Critical Matter - Leseauszug: Inhalt und Einleitung

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Leseauszug


Tobias Goll / Daniel Keil / Thomas Telios (Hg.)

Critical Matter

Diskussionen eines neuen Materialismus

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Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http:// dnb.ddb.de abrufbar.

Tobias Goll / Daniel Keil / Thomas Telios (Hg.): Critical Matter Diskussionen eines neuen Materialismus Reihe: kritik_praxis, Band 2 1. Auflage 2013 ISBN 978-3-942885-50-8 © edition assemblage Postfach 27 46 D-48014 Münster info@edition-assemblage.de | www.edition-assemblage.de Mitglied der Kooperation book:fair Mitglied der assoziation Linker Verlage (aLiVe) Umschlag: Fabian Altenried für GRACEFUL HASTE, Berlin Satz: bi, Münster Lektorat: Tobias Goll, Daniel Keil, Thomas Telios und kritik_praxis Druck: CPI Clausen & Bosse, Leck Printed in Germany 2013


Inhalt Tobias Goll, Daniel Keil, Thomas Telios 7|

Einleitung

Andreas Folkers 17 | Was ist neu am neuen Materialismus? – Von der Praxis zum Ereignis

Paradigmen: Die Rückkehr des Materialismus Nina Lykke 36 | Feministischer Postkonstruktionismus Moritz Hagemann 49 | Über Hegels Begriff der sittlichen Handlung und seine materialistischen Implikate Francesca Caligiuri 65 | »das Unwürdige der Welteinrichtung erfahren« Sascha Engel 82 | Körper, Rhythmus, Raum Elmar Flatschart 98 | Matter that really matters? New Materialism und kritisch-dialektische Theorie

Körper: Kategorie und Instanz Alexander Neupert 116 | No_body should starve – Die Erfüllung körperlicher Bedürfnisse als Ethos der Utopie Verena Namberger 134 | Rassismustheorien und die Materialität des Körpers Josef Barla 151 | Apparate körperlicher Produktion und die Materialität der Figuration


Medien: Virtualität und Wirkung Gunzelin Schmid Noerr 170 | Die Materialität der Vernunft Hanjo Berressem 186 | Actual Media | Virtual Media Martin Tanšek 208 | Wer hat Angst vor der heterosexuellen Matrix? Audio-Sampling als Muzak zweiter Ordnung

Problemfelder der Praxis Franziska Dübgen 228 | Translating Emancipation(s) Daniel Keil 243 | Territorium und Tradition Katharina Fritsch, Nicolas Schlitz 259 | Ge(t)räumte Räume 276 | Autor_innenangaben


Tobias Goll, Daniel Keil, Thomas Telios

Einleitung

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aterie ist überall. In jedem Bereich, in jeder Regung, ist menschliches Handeln mit Materialität konfrontiert, weshalb sich die Frage nach Materie und Materialität geradezu aufdrängt. Dementsprechend haben Materialitäten und Materialismen derzeit Konjunktur in den Sozial- und Kulturwissenschaften. Die Fragen nach den Dingen, ihrem sozialen Leben wie auch dem dinglichen Leben des Sozialen, zeugen von einem neuen Interesse an Materie und Materialitäten in unterschiedlichen Disziplinen. Dies aufgreifend wollen wir in diesem Band folgende Fragen zumindest anreißen: Wie ist Materialität zu denken? In welchem Verhältnis steht Materialität zu dem Humanen? Was ist das Materielle des Menschlichen selbst? Es geht also um die Frage nach Körpern und Leiblichkeit, und eben auch um die Frage nach dem Verhältnis zum historischen Materialismus. Ebenfalls zentral für uns ist die Frage nach den Potenzialitäten von Praxis: In welchen Konstellationen ist Praxis zu denken? Welche Formen von Praxis unter den Bedingungen der Materialität sind solche, die emanzipatorisch wirken können? Welche materiellen Effekte zeitigt Praxis? Diese Fragen sollen im Folgenden aus unterschiedlichen Disziplinen und mit unterschiedlichen materialistischen Ansätzen derart beantwortet werden, dass auch eine Begegnung des »alten« mit dem »neuen« Materialismus ermöglicht wird, die vielleicht zu neuen Antworten auf alte Fragen beiträgt. Hier stellt sich nicht zuletzt die Frage, was eigentlich neu ist am »neuen Materialismus«. Das Schlagwort »Neuer Materialismus«, soviel sei vorweggenommen, umfasst eine solche Vielzahl von Ansätzen, dass im englischen Diskurs durchaus von »neuen Materialismen« (Coole/Frost 2010) die Rede ist. Dennoch kann eine gemeinsame Ausgangsbasis all dieser Ansätze ausgemacht werden: die Überzeugung, dass gegenwärtige gesellschaftliche Entwicklungen nicht mehr zureichend durch textbasierte Ansätze adäquat zu verstehen sind (vgl. ebd.: 2f.). Insbesondere in feministischen Diskursen und Debatten wurde verstärkt nach der Bedeutung der Materialität des Körpers gefragt, so dass das Verhältnis von Kultur und Materie/Materialität überhaupt neu überdacht wurde und wird (siehe z.B. Hird 2004). So fragt Barad beispielsweise: »Warum gesteht man der Sprache und Kultur ihre eigene Kraft und Geschichtlichkeit zu, während die Materie als passiv und unveränderlich vorgestellt wird oder

