Silvia Federici Aufstand aus der K端che Reproduktionsarbeit im globalen Kapitalismus und die unvollendete feministische Revolution Band 1 in der Reihe Kitchen Politics Queerfeministische Interventionen
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Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
Mit freundlicher Unterstützung von: Rosa-Luxemburg-Stiftung Gunda-Werner-Institut für Feminismus und Geschlechterdemokratie in der Heinrich-Böll-Stiftung Interflugs
Silvia Federici
Aufstand aus der Küche Reproduktionsarbeit im globalen Kapitalismus und die unvollendete feministische Revolution Aus dem Englischen von Max Henninger Reihe: Kitchen Politics, Band 1
1. Auflage, 2012 ISBN 978-3-942885-32-4 © edition assemblage Postfach 27 46 | D-48014 Münster info@edition-assemblage.de www.edition-assemblage.de Mitglied der Kooperation book:fair Mitglied der assoziation Linker Verlage (aLiVe) Titelgestaltung: Kornelia Kugler und Martin Wecke Herausgeber_innen/ Lektorat: Kitchen Politics – Bini Adamczak, Mike Laufenberg, Felicita Reuschling, Sarah Speck, Chris Tedjasukmana Satz: bi, Münster Druck: CPI Clausen & Bosse, Leck Printed in Germany 2012
Inhalt
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Kitchen Politics – Queerfeministische Interventionen
6 | Einleitung oder: Anleitung zum Aufstand aus der KĂźche 21 |
Die Reproduktion der Arbeitskraft im globalen Kapitalismus und die unvollendete feministische Revolution
87 |
Der Feminismus und die Politik der Commons (2010)
106 |
Counter-Planning from the Kitchen (1974)
Kitchen Politics – Queerfeministische Interventionen ist eine neue Buchreihe, die von dem gleichnamigen Kollektiv herausgegeben wird. Kitchen Politics veröffentlicht Beiträge zu linken politischen Debatten zu queerfeministischen Themen oder Perspektiven. Wir haben kein Interesse an kanonischen Meisterwerken oder philologischen Editionen, sondern wollen aktuelle Interventionen und eine radikale, bittersüße Kritik der Gesellschaft ermöglichen. Dabei bevorzugen wir die kleine und preiswerte Form für große und unbezahlbare Würfe: Bücher mit einem Thema und mehreren Texten und Bildern, in Form von Essays und Interviews, neuen Manifesten und historischen Dokumentationen, Intros und Outros – von Texten, die sich untereinander ergänzen, manchmal widersprechen und die Widerspruch provozieren wollen. Kitchen Politics will klare Analysen und leidenschaftliche Kritik, befreit von der Korsage akademischer Seminare. Unsere Bücher sind klein, aber manchmal auch schwer, weil die Verhältnisse, die wir überwinden wollen, schwer zu durchschauen sind. Wir nennen sie Heteronormativität, Kapitalismus oder Patriarchat. Sie selbst nennen sich Normalzustand. Unser sonstiges Bedürfnis nach Abgrenzung hält sich in Grenzen. Kitchen Politics ist Teil einer internationalen und antinationalen, queeren und feministischen linken Szene und ist es zugleich leid, dass sich dort zu viel um sich selbst dreht. Die Szene ist nicht der alleinige Schauplatz, sondern der soziale und intime Ort, von dem aus wir die Gesellschaft als ganze infrage stellen und angreifen – um sie zu sozialisieren und zu intimisieren. Kitchen Politics plant den Aufstand aus der Küche, dem Schlafzimmer, dem Straßenstrich, der Fabrik, der Agentur, der Bürozelle, dem Bibliotheksplatz. Unsere Bücher richten sich an Queers und Feminist_innen, Marxist_innen ohne Fahnen und Anarchist_innen in Anzügen, Bedfellows und Fuckbuddies mit Fragen, Frauen mit Bärten und Männer mit Problemen, Menschen ohne Geschlechter,
linke Theorie-Nerds, Patti Smith, Do It Yourself- und Do It Together-Revolutionär*innen, Transgender Rioters und Blumenkinder, neugierige Normale und alle, die uns kennen, verstehen oder kritisieren wollen. Das Herausgeber_innenkollektiv Kitchen Politics – Queerfeministische Interventionen Schreibt uns unter kitchen_politics@riseup.net
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Einleitung oder: Anleitung zum Aufstand aus der Küche We want and must say that we are all housewives, we are all prostitutes, and we are all gay, because as long as we accept these divisions, and think that we are something better, something different than a housewife, we accept the logic of the master Silvia Federici: Wages Against Housework, 1974.
