Public Design Intervention

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Public Design Intervention Eingriffe in den รถffentlichen Raum Research Proposal I Pia Drechsel MEDes KISD 2010



Inhalt

Motivation

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Transformation

Seite 38

Forschungsvorhaben

Seite 8

Rückgewinnung

Seite 42

Einleitung

Seite 9

Guerilla

Seite 46

Handlung

Seite 10

Streetart

Seite 48

Öffentlichkeit

Seite 15

Flashmobs

Seite 50

Raum

Seite 18

Smartmobs

Seite 52

Grenzen

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Kommerzialisierung

Seite 54

Subversion

Seite 26

Experiment

Seite 58

Methoden

Seite 28

DIY Guide

Seite 68

Phänomene

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Kaufen oder wählen?

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Gestaltung

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Handlung

Seite 75

Forschungsfragen

Seite 76

Quellen

Seite 78

Literatur

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Motivation

Im Rahmen meines Studiums im MEDes Programm habe ich, neben Deutschland, in zwei sehr unterschiedlichen europäischen Ländern gelebt. Um eine Gesellschaft innerhalb eines bestimmten Kulturkreises, innerhalb einer Stadt besser zu verstehen, lohnt es sich beim Gehen durch die Stadt nach Anzeichen von Gegenkultur zu suchen.

Graffiti und andere Formen von Streetart sind, wenn überhaupt, nur sehr subtil in den Straßen verteilt. Vandalismus ist kaum zu beobachten. Dafür gibt es viele kleine, liebevoll gestaltete, temporäre Eingriffe in das Alltagsleben, die wie Arbeiten von Designstudierenden wirken. Es scheint ein unausgesprochenes Einverständnis zum respektvollen Umgang mit der Umwelt zu geben.

Glasgow ist die größte und gleichzeitig die ärmste Stadt Schottlands. Ehemals Zentrum der Schwerindustrie, ist die Stadt heute Szenerie sozialer Benachteiligung und Schauplatz extremer Unterschiede, von Kontrolle und Subversion. Beim Spazierengehen durch Glasgow entdeckte ich zunächst Unmengen von Graffiti, vermüllte Unorte und Anzeichen von Vandalismus; in den Flüssen liegen verrostete Einkaufswagen und auf dem Kopf jeder Statue steht ein orangener Verkehrskegel. Gleichzeitig entwickelt sich seit den 80er Jahren eine neue und spannende Kulturindustrie mit einer engagierten Kunst- und Designszene. 1990 wurde Glasgow Kulturhauptstadt für Architektur und Design. Die Diskrepanz zwischen inszenierter Kultur und Sozialbrache ist sehr groß.

Wie kommt es zu solchen Unterschieden? Sowohl in Schweden als auch in Großbritannien werden die Bürgerinnen und Bürger mehr als in anderen Staaten Europas, durch Überwachungskameras und unzählige Gesetze einschränkt, kontrolliert und bei Zuwiderhandeln schwer bestraft. In dieser Arbeit geht es nicht darum einen kulturellen Vergleich anzustellen, sondern die Beweggründe, Bedingungen und gestalterischen Potenziale von Öffentlichkeit zu erforschen. Wie kann man öffentlichen Raum transformieren und wo liegen die Grenzen?

Public Design Intervention, im Sinne von

öffentlicher, gestalteter Intervention, in seiner politischen Dimension bedeutet eine kritische ExStockholm dagegen wirkt, nach deutschem ploration und Auslotung von Grenzen des ÖffentVerständnis, geordnet und sauber. Die Stadt ist lichen, neue Aneignungsformen des öffentlichen Königsresidenz, Universitätsstadt und kulturelles Raums, die unkommerziellen Nutzung der Stadt, Zentrum für schwedische Kunst, Musik, Theater das Umcodieren von gebauten Tatsachen und das und Design. Die Nähe zum Wasser vermittelt eine Aufbrechen von eingeübten Verhaltensmustern zur entspannte Betriebsamkeit, gefüllt mit Touristen Schaffung eines neuen Kommunikationsraums. und ist angenehm einfach zu erschließen. Manchmal temporär, manchmal langfristig.




Forschungsvorhaben

Gestaltung ist politisch. Meine Arbeit untersucht Handlungen im öffentlichen Raum, Praktiken von Menschen, die es schaffen sich diesen Raum durch Subversion und Gegenkultur anzueignen und eigensinnig zu nutzen. Dabei wird geplantes Design genauso betrachtet wie Zufälliges. In meiner Arbeit gehe ich folgenden Fragen nach:

Die Intention dieses Research Proposals ist, all diese Kategorien zu verbinden und die weiterführenden Forschungsfragen zu Strategien von Interventionen im öffentlichen urbanen Raum zu formulieren. Dabei soll keine reine Übersicht, sondern eine kritische Auseinandersetzung entstehen, die außerdem eine Untersuchung der gestalterischen und politischen Relevanz des Themas ist.

• Ist die Handlung der Gestaltung politisch? • Ist das Produkt von Gestaltung politisch? • Müssen sich die Gestalter über den politischen und sozialen Einfluss ihrer Gestaltung ständig bewusst sein? • Bewegt sich Design deshalb immer im Rahmen von politischer Aussage und Wirkung?

Das Forschungsvorhaben beruht auf den Erkenntnissen der theoretischen und experimentellen Auseinandersetzung und ist wie ein Aktionskatalog mit verschiedenen Dimensionen gestalteter Intervention formuliert. Dieser soll Gestalterinnen, Gestaltern, Guerilleras und Guerilleros eine Grundlage bieten öffentlich in Aktion zu treten und Interventionen zu gestalten.

• Was sind die direkten Auswirkungen von Design auf die Gesellschaft und deren Ordnung? • Und hat politisches Handeln Auswirkung auf Design?



Einleitung

Handlung bedingt Öffentlichkeit. Öffentlichkeit beansprucht Raum. Raum hat Grenzen. Grenzen erzeugen Subversion. Subversion erfordert Methoden. Methoden ermöglichen Phänomene. Phänomene inspirieren Gestaltung. Gestaltung ist Handlung. Die theoretische Erarbeitung des Themas beginnt beim handelnden Menschen, dessen Interaktionen und betrachtet dann Subversion und Gegenkulturen. Es werden politische Spielräume erörtert in denen das Individuum agiert und mit anderen interagiert. Im Kapitel Subversion erfordert Methoden werden die Praktiken und Dimensionen beleuchtet, die Menschen anwenden um sich in der Öffentlichkeit zu positionieren, sich Raum anzueignen und ihre Umwelt aktiv mitzugestalten. Die Strategien gesellschaftsrelevanter Gestaltung werden unter dem Aspekt der Zufälligkeit und der Unabsehbarkeit des Handelns betrachtet. Dabei soll die Notwendigkeit von Interventionen und Transformationen in der heutigen Gesellschaftsstruktur vor dem Hintergrund des urbanen öffentlichen Raums diskutiert werden.

Im zweiten Teil der Arbeit werden Phänomene von Interventionspraktiken analysiert und auf ihre Nachhaltigkeit hin bewertet. Anschließend wird durch experimentelle Interventionen im öffentlichen Raum die Bereitschaft von Bürgerinnen und Bürgern beobachtet an ungewöhnlichen Handlungen teilzunehmen. Die Interventionen sind vorsätzlich banalisierte subversive Aktionen, die die Hemmschwelle zum Mitmachen herunterzusetzen um den temporären Ausstieg aus dem Alltag für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer besonders einfach zu machen. Dabei ist es spannend zu betrachten ob und wie Frauen und Männer unterschiedlich reagieren und mitagieren. Die Beobachtungen werden ebenfalls auf ihre Wirksamkeit und ihr Veränderungspotential hin bewertet.


Handlung

Ausgangspunkt ist die Theorie, dass alle Handlungen innerhalb einer Gesellschaft in ihren Grundprinzipien politisch sind. Dazu soll zunächst der Begriff erklärt, der Zusammenhang mit dem Öffentlichen beleuchtet und die verschiedenen Lesarten des Handelns nach Hannah Arendt und Michel de Certau betrachtet werden. Hannah Arendt analysiert in ihrem Buch „Vita activa oder Vom tätigen Leben“1 drei menschliche Grundtätigkeiten: Arbeiten, Herstellen und Handeln. Sie unterscheidet das Arbeiten vom Herstellen dadurch, dass das Herstellen ein dauerhaftes Produkt hinterlässt (Handwerk/Kunsthandwerk), wogegen die Ergebnisse der Arbeit sofort wieder verbraucht werden (Hauswirtschaft/Landwirtschaft). Handeln dagegen bildet mit der Sprache eine Einheit und ist nur im sozialen Kontext möglich. Handeln ist die, im philosophischen Sinne, bedeutendste menschliche Tätigkeit, da komplementär zum Denken das Handeln die menschliche Existenz bedingt und vom reinen Verhalten der Tiere und Pflanzen unterscheidet.

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1 Hannah Ahrendt: Vita activa oder Vom tätigen Leben, 1958

Handeln ist das bewusste Tätigsein, das sich ohne Materialität und Dinghaftigkeit zwischen den Menschen abspielt. Handlungen oder das bewusste Unterlassen von Handlungen sind, anders als das, was Jemandem passiv widerfährt, gestaltbar und haben immer Konsequenzen. Es ist eine entscheidende menschliche Erfahrung, die das Bewusstsein entwickelt. Das Selbstbewusstsein des Individuums, ebenso ein gemeinschaftliches Bewusstsein. Ohne die Anwesenheit Anderer ist der Mensch nicht handlungs- und auch nicht lebensfähig. Grundsätzlich vollziehen sich menschliche Handlungen in der Gemeinschaft, bedingen sie gleichermaßen wie die Gemeinschaft auch die individuellen Handlungen ihrer Mitglieder bedingt. Dabei ist der Mensch dadurch gekennzeichnet, dass er zwei Sphären angehört: derjenigen, die er sein Eigen nennt und jene, die allen gemein ist. Er ist Privatmensch, in der eigenen Sphäre, dem Heim und der Familie, in der er seine Individualität entwickelt und seine Handlungen für die Außenwelt erprobt; und er ist der öffentliche Mensch, in der gemeinsamen Sphäre, in der er handelnd und politisch mit anderen interagiert.


Politisch = Entortung, Ortsverschiebung; Politik = Repräsentation von Orten der Zum Beispiel taktische Wendung gegen Gemeinsamkeit; Strategische Operation; den Staat oder eine Macht Staatsführung, Zielgerichtetes Verhalten Der Begriff politisch heißt in diesem Zusammenhang, prozessgestaltend. Politisch zu Handeln bedeutet Einfluss zu nehmen auf die Entwicklung und Gestaltung einer Gesellschaft, bzw. eines Staates. Eine demokratische Öffentlichkeit ist in der Lage durch politische Resonanz kritische Impulse auf die Staatsentwicklung auszuüben. Die Sprache und die Kommunikation sind ausschlaggebende Fähigkeiten, die dieses Zusammenleben ermöglichen. „Das Faktum menschlicher Pluralität, die grundsätzliche Bedingung des Handelns wie des Sprechens, manifestiert sich auf zweierlei Art, als Gleichheit und als Verschiedenheit. Ohne Gleichartigkeit gäbe es keine Verständigung unter Lebenden, kein Verstehen der Toten und kein Planen für eine Welt, die nicht mehr von uns, aber doch immer noch von Unseresgleichen bevölkert sein wird. Ohne Verschiedenheit, das absolute Unterschiedensein jeder Person von jeder andren, die ist, war oder sein wird, bedürfte es weder der Sprache noch des Handelns für eine Verständigung;(...)“2 In der Gemeinschaft ist man also gleich, im Sinne von unter Seinesgleichen und doch unterschiedlich genug um sich überhaupt mit den Anderen auseinander setzen zu müssen. Das Leben ist ein Handlungsraum, in dem sich das Individuum, das Subjekt nicht einzig durch sich selbst

erfährt, sondern durch die Erfahrung mit anderen und wiederum deren Reaktionen auf das eigene Handeln. Über Interaktion und die Erfahrung im Austausch bildet der Mensch seine Identität, erfährt Anerkennung und formt das Selbst– Bewusstsein. Im Sprechen und im Handeln zeigt sich die Einzigartigkeit jedes Menschen. Innerhalb einer Gesellschaft werden Codes, Regeln und Spielweisen über die Art und Wiese des Umgangs miteinander festgelegt, die das Zusammenleben bedingen. Man kann sagen, dass Handeln Gemeinschaft bedingt und innerhalb dieser Gemeinschaft Regeln aufgestellt werden, um überhaupt zu handeln. Eine Besonderheit des Menschen ist auch, das er nicht nicht Handeln kann. Auch das Unterlassen einer Handlung wird im Codesystem der Interaktion verstanden.

2 ebenda: S. 164

3 Michel de Certeau: Die Kunst des Handelns, 1980

Das diese Form, in der unsere Gesellschaft handelt und verhandelt auch negativ konnotiert sein kann zeigt sich am Beispiel der Auseinandersetzung mit der „Kunst des Handelns“3 die der französische Soziologe und Kulturhistoriker Michel de Certeau in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts erarbeitet hat. De Certeau geht in seiner Abhandlung vom Menschen als Konsumenten aus. Konsumenten verfügen über keine eigenen Erzeugnisse, keine Orte und keine eigene Sprache, im Gegensatz zur Industrie, de-

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ren Produkte er konsumiert. Diese nennt de Certeau die Kulturindustrie, die lokale und traditionelle Kulturen verdrängt und sie mit künstlich erzeugten Alltagsartefakten und normierten Vorstellungen und Verhaltensweisen ersetzt. Innerhalb dieser Organisation sucht der Konsument einen Möglichkeitsspielraum des freien Handelns. Dabei sieht de Certeau die Kapitalgesellschaft, die Unternehmen und Organisationen als gegebene Strukturen, die den Einzelnen, den Konsumenten beherrschen indem sie Verhaltensweisen und Vorstellungen erzeugen. Die Verbraucher sind mit den statistischen Verfahren der Marktforschung erfasst und typisiert worden, werden zielgruppenorientiert beworben und haben in der artifiziellen Welt keine andere Wahl, als die auf sie Zugeschnittene.

Abweichungen. Das Abgreifen und Deformieren von Dingen, gebauter Umwelt und Gegenständen durch den Gebrauch oder Missbrauch bilden ein Bezugssystem auf dem sich Abdrücke von Handlungen abzeichnen.

Handlungen sind abhängig von den Aneignungspraktiken der Menschen (oder Konsumenten). Sie werden von den konstruierten Produktionen der Kulturindustrie manipuliert und bevormundet. In diesem Kontext ist das Handeln der Konsumenten sekundäre Produktion stiller und unsichtbarer Praktiken und Gebrauchsweisen, die sich zum Beispiel in ihrer Kreativität im Umgang mit den gegebenen Strukturen des öffentlichen Raums zeigen. Um diese besser verstehen zu können soll im Folgenden die Sphäre der Öffentlichkeit unterAls Beispiel führt er das Fernsehen an, als Modell sucht werden und im speziellen die gebauten für vorgefertigtes Verhalten. Er beschreibt die Strukturen des öffentlichen urbanen Raums. verbrachte Zeit vor dem Bildschirm und die vorgefertigten Vorstellungen die durch die verbreiteten Bilder und Informationen die Zuschauer „in-Form-Setzen“. Jedoch ist nicht vorgefertigt, was die Zuschauer mit der Zeit und den Bildern anfangen, wie sie diese interpretierten und wie sie eigene Bezüge herstellen. Das Fernsehen kann Handlungen bedingen und lässt eigene Gedanken und Interpretationen zu. Allerdings ist der Fernsehende doch viel passiver als z.B. eine Lesende und es hat sich gezeigt, dass die Fernsehindustrie bei der Masse mehr Macht auf Meinungsbildung ausübt als Buch- und Zeitungsverlage. Nach de Certeau entwickeln die Konsumenten im Alltag Praktiken um mit diesen vorbestimmten Verfahren und Regeln umzugehen. Im Gebrauch von Alltagsobjekten zeigen sich Spuren von

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Handlung bedingt Öffentlichkeit „Öffentlichkeit ist ein historischer Begriff von bemerkenswerter Schwammigkeit.“1 Die Begriffe Öffentlichkeit, öffentlich, öffentlicher Raum, public und publicity hört man täglich in den unterschiedlichsten Zusammenhängen. Sie schwirren durch viele Texte in Büchern und Zeitungen, Abschlussarbeiten, materialisieren sich in Projekten, Diskussionen und Gestaltungsprozessen. Sie werden kritisch diskutiert, erklärt und wieder erklärt, zum Teil schon inflationär gebraucht. Philosophen, Soziologen, Anthropologen, Psychologen, Stadtplaner und Designer beschäftigen sich schriftlich, analytisch, gestalterisch und diskursiv mit den verschiedenen Dimensionen und Sphären von Öffentlichkeit. Was sich hinter diesem Begriff Öffentlichkeit verbirgt soll hier nur im Kurzen erörtert werden, bzw. der Begriff der heute von Öffentlichkeit besteht. Eine geschichtliche Erarbeitung des Begriffs wäre in diesem Falle Teil einer weiterführenden Forschungsarbeit. Da für die Auseinandersetzung in dieser Arbeit im Besonderen der öffentliche Raum von Interesse ist, die Verortung von Öffentlichkeit im gebauten urbanen Raum und der soziale Raum als Interaktionssphäre innerhalb einer Gesellschaft, sollen hier im Ansatz die Gefüge die diese Art der Öffentlichkeit bedingen, erklärt werden.