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bestenfalls ein von der Sprache und Kultur abgeleitetes Potenzial der Veränderung erbt?« (Barad 2012: 8). Die Frage nach der Materie beinhaltet ein ganzes Universum an Kategorien und Disziplinen, die durch das Stellen der Frage in das Zentrum der Auseinandersetzungen gerückt werden: Biologie, Physik, Stofflichkeit, Natur, Ding usw. Zentral bei allen Ansätzen ist ein Verständnis von Materie als eigenständiger Kraft, die nicht passiv vom Menschen bearbeitet wird, sondern vielmehr selbst Phänomene mit hervorbringt. Daher rücken Konstellationen von Mensch, Ding, Natur, Materie in den Mittelpunkt der Analysen, die als Akteur-Aktanten-Netzwerk oder als Assemblage verstanden werden. Indem nun das Wirken der Dinge/der Materie in diesen Zusammenkünften als eigenständige Kraft verstanden wird, jedes Phänomen sich daher je nach Konstellation verändern kann und die Triebkraft der Konstellation eben nicht ausschließlich im menschlichen Handeln zu suchen ist, sondern das Handeln eben auch durch die Konstellation der Dinge mit beeinflusst wird, die ihren eigenen Kopf haben, sind die Konstellationen als grundlegend durch Kontingenz strukturiert zu begreifen. Mit der Kontingenz wird zugleich eine Form linearer Kausalität in Frage gestellt, die sowohl das Verhältnis von Mensch zu Materie betrifft als auch vulgärmarxistische Geschichtsteleologie. Nicht verdeckt werden soll, dass die neuen Materialismen sich in ihrer Grundausrichtung stark unterscheiden können und mitunter auch durchaus Probleme mit sich bringen. Bei aller Problematik, die in den Kritiken einzelner Beiträge an Ansätzen des neuen Materialismus deutlich wird, eröffnen sie jedoch auch die Möglichkeit eines kritischen Überdenkens liebgewonnener Positionen und damit neue Zusammenkünfte theoretischer Kritiken und radikaler Politik. Wir betrachten den neuen Materialismus daher eher als offenen Versuch, Materialität wieder in Analysen miteinzubeziehen, denn als fertiges Theoriekonzept. Die Stärke liegt unserer Ansicht nach genau darin, Theorie und Kritik für neue Perspektiven zu öffnen, die beim Verstehen gegenwärtiger (gesellschaftlicher) Konstellationen hilfreich sein können. So soll auch dieser Band verstanden werden: als eine Zusammenstellung unterschiedlicher Ansätze, die auf ihre Art Materialität in den jeweiligen Feldern zu denken versuchen. Insbesondere auf die Frage, was denn critical in matter ist, sollen Antworten gegeben werden. Zugleich sollen die Beiträge eine Übersicht über materialistische Debatten geben und einen oder mehrere Zugänge zur kritischen Auseinandersetzung mit Materialität und deren Stellenwert in gegenwärtigen gesellschaftlichen Problemen ermöglichen. Der vorliegende Band versammelt eine Reihe ausgearbeiteter Vorträge, die im Rahmen der Konferenz »Critical Matter«, die im Sommer 2012 stattfand, gehalten wurden. Wie der Titel bereits ankündigt, war der Anspruch der Konferenz, den aktuellen Stand, Perspektiven und Tendenzen der Diskussionen 8


der im englischsprachigen Raum breit geführten Debatte des Neuen Materialismus nicht nur weiterzuführen, sondern aus unterschiedlichen Positionen besonders auf das gesellschaftskritische Potenzial hin zu befragen. Die Konferenz fand als dritte in der Reihe der Frankfurter Graduierten Tagungen statt, deren Vorgängerinnen »The Future(s) of Critical Theory« und »Emerging Forms of Sociality« auf große positive Resonanz stießen. Der vorliegende Band ist der erste Versuch, die fruchtbaren Debatten, die während der Konferenz geführt wurden, zu dokumentieren und für ein breiteres Publikum zugänglich zu machen – insbesondere, da die Diskussion um den Neuen Materialismus und dessen Potenziale bislang hierzulande und im gesamten deutschsprachigen Raum kaum Beachtung fand. Eröffnet wird der Band mit dem Beitrag von Andreas Folkers, der sich mit den eben erwähnten Fragen eingehend beschäftigt. Den Kern des Beitrags macht eine sehr präzise und zusammenfassende Rekonstruktion der Grundargumente der verschiedenen Tendenzen aus, welche sich mittlerweile zum Kanon jener Ansätze etabliert haben, die dem Theoriestrang des neuen Materialismus zuzuordnen sind. Nachdem auf die unterschiedlichen Assoziationen, theoretischen Wahlverwandtschaften, sozialtheoretischen Konvergenzen und praxisorientierten Divergenzen dieser Ansätze eingegangen wird, lässt sich für Folkers das innovative und/oder gesellschaftskritische Potenzial dieser Tendenzen ebenfalls in der Öffnung der Grenzen festhalten, was für sozial und damit politisch hinterfragbar und revidierbar gehalten werden soll. Wie er schreibt: »Dadurch, dass die Frage nach dem Sozialen offen gehalten wird, wird auch eine Abschließung der politischen Agenda verhindert«. Ohne sich für die eine oder andere dieser Tendenzen zu positionieren, gelingt es Folkers einen übergreifenden Überblick dieses facettenreichen Bündels von Ansätzen zu liefern, deren Quintessenz darin liege, keinen umwälzenden Bruch darzustellen, sondern einen selektiven Umgang mit der Theorie zuzulassen. Das Ziel sei schlussendlich, theoretisch informierte gesellschaftskritische Praxis zu ermöglichen, welche die herkömmlichen Hürden und theoretischen Tabus zu überwinden vermag. Der sich dieser Einführung anschließende erste systematische Teil des Bandes wird mit einem Beitrag Nina Lykkes, einer der führenden Theoretikerinnen des neuen Materialismus, eingeleitet. Der Begriff des »Postkonstruktionismus«, den sie als Überbegriff vorschlägt, dient ihr als Knotenpunkt, d.h. zugleich als begrifflicher Apparat und inhaltliche Auseinandersetzung, um die Relation zwischen Diskursen und Materien zu denken. Von diesen eher methodologischen Bemerkungen ausgehend besteht Lykkes eigenständiger Beitrag darin, am Fall des präoperativen Stadiums der Geschlechtsumwandlung zu zeigen, wie erwünschte Identität, medizinischer Diskurs und die materielle Realität des Körpers zusammenzudenken sind. 9