Zum Auftakt unserer neuen Buchreihe Kitchen Politics – Queerfeministische Interventionen veröffentlichen wir drei Essays der US-amerikanisch-italienischen Autorin Silvia Federici. Damit erscheint ihre feministische Kritik der politischen Ökonomie erstmals in deutscher Sprache – zu einem Zeitpunkt, in dem der globale Kapitalismus sich in einer tiefgreifenden Krise befindet. Federici gelingt es, Verbindungslinien zwischen verschiedenen Formen von Gesellschaftskritik zu ziehen, und realisiert damit etwas, das uns mehr denn je von Bedeutung erscheint. Queerfeministische Kritik gewinnt an Konturschärfe und Schlagkraft, wenn sie die ökonomische Verfasstheit der Gesellschaft in den Blick nimmt – umgekehrt bleibt ein Antikapitalismus, der sich nicht mit sexuellen und geschlechtlichen Verhältnissen auseinandersetzt, notwendig unvollständig. Heteronormativität steht mit der kapitalistischen Arbeitsteilung ebenso in einem Zusammenhang wie die Funktionsweise des Kapitalismus mit der Genese und Stabilität der Sexualitäts- und Geschlechterverhältnisse. Diese Verbindungen sollte nicht außer Acht lassen, wer die Spaltungen der Herrschaft nicht reproduzieren will. Mit diesem Band wollen wir einen Beitrag zu einer Debatte leisten, die in den letzten Jahren in linken Zusammenhängen 6
im deutschsprachigen Raum erneut aufgegriffen wurde. Exemplarisch sei an dieser Stelle das Event zur queerfeministischen Ökonomiekritik genannt, das 2009 unter dem Titel Who Cares? in Berlin stattfand. Auch dort ging es darum auszuloten, was queerfeministische Theorie für eine Analyse des Kapitalismus leisten kann und wo die Verbindungslinien zu einer materialistischen Gesellschaftskritik liegen. Silvia Federicis Arbeiten sind für diese Diskussion im besonderen Maße produktiv, da sie ihre Thesen zu den Reproduktions- und Geschlechterverhältnissen der Gegenwart in enger Auseinandersetzung mit kapitalismuskritischen Diskussionen formuliert. Ihre Analysen verdeutlichen die Dringlichkeit, die zunehmende Monetarisierung und gleichzeitige Familiarisierung von gesellschaftlich notwendiger Reproduktionsarbeit, die aufs engste mit weiblicher Arbeitsmigration verknüpft ist, in den Fokus zu rücken. Obgleich bezahlte Haushaltshilfen, „Tagesmütter“ und Pflegekräfte zugenommen haben, werden nach wie vor große Teile der Reproduktionsarbeit unbezahlt geleistet. Allein in Deutschland werden zwei Drittel aller pflegebedürftigen Erwachsenen familiär und ohne Entlohung gepflegt. An den historischen und gegenwärtigen Texten von Federici lässt sich verfolgen, wie die historisch spezifischen Fragestellungen und politischen Strategien, die um die Existenz der fordistischen „Hausfrau“ und im weiteren Sinne um unbezahlte Reproduktionsarbeit kreisten, aktualisiert werden können, um der globalisierten Ökonomie des frühen 21. Jahrhunderts gerecht zu werden. Die Ausbreitung von weiblicher Lohnarbeit hat nur begrenzt zu einer veränderten geschlechtlichen Arbeitsteilung geführt. Die traditionelle „Arbeit aus Liebe“ wird – bezahlt oder unbezahlt – weiter hauptsächlich von weiblichen Menschen ausgeübt. Der für dieses Buch verfasste Hauptbeitrag Die Reproduktion der Arbeitskraft im globalen Kapitalismus formuliert eine feministische Analyse der Reproduktionsverhältnisse unter den Bedingungen der gegenwärtigen Globalisierung. Ähnlich wie David Harvey stellt Federici die Frage nach den globalen Konstitutionsbedingungen des Kapitalismus seit 1990 und diagnostiziert einen „neuen Imperialismus“ und eine „Akkumulation durch 7