1 Oskar Negt; Alexander Kluge: Öffentlichkeit und Erfahrung, 1972, S. 17

Nach Jürgen Habermas umschließt die Öffentlichkeit alle Veranstaltungen, Orte und Räume die allen zugänglich sind oder Einrichtungen öffentlicher Gewalt oder öffentlicher Aufgaben beherbergen.2 Das macht ja schon einmal Sinn: alle Orte die nicht privatisiert und durch ein Eintrittentgelt exklusiv sind, sind also öffentlich und können von allen Bürgerinnen und Bürgern frei betreten werden. Orte öffentlicher Gewalt, wie zum Beispiel Ämter oder Ministerien, sind zwar nicht frei zugänglich, scheinen sich aber auf die eine oder andere Weise um das Wohl, die Ordnung und die Organisation der Öffentlichkeit zu kümmern. Oskar Negt und Alexander Kluge umschreiben Öffentlichkeit ebenso mit Presse, Parteien und Verbänden, Gewerkschaften und mit den Wissenschaften. Öffentlichkeit kann also als Sammelbegriff verschiedener Instanzen verstanden werden, die aber „(…) überhaupt nichts Einheitliches (sind), sondern die Kumulation nur abstrakt aufeinander bezogene Einzelöffentlichkeiten.“3 Grundsätzlich lässt sich feststellen dass Öffentlichkeit ein gesellschaftliches Bedürfnis ist.

2 Jürgen Habermas: Strukturwandel der Öffentlichkeit, 1990, S. 54 3 Negt; Kluge: S. 15

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Wie im vorherigen Kapitel beschrieben geschieht menschliches Handeln immer gemeinsam also in einer Öffentlichkeit. Genau wie Hanna Arendt beschreibt auch Jürgen Habermas, dass „…im Licht der Öffentlichkeit erst das, was ist, zur Erscheinung (kommt), allen alles sichtbar (wird). Im Gespräch der Bürger miteinander kommen Dinge zur Sprache und gewinnen Gestalt.“4 Alles was vor der Allgemeinheit in Erscheinung tritt wird für Jedermann sichtbar und hörbar. Dadurch kommt ihm die größtmögliche Öffentlichkeit und damit Wirklichkeit zu.5 Genau aus diesem Grund nennt Habermas die Öffentlichkeit auch die „Sphäre der zum Publikum versammelten Privatleute“6, also eine Öffentlichkeit von Zuschauern. Dieses Publikum ist allerdings kein passives, ertragend betroffenes sondern ein unterrichtetes mit kritischer, eben öffentlicher Meinung. Durch die Vielheit der Zuschauer ergibt sich auch eine Vielheit der Perspektiven, Meinungen und Handlungsweisen. Aus dieser Verschränkung von Öffentlichkeit und gemeinsamem Handeln ergibt sich ein grundsätzlich politisches Prinzip. Das Private kann also als der Raum der Notwendigkeit angesehen werden, der Raum des Arbeitens und Herstellens.

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4 Habermas: S. 55f 5 vgl. Arendt: S. 62 6 Habermas: S. 55f

Der Öffentliche Raum gibt dem gemeinsamen Leben Grenzen und Freiheiten. Er ist das Prinzip das die Gemeinschaft zusammenhält. Öffentlichkeit besteht nicht nur aus Institutionen, Einrichtungen, irgendwie publizierten Meinungen, Straßen und Plätzen, sie ist auch ein „allgemeiner gesellschaftlicher Erfahrungshorizont.“7 Nun haben sich Öffentlichkeit, und wenn man davon spricht, muss man auch von Privatheit sprechen, und deren Strukturen seit Hanna Arendt und Jürgen Habermas um einiges mehr gewandelt, als sie es je voraussehen konnten. Privat lässt sich heute - und das ist auch schon lange nichts Neues mehr - nämlich gar nicht mehr so einfach von Öffentlich trennen. Immer mehr verschieben sich die Grenzen von privaten Handlungen in den öffentlichen Raum und immer mehr Öffentlichkeit dringt (meist durch den Fernseher oder via Internet) in die Privatsphäre unseres Zuhauses. Gleichzeitig verschieben sich beide Sphären ins Internet und die Grenzen zwischen privaten Angelegenheiten und öffentlichem Kundtun verschwinden vollends.

7 Negt; Kluge: S.18


Ob das gut oder schlecht ist sei dahingestellt, allerdings lässt sich beobachten dass sich mit dieser Entwicklung auch ein ganz spezifischer Raum verschoben hat. Nämlich der öffentliche Raum, einst im urbanen Außenraum verortet, und Platz für öffentliches, politisches Handeln, Diskussion und Diskurs, Platz für soziale Interaktion und den freien Warenaustausch. Alle diese Handlungen vollziehen sich heute parallel im Internet und schaffen dort eine andere viel komplexere, weil so schwer greifbare Wirklichkeit. Zu einer vollständigen Analyse der Öffentlichkeit im Internet ist hier jedoch nicht Zeit und Ort, und meine Beobachtungen erheben auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Zunächst soll erst einmal jener physische Ort der Öffentlichkeit aufgezeichnet werden. Das ist heute im Gegensatz zur Antike, wo sich Öffentlichkeit auf dem Marktplatz und der Polis abgespielt hat, wie gesagt gar nicht mehr so einfach. Öffentlichkeit muss sich Raum schaffen. Am greifbarsten tut sie das immer noch im urbanen, gebauten Außenraum.

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Öffentlichkeit beansprucht Raum

Öffentlicher Raum ist von der jeweiligen Vorstellung von Öffentlichkeit einer Gesellschaft abhängig und spiegelt deshalb auch einen sozialen Raum wieder. Man kann sagen Öffentlichkeit ist die Manifestation von Gesellschaft im Raum. Es besteht ein immanenter Zusammenhang zwischen Raumstrukturen und einer gesellschaftlichen Ordnung. Raum ist Lebensraum, Darstellungs-, Handlungs-Orientierungs-, Kommunikationsraum und vor allem sozialer Interaktionsraum sei es in der Stadt auf dem Land oder im Internet. Die Teilnahme am öffentlichen Leben im urbanen öffentlichen Raum erfordert eine Reihe von Spielregeln, Konventionen und Codes, an die sich die Bürgerinnen und Bürger mehr oder weniger halten um im Umgang miteinander und mit dem Raum zu bestehen. Öffentlicher Raum ist also immer sozialer Raum. Der soziale Raum ist ein abstraktes Konstrukt von Beziehungen und Interaktionen zwischen Menschen die bestimmte Positionen einnehmen. Die Grenzen innerhalb dieses Raums ziehen sie aufgrund ihres jeweiligen Vermögens oder Unvermögens Einfluss zu nehmen, Entscheidungen zu treffen oder Macht auszuüben. Der urbane öffentliche Raum ist vor allem gebaute, gestaltete Öffentlichkeit und schon deshalb zeichnet sich hier ein Spannungsverhältnis ab. Da Bebauung auch immer Grenzen hat, Raum also durch einen Rahmen definiert, in diesem Falle Wände, die auch gleichzeitig wieder etwas ausschließen. Meistens trennt sich an einer Mauer der öffentliche vom privaten Wohnraum aber auch Menschen können durch ihr Verhalten

diese Grenzen zwischen zwei Sphären schaffen. Das Versteck hinter der Sonnenbrille und das Abkapseln durch die Kopfhörer schafft einen temporären privaten Raum in der Öffentlichkeit und schließt andere aus. Gleichzeitig privatisieren Unternehmen den gebauten Außen Raum in dem sie Informationsflächen mit Werbung behängen, Restaurants ihre Stühle auf die Straße stellen und mithilfe digitaler Medien natürliche Handlungen zum Konsum transformieren. „Ganz banal stellen sich solche Probleme ja schon angesichts der Tatsache, dass etliche Restaurants auf die Straße die gleichen Stühle und Tische stellen, die Menschen sonst in ihren Wohnungen haben. Oder sollte eine neue Idee von Öffentlichkeit wie auch von Privatheit generiert werden, finden wir uns einfach ab mit dem, was geschieht und geschehen ist, oder entwerfen wir gerade aus dem Design heraus neue Utopien?“1 Öffentlichkeit ist heute mediale Strategie, Aufenthalt im öffentlichen Raum ist fast nicht mehr ohne Konsum möglich und die Unternehmen bestimmen die Spielregeln für Verhalten, Informationsinput und Aktion im öffentlichen Raum. Im Internet ist dies sowieso die Regel, da der Aufenthalt im Internet per se nur durch ein Providerunternehmen zugänglich ist. Um den öffentlichen Raum als Aktionsraum zu verstehen ist es sinnvoll die sozialen Bedingungen näher zu betrachten. Den sozialen Raum genau wie den physischen, geografischen Raum müssen sich die Akteure erst einmal aneignen. Durch das Nutzen gegebener Möglichkeiten

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1 Michael Erlhoff: Designing Public, 2008. S. 10


Sozialer Raum

ergeben sich erst Zugang, Spielräume und damit auch Handlungsmöglichkeiten. Michel de Certeau nennt diesen Vorgang das Ergreifen günstiger Gelegenheiten. Das veranschaulicht er an einer Praktik, die sich Menschen im städtischen Raum seit dem 19. Jahrhundert angeeignet haben. Dem Gehen, Spazierengehen, Flanieren in der Stadt. Von oben betrachtet ist das städtischen Geschehen eine klare Ordnung von der gebauten Umwelt, der Häuser, Straßen und Zwischenräume. Das eigentliche Stadtgeschehen wird allerdings von den Passanten, den Gehenden im Raum gebildet. Diese sind der Ordnung zwar nicht enthoben, können aber permanent auf ihr improvisieren. Die Stadt ist eine statische Positionierung, die Ordnung eines Nebeneinanders von Straßen, Häusern und Orten. Das Gehen im Raum ist eine Überschneidung von Dynamik, Ambivalenz und Zeit, eine Verknüpfung von Orten zu Beziehungen. Der Gehende in der Stadt realisiert oder vernachlässigt Möglichkeiten, folgt Routen, nimmt Abkürzungen und schafft damit Trampelpfade und Gebrauchspuren seiner Handlungen im Raum. Gehen ist damit dem Sprechen ganz ähnlich. So wie sprechen eine Aneignung von Sprache impliziert braucht Gehen eine Aneignung des topographischen Systems durch den Fußgänger.

Sprechen ist die Realisierung der Sprache durch Menschen, Gehen, Sitzen und Beobachten die Realisierung des räumlichen Ortes. Beide Handlungen knüpfen Beziehungen zwischen unterschiedlichen Positionen. Dabei entsteht ein Erfahrungsraum und schafft Möglichkeiten zur Interaktion. Die Aneignung des physischen Raums durch Gehen und Handeln, entspricht gleichzeitig auch dem Vermögen oder Unvermögen des Subjekts sich im sozialen Raum zu Behaupten und in einer Gesellschaft zu existieren.

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Raum hat Grenzen

Hier zeichnet sich bereits ab, dass der Umgang im sozialen Gefüge des öffentlichen Raums und Öffentlichkeit, Schwierigkeiten für das Individuum wie auch für die Gemeinschaft aufwerfen kann. Nach dem beschriebenen Modell können diese individuellen Anpassungsschwierigkeiten an eine soziale Gemeinschaft sein, zum Beispiel soziale Ausgrenzung bestimmter Gruppen oder Einzelpersonen. Problematisch ist auch die Aneignung des Raums für Personen, denen der Zugang zum öffentlichen Raum durch Hindernisse und Barrieren erschwert oder verweigert wird, wie z.B. für Obdachlose oder soziale Außenseiter. Dabei ist die Aneignung des Raums in der Sphäre der Öffentlichkeit für beide Geschlechter unterschiedlich komplex. Frauen haben es grundsätzlich schwerer sich im öffentlichen Raum zu bewegen. Seit der Entstehung des öffentlichen Raums, wie wir ihn heute kennen mit Einsetzten der Industrialisierung verorteten sich nicht nur die Sphären der Öffentlichkeit und der Privatsphäre, sondern verschoben sich auch die strikten Rollenzuweisungen für Männer und Frauen. Die Rollenbilder aus der Zeit zu Beginn des 19. Jahrhunderts sind geprägt von den Begriffen des „public man“ und der „private woman“. „Diese Begriffe beschreiben ein Rollenmodell, das Frauen zunächst durch die geschlechtliche Arbeitsteilung auf das Privatleben und den Haushalt fixierte und Männer in die öffentliche, erwerbstätige Außenwelt. Dieses Ordnungsmuster beinhaltete keinen gleichberechtigten Aufenthalt von Frauen in der Öffent-

lichkeit. Der öffentliche Raum stand Frauen nur zum Passieren, beispielsweise zum Zweck des Einkaufens zur Verfügung, und zwar in der Regel am Tag oder in Begleitung. Sie konnten nicht wie Männer am öffentlichen Leben teilnehmen.“1 Auch die Gestaltung des öffentlichen Raums macht es Frauen und Männern nicht immer leicht sich im urbanen Außenraum frei zu bewegen. Mit dem Kinderwagen ist die Stadt ein Hindernislauf und die öffentlichen Verkehrsmittel sind nur unzureichend auf Rollstühle zugeschnitten. Auch die mangelnde Sicherheit, bzw. Übersichtlichkeit von öffentlichen Plätzen, Parks und Anlagen ist ein Problem. „Die sichere Nutzung des Raums bedeutet gerade für Frauen auch eine gleichberechtigte Nutzung. Die Angst vor potentieller Gewalt stellt eine starke räumliche Begrenzung für Frauen dar, die sie in ihrer Bewegungsfreiheit einschränkt.“2 Die Wahrnehmung, sowie die Bewegung im öffentlichen Raum sind zudem geprägt durch das Angebot von Infrastruktur, Straßenmöbeln und Sicherheitsmechanismen, bzw. durch den jeweiligen Mangel daran. Für ältere Menschen sind beim Aufenthalt im städtischen Außenraum Sitzmöglichkeiten, Sauberkeit, Licht und Sicherheit wichtiger als für junge Berufstätige, die den Raum nur kurz und zielorientiert durchqueren. Aneignung hängt also auch stark von klugem Design ab, bzw. wird durch dummes Design eingeschränkt. 1 Pia Drechsel: Angsträume, 2006 2 ebenda

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Stadtplanung, Infrastrukturen, Straßenverläufe, Parkanlagen. Schon die Wortwahl deutet daraufhin, dass es sich um künstlich geschaffene Tatsachen handelt, die nicht gewachsen, sondern eben geplant, strukturiert, angelegt wurden und zwar von Stadtverwaltungen mehr oder weniger zugeschnitten auf die Bedürfnisse der Bewohner, einer anonymen durchschnittlichen Masse. Auch das Stadtmobiliar ist den verschiedenen Bedürfnissen nach gestaltet und im öffentlichen Raum angebracht. Sitzbänke zum verweilen, aber nicht zum darauf schlafen, Mülleimer zum entsorgen, Poller zum eingrenzen, Zäune zum ausgrenzen. Die Interpretation der Intention ist hier aus der Sicht einer Stadtbewohnerin und Nutzerin nicht ohne Grund negativ bewertend, da es sich offensichtlich bei Stadtplanung und tatsächlicher Nutzung um einen Interessenkonflikt handelt. Die Stadtplanung agiert lösungsorientiert, funktionalökonomisch, bürokratisch, präventiv und langfristig, vernachlässigt dabei aber oft die Ästhetik und die Bedürfnisse der Menschen, die in einer Stadt wohnen. Stadtgeschehen dagegen ist flexibel, spontan, dynamisch, situativ und unvorhersehbar. Stadtmobiliar ist oft unflexibel, schlecht positioniert, unästhetisch und monoton. Präventionswut und Verbote grenzen aus. Mit gestalterischen Mitteln sollen herumlungernde Obdachlose, die eine Stadt nun mal hervorbringt, aus dem Stadtbild gestrichen werden. Schlechtes Public Design ist Kommunikationsbarriere und verödet den öffentlichen Raum als Treffpunkt für den freien Austausch. Auch die verkehrsfreundliche Gestaltung einer Stadt birgt Probleme für die Öffentlichkeit. Räume werden zu Transiträumen, geprägt von Transport, Eile und Hektik. Nach einem stressigen Tag in der Stadt sehnt man sich geradezu nach der Abschottung in der eigenen Festung des Zuhauses.

