Handbuch zum zivilen Ungehorsam

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Handbuch zum zivilen Ungehorsam Ver채nderungsw체rdige Aspekte in der Stadt Darmstadt





Es spielt keine Rolle, wie gering die Anf채nge zu sein scheinen: was einmal wohlgetan ist, ist f체r immer getan. H.D. Thoreau



Inhalt 01 /// Einleitung Ziviler Ungehorsam /// Seite 7 02 /// Wasser Raus aus dem Kanal /// Seite 15 03 /// Begr端nung Alles muss gr端n werden /// Seite 31 04 /// Farbe Einheitsgrau der F端nfziger /// Seite 47 05 /// Luft Einfach mal durchatmen /// Seite 61 06 /// Licht Nachts ist aller Himmel grau /// Seite 77 07 /// Nachwort Auf in den Kampf /// Seite 89



01 /// Einleitung Die Einhaltung von Normen bildet die Grundlage für das Zusammenleben von Menschen in einer Gemeinschaft. Aber Normen sind auch dazu da, um gebrochen zu werden. Zum Beispiel dann, wenn es darum geht nachteilige Gegebenheiten gemeinnützig zum Positiven zu verändern. Dieses Handbuch zeigt am Beispiel der Stadt Darmstadt veränderungswürdige Aspekte aus unterschiedlichen Bereichen des städtischen Alltags und ruft zu Aktionen des zivilen Ungehorsams mit dem Ziel der Rückeroberung des urbanen Raums auf. Mit Hilfe von Anleitungen zum bewussten Verstoß gegen bestehende Normen sollen vorhandene Missstände aufgezeigt und publik gemacht werden. Der urbane Raum muss zurückerobert werden, um nachhaltige Veränderungen herbeizuführen. Die in den folgenden Kapiteln beschriebenen Handlungsanweisungen werden offiziell dem juristischen Bereich der Sachbeschädigung zugeordnet. Im Grunde bewegt man sich jedoch in einer rechtlichen Grauzone, da bei keiner der beschriebenen Aktionen fremdes Eigentum beschädigt wird. Die genaue Rechtslage ist noch nicht abschließend geklärt.

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Gesetzeslage § 303 Sachbeschädigung (1) Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert. (3) Der Versuch ist strafbar. § 304 Gemeinschädliche Sachbeschädigung (1) Wer rechtswidrig Gegenstände der Verehrung einer im Staat bestehenden Religionsgesellschaft oder Sachen, die dem Gottesdienst gewidmet sind, oder Grabmäler, Na turdenkmäler, öffentliche Denkmäler, Gegenstände der Kunst, der Wissenschaft oder des Gewerbes, welche in öffentlichen Sammlungen aufbewahrt werden oder öf fentlich aufgestellt sind, oder Gegenstände, welche zum öffentlichen Nutzen oder zur Verschönerung öffent licher Wege, Plätze oder Anlagen dienen, beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer in Absatz 1 bezeichneten Sache oder eines dort bezeichneten Gegenstandes nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert. (3) Der Versuch ist strafbar.

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02 /// Wasser Wasser bedeutet Leben. Nicht nur wir Menschen, sondern auch die gesamte Natur mit ihrer Tier- und Pflanzenwelt brauchen Wasser. Es belebt die Landschaft, beherbergt die verschiedensten Lebewesen und bereichert im urbanen Raum das Alltagsleben. Auch Darmstadt ist geprägt von Wasser. Neben dem Naturbadesee „Großer Woog“ gibt es zahlreiche Gewässer in verschiedenen Grünanlagen und Parks, sowie weitere Teiche und Brunnen. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts prägte auch der Darmbach das Stadtgebiet. An seinem Flusslauf wurde die Stadt einst erbaut. Jedoch war es zu dieser Zeit üblich, sich der anfallenden Abwässer in natürlich fließenden Gewässern zu entledigen, und so nahm der Darmbach immer mehr Abwässer der Innenstadt auf und die Geruchsbelästigung stieg. Die Folge davon war eine bis zum Ende des 19. Jahrhunderts durchgeführte vollständige Abdeckung im Innenstadtbereich, welche den Darmbach so zum ersten Abwasserkanal Darmstadts machte. Er zählt bis heute zu den komplett verschwundenen Fließgewässern der Darmstädter Innenstadt.

Bachlauf zwischen der Landgraf-Georg-Straße und der Alexanderstraße, entlang des Kongresszentrums „Darmstadtium“ in Form einer anthrazitfarbenen Kastenrinne, gespeist von Regenwasser.

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Aktueller Bachlauf Die Quelle des Darmbachs befindet sich oberhalb des Oberjägermeisterteiches im Süd-Osten Darmstadts. Kurz nach Verlassen des Waldes fließt der Bach entlang der Lichtwiese durch die Heinrichstraße zum Vivarium und den Vereins-Kleingärten. Er durchquert den Breslauer Platz, passiert den Botanischen Garten und fließt entlang der Sportanlage des TSG. Kurz vor dem Großen Woog wird der Bach geteilt. Eine Hälfte speist den Vorteich, die andere den Großen Woog selbst. Der Darmbach verlässt den Naturbadesee an dessen westlicher Seite, durchquert dann die „Rudolph-Müller-Anlage“ und das angrenzende Hortgelände, bevor er in die Kanalisation mündet und dort dem Abwassersystem zugeführt wird. Die Wiedergeburt des Baches aus der Kanalisation erfolgt im Nord-Westen der Stadt, wo er seinen Weg aus dem Kanal in Richtung Rhein fortsetzt. Raus aus dem Kanal Im Zuge der „Lokalen Agenda 21“ machten die Bürger die Darmbachoffenlegung zu ihrem Schlüsselprojekt. Eine Studie über die technische und finanzielle Machbarkeit der Offenlegung existiert, Umsetzungspläne wurden entwickelt, Gelder bewilligt und erste Bauabschnitte umgesetzt. Trotzdem wurde im September 2009 die Planung den Darmbach an die Oberfläche zu holen durch die Stadt Darmstadt aufgehoben. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit schien nicht erfüllt. Die Auswirkungen der geplanten Abkopplung des Baches vom Abwassersystem sei bezogen auf den Gewässerschutz zu gering, um Investitionen in Höhe von ungefähr 10 Millionen Euro zu rechtfertigen. 16