Im Anschluss an und dennoch in Abgrenzung zu den aktuelleren Debatten greifen die weiteren Autor_innen des ersten Teils auf klassische theoretische Modelle zurück, um dadurch dreierlei aufzuzeigen: Erstens, dass der Anspruch des neuen Materialismus, die Eigenständigkeit des Materiellen durch die (und nicht trotz der) diskursiv determinierten Wissensprozeduren zu beweisen, auch in älteren Theorien im Keim bereits angelegt war. Zweitens, dass diese klassischen Theorien unter diesem Blickwinkel in ihren philosophischen und praxisorientierten Aussagen erneut untersucht werden könnten. Sowie drittens, dass es sich deshalb lohnen könnte, auf diese klassischen Theorien zu rekurrieren, denn in ihnen können Impulse ausfindig gemacht werden, welche die aktuelleren Debatten produktiv ergänzen und bereichern können. Neben dem Bereich der feministischen Studien werden drei weitere Anwendungsbereiche geöffnet, die den Beweis für die sich abzeichnende allmähliche Rehabilitierung einer autonomen, diskursfreien Materialität liefern: die Bereiche der Erkenntnisphilosophie, der Sozialphilosophie und der Kritik der politischen Ökonomie. Moritz Hagemann unternimmt im Rahmen der Hegelschen Philosophie einen zu Lykke ähnlichen Versuch: wenn der Körper bei Lykke diejenige Instanz gewesen ist, die vermöge seiner ihm inhärenten sexuellen Materialität dem Diskursiven widerstehen kann, ist es für Hagemann das Werk, welches – indem es zwischen individuellem Tun, kollektivem Handeln und Erkenntnis des Allgemeinen vermittelnd fungiert – im Rahmen der Hegelschen Sittlichkeitsauffassung dazu taugt, auf die Materialität der Praxis hinzuweisen. Im Werk, wodurch jedes Einzelne mit sich und der allgemeinen normativen Sittlichkeit in Berührung kommt, erblickt Hagemann eine Struktur, welche unterschwellig die – nur scheinbar festgeschriebene – Sittlichkeit irritieren kann. Indem jedes Werk das Werk jeder konkreten und besonderen Einzelheit sein kann, unterminiert es dadurch contra Hegel die Abstraktheit der verallgemeinerten sittlichen Handlung. Daraus entsteht nicht nur eine bereits in Hegel angelegte unabschließbare Konzeptualisierung der Sittlichkeit, sondern es wird auch gezeigt, wie Sittlichkeit und materielle Praxis einander bedingen. Von der Ebene der allgemeinen Handlungsfähigkeit des Subjekts gelangen wir bei Francesca Caligiuris Artikel »das Unwürdige der Welteinrichtung erfahren« zum Verdinglichungsbegriff bei Adorno auf der Ebene der konkreten Produktion. Trotz ihrer Entstehung durch (menschliche) Arbeit und ihrer Einbettung in einen sozioökonomischen Kontext, wodurch sie sich durchaus als passive Träger und Zusammenkünfte von präformierten, für sie vorbestimmten Eigenschaften auszeichnen könnten, lassen sich die Dinge – so die These Adornos – durch eine relative Autonomie kennzeichnen. Dies schlägt in eine gewisse Unmöglichkeit um, die Partikularität des je einen Dinges zu begreifen, womit schlussendlich ein Entfremdungsverhältnis zwischen Menschen und 10


Dingen beobachtet werden kann. Die Aufgabe einer kritisch-materialistischen Theorie besteht nun nach Caligiuri darin, nicht nur ein Modell herauszuarbeiten, nach dem dieses Verdinglichungsverhältnis zwischen Mensch und Ding erläutert werden könnte. Vielmehr sollte ein Zustand erreicht werde, der »durch die ›liebevolle Achtung der Besonderheit der Dinge‹ über die Erfüllung kontingenter und relativer Bedürfnisse hinausgeht und auf diesem Wege zur Gestaltung eines guten Lebens beiträgt«. Körper, soziale Praktiken, Dinge, kurzum: alles, was die materielle Verfasstheit des Sozialen bildet, fasst Sascha Engel in seinem Beitrag unter dem, was er Raum nennt. Im Anschluss an Henri Lefebvre geht Engel der Frage nach, ob der Raumtheorie Lefebvres nicht etwas anderes als eine bloße Subjekt-ObjektDialektik zugrunde liegt. Im Begriff des Rhythmus erblickt Engel einen im Theoriegebäude Lefebvres bereits angelegten Begriff, der dazu taugt, Auskunft über eine allgemeine Ökonomie der materiellen Konstitution des Raumes zu geben und zwischen verräumlichtem Körper und ihn durchdringende Materialität zu vermitteln. Der erste Teil wird mit Elmar Flatscharts Beitrag abgeschlossen. Auch wenn Flatschart erstmal mit Lykkes Unbehagen und damit einer gewissen materialistischen Kritik an Butlers Sprachessentialismus übereinstimmt, versucht er im Unterschied zu Lykke die Konstruktion des Geschlechts mit den ökonomischen Verhältnissen zu vermitteln. In den Theorien von Alfred Schmidt und Roswitha Scholz findet Flatschart die theoretischen Grundlagen, die Materialität des Ökonomischen mit der Materialität der Konstruktion des Geschlechts außerhalb eines schlichten Ableitungsschemas in ein Verhältnis zu setzen. Im zweiten Teil wird Begriff und Sache des Körpers in unterschiedlichen Kontexten diskutiert. Hierbei steht die Frage nach dem Kontext und der Konstellation von Körper(n) im Zentrum. Es handelt sich dabei um die Feststellung eines Spannungsverhältnisses, welches monosemantische Aussagen über die Verfasstheit des Körpers verhindern sollte. Alexander Neupert skizziert, wie das neuzeitliche Denken über den Körper das utopische Denken maßgeblich affiziert hat, d.h., wie die materiellen Lebensbedürfnisse die verschiedenen utopischen Vorstellungen mitbestimmt haben und nicht zuletzt wie anhand von körperlichen Bedürfnissen über das Gelingen der utopischen Vorstellungen geurteilt werden sollte. Dies alles wäre Neupert jedoch nicht genug, wenn damit nicht das indirekte Gebot einherginge, im Anschluss an Adorno, Bloch, Foucault und Fourier von der Utopie zur »Eu-Topia, als guter Ort, als Ort der Bedürfniserfüllung« zu gelangen. Der biologische Körper steht ebenfalls im Mittelpunkt der folgenden zwei Artikel. Verena Namberger und Josef Barla fragen nach der biologischen Materialität des Körpers im Rahmen der Rassismusstudien. Provokativ 11


