Engel - Leseprobe

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F端r Helga


EngeL Meisterwerke der Friedhofskunst

wiener verlag


Impressum Umschlaggestaltung: Nele Steinborn nach einer Idee von Gerd W. Götzenbrucker Umschlagfoto und alle Fotos im Innenteil: Gerd W. Götzenbrucker (www.engel-wien.at) Grafische Gestaltung: Lori Trauttmansdorff und Nele Steinborn Layout und Satz: Lori Trauttmansdorff Schrift: Eidetic Neo, Foundry Form Sans Herstellung und Druck: Tina Gerstenmayer, D&K Publishing Service, Wien © 2011 by Wiener Dom-Verlag Wiener Dom-Verlag Gesellschaft m.b.H., Wien Alle Rechte vorbehalten. ISBN: 978-3-85351-235-7 www.domverlag.at


vorwort Seite 8 Der Stoff aus dem EngeL sind Seite 10 Stadt der EngeL Seite 42 Die Sprache der EngeL Seite 168 Anhang Seite 196



Betender Engel (Relief), Zentralfriedhof, Edmund von Hellmer, Grabmal Familie Kratochwill, 1905


Die Engel von Wien

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Auf den Spuren der EngeL Engel- und Geniendarstellungen spielen in der europäischen Friedhofskunst seit jeher eine bedeutende Rolle. Bereits in der heidnischen Antike wurden Gräber, Mausoleen und Sarkophage der wohlhabenden Bürgerschaft mit Reliefdarstellungen und figürlichen Plastiken geziert. Die himmlischen Wesen dienten in der damaligen Vorstellungswelt sowohl als Mittler zwischen den Welten als auch als Beschützer, die über das Leben der Menschen wachen und ihnen im Tode nahestehen. Lange Zeit prägte der Todesgenius, der persönliche Schutzgeist des Verstorbenen, die Gräber auf den antiken Nekropolen. Erst mit der Entstehung und Ausbreitung des Chris-tentums wandelte sich die Formensprache der Gräber und der Engel wurde – neben dem Kreuz – zum dominanten Sujet innerhalb der Grabmalkunst. Als Schutz-, Trauer- und Wächterengel prägen sie bis heute das Bild der europäischen Friedhöfe, so auch in Wien.

Viele der Wiener Friedhöfe sind heute riesige Freilichtmuseen vergangener Epochen und beherbergen eine große Zahl an Genien, Engel, Trauerskulpturen und allegorischen Kunstwerken von Weltrang. Künstlerisch bedeutende Grabplastiken findet man nicht nur in der Totenstadt der Wienerinnen und Wiener, dem Zentralfriedhof, sondern auch auf den Nobelfriedhöfen der Vorstadt – in Hietzing, Grinzing und Döbling. Ein besonderes Juwel unter den Wiener Totengärten stellt der Biedermeierfriedhof in Sankt Marx dar, dem letzten seiner Art in Europa. Der vorliegende Bild- und Textband „Engel – Meisterwerke der Friedhofskunst“ zeigt die schönsten und herausragendsten Schöpfungen der Grab- und Trauerkultur auf Wiener Boden. Er spannt einen weiten Bogen von den steinernen Todesgenien in Sankt Marx, über die marmornen und bronzenen Engel der Belle Epoque (der Ära des prosperierenden Bürgertums zwischen 1870 und


Vorwort

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1890), bis hin zu den sanft-erotischen Darstellungen des „schönen“ Todes im Wiener Jugendstil. Zwischen 2003 und 2011 wurden sämtliche Genien- und Engeldarstellungen auf Wiener Friedhöfen aufgespürt und über die Jahreszeiten hinweg fotografisch festgehalten. Standen zunächst die Darstellung der kunstvollen Verarbeitung und der eingesetzte Werkstoff im Vordergrund, wurde im Lauf der Zeit der Fokus auch auf den Ausdruck, die Mimik und Gestik der Skulpturen gelegt. Entstanden ist eine kunsthistorisch-populärwissenschaftliche Reise durch die wichtigsten Epochen der Bildhauerei sowie eine bilderreiche Wanderung durch die schönsten Friedhofsanlagen Wiens. Um die zunehmend in Vergessenheit geratenen Meisterwerke der Wiener Friedhofskunst umfassend in Bild und Text darstellen zu können, wurden neben Genien und Engeln