Verwahrlosung und Desinteresse

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3 Richard Reynolds: Guerilla Gardening. 2009, S. 51

stellen ein weiters Problem für eine Stadt und ihre Öffentlichkeit dar. Wer entscheidet wem die Stadt gehört, wer in ihr aufräumt oder Chaos verursacht? Verfall, Dreck und Müllprobleme sind in vielen Städten zu beobachten und sorgen für Schuldzuweisungen. Jugendliche Vandalen werden gern zum Sündenbock von Beschmutzung und wilder Zerstörung gemacht. Verwahrloste Stellen, dunkle Straßen, dreckige Bahnsteige erzeugen Angst und Unmut und werden vorsätzlich gemieden. So verkommen Orte zu Unorten, Brachflächen entarten zu Müllkippen und Angsträume werden als Tatorte stigmatisiert. „Sichtbare Vernachlässigung signalisiert territorialen Konkurs: ein aufgegebener Bauplatz, vollgerümpelt mit altem Schrott, eine Böschung am Straßenrand voller Unkraut und Abfall oder eine schmutzige Baumscheibe in der Fußgängerzone, übersät mit Zigarettenkippen, Ödland ist Platzverschwendung, Umweltverschmutzung und eine Beleidigung fürs Auge.“3 Schlechte Stadtgestaltung ist ein Affront für die Bürgerinnen und Bürger und provoziert Frustration, Aggression und eben auch Vandalismus. Auch die räumliche Trennung bestimmter sozialer Gruppen in Migranten-, Arbeiter-, Wohlhabendenvierteln provoziert Neid und macht Ungleichheiten sichtbar. Das Bauen von reinen Funktionsorten wie Industrie- und Gewerbegebiete prägen Ausgrenzungen und lassen Viertel nachts komplett ersterben. So werden z.B. in Paris gezielt alte Wohnhäuser in der Innenstadt saniert um sicher zu stellen, dass durch das Zuziehen von wohlhabenden, liquiden Einwohnern ein Stadtteil sicherer und attraktiver wird.


Spektakel der Kulturindustrie und die Privatisierung des Öffentlichen Raums

real, der Konsumkapitalismus habe sich menschliche Erfahrungen zueigen und auch zur Ware gemacht. Das „Spektakel“ sei nur ein System von Die zunehmende Kommerzialisierung und dadurch auch Privatisierung des öffentlichen Raums Symbolen, eine Ideologie in der das Leben von wirft immer wieder Fragen über die Verschiebung der wahren Natur völlig entfremdet sei. Jean Baudrillard stimmt ihm da zu: „Wir haben der Sphären öffentlich und privat auf, „obgleich den Punkt erreicht, wo der „Konsum“ das geman mit Recht davon sprechen kann, dass im samte Leben erfasst, wo sich alle Tätigkeiten fortgeschrittenen Kapitalismus überhaupt keine nach derselben Kombinatorik verbinden, wo die gesellschaftliche, öffentliche wie private Sphäre Wege unserer Bedürfnisbefriedigung von vornhermehr existiert, die nicht von kommerziellen Fakein festgelegt sind, von einer Stunde zur nächsten, 4 toren wenigstens mitbestimmt wäre“ und wo unsere „Umwelt“ total wird – total klimatiEinkaufszentren, Außen-Gastronomie, Erlebnissiert, total eingerichtet, total kulturalisiert.“7 konsum sind zu künstlichen Marktplätzen mit exklusivem Zugangsrecht geworden in denen Manipulation von höherer Instanz oder vom Konsumenten nur ein passives Erleben von künstlichen Events und Schauspielen der Kultur- eine allgemeine Steuerung der „freien“ Öffentindustrie erwartet wird. Unterhaltsame Spektakel lichkeit durch eine höhere Instanz (z.B. ein Militär oder eine Regierung). Die Regierung ist, in einer regen zum Kaufen an, wer aber ohne Kaufkraft Demokratie zumindest, für das Wohlergehen zutritt verlangt wird abgewiesen. Marketing einer Gesellschaft zuständig, organisiert, regelt Kampagnen machen aus privaten Interessen öffentliche Meinungen die als Werbung den öffent- und verwaltet das Zusammenleben innerhalb dieser. Der Staat hat die Obrigkeit der Verwallichen Raum durchdringen. tung, Exekutive und die Finanzverwaltung. Dabei Die Gefahr der zunehmenden Privatisierung des ist immer die „öffentliche“ Macht des Staates öffentlichen Raums besteht in der Vorgaukelung dem Einzelnen übergeordnet. Die sozialen Intereiner Öffentlichkeit, die sich aber nicht mehr essen des Bürgertums, bzw. der Öffentlichkeit durch die Möglichkeit zur Mitgestaltung aussollen durch die Staatsgewalt geschützt und die zeichnet sondern durch eine Illusion von Macht Produktions- und Tauschinteressen des Volkes zur Selbstbestimmung, nämlich eine auf den vertreten werden. Der Staat räumt dem Volk Konsumenten perfekt zugeschnittene. politisches Partizipationsrecht ein, das heißt „Urbanität wird zum Synonym für rentable, Gestaltungsmöglichkeit hat der Einzelne in einer kurzlebige Erlebniswelten. Die lebendige Stadt verkommt zu einer faden Kopie. Sie wird zur Büh- Demokratie wenn er sich in Gruppen und Parne für inszeniertes Leben - es zählt der Unterhal- teien organisiert, wählt oder sich selbst in ein politisches Amt wählen lässt. Die Öffentlichkeit tungswert und nicht die Lebensqualität.“5 kann also die Instrumente des Staates, z.B. die Guy Debord, Künstler und Mitbegründer der Polizei für ihre Interessen einsetzen, die Gewalt Situationistischen Internationale konstatierte in der Instrumente aber nicht flexibel reduzieren seinem Buch „Die Gesellschaft des Spektakel“6 oder stoppen, wenn sich diese Interessen schon Ende der 60er Jahre, die Welt sei nicht ändern. 4 Thomas Düllo: Cultural Hacking, 2005, S. 232 6 vgl. Guy Debord: Die Gesellschaft des Spektakels, 1967 5 Pina Dietsche: Der zentralisierte Kaufrausch, in Fandalismus, 7 Jean Baudrillard, zitiert nach Heath; Potter: 2009, S. 76 Konsumrebellen, 2009, S. 332

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Dadurch wird die Staatsgewalt gleichzeitig für die Öffentlichkeit wieder unbeherrschbar. „Soweit sich in der Verwaltung die dem Staate oder sonstigen Trägern öffentlicher Gewalt eigentümliche Macht bestätigt, spricht man von obrigkeitlicher Verwaltung. Das Obrigkeitliche liegt in der Überordnung der öffentlichen Gewalt über dem Einzelnen. Diese Überordnung ist zunächst nur ein Bild. Rechtlich fassbar wird sie, wenn man sich das Mittel vor Augen führt, dessen sich die obrigkeitliche Verwaltung zur Durchführung ihrer Zwecke bedient. Dies Mittel aber ist […] der mit größerer Wirkungskraft ausgestattete Verwaltungsakt, äußerstenfalls gepaart mit überwältigender körperlicher Gewalt. Die größere Wirkungskraft des Verwaltungsakts aber besteht in seiner verhältnismäßig starken Unempfindlichkeit gegen eigene Fehlerhaftigkeiten.“8 Das sich diese Machtverhältnisse in einem totalitären Staat anders verhalten ist klar, aber auch in einer parlamentarischen Demokratie hat diese Obrigkeit Handlungsspielräume die sich dem Gestaltungsrecht der Bürger entziehen. Über die Einflussnahme oder Vernachlässigung dieser durch die Öffentlichkeit wird im Kapitel „kaufen oder wählen?“ noch einmal nachgedacht.

Kontrollmacht

Im öffentlichen Raum manifestiert sich immer stärker eine Form der Machtausübung der Obrigkeit des Staates über das Volk. Als Methode der Gewaltprävention verpackt sind Überwachungskameras mittlerweile ubiquitär im städtischen Raum vertreten. „Die offensichtliche Begründung für diese Art Kontrolle ist die Verbrechensbekämpfung, meist wird sie aber für andere Zwecke genutzt, wie zum Beispiel die Verkehrsüberwachung. Besonders die jüngsten Terrorismus Befürchtungen schei-

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8 Walter Jellinek: Verwaltungsrecht, Bad Homburg v.d.H. Berlin 1966, zitiert nach Kluge; Negt

nen den Nutzwert der Überwachungskameras zu rechtfertigen. Erreicht wird nicht immer eine Verringerung der Delikte, sondern eine Verdrängung und Verlagerung: Werden bestimmte Gebiete sicherer, werden andere dadurch unsicherer.“9 Aber sind der Schilderwald und die übermäßige Präsenz von Kontrollmacht durch Polizei und Ordnungsamt im urbanen Raum Zeichen für einen Überwachungsstaat? Darüber lässt sich streiten, allerdings ist offensichtlich, dass sich Prävention und Provokation in diesem Spannungsfeld die Hand geben. Beobachtung erzeugt Unsicherheit, Gegenden die viel überwacht werden, werden als unsicher angesehen. Verhaltensweisen ändern sich, wenn sie kontrolliert werden. Im schlimmsten Fall führt die Durchdringung des städtischen Raums und des Alltags mit Kontrollsystemen letztlich zu einer schleichenden Akzeptanz von Überwachung in allen Lebensbereichen. Seit der Formulierung erster Versuche über Öffentlichkeit ergaben sich immer wieder Probleme und unlösbare Dialektiken über Form, Sinn und Zweck. Was hier als konkrete Probleme des öffentlichen Raums dargestellt wurde kann aber auch gleichzeitig wieder neue Spielräume öffnen. Im Spannungsverhältnis zwischen Mangel und problematischer Bebauung und der jeweiligen Nutzer der Stadt zeigt sich auch die Kreativität der Menschen, mit diesen Schwierigkeiten umzugehen. Der Künstler Bazon Brock sieht genau in diesem Spannungsfeld das Potential der Öffentlichkeit: „Das urbane Leben bringt Öffentlichkeit hervor, die dort hergestellt wird, wo Menschen sich gemeinsam einem Problem stellen. Dieses Problem betrifft sie unmittelbar in ihrem Leben insofern, 9 Pia Drechsel: Smile you are on CCTV, in Verstecke, 2007


als dass das Problem prinzipiell nicht lösbar ist. Man muss sich immer klar machen, dass die Geschichte der res publica, der Demokratie und dann des Rechtsstaates, daran gebunden ist zu erkennen, dass niemand auf der Erde - und hätte er auch die größte Macht - dazu in der Lage wäre, schwerwiegende Probleme zu lösen; denn deren Wichtigkeit bemisst sich daran, dass sie eben nicht lösbar sind.“10 Öffentlicher Raum ist immer im Wandel, seit jeher nie nur im Aufbau oder im Zerfall. Der Zugang zum, Teilnahme am, Kommunikation im öffentlichen Raum gehen allerdings verloren oder werden stark behindert durch schlechte Gestaltung, Mangel, Verwahrlosung und Desinteresse, die Spektakel der Kulturindustrie und die Privatisierung öffentlicher Flächen oder die ständige Kontrolle von höhere Instanzen. Die Entwicklung einer neuen Art von Öffentlichkeit die sich im Internet abspielt oder zumindest durch die modernen Kommunikationsmittel verbreitet scheint da gar nicht so überraschend zu sein.

10 Bazon Brock in: Designing Public, S. 22

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Grenzen erzeugen Subversion

Im öffentlichen Raum sind neben der vorgegebenen Gestaltung und Nutzung innerhalb dieser Grenzen auch Aktivitäten und Spuren zu beobachten, die sich gegen diese Grenzen richten. Manche sind mehr, manche sind weniger offensichtlich. „Im öffentlichen Raum, wo viele Menschen dieselben Dinge benutzen, kann der Wunsch entstehen, sich durch individuelle Nutzung des Vorhandenen das Allgemeingut anzueignen.“1 Manche subversive Handlungen sind so zerstörerisch, dass die vorgesehene Nutzung unangenehm oder unmöglich gemacht wird. Andere indirektere Handlungen, wie das langsame Entstehen von Trampelpfaden neben zementierten Gehwegen werden von den Stadtbewohnern akzeptiert. Doch auch diese stille Umgangsweise ist Widerstand und hinterlässt Spuren, die Zeichen einer Unzufriedenheit mit den gegebenen Strukturen sind. Dunne und Raby nennen schlechte Gestaltung deshalb „abuser friendliness“, de Certeau eine Einladung zum „Basteln“. All diese Handlungen sind subversiv, ob konstruktiv oder zerstörerisch, ob sanft oder gewalttätig. Sie sind Teil von Gegenkulturen, die sich mit ihren Methoden gegen die Reglementierung des öffentlichen Raums richten, sie kritisieren oder sogar ins Lächerliche ziehen, um sich Freiraum zu schaffen. Manche Praktiken präsentieren sich direkt, sind intentional und organisiert, wie Graffiti, andere Handlungen geschehen eher nebenbei und zeigen ihren subversiven Gehalt erst nach längerer Zeit, wie das Abnutzen eines

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1 Uta Brandes: Design durch Gebrauch, S. 168

zum Fahrradständer umfunktionierten Pollers. Subversion ist nach de Certeau die Unterwanderung des Aufgezwungenen. Dies geschieht nicht unbedingt durch das Brechen der Regeln eines bestehenden Systems, ist keine reine Ablenkung oder Veränderung, sondern die Assimilation in das System in dessen Inneren man gleich bleibt. Subversion ist die Entstellung der Ordnung ohne sie zu verlassen. Meist richtet sich die Bewegung von Gegenkulturen gegen das herrschende System, gegen den Kapitalismus, die Konsumgesellschaft oder einzelne politische Aspekte. Politische Subversionen sind Handlungen, deren Ziel die Änderung der bestehenden Ordnung ist. Der Begriff Gegenkultur tritt ins Interesse der Öffentlichkeit in den 60er Jahren mit der Formierung einer Gruppe von Künstlern und Intellektuellen um Guy Debord in Frankreich, die sich die Situationistische Internationale nennt. Durch ihre kritischen Gesellschaftsanalysen bekannt und vor allem sehr enthusiastisch und überlegt entwickeln sie eine Theorie der situativ bedingten und inspirierten Aktion in der Öffentlichkeit. Dies kann ein Kunstwerk sein, ein Protestakt oder auch ein Kleidungsstück das für Aufruhr sorgt und damit in der Lage ist, die Weltordnung zu verändern. Der Name der aktionistisch, linksradikalen Bewegung erinnert nicht ohne Grund an die Handlungsmöglichkeiten die de Certeau den Konsumenten einräumt, eine Situation ergreifen, im richtigen Moment am richtigen Ort löst eine Handlung vielleicht eine große Veränderung aus. Jede Jugendkultur hat sich in ihrem Ablösungs-


prozess von der Gesellschaft, den Eltern und Lehrern, den alten Werten und Normen, eine Form der Kommunikation gesucht. Die Ausdrucksformen sind kreativ und vielseitig: Kleidungsstile und äußerliche Aufmachung, Musikrichtungen, Szenenbildung. Jede Gegenkultur schafft ihre eigenen Zeichen und Sprache als Kommunikationsmittel einer neuen Ordnung. Diese können je nach dem aggressive, politische, destruktive, aber auch intelligent unterhaltsame Aktionen, Bilder und Botschaften sein. Ihnen allen ist gemein, Kritik an normativen Rahmen zu üben, indem sie sich durch von den Umständen bedingte individuelle Aneignungsweisen und Handhabungen vollziehen. Diese gemeinsame soziale Bewegung mit Gleichgesinnten stellt die Realität in Frage und unterzieht sie genauester Prüfung, indem sie ihre Grenzen erforscht. Dabei ist schon seit jeher die Straße der Ort für offene Meinungsäußerung gewesen. Der Symbolwert der Straße ist in der Entwicklung der Öffentlichkeit, wie bereits im vorigen Kapitel beschrieben, sehr hoch. Der öffentliche Raum ist Treffpunkt der politisch kommunizierenden Gruppen und Schauplatz des Triumphs oder Scheitern der Öffentlichkeit gegenüber irgendeiner höheren und ungewollten Instanz. Die Straße war immer eine Bühne für Revolutionen und Demonstrationen, ihre Kulissen bieten verschiedensten Szenen Aufenthaltsorte und Verstecke. Ihre Wände werden zu öffentlichen Flächen für Kunst.

