt, wird es nicht ungereimt ſein, an dieſem Ort den
Inhalt derſelben kürzlich zu entwerfen; auch wird man hierdurch deſto beſſere Einſicht darüber erlangen, worauf dies gegenwärtige Tractätlein gerichtet und wozu es
eigentlich zu gebrauchen iſt. In unſerer Didactica wird nun gezeiget, erſtlich in der Vorrede, daß die Haupturſache und alleinige Quelle aller Unordnung im menſchlichen Geſchlecht die Unachtſamkeit in Auferziehung der Kinder ſei, und daß
keine Beſſerung in Haus, Kirche und Polizeiſtand ohne Verbeſſerung der Kinderzucht jemals zu hoffen ſei, und wird ſolches mit rechten Gründen aus der heiligen Schrift und aus der Vernunft ſelbſt, auch durch genug ſame Exempel dargethan. Hierauf wird im 1. Capitel erwieſen, daß der Menſch das aller wunderbarſte, allervornehmſte, allervollkommenſte Ge ſchöpf Gottes ſei;
im 2., daß des Menſchen Ziel außerhalb dieſes Lebens ſei, nämlich die ewig währende Gemeinſchaft mit Gott;
im 3., daß demnach dies gegenwärtige Leben nichts als eine Vorbereitung zum Ewigen ſei;
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im 4., daß die Vorbereitung hierzu in dreierlei beſtehe, nämlich in Aneignung der Weisheit, Tugend und Gottſeligkeit; der Weisheit, damit der Menſch ſich ſelbſt und Alles Andere neben ſich recht erkenne,*) der Tugend, damit er ſeiner ſelbſt mächtig werde und ſich unter den Creaturen recht zu halten wiſſe, *) der Gottſeligkeit, damit er ſchon in dieſem Leben mit Gott vereiniget werde;*) im 5., daß der Menſch hiervon dreierlei guten Samen und tiefe Wurzeln von Natur in ſich habe; im 6., daß er dennoch, wenn er ein wahrer Menſch werden ſoll, geübt werden muß;
im 7., daß die Uebung in jungen Jahren am beſten geſchehe, ja, daß ſie nicht ſein kann, als nur allein in jungen Jahren; im 8., daß die Jugend am beſten beiſammen geübt wird und daß demnach Schulen ſein müſſen; im 9., daß man die ganze Jugend beiderlei Geſchlechts
zur Schule halten ſoll; im 10., daß die rechte Schulübung Alles begreifen ſoll, was dem Menſchen zugehört, nämlich Weisheit, allerlei Künſte, Tugend und Gottſeligkeit; im 11., daß man noch keine dieſem rechten Zwecke völlig entſprechende Schulen hat; im 12., daß die Schulen zu dieſem Zwecke ſollen und können eingerichtet und reformiret werden; im 13., daß die ganze Schulreformation nur in einer
einzuführenden vollkommenen Ordnung beſtehe; *) Se et secum omnia nosse. **) Se regere. ***) Sead deum dirigere.
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im 14., daß die Form und das Muſter der Schul ordnung von der Natur entlehnt werden muß; im 15., was man thun müſſe, daß unſer kurzes Leben zu allen dieſen weitläufigen Studien ausreiche; im 16. werden aus der Natur Handgriffe hervorgeſucht, wie das Lehren und Lernen mit ſolcher Gewißheit anzuſtellen ſei, daß es nicht fehlen könne;
im 17., Handgriffe, wie das Lehren und Lernen leicht, ohne Mühe und Verdruß abgehen möge; im 18., Handgriffe, wie das Lehren und Lernen kräftig zu treiben, damit Alles tief zum Verſtändniß gebracht werde, und ſich in der That ſelbſt wohl erweiſe; im 19., Handgriffe, wie all ſolches Lehren und Lernen leicht zu prakticiren und geſchwind fortzuſetzen ſei, ſo daß ein einziger Präceptor viele hundert Schüler zugleich unterweiſen könne, und ihm dies doch viel weniger zu ſchaffen mache, als nach der jetzigen Me thode ein einziger Schüler; im 20. wird gezeigt eine ſpecielle Methode der Wiſſenſchaften, specialis scientiarum methodus
d. i. wie dem Menſchen allerlei Wiſſenſchaft leicht beizubringen ſei; im 21., eine ſpecielle Methode der Künſte, sp. artium meth. d. i. wie die Kunſt oder das Nachthun leicht geübt werden können; im 22, eine ſpecicllc Methode der Sprachen, sp. lin guarum meth. d. i. wie man geſchwind und richtig
Sprachen lernen könne; im 23., eine ſpecielle Methode der Sitten, meth. morum in specie d. i. wie man die Jugend gute Sitte rich tig lehren könne;
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im 24., dic ſpecielle Methode der Gottesfurcht, meth. pietatis d. i. wie man zu rechter Gottesfurcht
die Jugend kräftiglich anleiten könne; im 25., daß, wo man rechte chriſtliche Schulen
haben will, die heidniſchen Bücher abgeſchafft oder nur mit gewiſſer Beſcheidenheit gebraucht werden müſſen;
im 26. wird von der Schulzucht gehandelt, wie dic ſclbe beſchaffen ſein müſſe; im 27. wird eine richtige Abtheilung ſolcher gewünſchter Jugendübung nach Unterſchied des Alters gegeben. Hierbei müſſen wir uns ein wenig aufhalten und
mit mehreren Worten dieſer Abtheilung gedenken. Zum Fundament nehmen wir dieſes: Gleich wie die Handwerksleute ein jedes Handwerk zu lernen eine
gewiſſe Zeit haben (nämlich zwei, drei, vier, ſechs bis zu ſieben Jahren, je nachdem das Handwerk ſubtil iſt), – welche ſie die Lehrjahre nennen, innerhalb welcher
ſie alles zum Handwerk Gehörige lernen müſſen, damit nach ſolcher Zeit aus einem jeden Lehrjungen ein Ge ſell und bald darauf ein Meiſter werde; alſo ſollte es
auch mit den Künſten gehalten werden, welche in der Schule zn lernen ſind, damit innerhalb einer beſtimmten Zeit dieſe oder jene Kunſt offenbar müſſe erlernt wer den und man nach Verlauf der Schuljahre nothwendig recht gelehrte, recht züchtige, recht gottesfürchtige Männer
habe, mit denen dann nach Aller Wunſch, Gott zu Ehren, der Chriſtenheit zur Zierde und dem allgemeinen
Weſen zum Beſten, die Aemter in Haus, Kirche, Schule und Polizeiſtand recht beſetzt werden könnten.
Um
dieſen Zweck zu erreichen, ſetzen wir für ſolche voll
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kommene Schulübung mehr Zeit feſt, weil hierzu auch vicl mehr als zu einen Handwerk gehört, nämlich die ganze Kindheit und Jugend bis auf's männliche Alter, nämlich 24 Jahre; denn man hält dafür – und er weiſet es ſich auch nicht anders – daß der Menſch
an Leibeslänge bis in's 25. Jahr und nicht weiter zu nimmt, es ſei denn, daß er noch um etwas geſetzter und ſtärker wird und nunmehr erſt tüchtig zum Haus ſtand und Prieſterſtand, oder wozu man ſonſt ſeiner
begchret. Und eben darum hat die göttliche Weisheit dem Menſchen einen ſo langſamen Termin zum Aufwachſen
geſetzet, da doch andere Thiere, die an Leibesgröße den Menſchen weit übertreffen (als Pferde, Kamclc, Ele
phanten 2c), in einem und dem andern Jahre ihre Statur erreichen.
Was meinen wir wohl, warum es
Gott alſo geordnet? Gewiß um keiner andern Urſach willen, als daß der Menſch allerlei Kunſt und Weis
heit einzuſammeln Zeit und Raum genug habe. Darum denn dieſe ganze Zeit der vierundzwanzig Jahre nicht
anders angewendet werden ſoll, als ſich in ſolcher Ge ſchicklichkeit zu üben. Dieſe vierundzwanzig Jahre theilen wir nun in vier Stufen des aufſteigenden Alters, quatuor ascen dentis aetatis gradus Infantiam, Pueritiam Adolescen
tiam et Juventutem und geben einem jeden Alter 6 Jahre und eine eigene Schule, nämlich der infantia geben wir das gremium maternum, der pueritia die schola pu blica vernacula (ludus literarius), der adolescentia die
schola latina classica oder gymnasium, der juventus die academia und peregrinationes.
Das iſt: daß das
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Kind die erſten ſechs Jahre im Schooße der Mutter, die anderen ſechs Jahre in gemeiner Stadt- oder Dorfſchule, die dritten ſechs Jahre in lateiniſcher Stadtſchule, die vierten ſechs Jahre in hoher Landſchule oder auch im Beſuch anderer Univerſitäten und hin und wieder be rühmter Leute zu bringe. Und wird zugleich ab gewogen, abgemeſſen und nach Jahren, Monaten, Wochen und Tagen abgezählet, auch in Bücher, auf alle Schulen und Claſſen von Jahr zu Jahr gerichtet, auf's genaueſte gefaßt, wie weit es eine jede Schule unter den Vieren
in Verſtand, Kunſt, Sprachübung und löblichen Sitten und dann auch in den Geheimniſſen der Gottſeligkeit bringen ſoll, damit nämlich ein Kind, in der Mutter ſchule recht geübt, im ſechſten Jahre einem Bäumlein gleich werden möchte, welches fein eingewurzelt ſeine Aeſtchen anfängt von ſich zu ſtrecken; im zwölften Jahre ein Knab' gleich einem Bäumlein voller Knospen, an welchem man zwar noch nicht ſiehet, was in ihm ver borgen iſt, aber wohl ſehen kann, das viel drin ſtecket und bald hervorkommen wird; im achtzehnten Jahre ein Jüngling, gleich einem Baume, der in voller Blüthe ſtehet und den Augen ſchöne Luſt und der Naſe lieb lichen Geruch darbietet, dem Munde aber gewiſſe Früchte verheißet; im vierundzwanzigſten Jahre ein Mann, gleich einem mit reifem Obſt behangenen Baume, deſſen Zeit gekommen iſt, daß ſeine Früchte abgeleſen und nützlich angewendet werden. Wenn demnach ſolche vier Schulen in einem Lande recht eingerichtet würden und die Methode richtig ob ſerviret würde, wäre es wohl unmöglich, daß man nicht
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von rechten gelehrten, ehrbaren und gottesfürchtigen Leuten ſollte vollauf haben, alle Stände damit voll kömmlich zu beſetzen, und daß auch der übrige Haufe derer, die auf dieſe Weiſe gebildet ſind (wenn ſie gleich nicht weiter, als durch dieſe erſten zwei Schulen ge kommen wären), nicht auch verſtändig und klug, ehrbar und züchtig, fromm und gottesfürchtig ſollte erfunden werden, und alſo der allgemeine Zuſtand der Men
ſchen dermaleinſt um ein gut Theil ſtiller und glück ſeliger würde. Aber – ach Gott – wann erlebt man ſolches! Nun, alte Schäden laſſen ſich zwar übel arzneien, und
weſſen die Menſchen gewöhnt ſind, dabei bleiben ſie gemeiniglich und laſſen ſich etwas Anderes ſchwerlich einreden. Doch muß man nicht gleich verzagen; Gott iſt noch der, der da ſchaffen kann, was er will im Him mel und auf Erden und wer weiß, wann und durch wen er dies oder jenes ausrichten will? Drum ſoll
denn auch ein Jeder, ſo viel er Gottes Ehr' und der Menſchen Wohlſtand zu befördern vermag, es nur ge troſt wagen und das Seine treulich und freudig in der guten Hoffnung verrichten, Gott werde es nach ſeiner Weisheit zu einem ſolchen Zwecke zu richten wiſſen, daß die Arbeit im Herrn nicht vergeblich ſein werde. Und kommt auch nicht ſo viel Nutzen davon, als man
wohl gern wünſchen möchte, ſo kommt doch je einmal etwas Gutes, wo nicht jetzt gleich, ſo doch zu ſeiner Zeit. Darum denn auch wir im 28. Capitel unſerer Didactica die Mittel hervor
ſuchen und vorſchlagen, wie am füglichſten ſolche allge meine Schulübung in einem Lande anzurichten ſei;
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im 29. werden dann verſchiedene Motive angeführt werden, warum man auf eine ſolche Univerſal
ſchulreformation bedacht ſein ſoll; und im 30. wird endlich eine eifrige Vermahnung an alle Aeltern, Schulmeiſter, Gelehrten, Kirchendiener und
Obrigkeiten gerichtet, daß ſie ſich um dies heilſame Werk mit dem gebührenden Ernſt bemühen ſollen. Dieſes iſt alſo der Inhalt unſerer Didactica. Weil es aber offenbar iſt, daß dieſe Methode unmöglich an
gefangen werden kann, ehe die dazu erforderlichen Bü cher verfertigt ſind und an den Tag kommen, geben wir für's Erſte das Informatorium der Mutterſchule (informatorum maternum) ans Licht, daraus die Aeltern und Vormünder vernehmen können, wie die liebe
klcine Jugend von Mutterleibe an recht zu erziehen und zu weiterer Schulzucht recht zuzubereiten ſei.
Der licbe Gott verleihe hierzu ſeinen göttlichen Segen! Amen. Den allgemeinen Wohlſtand der Jugend zu be fördern bereitwillige N. N. N.
Der Didacticae Liebhaber.
Weil chriſtlich fromme Aeltern, Vormünder, Pfle
ger und alle diejenigen, welchen kleine Kinder anver traut ſind, jetzt erinnert werden ſollen, wie ſie ihres Amtes beſtens warten und ſolches glücklich verrichten
können, iſt es nöthig, ihnen vor allen Dingen dieſe drei Stücke anzuzeigen: 1) was für große und theure Kleinodien Gott denen anvertrauet hat, welchen er Kinder beſcheeret,
2) wozu er ſie ihnen beſcheeret, 3) daß die Jugend ohne gute Auferziehung und Uebung durchaus nicht ſein kann, noch wohl gerathen mag. Wenn dieſe drei Punkte erklärt ſind, werden wir
zum Hauptwerk ſchreiten und weiter anzeigen, wie und worin ſolche chriſtliche Erziehung gottſelig könne ver richtet werden.
geben!
Dazu wolle uns Gott ſeinen Segen -
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Das erſte Capitel, Daß die Kinder als Gottes theuerſte Gabc und edelſte Kleinodien wohl werth ſind, hochgehalten und fleißig verwahrct zu werden.
Daß die Kinder ein köſtliches und herrliches Kleinod ſind, bezeuget der Geiſt Gottes durch den Mund Da vid's, der alſo redet: „Siche, Kinder ſind eine Gabe des Herrn und Leibesfrucht iſt ein Geſchenk. Wie die Pfeile in der Hand eines Starken, alſo gerathen die
jungen Knaben.
Wohl dem, der ſeinen Köcher der
ſelben voll hat! Der wird nicht zu Schanden.“ (Pſ. 127
V. 3, 4, 5.) Siche da, wie ſelig die geprieſen werden, welchen Gott Kinder beſcheeret! Was auch daraus erſchen werden kann, daß, wenn Gott auf's Allerlieblichſte mit uns Menſchen reden will, er uns Kinder nennet, als wenn er keinen angenehmeren und lieblicheren Namen
wüßte. Dagegen wenn er wider der Menſchen Buben ſtück geeifert, hat er beſonders dagegen heftig gezürnet, daß ſie ihren Samen dem Moloch und nicht ihm ge opfert haben (3. Moſ. 20, 2; Jer. 32, 35). Ja auch
dieſes iſt ſonderlich zu merken, daß Gott ſogar von den Kindern der abgöttiſchen Eltern redet, daß ſie ihm gezeuget ſeien, (Ezech. 23, 37), und giebt er damit zu verſtehen, daß wir ſie nicht als uns, ſondern als Gott
gezeuget und gleichſam als ſeine Kinder anſehen und demnach hochhalten ſollen. Bei dem Propheten Maleachi -
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(2, 15) werden die Kinder ſogar der Samen Gottes genannt, aus welchem nämlich Gottes Geſchlecht entſtehe (Apoſt.-Geſch. 17, 29). Und eben deshalb hat auch der ewige Sohn Gottes, als er ſich im Fleiſch geoffenbaret, nicht allein der Kinder Natur theilhaftig werden wollen, ſondern auch ſeine höchſte Luſt und Freude an den kleinen Kindern, als ſeinen lieben Brüdern und Schweſtern
gehabt, ſie geherzt, die Hände auf ſie geleget und ſie geſegnet (Marc. 10, 16), auch ſehr fleißig vermahnet, denſelben kein Aergerniß zu geben, ſondern ihrer wie unſrer ſelbſten zu ſchonen, und ſchreiet Wche über die, welche Eins dieſer Geringſten ärgern (Matth. 28, 6). Will man aber noch weiter erwägen, warum Gott mit den Kindern ſo groß thut und warum wir ſie ſo hochhalten ſollen, ſo wird man Urſachen genug finden. Zum Erſten, wenn Dir die Kinder als etwas
Geringes vorkommen, ſo betrachte nicht, was ſie anjetzo ſind, ſondern was ſie nach Gottes Abſicht dermaleinſt werden ſollen; dann wirſt Du ihre Hoheit bald merken. Sie haben nämlich nicht allein darum das Daſein empfangen, daß ſie nach uns der Welt Inwohner, des Erdbodens Verwalter, und alſo unter anderen Ge
ſchöpfen Gottes Regenten werden ſollen, ſondern auch neben uns Chriſti Mitgenoſſen, ein königliches Prieſter thum, ein heiliges Volk, das Volk des Eigenthums, Mitgeſellen der Engel, Richter der Teufel, Troſt des Himmels, Schrecken der Hölle, Erben der unendlichen Ewigkeit. Nun, was mag wohl Höheres geſagt werden! Philipp Melanchthon, ſeligen Gedächtniſſes, pflegte, wenn er in die Schule unter die Jugend kam, den
Hut abzunehmen und ſie alſo anzureden: Salvete reve
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rendi Domini Pastores, Doctores, Licentiati, Superinten dentes; salvete amplissimi, consultissimi, celeberrimi, doctissimi Domini Consules, Praetores, Judices, Prae fecti, Cancellarii, Secretarii, Magistri, Professores etc.
(Seid gegrüßet Ihr ehrwürdigen Herren Paſtoren, Doctoren, Licentiaten, Superintendenten; ſeid gegrüßt
hochachtbare, wohlweiſe, großgünſtige Herren Bürger meiſter, Vögte, Schöppen, Canzler, Secretäre, Ma giſter :c.) Als aber ſolches von den Anweſenden für cin Schimpf gehalten ward, hat er geantwortet: Mir iſt es kein Scherz. Denn ich ſehe dieſe Kinder nicht an, wie ſie jetzt beſchaffen ſind, ſondern wozu ſie er
zogen und unterwieſen werden, und ich bin gewiß, daß aus dieſem Haufen etliche ſolche Männer aufkommen
werden, ob es gleich auch ohne Zweifel Spreu und Späne darunter gicbt. Hat nun jener hochweiſe Mann ſo vernünftig von den Kindern geredet, wie vielmehr ſollen wir von den Kindern alles Herrliche denken und
reden, weil Chriſtus als der Ausleger der göttlichen Geheimniſſe bezeuget, ſolcher ſei das Reich Gottes. (Marc. 10, 14.)
Doch nicht allein, was ſie künftig ſein und werden ſollen, ſoll man bedenken, ſondern auch, was ſie ſchon jetzt ſind, nämlich ein theures Kleinod, Beides Gotte dem Herrn und auch ihren Aeltern. Gott dem Herrn ſind ſie es um dreierlei Ur ſachen willen:
1) weil ſie Gottes Ebenbild ſind, rein und noch unbefleckt, darum ſie auch für unſchuldig gehalten wer den, weil ſie – außer der angeborenen Erbſünde – ſich noch mit keiner beſudelt haben, auch noch nicht den
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Unterſchied wiſſen, was recht oder link iſt (Jon. 4, 4).
Darum thut Gott auch ſo groß mit ihnen. 2) Sind ſie Chriſti gewiß erkauftes Eigenthum.
Denn weil Chriſtus gekommen iſt, Alles, was verloren war, zu ſuchen und ſelig zu machen, ausgenommen die,
welche mit ihrem Unglauben und Ungehorſam des Ver dienſtes Chriſti nicht theilhaftig werden wollen, die Kindlein aber mit Unglauben und Ungehorſam ſich deſſen nicht berauben, ſo gehört ihnen unfehlbar das Reich Gottes.
Und iſt daher deſto mehr Fleiß anzuwenden, daß ſie ſich hernach mit heranwachſendem Alter durch Un glauben und Unreinigkeit deſſelben nicht wieder berauben, ſondern vielmehr nach der erſten Art erweiſen mögen, auf welche der Geiſt Gottes deutet, da er ſpricht: Dieſe ſind erkauft aus den Menſchen zu Erſtlingen Gottes und dem Lamm: Dieſe ſind's, die mit Weibern, das
iſt, mit weltlichen, fleiſchlichen Lüſten nicht befleckt ſind, denn ſie ſind Jungfrauen und folgen dem Lamm nach, wo es hingehet (Offenb. 14, 4). 3) Thut Gott mit den Kindern darum ſo groß,
weil ſie auserwählte Werkzeuge ſind, ſeinen Namen zu preiſen, wie David im VIII. Pſ. V. 3 bezeuget: Aus dem Mund der jungen Kinder und Säuglinge haſt Du eine Macht zugerichtet um Deiner Feinde willen, damit Du vertilgeſt den Feind und den Rachgierigen. Wie ſolches zugehe, daß Gottes Lob durch die
Kinder ſo mächtig ausgebreitet werde, verſtehen wir zwar nicht allezeit, Gott aber, der Erforſcher aller Dinge, verſtehet es wohl. Daß aber auch den Aeltern die Kinder ein
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theures Kleinod ſind und ihnen lieber und angenehmer als Silber und Gold, Perlen und Edelgeſtein ſein ſollten, erhellet deutlich, wenn wir das Eine gegen das Andere halten und mit einander vergleichen: -
1) Sind Silber und Gold todte Materien und
nichts anders als ein wenig auspolirter Thon, die Kinder hingegen ſind lebendige Bilder des lebendi gen Gottes.