Enteignung“.1 Beide Positionen beziehen sich auf den Marxschen Begriff der ursprünglichen Akkumulation, kritisieren aber die scheinbare Abgeschlossenheit der Konstitutionsbedingungen von Kapital und Arbeit bei Marx.2 Stattdessen betonen sie mit einem an Rosa Luxemburg anschließenden Verständnis von ursprünglicher Akkumulation die Unabgeschlossenheit bzw. Veränderlichkeit der konkreten kapitalistischen Staatengebilde und deren imperialistisches Verhältnis untereinander. Wo Harvey allerdings von veränderten Akkumulationsstrategien spricht, formuliert Federici eine feministische Analyse der „globalisierten“ Reproduktion der Ware Arbeitskraft. In dem Beitrag Der Feminismus und die Politik der Commons wird daran anschließend die aktuelle Krise als Krise der Reproduktionsverhältnisse thematisiert, aus der die Forderung nach einer Politik der Commons resultiert. Mit Bezug auf die Commons (Gemeingut) und die Occupy-Bewegung ergreift die Autorin Partei für eine Form von Vergesellschaftung, die sowohl eine Art Übergangsgemeinschaft darstellt als auch eine Kritik traditioneller Organisationsmodelle wie Partei oder sozialstaatlicher Reform beinhaltet. Im Unterschied zur skeptischen und vermeintlich überlegenen Distanz von Teilen der deutschen Linken zur Occupy-Bewegung versucht Federici auch politisch globale Verbindungslinien herzustellen und sich damit auf Kämpfe zu beziehen, die gegenwärtig stattfinden. Gegenüber den beiden aktuellen Analysen stellt der dritte Beitrag Counter-Planning from the Kitchen von 1975 ein historisches Dokument aus dem Umfeld der Kampagne „Lohn für Hausarbeit“ dar, der die gesellschaftliche Bedeutung von unbezahlter Reproduktionsarbeit und deren Abwertung sowohl in der bürgerlichen Gesellschaft als auch in der marxistischen Linken diskutiert. Dieses Manifest hat auch Jahrzehnte später nichts an Aktualität eingebüßt. Unsere Begeisterung für 1 Vgl. vor allem David Harvey, Der „neue“ Imperialismus: Akkumulation durch Enteignung, Supplement der Zeitschrift Sozialismus, Hamburg 2003 2 So stellt Harvey fest: „Marx allgemeine Theorie der Kapitalakkumulation basiert auf einigen maßgeblichen Annahmen, die sich im Großen und Ganzen mit der klassischen Politischen Ökonomie decken und die Prozesse ursprünglicher Akkumulation ausschließen.“ Harvey, ebd., 16
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Federicis Texte rührt nicht zuletzt aus ihrer Verknüpfung von verschiedenen Diskussionen und Generationen von politischen Theorien. Die Besonderheit von Federicis Positionen gegenüber etwa den deutschsprachigen Diskussionen liegt in ihrer Eingebundenheit in den Kontext des italienischen Operaismus. Der Operaismus entwickelt einen Begriff der Arbeit, der auf den Wünschen und Aktivitäten der Subjekte basiert. Das Kapitalverhältnis wird hier weniger als Struktur definiert, sondern durch permanent stattfindende Kämpfe, in denen die Initiative vom Proletariat ausgeht, während die kapitalistische Klasse gezwungen ist, darauf zu reagieren. In diesem Sinne interpretiert Federici die massive Zunahme von lohnarbeitenden Frauen als eine Flucht aus der Hausarbeit. Scheinbar unpolitische Praktiken können so als ein Teil eines politischen Kampfes begriffen werden, unabhängig davon, ob dies den Akteur_innen bewusst ist. Der operaistische Zugang verwandelt die Geschichte des Kapitalismus in eine