Zukünftiger Bachlauf Die Renaturierung des Darmbachs sieht vor, das Gewässer aus der teilweise unterirdischen Verrohrung im Bereich der Kleingartenanlage neben dem Vivarium und dem botanischen Garten ans Tageslicht zu holen. Auch sollen vorhandene offene Flussabschnitte renaturiert werden. Die Offenlegung des Darmbachs für den Innenstadtbereich beginnt in der „Rudolf-Müller-Anlage“. Diese soll der Bach in Richtung des östlichen Mercksplatzes verlassen und über eine Rohrleitung unter der „Teichhausstraße“ Richtung „Lindenhofstraße“ fließen. Seinen Weg setzt der Bach zum Hinkelsturm und der Stadtmauer fort, wo er zu einem neuen Kleinen Woog aufgestaut wird. Quer über den „Woogsplatz“ läuft der Bach zur Straße „Am Kleinen Woog“, durch die „Große Bachgasse“ und passiert den „LudwigMetzger-Platz“ am Justus-Liebig-Haus. Der weitere Lauf bis zur „Landgraf-Georg-Straße“ erfolgt unerirdisch durch eine Verrohrung. Gegenüber dem Schlossgraben tritt er auf der Höhe des Hexagon der TU und dem Darmstadtium wieder an die Oberfläche, passiert die „Alexanderstraße“ und läuft über den „Karolinenplatz“ in den Herrngarten. Dort fließt er mäanderförmig als Wiesenbach bis zum Herrngartenteich. Im weiteren Verlauf führt ein unterirdischer Bachwasserkanal den Darmbach durch das Johannesviertel. Zwischen „Helfmannstraße“ und „Jacobistraße“ tritt er wieder ans Tageslicht, fließt entlang des „Maybachweg“ und „Im Tiefen See“ zum „Carl-Schenck-Ring“, wo er in einen kleinen Teich mündet. Daraufhin erfolgt die Einpeisung in einen Bachwasserkanal, welcher begradigt in westlicher Richtung aus der Stadt heraus in Richtung des Rheins führt. 17




Gründe für die Offenlegung des Darmbachs Die Einleitung des sauberen Bachwassers in die Kanalisation belasten den Haushalt der Stadt mit Abwassergebühren von durchschnittlich drei Millionen Euro jedes Jahr. Aber darüber hinaus gibt es noch zahlreiche weitere Aspekte, die für eine Offenlegung sprechen: _ Erhöhung der Lebensqualität in der Stadt _ Bereicherung des Stadtbildes _ Verbesserung der Wasserqualität in Woog, Herrngarten teich und dem weiteren Verlauf hinter der Kläranlage _ Schaffung einer erlebbaren Tier- und Pflanzenwelt _ Unterstützung der Frischluftzufuhr im Stadtgebiet _ Einsparung von Einleitungsgebühren in die Kanalisation in Höhe von circa drei Millionen Euro pro Jahr Das Bauprojekt würde sich, basierend auf der Höhe der veranschlagten Baukosten von circa 8,4 Millionen Euro und der Einsparung der Kosten durch die Vermeidung der Abwassereinleitung, bereits nach rund 34 Monaten refinanzieren. Nun gilt es, auf das wichtige Anliegen der Offenlegung des Darmbachs aufmerksam zu machen! Die Stadt hat das Projekt aus Kostengründen auf Eis gelegt, aber aus ökologischer, ökonomischer und stadtgestalterischer Sicht ist es wichtig, den Darmbach zurück an die Oberfläche zu holen.

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Das Sticker-Waffenarsenal für Aufkleber _ runde Aufkleber _ blaue Farbe (Buntstift, Wassermalfarbe, Marker) _ weiße Farbe (Buntstift, Wassermalfarbe, Marker) Der Ablauf _ bemale die Sticker mit blauem Hintergrund _ notiere mit weißer Farbe Parolen für die Offenlegung des Darmbachs auf die blaue Fläche, oder male Tiere auf den Sticker, welche mit der Rückkehr des Wassers einen neuen Lebensraum bekommen _ du kannst die Sticker auch in einem Grafikprogramm ge stalten, ausdrucken und so gleich eine große Stückzahl auf einmal herstellen _ präge dir den Weg des Baches in der Stadt ein und klebe entlang des Verlaufs deine Sticker auf den Boden, um den Flusslauf darzustellen und auf dein Anliegen aufmerk sam zu machen Propaganda _ sprich mit deinen Mitmenschen über die Sticker-Aktion und ermutige sie, die Initiative für den Darmbach zu ergreifen _ wende dich an lokale Medien, wie das Darmstädter Echo, oder Rhein-Main-TV Nur gemeinsam kann der Darmbach zurück an die Oberfläche geholt und Darmstadt ein Stück wertvolles Kulturgut zurückgegeben werden!

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G체nstige Etiketten sind hier erh채ltlich: www.b-werben.com www.etiketten-plus.de

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03 /// Begrünung Grün ist die Farbe des Lebens und der Natur. Sie hat eine positive Heilwirkung für Körper und Seele. Viele Menschen gehen in der Natur spazieren oder verrichten Gartenarbeit, um sich zu entspannen und Kraft zu tanken. Darmstadt ist von Wald umgeben und auch im Stadtgebiet gibt es Parks, die zum Erholen einladen. Diese werden vom städtischen Grünflächen- und Umweltamt gepflegt und laden zum Verweilen ein. Zu den bekanntesten Grünanlagen Darmstadts zählen die Rosenhöhe, der Herrngarten, der Orangeriegarten und der Prinz-Emil-Garten. Speziell im Innenstadtbereich ist jedoch zu beobachten, dass die Farbe Grün hier eher spärlich gesät ist. Vor allem in diesem Stadtbereich erlangen aber Grün- und Freiflächen durch die immer stärker zunehmende Verdichtung der innerstädtischen Umwelt eine immer größere Bedeutung – sowohl aus ökologischer, als auch sozialer Sicht. Leider ist die Fußgängerzone Darmstadts eher grau gepflastert, als grün bepflanzt. Ansässige Geschäfte locken teilweise sogar mit Plastik-Blumen vor dem Eingang oder in der Auslage.