geht Namberger im Anschluss an Gilles Deleuze, Elizabeth Grosz und Rosi Braidotti der Frage nach, wie der Körper in seiner leiblichen Auffassung rassismustheoretisch wieder einzuholen ist, ohne dass sich dabei die Fehler naturalisierender Ansätze wiederholen. Damit hängt die Herausarbeitung einer rassismuskritischen Theorie zusammen, welche sich damit konfrontiert sieht, die auf biologischen Annahmen beruhende rassialisierte Instrumentalisierung des biologischen Körpers ernst nehmen zu müssen und in eine Kritik umzuwandeln, die sich gegen Ausschlussmechanismen wehren kann. Letzteres, d.h. die Verstrickung von rassialisierten Diskursen mit neoliberalen Ordnungsregimen behandelt Josef Barla in der Kritik des »Human Provenance Pilot Projects«. Dabei handelte es sich um ein – inzwischen verworfenes – Grenzschutzprojekt der Britischen Grenzpolizei, aus DNA-Angaben die exakte Herkunft von Asylbewerber_innen zu bestimmen. In dessen Kritik entfaltet Barla das Potenzial materieller Körper, widerständig gegen Prozesse sozialer Einschreibung zu sein. Im dritten Teil behandeln die Beiträge eine Reihe von theoretischen und sozialphilosophischen Problemen, welche aus verschiedenen Perspektiven die Materialität der Kunst und der Kommunikation, der Medialität des Alltagslebens, der Rationalisierung und Medialisierung des gesellschaftlichen Zusammenlebens und nicht zuletzt der Affizierung von Kunst durch die Normativität und Wertrationalität des Sozialen betreffen. In diesem Teil gehen Kritische Theorie Frankfurter Provenienz, poststrukturalistisches Denken und neo-materialistische Ansätze Hand in Hand. Aus dem Ringen der verschiedenen vorgestellten Modelle nach einem adäquaten und allumfassenden Erklärungsansatz, wie Materialität wirkt und was unter Materialismus zu verstehen ist, entsteht kein einheitliches Modell. Aus den bisherigen Ausführungen sollte bereits deutlich geworden sein, dass es kontraproduktiv wäre, nach einem fertigen Muster zu suchen, nach dem Materialität zu erklären ist. Gunzelin Schmid Noerrs Beitrag stellt eine Gesamtabrechnung dessen dar, was die Frankfurter Schule im Bereich der Erkenntnis des Materialismus geleistet hat. Die sieben Punkte, unter denen er am Ende seines Artikels die Betrachtungen der Frankfurter Schule zum Materialismus zusammenfasst, bilden ein Monument für die Errungenschaften in diesem Bereich. Darüber hinaus lässt sich dabei nicht nur ein indirekter Vergleich zu ähnlichen Vorstellungen der cultural studies finden, sondern auch eine theorie-interne Auseinandersetzung mit den aus diesen Fundamenten entsprungenen Fortentwicklungen (darunter Jürgen Habermas und Axel Honneth) feststellen. Der philosophischen Betrachtung der Materie und dem Eingang, den die Materie in die Philosophie gefunden hat, stellt der Beitrag Hanjo Berressems eine kunsttheoretische Betrachtung gegenüber. Dabei geht es darum, die »Insistenz des Materials bzw. des Mediums in der Kunst zu konzeptualisieren«. 12