auch die große Bandbreite der weiblichen Trauerskulpturen und allegorischen Todesbilder berücksichtigt. Das Buch „Engel – Meisterwerke der Friedhofskunst“ wirft somit erstmals einen detaillierten fotografischen Blick auf 150 Jahre Wiener Grabmalkunst. Gerd W. Götzenbrucker, Wien im September 2011


stadt der

EngeL



„Tempus fugit – Die Zeit vergeht. Die Liebe bleibt.“ Grabinschrift, Zentralfriedhof


zentraLfriedhof Der Wiener Zentralfriedhof liegt im südöstlichen Teil der Stadt im Bezirk Simmering und zählt aufgrund seiner Ehrengräberanlage, der verschiedenen Jugendstil-Bauwerke und wegen seines weitläufigen Areals zu den Sehenswürdigkeiten Wiens. Seit seiner Eröffnung 1874 wurden hier drei Millionen Menschen begraben, mehr als die Stadt heute lebende Einwohner hat. Eine weitere Besonderheit des Zentralfriedhofs ist dessen Offenheit für alle Konfessionen – so kann man neben den katholischen Gräbern, die den größten Teil des Friedhofs ausmachen, auch einen evangelischen Friedhof sowie zwei jüdische Friedhöfe finden. Zusätzlich beherbergt der Zentralfriedhof je eine islamische, eine syrisch-, griechisch-, russisch-, rumänisch- und serbisch-orthodoxe Abteilung sowie einen eigenen Kinderfriedhof und die Grabstätten der Anatomie. Seit 2003 gibt es auch einen buddhistischen Friedhof mit einem Stupa. Die Ehrengräberanlage des Wiener Zentralfriedhofs ist eine der größten Europas,

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zahlreiche Persönlichkeiten sind hier zu finden: berühmte Komponisten wie Ludwig van Beethoven (1827), Franz Schubert (1828), Johannes Brahms (1897), Johann Baptist Strauss, Vater (1849), Johann Baptist Strauss, Sohn (1899), Joseph Lanner (1943), Arnold Schönberg (1951) und viele weitere Musiker, Künstler und Schauspieler. Aber auch die Grabmäler namhafter österreichischer Politiker wie Leopold Figl (1965), Bruno Kreisky (1990) und Helmut Zilk (2008) sind hier zu bewundern. Der Wiener Zentralfriedhof wirkt wie eine Welt für sich. Das Areal wurde im Lauf seiner Geschichte bereits siebenmal erweitert, beträgt heute 2,5 Millionen Quadratmeter und beherbergt etwa 330.000 Grabstellen. Über 100 km Straßen und Wege, gesäumt von 10.000 Bäumen und Sträuchern, befinden sich auf dem Gelände. Es gibt sogar eine eigene Buslinie, die durch den Friedhof führt. Die mächtige Friedhofskirche thront in der Mitte der Anlage und läutet bis zu 30 Mal am Tag ein Begräbnis ein.



Zentralfriedhof

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Weibliche Trauerfigur mit Schleier, Fackel und Palmzweig, Otto Kรถnig, Grabmal Alexander Friedmann, 1882


Allegorische Trauerfiguren vor Portraitb端ste, Josef Valentin Kassin, Grabmal Franz Freiherr von Wertheim, 1883 (Skulpturen datiert 1887) Sinnliche Trauerfigur, Grabmal Familie Adler, 1896 Schutzengel (Hochrelief, Detail), Grabmal Isabella Zeitlinger, 1895

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Knabenhafter Engel, Emmerich Alexius Swoboda-Wickingen, Grabmal Familie Logar, 1893 Umschlungenes Liebespaar (Relief, Detail), Edmund von Hellmer, Grabmal Hugo Wolf, 1904 Kinderengel mit Banderole Arkadengruft Familie Roth, um 1880

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