Unbegrünte Baumscheibe in der Darmstädter Innenstadt

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Aufenthaltsqualität in der Innenstadt Immer mehr Menschen leben in Städten, und immer mehr von ihnen wollen Lebensmittel selber anbauen oder ein Stück Natur in ihrer Nähe haben. Es ist ein Kampf gegen Müll, Werbung und Flächenversiegelung. Speziell im Stadtzentrum von Darmstadt gibt es nur sehr wenige Grünanlagen. Die einzige vorhandene größere Fläche, welche zur Erholung einlädt, ist der Herrngarten. Durch die zunehmende Verdichtung des städtischen Raums, speziell im Stadtkernbereich, steht immer weniger Freiraum zum Durchatmen zur Verfügung. Grünflächen für die Erholung verlagern sich zunehmend in die Randbereiche Darmstadts. Das kann man vor allem in Form der beliebten und gern genutzten 14 Kleingartenanlagen beobachten. Alles muss grün werden Besonders die Bewohner der Innenstadt pendeln häufig zwischen ihrer Wohnung und dem Kleingarten, weil sie nicht die Möglichkeit haben, auf einem Balkon oder direkt angrenzenden Gartenstück tätig werden zu können. Da ist es doch sinnvoll, ein Stück Land direkt vor der Haustür zu pflegen und damit die Natur in die Stadt zurückzuholen. In der Innenstadt gibt es zahlreiche ungenutzte Begrünungsmöglichkeiten, wie beispielsweise leere Blumenkübel, unbepflanzte Baumscheiben, verwahrloste angelegte Beete, aber auch wüstenartige Seitenstreifen und karge Verkehrsinseln. Diese Orte gilt es zu erobern und eigenmächtig zu begrünen, denn ohne Eigeninitiative von aufmerksamen Besuchern und Anwohnern selbst wird sich wenig an der grauen Einheits-Tristesse ändern. 34


Guerilla Gardening „Ihr seid verloren, wenn ihr vergesst, dass zwar die Früchte allen, aber die Erde niemandem gehört“, mahnte der Naturphilosoph Jean-Jacques Rousseau im 18. Jahrhundert in Bezug auf das Dilemma der Besitzlosen. Auch heute besitzen nur 15 Prozent der Weltbevölkerung sämtliche Rechte über die 13,58 Millionen Hektar Landmasse der Erde. Milliarden Menschen wird so eine Selbstversorgung unmöglich gemacht, sie hungern und sind unterernährt. Wenn sich einige dagegen auflehnen und beginnen, dem Boden illegale Ernten abzuringen, zeigt das einen der motivierenden Aspekte des Guerilla Gardening – den Mangel. Die Geschichte des Phänomens Guerilla Gardening beginnt in England, der Insel der Gärtner. Im 17. Jahrhundert beschließt der verarmte Stoffhändler Gerrard Winstanley, mit zivilem Ungehorsam gegen Hunger und Unterdrückung vorzugehen. Er fordert zum illegalen Bepflanzen brachliegender Flächen auf. Bis heute kultivieren Menschen weltweit Land, welches ihnen nicht gehört. Sei es aus der drängenden Not oder dem Wunsch heraus, die Gestaltung der eigenen Umgebung selbst in die Hand zu nehmen. So entstehen auf brachliegenden Grundstücken urbane Oasen, Straßenränder erstrahlen in Blütenpracht und von Land, welches schon als unfruchtbar abgestempelt wurde, werden reiche Ernten eingefahren. All das ist unter dem Begriff des Guerilla Gardening bekannt geworden, der unerlaubten Kultivierung von Land, das jemand anderem gehört. Es ist eine Schlacht gegen das einheitsgraue urbane Alltagsleben, in der Blumen die Munition sind. Auf in den Dschungel der Großstadt, lasst die Blumen blühen! 35


Gründe für die illegale Bepflanzung der Stadt Gärtnern in der Stadt ist aus den unterschiedlichsten Gründen sinnvoll. Auf politisch motivierter Ebene kann man gegen die Verwahrlosung von Boden protestieren und auf die negativen Folgen des Straßenbaus und Autoverkehrs aufmerksam machen. Der Wunsch nach Selbstversorgung und die Ablehnung der Agrar-Industrie und die damit verbundenen Lebensmittel-Skandale sind auch wichtige Auslöser. Oder es ist einfach die Freude am Gärtnern ohne Auftrag und Erlaubnis, mit dem Ziel die Umgebung voller eintöniger Straßenränder, erdiger Verkehrsinseln und brachliegender Grundstücke abwechslungsreich zu gestalten und zu verschönern. Das Darmstädter Stadtgebiet bietet hierfür zahlreiche Angriffsflächen, wie etwa die verwahrlosten Blumenbeete hinter dem Luisencenter, die unbepflanzten Baumscheiben in der Wilhelminenstraße, oder der Mittelstreifen entlang der Rheinstraße. Methoden Guerilla Gardening kann man auf verschiedene Weise ausüben. Überraschungsaktionen finden Nachts statt. Es bietet sich an, gleich mehrere Pflanzen mit Hilfe von Gartenwerkzeug, Erde und Wasser an einem geeigneten Ort einzupflanzen, um so einen sofort sichtbaren Effekt zu erzielen. Eine weitere Möglichkeit ist das Anlegen eines gemeinschaftlichen Nutzgartens mit Gleichgesinnten. So kann ein verlassenes Grundstück kultiviert werden. Samenbomben zu verstreuen ist die dritte und einfachste Art des Guerilla-Gärtnerns. Es geht schnell, man braucht keine Werkzeuge und kann die Technik von unterwegs anwenden. 36


Pflanzen Den Kern des Waffenarsenals bilden Pflanzen, sie ersetzen Bomben und Munition. Dabei sind sie weitaus raffinierter als jede Massenvernichtungswaffe, denn unter den richtigen Bedingungen explodiert ihre DNA förmlich zu Leben. Für jedes Schlachtfeld gibt es die passenden Pflanzen. Sie müssen gut ausgewählt werden, damit sie wachsen, gedeihen und sich auf dem ganzen Feld ausbreiten und somit ihre Umgebung bereichern. Auffallende Pflanzen Sonnenblume, Ringelblume, Kürbis, Lichtnelke, Mais Farbenfrohe Pflanzen Narzisse, Primel, Stiefmütterchen, Klatschmohn Robuste Pflanzen Efeu, Buxbaum, Kirschlorbeer, Pfennigkraut, Jasmin Pflanzen für trockene Standorte Schleierkraut, Schleifenblume, Hebe, Schafgarbe Pflanzen für sonnige Standorte Lavendel, Fetthenne, Schleierkraut, Aster, Salbei Pflanzen für schattige Standorte Funkie, Farn, Wald-Segge, Alpenveilchen, Minze Unempfindliche Nutzpflanzen Kartoffel, Mangold, Zwiebel, Brombeere, Ackerbohne 37



Das Guerilla-Gardening-Waffenarsenal für Samenbomben _ rote Tonerde oder Lehmpulver _ Erde _ Samen regionaler Pflanzen _ Wasser Der Ablauf _ mische für die Samenbomben fünf Teile rote Tonerde mit drei Teilen Erde und einem Teil Samen _ gib so viel Wasser dazu, dass eine formbare Masse entsteht _ rolle kleine Kugeln und lasse sie zwei Tage lang trocknen _ die fertigen Samenbomben lassen sich nun gut streuen oder werfen und halten bei kühler und luftiger Lagerung mehrere Wochen _ für sichtbare Erfolge müssen circa zehn Samenbomben pro Quadratmeter verstreut werden _ bei trockenem Wetter ab und zu vorbeischauen und gießen Propaganda _ sprich mit deinen Mitmenschen über die Pflanz-Aktion und ermutige sie, die Initiative für die Begrünung zu ergreifen _ wende dich an lokale Medien, wie das Darmstädter Echo, oder Rhein-Main-TV Nur gemeinsam kann die Innenstadt erfolgreich und nachhaltig begrünt und das Klima, sowie die Aufenthaltsqualität in der Stadt verbessert werden!