2) Sind Silber und Gold im Anfang durch das bloße Wort Gottes erſchaffen; die Kinder aber ſind ein
ſolches Geſchöpf, über welches die hochgelobte Dreieinig keit Rath halten und hat Gott ſelber mit eigenen Hän den ſie reformieret.
3) Sind Siber und Gold vergängliche Dinge, Kinder aber ſind ein unſterbliches Erbe. Denn ob ſie ſchon ſterben, kommen ſie doch nicht um, ſondern kom men aus dem ſterblichen Leibe in die Unſterblichkeit. Darum denn auch Gott der Herr, als er dem Hiob
alles Hab und Gut, was ihm war genommen worden, zwicfältig wiedergab, gab er ihm Kinder nur ſo viel,
als er zuvor gehabt, nämlich ſicben Söhne und drei Töchter. Und doch war auch dieſe Gabe zwiefach, weil die Erſten unverloren waren, denn ſie waren ja ſchon
voran zu Gott gefahren und warteten daſelbſt ihres Vaters.
4) Gold und Silber kommt aus der Erden; die
Kinder aber entſpringen von unſerer Subſtanz und un ſerem Weſen, und ſind eben das, was wir ſind.
Da
rum wir denn auch ſchuldig ſind, ſie eben ſo zu licben,
als uns ſelbſt. Wie denn auch Gott in die Natur aller Thiere eine ſolche Zuneigung gepflanzet, daß ſie
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ihrc Jungen wie ihr eigen Leben lieb haben! Wollte aber Jemand Gold und Silber ſo hoch halten, ſo wird das für lauter Abgötterei gehalten. -
5) Gold und Silber wandern von Einem zum
Andern, ſind Niemandes eigen, ſondern Allen gemein.
Ein Kind aber wird den Aeltern von Gott zu einem beſondern, alleinigen Eigenthum verchret, alſo daß es ihm kein Menſch abſprechen kann, ja der Menſch auch ſich ſelber nicht; denn es iſt ihm als ſein Theil vom Himmel gegeben und ein unwandelbares Erbe. 6) Obſchon Silber, Gold und Reichthum auch Gottes Gaben ſind, hat Gott dennoch nirgend ſeine Engel als Wächter denſelben zuzuordnen verheißen, ſon dern vielmehr thut der Teufel ſich zu ſolchen irdiſchen
Dingen halten, daß er ſie den Menſchen zum Falle und Stricke gebraucht, nämlich durch ſie die Menſchen zum
Geiz, zur Hoffart und allerlei Eitelkeit u. ſ. w. wie mit Stricken zu ziehen. Aber den Kindern werden die Himmelsfürſten zu Wächtern zugeordnet, wie Chriſtus bezeuget (Matth. 18, 10), alſo daß wer Kinder im Hauſe hat, gewiß ſein kann, daß er heilige Engel im Hauſe hat, wer ein Kind auf Händen trägt, gewiß ſein kann, daß er Engel in Händen habe, welche immer gegen
wärtig auf ſolch Kind Achtung geben, daß es nicht zu Falle komme, ferner, wer des Nachts in Finſter
miß mit ſeinem Kindern ruhet, gewiß ſein kann, daß der Schutz der heiligen Engel um ihn ſei, damit der böſe Feind keinen Zutritt zu ihm habe. Welch ein Troſt iſt dies! Welch ein theures Kleinod, das ſolchen Troſt mit ſich bringt! 7) Gold, Silber und alles äußerliche Gut geben
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die Gnade Gottes nicht, beſchirmen auch den Menſchen vor dem Zorne Gottes nicht wie die Kinder.
Denn
weil er ſie lieb hat, ſchonet er bisweilen ihrethalben auch der Aeltern, wie das Exempel der Stadt Ninive
deutlich zeigt (Jon, 4. 11.) 8) Niemand lebet davon, daß er viele Güter hat, ſpricht Chriſtus (Luc. 12. 15), denn die Speiſe nähret den Menſchen nicht, das Pflaſter heilet nicht, das Kleid wärmet nicht, wenn Gott ſeinen Segen entzeucht (5. Moſ.
8, 3; Weish. 16, 12. 26). Aber bei den Kindern und um der Kinder willen iſt der Segen Gottes allezeit gewiß, daß man ſie ernähren kann. Denn ſo Gott für die jungen Raben ſorget, wenn ſie ihn an rufen, wie viel mehr wird Gott für die Kinder
ſorgen, welche ſein Ebenbild ſind. Darum hat Dr. M. Luther recht geſagt: „Wir ernähren nicht die Kin der, ſondern die Kinder nähren uns. Denn um ſolcher Unſchuld willen giebt uns Gott allerlei Nothdurft, und
wir alten Sünder nähren uns neben ihnen.“ Zum Letzten: Silber, Gold und Perlen können uns durch ſich
ſelbſt nicht unterweiſen, außer daß wir an ihnen Gottes Macht, Weisheit und Güte erkennen lernen; die Kinder aber ſind uns vorgeſtellt zu einem Spiegel der Demuth, Sanftmuth, Gütigkeit, Verſöhnlichkeit und anderer chriſt licher Tugenden, davon auch Chriſtus zeuget: es ſei denn, daß ihr euch umkehret und werdet wie die Kinder, ſo
werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen (Matth. 18, 3). Und weil ſie uns nun Gott als Zuchtmeiſter vor Augen ſtellet, ſo ſollen wir ſie auch gebührlich ehren und reſpectiren.
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Das zweite Capitel. Wozu Gott den Acltern Kinder vertrauet und wozu ſie dieſelben erziehen ſollen. Unſer Herr Gott hat dieſe himmliſchen Perlen nicht alle auf einmal und in voller Zahl wie die Engel, ſo viel er derſelben hat haben wollen, erſchaffen, ſon dern ſic unter die Menſchen in unterſchiedlicher Menge hie und da vertheilet.
Er hat aber durch ſolche Ord
nung die Menſchen ehren wollen, daß ſie gleichſam Ge hilfen ihres Schöpfers in Vermehruns ſeiner Geſchöpfe werden ſollten, doch nicht, daß ſie nur allein ihre Luſt und Ergötzlichkeit an ihnen haben ſollen ſondern auch Bekümmerniß, Mühe und Arbeit, nämlich Arbeit mit ihrer Erziehung zu den Dingen, dazu ſie erſchaffen ſind.
Einen Ochſen pflegt man zum Ackern, ein Roß zum Reiten und Fahren, einen Hund zum Jagen zu
gewöhnen, dieweil ſolche Thiere dazu beſtimmt ſind und zu andern Dingen nicht können gebraucht werden. Der Menſch aber, weil er zu höheren Dingen erſchaffen iſt, ſoll auch zu höheren Dingen angeleitet werden,
nämlich dazu, daß er Gott ſeinem Herrn, deſſen Eben
bild er trägt, gleichförmig werde an Tugenden. Denn der Leib, weil er von der Erde genommen iſt, bleibt auch Erde, auf der Erde und wird wieder zur Erde,
aber die Secle, weil ſie von Gott eingegeben iſt und aus Gott iſt, hat auch ihr Leben in Gott und ſoll ſich wieder zu Gott neigen. Es thun alſo diejenigen Ael tern ihrem Amte ein ſehr geringes Genüge, welche ihre Kinder nur unterweiſen, wie ſie eſſen, trinken, gehen, reden, Kleider anziehen ſollen und dergl. Denn alle
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dieſe Dinge gehen doch nur den Leib an, welcher nicht der Menſch ſelbſt, ſondern nur eine Hütte des Menſchen
iſt; der Hauswirth (das iſt die vernünftige Seele) wohnt drinnen, für welchen wir mehr ſorgen ſollen, denn für die äußerliche Hütte unſerer Wohnung. Plutarch hat deshalb von den Aeltern, welche ihren Kindern Leibesſchönheit, Geſundheit, Reichthum, Ehre wünſchten und ſie zur Höflichkeit hielten, um ihre Seelen aber, wie die mit Tugenden geziert würden, ſich wenig bekümmerten, gar ſein geſaget, daß ſie den Schuh in
größeren Ehren hielten, als den Fuß; und der Thebaner Crates, ein weiſer Heide, klaget über ſolche Unbeſonnen heit der Aeltern in folgenden Worten: Könnt' ich in die Wolken ſteigen, Wollt' ich ſchreien und nicht ſchweigen. Hört mir zu, ihr thörichten Leut'! Was iſt das doch für Eitelkeit, Daß ihr den Kindern ſammeln thut Nichts anders als vergänglich Gut, Und ſorget nicht, wie ſie mit Ehren Tugend und Kunſt ſich vermehren?*)
So ſoll denn die vornehmſte und größte Sorge der Aeltern die ſein, daß die Seele oder das Gemüth ihrer Kinder, als der Haupttheil des Menſchen, löblich unterwieſen werde und dann erſt die Sorge um den
Leib komme, wie er nämlich eine würdige und bequeme Wohnung der unſterblichen Seele werden möge. *) Si mihi, dicebat, passim clamare liceret, Vos omnes fatuos vellem appellare probrosos, Quos agitat nimio funesta pecunia ludo. Divitias legitis natis! Et dogmate nullo Pectora lactatis, nec dexteritate fovetis.
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Eine wohl gezogene Secle aber iſt die, welche mit himmliſcher Weisheit erleuchtet, die Hoheit des göttlichen Ebenbildes in ſich beides erkennnet und bewahret. Die wahre himmliſche Weisheit aber, darnach der Menſch am allermeiſten ſtreben ſoll, hält zwei Theile in ſich: 1) daß der Menſch ſeinen Gott in ſeinen wunderbar cn Werken erkennc, und 2) daß er ſich ſelbſt und all ſein innerlich und äußerlich Thun zu dieſem und auch
zu dem zukünftigen Leben wiſſe weiſe und verſtändig zu regieren.
Zwar ſoll das Regieren zum ewigen Leben Allem voraus geſchehen, weil dieſes ja nur eigentlich ein Leben iſt und heißt, da kein Tod und keine Sterblichkeit iſt (dieſes Leben aber beſſer ein Weg oder Durchgang zum Leben, als ein Leben genannt werden mag und darum auch derjenige, welcher in dieſem Leben ſo viel verrichtet hat, daß er ſich mit Glauben und wahrer Gottesfurcht zum ewigen Leben zubereitet, genug gethan hat), aber nichtsdeſtoweniger ſollen auch die Aeltern ihre Kinder, weil
Gott etlichen Menſchen ein langes Leben beſcheeret, ſie in gewiſſe Aemter ſetzet und in allerlei Verhältniſſe und
Gelegenheiten zu bringen pflegt, nicht allein im Glauben und in der Gottesfurcht, ſondern auch guten und löb lichen Sitten und freien Künſten üben und von andern
üben laſſen, damit, wenn ihre Kinder erwachſen ſind, aus ihnen weiſe und vernünftige Leute werden, und ſo ſie Gott in der Kirche oder weltlichem Regimente brau chen wollte, ſie nicht untüchtig befunden werden.
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Damit alſo die Kinder beides durch dies Leben fein vernünftig hindurchgehen und dann auch in das
Ewige ſelig eintreten mögen, ſollen die Aeltern der
Erziehung ihrer Kindlein ſich mit ganzem Herzen annehmen. In Summa ſind es alſo drei Stücke, darinnen
die chriſtliche Jugend fleißig unterwieſen werden ſoll: Glaube und Gottesfurcht, Sitten und Tu =
genden und ſodann Wiſſenſchaft der Spra= chen und allerlei Künſte. Und zwar ſoll dies ganz derjenigen Ordnung ge mäß, wie ſie jetzt aufgezählt worden iſt, und nicht um gekehrt geſchehen; zuerſt und vornehmlich ſollen ſie ler nen fromm ſein, darnach gute Sitten, zuletzt freie nütz liche Künſte. Doch gilt auch von dem letzten Stück: Je weiter man es bringen kann, deſto beſſer iſt. Wer in dieſen drei Stücken fein zunehmende Kinder hat, der hat in ſeinem Hauſe ein Paradies, in welchem die Bäumlein des Lebens gepflanzet und begoſſen wer den, wachſen und blühen; der hat eine Werkſtatt des
heiligen Geiſtes, in welcher derſelbe die Gefäße der Gnaden und Werkzeuge der Herrlichkeit zubereitet, aus arbeitet und auspoliret; denn in denſelbigen als in lebendigen Bildern Gottes die Strahlen der unendlichen
Macht, Weisheit und Güte Gottes von Tage zu Tage heller ſcheinen und hervorleuchten. Heil ſolchen Aeltern!
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Das dritte Capitel. Daß die Jugend ohne Uebung durchaus nicht ſein kann, noch wohl gerathen mag. Es ſoll aber Niemand denken, daß die Kinder von
ſich ſelbſt, ohne fleißige und unnachläſſige Mühe und Arbeit, die an ſie gewendet werden muß, zur Frömmig keit, Ehrbarkeit und Kunſt gelangen können. Denn wie ein Bäumlein, wenn es wachſen ſoll, gepflanzet, be
goſſen, geſtützet, verzäunet, beſchnitten und ſonſt gepflegt und abgewartet werden muß; wie ein hölzernes Bild gezimmert, gedrehet, geſchnitzet, poliret und gemalet werden muß; wie ein Roß, Ochſe, Eſel, Maulthier, das dem Menſchen dienen ſoll, abgerichtet, wie ſogar der Menſch ſelbſt zu äußerlicher leiblicher Arbeit ſich ge wöhnen muß, wenn er eſſen, trinken, gehen, reden, etwas in die Hand nehmen lernen ſoll, wie ſollte es wohl möglich ſein, daß dieſe höhern Sachen, nämlich Glaube,
Tugend, freie Künſte ohne Anleitung und Uebung könnten erlangt werden? Dieweil es aber ſchlechterdings unmöglich iſt, daß Jemand ſolches von ihm ſclber lernen könne (wie in der Didactica an ſeinem Ort ſolches erwieſen worden), eben
darum hat Gott den Aeltern befohlen, daß ſie ihren Kin dern die Furcht Gottes fleißig ſollen einbilden und ihnen das Geſetz Gottes ſchärfen und davon reden, wenn ſie
im Hauſe ſitzen oder auf dem Wege gehen, wenn ſie ſich niederlegen oder aufſtehen. (5. Moſ. 6, 7.) Darum vermahnen auch Salomo und Jeſus Sirach überall in ihren Büchern, daß junge Leute zur Weisheit angehalten werden ſollen, und daß man nicht ablaſſe,
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ſie zu züchtigen.
Auch König David verſtand wohl,
wie nothwendig dies ſei.
Darum, ob er ſchon ein
König war, hat er ſich dennoch nicht geſchämt, den Kin dern zu einem Lehrer ſich darzubieten. Kommet her, Kinder, ſpricht er, höret mir zu.
Ich will euch die
Furcht des Herrn lehren (Pſ. 34, 2). Und der Apoſtel vermahnet die Acltern, daß ſie ihre Kinder in der Zucht und Vermahnung zu dem Herrn auferziehen ſollen. (Eph. 6, 4) Weil aber die Aeltern nicht allezeit tüchtig ſind,
ihre Kinder ſelbſt zu unterweiſen, noch ſelber wegen ihres Amtes oder Nahrungsgeſchäftes es abwarten kön nen, auch Andere hierin zu nachläſſig ſind, ſo iſt von
Alters her weislich und heilſam angeordnet worden, daß in einer jeglichen Gemeinde verſtändige, gottes
fürchtige und chrbare Perſonen als Lehrer der Jugend beſtellet würden, denen die Aeltern ihre Kinder zur Unterweiſung und Züchtigung anvertrauten, welche Leute man Pädagogen, Doctoren, Magiſter, Präceptoren c. genannt hat. Die Orte aber, da junge Leute zu ſammen kommen und ſich üben, ſind Pädagogia, Audi toria, Gymnaſia, Scholae und Ludi literarii, das iſt Kin
derleitungen, Gehörſtuben, Uebungshäuſer, Schulen und Buchſtabenſpiel von Alters her genannt worden.
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Aus dieſen letzten Namen iſt aber erſichtlich, daß
die Uebung der Jugend beides den Lehrenden und Lernenden an ſich ſelbſt lieblich, anmuthig und gleich ſam nur wie ein Spiel oder Kurzweil iſt oder doch ſein
ſollte, wovon man leider im Laufe der Zeit abgewichen iſt, da die Schulen nicht mehr, was ihr Name beſaget, Spiel und Kurzweil der Jugend, ſondern Marter- und
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Stockſtuben geworden ſind. Zumal ehe das Licht des Evangelii aufgekommen iſt, ſind an manchem Orte ganz untüchtige Leute, in Weisheit und Gottesfurcht ganz ungeübt, Müßiggänger und Trunkenbolde, an welchen die Jugend kein gut Exempel ſich hat nehmen können, in dieſes Amt eingedrungen, und ſind ihnen die Kinder anvertraut worden, welche ſie freilich nicht
zum Glauben, Gottesfurcht und guten Sitten, ſondern zum Aberglauben, Ueppigkeit und allerlei Schwärmerei angeleitet haben, in freien Künſten aber, weil ſie ſelbſt keine gewiſſe Methode und Ordnung gewußt oder ge konnt haben, haben ſie ihnen Alles mit Gewalt ein ſchlagen und einbläuen wollen, und ſind erbärmlich mit der Jugend umgegangen. Von ſolcher Art Schulehalten iſt bis zu dieſer Zeit ein Andenken in etlichen Sprüch wörtern übrig geblieben, da man ſpricht: Er hat ſich laſſen ſtreichen; er iſt wohl gebläuet und gegerbet wor den; woraus man erſieht, daß man damals von keiner anderen Erziehung als nur durch Schmeißen und Schlagen gewußt hat. Obſchon dies bei der Kirchen- und Schulrefor mation um etwas abgeſchafft worden iſt, hat doch Gott auch auf dieſe unſere Zeit etwas verſparet, daß wir,
der frühern Zeit voraus, einen leichtern, geſchwindern und völligern Weg, die Jugend zu unterweiſen –
was Gott zu Ehren und uns zum Troſte geſagt ſei – haben können. Daß dem ſo ſei, ſind augenſcheinliche Gründe und ſtarke Beweiſe in der Didactica angeführt worden, und
ſoll künftig das Werk ſelbſt, ſo Gott will, davon reden. Jetzt aber ſoll von ſolcher feinen Jugenderziehung ein
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Formular gegeben werden und zwar zuerſt wie in der erſten, das iſt in der Schule der Mutter, nämlich
in den erſten ſechs Jahren die Jugend ſoll erzogen und unterwieſen werden, welches geſchehn wird im Na men des Herrn.
Das vierte Capitel. Worin die Jugend bald von ihrer Ge burt an allmählig zu unterweiſen ſei und bis gegen das ſechſte Jahr ihres Alters aus gebildet ſein ſoll.
Wie unendlich viel daran gelegen ſei, daß ein Kind von der erſten zarten Jugend recht erzogen und gewöhnet werde, giebt uns die Natur in allerlei Sachen, die ihre Vollkommenheit oder Art durch ein gewiſſes Warten und Pflegen oder Wachſen erlangen, genugſam an die Hand. An einem Baume iſt es zu ſehen, daß, wie man
die Aeſte nach der Pflanzung oder Propfung formieret, ſie alſo auch hernach ſich erweiſen und ausbreiten. Wie ein Thier geboren oder auch hernach in den erſten
Jahren gewöhnet und geübt wird, alſo verbleibet es hernach im Alter. Eben ſo verhält es ſich meiſtentheils auch mit den Menſchen, ja wenn wir den ordentlichen Lauf der Natur
anſehen nicht anders. Denn obwohl aus einem in der Kindheit übel ge wöhnten Buben auch hernach noch etwas Tüchtiges und Z
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Gutes werden kann, – denn dem lieben Gotte es ja auch ein Leichtes iſt, Einen noch im Alter zu bekehren oder ganz zu ändern, – ſo bringet doch der ordentliche Lauf dieſes Lebens und der Natur ſclten etwas Anderes hervor, als worauf die Erziehung gleich. von Anfang an gerichtet geweſen iſt. Ja man hat ſich deſſen deſto gewiſ ſer auf's Alter zu tröſten, worauf man bald in der erſten Jugend gezielet hat. Und gerade darum ſollen ſchon die Aeltern bei Zeiten Hand anlegen und die Erziehung ihrer Kinder nicht bis dahin aufſchieben, wo man ſie den Präceptoren und Predigern anvertraut; denn einen
krumm gewachſenen Baum gerade zu machen und aus einem überall mit Dornen verwachſenen Walde einen
Baumgarten zu machen, iſt faſt unmögliche Arbeit, ſon dern ſie müſſen ſelbſt mit ihren Kindern recht umzu gehen wiſſen, damit ſie unter ihrer Zucht an Alter und
Weisheit und Gnade bei Gott und den Menſchen lieb lich zunehmen mögen. Es iſt aber ſchon mehrmals geſagt, daß wer Gott und Menſchen nützen ſoll, der muß in Gottesfurcht, Sitten und guten freien Künſten unterwieſen werden, weshalb die Aeltern in allen dieſen drei Stücken in dieſer erſten einheimiſchen Schule einen guten Grund legen ſollen. Und darum ſoll nunmehr angegeben werden, wo rauf ſie es in den erſten Jahren abſehen ſollen und
durch was für Mittel ihnen hierin könne geholfen werden.