Ausgehend von der Frage nach dem autopoietischen Charakter der Materie und im Anschluss an Bruno Latour und Michel Serres sowie natürlich an die Arbeiten Gilles Deleuzes, David Thoreaus und Manuel DeLandas zu Film und ästhetischer Produktion zeigt Berressem durch die Verwendung ausgewählter Filmausschnitte und Beispiele aus der Malerei, der bildenden Kunst und der Literatur einerseits, wie die unauffälligsten Materien (wie Asphalt oder ein Stein), physikalische Phänomene (wie Erosion) aber auch das geschriebene Wort oder ein Gedanke in die Kunst eingegangen sind. Daraus entwickelt er ein Konzept, wie die materielle Welt den Gedanken darüber was Materielles sei und in welchem Zusammenhang das Künstlerische und das Materielle zueinander stehen, den theoretischen Zugang und zugleich das Praktizieren von Kunst und Philosophie beeinflusst hat. Am konkretesten fasst dies der Beitrag Martin Tanšeks. Anhand von musikalischen Materialien und musiktheoretischen Ansätze zeigt er in seinem Artikel, Niklas Luhmanns Unterscheidung zwischen Mittel und Form folgend, wie sich Materie und musikalisches Material zueinander verhalten und einander affizieren. Indem Tanšek Mittel und Form als intrinsisch vermittelt erkennt, entlarvt er, diesmal im Anschluss an Judith Butler, dichotome Vorstellungen, wie die Unterscheidung zwischen Form und Material, als Fiktion und überführt die darauf basierenden epistemisch-hegemonialen Regime der Ontologisierung und damit Verschleierung ihrer eigenen Effekte. Der Band schließt mit einem Teil ab, der den Titel »Problemfelder der Praxis« trägt. Die Überschrift ist nicht zufällig gewählt. Einem theoretischen Trend, der sich Dogmatismen gegenüber skeptisch zeigt und die Offenheit und Unabgeschlossenheit sozialer Prozesse bekundet und proklamiert, kann nur eine Praxis folgen, welche die gesellschaftlichte Realität eher als Versuchsund Forschungsfeld wahrnimmt und nicht zum Übungsfeld fertiger Rezepte degradiert. Nichts läge dennoch ferner als die Behauptung, Praxis sollte während der Erarbeitung der Theorie stillgelegt werden. Dadurch würde sich die Praxis selber delegitimieren und sich zum Effekt der Theorie machen. Ebenso wenig heißt dies, dass die Praxis der Theorie vorausgeht. Der deutsche Idealismus Fichtescher Prägung mit seinem Primat des Tuns würde dadurch eklatant wiederbestätigt. Wenn nichts anderes, sollte zumindest darunter die Quintessenz des vorliegenden Bandes subsumiert werden: dass theoretische Wahrnehmung und aktive Gestaltung dieser Materialität gleichursprünglicher Natur sind und dass sie sich gegenseitig insofern bedingen, als das Bemühen des Begreifens – welches ebenfalls Tätigkeit ist – Materialität, Sozialität und Praxis nicht unveränderbar lässt. Umgekehrt wirken diese dann wiederum auf das Denken, während das Gewordensein dieser neuen Konstellation sich selbst verschleiert. 13


Der Beitrag von Franziska Dübgen versucht eine Kritik akademischer theoretischer Praxis zu formulieren, indem sie den Übersetzungsproblemen feministischer Theorie(n) nachgeht, die bei dem Austausch zwischen »westlichem« und afrikanischen Kontext entstehen. Hierbei unterminiert Dübgen nicht nur die Fundamente der Kritik gegen das logozentrische Denken, welches sie im Anschluss an postkoloniale Theorien selbst als logozentrisch, westlich und autoritär entlarvt. Darüber hinaus enthüllt sie, wie die Grundlagen dieses Denkens auf die gleichen Fehler zurückfallen, gegen die sie sich wehren wollten. Sich sehr vorsichtig einerseits zwischen Jacques Derridas, Gayatri Spivaks, Paulin Hountondjis und Amartya Sens Theorien bewegend und andererseits bemüht, die üblichen an marxistischen Behauptungen anlehnenden Reduktionismen zu vermeiden, gelingt es Dübgen, auf die sprachlichen Differenzen hinzuweisen, welche den jeweiligen sozialen Realitäten entstammen. Die weiteren Beiträge dieses letzten systematischen Teils stellen in vielerlei Hinsicht eine Fortsetzung der theoretischen Grundlagen dar, die die Artikel von Hagemann, Engel und Caligiuri im ersten Teil des vorliegenden Bandes erörtern. Der »Volksgeist« Hegels, auf den Hagemann eingeht, bildet so etwas wie den Hintergrund des Beitrags von Daniel Keil zur Materialität der Nation. Dabei geht es ihm darum, einen materialistischen Begriff des Verhältnisses von Territorium, Tradition und Staat zu entwerfen, der jene, die Verhältnisse konstituierende gesellschaftliche Praxis als Materialität begreift. Indem er zugleich die Fundamente einer Kritik irrationaler gesellschaftskonstitutiver Praxis legt, liefert er ein Bedeutungsschema, welches in der Europäischen Union weder das Ende des Nationalstaats, noch die Überwindung nationaler Identität oder gar den Vorschein auf die kosmopolitische Weltrepublik erkennt, sondern vielmehr eine neue Ausprägung des irrationalen Ganzen. Engels Ausführungen zum sozialen Raum könnten nicht zuletzt einen sekundären theoretischen Rahmen darstellen, innerhalb dessen sich Katharina Fritsch und Nicolas Schlitz in ihrem gemeinsamen Essay bewegen, der soziale Bewegungen am Beispiel zweier besetzter Häuser in Wien analysiert. Von einer biopolitischen Perspektive ausgehend, erweitert durch radikal-demokratische Ansätze, untersuchen Fritsch/Schlitz die Verflechtungen von verschiedenen Formen der Materialisierung sozialer, politischer, wirtschaftlicher und kultureller Verhältnisse in ihrer räumlichen Verortung. Immunisierungsprozesse der Stadt Wien zur Kontrolle dieser Freiräume, Selbstimmunisierungsprozesse der Aktivist_innen als Abwehrstrategien und das immer wiederkehrende Spannungsfeld zwischen Privatem und Öffentlichem, welches jede emanzipatorische Taktik heimsucht, stehen im Mittelpunkt dieses Artikels. Das Hauptargument von Fritsch/Schlitz, welches auf weitere und breitere soziale Bewegungen übertragen werden kann, lautet, dass es »strategischer Allianzen zwischen vielen und verschiedenen Räumen [bedarf ], auf deren Basis unter14