Geschichte von Klassenkämpfen, die es zu entschlüsseln und zu gewinnen gilt. Damit wird eine progressive Perspektive aus den 1960er Jahren fortgesetzt, welche die Peripherie – das heißt Regionen, die den Kapitalismus nicht unter dem Vorzeichen der höchsten Produktivität kannten – als Zentrum begreift und die post- oder neokolonialen Kämpfe als relevanten Teil in der Konstitution von Klassenverhältnissen denkt. Neben der anhaltenden Diskussion der marxistischen Theorie im Allgemeinen und des Operaismus im Besonderen erscheint uns Federicis Ansatz zudem für die gegenwärtige Queer Theorie interessant zu sein – die reibungsvolle Langzeitbeziehung zwischen Marxist_innen und Feminist_innen erhält gewissermaßen die Einladung zu einer queeren ménage à trois. Im Vergleich zu den zahlreichen marxistischen Bezügen bleiben Federicis Korrespondenzen zu aktuellen queeren Debatten zumeist zwar nur implizit, jedoch alles andere als nebensächlich. Von den Anfängen der radikalen Lesben-, Schwulen- und Transgenderbewegungen in den 1960er und 70er Jahren bis zu den Queer Studies seit den 90ern bildete das komplexe Verhältnis zwischen kapitalistischen Verhältnissen und queeren 9
Lebensformen einen Gegenstand queerfeministischer Theorie und Politik.3 Spätestens seit der ökonomischen Entdeckung einer homosexuellen Mittelklasse, der neoliberalen Zerstörung öffentlicher Sexkulturen und schließlich dem Ausbruch der globalen Wirtschaftskrise stieg das Interesse an ökonomiekritischen Fragen noch einmal. So veröffentlichte die Zeitschrift GLQ 2012 ein Themenheft über Queer Studies and the Crisis of Capitalism, in dem Jordana Rosenberg und Amy Villarejo dafür plädieren, die „Verbindungen zwischen Sexualforschung und dem Erbe des Marxismus“ stärker in den Blick zu nehmen. In eine ähnliche Stoßrichtung argumentiert auch Tavia Nyong’o, wenn er die phantasmatische Vorstellung von stetem ökonomischen Wachstum mit der nach ewiger Liebe im Hafen der Ehe analog setzt: „Wir können nicht einfach die Ideologien der romantischen Liebe und der Ehegemeinschaft wegen ihrer Komplizenschaft mit dem zeitgenössischen Kapitalismus ablehnen. Es ist genau dieses Verhältnis einer Komplizenschaft, die den Kapitalismus (manchmal) überlebensfähig macht.“4 Die soziale Organisation der Reproduktion ist mit der Frage verknüpft, welche sexuellen Beziehungen eine Gesellschaft privilegiert. Die im globalen Norden zunehmende neoliberale Entsicherung der Reproduktionssphäre (Kürzung sozialstaatlicher Leistungen, Individualisierung von Pflege und Gesundheit etc.) führt zu einem verstärkten Bedürfnis nach reproduktiver Sicherheit, das sich an traditionellen Vorstellungen von heterosexuellen Familien- und Versorgungsarrangements orientiert. Daraus entsteht für uns die Frage, wie die gesellschaftlichen Reproduktionsverhältnisse eigentlich organisiert sein müssen, damit queerfeministische Lebensformen wünschbar und möglich werden. Aus dieser Perspektive werden die hartnäckigen Gerüchte über konsumfreudige Queers und ihre vermeintlich 3 Exemplarisch seien die Arbeiten von Linda Singer, Rosemary Hennessey, John D’Emilio, Kevin Floyd, Danae Clark, Michael Warner, Lisa Duggan, Renate Lorenz, Pauline Boudry, Brigitta Kuster, Antke Engel und Volker Woltersdorff genannt. 4 Jordana Rosenberg, Amy Villarejo und Tavia Nyong’o, zitiert nach: Queer Studies, Materialism, and Crisis. A Roundtable Discussion, in: GLQ, Jg. 18, Nr. 1, 2012, 129 und 132.