Die Handlungsspielräume der Subversion im öffentlichen Raum sind weit reichend und immer weiter ausdehnbar. Nicht jeder subversive Akt ist laut, aggressiv und destruktiv. Auch stille Praktiken und konstruktive Aneignungsweisen hinterlassen Spuren und schaffen Raum für neue Denk- und Handlungsweisen. Dabei ist jede dieser Handlungen Ausdruck und Kommunikation eines individuellen oder gemeinsamen Interesses. In jedem Akt der Subversion lässt sich ein gewisser Opportunismus erkennen. Die Umnutzungspraktiken und taktischen Handlungen im öffentlichen Raum werden zum Sprachrohr der Konsumenten mit dem sie ihren politischen Einfluss ausüben. In meiner Arbeit möchte ich die Praktiken untersuchen, die nicht mit aggressiven Mitteln, laut und mit Gewalt vorgehen. Sondern subversive Praktiken die im ersten Moment gar nicht als solche Wahrgenommen werden. Jene Interventionen die auf den zweiten Blick zur Diskussion anregen.

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Subversion erfordert Methoden „Spontanes Handeln ist ein Statement persönlicher Unabhängigkeit.“1 Wie auch de Certeau sieht Kalle Lasn, Gründer des Adbusters Magazin und Erfinder der Culture Jamming Bewegung den Handlungsspielraum des Konsumenten im Ergreifen alltäglicher günstiger Gelegenheiten, um eine Veränderung einer Situation hervorzurufen. Dabei ist ihm besonders wichtig zu betonen, dass jeder Mensch mitgestalten kann, da die Welt interaktiv und empfänglich für jede Art von Handlung ist. Die Aneignung des öffentlichen Raums, das Hinterlassen von Gebrauchsspuren, die Umnutzung von gegebenen Strukturen für eigene Zwecke zeichnen sich durch ihre Spontaneität und Kreativität aus. Im Umgang mit diesem Kräfteverhältnis muss der Mensch Methoden entwickeln, die sich im Innern des Systems abspielen und trotzdem Potential zur Veränderung erzeugen. Michel de Certeau beschreibt die Handlungsweise der Menschen auf der Straße als Taktiken, im Gegensatz zu den Strategien der Unternehmen, bzw. der Kulturindustrie. Das Kräfteverhältnis zwischen dem Konsumenten und dem System ist ein Verhältnis des beherrschten Schwachen und des herrschenden Starken. Dazwischen werden Kämpfe ausgetragen, die auf eine Umkehrung der Verhältnisse abzielen. Diese können nur temporär und flüchtig sein sind aber trotzdem relevant für die Entwicklung der Gesellschaft.

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1 Kalle Lasn: Culture Jamming, 2006, S. 132

Strategien sind Praktiken die sich durch ein planvolles Anstreben eines Ziels auszeichnen. Strategisches Handeln setzt ein Subjekt voraus, das über Macht und einen Ort verfügt. Dabei ist der Ort eine Art der Abgrenzung zwischen dem Inneren und dem Äußeren. Dieses Subjekt verfügt damit über etwas Eigenes, eine Unabhängigkeit gegenüber dem Fluss der Ereignisse. Von diesem kontrollierbaren Bereich aus werden die Beziehungen nach Außen geregelt. Das strategisch handelnde Subjekt hat auch die Gelegenheit Kapital (im Sinne von Repräsentation, Erkenntnissen, Materialen und auch Geld) anzusammeln. Strategische Akteure sind meistens Staaten, Städte, Unternehmen, wissenschaftliche Institutionen oder auch Armeen. Taktiken sind dagegen Aufstellungen von Systemen oder eher Spielweisen von kämpferischem und subversivem Charakter. Taktiken sind spontane Handlungen im fremden Raum, ihnen fehlt das Eigene, man kann nichts ansammeln, das Subjekt hat immer nur den „Ort des Anderen“ und die gegebenen Mittel. Taktik ist die alltägliche Praktik der Konsumenten im Umgang mit der aufgezwungenen Ordnung. Das Ergreifen einer günstigen Gelegenheit ist die Taktik des Schwachen, der stets mobil ist. Die Kunst des taktischen Handelns besteht demnach darin im rechten Moment eine sich bietende Chance zu ergreifen, eine Situation durch Veränderung eines Details zum eigenen Vorteil zu wenden, mit minimalem Eingriff in ein vorhandenes Gleichgewicht.


„Nicht Intentionales Design ist die sekundäre gestalterische Transformation der Dinge.“2 Im Gebrauch der Dinge, wie auch im Umgang mit der gebauten Umwelt zeichnet sich eigentlich erst ihr tatsächlicher Nutzen und Gebrauchswert ab. Besonders die unkonventionelle Handhabung ist eine Widersprechung der linearen Logik funktionalistischer Formgebung. Die durch die Gestalter, Designer, Stadtplaner etc. vorgegebene einseitige Beschränkung von Vorgehensweisen durch das Design wird durch die Umnutzung der Gebraucher und Konsumenten in neue Beziehungen gesetzt und anders genutzt als ursprünglich konzipiert. Das Umnutzen ist ein autonomes Gestalten der Umwelt. Die Art wie man mit einem Objekt, einem Design umgeht zeigt wie sehr man es sich aneignen kann oder nicht. Vorsichtiger und pflegender Gebrauch verweist meist auf ein privates Objekt, das mit viel Sorgsamkeit gepflegt wird, damit es lange hält oder sein materieller Wert nicht verloren geht. Unsorgsames, zerstörerischen Verhalten und Gebrauchsweisen zeugen von Unzufriedenheit mit dem Objekt oder seiner eingeschränkten Funktionen. Auf den öffentlichen Raum übertragen, zeigt, dass die Stadtplanung und das Public Design einschränkt, eindimensional ist und auch oft genug ausgrenzt. Das unsorgsame Behandeln, Vandalismus, Zweckentfremdungen und unsachgemäße Handhabungen sind Zeichen für unzufriedene Menschen, denen die Aneignung ihres Allgemeinguts, des öffentlichen Raums offenbar schwer fällt und die durch Umnutzung und Transformation versuchen diese Grenzen zu überwinden. 2 Brandes, Erlhoff: NID, Design Dictionary,

Ziviler Ungehorsam ist eine Aktionsform von

Bürgerinnen und Bürgern die spontan und meist ohne groß angelegte Planung geschieht. Dabei bleiben die Aktionen im Bereich des legalen oder halblegalen, zeugen aber meist von einer gewissen kriminellen Energie der Akteure. Ziviler Ungehorsam ist die Hinterfragung der Autorität, der gestaltenden Instanz und der gestalteten Umwelt. Die Menschen verlangen nach Autonomie beim Umgang mit ihrer Umwelt. Das Leben innerhalb einer Gesellschaft erfordert das Erlernen von Fähigkeiten und sich an Regeln zu halten. Um sich in den Handlungen zu emanzipieren sucht das Individuum nach Personalisierung. Wie auch im alltäglichen Gebrauch der Dinge, die sich die Menschen persönlich aneignen, tun sie das auch bei den Angelegenheiten, die die Öffentlichkeit betrifft. Stoßen sie dabei an Grenzen, die für den Verstand sinnfrei, einengend und umgehbar sind tun sie genau das. Sind diese Grenzen zu verhärtet und zu willkürlich haben die Menschen das Bedürfnis sich dagegen aufzulehnen. Sei es im offenen Protest oder subtiler im einfachen umgehen, und nicht beachten der Regeln. Die Geschichte zeigt, dass die Menschen nicht nur das Bedürfnis nach autonomer Selbstbestimmung ihrer gemeinsamen Angelegenheiten haben, sondern auch bereit sind sie durchzusetzen.

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Für das Individuum ist es allerdings gar nicht so einfach in Aktion zu treten. Zwar erfinden die Menschen täglich neue Praktiken im Umgang mit ihrer Umwelt, aber das gezielte Kundtun der eigenen Meinung in der Öffentlichkeit erfordert mehr als diese alltäglichen Handlungen dem Individuum abverlangen. Durch die verschiedenen Kanäle der Identitästskommunikation grenzt sich der Mensch von anderen ab und versucht gleichzeitig zu etwas, beispielsweise einer Gruppe dazuzugehören. Gruppendruck und Entscheidungsfreiheit wechseln sich dabei mehr oder weniger regelmäßig ab. Regeln und Normen begrenzen diese Interaktions-Sphäre und ermöglichen einen geregelten Ablauf innerhalb der Gesellschaft. Grenzen schränken also nicht nur ein sondern geben auch Halt, ein gewisser Rahmen ist für das gemeinsame Zusammenleben unausweichlich, damit sich die Interessen und Bedürfnisse der Mitglieder nicht gegenseitig unterdrücken. Aus diesem Gefüge auszubrechen, durch ein abweichendes Verhalten, Andersartigkeit oder Auffälligkeit wird als Devianz als Abweichung von der Norm angesehen und meist negativ bewertet. Die vorsätzliche Devianz ist für den Einzelnen schwer. Das Problem ist die Scheu und das Unbehagen vor dem Ungewohnten, vielleicht auch die Angst sich unbeliebt oder sogar strafbar zu machen, sich persönlich in den Vordergrund zu stellen und allein verantwortlich gemacht zu werden für Handlungen und deren Konsequenzen. Eine bemerkenswert einfache und wirksame Methode allein oder gemeinsam in Aktion zu treten ist Spaß, da es das beste Mittel zur Motivation ist. Spaß an einer Aktion, einer Situation, einer Handlung erzeugt einen Mehrwert, deren Nutzen die positive Erinnerung und das gute Gefühl das erzeugt wird ist. Sich dazu im Rahmen des

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legalen zu bewegen nimmt ebenfalls die Angst vor ungewöhnlichen und devianten Handlungen. Aktionen mit positivem und spielerischem Charakter wandeln die Wahrnehmung, ihre Besonderheit ist es überraschend und plötzlich das gewohnte Verhalten zu verändern und damit persönlicher Ausdruck von Kreativität zu werden. Wie bekommt man Menschen dazu etwas zu tun, das sie normalerweise nicht tun? Vor allem wenn es etwas Vernünftiges und daher meist von Natur aus Langweiliges ist. Diese Frage stellte sich ein Team der Volkswagen AG und der Schwedischen Werbeagentur DDB. Angepriesen werden sollte eigentlich eine neue Serie energiesparender Kleinwagen. Ein einfacher Einfall machte aus der Kampagne eine Theorie, die mittlerweile im Internet virulent verbreitet, tausendmal auf youtube.com angeklickt und von vielen Wissenschaftlern besprochen wird. Die Spaßtheorie. Gezeigt werden Experimente die den Spieltrieb der Menschen anregen sollen um sie dazu zu bringen etwas zu tun, was normalerweise unleidlich oder unangenehm ist. Zu Klaviertasten umfunktionierte Treppenstufen, die bei jedem Schritt einen Klang von sich geben regte in Stockholm 60% mehr Menschen dazu an die Treppe zu gehen anstatt mit der Rolltreppe zu fahren. Oder ein mit Fallgeräuschen und einem Sensor versehener Mülleimer machte es viel spaßiger den Müll in die Tonne anstatt in die Natur zu werfen. Eigentlich kein großer Gedanke und auch lange Bekannt ist, das wenn etwas Spaß macht die Motivation es zu tun sehr hoch ist und das die Verlockung einer Belohnung diese Verhalten ebenso fördert. Aber diese Theorie in der Praxis anzuwenden ist manchmal gar nicht so einfach. Warum Menschen Dinge lieber tun die Spaß machen als solche die es nicht tun, muss nicht


lang erklärt werden. Wieso scheint es aber so schwer Spaß mehr in den Alltag einzubinden, oder unleidige Dinge und Tätigkeiten einfach spielerischer zu gestalten? Der amerikanische Philosoph Elizer S. Yudkowsky beschreibt diese Spaß Theorie mit der einfache Formel: „JOOTS“1 Jumping out of the system. Aus dem System zu springen, etwas Ungewohntes, Ungewöhnliches zu tun, Grenzen zu überschreiten kann ebenso beängstigend sein. Wenn die Neugier nicht über die Vernunft siegt ist es schwer sich zu motivieren und etwas zu tun, bei dem man vielleicht sein Gesicht verliert. Spaß zu haben scheint in der Gesellschaft der vernünftigen Erwachsenen verpönt zu sein, wer Spaß hat arbeitet nicht hart, wer spielt nimmt die Lage nicht ernst genug. Selbst der römische Dichter Juvenal kritisierte in seiner Satire das römische Volk, dass seine Macht an die Feldherren abgegeben und Beamte mit ihren Belangen beauftragt hatte. Beherrscht von diesen Instanzen seine sie jetzt ängstlich und entpolitisiert und wünschen nur noch zwei Dinge: Brot und Spiele. Die Spaßtheorie der Volkswagen Experiment zeigt aber, dass Spaß und Spiel auch zu anderen als rein unterhaltsamen Zwecken verwandt werden kann. Auch die neuesten Phänomene im Aktivismus zeigen, dass Protest, Demonstrationen und subversive Akte mit Spaß verbunden viel mehr Menschen auf die Straße bringen kann und vor allem die Botschaften positiver und nachhaltiger kommunizieren lässt. Eine Reihe von politisch intendierten Flashmobs hat zum Beispiel im letzen Wahlkampf von Angela Merkel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Ausgelöst durch ein Wahlplakat der CDU auf dem eine Reihe von Reden der Kanzlerin angekündigt wurde, „Die Kanzlerin kommt“ hatte jemand mit Filzstift „und alle so Yeah“ geschrieben. Das Bild ging durch viele Blogs und wurde von

vielen Politikverdrossenen jungen Menschen zum Anlass genommen sich zu Merkles öffentlichen Reden zu treffen und nach jedem Satz laut Yeah zu rufen, um sich gegen den zähen Wahlkampf zu wehren und Merkels Botschaften durch den ironisierten Ruf zu entkräften. CDU Strategen sahen die Zwischenrufer eher als Störenfriede, als als politisch Interessierte an. Allerdings waren die Yeahrufe so laut, dass sie noch lange im Netz und in den Nachrichtenmagazinen nachhallten. Nachdem der Wahlkampf beendet war verschwanden auch die Rufer. Wie viele dieser Phänomene war es ein temporäres, allerdings ein recht wirksames. Auch die Gewerkschaft Verdi macht sich den medienwirksamen, weil spielerischen Charakter von Flashmobs zunutze und ruft im Arbeitskampf immer öfter zu solchen Aktionen auf. So geschah es zum Beispiel im Tarifkonflikt im Einzelhandel. Der Berliner Landesbezirk der Verdi organisierte gleich mehrere Flashmobs und legte damit Lebensmittelgeschäfte lahm, die Streikbrecher beschäftigten. Die Teilnehmer sollten in den jeweiligen Geschäften, zur gleichen Zeit einen Pfennigartikel kaufen und damit für längere Zeit die Kassen blockieren oder zu Hunderten gleichzeitig ihre Einkaufswagen voll packen und dann einfach im Geschäft stehen lassen. Das Berliner Arbeitsgericht verhandelte über den Fall entschied aber, dass derartige Aufrufe zur Ergänzung laufender Streikmaßnahmen zulässig und durch die den Tarifvertragsparteien zugewiesene freie Wahl der Kampfmittel grundrechtlich geschützt seien.2 Spaß und Spiel kann also sehr wohl politisch sein und durch seine Medienwirksamkeit auch Botschaften transportieren zu Solchen, die sich normalerweise lieber mit ihren Playstations beschäftigen. Mit reiner Vernunft kann man die Welt anscheinend nicht ändern, viel öfter wird es deshalb mit Spaß versucht.