stützende Umgebungen geschaffen werden können – materiell, sozial und verkörpert –, damit sich das Recht auf Besetzungen im öffentlichen Raum materialisieren kann«. Am Ende dieser Einführung möchten wir uns bei denjenigen bedanken, ohne deren Zutun dieser Band nicht hätte erscheinen können. Der vorliegende Band ist Ergebnis eines langen Prozesses, der mit der Planung der Konferenz 2011 begann. Ein großer Dank gilt somit erstens dem Organisationsteam der Konferenz: Alexander Brunke, Jeanette Ehrmann, Sabine Flick, Andreas Folkers, Philip Hogh, Sonja Kleinod, Darja Klingenberg und Greta Wagner. Ein weiterer nicht weniger großer Dank gilt den Beitragenden dieses Bandes. Danken möchten wir auch der edition-assemblage und insbesondere dem kritik_praxis-Kollektiv, das mit großer Geduld das Projekt unterstützt hat. Kein kleinerer Dank gilt Axel Honneth für seine Hilfsbereitschaft, uns bei Finanzanträgen zu unterstützen. Beate Braungart aus der Fundraising Stelle der Goethe-Universität Frankfurt/Main mit ihren unschätzbaren Erfahrungen in Sachen Finanzierung danken wir ebenfalls für ihre Hilfe und Unterstützung. Nicht zuletzt wollen wir uns bei der »Georg und Franziska Speyersche Hochschulstiftung« ganz herzlich bedanken. Ohne ihre finanzielle Unterstützung würde der vorliegende Band eine sehr schöne, jedoch unverwirklichte Idee bleiben. Quellenverzeichnis Barad, Karen 2012: Agentieller Realismus. Berlin. Coole, Diana/Frost, Samantha (Hg.) 2010: New Materialisms. Ontology, Agency, and Politics. Durham und London. Hird, Myra 2004: Feminist Matters: New Materialist Considerations of Sexual Difference. In: Feminist Theory 5 (2). 223-232.

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Autor_innenangaben Josef Barla ist Kollegassistent am Graduiertenkolleg Gender, Violence, and Agency in the Era of Globalization sowie Lektor am Institut für Soziologie an der Universität Wien. Von November 2012 bis März 2013 war er Gastforscher am Department of Sociology und dem Center for Science and Justice an der University of California, Santa Cruz. Aktuelle Veröffentlichungen: Mitherausgeber des Sammelbandes Gewalt und Handlungsmacht: Queer_feministische Perspektiven (2012); »Migration und Flucht als Kritik?« in: Gewalt und Handlungmacht (2012); »Kapitalistische Quasi-Objekte: Zu einer Latourschen Lesart Marx’ Ausführungen zur Maschine« in: Dunshirn, Alfred/Nemeth, Elisabeth/ Unterthurner, Gerhard (Hg.): crossing borders: Grenzen (über)denken (2012). Arbeitsgebiete: Technikphilosophie, feministische Epistemologie und Technoscience Studies, Kritische Theorie, Theorien zu Körper und Embodiment. josef.barla@univie.ac.at Hanjo Berressem lehrt Amerikanische Literatur und Kultur an der Universität zu Köln. Er ist der Autor von Pynchon’s Poetics: Interfacing Theory and Text (University of Illinois Press), und Lines of Desire: The Novels of Witold Gombrowicz (Northwestern University Press). Mit ������������� Leyla Haferkamp ist er Herausgeber von Deleuzian Events: Writing | History (Lit Verlag) sowie site-specific: from aachen to zwölfkinder – pynchon|germany (Sondernummer Pynchon Notes 2008). Mit ��������������������������� Uwe Schwagmeier and Michael Bucher ist er Herausgeber von The Hollow Earth as Concept and Conceit (2012). Er hat zahlreiche Aufsätze veröffentlicht, insbesondere zum Poststrukturalismus und zur amerikanischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Zur Zeit arbeitet er an zwei komplementären Büchern, einem zur Philosophie von Gilles Deleuze (Crystal Philosophy) das andere zum Begriff des ›Eigenwertes‹ (Crystal Science). Francesca Caligiuri ist 1985 in Legnano (Mailand, Italien) geboren, hat Philosophie an der Universität zu Siena, an der Freien Universität und der Humboldt Universität in Berlin studiert. Im Jahr 2011 schloss sie ihr Studium mit einer Masterarbeit über die Verdinglichung bei Adorno 276


ab. Ihre Promotion bemüht sich um eine Aktualisierung der Verdinglichungskritik. francescacaligiuri@gmail.com Franziska Dübgen ist derzeit Fellow am Institute for Advanced Sustainability Studies, Potsdam. ������������������������������������������������� Sie promovierte in Frankfurt im Rahmen des Exzellenzcluster Die Herausbildung Normativer Ordnungen mit einer philosophischen Dissertationsschrift zu Gerechtigkeitstheorien, Solidarität und postkolonialer Kritik. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Kritischen Theorie, zeitgenössischen politischen Theorie und der transkulturellen Philosophie. Sie lehrte an der Humboldt-Universität, der Universität Kassel und der Goethe-Universität Frankfurt zu afrikanischer Philosophie, kritischer Theorie, Postkolonialismus und zu Film. franziska.duebgen@normativeorders.net Sascha Engel hat einen B.A. in Politikwissenschaft und Wirtschaftswissenschaften der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg sowie einen M.A. in Politische Theorie der Goethe Universität Frankfurt und der Technischen Universität Darmstadt. Derzeit ist er Doktorand in der Alliance for Social, Political, Ethical, and Cultural Thought (ASPECT) an der Virginia Tech Universität in Blacksburg, Virginia, USA. Sein Forschungsschwerpunkt ist die internationale politische Ökonomie moderner und postmoderner Finanzmärkte, mit besonderem Augenmerk darauf, wie diese bereits bestehende globale Ungleichheiten verstärken. Er lehrt Politische Theorie sowie Moralphilosophie als Graduate Instructor an der Virginia Tech. Elmar Flatschart (*1982), Studium der Politikwissenschaft und Internationalen Entwicklung in Wien. Seit 2009 Dissertation über Dialektik als Metatheorie. Redaktionsmitglied der Zeitschrift EXIT, Artikel in diversen Journals und Magazinen. Aktiv im Wiener Theoriebüro und Verein zur Förderung solidarischer Lebensformen. Interessensgebiete: Wissenschaftsphilosophie, neomarxistische und feministische Theorie sowie soziale Bewegungen. elmar.flatschart@univie.ac.at Andreas Folkers ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Soziologie der Goethe-Universität Frankfurt am Main und Promotionsstipendiat 277