Mehr Informationen gibt es hier: www.guerrillagardening.org www.guerillagaertner.com

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04 /// Farbe Die gesamtkünstlerische Gestaltung vom äußeren Bauwerk bis hin zur dekorativen Innenausstattung in einem einheitlichen Zusammenhang, ist ein Grundmerkmal des Jugendstils, welcher in Darmstadt von hoher historischer Bedeutung ist. Die Künstlerkolonie auf der Mathildenhöhe stellt ein Zentrum dieser Epoche dar, welche den Anspruch hatte, ein sowohl ästhetisch wie auch urban wirksames Gesamtkunstwerk durch die Verschmelzung von Kunst und Leben, also der Verbindung von Architektur, Kunsthandwerk und Kunst zu erschaffen. Der ideelle Anspruch an die harmonische Gesamtgestaltung des Stadtbildes von außen und innen ist bei den Anlagen auf der Mathildenhöhe, aber auch dem Schloss, der Stadtkirche und weiteren historischen Gebäuden in den jeweiligen Stilen vorhanden. Darüber hinaus, erstrahlt die öffentliche Gestaltung der Stadt leider eher in tristem Einheitsgrau. Beton, Asphalt und Pflastersteine prägen das Innenstadtbild mit einem nüchternen Eindruck.

Sitzgelegenheit in der Darmstädter Innenstadt

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Das Stadtbild in der Innenstadt Die Brandnacht am 11./12. September 1944 durch die Luftstreitkräfte Großbritanniens und der darauf folgende Feuersturm verwandelte die dichtbesiedelte Darmstädter Innenstadt in eine Trümmerwüste. 457 Altstadthäuser wurden zerstört, nur zwei Gebäude blieben unversehrt, das damalige Darmstädter Gefängnis und die Gaststätte „Goldene Krone“. Im Rahmen des Wiederaufbaus wurden historisch bedeutende Bauten, wie das Schloss, das Rathaus, das Landesmuseum und die Stadkirche originalgetreu rekonstruiert. Der Rest der Altstadt wurde von Grund auf umgestaltet. Neue Straßenführungen und Gebäudeschnitte im Stil der fünfziger Jahre entstanden. Auch heute noch ist das Stadtbild Darmstadts geprägt von der Ästhetik der Nachkriegszeit. Vorherrschende Baumaterialien waren Stahl, Beton und Glas. Charakteristisch sind auch die Flachdächer und großen Fensterfronten. 1977 wurde der Bau des Luisencenters auf dem Luisenplatz vollendet. Es ist ein umstrittenes Gebäude, häufig wird es als Bausünde und Betoncontainer bezeichnet. Daran konnte auch die umfangreiche Sanierung 2002 nicht rütteln. Was dem Innenstadtgebiet fehlt, sind individuelle Akzente, welche die graue Gesamtwirkung von Beton, Asphalt, Stahl und Pflastersteinen durchbrechen. Farbe ist von Nöten! Gemeint sind aber nicht eine Umgestaltung der Fassaden im Sinn von Hundertwasser, oder die Aufstockung der Werbeplakate und Verkaufsbeleuchtung. Darmstadt braucht etwas, um die Entmenschlichung aus Beton, Stahl, Asphalt, Bepflasterung und Glas zu verdeutlichen und dem Stadtbild eine persönlichere, wärmere Note zu geben. 48


Yarn Bombing Der Ursprung der Bewegung des Yarn Bombing, auch Knit Graffiti genannt, befindet sich in den USA und wurde von Magda Sayeg ins Leben gerufen. Die Idee kam aus der Frustration über ihre unvollendeten Strickprojekte heraus. Diesen wollte sie einen Sinn geben und entschloss sich, die Türklinke einer Boutique in Houston damit zu umstricken. Dies war die Geburtsstunde des Yarn Bombing, der Strickkunst im öffentlichen Raum. 2005 gründete sie die erste strickende Graffiti-Vereinigung unter dem Namen „Knitta Please“. Die Bewegung setzt ein bisher ungenutztes Material in der Street Art ein: den Faden. Die Werke sollen ein wenig den Blick der Menschen auf ihre Stadt verändern. Das öffentliche Stricken reicht vom Anbringen gestrickter Accessoires bis hin zum Einstricken ganzer Stadtmöbel. Es werden Sitzbänke umstrickt mit der Absicht mehr Aufmerksamkeit zu erreichen, einen positiven Einfluss auf andere Menschen und deren Leben auszuüben. Auch ein Poller wird so zum Blickfang. Anfangs waren die öffentlichen Strickwerke noch eine Untergrundbewegung, aber mittlerweile gibt es schon sehr viele internationale Gruppierungen, die der Idee folgen und im Guerilla-Stil die Städte bestricken. Auch in Darmstadt kann man schon die ersten umstrickten Straßenpoller und Bronze-Skulpturen beobachten. Die kulturelle Reichweite der Handarbeit führt zur Gegenüberstellung des weichen, natürlichen Materials und der harten, urbanen Umgebung und stärkt eine neue Generation der Stricker, die die Handarbeit nicht länger als rein funktional ansieht und mit ihrer Kunst den öffentlichen urbanen Raum erobert und verändert. 49



Das Yarn-Bombing-Waffenarsenal für ein Strickrohr _ Papprolle mit mindestens 2 mm Dicke _ Messingnägel mit Linsenkopf, Ø 2 mm, Länge 2 cm _ Multikraftband _ Bastelsäge _ Schere _ Kraftkleber _ farbige Wolle Der Ablauf _ zerteile die Papprolle mit der Säge in die benötigten Stücke _ verwende je nach Durchmesser der Rolle eine angepasste Anzahl von Nägeln (3 cm – 6 Nägel, 5 cm – 11 Nägel, usw.) und schneide die Rolle in der Länge so zu, dass du sie gut in der Hand halten kannst _ bringe am Röhrenrand mit der Schere gleichmäßig verteilte kleine Einkerbungen für die Nägel an _ klebe die Nägel mit 1 cm Überstand in die Kerben ein _ spanne das Klebeband so um die Röhre, dass die Nägel einen zusätzlichen Halt bekommen _ jetzt kann es mit dem Stricken losgehen Propaganda _ sprich mit deinen Mitmenschen über die Strick-Aktion und ermutige sie, die Initiative für das Stadtbild zu ergreifen _ wende dich an lokale Medien, wie das Darmstädter Echo, oder Rhein-Main-TV Gemeinsam kann die Innenstadt mit Farbe belebt werden! 51



