Karl Sudhoff - Noch einmal Rheticus und Paracelsus, 1903

Page 1



Separatabdruck aus den Verhandlungen der Naturforschenden Gesellschaft in Basel.

Baud XV, Heft

2

Noch einmal Rheticus und Paracelsus. Von

Karl Sudhoif.

Der Zufall, der freundliche Gehilfe redlichen Forscherstrebens, hat mir in diesem

Frühjahr auf der Fahrt zum Historiker-Kongresse in Rom in der Blütenstadt Florenz eine neue Blume zum Sträusslein meiner Rheticusfindlinge in den Schoss geworfen hier ist sie.

Alter Gewohnheit getreu, habe ich auch beim Besuche der R. Biblioteca Naz-ionale Centrale

die kost-

bare Laurenziana,

deren wunderbare medizinische und naturwissenschaftliche Handschriften mit ihrem prächtigen Bilderschmuck reichen Genuss boten, war für Paracelsus ohne Ergebnis sofort die Frage gestellt, ob nichts Handschriftliches von Theophrast von Hohenheim unter den dortigen Schätzen (18,500 Manuskripte!!) sich

befinde.

Der

nachschlagen,

stets

und

hilfsbereite

siehe

da,

Direktor

liess

für Paracelsus

sofort

kaum

ein

Gewinn, aber für Rheticus ein schlagender Beleg seiner Beschäftigung mit den Schriften des Weisen von Einsiedeln

!

In einem

Kodex in Folio, betitelt „ Varia opuscula „XVI. 8.113“, findet sich auf Blatt

Lhtmica“, signiert

GL UNIV.

i


137 folgendes Fragment, von 1575 etwa geschrieben:

einer

geübten

Hand um

Philippi fheophrasti Paracelsi De Alchimia Über Vexationis latine conscriptus per Georgmm B. haeticwn

Joachimum

.

Prohemium.

Yos ornnes artis

chimice artis magistri, vosque desideratis iuxta magnas chimice

dilecti et bonesti

desiderio

qui

promissiones ditescere,

multumque

auri et argenti

docet modis largiterque fabricare sicut bec ars multis id aliquando Et uos quicunque in bac arte se promittit.

uexationibus exposituri exercitaturi estis, seque eousque uobis largiatur, donec re ipsa experiamini, quod ea promissis. quo modo maximis suis respondeat 2. [Bl.

et

Quotidiana 137b am Ende:]

labor autem Deus improbis annuent uotis se in transmutaipsum quandoque invitiabitur oceanum 11. Sin

tione ad perfectionem.

Damit der Rest

bricht

ist

der Text

am Ende

des Blattes ab;

verloren gegangen.

Der Verlust

__

ist

wohl bedauerlich, aber er lässt sich

hochwillkommene denn auch so ist eine Kunde des Michael Stütze für die fast märchenhafte Besitz geratenen ArchidoxenToxiles von einer in seinen ein neuer einwandÜbersetzung des Rheticus gewonnen, ei eingehende Studium, welches freier Beweis für das chemischen Schriften des Schweizer Mathematiker den lassen: wir haben hiei Schweizer Arztes hat angedeihen Bruchstück einer lateinischen recht beträchtliches

verschmerzen;

ein

alchemistischen

Schrift

Übersetzung einer deutschen Astronomen, Hohenheims durch den bedeutenden

eine


Ergänzung unseres im XVI. Bande dieser „Verhandlungen“ S. 349-362 gegebenen Beweismaterials der Paracelsusjüngerschaft des Georg Joachim Rhcticus.

glückliche

Am bei

28.

Samuel Apiarius

Basel

in

galten

unö Statur

öer

die

nnb mas barauff

2lld)imia

311

burd) fiben gegrünbte ^Regeln gegen ben fiben

fei),

Welt ging

[cf.

Bd. VI.

",

1568 in Peter Perna's Verlag

Ostermesse

Schriften

Bodenstein

Druck gegeben den

in

s

gemeinen SRetallen 3Ügerid)t der zur

von

D. Phil. Theophrasti Paracelsi.

Liber Vexationum.

Runft

Adam

hat

Oktober 1567

in

Huser 4°-Ed. der Paracelsischen 375

S.