der Studienstiftung des deutschen Volkes. In seinem Promotionsprojekt untersucht er die Regierung katastrophischer und systemischer Risiken und insbesondere den Schutz kritischer Infrastrukturen. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Biopolitik und Gouvernementalität, Wissenschafts- und Technikforschung, sowie neuere soziologische Theorien. Katharina Fritsch studierte Internationale Entwicklung (BA) und Politikwissenschaft (Mag.a) an der Universität Wien. Im Rahmen des postgradualen Lehrgangs Sociology of Social Practices am Institut für Höhere Studien arbeitet sie derzeit an ihrer Dissertation zu (rassialisiertem und vergeschlechtlichtem) Embodiment im Kontext ›afrikanischer Diasporas‹. Ihre Arbeit(en) zirkulieren zwischen feministischen, queeren, postkolonialen und materialistischen Zugängen. fritsch@ihs.ac.at Tobias Goll (*1983) lebt und arbeitet in Frankfurt am Main. Er studierte Deutsch und Englisch auf Lehramt. Momentan macht er nach abgeschlossenem 1. Staatsexamen sein 2. Staatsexamen an der Schillerschule in Frankfurt am Main, arbeitet parallel an seiner Dissertation und in diversen freien Theaterprojekten. Moritz Hagemann hat Soziologie und Philosophie in Frankfurt am Main studiert und sich intensiv mit den Problemen der Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie, der Ontologie und Sozialphilosophie sowie der Makrosoziologie befasst. Zurzeit ist er mit einem Dissertationsprojekt über den systeminternen Zusammenhang der metaphysischen und der sozial- und rechtsphilosophischen Bedeutung des Begriffes der Aneignung und des Eigentums in Hegels Werk beschäftigt. moritzhagemann@yahoo.com Daniel Keil lebt und arbeitet in Frankfurt am Main. Arbeitsschwerpunkte: kritische Theorie, materialistische Staatstheorie, Theorie/Kritik der Nation. Letzte Veröffentlichungen: »Krisenkonstellationen. Überlegungen zum Zusammenhang von Krise und gesellschaftlicher Ausgrenzung« in: Hawel, Marcus/Blanke, Moritz (Hg.): Kritische Theorie der Krise, Berlin 2012; »Gesellschaftskritik ohne Gegenstand. Axel Honneths Anerkennungstheorie aus materialistischer Perspektive« in: Prokla 167, 2012, 278


(zusammen mit Robin Mohan). d.keil1@gmx.net Nina Lykke hat den Lehrstuhl für Geschlechts- und Kulturforschung, Institut für Gender Studies an der Linköping-Universität, Schweden inne. Sie ist Ko-Leiterin des GEXcel International Collegium for Advanced Trandisciplinary Gender Studies und Leiterin der Swedish-International Research School in Interdisciplinary Gender Studies (InterGender). Zu ihren Publikationen gehören: Cosmodolphins (2000, mit M. Bryld), Bits of Life (2008, mit A. Smelik), Feminist Studies (2010), Theories and Methodologies in Postgraduate Feminist Research (2011, mit R. Buikman und G. Griffin). Verena Namberger hat an der Freien Universität Berlin Politikwissenschaften studiert und promoviert derzeit zur Ökonomie der Lebenswissenschaften. Zu ihren Arbeitsschwerpunkten zählen Feministische Theorie und Ökonomiekritik, Biophilosophien und Biopolitik, Science & Technology Studies sowie Rassismus- und Migrationsforschung. Sie lebt in Berlin und ist dort in antirassistischen Zusammenhängen sowie dem Netzwerk der edition assemblage aktiv. Alexander Neupert studierte Politikwissenschaft, Philosophie nebst Geschichte und hat 2013 in Osnabrück sein Promotionsvorhaben zum Begriff des Staatsfetischismus erfolgreich abgeschlossen. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Ideengeschichte der politischen Philosophie, Staatstheorie, Kritische Theorie und in jüngster Zeit die Frage nach Möglichkeiten utopischen Bewusstsein heute. Veröffentlicht sind bisher die Aufsätze »Es rettet uns kein höh‘res Wesen – Ansätze zur Kritik des Staatsfetischs bei Marx« in: Grözinger, Gerd/Reich, Utz-Peter (Hg.): Entfremdung – Ausbeutung – Revolte: Karl Marx neu vehandelt (Marburg 2012) und »Parteilichkeit und Aufklärung – Zur Kritik der MosaikLinken« in: Prokla 171. Demnächst erscheint der zusammen mit Lisa Doppler geschriebene Artikel »Das Recht auf Stadt als konkrete Utopie? Utopisches Bewusstsein als Gegenstand der Bewegungsforschung« in: Gestring, Norbert/Ruhne, Renate/Wehrheim, Jan (Hg.): Stadt und soziale Bewegungen (Wiesbaden 2013). Neupert lebt, lehrt und lernt z.Zt. in Osnabrück. aneupert@uos.de 279