I. Die Gottſeligkeit, die rechte und ſelige, beſteht in drei Punkten: 1) daß ſich unſer Herz überall nach Gott
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um ſehe und in allen ſeinen Fußſtapfen ſuche; 2) daß, nachdem das Herz Gottes Fuß -
ſtapfen überall gemerket, es Gott den Herrn überall mit Furcht, Liebe und
Gehorſam verehre; 3) daß das Herz, wenn es alſo ohne Un terlaß ſeines Gottes gedenket und ſich
mit ihm vereiniget, auch in ihm Friede, Freude und Troſt empfinde.
Das aber iſt die wahre Gottſeligkeit, das ganze Paradies der göttlichen Freude in ſich begreifend, deren Grund bei einem Kinde innerhalb ſechs Jahren ſo weit gelegt werden kann, daß es verſtehe: Es ſei ein Gott, ein Herr über Himmel und Erden, welches Alles er auch
erſchaffen; er ſei überall gegenwärtig und ſehe Alles; von ihm komme alles Gute und Schöne, was wir nur irgend ſchen; er habe uns und alles gemacht; er er
halte und verſorge uns, regiere und ordne Alles; er gebe den Frommen und Böſen die leibliche Nahrung und Nothdurft, doch laſſe er es den Frommen und Ge
horſamen beſſer gedeihen; die Böſen und Ungehorſamen aber wiſſe er wohl zu ſtrafen, und werde ſie endlich gar umkommen laſſen und in das hölliſche Feuer werfen, die Frommen hingegen zu ſich in den Himmel nehmen. Darum ſei es billig, daß man ihn fürchte, ihm danke, ihn lobe, preiſe, um alle Nothdurft allezeit anrufe, ihn als den allerhöchſten Vater liebe, und was er in ſeinen Geboten gebiete, fleißig thue.
So weit, ſage ich, kann ein Kimd von ſechs Jahren in den Anfängen der Gottſeligkeit gebracht werden. 3*
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II. Was die Sitten und Tugenden anlanget, ſollen die Kinder erzogen werden: 1) zur Mäßigkeit, daß ſie gewöhnet werden nach Bedürfniß zu eſſen und zu trinken, aber über die
Nothdurft ſich nicht mit Speiſe und Trank zu überfüllen;
2) zur Reinlichkeit, Sauberkeit im Eſſen und Trinken, in der Kleidung und zur Kunſt, alle ihre Sachen zu Rathe zu halten; 3) zur Ehrerbietung gegen die Obern, daß ſie fleißig Acht haben auf ihre Worte und auf ihre Werke blicken; -
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4) zum Gehorſam, daß ſie zu jedem Wink der Obern bald bereit ſeien; 5) iſt auch ſehr von Nöthen, daß ſie gehalten wer den, die Wahrheit zu reden, damit alle ihre Reden ſeien, wie Chriſtus lehret: Ja, ja, nein, nein; zu Lügen aber und anders, als ein Ding iſt, zu reden, ſollen ſie ſich weder im Scherz, noch Ernſt gewöhnen; 6) ſollen ſie Gerechtigkeit lernen, daß ſie fremde Dinge nicht anrühren, nicht nehmen, nicht ſtehlen, nicht verbergen, noch Jemanden kränken; 7) ſollen ſie zur Liebe und Gutthätigkeit an gehalten werden, daß ſie gerne geben und mit theilen, nicht geizig, neidiſch, noch mißgünſtig ſeien; 8) iſt es auch ſehr gut, ſie an die Arbeit zu ge wöhnen, damit ſie den Müßiggang fliehen lernen; 6) ſollen ſie nicht allein reden, ſondern auch ſtill ſchweigen lernen, wenn es nöthig iſt, z. B wenn man betet, oder wenn Andere reden;
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10) ſollen ſic auch in der Geduld geübet werden, damit ſie bald von Jugend auf, ehe die Leiden ſchaften einwurzeln, ihren Willen brechen und ſich ſelbſt im Zaum halten lernen; 11) ſoll man ſie bald von Kindheit auf dazu gewöh nen, mit Willfährigkeit und Luſt den Alten zu dienen, was auch eine ſchöne Zierde der Jugend; 12) ſoll hierauf folgen die Höflichkeit in Geberden, daß ſie ſich freundlich erzeigen, grüßen, danken, das
Händlein geben, ſich verneigen, wenn man ihnen etwas giebt, dafür danken 2c. Und damit Solches nicht wild und mit tollen Ge berden geſchehe, ſollen ſie 13) auch ſchon zur Ehrbarkeit angehalten werden nämlich, daß ſie ſich fchamhaftig und züchtig ver
halten lernen. Ein in dieſen Tugenden geübtes Kind wird mit leichter Mühe, wie von Chriſto geſagt wird, beides vor Gott und den Menſchen Gnade finden.
III. Was nun die Künſte anlanget, ſo theilen ſich dieſelben in drei Theile; denn wir lernen in der Welt etliche Dinge kennen, etliche thun, etliche
reden, oder vielmehr, wir lernen. Alles was nützlich und gut iſt kennen, thun und davon reden. A. Was die Erkenntniß betrifft:
1) Der natürlichen Dinge (in Physicis), ſo kann ein Kind in den erſten ſechs Jahren ſo weit ge bracht werden, daß es die Elemente, Erde, Waſſer, Luft, Feuer zu nennen wiſſe, ebenſo Regen, Schnee,
Eis, Blei, Eiſen 2c, auch den Unterſchied etlicher Gewächſe, nämlich was ein Kraut, Baum, Fiſch,
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ein Vogel, ein Thier ſei. Zuletzt kann ein Kind auch lernen Namen und Arbeit ſeiner äußeren Gliedmaßen. Dies Alles iſt ſehr leicht und iſt doch ein Anfang der ganzen Physica oder Na turkunſt.
2) In der Optik hat das Kind genug, wenn es verſteht, was licht und was finſter iſt und den Unterſchied etlicher Farben und ihre Namen, als weiß, ſchwarz 2c., verſtehet. 3) Kann ein Kind einen Anfang machen in der Aſtro nomie, wenn es die Sonne und Mond kennen lernt und im Allgemeinen weiß, was ein Stern ſei.
4) In der Geographie, wenn es wiſſen wird, ob der Ort, da es geboren, da es wohnet, ein Dorf oder Städtlein, oder Stadt, oder Schloß ſei, ebenſo
wenn es verſtehet, was ein Acker, Wieſe, Berg, Wald, Fluß ſei.
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5) Wird der Anfang in der Chronologie ſein, zu wiſſen, was eine Stunde, Tag, Nacht, Woche ſei, ebenſo was Winter oder Sommer ſei.
6) In der Hiſtorie, wenn es einer Sache, die vor zwei, drei oder vier Jahren geſchehen, ob es gleich kindiſche Dinge wären, gedenken und ſich deſſen, wenn auch gar ſchwach, als wie durch einer Nebel erinnern kann.
7) In der Ockonomie, wenn es wiſſen wird, wer
vom Hausgeſinde ins Haus gehöre oder nicht. 6) In der Politik, wenn es verſtehen lernt, daß Jemand in der Stadt ein Bürgermeiſter, Raths mann oder Vogt heißt, daß die Bürger bisweilen in der Gemeinde zuſammen kommen 2c.
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B. Was das Thun betrifft, ſo werden etliche Dinge mit dem Gemüth und der Zunge ver richtet, als Dialectik, Arithmetik, Geometrie, Muſik, etliche mit dem Gemüthe und den Hän den, als allerlei äußerliche Handarbeit.
1) Muß ein Kind in der Dialectik in ſechs Jahren verſtehen lernen, was Frage oder Antwort ſei, und ſich gewöhnen, allezeit genau auf die Frage zu ant worten, nicht daß einer von Koblauch, der an dere von Zwiebeln rede.
2) Werden ſie in der Arithmetik einen Grund haben, wenn ſie wiſſen, was wenig oder viel iſt, wenn ſie bis 20 zählen können und verſtehen, was gleich oder ungleich iſt, daß 3 mehr iſt denn 2, und wenn man 1 zu 3 thut, daß es 4 macht; 3) in der Geometrie, wenn ſie verſtehen lernen,
was groß oder klein, lang oder kurz, eng oder breit, dick oder dünn, ebenſo was eine Spanne, eine Elle, eine Klafter ſei.
4) Ihre Muſik wird ſein, etliche Verslein auswendig ſingen zu können.
5) Iſt der Anfang eines Handwerks, etwas ſchneiden, ſchaben, zubinden, aufbinden, zuſammenlegen 2c. können, wie es der Kinder Brauch iſt.
C. Was nun das Reden anlanget, ſo verrichtet daſſelbe die Zunge, und wird dieſelbe durch Gram matik, Rhetorik und Poeſie formiret und ge ſchliffen.
1) Die Grammatik in den erſten ſechs Jahren wird ſein, wenn ein Kind, ſo viel es verſtehet, auch
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mit ſeiner Mutterſprache deutlich und verſtändlich ausſprechen kann.
2) Die Rhetorik in dieſem Alter iſt ein wenig Ge berde, ſo viel die Natur zugiebt, gebrauchen und was es von bildlichen Ausdrücken höret, nachahmen. 3) Der Anfang in der Poeſie wird ſein, etliche Vers
lein oder Reime auswendig zu lernen. Hierauf wird weiter gezeigt werden, wie man mit
den Kindern in ſolchen Dingen fortſchreiten ſoll, und zwar nicht ſo genau auf Jahr und Monate ſolches ab rechnend, wie es hernach in den andern Schulen ge
ſchieht, ſondern nur im Allgemeinen, und das da rum, weil
1) nicht alle Aeltern in ihren Häuſern ſich an ſolche Dispoſitionen ſo vollkommen halten können, wie es
in der ganzen Schule geſchehen kann, wo man nichts anderes thut und keine andere Arbeit ſolcher Uebung hinderlich iſt;
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2) weil bei den kleinen Kindern ſehr ungleicher Witz ſich findet, indem manches Kind bald im erſten Jahre etwas verſtehen und reden lernt, ein anderes kaum in zwei oder drei Jahren. Darum wird nur im Allgemeinen gezeigt werden,
wie ein Kind in den erſten ſechs Jahren angewieſen und geübt werden ſoll 1) im Verſtande,
2) in der Arbeit und in den Künſten, 3) in der Sprache, 4) in Sitten und Tugenden, 5) in der Gottſcligkeit.
Weil jedoch auch daran viel gelegen iſt, daß man
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friſch und geſund ſei, wird zuvörderſt angedeutet werden, wie die Acltern ihren Kindern mit Gottes Hilfe zur Geſundheit verhelfen und ſie auch dabei er halten ſollen.
Das fünfte Capitel. Wie die Jugend bei Geſundheit ſoll er halten und geübt werden. Orandum est, ut sitmens sana in corpore sano,
hat Einer geſagt, das iſt: man ſoll beten, daß man in einem geſunden Leibe eine geſunde Seele habe. Nicht allein aber ſoll man beten, ſondern auch dahin
arbeiten, weil Gott die Arbeit ſegnet. Weil aber die Kinder ſelbſt darum ſich nicht be mühen, noch auch für ſich ſelbſt, ſonderlich in der erſten Kindheit beten können, ſo gebührt's den Aeltern, daß ſie dieſelben vertreten und ſich befleißigen, was ſie zur Welt geboren, auch geſund zu erhalten und zur Ehre Gottes aufzuerziehen.
Vor allen Dingen aber, weil die Kinder nicht können erzogen werden, ſie lebten denn auch friſch und geſund, – denn mit ungeſunden und breſthaften Kindern iſt übel etwas anzufangen, – ſoll die erſte Sorge der Aeltern die ſein, daß ſie ihre Kinder bei guter Geſundheit zu erhalten ſuchen, wobei das Meiſte auf die Mutter ankommt. Hier folgen nun rein medi ciniſche Rathſchläge für die Mütter.
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Darauf fährt Comenius fort:
III. „Wenn nun das Kind zur Welt geboren iſt, ſollen die Aeltern ſeinen zarten Körper neben warmen und weichen Betten auch mit bequemer Nahrung verſorgen. Vornehmlich aber ſoll man darauf bedacht ſein, daß eine jegliche Mutter ſelbſt Mutter ſei und ihr Fleiſch nicht von ſich ſtoße,
das iſt, daß ſie die von ihrem Leibe nach des Schöpfers Ordnung kommende Nahrung, ihre Milch ihrem Kindlein nicht mißgönne. Weil aber da wieder ein unlöblicher, ſchädlicher und greulicher Brauch eingeſchlichen iſt, daß etliche Mütter, gemeiniglich adelige Perſonen, ihre Kin der ſelbſt nicht nähren wollen, ſondern vertrauen ſie
fremden Weibern an, iſt es hoch von Nöthen, daß man dawider eifere und die Aeltern, wie ſie in dieſem Falle
mehr Veruunft brauchen ſollen, unterrichte. Und zwar je mehr dieſe Sitte eingeriſſen iſt und ſich vermehret hat, deſto weniger muß man dazu ſtille ſchweigen, in ſonderheit an dieſem Ort, da man Vermahnung thun will auf Erneuerung aus dem Grunde aller guten Ordnung bedacht zu ſein. Daher ſage ich daß ſolch Hinwegthun der Kinder von den leiblichen Müttern und ſolche Auf
erziehung mit fremder Milch, wenn ſie nicht in der äußerſten Noth und nur um der natürlichen Mühe und des Ungemachs los zu ſein, vorgenommen wird 1) wider Gott und die Natur ſtreitet, 2) den Kindern ſchädlich iſt,
3) den Müttern auch ſelber Schaden bringt und 4) der rechten Ehrbarkeit und Zucht zuwiderläuft. 1) daß es wider die Natur ſtreitet iſt daher offenbar, daß kein gleiches Exempel unter den wilden Thieren gefunden wird. Die Wölfinnen, Bärinnen, Löwinnen,
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Leopardinnen und andere wilde Thiere ſäugen ihre Jungen mit ihren eigenen Brüſten, ſollen denn die Ge bärerinnen des menſchlichen Geſchlechts unbarmherziger ſein, denn ſolche Thiere. Meinet das nicht Gott beim Propheten Jeremia in ſeinen Klageliedern c. 4, v. 3. Die Drachen reichen die Brüſte ihren Jungen und ſäugen ſie: Aber die Tochter meines Volkes muß un barmherzig ſein, wie ein Strauß in der Wüſten.
Wie
ſollte das nicht wider die Natur ſein ſein eigen Blut, ſein eigen Fleiſch von ſich zu ſtoßen, ihrer eigenen Leibesfrucht, welche ſic unter ihrem Herzen ſo viel Mo
nate getragen, mit eigenem Blute genähret hat, hernach die Milch verſagen ?
Und zwar die Milch, welche Gott
nicht ihnen, ſondern den Kindern zur Nothdurft ſchaffet, weil ſie nicht zu anderer Zeit, als nur allein, wenn
ein Kindlein zur Welt geboren wird, ſich ſehen läßt, wem anders zu gut als dem Kindlein? Es verkehren alſo Gott dem Herrn die ſeine Ord
nung, welche ein Ding nicht dazu, wozu er es verord net, gebrauchen. 2) Zum andern wäre es den Kindern viel geſün der, ihrer eignen Mutter Milch zu trinken, als die fremder Weiber, weil ſie mit der Mutter Blut ſich zu
nähren ſchon gewohnt geweſen. Ueber dies würden ſie ſo ihren Aeltern an Eigenſchaften und Tugenden viel ähnlicher, denn ſie ſonſt ſein würden.
Der berühmte Philoſoph Favorinus bezeugt auch, daß gleich wie der Same eine verborgene Kraft, den Leib und das Gemüth nach der Art ſeines Urſprungs zu formieren in ſich hat, alſo nichts weniger die Milch und bekräftigt dies mit dem Exempel der Lämmlein
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und Böcklein. Denn gleichwie die Lämmlein, welche von den Ziegen geſäuget werden, viel gröbere Wolle haben, denn die welche von ihren eigenen Müttern er zogen werden, und hingegen die Böcklein, wenn ſie von Schafen geſpeiſet werden, kleinere und weichere Haare bekommen, die der Wolle der Schafe nicht unähnlich ſind, wer ſiehet daraus nicht, daß die Kinder, mit frem der Milch erzogen, nicht der Aeltern, ſondern fremder Leute Art an ſich nehmen. Laſſen die Eheleute ihren Garten nicht mit fremden Saamen beſäen, warum laſſen
ſie dann ihre Pflänzlein mit fremden Regen begießen? Hat der Vater ſeine Natur dem Kinde mitgetheilt, wa rum ſoll es die Mutter nicht auch thun? Warum ſollen ſie denn einen Dritten hinein mengen? Hat Gott doch nur zwei Perſonen, als die genugſam zu ſein Kinder zu zeugen, erkannt und ſie in der Ehe zuſam
men gefüget, warum läſſet man es denn nicht dabei beruhen?
Doch ſollte es ja jemanden und bisweilen
zugelaſſen werden, ſo ſollte es nur in zweifachem Falle geſchehen: erſtlich wenn die rechte Mutter mit einer ge fährlichen Krankheit behaftet iſt, da könnte man das Kind, um vor der gleichen Krankheit zu behüten, einer an dern Amme es anvertrauen, zum andern, wenn die Mutter voll bößer Affekten wäre, zornig, neidiſch u. dergl.
und man eine chrliche tugendſame Amme haben könnte, ſo möchte man es auch alſo machen, daß das Kind beſ ſerer Tugenden, als ſie die Mutter hat, fähig zu wer
den, einer andern übergeben würde. Daß aber, wie es jetziger Zeit zugehet, auch die cdelſte, tugendſamſte, ehr lichſte Matronen ihre zarten Kinder oftmals leichtfertig,
rohen, verlaufenen, gottloſen, ja oft ungeſündern Wei
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bern als die Mutter ſind, anvertrauen, das iſt ja un
erträglich, weil ja die lieben Kinder dadurch in gewiſſe Leibes- oder Seelenvergiftung leicht gerathen können. Und dürfen ſolche Aeltern ſich nicht wundern, wenn ihre Kinder ihnen nicht nacharten und aus ihren tugend ſamen Fußſtapfen treten, weil nach dem lateiniſchen
Sprüchwort cum lacte imbibitur nequitia, junge Kinder mit der Muttermilch entweder Tugend oder Bosheit trinken.
Zum Dritten kommt es, indem ſolche zärtliche
Mutter um ſchön zu bleiben, der Müh und Ueberlaſt zu entgehen vermeinen, daß ſie ſich oftmals eben da durch nicht allein der Schönheit, ſondern auch der Ge ſundheit, ja gar ihres Lebens berauben. Denn ſolche Säuglinge ſind ihrer Mutter Aerzte und benehmen ihnen viel im Leibe verborgene Gebrechen oder böſe Ur ſachen, daher eine Krankheit entſtehen könnte. Daher jener gewaltige Mann Plutarchus gezwungen geweſen ein beſonderes Büchlein zu ſchreiben und die Mütter ihrer Pflichten zu erinnern, dazu ſie Gott und die Na
tur verbunden. Gellius aber ſchreibt, ſolche Mütter
ſollen nicht Mütter heißen, sclche ihrem Beruf nicht wollen Genüge thun und drohet ihnen alles Unglück auf den Hals. Endlich, ſtreitet ſolches Verſtoßen der Kinder von
der Mutterbruſt wider die Ehrbarkeit. Didacus Apolephtes ſaget, daß die ſolches thun, nicht Mütter, ſondern Stiefmütter ſeien; die ſich oft ein ſtumpfnäſiges Hündlein auf den Armen herum zu tragen weniger ſchämen, als ihre eigene Leibesfrucht, ſo ſie geboren haben; welches Verlaſſen der Frucht, ſagt
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er, die unvernünftigen Thiere, wie vichiſch und toll ſie
auch ſein mögen, nicht im Brauch haben, ſondern ſie ſelbſt ernähren und ſpeiſen und bei ſich haben bis ſie erwachſen ſeien, daß auch oft zwiſchen dem Männlein und Weiblein ein Eifer, welcher unter ihnen Beiden der Hüter
der Jungen ſein ſoll, entſteht, fangen darum bisweilen einen Streit an, ſchlagen, kratzen, beißen einander z. E. die Affen und Bären. Und die Vöglein, ob ſie gleich bitzweilen fünf, ſechs oder mehr Junge unter ihren Flügeln haben und Gott ſie mit keinen Brüſten ſie da mit zu ernähren verſchen hat, ſparen doch keine Kunſt noch Fleiß, die ihnen die Natur eingepflanzet hat, ihre Junge zu ſpeiſen. Und was ſolchem Brauch fremder Wciber zu Säug-Ammen für Nutzen bringt, erklärt er mit 3fachem Exempel.
Titus der römiſche Kaiſer iſt, weil er eine unge ſunde und ſieche Säugerin gehabt, die ganze Zeit ſeines Lebens mancherlei Krankheiten unterworfen geweſen. Kaiſer Caligula war ein ruchloſer Menſch und grauſamer Tyran, deſſen Schuld man weder ſeinem Vater noch ſeiner Mutter gegeben, ſondern ſeiner Säu
gerin, welche boshaftig blutgierig und tyranniſch ge weſen. Das Kind aber iſt nach ſeiner Amme gerathen, denn es hat nicht ſowohl gerne Blut vergoſſen, ſondern auch dasſelbe von ſeiner Wehr mit der Zunge abge lecket.
Er pflegte auch zu wünſchen, daß alle Menſchen
nur ein Haupt hätten, damit er ſie alle mit einem Streiche enthaupten könnte. Siehe da, ſo viel liegt an einer Säugerin, nicht allein den Leib, ſondern auch die Sitte des Kindes zu formieren, daß ſo ſie krank und ſich oder auch toll, -
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unzüchtig und laſterhaft, daß Kind auch gewiß alſo gerathen wird. Doch genug davon: fromme, verſtändige und ihre Leibesfrucht recht liebende Aeltern werden wiſſen, wozu ſie dieſe Erinnerung anwenden ſollen.