1 Yudkowsky.com

2 Pressemitteilung Berlin.de 29.9.2008 34/08

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Methoden ermöglichen Phänomene

Die verschiedenen Phänomene und Kategorien von subversiven Handlungen und ihrer Methoden lassen sich zwar geschichtlich, allerdings nicht immer chronologisch beschreiben. Daher macht es Sinn sich die einzelnen Kategorien nach Art und Wirkungsumfeld, sozialem Einfluss und politischer Dimension zu betrachten.

eines Kollektivs auf das Leben das ihr durch die Wirtschaft gegeben wird. Dekomposition ist der Prozess mit dem traditionelle kulturelle Formen sich selbst zerstört haben und dem Einfluss dominierender Kulturen. Die Situationisten strebten eine Zerstörung der konstruierten Umwelt und damit eine revolutionäre Liquidation des Kapitalismus an. Durch die In den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrtau- Politisierung des Ästhetischen wollten sie ein sends gruppierte sich eine Reihe von IntellektuZeichen des zivilen Ungehorsams setzten. Der ellen und Künstlern um den französischen Autor örtlich und zeitlich aktive Eingriff in das Alltagsund Kapitalismus Kritiker Guy Debord. In ihren geschehen als symbolischer Akt ist die direkte Kunstaktionen und Manifesten machten sie ihre Übertragung auf den urbanen Raum. Kritik an den herrschenden Verhältnissen und Die Situationisten übten dabei sowohl Einfluss Vorstellung der egalitären Gesellschaft laut. In auf die politische Linke aus, vor allem im Umfeld ihrem Manifest von 1958 definierten sie die Art Studentenbewegung ’68 sowie in der Entwickund Weise des Handlungspotentials der „Situati- lung der Methoden der Kommunikationsoniste Internationals“. guerilla. Auch auf die internationale Kunstszene Konstruierte Situationen sind Momente im Leben, und insbesondere die Popkultur. der konkret und vorsätzlich konstruiert wurde von Das Zufällige wird instrumentalisiert und seiner einer kollektiven Organisation. Durch die genaue Beliebigkeit enthoben. Mehrwert und neue Rituale Beobachtung der Effekte eines geographischen werden geschaffen und entwickeln immer neue Ortes, die er auf die Launen und Verhaltensweisen Realitäten. eines Individuums hat, (Psychogeographie) kann ein Détournement, eine Umkehrung von vorgefertigten ästhetischen Elementen hervorgerufen werden. Die Kunst liegt im situationistischen Nutzen und Gebrauch der Medien. Das Détournement zeugt vom Verfall und der abnehmenden Wichtigkeit alter kultureller Sphären indem es gerade diese propagiert. Kultur ist die Reflexion jedes historischen Moments, der Organisation des täglichen Lebens, die Komplexität von Sitten und Ästhetik und Reaktionen

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Zwei „Guerilla-Methoden“ sind: 1. Verfremdung Die Verfremdung ist die subtile Veränderung der Darstellung des Gewohnten. Neue Aspekte eines Sachverhalts werden sichtbar gemacht. Verfremdung schafft Raum für ungewohnte Lesarten gewöhnlicher Geschehnisse, da sie Bedeutungen verschiebt. Das Unerwartete, Unvorhergesehen schafft Abwechslung vom Alltag und regt dadurch Gespräche, Gedanken und Veränderungen an.

Eine ähnliche experimentelle Auseinandersetzung und Herangehensweise könnte man den Graffiti und Street Art Künstlern der 80er unterstellen. Diese Phänomene haben sich seither immer weiter entwickelt und gehen schon lange über reinen Vandalismus hinaus. Culture Jamming ist eine Bewegung die seit den 80er Jahren um Kalle Lasn entstanden ist. Es ist eine subversive kulturelle Praktik gegen die Inbesitznahme der Öffentlichkeit und ihrer Zeichen durch die Industrie, die Kommerziali2. Überidentifikation sierung des gesamten Alltags und der PrivatiAspekte des Gewohnten werden offen angesierung des öffentlichen Raums. Mit den Mitteln sprochen. Besonders tabuisierte Themen rücken der Werbeindustrie soll diese Untergraben und dabei ins Blickfeld. In der Überidentifikation disbloßgestellt werden. Die praktische Umsetzung tanziert sich das Subjekt von den Konsequenzen dieses Gedanken ist das so genannte Adbusting. bestehender Denkmuster, Werte und Normen. Mit Bildern, Zeichen und der Sprache der WerbeDie meisten Interventionen oder Pranks, wie die industrie werden entgegengesetzte Botschaften Praktiken der Punkbewegung seit den 70er Jahren kommuniziert. Intendiert ist die Zerschlagung der des letzten Jahrtausends genannt werden, wurden Industrie mit ihren eigenen Mitteln. in einer lokalen, innerhalb der Szene liegenden Sphäre ausgetragen, was die Relevanz dieser Joseph Heath und Andrew Potter kritisieren die Interventionen ungemein mindert. Ideologie von Kalle Lasn und der Culture Jammer Bewegung in ihrem Buch Konsumrebellen In der Punkbewegung gab es drei Arten von Pranks: insofern, als sie behaupten, dass jede Gegen1. Quick and dirty: Temporäre Aktion mit schokultur sobald sie aus dem Untergrund tritt von ckierenden und skandalösen Taktiken. der Kulturindustrie geschluckt und ihre Methoden 2. Intelligentere Pranks: Mit tatsächlicher Botschaft, in Konsumverlockung umgewandelt werden. die mehr Planung bedurften. Kalle Lasn verkauft auf seiner Website neuerdings 3. Fake: Schwer zu planende und durchzuführen- „subversive“ Turnschuhe. „Nach diesem Tag de Aktionen, die viel Mut erfordern. konnte kein vernünftiger Mensch mehr glauben, Dafür berichtet die Presse zweimal, einmal über dass zwischen herrschender Kultur und alternativer die neue Sache die geschaffen wurde, und dann Kultur ein Gegensatz bestehe.“1 bei der Entdeckung der Fälschung. Heath und Potter beschrieben als einzig wirkDie Schock und Skandal Variante ist heute fast same Methode das Culture Hacking. Hacking unbrauchbar geworden, da die Medien sich nicht produziert experimentelle Versuchsanordnungen mehr so leicht schockieren lassen. Außerdem sind für Interventionen in ein System, meist durch Medie Konsumenten durch die Werbeindustrie schon thoden wie Zweckentfremdung oder das Umcoreizüberflutet. dieren von bekannten Mustern.

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1 Heath, Potter: Konsumrebellen, S. 13


Hacks sind Grenzüberschreitungen die geplant, bzw. designt wurden, denn nur Konzeptentwicklung und eine theoretischen Auseinandersetzung sind Vorbedingung um handlungsfähig zu sein. Bewältigen und Mitgestalten von alltäglichen Transformationsprozessen, kulturelle Innovation und das Grundprinzip politischen Handelns werden zu Strategien. Strategisches, geplantes Handeln muss also das taktische Improvisieren oder das Basteln („Bricolage“ wie de Certeau es beschreibt) ablösen um heute subversive Handlungen Nachhaltig im öffentlichen Raum zu platzieren. Urbane Hacks, oder Public Design Interventionen in ihrer politischen Dimension bedeuten eine kritischen Exploration und Auslotung von Grenzen des Öffentlichen, neue Aneignungsformen des öffentlichen Raums, der unkommerziellen Nutzung der Stadt, das Umcodieren von gebauten Tatsachen und das Aufbrechen von eingeübten Verhaltensmustern zur Schaffung eines neuen Kommunikationsraums für einen kurzen Moment.

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Phänomene inspirieren Gestaltung

Eine Intervention ist der Eingriff in ein Geschehen, wenn dessen Verlauf nicht mehr der individuellen oder allgemeinen Zufriedenheit entspricht. „Public Design Intervention“ ist eine Methode gestalterisch mit den Grenzen umzugehen, die das alltägliche Leben im öffentlich Raum und die vorgefertigte Gestaltung der Umwelt uns vorgeben. Es gibt viele Arten sich die Umwelt anzueignen, in ihr zu Handeln, mit Grenzen umzugehen, sie zu umgehen oder sich gegen sie aufzulehnen. Die Nebenbei-Umgestaltung des öffentlichen Raums ist eine Form den Raum und dessen Handlungsebenen autonom zurückzugewinnen. Eine andere Form ist die gestaltete Rückgewinnung des Raums. Diese Aktionsform zeigt im Gegensatz zum NID strategische Handlungsweisen, da die Gestalterinnen und Gestalter (wenn auch nicht immer Designerinnen oder Designer) bewusst und geplant in den öffentlichen Raum und das Alltagsgeschehen eingreifen, Orte transformieren oder ungewöhnliche Szenen auf der Bühne der Straße arrangieren. Seit Beginn des neuen Jahrtausends lassen sich immer mehr Arten von subversiv gestalteten Akten und Designs auf den Straßen beobachten. Methoden jenseits von Graffiti und Vandalismus haben schon lange Einzug gehalten und tun laut oder leise ihre Meinung auf sehr unterhaltsame und kluge Weise kund. Bisher haben diese Aktionen und Gestaltungsinterventionen keine eigene, bzw. viele unterschiedliche Kategorien und Namen. Ihre Akteure beschreiben ihr strategisches Gestalten und Handeln mit Intervention, Urban oder Public

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Intervention und Design Activism oder sie provozieren einfach nur einen Aufstand. Auch Critical Design findet verstärkt im öffentlichen Raum statt und kann zu diesen Aktionen gezählt werden. Die weitläufige Auffassung davon, was davon Design und was eine weitere Form von Streetart ist bleibt dabei verhältnismäßig unscharf. Design lebt durch die Gestalter und die Nutzer der Designs. Public Design Interventions funktionieren nur mit der Beteiligung der Menschen auf der Straße. Eines haben all diese Aktionen gemeinsam, sie beschäftigen sich mit der Öffentlichkeit des Designs, mit gestalteter Öffentlichkeit, machen auf Mängel und Schwierigkeiten aufmerksam, und schauen über den Tellerrand vorgegebener städtebaulicher Strukturen und Konventionen. Ausschlaggebend für den Erfolg einer „Public Design Intervention“ ist neben dem Spaßfaktor auch die Hürde für potentielle Teilnehmer. Ist eine Aktion zu komplex und dem Alltag zu stark entartet ist es schwieriger für die Menschen aus dem System zu springen und etwas Ungewöhnliches zu tun. Die Aussage der Eingriffe und Transformationen ist meist erst auf den zweiten oder dritten Blick erkennbar, da sie unterhaltend spielerisch oder auch sinnfrei erscheinen. Sie sind deshalb aber nicht weniger relevant, die meisten sprechen politischen Themen des öffentlichen Interesses an oder kritisieren sie. Im Folgenden sollen einige Public Design Interventions beschrieben und auf ihre Wirksamkeit im Alltagsgeschehen, ihre politische Dimension und gesellschaftliche Nachhaltigkeit hin untersucht werden.


SpY: Beach balls, New York

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Transformation

Die Stadt als Spielplatz

Der öffentliche Außenraum als menschliches Habitat sieht sich immer mehr der Privatisierung ausgesetzt. Orte zum verweilen, entspannen, spielen oder einfach um nichts zu tun verschwinden immer mehr aus dem Straßenbild, das sich verstärkt um die Belange der privaten Transportvehikel dreht. Ein Phänomen ist das Umformen öffentlicher Plätze zu Spielplätzen. Schaukeln eignen sich besonders gut, da sie einfach und unaufwendig anzubringen sind und auch nach dem kurzen Vergnügen keine Zerstörung anrichten. Schaukeln, schwingen um sich Platz zu machen und Orte spielerisch zurückzugewinnen. Schaukeln ist nicht illegal und viele Strukturen der gebauten Umwelt bieten einfache und kostenlose Möglichkeiten Schaukeln zu befestigen. Bruno Taylor, britischer Designer vom Royal Collage of Art hängte 2007 für ein Projekt einfach eine Schaukel an eine Bushaltestelle in London und beobachtete das Verhalten der Menschen mit der Kamera. Auch die schwedischen Graffiti Künstler Akay und Klisterpete (zusammen Barsky) haben sich dem urbanen Schaukeln verschrieben und hängen ihre Seilkonstruktionen von Stockholmer Brücken und Straßenüberführungen.

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Barsky: Retake the city, Stockholm, 2006


This project is a study into different ways of bringing play back into public space. It focuses on ways of incorporating incidental play in the public realm by not so much as having separate play equipment that dictates the users but by using existing furniture and architectural elements that indicate playful behaviour for all. It asks us to question the current framework for public space and whether it is sufficient while also giving permission for young people to play in public.�1

Bruno Taylor: Playful spaces, London, 2008

1 Bruno Taylor: Playful spaces, bigbrudesign.co.uk

Kamila Szejnoch: Swing, Warschau, 2008

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Transformation

Sitzen

Das Sitzen im öffentlicher Raum, das Verweilen und sich austauschen ist Teil der urbanen Dynamik. Es entschleunigt den Alltag und fördert die Kommunikation innerhalb der Stadtviertel. Nicht nur ältere Menschen suchen auf ihrem Weg durch die Stadt nach Bänken und Flächen zum sitzen und sich auszuruhen.

Auch das konzeptionelle Projekt von Svenja Brüggemann, Judith Dörrenbächer von der KISD beschäftigt sich mit dem Mangel an Sitzmöglichkeiten in der Stadt. Mit den „public pillows“ greifen sie in den öffentlichen Raum ein, wehren sich gegen das Aussterben des öffentlichen Austauschs und erobern Raum als öffentliches Allgemeingut zurück. Öffentliche Sitzkissen werden im Stadtraum an unterschiedlichen Stellen mit Haken angebracht. Jede/r kann sie so flexibel nutzen und Flächen nach eigenem Gutdünken besetzten. Die „public pillows“ sind kostenlose temporäre Sitzmöglichkeiten, die nicht an die Strukturen des vorhandenen Stadtmobiliars gebunden sind.

Der Karlsruher Designer Matthias Ries erkannte das Potential weggeworfener Stühle bei einem Spaziergang durch New York City im Frühling 2005. Mit einer einfachen Schablone und Sprühfarbe verwandelte er sie zu „public chairs“ und möblieret den öffentlichen Raum wieder damit. Seinen Beobachtungen zufolge nahmen die Menschen diese neuen Sitzmöglichkeiten freudig an, saßen an ungewöhnlichen Orten wie dem Gehsteig oder Metrostationen auf ihnen um sich auszuruhen, eine kleine Pause zu machen. Oder sie zogen sie an den Straßenrand um dort zu verweilen, und das Alltagsgeschehen aus einer anderen Perspektive zu beobachten und Unterhaltungen zu führen. Der madrider Graffiti Künstler Eltono suchte nach einem Weg seine Kunst zu dreidimensionalisieren und den öffentlichen Raum als Aktions- und Interaktionsfläche zu nutzen. Seine stuhlartigen Skulpturen setzt er in der Innenstadt von Madrid aus und beobachtete das Verhalten der Passantinnen und Passanten und ihre Reaktionen auf die ungewöhnlichen Sitzgelegenheiten. Ein Passant fand die Stühle so gut, dass er sogar es auf sich nahm die sperrige Figur zu stehlen und durch die komplette Innenstadt nach Hause zu tragen.

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“Public chairs help to revitalize and occupy the streets and plazas. Cheap costs make protecting arrangements against theft and vandalism unnecessary.”1

Brüggemann, Dörrenbächer: Public Pillows, Köln, 2008

Eltono: Love your neighbourhood - Politonos, Madrid, 2005 1 Matthias Ries: Public Chairs, 2005, New York City by

Damian Gires: Urban-seat, Paris, 2007

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Rückgewinnung

Die Spanische Gruppe Recetas Urbanas (Urban Prescriptions) verwandelt urbane Unorte, Nachbarschaften und Straßenzüge in Spielplätze für Erwachsene und Kinder. Zu Wippen umfunktionierte Sperrmüllkontainer machen aus dem Marktplatz einen Spielplatz, Parasitäre Gerüste schaffen (Wohn-) Raum an einer Häuserwand und auf der Straße gefundenes ehemaliges Baustellenmaterial wird zu einer Schaukel. Ihre Mittel sind komplexer und aufwendiger, dennoch für Jedermann machbar. Oliver Bishop-Young, Designer aus London hatte die gleiche Idee und gestaltete gleich mehrere Sperrmüllcontainer zu urbanen Relax-Zonen um. Die Design Aktivisten der Gruppe Rebar aus Kalifornien transformierten 2005 einen freien Parkplatz zu einer grünen Oase mit Sitzbank. Die Installation hielt 2 Std. ohne Eingriff des Ordnungsamts oder sonst einer Instanz. Die Aktion war relativ aufwendig und nicht kostenlos. Das Füttern der Parkuhr sicherte die Nutzfläche des Parkplatzes für einen gewissen Zeitraum. Aus der Aktion entstand ein weltweites “open source” Event: der PARK(ing) Day. Bürgerinnen und Bürger, Künstlerinnen und Künstler kollaborieren einmal im Jahr um temporäre öffentliche Parks zu schaffen. In den letzten 4 Jahren entstanden aus dem Projekt andere Public Design Interventionen die soziale und ökologische Belange ansprechen um durch Aktionen die städtische Landschaft langfristig zu modifizieren.