Methoden Einsteiger können das Stricken am Einfachsten und Schnellsten mit einem Strickrohr, auch Strickliesel genannt, lernen. Und so geht’s: Schiebe den Wollfaden von oben nach unten durch das Strickrohr, so dass unten ein kurzes Stück Faden sichtbar ist. Wickle dann den Faden, der zum Wollknäuel führt, zweimal von links nach rechts um einen der Nägel und hebe die untere Fadenschlinge so über die obere, dass nur noch eine Schlinge auf dem Nagel ist. Lege dann den Faden nach rechts zum nächsten Nagel und fahre damit fort, bis die erste Runde fertig ist. Von da an legst du den Faden immer vor den nächsten Nagel und hebst die Schlinge mit Hilfe einer Stricknadel oder eines Holzstäbchens von unten über Faden und Nagel. Den unteren Fadenanfang bzw. den entstehenden Schlauch musst du immer straff ziehen. Hat deine Strickschnur die gewünschte Länge erreicht, schneide den Faden nach 20 Zentimetern ab, ziehe das Ende durch alle Schlingen hindurch und lasse anschließend alle Maschen von den Nägeln heruntergleiten. Ziehe nun das Fadenende fest an und vernähe es gut. Jetzt ist deine Wollschnur für den Einsatz bereit.

Fotos und Anregungen gibt es hier: www.flickr.com/photos/knittaplease www.magdasayeg.com www.knittaporfavor.wordpress.com

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05 /// Luft Einfach mal durchatmen, auch das letzte Lungenbläschen tief mit Luft füllen, Sauerstoff und neue Energie tanken. Atmen ist essenziell für unser Wohlbefinden. Bewusstes Atmen entspannt, erhöht die Leistungsfähigkeit und baut Stress ab. Mit der richtigen Technik können sogar höhere Bewusstseinszustände erreicht werden. Das Atmen in der Stadt kann allerdings an manchen Tagen schonmal schwer fallen. Auch Darmstadt hat sich einen Namen als Smoggebiet gemacht. Es nimmt bei dem Thema Feinstaubbelastung die unangefochtene Spitzenposition in Hessen ein. Die Werte von PM10, den Feinstaubpartikeln mit einem Durchmesser bis zu 10 Mikrogramm, übersteigen häufig den von der Europäischen Union vorgeschriebenen Tagesdurchschnitt von maximal 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Eine Luftmessstation befindet sich in der Hügelstraße, einem Standort mit besonders hohem Verkehrsaufkommen. Hier wurden bereits in der ersten Hälfte des Jahres 2011 an 31 Tagen Messwertüberschreitungen verzeichnet. Erlaubt sind im gesamten Kalenderjahr nur 35 Überschreitungen.

Luftmessstation Darmstadt-Hügelstraße

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Feinstaubmessung in der Hügelstraße

01:00 02:00 03:00 04:00 05:00 06:00 07:00 08:00 09:00 10:00 11:00 01.06.11 33,1 28,6 28,5 26,5 17,7 26,7 19,0 23,9 15,5 11,8 12,3 02.06.11 13,9 13,2 13,1 15,3 15,2 13,3 12,4 9,5 9,0 8,2 7,6 03.06.11 11,0 10,8 11,9 13,8 16,6 35,0 32,5 31,8 18,1 14,3 18,4 04.06.11 30,6 28,8 29,6 29,0 28,8 28,6 35,9 26,5 22,1 29,9 26,5 05.06.11 35,2 24,5 35,1 35,4 31,2 39,3 24,0 39,4 39,8 42,9 33,1 06.06.11 44,3 26,5 24,7 28,1 40,4 40,8 38,5 21,0 30,9 40,4 34,6 07.06.11 12,5 16,3 13,1 11,7 21,1 41,7 46,5 45,2 42,0 39,6 31,4 08.06.11 20,8 3,7 1,3 1,4 4,3 7,5 9,8 28,9 17,0 15,6 38,6 09.06.11 14,5 18,2 19,6 22,7 27,8 46,9 35,6 29,2 32,6 27,1 14,7 10.06.11 18,5 16,7 21,7 19,2 28,0 37,9 44,7 35,8 48,8 46,7 39,4 11.06.11 14,0 12,6 11,0 6,2 10,5 10,8 13,2 9,8 11,0 4,8 4,4 12.06.11 0,5 1,2 0,5 1,5 2,9 11,0 5,6 2,7 10,2 0,5 0,5 13.06.11 25,5 20,9 25,7 23 35,2 44,1 35,3 20,1 12,4 11,9 10,5 14.06.11 13,7 10,1 15,1 22,9 29,4 16,1 17,8 18,6 11,2 29,1 34,5 15.06.11 11,9 17,2 31,0 23,7 45,3 43,5 47,6 64,1 65,0 45,0 44,4 16.06.11 1,5 2,3 4,7 2,8 11,4 27,0 29,4 20,9 11,7 16,1 15,0 17.06.11 2,2 0,5 2,2 1,6 21,8 26,0 28,0 45,5 33,0 20,5 21,9 18.06.11 9,2 10,4 7,0 0,5 4,9 7,2 6,0 3,7 6,1 5,3 11,3 19.06.11 7,2 4,9 4,1 5,1 5,0 11,2 6,1 9,5 9,8 11,8 13,7 20.06.11 16,1 11,1 14,9 25,4 40,7 37,9 43,0 13,2 16,6 72,0 55,8 21.06.11 9,9 13,7 9,0 8,1 12,4 14,7 10,8 12,9 15,1 12,1 9,4 22.06.11 10,1 9,0 9,7 12,1 14,0 7,8 13,0 9,5 10,9 15,4 18,7 23.06.11 12,2 11,9 12,5 14,8 15,4 15,9 14,1 12,8 12,0 10,3 9,8 24.06.11 21,8 19,4 17,9 17,0 15,6 14,3 9,3 10,0 11,6 10,1 13,7 25.06.11 13,7 11,8 14,5 17,1 14,6 14,1 16,2 16,3 17,5 15,4 13,4 26.06.11 17,4 21,1 18,1 16,2 15,6 15,9 15,4 15,7 7,5 17,8 14,2 27.06.11 24,5 23,3 23,0 23,3 19,9 15,3 12,6 11,4 7,9 6,2 6,1 28.06.11 11,0 10,1 10,0 12,1 11,8 10,6 11,6 11,3 11,7 12,3 13,0 29.06.11 20,5 3,8 1,4 1,5 4,2 8,0 9,7 29,2 17,4 15,7 35,1 30.06.11 16,8 19,5 18,5 23,1 21,9 20,8 15,2 13,8 13,4 12,8 10,3 Stündliche Messwerte der Konzentration von PM10 in µg/m³ im Juni des Jahres 2011