Neben der Milch können hernach die Kinder zu andern Speiſen allmählich gewöhnet werden.
Doch mit
Vorſichtigkeit, daß man von ſolchen Speiſen anfange, welche ihrer natürlichen Speiſe am allerähnlichſten ſind, nämlich weich, ſüß, wohl verdaulich. Zur Arznei Kinder zu gewöhnen, wie etliche den Brauch haben, iſt ſehr ſchädlich, weil damit fürs Erſte die natürliche Verdauung und alſo auch das Wachſen des Kindes verhindert wird. Außerdem: Arznei ohne Nothdurft gebraucht, wird der Natur zur Gewohnheit und verlieret die Arznei an Kraft, alſo das wenn es die Noth erfordert, ſie nichts wirket: darum weil die Natur ſolches zu ertragen gewohnt iſt.
Ja es folget daraus, welches das ärgſte iſt, daß ſolche bald von Jugend auf zur Arznei gewöhnte Leute zu vollkommner Stärke und Geſundheit nimmer kommen können, ſondern bleiben allezeit bleich, ſiechhaft, – ſter ben auch endlich vor der Zeit:
Darum, lieben Aeltern, ſeit vernünftig, wehret
euren Kindern die Arznei, ehe es von Nöthen iſt, wie Gift, ebenſo auch hitzige und gepfefferte Speiſe und Trank, als da ſind ſehr gewürzte und geſalzene Speiſen, Wein, Brantwein 2c.
Wer mit folchen Dingen ſeine Kinder ſpeiſet und tränket, der macht es eben wie ein unvorſichtiger Gärt ner, welcher aus Begierde, daß ſein Baum geſchwind wachſe und blühe, ihm Kalk auf die Wurzel ſchüttet,
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damit die Wurzel deſto eher erwärmet werde. Wahr iſt es, daß er geſchwinder wachſen und blühen wird, aber auch deſto geſchwinder anfangen zu verwelken und zu verdorren, ehe die Hälfte ſeiner Tage vorbei ſind. Wer
es nicht glauben will, der mag es verſuchen und wird einen Augenſchein davon haben, wie geſund ſolche Dinge den Kindern ſind.
Milch hat Gott der Schöpfer den
Kindern und jungen Thieren zugeordnet; darbei ſoll man ſie laſſen. Erwachſen ſie von der Milch, ſo kann man ſie doch
bei gleichmäßigen Speiſen, Brod, Butter, Brei und Zu gemüß, Waſſer und Bier bleiben laſſen, alſo werden ſie wachſen wie die Kräuter an fließenden Waſſern, man vergönne ihnen nur, daß ſie wohl ſchlafen, oft ſpielen und ſich wohl bewegen und befehlen durch eifriges Ge bet ihr Leben und Geſundheit dem lieben Gott. Darum vor Zeiten die hochweiſen Spartaner, welche auf eine gute Auferziehung der Jugend vor allen Na tionen fleißige Acht gehabt, dies in ihr Landrecht mit eingeſchloſſen haben, daß man jungen Leuten bis ins zwanzigſte Jahr (bis zur vollkommnen Erwachſung) keinen Wein zu trinken geben müſſe. Haben ſie der Jugend den Wein ſo hoch verwehret, was würden ſie wohl ſagen von dieſem jetzigen tollen Weltbrauch, da ſich Junge und Alte ohne Unterſchied mit dem hitzigen ſchädlichen Trank des Branntweins verbrennen und ver ſengen. Ach es iſt Zeit, daß man anfange witzig zu werden und nicht alſo zum wenigſten die liebe unſchul dige Jugend verderbe. IV. Man ſoll auch ſonſt auf allerlei andere Weiſe die Geſundheit der Kinder in Acht nehmen, weil ihr
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Leib zart, die Beinlein weich, die Adern ſchwach und Alles noch kraftlos iſt.
Sie ſollen darum, wenn man
ſie in die Hände nimmt, aufhcbet, niederleget, träget, einwindelt, wieget, wohl in Acht genommen werden, damit ihnen nicht mit unvorſichtigem Binden, Legen,
Heben, Anſtoßen oder Fallen irgend ein Gliedmaaß verrenket oder zerbrochen werde und ſie alſo nicht lahm, taub, blind werden. Ein Kind iſt ein theures Kleinod, ja über alles Gold hoch zu achten, aber ungewiſſer als je ein Glas, welches leicht zerbrochen oder verletzet werden kann, daß darauf ein unüberwindlicher Schaden
erfolget. Wenn ſie anfangen zu ſitzen, ſtehen, laufen ſollen ſie vorm Fall bewahrct werden, dazu denn Stühl lcin, Wännlein, Gängelwäglein 2c. behilflich ſind, doch ſo, daß man überall mit wenigen einen Anfang mache. In etlichen Ländern pfleget man ihnen ein gewiſſes Format von Wulſt um den Kopf zu binden, damit wenn ſie ja etwa beim anfangenden Gehen fallen, dennoch nicht leicht am Haupt verſehret werden können, was
billig an allen Orten in Acht zu nehmen wäre. Vorm Winter ſoll man ſie mit einem Pelzlein oder gebürlichen Kleidchen und mit einer warmen Stube verſorgen.
In Summa, damit man ihren zarten Körper mit Hitze, Froſt, unmäßigem Eſſen und Trinken, mit Hunger und Durſt nicht Schaden zufüge, ſondern daß Alles zu rechter Zeit mit gewiſſem Maaß geſchehe, ſoll man wohl zuſehen. Es wird auch gut ſein, ſie an eine be ſtimmte Lebensweiſe zu gewöhnen, wie oft ſic ſich am Tage niederlegen, aufſtehen, eſſen, ſpielen ſollen. Denn das hilft ſehr zur Geſundheit und iſt ein Grund der weiter hernach folgenden guten Ordnung. Das iſt ge 4
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wiß, wenn ſchon dies Manche lächerlich finden möchten.
Aber die Exempcl beweiſen ja, daß auf dieſe Weiſe die Kinder zu guter Ordnung können angeleitet werden. V. Und weil das Leben wie ein Feuer iſt, das
Feuer aber, wenn es nicht Luft und eine immerwährende Bewegung hat, bald erlöſchet, ſo iſt es auch den Kin dern dnrchaus von Nöthen, daß ſie täglich ihre Be wegung haben. Iſt doch dazu das Wiegen der Kinder erdacht, bevor ſie ſelber ſich mit Laufen bewegen können, und darneben auch das Tragen, auf dem Wäglein Fah
ren und Hin- und Herſchwingen. Sobald aber das Kind ein wenig aufgewachſen iſt und ſich auf die Füß lein ſtellen thut, kann man ihm allezeit zu laufen oder
etwas zu verrichten erlauben. Je mehr das Kind thut, läuft, arbeitet, je beſſer ſchläft es darauf, je beſſer ver dauct es, je beſſer wächſt es, je friſcher und hurtiger wird es an Leib und Gemüth, wenn man nur Achtung giebt, daß es nicht zu Schaden komme. Deshalb ſoll man ihnen gewiſſe und ſichere Orte zum Laufen und Ueben verſchaffen und ihnen zeigen, wie ſie ſich ohne Schaden üben können, auch ſtets Wächter Ammen und
Kinderwärterinnen ihnen zuordnen. VI. Zum letzten, weil nach dem gemeinen Sprich wort ein friſcher Muth eine halbe Geſundheit iſt, ja
nach Sirach's Bekenntniß (30, 23) ein fröhlich Herz des Menſchen Leben iſt, ſollen die Aeltern ſich darum bemühen, daß es ihren Kindern auch an Freude und Troſt nicht mangele. Zum Exempel: im erſten Jahre erluſtigt man ſie mit dem Wiegen, mit Singen, mit Spielen, mit Herumtragen, mit Händeklatſchen und allerlei Klipper- und Klapperwerk.
Summa: wenn
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man ſie herzet, Poſſen treibt, jedoch mäßig und vor ſichtig; im andern, dritten und vierten Jahre, wenn man mit ihnen zärtelt, ſpielet, läufet, jaget, der Muſik zuhöret, etwas Schönes mit ihnen anſieht. Und daß ich's kurz ſage: wenn man das (was man merken kann), was den Kindern lieb und angenehm iſt, ihnen nicht weigert, ſondern ihnen eine ſolche anmuthige Kurz weil verſchaffet, die ihren Augen, Ohren und andern Sinnen lieb iſt. Das hilft zur Geſundheit des Leibes und des Gemüthes, ausgenommen was wider Gottes furcht und gute Sitten ſtreitet, das ſoll man ihnen nicht einmal vor die Augen oder Ohren kommen laſſen, davon aber an ſeinem Ort. – -
- Das ſechſte Capitel, Auf was für Weiſe die Kinder im Verſtande
ſollen geübt werden. Da ich ein junger Sohn war meines Vaters, ſpricht Salomo, ein zarter und einiger vor meiner
Mutter, lehrte er mich und ſprach: Laß Dein Herz meine Worte aufnehmen; nimm an Weisheit und Ver ſtand.
(Spr. Sal. 4, 3. 4.)
Ebenſo ſollen es alle verſtändigen Aeltern machen, nicht nur bedacht ſein, wie ihre Kinder leben mögen, wie ſie ihnen viel Geld und Gut ſammeln, ſondern
vielmehr trachten, wie die Weisheit in ihr Herz kommen möchte. Denn die Weisheit iſt edler denn Perlen, und -
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Alles, was Du wünſchen magſt, iſt ihr nicht zu ver gleichen. Langes Leben iſt zu ihrer rechten Hand; zu ihrer Linken iſt Reichthum und Ehre. Ihre Wege ſind liebliche Wege und alle ihre Steige ſind Friede. Sie iſt ein Baum des Lebens Allen, die ſic ergreifen, und ſelig ſind, die ſie halten; ſo bezeuget der heilige Geiſt in den Sprüchwörtern Salomonis (3 v. 15–18). Merket auch, lieben Aeltern, wenn ihr ſolche Ue bung mit euern Kindern anfangen ſollet. Salomo ſpricht: als er noch ein zartes Kind ſeines Vaters geweſen, ſei er bald geübet worden, und ob er ſchon ein einiger Sohn geweſen vor ſeiner Mutter, habe dennoch ſeine Mutter ihn zu üben nicht gewehret. Wie ſoll man es aber anſtellen? Alſo, wie es ſich bei den Kleinen anſtellen
läßt, das heißt, alſo, wie ſie es faſſen können. Zum Exempel:
1) Die Phyſik junger Kinder iſt Eſſen, Trinken, Schlafen, Verdauen, Wachſen; aber ſie verſtehen es noch nicht. Im zweiten und dritten Jahre fangen ſie erſt an zu verſtehen, was Pappen iſt, was Brod, Fleiſch c., was Waſſer, Feuer, Erde, Wind, was kalt, warm, was ein Menſch, ein Hündlein, ein Kätzlein iſt, auch anderer
gewöhnlicher, natürlicher Dinge Unterſchied. Und hier innen ſollen ſie denn die Ammen und Kinderwärterinnen
unterweiſen: Siehe, das iſt ein Vöglein, ein Kätzlein 2c. Im vierten, fünften und ſechſten Jahre kann man in
der Erkenntniß natürlicher Dinge mit ihnen etwas weiter
fortſchreiten, daß ſie wiſſen mögen, was ein Stein, Sand, Thon, Baum, Aſt, Blume ſei. Auch mögen ſie kennen lernen allerlei Obſt, als Birnen,
Aepfel,
Kirſchen, Weintrauben u. ſ. w., dazu des Leibes äußere
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Glieder und wozu ſie geordnet und dienlich ſind, als die Augen zum Sehen, die Ohren zum Hören, dic Füße zum Laufen, die Hände etwas zu thun. Und das
Alles können ihnen Vater und Mutter und Ammen nach Gelegenheit erzählen und bald dieſes, bald Jenes zeigen und nennen, auch es ausſprechen heißen und ſie
examiniren: Was iſt das? Wie heißt dieſes? Wozu iſt das?
2) Wird man in der Optik die Kindlein gewäh nen, in's Licht zu ſehen, was ihnen ja auch natürlich iſt, weil das Licht das zuerſt Sichtbare (lux primum
visibile). Man ſoll aber Acht haben, daß ſie nicht in allzuhelles Licht ſchauen, zumal im Anfang, damit das neue zarte Geſicht nicht geſchwächt werde. Ein mittel mäßiges Licht und ſonſt glänzende Dinge kann man
ſie allmählich ſehen laſſen, inſonderheit grüne Farben. Im zweiten und dritten Jahre beſteht die Uebung in der Optik, wenn man ihnen etwas Gemachtes oder Gefärbtes zeiget: die Schönheit des Firmaments, der Bäume, Blumen, der fließenden Waſſer.
Auch kann
man ihnen Korallen an die Händlein binden oder an den Hals hängen, ſchöne Röcklein anziehen u. dergl., weil ſie alle ſolche Dinge gerne anſchauen. In einen Spiegel ſchen ſchärfet das Geſicht und iſt den Kindern anmuthig. Im vierten Jahre und weiter werden ſie
in der Optik zunehmen, wenn man ſie bisweilen hin austräget oder führet, als in Vorwerke, Gärten, Wieſen, Aecker oder zum Waſſer, damit ſie ihre Augen erluſtigen mit Anſchauen des Teiches, der Täume, Kräuter, Blu
men, fließenden Waſſer, wie ſich in der Mühle die Räder drehen u. dergl. Auch iſt ihnen anmuthig aller
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lei Gemälde in den Büchern, an den Wänden 2c. Das
Alles kann man ihnen mit Freuden gönnen, ja man ſoll ſie ſogar mit Fleiß zu ſolchen Sachen anweiſen. 3) In der Aſtronomie unterweiſet man ſie im
zweiten oder auf's längſte im dritten und vierten Jahre, wenn ſie das Firmament des Himmels anſchauen und erkennen lernen, was die Sonne, der Mond und was ein Stern ſei. Im dritten oder vierten Jahre können
ſie auch begreifen, daß die Sonne und der Mond auf und nieder gehn, daß der Mond bisweilen ganz ſcheinet und bisweilen gar nicht, welches man ihnen auch weiſen kann und ſoll. Im 6. Jahre ſollen ſie verſtehen lernen, daß im Winter der Tag kurz und die Nacht lang, im
Sommer dagegegen der Tag lang und die Nacht kurz ſci 2c.
4) In der Geographic können ſie bald am Ende des 1. Jahres einen Anfang haben, wenn ſie ihre Wiege oder ſonſt ihren Ruheort von dem Schooß der Mutter
oder ſonſt unterſcheiden lernen; im zweiten und dritten Jahre wird ihre Geographie ſein: die Stube kennen zu lernen, darin ſie erzogen werden, wo ſie zu ſchlafen, wo ſie zu eſſen, und wohin ſpazieren zu gehen pflegen, ebenſo wo das Licht, wo die Wärme zu ſuchen iſt. Im dritten Jahre werden ſie in der Geographic zunehmen, wenn ſie nicht allein die Stube, ſondern auch die Küche, Kammer, den Hof, Pferdeſtall, Garten und was in und
um das Haus iſt, kennen lernen; im vierten Jahre können ſie ſich auf der Gaſſe, dem Markte, bei den Nachbarn, beim Vetter, Großvater und den Muhmen u. ſ. w. bekannt machen; im fünften und ſechſten Jahre können ſie in alledem geſtärkt werden, und vielleicht
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auch verſtehen lernen, was eine Stadt, ein Dorf, ein Acker, ein Berg, ein Fluß 2c. ſei. 5) Sollen ſic auch kennen lernen den Unter
ſchied der Zeiten, was Tag, was Nacht, was Früh, was Abend, was Mittag, Vesper und Mitternacht heißet, wie oft ſie des Tages eſſen, ſchlafen und beten ſollen; das ſoll ihre erſte Chronologie ſein. Dar nach mögen ſie lernen, daß eine Woche ſieben Tage hat und wie einer auf den andern folget, daß die erſten
ſechs Werk etage, der ſiebente aber der Sonntag ge nannt werde, daß man am Sonntag äußerliche Arbeit
nicht verrichte, ſondern in die Kirche gehe und des
Gottesdienſtes abwartet, daß dreimal im Jahre hohe Feſte gefeiert werden: Weihnachten, Oſtern, Pfingſten. Weihnachten im Winter, Oſtern im Frühling, Pfingſten im Sommer, daß man im Herbſt Weinleſe halte, welche
Dinge ſie zwar auch durch den Gebrauch erfahren und faſſen, doch iſt es nützlich, mit ihnen auch davon kindi ſcher Weiſe zu ſchwatzen und ſie alſo zu unterrichten,
wie die Zeit die Gelegenheit an die Haud gicbt. 6) In der Hiſtorie und dem Behalten geſchehe
ner Dinge ſollen ſie auch geübt werden, ſobald ſich ihnen die Zunge anfängt aufzuthun und zwar mit kleinen kindiſchen Fragen: Wer hat dir das gegeben?
Wo
wareſt du geſtern ? vorgeſtern? (beim Großvater, bei der Muhme?) Was haben ſie dir gegeben? Was hat dir der Herr Pathe zu geben zugeſagt, wenn du wirſt in die Schule gehen? An andere Dinge zu denken kommt von ſelbſt und iſt natürlich.
Was das
Kind ſicht oder höret, das bleibt in ihm ſtecken, ſon derlich wo ein ſinnreicher Verſtand iſt, weil ſein Ge
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dächtniß anfängt einzuſammeln, da iſt dann nöthig, Acht zu haben, daß es nur gute Dinge, was zur Gottesfurcht und andern Dingen nütze iſt, einſammle; verhüten aber ſoll man, daß ſchädliche Dinge ihren Augen und Ohren vorkommen.
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7) In der Oekonomie oder was das Verſtänd
ſtändniß der häuslichen Angelegenheiten betrifft, können ſie im erſten und zweiten Jahre lernen wer Mutter, Vater, Amme heißt, darnach andere im Hauſe unter
ſcheiden und kennen. Im dritten Jahre verſtehen ſie, daß Vater und Mutter gebieten, andere aber gehorchen; im vierten und fünften Jahre können ſie anfangen,
ihre Sachen ſclber zu verwahren, daß ſie ihre Kleider kennen, welche zum Wochentag und welche zum Sonn
tag gehören, wo ſic unterſchiedliche haben, daß ſie dic ſelben nicht beflecken, zerreißen oder ſonſt beſchädigen. Weiter werden ſie leicht verſtehen, wozu Kiſten, Kaſten,
Kammern, Keller, Schlöſſer, Schlüſſel ſeien, nämlich da mit nicht ein Jeder überall hinkommen könne. Was mehr im Hauſe iſt, da mögen ſie entweder durch äu ßerlich Anſchauen ſelber darauf kommen, was es ſei,
oder es mag ihnen von den Aeltern, Brüdern oder Schweſtern etwas erzählet werden. Dazu hilft denn auch, wenn man ihnen allerlei Hausgeräthe in der Ge ſtalt eines Spieles darreicht, indem man ihnen kleine
Pferde, Schäflein, Gabeln, Töpflein, Tiſchlein, Krüglein, Schüſſelein giebt. Darum man ſolche kindiſche Dinge ihnen nicht allein um der Kurzweil willen, – weil ſie immer etwas zu thun haben müſſen, – ſondern auch des Nutzens halben gern verſchaffen ſollte. Denn das heißt einen Jungen nach ſeiner Weiſe unterrichten
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(Sprüche Sal. 22, 6), nämlich ihn allmählich durch ſolche kindiſche Poſſen zum Verſtändniß rechtſchaffener
Sachen bringen. 8) Mit der Politik ſteht's bei ihnen in dieſen erſten Jahren ſchlecht. Denn wenn ſie gleich Jemanden einen Herrn, Amtmann, Bürgermeiſter, Vogt 2c. nennen hören, mögen ſie, weil ſie doch nicht dabei ſind, noch wiſſen oder faſſen mögen, wann und bei wem ſolche Perſonen ihre Verrichtungen haben, und wenn ſie gleich zugegen wären, faſſen ſie es doch nicht, weil es für ihren Verſtand abgelegene Dinge ſind, und iſt auch nicht nöthig, ſie dazu anzuhalten. Das aber kann ſein, daß ſie ſich zur politiſchen Convorſation gewöhnen, nämlich wenn ſie verſtehen, – deſſen auch bei den Sitten iſt gedacht worden – wem ſie unterthan ſein und auf wen ſie Achtung geben ſollen, auf daß ihr Umgang mit Vater, Mutter und Geſinde vernünftig ſei, daß z. E.: wenn Jemand rufet, ſie ſchuldig ſeien,
ſich umzuſehen, ſtille zu ſtehen und zu vernehmen, was er will; daß ſie, wenn ſie gefragt werden, fein ant
worten, und wenn es gleich ſcherzweiſe geſchehe, wie wir denn gern mit dieſem Alter zu ſpielen und ſcherz
weiſe zu reden pflegen. Daher ſollen ſie auch gelehrt werden zu verſtehen, wenn man ſcherzweiſe oder im Ernſt redet, und wiſſen, wie ſie Scherz mit Scherz oder mit Lächeln beantworten ſollen; wenn man aber was ernſtlich
befiehlt, es bald thun. Wie denn aus dem Angeſicht und Geberden deſſen, der etwas redet oder befiehlt, unſchwer entnommen werden kann, ob's Scherz oder Ernſt ſei,
wenn nur diejenigen, welche mit Kindern umgehen, ſich vorſichtig zu halten wiſſen, daß ſie mit den Kindern
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nicht liederlich oder zur Unzeit und bei ehrbaren Dingen (beim Gebet, bei Vermahnung zum Guten oder beim Strafen) ſcherzen oder im Gegentheil liederlich oder zur Unzeit (auch mitten im Scherz) ſich ſtreng erzeigen, zor nig ſind, die Kinder anſchreien oder ſie ſchlagen. Denn dadurch wird das Kind verwirrt, daß es nicht weiß, wie es etwas verſtehen ſoll. Wer daher ein verſtändig Kind haben will, der muß verſtändig mit ihm umgehen und nicht erſtlich einen Narren aus ihm machen, der nicht wiſſe, wie er daran ſei.