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neoliberale sexuelle Flexibilität sowie die diskursive Vermischung von männlicher Homosexualität und patriarchaler Homosozialität als Spaltungstendenzen dechiffrierbar, gegen die wir die Gemeinsamkeit der Kämpfe antikapitalistischer, feministischer und queerer Bewegungen setzen.5
Traditionslinien Blicken wir von hieraus zurück auf die Geschichte, so eröffnet sich eine reiche Traditionslinie feministischer Ökonomiekritik, an die wir anschließen können. Zu nennen wären hier etwa sozialistische und kommunistische Feministinnen wie Clara Zetkin oder Alexandra Kollontai, die anschließend an Friedrich Engels und August Bebel marxistische Analysen mit der Frage der Unterdrückung „der Frau“ verbanden. Während die proletarische Frauenbewegung Anfang des 20. Jahrhunderts – in Abgrenzung zu der bürgerlichen Variante – auf der Einheit von Feminismus und Marxismus unter Vormundschaft des letzteren beharrte, begann die sogenannte zweite Frauenbewegung nicht zuletzt die offene Politisierung der Widersprüche beider Paradigmen. Auch für die feministische Ökonomiekritik nach 1968 war die Marxsche Theorie stets ein fester Bezugspunkt – allerdings eher als übermächtige Vaterfigur, von der es sich abzugrenzen galt, um die eigene Perspektive überhaupt erst sichtbar machen zu können. Nachdem durch diese Abgrenzung eine autonome Frauenbewegung entstanden war, tauchte ein anderes Bild auf, welches das Verhältnis von Marxismus und Feminismus (oder von Feministinnen und Marxisten) in dieser Zeit beschreiben sollte: die „unglückliche Ehe“ (Heidi Hartmann), in der zwei Partner_innen aufeinander angewiesen und durch ein enges Band miteinander verknüpft sind, zugleich jedoch in ständigem Streit miteinander stehen, vor allem darüber, wer das letzte Wort haben sollte. Ob Marx dem sozialistischen Feminismus nun ein bewunderter und zugleich autoritärer Vater oder ein 5 Zu den gemeinsamen sexistischen Mechanismen von Gynophobie und Homophobie vgl. Craig Owens, Outlaws: Gay Men in Feminism, in: Beyond Recognition. Representation, Power, and Culture, Berkeley/Los Angeles 1992.
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brauchbarer und anstrengender Ehemann oder gar – fatherfucking (Peaches) – beides zusammen war – in all diesen Bildern klingt an, dass es sich um problematische Nahbeziehungen, zerstrittene Familienverhältnisse, enttäuschende Liebschaften handelt. Darin wird eine Ambivalenz anschaulich, die sich auf politischer Ebene bis heute nachvollziehen lässt. In ihr ging es vor allem auch um die Perspektive der Emanzipation. Während Zetkin und Kollontai davon ausgingen, dass die „Befreiung der Frau“ nur dadurch geschehen könne, dass sie Lohnarbeiter(in) werde und sämtliche als weiblich geltende (Haus-)Arbeiten nach dem männlich konnotierten Modell der proletarischen Fabrikarbeit reorganisiert würden, wurde die Norm dieser „Entwicklung“ in den 1970er Jahren in Frage gestellt. Dabei ergaben sich Bündnisse zwischen trikontinentalen und feministischen Kämpfen, indem die Kritik der Klassenzusammensetzung in der internationalen Arbeitsteilung auch auf die geschlechtliche Dimension ausgeweitet wurde. Mariarosa dalla Costa schrieb 1973: Die kapitalistische Planung [wie die realsozialistische, wäre hinzuzufügen] bietet der Dritten Welt an, ‚sich zu entwickeln‘: was bedeutet, neben der gegenwärtigen Hölle auch noch die Hölle der industriellen Konterrevolution zu erleiden. Den Frauen in der Metropole ist dieselbe ‚Hilfe’ angeboten worden.6
Diese Perspektive wurde in der deutschsprachigen Diskussion um feministische Ökonomiekritik vor allem vom sogenannten Bielefelder Ansatz übernommen und weiter entwickelt.7 Zen6 Mariarosa dalla Costa, Die Produktivität der Passivität. Die unbezahlte Sklaverei als Grundlage für die Produktivität der Lohnsklaverei, in: Jutta Menschik (Hg), Grundlagentexte zur Emanzipation der Frau, Köln 1976, S. 275-95, 294. 7 Allerdings haben die deutschen Theoretikerinnen die Argumentation verwässert und gewissermaßen ‚kolonisiert’. Was bei Dalla Costa als Solidaritätsverhältnis gedacht ist, das aus dem Trikont hervorging, wird bei ihnen umgekehrt: „Nicht die Frauen haben den Status von Kolonien, sondern die Kolonien haben den Status von Frauen. Oder: Das Verhältnis von ‚Erster’ und ‚Dritter’ Welt entspricht dem von Mann und Frau.“ (Werlhof, Claudia von: Frauenarbeit, Der blinde Fleck der politischen Ökonomie, in: Beiträge