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12:00 13:00 14:00 15:00 16:00 17:00 18:00 19:00 20:00 21:00 22:00 23:00 24:00 15,6 23,4 14,8 13,6 14,8 14 17,7 20,9 18,2 16,7 17,9 18,1 17,1 6,9 7,3 7,6 4,8 3,1 2,4 1,9 1,9 1,3 5,0 7,1 9,6 10,3 14,4 20,5 23,9 19,1 22,4 21,6 20,5 24,3 23,5 25,2 26,5 24,0 28,4 19,1 16,1 19,7 17,1 16,2 36,5 69,6 39,6 46,2 44,0 37,0 34,2 33,5 40,6 34,6 32,8 34,9 30,2 31,1 27,4 20,0 17,9 20,3 22,8 19,5 18,0 22,5 8,8 11,1 11,6 7,4 11,0 10,6 6,7 11,4 2,5 15,0 3,1 5,7 25,6 15,8 13,6 14,9 21,3 15,6 15,9 14,3 15,0 19,2 16,4 19,2 22,7 36,8 39,5 25,4 17,9 13,6 16,4 20,9 7,2 6,4 7,5 8,6 7,6 10,0 11,2 13,9 17,4 15,0 19,1 20,1 28,9 25,4 22,4 20,8 15,8 18,7 15,1 31,6 24,4 22,6 24,4 19,4 16,5 19,3 21,9 20,9 19,4 19,1 15,4 11,0 0,5 1,3 1,1 3,1 2,2 2,1 1,8 1,5 2,4 2,0 2,2 2,2 1,7 0,5 1,6 1,4 2,1 4,6 16,9 11,7 20,5 12,6 24,6 47,5 37,6 28,8 6,6 9,4 17,5 5,4 5,3 4,2 9,7 9,6 5,8 8,6 15,4 16,6 14,4 23,7 22,5 19,4 6,9 3,2 5,6 7,0 10,9 9,0 9,4 6,8 2,1 5,7 39,7 22,3 2,4 0,5 2,5 2,5 3,0 2,8 3,1 0,5 0,5 8,8 1,7 26,2 19,1 7,1 21,7 17,5 6,5 4,7 5,0 16,7 20,7 13,9 24,1 9,3 13,2 25,7 6,1 11,0 5,2 4,9 13,8 19,7 13,0 7,3 20,3 8,2 13,4 6,3 10,1 11,2 14,4 47,3 47,0 23,3 13,0 3,0 4,0 4,1 3,5 3,0 6,1 7,9 5,8 9,7 82,2 64,6 24,0 17,5 12,8 7,6 12,9 11,7 14,1 44,6 33,7 37,6 42,0 36,5 24,3 18,4 13,2 12,3 15,9 14,9 13,8 11,5 16,7 21 30,1 24,1 20,9 22,6 25,8 23,2 18,7 10,8 11,2 10,6 13,1 12,9 21,9 31,3 16,3 19,0 12,3 5,6 12,5 7,9 12,9 11,2 8,3 12,9 8,4 8,3 7,5 4,4 4,9 5,2 6,2 7,3 9,1 14,5 20,9 20,6 23,2 15,4 13,9 14,6 21,3 14,4 11,8 12,0 14,1 19,8 14,5 16,5 16,5 16,3 12,6 12,9 18,4 19,0 21,4 19,3 18,3 15,2 15,4 17,2 20,0 19,6 19,0 11,4 8,0 14,8 10,1 9,9 14,2 12,9 11,9 14,6 18,6 20,1 22,0 21,1 6,1 5,7 5,7 5,6 5,0 4,8 4,8 4,9 10,1 10,5 13,3 11,9 10,7 13,8 15,5 17,3 6,8 3,7 5,5 6,3 11,9 9,2 9,1 6,9 3,1 4,7 36,7 27,2 25,1 17,3 13,2 14,1 18,8 7,1 6,3 7,6 8,6 6,6 10,1 7,6 7,7 6,1 6,2 7,4 6,7 7,9 8,2 10,9 12,4 13,2 15,7 18,2

Hier gibt es Informationen zur aktuellen Feinstaubbelastung: www.hlug.de 63


Feinstaub Reine Luft ist in großen Städten eher selten. Besonders Allergiker leiden unter Feinstaubbelastung. Diese wird einerseits durch natürliche Quellen verursacht, wie zum Beispiel Pollenflug und Waldbrände, andererseits durch menschlich verursachten Quellen. Hierzu zählen der Straßenverkehr, die Industrie und Landwirtschaft. Mehrere tausend Menschen sterben jährlich in Deutschland an den Folgen von Feinstaubbelastung. Der Verkehr hat daran einen wesentlichen Anteil, vor allem durch Dieselrußpartikel, den Abrieb von Bremsen und Reifen, sowie von aufgewirbelten Staubpartikeln der Straßen. Je feiner die Partikel sind, desto gefährlicher sind sie, weil sie nicht mehr durch Schleimhäute und Bronchien zurückgehalten werden und somit in die feinsten Verästelungen der Lunge und damit in die Blutbahn eindringen können. Dadurch lösen sie Asthma, Bronchitis und Lungenkrebs aus. Die Luft muss besser werden Neben dem Verkehr als Hauptemittent, gelten in Darmstadt das Müllheizwerk, Gewerbeanlagen und die Industriegebiete im Norden und Westen der Stadt als Hauptverursacher der Feinstaubbelastung. Sieht man sich den Verkehr zu den Stoßzeiten an, ist auffällig, dass auf jedes Auto durchschnittlich ein Insasse kommt. Von Fahrgemeinschaften merkt man kaum etwas. Das Thema Feinstaub ist längst nicht in den Köpfen der Menschen präsent. Dabei ist die Lösung für den Einzelnen einfach – der Einbau eines Dieselrußfilters, eine angepasste Fahrweise oder häufiger das Fahrrad benutzen. Darmstadt muss aufgerüttelt werden! 64