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Oliver Bishop Young: Skateskip, London


Recetas Urbanas: Reclaim vacant lot with what city‘s got, Sevilla

Rebar: Park(ing), San Francisco, 2005

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Raumrückgewinnung

Berliner Außenraum ist ein Spiegel der Geschichte und des Strukturwandels. Brachflächen, stillgelegte Gelände, Baulücken und freie Flächen im ehemaligen Mauerstreifen sind ungenutzter Raum mit trennender Funktion. All diese Unorte bilden Barrieren zwischen den Vierteln und machen Wegstrecken lang und langweilig. Zwischennutzung ist inzwischen zu einem magischen Begriff geworden um diese Räume wieder in die Stadt zu integrieren, neue Wegbeziehungen herzustellen und leere Orte zu aktivieren. Temporäre Nutzung geschieht durch Besetzen. Platzhalter Orte werden aufgewertet bis eine klassische Nutzung möglich wird. Kurzfristige Projekte können sich auch organisieren und professionalisieren um nachhaltig den Standtort nutzbar zu machen. Unter dem Namen Urban Pioneers werden Projekte der Stadtentwicklung Berlin beschrieben, Guerilla Gärtner, kreative Unternehmer, Aussteiger, Ehrenamtliche und örtliche Betreiber mit Experimentierfreudigkeit. Das Badeschiff in Berlin ist eine temporäre Nutzung des Spreeufers für ein schwimmendes Schwimmbad. Nicht nur in Berlin entstehen auf brachliegenden Geländen Sport und Freizeitflächen, Kulturstätten, Gärten und Parks und alternative Wohnformen. In Köln hat der Künstler Rolf Tepel ein Brachgelände am Eifelwall seit 2005 in ein „temporäres Paradies“ verwandelt. Mit Recyclingmaterialien und freiwilliger Hilfe entstand ein

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Zwischennutzung

Wohnraum für ca. 20 Menschen, ein Theater, ein Kino, eine Bar und eine Musikbühne. Christiania in Kopenhagen ist ein seit den 70er Jahren besetztes ehemaliges Militärgelände. Heute ist Christiania eigenständiger Stadtteil, bzw. Freistadt Christiania mit eigenem basisdemokratischen Regelwerk. Ca 900 Personen leben und arbeiten dort, Es gibt weder Mietverträge noch Hauseigentum. Temporäre Nutzung städtischer Brachflächen involvieren unterschiedliche Akteure und Interessengruppen. Aktivitäten wirken auf Handlungsbereiche von Kultur und Sportangebot, Stadtplanung und Ökonomie. Stadtplaner setzten sich bisher wenig oder gar nicht mit diesen temporären Handlungsformen auseinander, da Stadtplanung prozessorientiert handelt und andere Rahmenbedingungen voraussetzt. Zwischennutzung sollte als Chance für Stadtentwicklung gesehen werden, da sie kulturelle und soziale Entwicklung und Durchmischung von Stadtteilen fördert und engagierte Start-ups in der Kreativwirtschaft hervorbringt.


Badeschiff, Berlin, seit 2005

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Guerilla Gardening „Guerilla Gardening ist niemals destruktiv, sondern vielmehr ein Aufruf die Augen offen zu halten und Sorge für den öffentlichen Raum zu tragen: Lasst uns unsere Umgebung selber gestalten, selber verwalten und in all ihren Möglichkeiten nutzen!“1 Als einen der ersten urbanen Gärtner kann man Ebenezer Howard bezeichnen. Er gründete 1902 die ersten „garden cities“ in Großbritannien. Die Idee war eine autarke Stadt die völlig begrünt und frei von jeglichem Verkehr sein sollte. Das Konzept wurde auch in Deutschland in der Gartenstadt Hellerau (heute ein Stadtteil von Dresden) umgesetzt. Eine ebenso starke soziale Reform brachten die Stadtgarten Parzellen Ende des 19. Jahrhunderts, deren Erfinder nicht Moritz Schreber (deutscher Arzt und Pädagoge), sondern nur Namensgeber ist. Der Wunsch der Stadtbewohner nach Natur und Grünflächen zum Erholen, Gestalten und Zusammenkommen kam möglicherweise also mit der Industrialisierung und den dadurch wachsenden Städten, Verkehrsadern und Industriegebieten auf. Stadtplaner und Architekten waren seither immer bemüht Grünflächen in die Stadtgestaltung mit einzuplanen. Das heimliche pflanzen von Blumen und Nutzpflanzen in der Stadt als Protest gegen öde und graue Stadtplanung nennt man Guerilla Gardening. Guerilla Gardening als Bewegung die vor etwa 30 Jahren in den USA entstanden. Auf den Brachflächen und zu Müllkippen verkommenen Zwischenorten von New York begannen die Städter Pflanzen zu setzten, Rasen zu säen und neue Nachbarschaftsgärten zu schaffen. Seit Beginn dieses Jahrtausends bewaffnen sich immer mehr Aktivisten und Globalisierungsgegner mit Schaufel, Erde und Saatbomben um mit ihren Pflanzungen Protest zu üben. Auch immer mehr Stadtbewohner nutzen diese Methoden um

ihre Umwelt zu verschönern und triste Straßenzüge in bunte Blumenfelder zu verwandeln und ihre Städte lebenswerter zu machen. Selbst das Graffiti wurde von den Guerilla Gärtnern erobert, die mit Nährlösung und Moos and Wände und Mauern ihre Botschaften schreiben. Neben der Protest Botschaft des Guerilla Gardening bringt das Pflanzen und Säen natürlich auch noch einen weiteren positiven Effekt: den Ernteertrag.

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1 Nina Monssen: Guerilla Gardening, in Fandalismus 2009, S.120

Michelle Obama, Frau des amtierenden US Präsidenten hat diesen Mehrwert auch erkannt und vor dem Weißen Haus einen „community garden“ angelegt. Gemeinsam mit Menschen aus der Gegend pflanzt und erntet sie dort Obst, Gemüse und Kräuter, versorgt damit die Küche des weißen Hauses und sorgt nebenbei noch für eine medienwirksame Verbreitung diese symbolischen Akts, als Vorbild für Selbstversorger, Stadtverschönerer und Pflanz-Guerilleros.


Anna Garforth: Mossgraffiti, New York, 2008

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Street Art

“Graffiti is not the lowest form of art. Despite having to creep about at night and lie to your mum it’s actually the most honest art form available. There is no elitism or hype, it exhibits on some of the best walls a town has to offer, and nobody is put off by the price of admission. „(…) Some people become cops, because they want the world to be a better place. Some people become vandals because they want to make the world a better looking place.”1 Banksy ist mittlerweile einer der bekanntesten Street Artists weltweit und seine Bilder werden in Galerien ausgestellt und von reichen Menschen gesammelt. Elite und Hype gibt es also auch in dieser Kunstform. Dennoch hat er Recht zu behaupten, dass jeder Künstler und jede Künstlerin, der die Straße als ihre Bühne sehen eine Ideologie verfolgen, die nicht in erster Linie mit Profit zu tun hat. Streetart geht mittlerweile weit über Graffiti hinaus, die Transformation von Straßenmobiliar zu Skulpturen, dreidimensionales Malen und gestalten mit Schildern und Pylonen eingestrickte Monumente und illegale Installationen weisen Künstler und Designer mit großen Fingerfertigkeiten und Handwerkskünsten aus.

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1. Banksy: Wall and Piece, 2007

Viele bekannte Designer, Designerinnen, Künstler und Künstlerinnen, finden auf der Straße neue Plattformen und Leinwände um ihren Gestaltungen neu Botschaften und neues Publikum zu verschaffen. Im Rahmen der EyperimentaDesign 2008 in Amsterdam modellierte der Grafikdesigner Stefan Sagmeister den Schriftzug “Obsessions make my life worse and my work better” aus 250.000 Eurocents über eine Fläche von 300 qm. Die Installation brauchte 20 Sunden Arbeit und wurde von der lokalen Polizei nach nur einer Nacht entfernt. Die eigentliche Intention der Installation war das Dilemma des öffentlichen Raums zu entdecken, ob Passanten das Werk zerstören oder seine Schönheit erhalten würden.

Stefan Sagmeister: Urban play, Amsterdam, 2008


„A lot of people never use their initiative because no-one told them to.“2

Andy Uprock: Cuprocking, 2008

2. Banksy: Wall and Piece, 2007

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Flashmobs

Der Journalist Bill Wasik soll 2003 den ersten so genanten Flashmob in den USA veranstaltet haben. Ungefähr 100 Mensch folgten einer Reihe von Anweisungen per SMS durch die Stadt und führten einige sinnlos scheinende Aktionen durch. Bill Wasik Absicht soll dabei gewesen sein, den Menschen vorzuführen, das in einer Atmosphäre der Konformität alle nur danach strebten, Teil der „nächsten großen Sache“ zu werden, egal, wie sinnfrei diese sei. Seine Intention blieb fruchtlos, die Freude an den sinnfreien Aktionen und der öffentlichen Aufmerksamkeit führte zu vielen Nachahmungen ohne den ironischen Hintergrund Flashmobs haben sich seither über den ganzen Globus verteilt. Scheinbar zufällig trifft an einem bestimmten Ort eine unbestimmte Menge von Menschen zusammen, die alle etwas Ungewöhnliches, meistens auf den ersten Blick Sinnloses tun. Einziges Ziel scheint zu sein Passanten zu verwirren, vielleicht den Verkehr aufzuhalten.

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Bekannt wurden Aktionen bei denen besonders viele Mensch teilnahmen, wie der Frozen Grand Central, bei dem über 500 Mensch in der Grand Central Station New York einfroren um sich genau 5 Minuten nicht zu bewegen und dann einfach wieder in der Massen zu verschwinden. Einer der bisher größten Flashmobs fand im April 2009 auf der Kölner Domplatte in Form einer Kissenschlacht von über 2000 Menschen. Andere Mobs erfordern mehr Vorbereitung und Training, wie der Tanz von 4 Schulklassen zu „The Sound of Music“ im Antwerpener Hauptbahnhof. Flashmobs ziehen alle möglichen Menschen an, verabredet übers Internet, gesteuert über Twitter und per SMS erscheinen immer neue Formen und Aktionen, die große Menschenmassen bewegen um gemeinsam lustige Erlebnisse im öffentlichen Raum zu erzeugen. Grundsätzlich sprechen die Massenaufläufe beide Geschlechter und fast alle Altersgruppen an. In der Menge erkennt man ebenso viele Frauen wie Männer. Vielleicht liegt gerade in dieser Gesichts- und Geschlechtslosigkeit der Reiz, dass man sich in der großen Gruppe einfacher daneben benehmen kann, dass man nicht allein verantwortlich gemacht werden kann, was eine große Menschenmenge zusammen veranstaltet.


Kissenschlacht, Kรถln, 2009

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Smart Mobs

Ein Phänomen das durch die augenblickliche Interaktion mittels mobiler Kommunikations- und Computing-Devices ermöglicht wird ist die Bildung von so genannten Smart Mobs. Howard Rheingold, Kult-Autor auf den auch der Begriff wie Virtual Community zurückgeht nennt diese Bewegung „Social Swarming“. „Im Zentrum dieser neu aufkommenden Bewegung steht das Bild des Schwarms als Metapher, technisches Paradigma und soziales Organisationsprinzip. Ein Schwarm kann als eine Gruppe von Individuen beschrieben werden, die mittels direkter Kommunikation selbst organisiert und ohne zentrale Lenkung miteinander agieren und damit ihre Effizienz steigern können.“1 Es ist nicht neu dass Gruppen von Menschen gemeinsam handeln. Qualitativ neu sind die Geschwindigkeit und die Flexibilität dieser Prozesse, die durch die direkte Informationsvermittlung über Soziale Netzwerke, Mobiltelefone und Smartphones ermöglicht werden. Die Künstler-Gruppe „Urbanauten“ sind Teil des Münchner Spielart Festivals. In ihrem „Moment of Starlings >>> SMS to 11832“ Projekt veranstalten sie Debatten über die Auswirkungen der neuen Social-Networks und nutzen SMS und Twitter um große Menschenmengen wie in einem Schwarm durch die Stadt zu delegieren und mit ihnen einem Tag gleich mehrere Flashmobs zu veranstalten. Diese neue Spielart ist aber nicht nur sinnfreie Aktion sondern auch eine neue Art der Ausübung sozialer Macht. Smart Mobs sind eine neue Form des politischen Aktivismus geworden.

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1 Andreas Neef: Vom Netzwerk zum Schwarm, 2009

Globalisierungsgegner haben ihre großen Protest-aktionen beim G8-Gipfel in Genua nur über Handys und dynamische Websites koordiniert - ohne eine übergeordnete Steuerungsinstanz. Auch der Sturz des früheren philippinischen Präsidenten Joseph Estrada wäre ohne die Koordination vieler kleinerer Proteste über Handy und SMS kaum möglich gewesen. In der so genannte Twitter Revolution im Sommer diesen Jahres in Teheran konnten Demonstranten und Journalisten zeitnah und flexibel agieren ohne von den starken Regularien der Regierung blockiert zu werden. Smart Mobs ermöglichen nicht nur eine neue Form des Protests, sondern bringen auch eine neue Art von Demonstranten hervor: „They don‘t have to spend all day protesting. They just get a message telling them when it‘s starting and then they take the elevator down to the street. They can be seen, scream a little and then go back to work.“ Diese intelligenten Praktiken sind dynamisch, nichtlinear und adaptiv und setzen soziale und technische Kreativität frei. Social Swarming macht die Welt einerseits schneller und unübersichtlicher, auf der anderen Seite verschiebt es die Machtverhältnisse aber auch hin zu den Bürgerinnen und Bürgern.


Urbanauten: Moment of Starlings, M端nchen, 2009

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Kommerzialisierung von subversiven Methoden

Ein Teil der Faszination an urbanen Interventionen und Cultural Hacks besteht darin, dass die Akteure aus dem Verborgenen arbeiten, ihre Identitäten verschleiern, ihre Aktionen nicht auf dem Präsentierteller vorstellen, sondern in den Alltag einbauen und erst nach und nach aufdecken lassen. Was passiert, wenn diese subversiven Kunstformen durch Unternehmen gesponsert oder wie im Fall der Zürcher Hochschule der Künste von Dozenten in Kurs gelehrt werden? Die Kunstform wird zu einer «Technik», die gelehrt werden kann, sie wird eingemeindet und sanktioniert – ein weiteres Werkzeug in einem immer größer werdenden Arsenal von Möglichkeiten, auf sich aufmerksam zu machen. Daß Interventionen und Hacks zur Konvention geworden sind, zeigt sich, in der Weise, wie Werbeagenturen auf diese Techniken zurückgreifen, um potentielle Kunden auch neben den designierten Werbeflächen mit ihren Botschaften anzusprechen. Subversion im Dienste von Marketing. Joseph Heath und Andrew Potter behaupten in „Kulturrebellen“, dass es nie einen Gegensatz zwischen den gegenkulturellen Ideen der Geschichte und den ideologischen Erfordernissen des kapitalistischen Systems gegeben hat. Die Hippies, genau wie die Culture Jammer oder andere Anhänger von Gegenkulturen stehen zwar in einem kulturellen Konflikt mit dem „Establishment“, bzw. der Kulturindustrie, verfolgen aber die gleichen unternehmerischen Werte. Hippies kauften VW Käfer im ihre Abneigung gegen die Massengesellschaft zu demonstrieren, Das Adbuster Magazin verkauft „subversive“ Joggingschuhe. VW Käfer und Turnschuhe sind

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Beispiele für Trends die sich auch Gegenkulturen entwickeln und Unternehmen, die daran profitieren. Die Phänomene „gestalteter Gegenkultur und designter Intervention“ werden von Unternehmen genutzt, um Medienwirksam zu werben und vor allem bei den Menschen Interesse für ihre Produkte zu wecken, die eigentlich Teil dieser Gegenkulturen sind. In erster Linie wenden sich diese Aktionen an das Kaufverhalten junger Kundinnen und Kunden. Mit Irritation, Überraschung und vor allem Spaß sprechen sie gleich mehrere Sinne positiv an und lassen die Zielgruppe, am Erlebnis teilhaben. Die Marketing Strategen haben gut verstanden, das die Teilnahme (oder die potentielle Möglichkeit einer Teilnahme die die Handyvideos auf Youtube.com vermitteln) ein positives Gefühl von Gemeinschaft erzeugt, einen Ausbruch aus dem Alltag ermöglicht und so viel eindringlicher funktioniert als ein TV Werbespot. Ein positiver Effekt der nebenbei sichtbar wird, ist, dass durch die Verbreitung dieser Phänomene durch Unternehmen Menschen auf Phänomene aufmerksam werden und sich, zum Beispiel durch Adidas inspiriert, für Guerilla Gardening interessieren.


Mit einer neuen „grünen“ Produktlinie will Adidas Originals die Belastung der Umwelt durch den effizienten Einsatz der natürlichen Ressourcen reduzieren. Über Youtube.com wird die „ÖkoKollektion“ mit einem Video beworben. Eine Gruppe von Guerilla Gärtnern begrünen nachts eine Bahnunterführung. Das lebendige Poster ist auch Teil der Kampagne.

Adidas green: Guerilla Gardening, London, 2009

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Im Auftrag der Neu Seeland Milchproduktion Meadow Fresh Enterprise wurde in der Britomart Station, in Auckland ca. 1250m2 Gras auf dem Bahnsteig ausgerollt und die Reaktionen der Zugreisenden gefilmt und später als TV – Werbespot gesendet.