Nicolas Schlitz studierte Politikwissenschaft (BA) an der Universität Wien. Momentan arbeitet er im Rahmen des Studiums der Internationalen Entwicklung ebendort an seiner Diplomarbeit zu Müll-Konflikten und ›gesellschaftlichen Müllverhältnissen‹ in Bangalore. Sein derzeitiges Forschungsinteresse richtet sich innerhalb der urbanen politischen Ökologie auf die Verschränkung der Materialität von ›Müll‹ mit dessen gesellschaftlicher Handhabung und daraus folgenden demokratiepolitischen Implikationen. nicolas.schlitz@gmx.net Gunzelin Schmid Noerr, Prof. für Sozialphilosophie, Sozialethik und Anthropologie an der Hochschule Niederrhein, Fachbereich Sozialwesen, Mönchengladbach. Mitherausgeber der Gesammelten Schriften und Briefe Max Horkheimers (1985-1996). Buchveröffentlichungen u.a.: Das Eingedenken der Natur im Subjekt (Darmstadt 1990), Gesten aus Begriffen. Konstellationen der Kritischen Theorie (Frankfurt/M. 1997), Kultur und Unkultur (Hrsg., Mönchengladbach 2005), Geschichte der Ethik (Stuttgart 2006), Ethik in der Sozialen Arbeit. Eine Einführung (Stuttgart 2012). Martin Tanšek (*1984) nahm 2005 ein Kompositionsstudium an der Hochschule für Künste in Bremen bei Younghi Pagh-Paan auf und setzte dieses ab 2007 an der Musikhochschule Frankfurt bei Beat Furrer und Martin Schüttler fort. Künstlerische Arbeit in den Bereichen Neue Musik, Theater und Sound-Installation. Seit 2011 Studium der Philosophie an der Goethe-Universität Frankfurt. Thomas Telios hat Rechtswissenschaften an der Nationalen Universität, Athen und Politische Theorie an der Goethe-Universität, Frankfurt am Main studiert. Zur Zeit promoviert er bei Axel Honneth am Institut für Philosophie ebenfalls an der Goethe-Universität. In seiner Dissertation beschäftigt er sich mit den theoretischen Grundlagen der Subjektbildungstheorien von Georg Lukács und Judith Butler und untersucht die daraus entstehenden Möglichkeiten zum gemeinsamen Handeln. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich des westlichen Marxismus, der Kritischen Theorie, der französischen Philosophie der Nachkriegszeit (insbesondere Dekonstruktion und Poststrukturalismus) und des postmodernen Feminismus. 280


Duygu Gürsel, Zülfukar Çetin & Allmende e.V. (Hg.)

Wer Macht Demo_kratie? Kritische Beiträge zu Migration und Machtverhältnissen Reihe: kritik_praxis, Band 1 256 Seiten, 16.80 Euro ISBN 978-3-942885-34-8

Wer MACHT Demo_kratie? lautet die zentrale Frage des Sammelbandes. Die Autor_innen setzen sich in ihren Beiträgen u.a. mit Migrationsund Flüchtlingspolitiken, Demokratie, Kapitalismus, Rassismus, Homonationalismus, Kolonialismus, Feminismus, sozialen Kämpfen und migrationsbezogener Sozialer Arbeit auseinander. Sozialwissenschaftler_innen, Aktivist_innen und andere politischen Akteur_innen kommen hier zu Wort und bringen Alternativen für politischwissenschaftliche Auseinandersetzungen zum Ausdruck. Das Buch ist ein Versuch, kritische Gesellschaftstheorie und Praxis vereinbar zu machen, und möchte weitere Projekte dieser Art anregen. Die Herausgeber_innen: Duygu Gürsel: Doktorandin an der HU-Berlin. Promoviert zum Thema Prekarisierung, Migration und Affekte und aktiv bei Allmende e.V. Zülfukar Çetin: Antidiskriminierungsberater bei der Opferperspektive e.V. in Potsdam, arbeitet zu kritischer Migrations- und Queer Theorie und engagiert sich bei Allmende e.V. und Türkischem Bund Berlin Brandenburg. Allmende e.V.: Migrant_innenorganisation. Haus der alternativen Migrationspolitik.


Sebastian Friedrich / Patrick Schreiner (Hg.)

Nation – Ausgrenzung – Krise Kritische Perspektiven auf Europa 240 Seiten, 18.00 Euro ISBN 978-3-942885-36-2

Ausgrenzendes Denken und nationalistisches Denken stehen in einem engen wechselseitigen Zusammenhang mit Kapitalismus und Neoliberalismus. Die mittlerweile schon Jahre andauernde Finanz- und Wirtschaftskrise macht dies einmal mehr und in aller Brutalität deutlich: Als „Schuldige“ an der Krise werden immer die „Anderen“ identifiziert – sie werden als „faul“, als „unfähig“ oder als „Last“ beschimpft. Seien es soziale Gruppen innerhalb der europäischen Staaten (wie etwa Migrant_innen, Transferleistungsemp fänger*innen oder Niedriglöhner*innen) oder seien es gleich ganze Länder (wie etwa die südeuropäischen) – die nationalistische und ausgrenzende Unterscheidung zwischen einem guten „Wir“ und einem schlechten „Sie“ ist längst zu einem festen Bestandteil der Diskussionen in Medien und Politik geworden. Der Sammelband „Nation – Ausgrenzung – Krise“ fragt nach den Formen und den Auswirkungen dieses ausgrenzenden und nationalistischen Denkens in Europa. Mit Beiträgen von: Moritz Altenried, Umberto Bettarini, Christoph Butterwegge, Alessandro Capelli, Anna Curcio, Frank Eckardt, Patrick Eser, Sebastian Friedrich, Bernd Kasparek, Anika Kozicki, Sara Madjlessi-Roudi, Maria Markantonatou, Sibille Merz, Davide Schmid, Ingo Schmidt, Patrick Schreiner, Mariana Schütt, Savaş Taş, Vassilis Tsianos, Torben Villwock, Ute Weinmann u.a. Die Herausgeber Sebastian Friedrich, Publizist und Aktivist aus Berlin. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehören soziale Ungleichheit, Rassismus, soziale Bewegungen, Medienkritik und Diskurstheorie. Patrick Schreiner, Gewerkschafter und Publizist aus Hannover. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehören Finanz- und Wirtschaftspolitik, Verteilung, Nationalismustheorie und Diskurstheorie.



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