Eco-Graffiti Umweltfreundliche Graffiti eignen sich besonders gut, um gegen schlechte Luft und grauen Staub zu protestieren. Eine grüne Alternative zu Sprühfarbe sind Moos-Graffitis. Sie holen die Natur in den urbanen Raum zurück, sind pflegeleicht und dazu perfekte Feinstaubkiller. Pro Quadratmeter kann Moos bis zu 20 g Feinstaub aufnehmen. Beim nächsten Regenguss werden die Partikel ausgewaschen und auf natürlichem Weg im Boden, oder im urbanen Raum über die Kanalisation abgeführt. Ist das Moos einmal angewachsen, breitet es sich ohne zusätzliche Pflege aus und sorgt so nachhaltig für eine spürbare Verbesserung der Luft. Eine weitere ökologische Möglichkeit, um auf die Feinstaubproblematik aufmerksam zu machen, sind sogenannte Reverse Graffiti. Jeder hat schoneinmal auf eine beschlagene Scheibe, oder ein besonders dreckiges Auto die Worte „Putz mich!“ geschrieben. Und genau das ist das Motto von Reverse Graffiti. Hierbei wird nicht wie bei üblichen Graffiti Farbe aufgetragen, sondern der Untergrund partiell gereinigt, um ein Bild oder eine Botschaft entstehen zu lassen. Leinwände finden sich überall: Schallschutzwände, Straßen oder Hauswände. Bei sehr stark verschmutzten Flächen, welche zum Beispiel durch hohes Verkehrsaufkommen und die daraus resultierende starke Ablagerung von Kohlenstoffpartikeln entstehen, ist der Effekt des Säuberns und der Überraschungsmoment bei den Betrachtern besonders groß. Gleichzeitig sind Reverse Graffiti umweltfreundlich, weil lediglich Wasser verwendet wird. 65



Das Eco-Graffiti-Waffenarsenal für ein Reverse Graffiti _ Pappe _ Schere oder Cuttermesser _ Schwamm, Bürste, Lappen _ Wasser Der Ablauf _ schneide aus einem Stück Pappe ein Zeichen, oder deine Botschaft gegen die Feinstaubbelastung aus _ suche dir eine passende, verschmutze Fläche, wo du dein Graffito anbringen möchtest _ reinige die Wand partiell mit Wasser und einem Schwamm, einer Bürste oder einem Lappen Propaganda _ sprich mit deinen Mitmenschen über die Reverse-Graffiti Aktion und ermutige sie, die Initiative für bessere Luft zu ergreifen _ wende dich an lokale Medien, wie das Darmstädter Echo, oder Rhein-Main-TV Nur gemeinsam kann die Stadtluft nachhaltig verbessert und die gesundheitsschädlichen Folgen der Feinstaubbelastung verhindert werden!

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Das Eco-Graffiti-Waffenarsenal für ein Moos-Graffiti _ eine Handvoll Moos _ Bier oder Buttermilch _ Zucker _ Mixer _ Pinsel Der Ablauf _ wasche das Moos mit Wasser und befreie es von Dreck und kleinen Steinchen _ gib das Moos zusammen mit dem Bier oder der Buttermilch und einem Teelöffel Zucker in ein hohes Gefäß _ mixe die Zutaten vorsichtig, bis die Mischung die Konsis tenz eines Trinkjoghurts hat _ trage die Mischung mit einem Pinsel auf einem schattigen, feuchten Untergrund auf und halte das Graffito in den nächsten Wochen feucht, damit es gut wächst und gedeiht Propaganda _ sprich mit deinen Mitmenschen über die Moos-Aktion und ermutige sie, die Initiative für bessere Luft zu ergreifen _ wende dich an lokale Medien, wie das Darmstädter Echo, oder Rhein-Main-TV Nur gemeinsam kann die Stadtluft nachhaltig verbessert und die gesundheitsschädlichen Folgen der Feinstaubbelastung verhindert werden!

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06 /// Licht Jeder kennt dieses faszinierende Gefühl: Es ist Nacht und der Himmel breitet sein unglaubliches Sternenzelt aus. Man kann sich gar nicht satt sehen daran und betrachtet die flackernden Sterne, sucht nach Sternbildern und fragt sich, ob die Erde der einzige bewohnte Planet unseres Universums ist, oder ob es in diesen unendlichen Weiten noch andere Spezies zu entdecken gibt. Im Stadtgebiet Darmstadts kann man den Sternenhimmel nur selten bei besonders klarer Atmosphäre beobachten. Aber gerade im Innenstadtgebiet strahlt die nächtliche Beleuchtung so hell, dass nur ein Grauschleier am Himmel zu sehen ist. Von Sternen ist keine Spur zu entdecken, hierfür muss man aus der Stadt heraus.

Die Wilhelminenstraße nachts um 04:00 Uhr

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Nachts ist aller Himmel grau Künstliche Lichtquellen verschmutzen die natürliche nächtliche Dunkelheit. Am Stärksten kann man diese Lichtverschmutzung in Großstädten beobachten. Auch Darmstadt ist davon in hohem Maß betroffen. Hier wird die Nacht durch die Straßenbeleuchtung, das Anstrahlen von Sehenswürdigkeiten, hell erleuchtete Geschäfte der Innenstadt, Leuchtreklamen, Bodenstrahler und Skybeamer zum Tag gemacht. Als Hauptursache der Lichtverschmutzung gilt dabei der große nach oben abgestrahlte oder reflektierte Anteil des Lichts. So wird beispielsweise bei Straßenlaternen ein Großteil der Helligkeit nicht zum Boden hin, sondern zu den Seiten und nach oben abgestrahlt. Der Effekt der künstlichen Aufhellung wird dann noch durch die in der Luft verteilten Feinstaubpartikel verstärkt, welche das Licht reflektieren, brechen und streuen. So entsteht über der Stadt eine sogenannte Lichtglocke. Gründe für den Kampf gegen Lichtverschmutzung Das Stadtgebiet Darmstadts wird in der Nacht von ungefähr 15 000 Lampen erleuchtet. Am Hellsten erstrahlen dabei der Theater- und Paradeplatz, der Markt und die Rheinstraße. Lichtdurchflutet ist auch das Innenstadtgebiet mit zahlreichen beleuchteten Geschäften und am Himmel bewegen sich Skybeamer, um den Weg zu nahegelegenen Diskotheken zu weisen. Über allem thront der Lange Lui erhellt über dem Zentrum. Dabei hat die Zerstörung der Dunkelheit weitreichende und vielfältige Folgen, nicht nur für die Haushaltskasse der Stadt selbst, sondern auch für eine Vielzahl verschiedenster Organismen. Durch das 78