So wird auch durch Fabeln und Mährlein von wilden Thieren oder ſonſt artlich gefaſſeten Dingen der Kinder Verſtand fein geſchärfet. Denn ſie hören ſie
anſtatt der Hiſtorien gern und behalten ſie leicht. Und weil gewöhnlich ſolch kleine Fabeln eine Moral oder einen Lehrpunkt in ſich ſchließen, kann man ſie um zwic
fachen Nutzens willen lernen laſſen, theils damit ihr Gemüth mit ſolchen anmuthigen Dingen einigermaßen beſchäftigt werde, theils damit ſie das, was ihnen künf tig nützlich ſein wird, leichter faſſen. Dies ſei davon geſagt, wie man die Jugend im
Verſtand verſtändiglich üben ſoll.
Und ſetze ich noch
dics hinzu: In allen dieſen Dingen können zwar die Aeltern
ſammt den Ammen viel thun, aber der Kinder Ge ſpielen und Nebenkinder vielmehr, ſei es, daß ſie ein
ander etwas erzählen, ſei es, daß ſie mit einander ſpielen. Denn unter Kindern vermag viel das gleiche Alter, die gleiche Art, gleiche Gedanken. Die Erfindung des Einen iſt den Andern nicht zu hoch. Unter ihnen iſt keine Herrſchaft, kein Zwang, keine Furcht, kein
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Schrecken, ſondern gleiche Liebe, Aufrichtigkeit und ein freics Fragen über Alles, was kommt, was uns Alten Alles mangelt, wenn wir mit Kindern umgehen wollen. Darum zweifle Niemand, daß ein Kind des Andern Verſtand mehr ſchärfet, als ſonſt Jemand. Und eben
darum kann wohl erlaubt werden, daß die Kinder täg lich auf der Gaſſe oder ſonſt wo zuſammen kommen und mit einander ſpielen. Nur darauf ſoll man Achtung geben, daß keine böſe Geſellſchaft ſich darunter menge, denn dann würde der Schaden größer ſein als der
Nutzen. Wenn daher anſtändige Aeltern in der Nach barſchaft etwas von ſolchen übclgezogenen Kindern merken, ſollen ſie demſelben bei Zeiten vorbauen und ſich vor
ſehen, daß ihre Kinder mit ſolchem Pech ſich nicht beſudeln.
Das ſiebente Capitel handelt davon, wie die Kinder zu einem thätigen Leben und zur Arbeit ſollen ge wöhnet werden.
Die Kinder thun gern allezeit etwas; denn das junge Blut kann nicht lange ſtill ſtehen, und ſolches iſt ſehr gut. Darum ſoll man es ihnen auch nicht wehren, ſondern vielmehr Anlaß dazu geben, daß ſie immer etwas zu thun haben. Laß ſie Ameislein werden, welche immer herumkriechen, tragen, ſchleppen, einlegen, um legen; nur damit ſie etlicher Maaßen mit Verſtand thun,
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was ſie thun ſollen, muß man ihnen beiſtehen und von allem Thun, wenn es gleich kindiſche Dinge wären, wie man ſie denn in andern nicht üben kann, ihnen ein Muſter zeigen uud ſich alſo nicht ſchämen, mit ihnen zu ſpielen. Man ſchreibt von einem großen Staatsmann der
Athener, vom Themiſtokles, daß, als ein Jüngling zu ihm kam und ihn ſammt ſeinem Sohnc auf einem Stecken reitend fand und ſich hierüber ſchier verwunderte, daß ein ſolcher vornehmer Mann ſich ſo kindiſch hielte und mit einem Kinde ſpielte, er ihn gebeten habe, er wolle es Niemanden ſagen, bis er ſelber würde Kinder haben. Themiſtokles gab alſo damit zu verſtehen, wenn jener ſelber würde Vater werden, ſo würde er erſt ver
ſtchen lernen, was die väterliche Zuneigung zu den Kindern ſei und ſich das nicht mehr befremden laſſen, was er jetzt für kindiſch hieltc. So oft nun die Kinder etwas von Andern ſehen und es verſuchen nachzuthun, ſoll man es ihnen nicht wehren. Weil aber bei etlichem Thun Gefahr iſt (als mit dem Meſſer ſchneiden, mit der Axt hauen 2c), et liche Dinge auch alſo beſchaffen ſind, daß, wenn man
ſie den Kindern giebt, leichtlich daran Schaden geſchicht, (als mit Gläſern, Töpfen, Büchern 2c. umgehen), ſo
wird's gut ſein, anſtatt ſolcher wirklichen Inſtrumente ihnen kindiſche Spielſachen darzureichen, als bleierne Meſſer, die ſtumpf ſind, hölzerne Wehren, alte unnöthige Bücher, hölzerne Pfeifen, Pauken, Pferde, kleine Wagen, Schlitten, Mühlen, Häuſer und dergleichen. Mit ſolchen Sachen können ſie immer ſpielen und
alſo ihren Leib üben, damit das Gemüth friſch und die
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Gliedmaßen des Leibes behend werden. Dic Kinder bauen und kleben auch gerne von Leim, Spänen, Holz
oder Steinen Häuſer, welches ein Anfang der Baumeiſterei iſt. In Summa: womit nur die Kinderſpielen wollen, ohne ſich zu ſchaden, dazu ſoll man ihnen licber verhelfen, denn es verwehren, weil Müßiggehen dem Leibe und auch dem Gemüthe ſchädlich iſt.
Wenn man aber nach den Stufen des Alters geht iſt im erſten Jahre ihre Werkarbeit, wenn ſie das Mäul chen aufthun, das Köpflein halten, die Augen umwenden, etwas in die Hände nehmen, ſitzen, ſtehen u. ſ. w. ler nen, welches Alles aber ſie durch die Natur ſelbſt ohne große Mühe erlangen. Im andern und dritten Jahre werden ſie die Mechanik etwas beſſer begreifen. Denn da lernen ſie verſtehen, was da iſt: laufen, ſpringen, ſich um drehen, mit etwas ſpielen, etwas anzünden, auslöſchen, Waſſer ausgießen, mit etwas fochern, von einem Ort zum andern legen, aufheben, niederlegen, umreißen, bauen, zuſammenbinden, aufbinden, krümmen, aufgericht ſtellen, brechen, ſchneiden 2c.
Und das Alles kann man
ihnen wohl vergönnen, auch nachdem es die Nothdurft erfordert, zeigen.
Das vierte, fünfte und ſechſte Jahr wird voll Hand werkarbeit ſein.
Denn es iſt kein gut Zeichen, wenn
das Kind allezeit ſtill ſitzet; herumlaufen und allezeit etwas vorhaben, iſt ein gewiſſes Zeichen eines geſunden Leibes und friſchen Gemüthes. Darum, wie ſchon ge
ſagt iſt, Alles was ſie verſuchen, ſoll man ihnen gönnen und dazu verhelfen, damit Alles, was ſie thun, etwas
Gd
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Verſtand habe und zu weitern größern Dingen nütz lich ſei.
Es ſollen auch Kinder in dieſer Mutter - Schule zum Malen und Schreiben angeführet werden, daß ſie bald im dritten und vierten Jahre, (darnach man ihre Neigung merket) mit Kreide oder Kohle Punkte, Linien, Kreuze und Ringlein malen, wie ſie wollen, was man ihnen weiſen kann bei ſpielender Weiſe. Denn alſo werden ihre Hände fähig, die Kreide zu halten, und Züge zu machen und was ein Punkt oder Linie ſei, begreifen, was ſpäter den Lehrern zum hübſchen Vortheil gereichen wird.
Anlangend die Dialektik, die kann nicht anders ſein denn natürlich und durch Gewohnheit begriffen. Nämlich was die Kinder allhier ſehen oder hören, das denken und reden ſie nach, es ſei gut oder böſe. Darum hier davon nichts weiter zu befehlen iſt. Der Arithmetik Anfang iſt kaum im dritten oder vierten Jahre, wenn ſie anfangen erſtlich bis zu 5, darnach bis zu 10 zu zählen oder zum wenigſten es
deutlich auszuſprechen, wenn ſie gleich, was das ſei, anfangs noch nicht verſtehen. Darnach werden ſie von ſelber verſtehen, wozu das Zählen gut ſei. Im fünften und ſechsten Jahre lernen ſie bis zu 20 deutlich zählen und daß 7 mehr iſt denn 5, 15 mehr denn 13, und was gleich oder ungleich, geſchwind errathen. Sie hierin weiter zu führen, ſie mit Addition und Subtraktion befchweren, iſt umſonſt und ſchädlich, weil dem Gemüthe des Menſchen faſt nichts Schwerers ein gehet als die Zahl Geometrie werden ſie anfangen zu begreifen im
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dritten Jahre, wenn ſie verſtehen werden, was groß oder klein, kurz oder lang, breit oder eng heißt. Im vierten Jahre werden ſie etliche Figuren nennen können, nämlich was ein Rad, Linie, Kreuz, Strich ſei, letzlich die Namen der Maaße, was eine Hand breit, Spanne, Elle, Klafter, Wage, Topf, Quart 2c. ſei und was ſie
mehr ſclbſt begreifen; ja wohl ſchon ſelber zu meſſen, zu wägen, eins gegen das andere zu halten ſich un terſtchen werden. Die Muſik iſt uns das Natürlichſte.
Denn ſo
bald wir zur Welt geboren werden, fangen wir bald an das Paradiesliedlein zu ſingen; weinen ſage ich, und klagen iſt unſere erſte Muſik, welche man den Kindern nicht verwehren kann, und wenn es auch möglich wäre, ſoll man's nicht thun, weil es zur Geſundheit dienet. Denn weil ſie zu dieſer Zeit keine andre Leibesübung haben, ſo entledigen ſich die Brüſte und reinigen ſich neben andern innerlichen Gliedmaßen durch das Weinen.
Im andern Jahre fängt die äußerliche Muſik an den Kindern anmuthig zu werden, nämlich das Singen, Geigen, Tſchirren, Lauten, Seigerſchlagen und andere muſikaliſche Inſtrumente.
Darum ſoll man ihnen ſolche
mittheilen, und damit ihre Ohren und Gemüth zur Melodie gewöhnen. Im 3. Jahre beſtehet der Kinder Muſik auch noch im Zuhören.
Wenn man nun vor
oder nach Tiſche oder zum Gebete ſinget, ſoll ſolches in Gegenwart der Kinder geſchehen und ſoll man ſie ver mahnen, daß ſie helfen mitſingen, und kann dazu auch Jemand auf einem Inſtrument ſpielen.
Auch ſoll man
ſie mit in die Kirche nehmen, da die ganze Gemeinde einmüthiglich ſinget. Im vierten Jahre iſt bei etlichen
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Kindern das Singen kein unmöglich Ding; bei denen aber, die langſamer ſind, die Muſik zu begreifen, kann es aufgeſchoben werden. Es kann auch den Kindern (beſonders den Knaben) eine Geige, Pauke, Pfeife er laubt werden, daß ſie lernen pfeifen, klimpern, daß ihr
Gehör an allerlei Melodien gewöhnet werde und die ſelben von ihnen nachgeahmt werden. Im fünften Jahre wird es Zeit ſein, daß ſie
ihren Mund zu geiſtlichen Liedern und Geſängen auf thun und anfangen, mit ihrer Stimme Gott ihren Schöpfer, zu loben, als z. E. Nach dem Morgengebet: Laß mich den Tag vollenden Zu Lob dem Namen Dein; Laß mich von Dir nichts wenden, Laß mich beſtändig ſein. Bewahr mir Leib und Leben, Dazu die Frücht im Land; Was Du mir haſt gegeben, Steht Alles in Deiner Hand.
Vor dem Eſſen: Geſegn' uns Herr die Gaben Dein; Die Speiſ' laß unſ're Nahrung ſein; Gieb, daß dadurch erquicket werd' Der dürft'ge Leib auf dieſer Erd'. Doch, Herr, das zeitlich' Brod allein Kann nicht genug zum Leben ſein; Dein göttlich Wort die Seele ſpeiſt, Hilft uns zum Leben allermeiſt.
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Nach dem Eſſen: Herr Gott, Vater im Himmelreich, Wir, Deine Kinder, allzugleich Sagen Dir herzlich Lob und Dank Für dieſe Deine Speiſ' und Trank, Damit Du reichlich uns begabt, Den Leib geſtärkt, das Herz gelabt, Dafür Dein Nam' von uns auf Erd' Durch Chriſtum ſtets gepreiſet werd'. Amen, daß iſt: es werde wahr, Stärk unſern Glauben immerdar, Auf daß wir ja nicht zweifeln dran, Was wir hiermit gebeten han, Auf dein Wort in dem Namen dein
So ſprechen wir das Amen fein.
Ueber 2 oder 3 Monat ein Vers nach dem Mor gengebet. Nach dem Abendſegen: Vater, Dein Nam' werd' von uns gepreiſt, Dein Reich komme,
Dein Will' werd' erweiſt; Friſt unſer Leben, Woll'ſt die Schuld vergeben, Erlöſ' uns. Amen.
Im 6. Jahre können ſie um Weihnachten dieſen Vers lernen:
Du edles Kindlein Jeſu Chriſt, Der du unſer Tröſter biſt, Wollſt uns deinen Geiſt ſchenken, Unſer Herz nach deinem Willen lenken, Daß wir die Zeit uuſrer Jugend Zubringen mit Tugend,
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Und folgen deinem Beiſpiel, Vollbringen, was dein Vater will. In den Faſten: Hilf, Chriſte, Gottes Sohn, Durch dein bitter Leiden,
Daß wir, dir ſtets unterthan, Alle Untugend meiden; Deinen Tod und ſeine Urſach' Fruchtbarlich bedenken, Dafür, wenn auch nur ſchwach, Dir Dankesopfer ſchenken. Amen.
Um Oſtern: Jeſns Chriſtus, unſer Heiland, Der den Tod überwand, Iſt auferſtanden,
Die Sünd' hat er bezwungen.
Kyrie eleiſon.
Der ohne Sünde war gebor'n Trug für uns Gottes Zorn, Hat uns verſöhnet, Daß Gott ſein' Huld uns gönnet. Kyrie eleiſon. Tod, Sünden, Teufel, Leben und Gnad', Alles in ſeinen Händen er hat; Er kann erretten
Alle, die zu ihm treten. Kyrie eleiſon.
Um Pfingſten; Ehr' ſei Gott in dem höchſten Thron, Dem Vater aller Güte,
Und Jeſu Chriſt, ſeinem liebſten Sohn, Der uns allzeit behüte, Und Gott dem heiligen Geiſte, Der ſeine Hilf uns allezeit leiſte,
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Damit wir ihm wohlgefällig ſein Hier in dieſer Zeit Und vollends in der Ewigkeit. Amen.
Darnach weiter im Jahre: Sei Lob und Ehr mit hohem Preis Um dieſer Gutthat willen Gott Vater und heiligem Geiſt Der will mit Gnad erfüllen,
Was er in uns angefangen hat Zu Ehren ſeiner Majeſtät Daß heilig werd ſein Name. Sein Reich zu komm, ſein Will auf Erd G'ſcheh wie ins Himmels Throne. Das täglich Brod ja heut uns werd, Woll unſrer Sünd verſchone, Als wir auch unſern Schuldgern thun Laß uns nicht in Verſuchung ſtahn Lösuns vom Uebel.
Amen.
Dies Alles und wohl darüber, können die Aeltern ſammt den Ammen am Abend nach verrichteter Arbeit oder nach dem Eſſen mit den Kindlein ſingen und gar leicht in ſic bringen; denn ihr Gedächtniß iſt ſchon fähiger und geſchickter etwas zu faſſen, als zuvor, –
auch wegen des Reimes und der Melodie. Und je mehr ſie ſolche Geſänge behalten haben, deſto mehr werden ſie ihnen gefallen, und wird alſo Gottes Ruhm aus dem Munde der Unmündigen bereitet werden. O welch ein ſcliges Haus iſt das, wo ſolch' Da vidiſche Muſik angeſtimmt wird!
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Das achte Capitel. Wie die Kinder in der Beredſamkeit, oder daß ſie wohl reden lernen, ſollen geübt werden.
Zwei Stücke ſind es, welche den Menſchen von
den unvernünftigen Thieren unterſcheiden: Vernunft und Rede; das Erſte bedarf er um ſeiner ſelbſt willen, das Andere ſeines Nächſten wegen. Darum man für Beides einerlei Sorge tragen ſoll, damit Beides das Gemüth und die daraus herfließenden Leibesbewegungen und auch die Zunge wohl ausgebildet werden. Und weil angezeigt iſt, wie junger Leute Gemüth in Erkenntniß der Dinge und auch im Angreifen aller lei Handarbeit ſoll unterſtützet werden, ſo wollen wir
auch etwas ſagen, wie die Zunge ſoll ausgebildet wer den, damit ſie einen Anfang in Grammatik, Rhe torik und Poeſie machen könne. Die Grammatik läßt ſich bei etlichen Kindern
im halben Jahre ihres Alters merken, wenn ſie näm lich anfangen etliche Buchſtaben und Sylben auszuſpre chen, als a, e, i, ha, ba 2c. Aber im anderen Jahre kommt ſchon etwas mehr, wenn ſie ganze Worte auszu
ſprechen wagen, davon man ihnen die leichteſten vorzu ſprechen pflegt, als Tata, Mama, Papa. Denn es iſt natürlich, daß man mit dem Leichteren anfange.
Das aber was wir Erwachſene ausſprechen Vater, Mutter, eſſen, trinken, fällt ihnen gar ſchwer und iſt ihnen unmöglich. Darum man ihnen jene leichteren Wörter gönnnen ſoll. Doch wenn ſie weiter kommen und die Zunge beſſer
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umdrehen können, iſt es Schade mit ihnen zu zärteln und ſie zu verwöhnen, daß ſie nicht das r ſcharf und deutlich ausſprechen, ſondern anſtatt das r ſagen etliche l, „hell, el höle“ ſtatt „Herr erhöre“ 2c. Manche Aeltern geben ſolches etliche Jahre hindurch ihren Kindern nach, und ſagen nichts dazu, und wenn dann die Zeit kommt, etwas Größeres und Mehreres zu lernen, müſſen ſie dann erſt wieder zurecht bringen, was verderbt iſt.
Aber warum ſollte nicht die Mutter,
Schweſter oder Amme dem Kinde, wenn es ſchon den Mund wohl aufthun kann, aus Spiel oder Kurzweil vor ſprechen, wie alle Buchſtaben und Sylben eigentlich und ſcharf auszuſprechen ſeien? Es ſei zuerſt in kurzen Worten, als zum Beiſpiel das r in Roth, Paar, Herr, wer oder auch nur in einzelnen Silben und Buchſtaben, als er, zet, ka 2c. Warum ſollte man ſich das ver drießen laſſen? Und wäre das die erſte Uebung in der Grammatik, welche ſich bisweilen bis ins dritte Jahr verziehen muß, indem manche Kinder ziemlich langſam und ſtumpf ſind.
Im vierten Jahre ſoll man Achtung geben, daß die Kinder die Accente gut ausſprechen, was ſie auch ſchon aus Gewohnheit lernen; denn was für eine Aus ſprache ſie hören, einer ſolchen gewöhnen ſie auch. Im fünften und ſechſten Jahrc werden ſic, wie im Verſtande ſo auch in der Sprache ſtark fortſchreiten, wenn man ſie nur darin übet, daß ſie, was ſic an ſich haben, was ſie im Hauſe ſehen, womit ſie umgehen, auch nennen lernen. Darum ſoll man ſie oft fragen: Was iſt das? Was haſt du? Was machſt du? Wie
heißt das? wobei immer wieder darauf zu achten iſt,
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daß ſie die Worte fein ſcharf und eigentlich ausſprechen lernen. Mehr iſt ihnen hier nicht zu gebieten, außer daß ſie auch durch Scherz ergötzt und geübt werden; z. B. wer am beſten und ſchnellſten ein längeres Wort ausſprechen könnte, wie Taratamara, Nabuchodonoſor, Conſtantinopolitaniſche.