T-Mobile veranstaltete im letzten Jahr für ihre Werbekampagne gleich zwei Flashmobs in London, Blitzaufläufe, bei denen sich Menschen scheinbar spontan in der Liverpool Street Station und am Trafalgar Square trafen und gemeinsam tanzten. Das gefilmte Spektakel wurde dann als Werbung gesendet. Mit dem Slogan „Life‘s for sharing“ spielt die Kampagne auf den gemeinschaftlichen Charakter der Aktion an und wirbt gleichzeitig für mobile Kommunikation.

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VW Schweden präsentiert auf der Internetplattform „Rolighetsteorin“ (schwedisch für Spaßtheorie) eine neue Art von Videos die sich viral im Internet verbreiten: Mit der „Spaßtheorie“ haben sie einen Wettbewerb ausgeschrieben: Wie kann man Menschen dazu bringen etwas zu tun, das sie normalerweise nicht tun würden?

Ein eingereichter Vorschlag ist die Pianotreppe, auf der jeder Schritt einen Ton auslöst und 60% mehr Menschen die Treppe anstelle der Rolltreppe zu gehen veranlasste. Die Theorie ist mittlerweile viel mehr als nur werbewirksam. Wissenschaftler, Gestalter und Sozialforscher setzten sich damit auseinander, wie Spaß Verhalten beeinflussen kann.

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Experiment

Mithilfe von zwei experimentellen Stichproben sollen mögliche Spielräume für Public Design Interventions erprobt werden. Sie dienen dazu ein Forschungsfeld zu eröffnen und den Zugang von praktischer Ebene zu erkunden. Mit zwei temporären Interventionen im Kölner Stadtraum sollen äußerliche Bedingungen, der Mitmachfaktor für die Passanten und die Spaßtheorie stichprobenartig getestet und anschließend bewertet werden. Im Rahmen der Forschungsarbeit ist eine ausgedehnte Studie mit mehreren Interventionen nötig. Methoden und Interventionskonzepte werden im „DIY guide for Public Design Intervention“ skizziert.

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Straßenkreide Intervention

Poster Intervention

Graffiti ist eine Möglichkeit, mit Sprühdose und Filzmarkern Botschaften und Bilder im öffentlichen Raum zu verbreiten. Der direkte Adressat steht meist nicht fest, der Sender möchte unerkannt bleiben und auch nicht direkt mit dem Geäußerten in Verbindung gebracht werden.

Plakate, vor allem Werbeplakate gehören zum Stadtbild und werden selten hinterfragt. Sie haben meist eine klare Botschaft, preisen ein bestimmtes Produkt oder eine Markenwelt an, oder geben ein Event bekannt. Politische Plakate vermitteln Botschaften von Parteien, Politikern oder politischen Organisationen. Reine InformatiDie Botschaften finden ein großes Publikum, verra- onsplakate ohne kommerziellen oder politischen tenen ihre Urheber aber selten. Diese Möglichkeit Hintergrund, die z.B. Wissen vermitteln oder bewegt sich im illegalen Rahmen und spricht einfach nur eine Geschichte erzählen sind im auch nur bestimmte Gruppen an, die sich auf öffentlichen Raum nicht oft zu finden. Die Interdieser künstlerischen Ebene mit dem öffentlichen vention Absenderlose Plakate ohne Botschaft Raum auseinandersetzen. oder Konsumgedanken sollen in der Kölner Innenstadt aufgehängt werden um gegenüber Eine legale, weil kurzlebige Methode ist Straßen- Werbe- und politischen Plakaten eine Ausnahkreide. Mit Straßenkreide können sichtbar Botme darzustellen. Unser Plakat fordert nicht zum schaften, Nachrichten und Bilder im öffentlichen Konsum auf und vermittelt auch keine politische Raum hinterlassen werden, ohne sich strafbar zu Botschaft. Es übt weder Kritik, noch gibt es eine machen. Der spielerische und amüsante Charakter offensichtliche Meinung wieder. Es fordert still vom Malen auf der Straße stellt keine Motivatizum Mitmachen auf. Zum Kritzeln, Rätseln, Tagonshürde dar und sollte Menschen allen Alters gen oder Malen. Das eigentliche Plakat entsteht ansprechen. erst durch das Mitgestalten der Passanten. Diese Aufforderung ist nicht auf dem Plakat formuliert, so wird es ganz den Passanten überlassen, wie viel Aufmerksamkeit sie dem Poster geben möchten.

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Experiment

Kreide Intervention

Auf dem Kölner Bahnhofsvorplatz veranstalteten Martina Treeter und ich an einem Samstag im November eine Straßenkreide Intervention. Mit mehreren vollen Töpfen einfacher Straßenkreide stellten wir uns auf den mit Menschen überfüllten Platz und begannen auf den Boden zu malen und zu schreiben. Dabei sprachen wir Passanten an, ebenfalls auf den Boden zu malen oder eine Nachricht zu schreiben.

Beobachtungen:

Nach ca. zwei Minuten wurden wir von Jugendlichen angesprochen, die sich schnell motivieren ließen mitzumalen. Andere Passanten ließen sich ebenfalls schnell überzeugen etwas zu schreiben oder zu malen. Später kamen Menschen alleine auf uns zu und fragten nach Sinn und Zweck der Aktion. Viele bleiben stehen und sahen zu oder fotografierten. Einige Gruppen Jugendlicher beobachteten die Aktion und kommentierten das Geschehen. Die bemalte Fläche wuchs und viele Menschen gingen außen herum, um die Kunstwerke nicht zu zerstören. Nach einiger Zeit hörten wir auf, die Menschen zu animieren und beobachteten nur noch das Geschehen. Es blieben immer noch vereinzelt Menschen stehen, malten ein Bild, schrieben eine kurze Nachricht oder machten nur einen kleinen Strich. Die Aktion dauerte insgesamt 3 Stunden, bis es dunkel wurde. Hauptsächlich Jugendliche in kleineren Gruppen fühlten sich angesprochen. Viele. Touristen und Köln Besucher, Paare allen Alters, Kinder und ihre Familien, viele Punks und Obdachlose. Einzel-

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personen und Gruppen nahmen teil; Interessengruppen, wie Umweltschützer schrieben ihre Botschaften. Meist wurden Namen und Stadtnamen geschrieben und Herzen mit Liebeserklärungen gemalt. Landesflaggen, Vereinsnamen und Fußball Slogans. Herzen mit Personen Namen. Gruppen und Veranstaltungsnamen vor denen sich die jeweiligen Gruppen fotografieren ließen. Freie und Kinderzeichnungen, Peace-Zeichen und halbwegs radikale Meinungen aber auch verstärkt Meinungsbilder und Ideologien: „Jesus kommt wieder“, „Rettet die Welt“, „Leben und leben lassen“. Die Fragen und Reaktionen der Teilnehmer oder Passanten waren meist positiv, einige waren unverständlich. Sinn und Zweck wurde hinterfragt, bzw. was für uns bei der Aktion herausspränge. Mehrere Menschen hielten an um zuzugucken oder zu fotografieren. Mehr Menschen als erwartet machten mit, zeitweise malten ungefähr 20 Menschen gleichzeitig. Das Wetter hat eine entscheidende Rolle bei der Aktion gespielt, 10°C und nicht regnerisch. Bei Regen hätten wir die Aktion nicht machen können. Der Kölner Bahnhofsvorplatz eignet sich gut für eine große Aktion, da dort viele Passanten, Touristen und Flaneure aller Altersgruppen vorbei kommen. Die Stimmung ist grundsätzlich offener und gelassener als in der übrigen Innenstadt. Die Intervention war einfach zu verstehen und es war leicht Menschen zum mitmachen zu animieren.


Tolle Aktion.

Da wo wir herkommen würde es so was nich geben. Bei uns würde da keiner mitmachen.

Gefällt mir gut, so was müsste man öfter mal machen.

Die positiven Reaktionen und die gute Beteiligung am Straßenmalen zeigen, dass die Menschen im öffentlichen Raum gerne an amüsanten Aktionen teilnehmen möchten und Spaß am spielerischen Charakter der Intervention hatten. Die Hemmschwelle war nicht besonders hoch, der erste Schritt war ja durch uns getan. Die verstärkte Beteiligung von Jugendlichen und jungen Gruppen zeigt, dass sie im Allgemeinen beim Aufenthalt im öffentlichen Raum nach einer Art sich zu beschäftigen, bzw. gemeinsam etwas zu unternehmen und sich selbst zu verwirklichen suchen. Frauen und Männer beteiligten sich gleich stark. Der positive, legale Charakter der Intervention und die Abgrenzung zu vandalistischen Akten verstärkte ebenfalls die Motivation von älteren Menschen.

Wie schön ist das! Das hat Spaß gemacht

Cool das so was auch ohne danke. So schön bunt politischen Hintergedanken passieren kann. Köln ist so eine tolle Stadt in der so etwas passieren kann.

Wenn ihr noch mal so was macht sagt 61vorhe Bescheid wir kommen wieder.


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Experiment

Poster Intervention

Die Plakate wurden nachmittags bei einbrechender Dunkelheit über Werbeflächen, in Telefonzellen und vor allem an Orten an denen gewartet wird aufgehängt. Einsatzgebiet zwischen Zülpicher Platz, Barbarossa Platz, Roonstraße und Ulrepforte. Flächen: - Bahnhaltestellen/ Werbeflächen - Telefonzellen - Bankautomaten - Urinal - Ampeln

Die Reaktion auf die Poster war viel schlechter beobachtbar als bei der direkten Interaktion der Kreide Intervention. Die Poster waren schwer anzubringen, da private Werbeflächen gut beobachtet werden und die Poster schon am nächsten Tag entfernt wurden. Außer zwei Passantinnen und einem Passanten konnten wir niemanden beim Malen beobachten. Von ca. 50 Plakaten waren am nächsten Tag über die Hälfte entfernt worden. Auf 5 Postern wurden Wörter eingekreist und ein Zahlenrätsel gelöst. Die Zahlenrätsel waren kein gutes Motiv für so Einige Passanten fingen gleich nach dem Anbrin- ein flüchtiges Handeln, da man sie nur bei langen gen der Poster und der Filzstifte an zu malen. Wartezeiten lösen könnte. Die Buchstabenrätsel Allgemein wurden die Poster aber wenig, zum Teil kamen besser an, da sie weniger komplex sind gar nicht beachtet. Ein KVB Fahrer beschwerte und mehr Neugier wecken. sich, da es sich bei den Werbeflächen an Haltestellen um Mietflächen handelt. An Orten wo die Poster ungeschützt hingen und viel Durchlauf ist wurden die Poster schnell wieder entfernt. Im Regen wurden sie zu nass zum malen. An Bahnhaltestellen wurden die Poster auf Werbeflächen am schnellsten abgehängt. Die Flächen die von der Stadt und vom Ordnungsamt kontrolliert werden erwiesen sich als geeigneter. Ein Ampelpfeiler am Barbarossaplatz stellte sich jedoch als malintensivste Fläche heraus. Wohingegen die Bahnhaltestellen am schlechtesten abschnitten. Die Poster zum Buchstaben einkreisen kamen bei den Malenden besser an als das Sudoku.

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Kreide Aktion Die erste Intervention hat gezeigt, dass öffentlich zu agieren, seine Meinung kund zu tun und gemeinsam einen Eingriff, eine Veränderung vorzunehmen, sei sie noch so klein und banal, von vielen Menschen gern wahrgenommen wird. Die in Gruppen auftretenden Jugendlichen hatten gut verstanden, dass hier eine Plattform geboten wurde, ihre Meinungen, Gefühle und persönlichen Botschaften zu kommunizieren. Auch wenn sich diese an einen Fußballverein richten, hat sich gezeigt, dass das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung auf einfache und spielerische Art unterstützt und gefördert wurde. Der öffentliche Raum auf dem Bahnhofsvorplatz wurde für einen kurzen Zeitraum verändert und durch ein gemeinsames Handeln zum Aktionsund Kommunikationsraum umgestaltet.

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Poster Aktion Die zweite Intervention wurde abgesehen von 3 Personen kaum beachtet und die Reaktionen waren sehr schlecht beobachtbar. Die Idee folgte dem gleichen Grundprinzip wie die Kreideintervention, jedoch wurden die Poster entweder nicht wahrgenommen, zu schnell entfernt oder gaben zu wenig Reiz um sich damit zu beschäftigen. Eine mögliche Erklärung ist die allgemeine Reizüberflutung durch Poster und Werbematerial im öffentlichen Raum. Die Poster gingen einfach zu sehr unter. Außerdem gab es keine Animation, keine Aufforderung zum Mitmachen, der Schritt zur Aktion wurde von niemanden vorgemacht und durch uns nicht provoziert. Die Wetterbedingungen im Winter sind für solche Interventionen auch nicht besonders gut, sie soll deshalb im Sommer noch einmal wiederholt werden.

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DIY Guide

How to be a public design interventionist?

Put on you goggles of enhanced perception whilst walking around the city. Keep an eye out for details you have never seen before. Walk around in your neighbourhood and look out for possible situations, spots, unguarded placed, walls and street furniture. Basically, find the unexpected in ordinary places. Become a collector of sights, places and unplaces whilst practicing looking beyond the obvious. Never forget to respect the community, the nature and your fellow humans.

Always expect the unexpected!

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Public Design on i t n e v r e t n I 3

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by Pia Drech

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Kaufen oder Wählen?

Das Individuum innerhalb der modernen Gesellschaft bewegt sich täglich fast übergangslos in den Sphären der Öffentlichkeit und der Privatheit und einer konstruierten Sphäre aus improvisierten Praktiken um mit den Herausforderungen des Alltags umzugehen. Dabei wird es stark beeinflusst, oder wie de Certeau sagt „beherrscht“, von der strategischen Macht der Kulturindustrie aber auch dem eigenen Wunsch am Kapitalismus und der Konsumgesellschaft teilzunehmen. Der Anthropologe und Marketing Experte Timothy de Waal Malefyt sieht im Konsum ein soziales und kein individuelles Phänomen. Es ist kein passives Kaufen der angebotenen Waren, über den so genannten Prestigekonsum drücken Menschen ihre Einstellungen, Werte, Träume und Wünsch aus, die Gesellschaft drückt über ihren Konsum nationale Identität aus. Lokale Politik, Außenpolitik, Ethnische Zugehörigkeit, Gender Geschichte und Modernität sind eng verwoben mit dem modernen Kapitalismus. Jenseits von Selbsterfüllung hat Konsum eine große Bedeutung für das soziale System von Austausch und Handel. Konsum erfordert Rituale und erzeugt Rituale. Soziale Rhythmen und Wiederholungen von Ereignissen werden strategisch genutzt um zum Kauf anzuregen und damit den Kreislauf in Gang zu halten. Weihnachten ist das beste Beispiel für das Sich-Gegeseitige-Bedingen von Angebot, Konsum, Befriedigung und Umsatz. Gleichzeitig wirft dieses Verhalten immer wieder Debatten über moralische, ökonomische, ökologische und politische Auswirkungen auf. Kalle Lasn argumentiert, dass der Konsument,

manipuliert durch das Angebot und vor allem die Kommunikationskanäle der Kulturindustrie in einem Abhängigkeitszustand feststeckt und die Möglichkeit zur Eigeninitiative und Gestaltungs-freiheit der Gesellschaft schlichtweg vergessen hat. „Wir wissen, dass es einen Zusammenhang zwischen Fernsehkonsum und apathischem Wahlverhalten gibt (je mehr Fernsehen an konsumiert, desto unwahrscheinlicher wird es, dass man an direkten demokratischen Prozessen partizipiert).“1 Die Masse des Angebots and Informationen, Waren und Konsum Events lassen den Konsumenten zufrieden, übersättigt und hörig auf dem Sofa zurück. „Das Spektakel ist ein Instrument der sozialen Kontrolle, das einem die Illusion unendlicher Auswahl vorgaukelt, in Wirklichkeit aber das Spielfeld auf eine Auswahl vorselektierter Erfahrungen reduziert: Abenteuerfilme, Naturberichte, PromiKlatsch, politische Skandale, Sport, das Surfen im Netz...“2 Silvan Linden gibt die Schuld daran dem Einwegkanal modernen Kommunikationsmedien: „Es liegt auf der Hand, dass unsere Gesellschaft als Ganzes von gravierenden Funktionsstörungen befallen ist. Es fällt nicht schwer zu erkennen, dass der wesentliche Grund für diese Funktionsstörungen im Fehlen des adäquaten Inputs für das Individuum liegt, mit seiner Gesellschaft zu interagieren. Die so genannten „Kommunikationskanäle“, die „Massenmedien“, bieten nur eine Einbahnstraße: Sie reden, niemand aber kann darauf antworten. Da der Rückkopplungskanal fehlt, ist das System nicht zu kontrollieren.“3

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1 Lasn: Culture Jamming, S. 26 2 ebenda, S. 113 3 Linden: Political landscape. Politische Landschaft, 2001, S. 215–216


Jonathan Massey zeigt in seinem Artikel „Five Ways to Change the World“ aber auch die andere Seite des Konsums und die Möglichkeit mit dem Konsum Einfluss zu nehmen auf: “Most of us vote only once a year (if that). Almost every day we express our preferences when we take out our wallets. When you decide whether to buy a car, a bike or a bus pass, you register a choice for particular land use patterns, architectural configurations and social orders. And unlike the mechanisms of political action, shopping offers an easily available and extraordinarily nuanced vehicle of expression and selection. For every top-down utopia, there are a thousand bottom-up initiatives generated by the localized activity of entrepreneurs and consumers. Usually the result is junk, but once in a while something revolutionary crops up. (…) The impact of any single purchase may be small. Yet, as with votes, individual expenditures aggregate to create large outcomes. Join a community-supported agricultural cooperative or shop at a greenmarket. You’ll help lower the cost of the financing these ventures, and have a better meal while you’re at it.”4

Design wird im Zusammenhang mit Politik meist sichtbar durch die Gestaltungsmittel politischer Kampagnen. Als Methode politische Ideen zu kommunizieren spielt Design eine große und machtvolle Rolle. Die gestalteten Identifikatoren einer politischen Gruppe helfen die Mitglieder dieser zu begeistern, von bestimmten Ideologien zu überzeugen und ihrer Macht und Stärke nach außen zu transportieren. Politischen Kampagnen bedienen sich grafischer Elemente, Ikonen, Logos, Typografie und Farbeschemata, die in ihrer Wirkung bestimmte Einstellungen, Vorstellung und Bestreben übermitteln.