nächtliche Lichtspektakel werden zum Beispiel die Wachstumszyklen von Pflanzen negativ beeinflusst. Es wird ein längeres Tageslicht simuliert, wodurch das Blattwerk im Herbst später abgeworfen wird und Frostschäden die Folge sind. Die Lichtkegel von Skybeamern sind eine besondere Gefahr für Zugvögel. So eine Anlage hat eine Reichweite von bis zu 40 Kilometern. Durch Lichtreflektionen an der Wolkendecke verlieren die Tiere die Orientierung. Auch Insekten sind von negativen Folgen betroffen. Sie finden den Tod in Quecksilberlampen. Rund 150 Insekten sterben im grellen Licht jeder Lampe in einer einzigen Sommernacht. 3 800 Stück sind noch in Darmstadt verbaut, der Rest wurde bereits mit sparsameren Natriumlampen ersetzt. Auch hier gibt es bereits eine technische Neuerung. LED-Lampen sind energieeffizienter, und durch ihre Lichtfrequenz für Insekten ungefährlich. Ihre geringen Streuverluste, machen zudem die Nacht wieder ein wenig dunkler. LED-Throwies Eine außergewöhnliche Möglichkeit, auf urbane Lichtverschmutzung und die daraus resultierenden Probleme aufmerksam zu machen, stellt die Erfindung sogenannter LED-Throwies dar. Diese wurden vom Graffiti Research Lab, einer Kunst-Gruppe aus dem Bereich des Graffiti, entwickelt. Ziel des Projektes ist die Erschließung neuer und für jeden zugänglicher Technologien im Zusammenhang mit urbaner Kommunikation. Eine LED wird mit Hilfe einer Knopfbatterie zum Leuchten gebracht. In Kombination mit einem Magneten kann der LED-Throwie im urbanen Raum angebracht werden und sendet eine unabhängige Botschaft. 79



Das LED-Throwie-Waffenarsenal für ein Lichtbild _ LED, 10 mm, diffus _ CR2032 3V Lithium Knopfzelle _ runde Neodym Magneten (Ø 0,4 – 1 cm) oder Klebepads _ Klebestreifen Der Ablauf _ nimm beide Kontakte der LED und drücke sie mit Daumen und Zeigefinger an jeweils eine Seite der Knopfzelle, die Anode (längeres Beinchen der LED) wird an den positiven Pol gedrückt, die Kathode an den negativen Pol – die LED beginnt zu leuchten _ befestige LED und Knopfzelle mit Hilfe des Klebestreifens _ lege den kleinen Magneten auf den positiven Pol der Batterie und umwickle ihn ebenfalls fest mit Klebestreifen _ nun kann der LED-Throwie an metallische Oberflächen geworfen werden und bleibt dort haften (für nicht magneti sche Untergründe können Klebepads benutzt werden) Propaganda _ sprich mit deinen Mitmenschen über die LED-Aktion und ermutige sie, die Initiative für eine Stern-Nacht zu ergreifen _ wende dich an lokale Medien, wie das Darmstädter Echo, oder Rhein-Main-TV Nur gemeinsam kann ein Zeichen gegen Lichtverschmutzung gesetzt werden! Günstiges Material ist hier erhältlich: www.stores.ebay.de/5vitamine www.shop.ebay.de/mediadrom www.stores.ebay.de/Turbo-Magnet-Shop

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Methoden Die Verbreitung von LED-Throwies ist denkbar einfach und gut für eine schnelle, nächtliche Überraschungs-Aktion geeignet. Wie wäre es, wenn der Nachthimmel Darmstadts zurück in die Stadt geholt werden könnte? Mache auf den fehlenden Sternenhimmel aufmerksam, indem du die Sternbilder in den urbanen Raum holst. Hierfür kannst du deine LED-Throwies an Straßenpfosten oder andere magnetische Untergründe heften. Wenn du auch öffentliche, nicht-magnetische Bereiche erobern willst, befestige deine LED-Throwies mit Klebepads. Als Untergrund eignen sich am Besten große Flächen, wie zum Beispiel die Außenwände des Luisencenters. An diesen Stellen kannst du mit deinem Anliegen, den echten Sternenhimmel zurückzuholen, viele Menschen erreichen und zum Mitmachen animieren.

Sternbild des Kleinen Bären, konstruiert aus LED-Throwies

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Perseus Der Perseus Camelopardalis Die Giraffe

Triangulum Das Dreieck

Andromeda Die Andromeda

Cassiopeia Die Kassiopeia

Cepheus Der Kepheus

Lacerta Die Eidechse

Pegasus Der Pegasus


Lynx Der Lux

Ursa Minor Der Kleine Bär Leo Minor Der Kleine Löwe

Canes Venatici Die Jagdhunde

Ursa Major Der Große Bär

Draco Der Drache Coma Berenices Das Haar der Berenike

Corona Borealis Die nördliche Krone Bootes Der Bärenhüter Sternbilder des nördlichen Himmels in der Nacht vom 12.07.2011 in Darmstadt


Lyra Die Leier Equuleus Das F端llen

Cygnus Der Schwan

Delphinus Der Delfin

Vulpecula Der Fuchs

Sagitta Der Pfeil

Aquila Der Adler

Aquarius Der Wassermann

Capricornus Der Steinbock

Sagittarius Der Sch端tze


Hercules Der Herkules

Virgo Die Jungfrau Scutum Der Schild

Serpens Die Schlange

Libra Die Waage Ophiuchus Der Schlangentr채ger

Scorpius Der Skorpion

Sternbilder des s체dlichen Himmels in der Nacht vom 12.07.2011 in Darmstadt


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07 /// Nachwort Indem sie Regeln brechen, stellen Aktivisten des Zivilen Ungehorsams die gesellschaftlichen Konventionen in Frage. Dies im öffentlichen Raum zu tun, ist eine klare Absage an das politische Umfeld. Der Kampf findet in einem demokratischen System statt, wo es möglich sein sollte, seine Meinung frei zu äußern und auch gehört zu werden. Gleichzeitig ist jeder Teil eines kapitalistischen Systems, in dem alles einen Preis hat und mit Ressourcen gehandelt wird. Genau hier befindet sich der Ansatzpunkt für Veränderungen. Wir wissen, dass wir verantwortungsbewusster mit unserem Planeten umgehen müssen, indem wir unsere Konsum- und Produktionsgewohnheiten ändern und anfangen, der Natur ein Stück Raum zurückzugeben. Die Mittel des Zivilen Ungehorsams, mit denen auf urbane Missstände aufmerksam gemacht wird, befinden sich in einer rechtlichen Grauzone. Gleichzeitig sind sie aber auch in positivem Sinn überraschend, sympathisch und nachhaltig. Durch gemeinsame und durchdachte Veränderungen des urbanen Umfelds können nachteilige Ausgangssituationen auf Dauer verbessert werden. Mit den Ausführungen am Beispiel Darmstadts, ist der Anfang bereits gemacht. Jetzt geht es darum, die Veränderungen über die Stadtgrenzen hinauszutragen und etwas zu bewegen. Auf in den Kampf!

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