Auch die Rhetorik nimmt hier ſchon ihren Anfang, freilich erſt in ihrem letzten Theil, in den Geberden. Denn ehe das Kind zu recht gründlicher Ausſprache ge langt, kann man es mit äußerlichen Geberden lenken, wenn man es nimmt, aufhebet, niederleget, ihm etwas weiſet, es anlachet und damit andeutet, daß es uns wieder anſehe, das Händlein gebe, anlache, auf uns zu laufe. Wir gewöhnen uns alſo eher durch Geberden als durch die Sprache einander zu verſtehen, wie man ja auch mit tauben und ſtummen Leuten thun muß. Es kann aber hierin ein Kind im erſten und an dern Jahre ſo weit abgerichtet werden, zu verſtehen, was ein fröhliches oder trauriges Angeſicht ſei, was es heiße, mit dem Finger drohen, mit dem Haupte ſich neigen, mit den Händen zu ſich locken oder von ſich ab weiſen. Dies Alles verſtehet ein Kind gar leicht, und iſt dies ſchon eine Grundlage einer rhetoriſchen Handlung. Bisweilen fangen ſie im dritten Jahre an, neben den Geberden auch ſchon Redefiguren zu gebrauchen, indem ſie etwas fragweiſe, etwas mit Verwunderung, etwas mit halbem Verſchweigen erzählen. Was die Tropen betrifft, wie nämlich ein Wort anſtatt eines andern gebraucht wird, davon können ſic
nicht eher viel faſſen, als bis ſie die eigentliche Bedeu tung der Wörter recht verſtehen gelernt haben. Indeſſen,
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wenn ſie von ihres Gleichen etwas der Art vernehmen als z. B. Siehe, wie dich der Apfel anlacht, faſſen ſic es bald auf. Auch braucht man ſich nicht zu ſorgen, ob ſie es verſtehen oder ob ſie es nachmachen können. Denn dazu iſt noch Zeit genug, zierlich reden zu lernen. Ich habe mir nur vorgenommen zu zeigen, wie ſich die Wurzeln aller Künſte von Jugend auf in allen Kindern zeigen, und es nicht ſchwer iſt, auf ſolchem Grunde weiter fortzubauen, wenn man nur mit den vernünftigen Creaturen vernünftig umgehet. Daſſelbe kann auch von der Poeſie, welches eine Kuuſt iſt die Worte in Reime oder Verſe zu zwingen,
geſagt werden. Ihre Anfänge ſind frühzeitig zu finden denn ſobald ein Kind anfängt, Worte zu verſtehen, fängt es auch bald an, an der Poeſie, an den Reimen ſeine Luſt zu haben. Deshalb kann man an ihren Wiegen ſingen: Schlaf, mein Kindlein feſte, Das iſt dir das Beſte 2c. *)
Inſonderheit aber kann man das ſchöne Wiegen lied des ſeligen Herrn Mattheſius gebrauchen: Nun ſchlaf, mein liebes Kindelein, und thu die Aeuglein zu; Denn Gott, der will dein Vater ſein, drum ſchlafin guter Ruh. Dein Vater iſt der liebe Gott und wills auch ewig ſein
Der Leib und Seel gegeben hat wol durch die Aeltern dein. Und da du warſt in Sünd geborn wie Menſchenkinder all' Und lagſt dazu in Gottes Zorn um Adams Sünd und Fall. *)
O mi pulle, mi puelle, dormi pelle, Claude bellos tu ocellos, curas pelle!
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Da ſchenkt er dir ſeinen lieben Sohn, den ſchenkt eriu den Tod Der kam auf Erd vom Himmels Thron half dir aus aller Noth.
Ein Kindlein klein ward er geboren am Kreuz ſein Blut vergoß. Damit ſtillt er ſeins Vaters Zorn macht dich von Sünden los. Hör, was dir Chriſt erworben hat mit ſeiner Marter groß, Die heilig Tauf, das ſelig Bad, aus ſeiner Seite floß. Darin biſt du nun neu geborn durch Chriſti Wunden roth Verſchlungen iſt Gotts grimmig Zorn dein Schuld iſt quitt und los. Mit ſeinem Geiſt er dich auch krönt aus lauter Lieb und Treu. Der in dein zartes Herzlein ſtöhnt und macht dich ganz ſpanneu. Er ſendet dir auch ſein Engelein zu hüten Tag und Nacht, Daß ſie bei deiner Wiegen ſein und halten gute Wacht. Damit der böſe Geiſt kein Theil an deiner Seele find Das bringt dir Alles Chriſti Heil drum biſt ein ſelig Kind. Dein Vater und der Mutter dein befiehlt er dich mit Fleiß Daß ſie dein treue Pfleger ſein, ziehn dich zu Gottes Preis. Dazu das liebe Jeſulein geſellt ſich zu dir fein Will dein Emanuele ſein und liebes Brüderlein. Drum ſchlaf mein liebes Kindelein, preis Gott den Vater dein Wie Zacharias Hänſelein, ſo wirſt du ſelig ſein. Der heilige Geiſt der ſegne dich, bewahr dich allezeit Sein heilger Nam behüte dich, ſchütz dich vor allem Leid. Amen, Amen, ja das iſt wahr, das ſagt der heilge Geiſt, Geb Gott daß du von heut zu Jahr ein gottſelig Menſch ſeiſt.
Solche Lieder ſind den Kindern ſo lieb, daß ſie auch darüber einſchlafen, und könnte man dergleichen Reime mehr machen, welche ihnen die Ammen aus Kurz weil vorſängen, nicht allein um ſie damit einzuwiegen, ſondern auch damit ſie ihnen im Gedächtniß verbleiben und künftighin nützlich werden.
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Im vierten, fünften und ſechsten Jahre werden
ſie in der Poeſie zunehmen, wenn ſic etliche Verslein auswendig lernen, wovon drunten bei der Erziehung zur Gottesfurcht geredet werden ſoll. Denn ob ſie ſchon, was ein Vers iſt, noch nicht verſtehen, ſo können ſie doch durch ſolche Uebung leicht dahin gebracht werden, einen Unterſchied zu machen zwiſchen einer ſchlechten und
einer gebundenen Rede.
Das neunte Capitel. Wie die Jugend in Tugenden und guten Sitten auferzogen werden ſoll.
Was für äußerliche Tugenden der Jugend einzu pflanzen ſind, iſt im vierten Capitel erwähnt worden; jetzt ſoll gezeigt werden, wie man ſolches vorſichtig und mit gewiſſem Nutzen thun könne, wie man ſolches dieſem zarten blöden Alter einbringen könne. Gleichwie ein junges Bäumchen viel leichter kann
gebogen werden, – damit es ſo oder ſo wachſe, – denn ein alter hartgewachſener Baum, alſo kann ein Menſch in dieſem ſeinem erſten Alter zu Allem viel
leichter angeleitet werden, denn hernach, wenn man nur die rechten Mittel gebraucht, als da ſind 1) ein ſtetes Vorbild aller Tugenden und guten Sitten, 2) eine zeitige und vorſichtige Unterwei ſung,
3) eine mittelmäßige Zucht.
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Gute Exempel ſind der Jugend ſehr von Nöthen, wie in der gemeinen Didactica mit mehreren ange zeiget worden, weil Gott den Kindern eine offene Art eingepflanzet hat, nämlich Alles, was ſie an Andern thun ſchen, alsbald nachzuthun, und zwar der Art, daß wenn man gleich einem jungen Kinde weder dies noch jenes zu thun befiehlt, doch es mit bloßem Sehen und Hören Alles zu verrichten wohl gewöhnt werden kann.
Darum in dem Hauſe, wo Kinder ſind, die
größte Aufacht von Nöthen iſt, damit nichts wider die obengenannten Tugenden geſchehe, ſondern ſich Alle zu gleich der Mäßigkeit, der Ehrerbietigkeit gegen einander und des Gehorſams und der Wahrhaftigkeit befleißigen. Wird dies rechtſchaffen und vollkömmlich gehalten, ſo iſt gewiß, daß alsdann nicht viel Worte, ſie zu unter
weiſen, noch Strafen, ſie zu zwingen, nöthig ſein werden. Weil aber die Erwachſenen ſclbſt oft und viel aus den
Schranken ſchreiten, ſo iſt es kein Wunder, daß junge Leute eben daſſelbe thun, was ſie an Andern thun ſehen, zumal weil ohnedies unſre Natur verderbet iſt und zum Böſen mehr als zum Guten von ſich ſelbſt hinneigt. Es muß daher auch Unterweiſung dabei ſein, doch bei guter Gelegenheit und mit guter Vorſichtigkeit. Gelegenheit aber iſt immer da, wenn man ſiehet, daß ein Kind auf gute Exempel nichts giebt, oder wenn es nach andrer Exempel etwas thun will und es doch nicht treffen kann. Da iſt es dann Zeit zu ſagen:
So und ſo mache es! Siehe, ſo mache ich's. Siche, ſo macht's Vater und Mutter. Ei, ſchäme dich. Thue es nicht, du wirſt kein guter Sohn werden, wenn du
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dich ſo aufführeſt. So machen es die Bettler, die Bauern, die Ochſentreiber 2c. Weitläufiger, als ſo, die Kinder zu unterweiſen und ihnen viel vorzupredigen, iſt noch nicht Zeit, auch richtet man damit nichts aus. –
Bisweilen muß darum auch die Strafe oder Zucht ruthe zu Hilfe genommen werden, damit die Exempel und Vermahnungen deſto gewiſſer bei ihnen haften. Es giebt aber zwei Stufen der Disciplin. Erſtlich ſoll man, wenn ein Kind etwas Ungebührliches oder Boshaftes thut, es anrufen, doch mit Verſtand, damit man es nicht erſchrecke, ſondern nur aufmuntere, daß
es auf ſich Achtung gebe; auch darf man es mit Wor ten zu Schanden machen und darauf, daß ſie dies Un
ſchickliche unterwegs laſſen,
auch mit Drohworten
vermahnen.
Sieht man, daß ſich das Kind bald zurecht findet und zur Beſſerung anläßt, ſo ſoll man es auch bald oder über eine Weile loben. Denn mit vernünftigem und zu rechter Zeit angebrachtem Schelten und Loben kann man viel bei Kindern ausrichten, ebenſo wie auch bei andern Leuten. Hilft freilich das Alles nichts, ſo
folget der andre Grad der Strafe, nämlich mit der Ruthe ſchlagen, mit der Hand klopfen, auf daß das Kind in ſich gehe, ſich ſchäme und künftig beſſer auf ſich Acht habe. Hier muß ich nothwendig über die Affen - und Eſelslicbe etlicher Aeltern eifern, die ihren Kindern Allcs nachſehen und ſie ohne alle Zuchtruthe aufwachſen laſſen, ſie mögen thun, was ſie wollen, rennen, laufen, ſchreien, widermurren, ſich ſo ungeberdig ſtellen, als ſie
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wollen; den Aeltern iſt Alles gut; es iſt ein Kind, ein liebes Kind, man darf es nicht erzürnen; es iſt ein
Kind, es verſteht's nicht. O über dich ſelbſt ſo unverſtändiges Kind! Sich'ſt du bei deinem Kinde Unverſtand, warum hilfſt du ihm nicht, daß es verſtändiger werde!
Nicht dazu iſt es ja
geboren, daß ein Kalb oder Eſel ſondern eine vernünf tige Creatur aus ihm werden ſoll.
Weißt du nicht,
was die Schrift ſagt, daß Thorheit dem Knaben im Herzen ſtecke, aber die Ruthe der Zucht werde ſie ferne von ihm treiben. (Spr. Sal. 22, 15.) Warum hilfſt du ihm lieber in der natürlichen Thorheit auf, als daß du ihm mit der lieben heiligen, zeitigen und geſunden Zuchtruthe davon abhelfeſt? Glaube doch nur nicht, daß es das Kind nicht verſtehe. Denn verſtehet es, was da ſei muthwillig ſein, ſich erzürnen, das Maul aufblaſen, die Zähne zuſammenbeißen, Jemandem zum
Trotz etwas thun 2c., ei, ſo wird es auch gewiß ver ſtehen, was die Ruthe iſt und wozu ſie iſt. Nicht in dem Kinde, ſondern in dir, du unver
ſtändiger Menſch, ſtecket der Mangel, weil du nicht merkeſt, noch merken willſt, was dir und deinem Kinde zum Beſten dienen könne. -
Denn woher kommt es, daß manche Kinder her nach gegen dic Aeltern widerſpenſtig ſind und ſie auf mancherlei Weiſe betrüben, als daher, daß ſie nicht ge wöhnet ſind, ſich vor ihnen zu ſcheuen? Es iſt von den Alten nur allzu wahr geſagt, daß, wer aufwächſt ohne Scheu, der lcbet hernach ohne Scham, denn es muß die Schrift erfüllet werden:
Ruthe und Strafe giebt Weisheit, aber ein Knabe
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ihm ſelbſt gelaſſen, ſchändet ſeine Mutter. (Spr. 29, 15). Darum giebt die Weisheit Gottes daſelbſt den Aeltern einen ſolchen Rath (V. 17): Züchtige deinen
Sohn, ſo wird er dich ergötzen und wird deiner Seele ſanft thun. Wenn nun die Aeltern ſolchem Rathe nicht folgen, ſo haben ſie auch an ihren Kindern kein Er götzen, ſondern Schande, Marter und Unruh'. Wie denn ſolche Klagen oft gehört werden: ich habe böſe, ungehorſame, widerſpenſtige Kinder :c. Aber iſt's ein Wunder, daß einer, was er geſäet, einärntet? Du haſt ihnen allerlei Muthwillen in's Herz hineingeſäet und willſt die Früchte der Zucht einärnten? Es kann ſchlechterdings nicht ſein! Denn ein ungepflanzter wil der Baum kann nicht Früchte tragen. Du hätteſt dich bei Zeiten darum bekümmern ſollen, als das Bäumlein
noch zart und jung war; hätteſt du es da gebogen, ge lenket, gerade gemacht, ſo wäre es dir nicht ſo krumm
gewachſen. Weil aber viele Aeltern mit der Zuchtruthe ſo nachläſſig ſind, iſt's denn ein Wunder, daß ſie ſo wilde und ungezogene Kinder bekommen, wodurch Gott erzürnet und fromme Leute betrübet werden? Hierher gehören auch diejenigen feigen Aeltern, welche ihre Kinder nicht mit unfreundlichen Geſicht erzürnen wollen
und ſich faſt mehr vor den Kindern fürchten, als dieſe vor ihnen. Zwar ſind ſolche Aeltern bisweilen ſelbſt fromm, wollen. Alles mit guten Worten und freund
lichen Vermahnungen ausrichten, aber die Zuchtruthe doch nicht mit zu Hilfe nehmen, was doch nicht ſein kann.
Denn es hat ein verſtändiger Mann weislich ge ſagt, daß wenn gleich ein Kind ein Engel wäre, ſo
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bedürfte es doch der Ruthe. War nicht Eli, der Prieſter, ein frommer Mann? Hat er ſeine Söhne nicht auch fein ermahnt? (1. Sam. 2, 23. 24. 29.) Dennoch, weil er ſie nicht hart geſtrafet hat, ſind ſie ihm umge ſchlagen und er hat durch ſeine Nachläſſigkeit über ſich und ſein ganzes Haus große Betrübniß und Gottes
Zorn gebracht, und iſt zuletzt ſein ganzes Geſchlecht zu Grunde gegangen. (1. Sam. 3, 13. 14) D. Geiler von Kaiſersberg, der alte berühmte Straßburgiſche Pre diger, hat von ſolchen Acltern nicht übel folgendes Konterfei*) gegeben: Die Kinder raufen ſich in den Haaren, ſchlagen ſich, ſtechen ſich mit Meſſern, und der Vater – ſitzt dabei mit zugebundenen Augen. – Nun ſoll, wie die Kinder in den oben gedachten Tugenden beſcheidentlich geübt werden ſollen, ſtückweiſe Anleitung gegeben werden: 1) Die erſte Tugend iſt Mäßigkeit, weil ſie eine Grundveſte der Geſundheit und des Lebens, ja eine Mutter aller andern Tugenden iſt.
An dieſe werden ſie nun gewöhnt werden, wenn man ihnen das Eſſen und Trinken darreichet, ebenſo, wenn man ſie nur ſchlafen läßt nach Nothdurft der Natur.
Denn alſo thun auch die Thiere, die ſich
immer nach ihrer Natur richten und mäßiger denn die Menſchen leben.
Darum ſoll man den Kindern nur
dann zu eſſen, zu trinken, zu ſchlafen vergönnen, wenn ſie die Natur antreibt, d. i. wenn man an ihnen mer ket, daß ſie Luſt zu eſſen, zu trinken und zu ſchlafen
haben. Dagegen iſt es eitel Unverſtand, ihnen zum *) emblema.
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Eſſen, Trinken, Schlafen Urſach zu geben, ehe man bei ihnen Luſt dazu verſpüret; noch unverſtändiger iſt es, ſie mit Eſſen und Trinken über ihren Willen zu über füllen und zum Schlaf zu nöthigen. Es iſt genug, wenn man ihnen giebt, was die Natur begehrt. Doch ſoll man ſich wohl hüten, ihnen allerlei Leckerbiſſen und Näſchereien darzureichen. Denn das ſind rechte Schrotleitern, mit denen man mehr einpacket und ein
ſacket, als man bedarf, die rechten Reizmittel zur Völ lerei. Wohl kann man ihnen bisweilen einen Lecker biſſen geben, aber tägliche Nahrung und Speiſung daraus machen, ſchadet ſowohl der Geſundheit, als auch den Sitten. 2) Kann ſchon im erſten Jahre der Grund zur
Reinlichkeit und Sauberkeit gelegt werden, wenn man die Kinder ſo viel immer möglich reinlich hält, was die Ammen beſſer verſtehen, als man es hier beſchreiben kann. Aber im andern, dritten Jahr und weiter ſoll man ſie unterweiſen, wie ſie reinlich eſſen
und trinken, ohne Schmatzen, Fingerlecken, Zungeaus ſtrecken, wie ſie die Kleider zu Rathe halten, nicht muth willig beſudeln, zerreißen 2c., was die Aeltern oft aus Unverſtand ohne Rüge geſchehen laſſen. 3) Soll man ſie gewöhnen, auf die Alten Ach
tung zu geben, was leicht geſchieht, wenn man ſie nur merken läßt, daß man auch auf ſie genau Acht habe. Darum, wenn das Kind oft ermahnt, angerufen und zuweilen geſtraft wird, darfſt du nicht ſorgen; es wird ſchon eine Scheu haben; wenn man aber den Kindern Alles überſieht, wie etliche thun, die in ihrer Liebe gegen die Kinder kein Maaß wiſſen, kann nichts anderes
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daraus werden, als Muthwille und Halsſtarrigkeit. Es iſt zwar natürlich, die Kinder lieb haben, aber doch eine gute Vorſicht, die ganze Liebe die Kinder nicht merken zu laſſen. Denn nicht ohne großes Bedenken hat Jeſus Sirch geſagt: Ein verwöhnet Kind wird muth willig wie ein wild Pferd.
Zärtle mit deinem Kinde,
ſo muß du dich hernach vor ihm fürchten. Spiele mit ihm, ſo wird es dich hernach betrüben. Scherze nicht mit ihm, auf daß du nicht hernach trauern müſſeſt. (Sir. 30, 8–10.) Darum iſt es einem Vater und einer Mutter beſſer,
das Kind in Furcht und Scheu halten, als ihm alle ſein Herz blos offenbaren und ihm dadurch zur Kühn heit und Verwegenheit Anlaß geben.
Es iſt auch wohlgethan, wenn man andern Leuten, beſonders den Alten, vergönnet, ſie zu ermahnen und zu ſtrafen, auf daß ſie überall, ſie ſeien wo ſie ſeien
(und nicht nur in Gegenwart der Aeltern), auf ſich Acht haben und dadurch auch die Ehrerbietung und Scham vor anderen Leuten in ihren Herzen gepflanzet werde. Und ſind das unverſtändige Leute, welche ihre Kinder nicht ſcharf anſehen laſſen, und wenn ſie Jemand ver mahnet, ſich ihrer Kinder vielleicht ſelbſt in ihrem Bei
ſein, annehmen zu müſſen glauben, wodurch das junge Blut nur in weiterem Muthwillen, Verwegenheit und Stolz beſtärkt wird. 4) Soll man die Kinder im wirklichen Gehor ſam fleißig üben, weil dies hernach einen feſten Grund für viele ſchöne Tugenden geben wird, wenn ſie bei Zeiten ihren eigenen Willen brechen und auf anderer Leute Gutachten ſich richten. Laſſen wir doch ein junges
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Pflänzchen oder Bäumchen nicht wachſen, wie und wohin es will, ſondern binden es an einen Pfahl an, damit es aufrecht ſtehen und wachſen lernc.
Terentius hat wohl und recht geſagt: Omnes li centia reddimur deteriores, Eigenwille macht die Men ſchen nur ärger. So oft nun ein Vater oder Mutter
ſpricht: Laß bleiben, ſitze ſtill, gieb's Meſſer her, leg das hin 2c., ſoll man auch das Kind anhalten, nach dem Befehl zu thun, und wenn ſich der Eigenwille und Ungehorſam merken ließe, ſoll man durch Zuruf oder mit vernünftigen Strafen ihn vertreiben. 5) Lieſt man von den Perſern, die in der Ex
ziehung der Kinder großen Fleiß angewendet und darin vor anderen Nationen viel Lob haben, daß ſic ihre Jugend außer zur Mäßigkeit, auch ganz beſonders die Wahr heit zu reden und ohne alles Falſch zu ſein, ange halten haben, und nicht ohne Grund: denn eine falſche betrügliche Zunge haben, iſt ein greulicher Schandfleck am Menſchen, und Plutarch ſagt: ein knechtiſches Laſter
iſt Lügen und werth, daß alle Menſchen einen Abſcheu davor haben (Mendacium servile est vitium et a cunctis mortalibus insectandum). Und die heilige Schrift ſagt: Falſche Mäuler ſind Gott ein Greuel (Sp. 12, 22). Darum ſoll man die Kinder gewöhnen, wenn ſie etwas
gethan haben, daſſelbe nicht zu läugnen, ſondern es in aller Demuth zu bekennen, und was nicht iſt, auch nicht zu reden. Ja Plato will darum nicht einmal zulaſſen,
daß man vor Kindern Mährlein und erdichtete Fabeln erzähle, ſondern ſie lieber zu ernſten Dingen gewöhne. Wie wollen demnach die beſtehen, die die Kinder anleiten,
wenn ſie etwas gethan haben, es auf andere zu ſchieben, 6
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und wenn ſie ſolches können, noch ein Lachen und Kurz weil daraus machen?
Aber wem iſt damit am aller
übelſten gedienet, als eben dem Kinde! Wer gewöhnt wird, Lügen für Kurzweil zu halten, wird zuletzt ſelbſt cin fertiger Lügner.
6) Wider die Gerechtigkeit zu handeln und fremde Dinge zu begehren, würde bei dieſem erſten Alter wenig Eingang finden, wenn es nur die Ammen und Andere, die mit den Kindern umgehen, ihnen nicht beibrächten.