Handlungen die sich zwischen den Mensch in der Öffentlichkeit vollziehen sind politisch, da sie immer Konsequenzen haben. Da diese Konsequenzen in der alltäglichen Improvisation und den dadurch entwickelten Taktiken nicht absehbar sind, fühlt sich auch niemand für diese Konsequenzen direkt verantwortlich. Strategisches Handeln, aktiv die Gesellschaft zu formen und zu gestalten heißt gezielt Veränderungen herbei zu führen. Das heißt wiederum auf eine bestimmte Konsequenz hinzuarbeiten und auch dafür in Verantwortung gezogen werden zu können.

Protest Design macht die Wirksamkeit und die Rezeption der Protestbotschaften effektiver und kann helfen sie gezielter und weiter zu kommunizieren. Provozierend, überraschend, irritierend oder amüsant kann Protest Design Menschen aufmerksam machen, aufwecken und aus ihrem Alltagstrott reißen. Genau wie das Genre des Critical Design ist Protest Design daran interessiert Missstände zu visualisieren, erfahrbar und fassbar zu machen, um kluge Lösungen zu evozieren. Kritisches Design sind meist ironische und humorvoll gestaltete Konzepte. Produkte die um ihre kritische Perspektive zu kommunizieren, den Zuschauer mit einem Dilemma konfrontieren

4 Massey: Five Ways to Change the World, www.designobserver.com, 2009

5 Brandes: Protest Design, Design Dictionary, S.316

Auch das Verhalten und Aussehen der Politiker ist gestylt, Psychologen und Berater schreiben Drehbücher für Fernsehauftritte, Interviews und Politevents. Parteien werden strategisch gebrandet um das perfekte Massage-Paket abzuliefern und Wähler-Loyalität zu evozieren. Auf der anderen Seite ist Design genauso gefragt und findet einen großen Tätigkeitsbereich im Protest Design: „Every social and political protest needs its own intelligent design strategy.“5

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ihn zwingen sich Gedanken zu machen ob etwas ernst gemeint ist, ironisch, wahr oder unwahr. Der Betrachter wird in das Design miteinbezogen, muss seinen Intellekt und Vorstellungskraft benutzen um die Botschaft zu verstehen. Kritisches Design stellt vor allen in Frage, und zwar nicht nur die eigene Disziplin, sondern auch den Nutzer, der oft genug als Masse, als Durchschnitt unterschätzt wird. Kritische Produkte und Systeme fordern heraus und stellen sich komplexen Problemen. “While there are very obvious differences between design and politics (politics being principally for the creation and amendment of policy and law, and design the production of artefacts and systems) they do operate under similar constraints. Both “make and shape” the world and they have to make decisions about the future within a predetermined configuration of what is possible.”6 Unter diesem Gesichtspunkt sollte jede Designerin und jeder Designer agieren. Wir sind nicht nur Hersteller von Artefakten und Systemen sondern auch die Gestalter unserer Gesellschaft und deren Öffentlichkeit. Nicht jeder Mensch ist ein Designer, aber jeder Mensch hat die Möglichkeit mitzugestalten und in der Öffentlichkeit zu intervenieren. Die Frage ist also nicht kaufen oder wählen, mit beiden Handlungen nimmt jeder Mensch aktiv Einfluss auf seine Umwelt. Die Frage die sich Gestalter fragen sollten muss lauten: Intervention oder nicht?

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6 Marshall: Design and Politics, Design Dictionary, S.112

Man kann Kaufen, oder man kann auf Konsum verzichten. Das ist eine Individuelle Entscheidung und keine politisch wirksame Handlung. Man kann aber auch andere von seinem Verzicht und dessen Gründen informieren und sie überzeugen ebenso zu Handeln. Man kann mit Aktionen gemeinsamen Verzicht propagieren und mit strategisch gestalteten Aktionen Einfluss nehmen. Das ist politisches Handeln.


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Gestaltung ist Handlung „Design ist sichtbar und greifbar, oder es ist unsichtbar und ungreifbar wirksam.“1 Es lässt nun behaupten, dass das alltägliche Improvisieren der Menschen, ihr Umgang mit ihrer Umwelt und vor allem das nicht intendierte Umgestalten ihrer Umwelt temporäre Veränderungen schaffen und damit von subversivem Charakter zeugen. Wie aber die Ausführungen von Heath und Potter zeigen wird jede Art der Gegenkultur, die sich aus der Grenzüberschreitung konventioneller Gesellschaftspraktiken ergibt relativ schnell Normalität. Unternehmen und Industrien spüren Gegenkulturen auf, machen sich ihre Methoden zu Eigen und nutzen sie virulent um ihre Produkte auf unkonventionelle und Publikumswirksame weise zu vermarkten. Daraus entsteht ein Kreislauf zwischen den Machtstrukturen der Konsumgesellschaft und der rebellischen Akte innerhalb dieser die sich gegen Konsum und Eingrenzung der öffentlichen Sphäre richten. Welchen Sinn hat also die gestaltete Intervention im öffentlichen Raum? Design hat die Aufgabe „...einen Prozess anzustoßen und wachen Auges an ihm teilzunehmen, statt immer wieder auf scheinbar bewährte Lösungen zurückzugreifen, die es bestenfalls erlauben, ein vorgegebenes Ziel zu erreichen.“2

1 Lucius Burkhardt 2 Wagner: St. Moritz Design Summit 2001

Um über Zweckentfremdung und Basteln, das teils unbewusst (NID) oder aus Notwehr gegenüber der schlechten Gestaltung der Umwelt hinauszukommen muss Design als strategisches Handeln verstanden werden. „…Design (steckt) als Gestaltung in allen Gegenständen und Prozessen, in Kommunikation und Information ebenso wie in Objekten und deren Gebrauch, in Schriften und in der Sprache, aber auch in der Formulierung von Kooperation und gesellschaftlichem Verhalten.“3 Ob als Protest Design, als Critical Design oder als Public Design Intervention. Die Mittel und Methoden strategischer Gestaltung sind vielfältig und einflussreich. Kritisches Design ist eine eigene Form der Gestaltung von Öffentlichkeit, oft von Nicht-Designern ausgeführt, die Gestaltung und Kunst in einem breiten kulturellen Zusammenhang sehen. Als Teil eines wachsenden Interesses an der Entwicklung einer Design Theorie muss Critical Design und Public Design Intervention in größeren Fallstudien und unter soziokulturellen Aspekten erforscht werden.

3 Erlhoff: Nutzen statt besitzen, 1995, S. 8–9

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Forschungsfragen

In diesem Research Proposal habe ich die verschiedenen Kategorien und Dimensionen gestalterischer Handlung im öffentlichen Raum betrachtet und es ist ein Aktionskatalog für Guerilla-Gestalter entstanden. Der Public Design Intervention DIY Guide ist ein Ansatz um aus taktischen, zufälligen Handlungen Gestaltungsstrategien mit politischer Dimension zu generieren. Um den Forschungsansatz zu vervollständigen sind die einzelnen Kategorien unter verschiedenen Blickwinkeln genauer zu betrachten um dann mit verschiedenen Methoden praktische Lösungen zu erarbeiten.

1. Handeln

Woraus schöpft das taktische Handeln sein Potential? Nach de Certeau ist die einzige Möglichkeit des Konsumenten zur Devianz das Ergreifen von günstigen Gelegenheiten im Alltag. Wann und wo bieten sich diese Gelegenheiten? Und wie werden sie von den Menschen unterschiedlich genutzt. Ist dies ein bewusster Vorgang oder ein rein zufälliges Handeln, dass sich einzig auf den momentanen und eigensinnigen Gebrauch der Dinge bezieht.

Beobachtungsstudie im öffentlichen Raum

Wie gehen Menschen mit der Gestaltung des

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öffentlichen Raums um? Was sind günstige Gelegenheiten und wie werden sie ergriffen?

2. Öffentlichkeit und deren Grenzen

Warum werden manche Missstände mehr als andere wahrgenommen und bekämpft? Und warum werden Viele ignoriert oder hingenommen?

Protest Hilfe

Wie können Designer konkret in die Öffentlichkeit, im speziellen in den öffentlichen Raum eingreifen? Kann eine strategischen InterventionsPlattform helfen aus dem System zu springen und öffentlich zu Intervenieren?

3. Zuckerbrot oder Peitsche

Wie kann man Menschen dazu bringen etwas zu tun das sie selber nicht für möglich halten? Die Spaßtheorie der schwedischen Volkswagen Gruppe hat gezeigt, dass kleine Interventionen im öffentlichen Raum Anreiz für ungewöhnliches Verhalten sein können. Die Experimente sprechen auf unvermutete Weise unterschiedliche Sinne an und machen sonst langweilige oder müßige alltägliche Handlungen zu amüsanten Erlebnissen.

Interventionsexperimente

Mit positiven, temporären Eingriffen in den öffentlichen Raum sollen alltägliche Verhaltensmuster aufgebrochen und transformiert werden. Wie im Kreide- und Posterexperiment angedeutet sollen Interventionen geplant, durchgeführt und beobachtet werden. Wie im Public Design Intervention DIY Guide sollen dabei die verschiedenen Um-


stände und Konditionen für erfolgreiche Interventionen festgehalten werden.

Design Action Day

Die erfolgreichsten Interventionen sollen in Form einer temporären Aktion den „Design Action Day“ wieder zum Leben erwecken, der zusätzlich als Feldstudie die entwickelten Kriterien auf ihre Interventionstauglichkeit und die Reaktionen der Beteiligten überprüfen lässt. Anhand der gewonnen Erkenntnisse können Strategien, Rechercheund Designspielräume für zukünftige Projekte skizziert werden.

4. Gender

Wie kommt es, dass viele Subkulturen, wie Grafitti oder zum Beispiel urbane Sportarten wie Skateboarding oft mehr von Männern als von Frauen genutzt werden? Welche Interventionspraktiken sind explizit weiblich, welche männlich? Wie drücken sich Frauen im öffentlichen Raum aus?

Interviews und Cultural Probes

Interventionspraktiken von Männern und Frauen sollen anhand von Cultural Porbes untersucht werden. Gestalterinnen und Gestalter die ihre Arbeiten explizit im öffentlichen Raum anbringen sollen dokumentieren, wie sie in Planung und Durchführung vorgehen. Gibt es Unterschiede? Interviews sollen Erkenntnisse über Motivation und Vorgehensweise bringen. Welche Potentiale und welche Schwierigkieten birgt der öffentliche Raum für Männer und für Frauen?

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Quellen

Arendt, Hannah: Vita activa oder Vom tätigen Leben Piper, 1960

Banksy: Wall and Piece Century, 2005

Brandes, Uta: Fandalismus

Von Vandalismus zu Fandalismus König, 2009

Brandes, Uta; Erlhoff, Michael; Schemmann, Nadine: Designtheorie und Designforschung UTB, 2009

Brandes, Uta; Stich, Sonja; Wender, Miriam: Design durch Gebrauch Die alltägliche Metamorphose der Dinge Birkhäuser, 2008

Drechsel, Pia: Angsträume

(Un)Sicherheit im öffentlichen Raum Vordiplom Köln International School of Design, 2006

Düllo, Thomas (Hg.): Cultural Hacking Kunst des strategischen Handelns Springer, 2005

Erlhoff, Michael; Marshall, Tim (Hg.): Design Dictionary Perspectives on Design Terminology. Birkhäuser, 2008

Erlhoff, Michael; Heidkamp, Philipp; Utikal, Iris (Hg.): Designing Public Perspektiven für die Öffentlichkeit Birkhäuser, 2007

Erlhoff, Michael: Nutzen statt besitzen Steidl, 1995

Debord, Guy: Die Gesellschaft des Spektakels

Habermas, Jürgen: Strukturwandel der Öffentlichkeit

Bittermann, 1996

Suhrkamp, 1962

Drechsel, Pia: Verstecke

Heath, Joseph; Potter, Andrew: Konsumrebellen

Privatsphäre im öffentlichen Raum Bachelorarbeit Köln International School of Design, 2007

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Der Mythos der Gegenkultur edition Der Freitag, 2009


Lasn, Kalle; Man, Tin: Culture Jamming Das Manifest der Anti-Werbung Orange Press, 2007

Lauinger, Holger: Urban Pioneers

Berlin: Stadtentwicklung durch Zwischennutzung Jovis Verlag, 2007

Reynolds, Richard; Annas, Max: Guerilla Gardening Ein botanisches Manifest Orange Press, 2009

St. Moritz Design Summit

International Design Action Day

Linden, Silvan; Kerßenboom, Susanne: Political landscape. Politische Landschaft König, 2001

Massey, Jonathan: Five Ways to Change the World

Herausgegeben von The Design Observer Group Online verfügbar unter: http://places.designobserver.com/entry. html?entry=10687

Negt, Oskar; Kluge, Alexander: Öffentlichkeit und Erfahrung

Zur Organisation von bürgerlicher und proletarischer Öffentlichkeit edition Suhkamp, 1973

Pfaff, Marc: Alltägliche (Ver-)Wendungen Michel de Certeaus »Kunst des Handelns« Referat, betreut von Michael Erlhoff Köln International School of Design, 2009

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Literatur

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Die Kunst des kreativen Straßenprotests Trotzdem Verlag, 2007

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C100 & Publikat: The Art of Rebellion 2 World of Urban Art Activism Publikat, 2006

de Certeau, Michel:

Kunst des Handelns Merve Verlag Berlin, 1988

Derek und Lauren: So geht das! Das ultimative Anleitungsbuch 500 Dinge und wie man sie macht Moewig, 2009

Haydn, Florian; Temel, Robert: Temporäre Räume Konzepte zur Stadtnutzung Birkhäuser, 2007

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Todd, Charlie; Scordelis, Alex: Causing a Scene Extraordinary Pranks in Ordinary Places with Improv Everywhere William Morrow Verlag, 2009

Smith, Keri: The Guerilla Art Kit

Everything you need to put your message out into the world Princeton Architectural Press, New York, 2007


Websiten

Design activism

Streetart

http://improveverywhere.com/

http://www.akayism.org/

http://www.thefuntheory.com/

http://banksy.co.uk/

http://theyesmen.org/

http://www.spy.org.es/

http://www.recetasurbanas.net/

http://www.gzzglz.com/

http://www.blog.urbanaut.org/

Blogs

http://www.rebargroup.org/

http://invisiblered.blogspot.com/

http://www.vollaerszwart.com/

http://woostercollective.com/

http://www.we-make-money-not-art.com/archives/2010/01/the-best-way-to-kick.php

http://www.rebelart.net/diary/

Public Design

Guerilla Gardening

http://www.leplanb.com/ok.htm

http://vanessaharden.com/

http://www.kamilaszejnoch.com/

http://www.guerrillagardening.org/

http://forays.org/ http://www.publicchair.com/

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Research Proposal I Modul der Masterprüfung Master of European Design Köln International School of Design Geprüft von: Prof. Dr. Uta Brandes, KISD

Versicherung Hiermit versichere ich, dass ich die Arbeit selbstständig angefertigt habe und keine anderen als die angegebenen und bei Zitaten kenntlich gemachten Quellen und Hilfsmittel benutzt habe. Pia Drechsel Köln, den 16. Februar 2010

Danke Gabriele Drechsel Nina Monssen Miriam Müller Sara Widmer Martina Treeter MEDes & MIDes Master Studierende 306

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