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trale Protagonistinnen dieser Diskussion waren unter anderen Veronika Bennholdt-Thomsen, Maria Mies und Claudia von Werlhof (während Marxistinnen wie Ursula Beer und Frigga Haug die Debatte kritisch begleiteten). Wie es von Werlhof damals ausdrückte, galt die Suche nach dem „Kern der Frauenfrage“ zugleich dem „blinde(n) Fleck in der Kritik der politischen Ökonomie“, so der Titel eines Textes von 1978. Bennholdt-Thomsen argumentierte entsprechend: Die Hausfrau entsteht mit dem Bürger und dem Lohnarbeiter. Es handelt sich hierbei um ein grundlegendes und allgemeines kapitalistisches Produktionsverhältnis, das sich auch in der bäuerlichen Ökonomie der sogenannten Entwicklungsländer zusammen mit deren Verwandlung durch die kapitalistische Warenproduktion herstellt. […] Die Trennung in gesellschaftlich relevante öffentliche und mehrheitlich bezahlte Arbeiten auf der einen Seite (hauptsächlich Männer) und „irrelevante“ private, unbezahlte, an die unmittelbare Subsistenz geknüpfte auf der anderen (die Frauenarbeit wird hier nicht mehr als gesellschaftlich betrachtet) vollzieht sich erst mit der Verallgemeinerung von Warenproduktion und Lohnarbeit.8
Die Bedeutung der Reproduktionsarbeit für den Kapitalismus wurde in den 1970er Jahren in verschiedenen feministischen Debatten diskutiert. In diesem Zuge wurde auch die internationale „Lohn für Hausarbeit“-Kampagne bekannt, die von italienischen Feministinnen wie Mariarosa Dalla Costa begründet wurde und an der auch Federici maßgeblich beteiligt war. Letztere war eine der Mitbegründerinnen des International Feminist Collective, das diese Kampagne lancierte. Ähnlich wie für Dalla Costa war „Lohn für Hausarbeit“ für Federici keine konkrete realpolitische Forderung, sondern der Beginn eines Kampfes, mit dem Reproduktionsarbeit überhaupt erst als Arbeit sichtbar gemacht werden sollte. zur feministischen Theorie und Praxis, Heft 1, 1978, S. 18–32, 30.) 8 Veronika Bennholdt-Thomsen: Die stumme Auflehnung der Bauersfrauen, in: Maria Mies/Claudia v. Werlhof/ Veronika Bennholdt Thomsen: Frauen, die letzte Kolonie. Zur Hausfrauisierung der Arbeit, Reinbek 1988, S. 48.
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Seit Marx ist es klar, daß das Kapital durch den Lohn herrscht und sich entwickelt, d.h. daß die Grundlage der kapitalistischen Gesellschaft der Lohnarbeiter ist und seine direkte Ausbeutung. Von den Organisationen der Arbeiterbewegung ist niemals erkannt, noch jemals in ihre Überlegungen einbezogen worden, daß gerade durch den Lohn die Ausbeutung der Nicht–Lohnarbeiter organisiert wird. Diese Form der Ausbeutung war noch effektiver, weil das Fehlen eines Lohns sie verschleierte […]. Die Frauenarbeit erscheint daher als persönliche Dienstleistung außerhalb des Kapitals.9
Die Forderung „Lohn für Hausarbeit“ richtete sich keineswegs nur oder in erster Linie an die bürgerliche Öffentlichkeit, sondern war vor allem eine Intervention in eine marxistisch geprägte, innerlinke Debatte. Dabei ging es darum, die Reproduktion der Ware Arbeitskraft als Bestandteil kapitalistischer Akkumulation zu diskutieren. „Lohn für Hausarbeit“ war deshalb auch eine Infragestellung des politischen Subjekts, das in der kommunistischen Linken explizit oder implizit mit dem männlichen Lohnarbeiter gleichgesetzt wurde. Die Linke hat den Lohn als das Kriterium akzeptiert, anhand dessen die Arbeit von der Nicht-Arbeit, die Produktion vom Parasitismus und die potentielle Macht von der Machtlosigkeit zu unterscheiden sind. Damit entzieht sich die ungeheure Menge nicht entlohnter Arbeit, die Frauen im Haushalt für das Kapital leisten, ihren Analysen und ihrer Strategie. […] Im Namen des „Klassenkampfes“ und des „gemeinsamen Interesses der Arbeiterklasse“ hat die Linke stets bestimmte Sektoren der Arbeiter_innenklasse zu revolutionären Subjekten erklärt und andere zu einer bloßen Nebenrolle innerhalb der von diesen Sektoren geführten Kämpfe verurteilt. Damit hat die Linke in ihren organisatorischen und strategischen Zielen eben die Klassenspaltungen reproduziert, die für die kapitalistische Arbeitsteilung charakteristisch sind.10
9 Mariarosa Dalla Costa, Frauen und der Umsturz der Gesellschaft. Berlin 1973, S. 7. 10 Silvia Federici, Counter-Planning from the Kitchen, in diesem Band.