Aber es pflegt zu geſchehen, daß man vor
den Kindern einander etwas wegnimmt und verhehlet, Speiſe ſich heimlich zueignet oder fremdes Eigenthum angreift. Geſchehe es im Ernſt oder im Scherz, wenn's die Kinder ſehen, lernen ſie es auch, dieweil ſie wie
Affen ſein, was ſie ſehen, das klebet ihnen an und thun cs nach. Darum iſt es nothwendig, daß Ammen und Kinderpflegerinnen ſich ſo vorſichtig als möglich verhalten. 7) Lic be und Gutthätigkeit gegen Andere zu üben, kann ein Kind auch ſchon in den erſten Jahren allmählich ſich gewöhnen, wenn es ſieht, wie die Aeltern gern Almoſen unter die Armen austheilen, oder wenn es ſelbſt auch ermahnt wird, mitzutheilen von dem, was es hat, und es, ſo es ſolches thut, ge lobt wird.
8) Müßiggang, haben die Väter geſagt, iſt des Teufels Polſter. Denn wen der Teufel müßig findet, den macht er ſicher unmüßig und ſieht, daß er ihm zu ſchaffen giebt, erſt mit böſen Gedanken und darnach mit böſen Werken. Darum iſt es klug gehandelt, wenn man dem Menſchen von Jugend auf keinen Müßiggang
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geſtattet, ſondern ihn in ſteter Arbeit übet, weil da durch dem Verſucher der Weg verhauen wird. Freilich muß hier die Arbeit verſtanden werden nach kindiſcher Art – und wenn's gleich nichts anderes wäre – wie es ja auch nicht anders ſein kann – als nur Kinder
ſpiel. Es iſt beſſer ſpielen, als nichts thun. Im Spicl iſt das Gemüth geſchäftig und wird oft geſchärfet. Iſt alſo nicht ſchwer die Kinder zur Arbeit zu gewöhnen, weil ſie die Natur ſelber darzu treiben thut, daß ſie immer etwas gerne zu thun haben. 9) So lang die Kinder reden lernen, mag ihnen erlaubt ſein zu lallen und zu plaudern, was und wie
ſie können und wollen. Aber wenn ſie reden gelernt
haben, iſt es ein ſehr nöthiges Ding, daß ſie auch ſtill ſchweigen lernen. Nicht, daß wir ſtumme Klötze aus ihnen machen ſollen, ſondern vernünftige Bilder.
Wer es für ein gering Ding hält, ſtillſchweigen zu lernen, der verſteht wenig, ſagt Plutarch, weil ein ver ſtändiges Stillſchweigen ein Anfang zu größerer Weis heit iſt. Denn mit Stillſchweigen, ſagt er, hat ſich noch Niemand zu Schaden gebracht, aber wohl mit Reden. Und wenn das auch nicht wäre, aber weil die beiden
Stücke, Reden und Schweigen in unſerm ganzen Leben nothwendige Stücke und, wenn ſie recht gebraucht wer den, eine feine Zierde ſind, ſoll beides ſchon jetzt gleich wie in einer Wurzel zuſammengefüget ſein, alſo daß wir eins neben dem andern lernen.
Darum ſollen die Kinder angehalten werden, ſtill zuſchweigen, vornehmlich daß ſie beim Gebet und beim Gottesdienſt, daheim und in der Kirche, ſtill ſeien und nicht ſchreien, laufen, rücken oder ſchwatzen. Auch
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ſollen ſie, wenn Vater und Mutter etwas befehlen, ſtill zuhören, was ihnen geſagt wird. Der andere Theil dieſer Tugend iſt, bedachtſam reden, daß ehe ſie etwas fragen oder auf etwas ant worten, ſich bedenken, was und wie ſie es verſtändig vorbringen wollen. Denn Plaudern, was einem gerade in den Mund kommt, gehöret den Narren zu und nicht denen, ſo eine vernünftige Kreatur geben ſollen. 10) So kann auch ein Kind einen guten Anfang in der Geduld machen, wenn man nicht zu viel mit ihm zärtelt und liebkoſet. Es laſſen ſich bei etlichen Kindern ſchon frühzeitig böſe Leidenſchaften merken, welche, wie die Dornen unter den Blumen, am beſten bald im Anfang auszujäten ſind. Bei manchem Kinde iſt
z. E. Eigenwille und Widerſpenſtigkeit; was es im Kopfe hat, das will es haben, ſchreiet mit Gewalt dar
nach und ſtellt ſich ungeberdig; bei einem andern iſt Zorn, Bosheit, Rache; es wirft, beißt und kratzet um ſich.
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Weil aber das keine natürlichen Eigenſchaften ſind, ſondern beiwachſendes Unkraut, ſo müſſen verſtän dige Pfleger ſolchen böſen Dingen bald in der Wurzel abhelfen und wehren. Es kommt einem Kinde in die ſem erſten Alter leichter an, daß es von ſolcher Art ab gehalten werde, und geſchieht mit viel größerem Nutzen als hernach, wenn man ſchon ſolche Dinge hat einwurzeln laſſen. Vergeblich iſt es, daß Etliche vorgeben, es ſei ein Kind, es verſtehe es nicht. Wahr iſt es, daß wir im Garten unnütze Kräuter, ſobald ſie aus der Erde
kommen, nicht jäten können, weil man ſie noch nicht recht von der Saat unterſcheiden und mit der Hand
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faſſen kann, aber es iſt auch nicht minder wahr, daß man nicht warten muß, bis ſie aufwachſen, weil ja als
dann die Neſſel mehr brennt, die Diſtel mehr ſticht und unterdeſſen die guten Kräuter im Wachsthum auf gehalten werden. Ja wenn man das Unkraut, welches ſo ſtark aufgewachſen iſt, mit Gewalt ausreißen will, wird auch oft der Saat die Wurzel mit ausgeriſſen, und verdirbt dann Alles.
Darum, lieber Freund, ſobald du Unkraut, Neſſcln, Diſteln merkeſt, ſo reiß' es nur bald aus, und du wirſt
bald erfahren, daß alsdann die guten Kräuter deſto beſſer wachſen werden. Siehſt du, daß das Kind über Nothdurft Honig, Zucker zu ſich nimmt, ſo ſei du ver ſtändiger als das Kind und gieb's ihm nicht. Gehe mit ihm weg, fange etwas Anderes mit ihm an, frage auch
nicht nach ſeinem Weinen; laß es weinen, es wird's wohl auch laſſen und wird ſehr großer Nutzen darauf
folgen. Eben ſo wenn es muthwillig und eigenſinnig ſein will, geſtatte es ihm nicht, ruf es an, ſchlag zu, leg' das Ding, darnach es ſchreiet, beiſeits, ſo wird das Kind wohl merken, daß es auf dich Acht haben und nicht, was ihm vorkommt, ſondern was dir wohlgefällt, thun ſoll. Ein zweijähriges Kind iſt zu ſolcher Disci plin nicht zu jung. Doch muß man auch vorſichtig ſein, daß man das Kind nicht zum Zorne reize, ſonſt könnte es dahin ge bracht werden, daß es endlich keiner Vermahnung oder Strafe achten würde. 11) Die Kinder zu üben und anzuleiten dienſt
haftig zu ſein, hat keine ſonderliche Mühe, weil ſie von ſelber gern Alles angreifen. Und das ſoll man
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ihnen nicht wehren, ſondern ſie nur unterrichten, wie ſie ſolches vernünftig thun. Vater und Mutter können daher das, was ſie
ſelber thun oder durch's Geſinde verrichten laſſen, bis weilen auch den Kindern befehlen, als: Mein Kindlein, reich' mir das her; leg' das auf die Bank; trage es auf den Tiſch; geh' und rufe Paulchen; ſage, daß Anna heim komme; gieb dem Bettler einen Pfennig; lauf' zur Großmutter, ſag' ihr einen guten Tag und ich ließ fragen, wie's ihr ginge, komm aber bald wieder, und das Alles, nach dem des Kindes Alter und Geſchicklich keit 2c. es geſtattet.
Man ſoll aber auch in Behendigkeit ſie üben, damit, wenn man ihnen etwas befiehlet, ſie das Spie len ſtehen laſſen und friſch aufſpringen. Gewöhnen ſic ſich hieran in der Jugend, daß ſie gern und mit Luſt den Aeltern dienen, ſo wird es ihnen hernach eine herr liche Zierde ſein. 12) In der Höflichkeit pflegen die Aeltern ihre
Kinder ſo viel zu unterweiſen, ſo viel ſie ſelbſt davon verſtehen; darum iſt hier beſonderer Unterricht nicht von Nöthen. Ein liebes Kind iſt dies, welches ſich gegen die Aeltern und auch gegen andere Leute freundlich, lieblich, holdſelig ſtellen kann, was manchem Kinde gleich wie angeboren iſt. Bei manchem dagegen muß Uebung ſein. Darum man auch dieſes bei ihnen nicht verſäu -
men ſoll. 13) Zum Letzten: Damit ſolches Licbkoſen nicht äffiſch ſei und mit Unverſtand geſchehe, ſoll es mit Zucht,
Scham und Kunſt gemäßigt werden. Jener Eſcl, als er
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einmal ſah, wie das Hündlein mit ſeinem Herrn ſcherzte und ſpielte, ſprang er auch auf ſeinen Schooß, unter
fing ſich auch, ihn zu lecken und zu liebkoſen. Weil es ihm aber anſtand wie einem Eſel, bekam er für ſeine ungereimte und zudringliche Vertraulichkeit einen guten Prügel. Daher bei Kindern, was einem wohl an = ſtehet, beachtet werden muß. Und ſollen ſie deswegen auch unterwieſen werden in den äußerlichen Geberden, nämlich richtig ſitzen, aufrecht ſtehen, gerade gehen, nicht krumm, nicht gebuckelt, nicht hin und her geſchaukelt und getaumelt 2c. Desgleichen wenn ſie etwas bedür fen, daß ſie bitten ſollen, und wenn man ihnen etwas giebt, daß ſie danken ſollen; wenn ſie Jemand begegnen, daß ſie grüßen, empfangen ſie Jemand, daß ſie ſich
verneigen und die Händlein darreichen; wenn ſie mit Höhern reden, daß ſie die Händlein ſtill halten, den Hut abziehen und was mehr zu guten löblichen und ehrlichen Sitten gehört.
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Das zehnte Capitel. Wie die Jugend zur Gottesfurcht angeleitet werden ſoll. Freue dich nicht und poche nicht darauf, daß du
viel Kinder haſt, wenn ſie Gott nicht fürchten. Denn es iſt beſſer Ein frommes Kind, denn tauſend gottloſe. Und iſt beſſer, ohne Kinder ſterben, denn gottloſe Kinder haben, ſagt Sirach im 16. Capitel V. 1, 3, 4. Da rum ſollen vor allen Dingen die Aeltern ſich darum
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kümmern, wie ſie ihre Kinder zur wahren innerlichen und ungefärbten Gottesfurcht erziehen möchten, ohne welche alle Künſte und guten Sitten mehr ſchädlich denn nützlich ſind, eben ſo wie ein Meſſer, Schwert
oder Axt in der Hand eines Wahnwitzigen deſto ſchäd licher ſind, je ſchärfer ſie ſind. Nun kann zwar im erſten und zweiten Jahr bei
den Kindern wegen ihre Unmündigkeit und ihres großen Unverſtandes wenig ausgerichtet werden, außer dem, was Gott ſelbſt thut durch die Natur und ſeine inner liche Gnade, aber es muß doch auch von uns etwas
gethan werden, wie es unſere heilige Pflicht iſt, damit wir, ſo viel an uns iſt, Gott und der Natur wirken helfen. So können wir für ſie beten, ſie durch das Sacra
ment der heiligen Taufe Chriſto, ihrem Erlöſer, über geben und ſeiner Gemeinde einverleiben und ihnen den heiligen Geiſt als den rechten innerlichen Führer und Lehrer von Gott erbitten. Sobald die Aeltern merken, daß Gott ſie mit einem
Kindlein ſegnen will, ſollen ſic Gott um ſeinen gnädigen Segen und innerliche Heiligung eifrig anrufen, weil die Schrift bezeuget: Wer heilig ſein ſoll, der werde von Mutterleibe an bereitet und ausgeſondert (Jer. 1, 5; Pſ. 22. 11; Jeſ. 49, 1).
Macht aber dann Gott ſein
Geſchenk ſichtbar und bringet es hervor aus der Finſterniß an das Licht, ſo ſind die Aeltern zu Ehren der allmächtigen Hand Gottes, welche hier wie auf friſcher That (wie ein frommer Theologe geſaget hat) ergriffen wird, ſchul dig, den neuen Gaſt mit einem Kuſſe zu empfangen. Denn das iſt gewiß, was jene fromme und verſtändige
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Mutter bekannte, daß wir nicht wiſſen, wie die Kindlein
in unſem Leibe gebildet werden; den Athem und das Leben geben wir ihnen auch nicht, die Gliedmaßen er theilen wir ihnen auch nicht, ſondern der, der die Welt
und alle Menſchen geſchaffen hat (2. Macc. 7, 22). Und ſehen nun die Aeltern das neugeborene Kind lein friſch und geſund mit vollkommenen und unverletzten
Gliedern, ſo ſollen ſie alsbald dem allmächtigen Gott in aller Demuth danken und ihn eifrig bitten, daß er es wolle mit dem Schutz ſeiner heiligen Engel vor Ge fahr behüten und zu glückſeliger Auferzichung ſeinen himmliſchen Segen ertheilen; darnach ſollen ſie zuſehen, daß ſie, was ihnen Gott gegeben, Gott auch auf's aller eheſte durch die heilige Taufe wiedergeben und Gott bitten, daß er, was er geſchaffen hat, auch in Chriſto ſelig mache, ihm ſeinen heiligen Geiſt zum Wegweiſer der Seligkeit gebe und dadurch alsbald ſeine Gnade
ihm verſiegle; ſollen auch treulich geloben, daß wenn Gott ihrem Kindlein das Leben friſten werde, ſie es von aller Eitelkeit der Welt und des Fleiſches abhalten und zu der Ehre Gottes mit treuem und aufrichtigem Herzen auferziehen wollen. Alſo that Hanna, die Mutter Samuelis', welche
vor und nach der Geburt ihren Sohn Gotte im eifrigen Gebete opferte, und Gott erhörte ſie und hat ihr Kind geſegnet. Denn Gottes Barmherzigkeit kann nicht leicht von ſich ſtoßen, was ihm in Demuth und Eifer über geben wird. Hingegen wenn hierin auch fromme Ael
tern bisweilen nachläſſig ſind, ſo giebt ihnen Gott oft böſe und ungerathene Kinder, damit offenbar werde, daß es lauter Gaben Gottes ſind.
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Die wirkliche Anleitung der Kinder zur Gottſelig keit kann dann etwa im andern Jahre begonnen wer den, wenn ſich der Verſtand merken läßt und ſich wie eine Blume aus der Knospe hervorthut: wenn ſie an fangen einen Unterſchied zwiſchen dem einen und dem andern Dinge zu machen, die Zunge ſich löſet und ſie
verſuchen verſtändige Worte zu bilden. Dann bekommt
man mehr Gelegenheit, dieſe Uebung mit den Kindern anzufangen, doch allmählig und ſpielweiſe. Da ſollen, wenn die Aeltern beten, vor oder nach
Tiſche ſingen, die Kinder gewöhnet werden, daß ſie ſtill ſitzen oder ſtehen, die Händlein zuſammenfalten und ſtille halten.
Und lernen ſie das gar leicht, wenn man ihnen
nur an ſich ſelber ein Beiſpiel giebt, und ihnen an fangs ein wenig die Händlein zuſammengefaltet hält. Damit aber aus ihrem eigenen Munde Gottes Lob ſich
auszubreiten anfange, ſoll man ſie lehren niederknieen, die Hände falten, gen Himmel ſehen und kurze Gebet lein beten als: Himmliſcher Vater, erbarme dich unſer
in Chriſto Jeſu, deinem geliebten Sohne. Amen. Und wenn ſie dann innerhalb eines oder zweier Monate ſolches Gebet gelernet haben, kann man ihnen früh und Abends das Vater Unſer vorſprechen – doch nicht ganz auf einmal, ſondern erſt den Eingang mit der erſten Bitte.
Und wenn nun darin das Zünglein
und Gedächtniß ſich ein wenig geübet hat, kann man die zweite und die anderen Bitten Woche um Woche nach und nach dazu thun.
So wird das Vater Unſer ihnen leichter ankom men, als wie es ſonſt gemeiniglich geſchieht, wenn es ihnen auf einmal vorgeſagt wird. Da muß man es
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ſie zwei bis drei Jahre lehren, und ſie werden es den noch nacheinander ſchwerlich herſagen können. Zum Dritten kann man dem Kind auch bisweilen den Himmel weiſen und zu verſtehen geben, daß unſer Herr Gott, welcher Alles das geſchaffen hat, und von welchem uns Speiſe, Trank, Kleidung und Alles herkommt, darinnen wohnet, und daß man eben darum im Gebet zu ihm aufſiehet. In dieſem Jahre kann -
man es lernen laſſen:
O lieber Herr Gott! Verleihe mir, daß ich Dich fürchten, Vater und Mutter gehorchen und dir geſallen möge. Gieb mir deinen heiligen Geiſt, der mich lehre und erleuchte, um Jeſu Chriſti willen.
Amen.
Später kann man zum allgemeinen chriſtlichen Glauben ſchreiten, damit ſie denſelben, ehe das Jahr um iſt, lernen mögen, was leicht geſchehen kann, wenn
man täglich nach dem Gebet Früh und Abends (ja wohl auch vor und nach dem Tiſche) den erſten Artikel im erſten Monat, den erſten und andern im zweiten Monat, den erſten, zweiten und dritten im dritten Monat ihnen
vorſpricht und ſie aufſagen läßt. Es kann aber der neue Artikel, der zu dem vorigen gethan wird, auch außerhalb des Gebetes mit repetiret werden. Man kann ihnen auch vergönnen, daß ſie knieend beten, ſte hend aber den Glauben herſagen, damit ſie den Unterſchied merken zwiſchen dem, was ein Gebet und was keines iſt. Daneben wird es ſchon Zeit ſein, bei aller Gele
genheit von unſerm Herr Gott vor ihnen zu reden, damit ſie ſich gewöhnen, wenn ſie immer hören, wie ſeiner gedacht wird, auf ihn zu achten, ihn zu fürchten und zu lieben, und kann man ihnen hierzu allezeit durch
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dienliche Mittel Anlaß geben. Z. E. zeige man ihnen oft den Himmel, und ſage, daß Gott daſelbſt wohne; die Sonne, daß uns Gott das Licht gebe, wenn es donnert und blitzet, daß Gott den Böſen drohet 2c.
Man kann ihnen auch verſprechen, daß, wenn ſie gerne beten und Vater und Mutter gehorchen würden, ihnen Gott ein ſchönes Röcklein oder Pelzlein be ſcheeren werde, wo aber nicht, ſo werde er ſie hart ſtrafen.
Und wenn man ihnen ein neues Kleid anzieht,
oder ein Frühſtück giebt, oder ſonſt etwas Anmuthiges, kann man ſagen, daß es ihnen Gott beſcheere und mit theile. Geht man mit ihnen zum Begräbniß, ſoll man ihnen zeigen, wie der todte Körper eingeſcharrt werde, und dabei ſagen, daß Gott den Tod geſendet u. dergl., und das Alles zu dem Ende, damit Gott und ſeines
Namens Gedächtniß bei ihnen einwurzele. Sollte nun etwa Jemand denken, das wären kin
diſche Sachen, die man hier vorſchreibet, dem diene zur Antwort, daß es freilich kindiſche Sachen ſind.
Denn
wir gehen hier ja mit Kindern um und können hierbei nicht anders als kindiſch verfahren. Machet es doch Gott der Herr mit uns Erwachſenen in ſeinem Wort und ſonſt in dieſem Leben ebenſo, daß er mit uns wie mit Kindern redet und handelt, dieweil wir in göttlichen und himmliſchen Dingen rechte Kinder ſind und ſo hoch,
als er oder auch die heiligen Engel, nichts verſtchen können (1. Cor. 13, 11).
Accommodiret ſich nun Gott
zu unſerer Schwachheit, warum ſollen wir uns nicht auch unſeren Kindern accomodiren?
Wenn die Kinder das Glaubensbekenntniß nun ge lernet haben, kann man ſic die heiligen zehn Gebote
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lehren, und zwar auf dieſelbe Weiſe hierbei mit ihnen verfahren, wie beim Gebet und Glauben angezeigt wor den iſt, alſo daß man nicht alle Gebote auf einmal
(denn ihr Verſtand iſt noch zu eng und ihr Gedächtniß noch zu ſchwach) ihnen vorſage, ſondern ſtückweiſe. Zum Exempel kann man das erſte Gebot eine Woche nach
nacheinander früh nach dem Gebet und Glauben, Mit tags nach dem Eſſen und Abends wieder nach dem Ge bet mit ihnen ſprechen, und ſo fort. Und zwar ſoll das Kind (oder die Kinder) im Beiſein des Vaters oder der
Mutter, oder der Kinderwärtin oder irgend welcher dazu verordneten Perſon ſclbſt es aufſagen, die anderen aber ſollen Achtung geben, daß die Kinder nicht fehlen, oder wenn ſie ja etwas verſähen, daß ſie bald zurecht gebracht werden. Nicht weniger aber ſoll man auf ihre Geberden Achtung geben, daß man ihnen nicht zulaſſe, ſich beim Gebete umzuſehen oder umzudrehen, oder mit den Händen
etwas vorzuhaben, auf daß ſie ſich zur Andacht gewöhnen, und wende man dabei Ermahnung und Erinnerung bald mit der Ruthe, bald mit Entziehung des Frühſtücks an. Das Vermahnen kann geſchehen vor dem Gebet, das Erinnern beim Gebet, das Strafen aber nach dem Gebet, doch bei friſchem Gedächtniß, damit das Kind
merke, warum es geſchche. Nur muß man in alle dem mit Vernunft verfahren, damit das Kind vor den hei ligen Dingen keine Abſcheu empfinden lerne, ſondern ſie vielmehr lieber und immer lieber gewinnc. Im fünften Jahre kann man ſie in der Gottſelig keit alſo üben, daß ſie erſtlich den Abendſegen: Ich danke Dir mein himmliſcher Vater 2c., und dann den Mor genſegen lernen, und den Segen vor und nach Tiſche
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werden ſie ohne Zweifel von ſelbſt faſſen, weil er täg lich von Anderen gebetet wird. Im fünften und ſechſten Jahre kann man auch etliche Verſe mit ihnen ſingen, wie ſchon droben im 7.