Gleichzeitig

ff.].

kam auch

eine lateinische Bearbeitung des Werkchens in den Handel Witter erwähnt sie schon in dem Messkata-

loge zur Fastenmesse 1568

,

welche der federschnelle,

aber recht mangelhafte lateinische

Stilist

Gerhard Dorn

,

ein Schüler Bodensteins, als

PYROPHILIA VEXATIONVMQVE LIBER D. PHIL. THEOPHRASTI PARACELSI Per Doctoi’em

Adamum

ä

Bodensteiu

Germanico promulgati quauto

fidelius debuit,

tinum sermonem

:

ex

authoris

Postmodum per Gerardum Dorn ac ratio materiae patitur in La-

versi.

BASILEAE, Per Petrum Pernam. für

archetypo

1568.

den Druck fertiggestellt hatte. Sei es nun, dass unserem Rhcticus diese lateinische

Übersetzung nicht genügte,

sei

es,

dass ihm nur die

deutsche Ausgabe zuhanden kam, oder dass er gar nicht einmal diese kannte, sondern nach einem handschriftlich

ihm zugekommenen deutschen Texte, was mich

am

wahr-


seine Übersetzung antertigte ganzen gedruckten Paracelsuslite-

scheinlichsten dünkt*), jedenfalls ist in der

Bearbeitung dieses, immerratur von einer lateinischen Traktates durch Joachim hin zweifelhaften, Paracelsischen sehe Übersetzung Rheticus gar keine Bede. Die wird immer und immer wieder

ZW

in all ihrer Ungelenkheit

abgedruckt und fand sogar

— 1605)

und gabe (1658) Aufnahme.

furter (1608

in die Palthen' sehe

in die

Frank-

Genfer lateinische Aus-

Johann Rudolf Glauber m Amstelodami apud Operis mineralis pars tertia“ seiner selbständige lateiJoannem Janssonium nochmals eine Ja, 1652

veranstaltete

’,

vielbenutzten Büchleins, dem nische Bearbeitung dieses besonderen Kommentar angedeihen er ausserdem einen möge der Anfang der beiden L berliess. Zum Vergleich hier nebeneinander stehen:

setzungen

0

Doms und

Dorn 1568. Vos Alchimiae

Glaubors

Glauber 1652. periti,

quotquot etiain vobis maxi-

Dilecti

et

experti

artis

Alchymisticae,vosque omnes

auri atque argenti

plurimum

qui multis pollicitationibus ditescere cupitis, multi auri

cupitis extruere:

quod Al-

argenti que confectione,

mas

pollicemini diuitias, aut

chimia diuersimode pollicevos tur ac docet. Pariter et qui

labores

et

vexationes

lib enter sustinetis,

abstineie

Alchymia ubertim docet

nec occupati vexari vultis, quid cessare parati donec

quidque promissorum uti praestet experiamini det,

missionesque cognita sint: experientia docet in dies

quotidiana

.

et

promittit, quique hisce rebus

tarnen ab ea minime vultis, donec vobis eius praemia pr o-

.

quod

\

cet

..

experientia do-

.

b^ruM

vom Jahre Ein 'Wolfenbütteier Manuskript mig er le Uber ifellos auf handschriftlicher Hohenheim hinterösterreichischen Kloster von h einer in einem ra meine sein (vgh *)

>

enen Handschrift geschrieben 124 f. und S. 13o riften Berlin 1899 S.

t.).


333

Man fällt

sieht, die

gegen

dieser die

die

Dwn’sche

G tauber sehe ’

lateinische

bedenklich

Eingewandung doch

ab,

ist

des Rhcticns an Flüssigkeit noch überlegen.

Wir begrüssen

das Zufallsgeschenk der Florentiner

Handschriftensammlung bei emsigerer

als gutes

Omen, dass

in

Zukunft

Musterung der Bibliotheken weitere Hand-

schriften auftauchen werden, welche von der Beschäfti-

gung des Georfj Joachim Rheticns mit Hohenheim und seiner Chemie noch lauteres und verständlicheres Zeugnis ablegen, als die bisher gefundenen gedruckten

Florentiner handschriftliche Dokument.

und

dies









Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.