Cap. bei der Muſik gedacht iſt. Damit aber die Gottesfurcht, wenn ſie erſt Wur
zeln geſchlagen hat, kein Hinderniß habe, wird es gut ſein, wenn man in dieſem Alter allem böſen Anlaß ſteure, daß nichts Böſes und Schändliches, damit die
Herzen der Kinder vergiftet werden können, von ihnen geſehen, noch gehört werde. Denn gleichwie (nach Spr. 18, 17) wer eher zum Richter kommt, deſſen Sache ſcheinet gewiſſer zu ſein, ſo iſt auch dies ewiglich wahr, daß die (primae impressiones haerent firmissime) erſten
Eindrücke am feſteſten haften, nämlich was jungen Leuten einmal beigebracht wird, es ſei Gutes oder Böſes, klebet ihnen, ſo lange ſie leben, am allertiefſten an. Die nach folgenden Dinge können jene erſten, die ſchon eingewur zelt ſind, gewißlich nicht ſo leicht hinwegräumen, wie es wohl geſchehen kann, daß die hernach vor den Richter kommende Partei die von ihrer Widerpart vorgebrachte Sache umſtoßen kann. Denn der Richter, da es ihm am Alter und Verſtand nicht mangelt, giebt der Sache
Recht, welche am Beſten bewieſen wird, ſie ſei zuerſt oder hernach vorgebracht; die ander aber muß weichen.
– Aber der Verſtand junger Kinder, der ſich erſt bil det, iſt einem Wachſe gleich, welches dasjenige Siegel feſthält, welches zuerſt hineingedrückt iſt, und welches kein anderes annimmt, es werde denn Gewalt gebraucht, und zuletzt wird es doch nicht glatt. Jedoch iſt auch hier noch ein großer Unterſchied. Denn das Wachs kann ja, damit das erſte Bild ver
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gehe, wieder erwärmet und erweichet werden, aber dazu, daß unſer Gehirn ſollte wieder fahren laſſen, was es einmal begriffen hat, iſt kein Mittel vorhanden. Es kann keine Kunſt, noch Weg erdacht werden, wie der
Menſch dasjenige, was einmal in ſeinem Verſtande und Gedächtniß eingegraben iſt, wieder auslöſchen und weg ſchaffen könne, wenn er gleich es ſelbſt tauſendmal gerne wollte, geſchweige daß er es auf anderer Leute Befehl thun ſollte. Darum hat auch Themiſtokles nicht unbillig, ſich lieber die Kunſt des Vergeſſens (artem oblivionis), als die Kunſt des Behaltens (artem memoriae) ge wünſchet, weil das unſers Gedächtniſſes natürliche Kraft iſt, was es einmal gefaſſet hat, auch leicht zu behalten, aber ſchwer wieder fahren zu laſſen.
Deshalb ſollen Aeltern auf nichts ſo ſehr Achtung geben, wenn ihnen die Seligkeit ihrer Kinder lieb iſt, als daß ſie, wenn ſie ihre Kinder zu allem Guten an
leiten, wiederum alles Böſe von ihnen fern halten. Sie ſollen daher nicht allein ſelbſt fromm und heilig leben, ſondern auch ihr Geſinde dazu anhalten – wo nicht, ſo gilt von ihnen, was Chriſtus der Herr ſaget: Wehe dem, der eines dieſer Geringſten ärgert (Matth. 18, 6. 7). Und der Dichter Juvenal, obwohl ein heid niſcher Mann, hat geſchrieben: Scheuet euch All' vor eurem Kind, Vater, Mutter und Hausgeſind! Haſt du etwas Böſes im Sinn, Thu's nicht vor ihm, ſei nicht ſo kühn!*) *) Maxime debetur puero reverentia; si quid Turpe paras, ne tu pueri contempseris annos, Sed peccaturo obsistat tibi filius infans.
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Das elfte Capitel. Wie lange die Jugend in der Mutterſchule zu behalten ſei. Gleichwie wohlriechende Kräuter und fruchtbare Bäumlein, nachdem ſie aus ihrem Samen hervorge ſchoſſen ſind, in eine andere Erde, in den Luſt oder Baumgarten verpflanzet werden, damit ſie luſtiger wachſen und liebliche Früchte tragen, eben ſo ſollen auch die Kinder, wenn ſie im Schooße der Mutter ein wenig erzogen und am Leibe und Gemüthe erſtarket ſind, den Baumgärtnern, d. i. den Schulmeiſtern, zur Sorge über geben werden. Sie gerathen dann beſſer. Denn ein umgepflanztes Bäumlein wächſet allezeit ſchöner, und Gartenfrüchte ſind doch immer beſſer als Holzfrüchte.
Wann aber und wie ſoll dies geſchehen? Ich rathe nicht, daß man ſchon vor'm ſechſten Jahre ein Kind aus dem Schooße der Mutter entlaſſe und den
Lehrern zur Unterweiſung überantworte. Denn 1) bedarf das noch zu kindliche Alter mehr Wartung und Aufacht, als daß ein Lehrer, welcher einen
ganzen Haufen Kinder in ſeiner Fürſorge hat, dem genug thun könnte; 2) iſt es beſſer, daß ſich das Gehirn erſt ſetze, ehe denn -
es anfängt geſchäftig zu ſein. Nun macht ſich im fünften oder ſechſten Jahre beim Kinde die Hirn ſchale kaum recht zu, und wird das Gehirn inner halb ſolcher Zeit erſt feſt und ſtandhaft; darum ſoll man zufrieden ſein mit dem, was das Kind in
der Uebung daheim von ſelbſt leicht und ſpielweiſe begreifet.
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3) Wer aber dennoch anders verfahren will, der thut ein unnützes Ding.
Denn wenn ein kleines, ſchwa
ches Pflänzlein zum Pfropfen genommen wird, ſo wächſt es ſchwach und langſam; die ſtarken aber treiben kräftiglich fort. Desgleichen wenn du ein
Rößlein allzuzeitig anſpannen willſt, ſo wird es ge wißlich geſchwächt; läßt du ihm aber Zeit zum Aufſchießen, ſo wird es deſto ſtärker ziehen und
den geringen Vorzug wohl einbringen. 4) Iſt's auch nicht zu lange, mit den Kindern bis in das ſechſte oder bis zum Anfang des ſicbenten Jahres zu warten, wenn man nur unterdeſſen die
nothwendigen Stücke, darinnen die Kinder zu Hauſe in den erſten Jahren ſollen geübt werden, nicht verſäumet. Wenn ein Kind nach der oben ange gebenen Weiſe daheim in Gottesfurcht, guten Sitten, inſonderheit in Ehrerbietung und Gehorſam gegen die Oberen, desgleichen im Verſtande, in behender Verrichtung dieſer oder jener Sache, im Reden und
Ausſprechen der Worte geübet wird, ſo wird es nicht zu ſpät ſein, im ſechſten Jahre das Kind in die öffentliche Schule zu ſchicken.
Hingegen iſt es auch nicht rathſam, das Kind länger als bis zum ſechſten Jahre daheim zu behalten, weil ja das Kind innerhalb ſechs Jahren Alles, was es zu Hauſe lernen ſoll, gar leicht ausgelernt haben kann, und wenn es dann nicht bald zu guten Uebungen an gewieſen wird, wird es ſich gewiß an unnützen Müßig gang gewöhnen und verwildern. Ja es enſteht die Ge fahr, daß es durch Müßiggang dieſe oder jene Fehler ſich angewöhne, welche dann, gleich einem dichten Un 7
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kraut, ſchwer auszujäten ſind. Darum iſt es am Beſten nur nach einander fortzufahren. Jedoch iſt zuletzt zu erwähnen, daß auch hier mit Unterſchied zu verfahren iſt, und iſt die Regel nicht ſo ſtreng zu nehmen, als ob allein ſechsjährige Kinder zur Schule gebracht werden müßten. Es kann auch um ein halbes Jahr eher oder ſpäter geſchehen – je nachdem das Kind geſchickt iſt. Denn mancher Baum trägt ſchon im Frühjahr Obſt, ein anderer im Sommer, noch ein anderer im Herbſt; aber das ſichet man, daß die frühe Blüthe eher abfällt, die langſamere eher aushält. Des gleichen dienet das frühzeitige Obſt nur für die gegen wärtige Zeit, das Spätobſt aber hält ſich länger. Darum wenn etliche frühzeitige Köpfe zeitig flügge werden wollen (vorm ſechſten, fünften oder vierten Jahre), ſo iſt es doch gut, ſie lieber etwas zurückzuhalten, denn anzutreiben. Sonſt wer vor der Zeit einen Doctor haben will, der bekommt hernach kaum einen Bacca laureus, bisweilen auch gar ein Närrchen. Und eine junge Rebe, welche im Anfange allzuſehr wächſt und viel Trauben bringt, trägt ſich aus, wird in der Wur zel geſchwächt und hat nichts Beſtändiges. Hingegen giebt es auch langſamere Köpfe, mit denen man kaum in ſiebenten oder achten Jahre etwas Nützliches vornehmen kann.
Mein Rath gilt daher von
denjenigen jungen Leuten, die mittelmäßigen Verſtandes ſind, und deren es die meiſten giebt. Hat nun Jemand ein klügeres oder beſchränkteres Kind, der mag weiter bei den Lehrern ſich Raths erholen. Dies aber werden die Anzeichen ſcin, ob ein Kind
tüchtig ſei, in die gemeine Schule gebracht zu werden:
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1) wenn es kann, was es in der Mutterſchule hat Lernen ſollen; 2) wenn man ſiehet, daß es auf das, was man es fraget, aufmerket und wenn es auch etwas mit Vernunft
beantworten kann; 3) wenn ſich an ihm eine Luſt nach einer höheren Ausbildung zeiget.
Das zwölfte
Capitel
Wie die Acltern und Pfleger die jungen
Kinder zur öffentlichen Schule zubereiten ſollen. Ein jegliches Ding in der Welt, ſo es mit Nutzen
in die Hand genommen werden ſoll, bedarf guten Rathes und guter Vorbereitung. Ehe man betet, ehe man zum Gericht geht, ehe man von etwas reden will (auch wenn die Rede klar wäre), ſoll man doch für's Erſte der Sachen gewiß werden (Sir. 18, 19. 20. 21; 33, 4). Auch iſt es billig, daß der Menſch als eine vernünftige
Creatur nichts aufs Gerathewohl hin thue, ſondern Alles mit gutem Bedacht, daß er wiſſe, warum er ein
Jedes thue und was darauf erfolgen könne, wenn er ſo etwas vornehme. Es ſollen daher auch die Acltern nicht ſo gedankenlos die Kinder in die Schule thun,
ſondern ſowohl es ſelbſt erwägen, was allda geſchehen ſoll, als auch ihren Kindern Veranlaſſung geben, ſolches zu bedenken. Es handeln daher diejenigen Aeltern gar unver 7*
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ſtändig, welche ihr Kind eben ſo zum Schulmeiſter brin gen, als wie ein Kalb zum Metzger, oder ein Schaf zur Heerde; der Schulmeiſter mag ſich dann mit ihm plagen, wie er will. Noch viel närriſcher handeln aber diejenigen, welche erſt aus den Lehrern Schreckbilder, aus der Schule eine Marterſtube machen und alsdann ihre Kinder dennoch zur Schule bringen; wenn Aeltern oder Geſinde unbedachtſamer Weiſe den Kindern viel
von den Schulſtrafen, von der Schärfe der Schullehrer vorreden, und wie ſie die Kinder nicht würden mehr ſpielen laſſen, und was dergleichen mehr iſt. Ich will dich in die Schule thun, ſpricht mancher Vater, da wirſt du bald kirr werden, da werden ſie dich mit der
Ruthe bändigen, warte nur 2c., was doch wahrlich nicht dazu dienet, daß das Kind ſittſamer wird, ſondern nur dazu, daß es in Furcht geräth, zaghaft und gegen Ael tern und Lehrer einen halsſtarrigen Kopf nehme. Deshalb ſollen Aeltern, Vormünder und Pfleger alſo verfahren: -
1) Nahet ſich die Zeit, wo die Kinder zur Schule gebracht werden ſollen, ſoll man zu ihnen wie von einem Jahrmarkt oder einer Weinleſe reden, daß ſie in Kurzem unter andere Knaben und Mädchen kommen, fein hübſch mit einander lernen, auch wohl ſpielen wer den. Dazu können Vater und Mutter ihnen ſchöne Kleider, einen ſchönen Hut, ein ſchön Täflein, ſchöne
Büchlein verſprechen, oder wenn ſie etwas davon ſchon zur Hand haben, ihnen zeigen, aber nicht geben (damit ihr Verlangen nur um ſo größer werde), ſondern nur zuſagen, daß ſie es ihnen geben werden, und zwar mit ſolchen Worten: Mein liebes Kind, bete fleißig, daß die
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Zeit bald komme, daß du in die Schule wandeln mö geſt. Sei nur fromm und gehorſam. 2) Wird es auch gut ſein, wenn man vor den
Kindern oft rühmt, welch eine herrliche Sache es ſei, in die Schule gehen und etwas lernen; denn aus ſolchen Leuten werden große Herren, Amtleute, Doctoren, Pre diger, Bürgermeiſter, Syndici, Rathsleute, Rentſchreiber, Kornſchreiber u.ſ. w., alles hochgeehrte, hochbenamte, reiche und wohlweiſe Leute, welchen Andere große Ehre anthun. Darum ſei es viel beſſer, in die Schule zu gehen, als Gänſe weiden, das Vieh hüten, hinter dem Pfluge oder ſonſt hin und her zu gehen und einen groben un verſtändigen Flegel abzugeben. Ueberdies wäre in die Schule gehen keine Arbeit, ſondern ein Spiel mit Bü chern und Federn, und ſüßer denn Zucker. Und damit ſie an ſolchem Spiele einen Geſchmack bekommen, ſchadet's nicht, ihnen Kreide in die Hand zu geben, daß ſie auf der Tafel malen und kratzen, was und wie ſie wollen: Striche, Kreuze, Nullen, Sterne,
Bäume, Pferde 2c.; es ſei nun ähnlich oder nicht, daran liegt nichts, wenn ſie nur ihre Kurzweil daran haben. Geht es doch auch nicht ganz und gar ohne Nutzen ab, weil ſie dadurch die Hand leicht zu Schriftzügen bewegen und hernach deſto leichter Buchſtaben nachmalen können. Summa: was man für ſie nur immer erdenken
kann, um in ihnen die Luſt zum Lernen zu erwecken, das ſoll man nicht außer Acht laſſen.
3) Außerdem muß man ihnen zu denen, die ihre Lehrer werden ſollen, ein gut Herz machen, welches auf mancherlei Weiſe geſchehn kann. Bisweilen daß man den Lehrer den Herrn Vater, Ohm, Pathe, Nachbar
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nennet, daß man ſeine Kunſt und Weisheit, ſeine Freund
lichkeit und Güte lobet, daß er ein gewaltiger Mann ſei, ſehr vicl könne und doch gegen die Kinder ſich freund lich erzeige. Es ſei wohl wahr, daß er etliche Kinder
zu ſtrafen pflege, aber nur die ungehorſamen, muthwilligen und halsſtarrigen; fromme und fleißige Schüler ſtrafe er nicht; er weiſe es auch den Kindern ſo fein, wie und was ſie aufſagen und ſchreiben ſollen c. Solche Dinge kann man ihnen auf ihre kindiſche Art erzählen und da durch alle Furcht und Schrecken vor der Schule ihnen benehmen, auch endlich durch Fragen ihnen Luſt zur Schule machen, als: Mein Kind, wirſt du auch gehorſam ſein? ſagt es „ja,“ ſo ſpreche man ihm wieder freund lich zu, der Herr Lehrer werde es auch gewiß lieb haben. Und damit das Kind auch ſchon bei Zeiten mit ſeinem
künftigen Lehrer ſich ein wenig bekannt mache und er fahre, daß derſelbe ein lieber, kluger Herr ſei, kann Vater und Mutter das Kind mit irgend Etwas zum Lehrer ſchicken. Da wird dann der Lehrer als ein verſtändiger Mann mit ihm glimpflich umzugehen wiſſen, es freund
lich anreden, ihm etwas Schönes von Büchern, Bildwerken, muſikaliſchen Inſtrumenten und womit ſonſt des Kindes
Gemüth kann gewonnen werden, vorzeigen, bisweilen ihm auch etwas geben, als ein Büchlein, Dintenfäßlein, einen Pfenning, Zucker, Obſt u. dergl. Und damit der Lehrer keinen Aufwand habe, kön nen es die Aeltern ihm vergelten, weil es ja ihrem Kinde zu Gute geſchieht, oder ihm etwas voranſchicken, daß er es dem Kinde als von dem Seinigen gebe. Auf dieſe Weiſe werden ſie leicht zur Schule, zum Lernen und zum Lehrer ſich ein Herz faſſen, ja wohl, wenn ſie
eine gute Natur ſind, dafür gar in Eifer gebracht wer
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den. Und damit hat man ſchon halb gewonnen; denn die Schule wird ihnen nur ein Spiel ſein, und ſie wer
den zunehmen, daß es eine Luſt ſein wird. 4) Weil aber doch alle Weisheit vom Herrn iſt und bei ihm die Weisheit ewiglich iſt (Sir.1, 1), auch Er es iſt, der auf dem Wege der Weisheit führct und die Weiſen regieret; denn in ſeiner Hand ſind beide, wir ſelbſt und unſere Rede, dazu alle Klugheit und Kunſt in allerlei Geſchäften (Weish. 7, 15), ſo iſt es billig und nöthig, daß die Aeltern zu ſolcher Zeit mit eifrigem Gebet ihre Kinder auf's Neue Gott ergeben und befehlen und bitten, daß er ihr Schulegehen ſegnen und aus ihnen Gefäße ſeiner Gnade und, wenn es ihm gefällig iſt, Werkzeuge ſeiner Herrlichkeit machen möge. So machte es Hanna, die Mutter Samuelis und übergab ihren Sohn dem Prieſter Eli mit Gebet,
ſo David ſeinen Sohn Salomo dem Propheten Nathan, ſo machte es die Mutter des M. Johannes Huß.
Als
dieſe ihren Sohn zum erſten Male über Feld zur Schule führte, knieete ſie etliche Male auf freiem Felde nieder und betete, und Gott erhörete ſie und ſegnete ihr Kind, wie bekannt iſt. Denn wie ſollte Gott das, was ihm alſo mit Weinen und Thränen und mit ſo eifrigem
Herzen (zuvor im Mutterleibe, darnach in der heiligen Taufe und alsdann wiederum) geweihet wird, von ſich ſtoßen? Es iſt ja unmöglich! Darum mag Vater und Mutter alſo beten: Allmächtiger Gott, Du Schöpfer alles lebendigen Fleiſches, der Du der rechte Vater biſt über Alles, was
Kinder heißt im Himmel und auf Erden, Du allerhöchſter Herrſcher über Engel und Menſchen, der Du nach dem ewigen Rechte, welches Du angeordnet haſt unter allen
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Deinen Geſchöpfen in Deinem Geſetz, daß alle Erſtlinge des Erdgewächſes und alle erſte Geburt unter den Men ſchen und Vich Dir geweiht und geheiligt werde, ſiche, ich Dein elender Knecht, der ich aus Deiner Segenshand dies Kindlein empfangen, übergebe es Dir in tiefſter Demuth, Dir, meinem Schöpfer, meinem Vater und Herrn, daß Du meines Kindleins Gott und Vater ſeieſt in Ewig keit. Ach Herr, was für Gnade iſt uns allen Gläubigen widerfahren, daß wir aus den Menſchen zu Erſtlingen Dir und dem Lamme erkauft ſind (Offenb. 14, 4). O, mein Erbarmer, beſtätige auch ſolches an dieſem Kind lein, daß es ſei in der Zahl der Verſiegelten und das Erbe empfange ſammt denen, die geheiliget werden. Und weil ich's dem Jugendmeiſter überantworte, damit es völ liger werde in Weisheit und zunehme in Künſten, ſo bitte ich, gieb ihm dazu Deinen Segen, gieb, daß es mit Hilfe Deines heiligen Geiſtes verſtehen lerne, was Dir wohl gefällig iſt, und daß es wandeln lerne in Deinen Geboten. Herr, Deine Furcht iſt der Weisheit Anfang. Erfülle, o heiliger Gott, ſein Herz mit Deiner Furcht, erleuchte es mit dem Lichte des Verſtandes nach Deinem Wohlgefallen, auf daß, wenn Du ihm ſein Leben friſten wirſt, es wachſen
möge Dir zu Ehren, dem Nächſten zu Nutz und ſich ſelbſt zur Seligkeit. Erhöre dies Gebet, allerliebſter Vater, und erfülle das Flehen Deines Knechtes um Jeſu Chriſti, unſers Fürſprechers und Mittlers willen, der ja die kleinen Kinder, ſo zu ihm gebracht wurden, auf ſeine Arme ge nommen, ſie geherzet hat, die Hände auf ſie geleget und ſie geſegnet hat. Amen. Druck der Heynemann'ſchen Buchdruckerei in Halle. (J. Fricke & F. Beyer.) ---------------------
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