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Auch Federicis Ziel war es, die gesamte politische Strategie und den Begriff des Kampfes umzukehren und zu verändern. Ausgehend von der Kritik, dass familiäre Reproduktionsarbeit in der bürgerlichen Gesellschaft als Liebe und deshalb gleichzeitig als naturwüchsig „weiblich“ gekennzeichnet wurde, galt es, Reproduktionsarbeit und damit „Frauenarbeit“ als Bestandteil einer kapitalistischen Arbeitsteilung und damit als Klassenkampf zu thematisieren. „Verweigerung“ als Federicis zentraler Begriff der 1970er Jahre zielte damit auf zweierlei: erstens darauf, einen anderen Kampfbegriff zu entwickeln, der aus einer Analyse der heterogenen Klassenzusammensetzung erwächst. Dies implizierte einen Abschied von einer Linken, die den marginalisierten Gruppen stets nur die Integration in die Arbeit anempfohlen hatte. Die Veränderung des Kampfbegriffes liegt deshalb zweitens darin, Arbeit zu verweigern, statt ihre Bedingungen zu verbessern. Der Kampf gegen die Arbeit war damit zugleich ein Kampf gegen das Geschlecht. Lohn für Hausarbeit sollte anstelle von Lohnarbeit treten und damit Zeit für politische Arbeit schaffen, die, wie Dalla Costa formuliert, zugleich aus dem Gefängnis weiblicher Identität befreien kann: Das Problem bleibt also, Kampfformen zu erproben, […] die sofort die gesamte Struktur der Hausarbeit in Frage stellen, durch die wir diese Arbeit unmittelbar verweigern, uns als Hausfrauen verweigern und das Haus als Ghetto unserer Existenz verweigern; denn das Problem ist nicht so sehr und nicht ausschließlich, diese ganze Arbeit hinzuschmeißen, sondern die gesamte Hausfrauenrolle zu zerstören.11
Es ging darum, die Bedeutung der geschlechtlich segregierten Arbeitsteilung innerhalb der kapitalistischen Vergesellschaftung 11 Mariarosa Dalla Costa, Die Produktivität der Passivität, S. 279. An gleicher Stelle schreibt Dalla Costa weiter: „Das Verhältnis von Zeit-fürHausarbeit und Zeit-frei-von-Hausarbeit muss sofort umgestürzt werden: es ist nicht nötig, Betttücher und Gardinen zu bügeln, glänzende Fußböden zu haben, jeden Tag Staub zu wischen. Und doch tun das viele Frauen. Offensichtlich nicht, weil sie dumm sind, sondern weil sie nur in jenen Arbeiten ihre Identität verwirklichen können, seit die kapitalistische Produktion sie faktisch vom Prozess der gesellschaftlich organisierten Produktion abgeschnitten hat“.
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zu skandalisieren. Zentral ist damit die gleichzeitige Ablehnung von Reproduktionsarbeit und von Lohnarbeit, die sich auch noch in Federicis aktuellen Texten wiederfindet: Der Weg zur Befreiung [kann] nicht darin bestehen, um Lohnarbeit zu kämpfen, oder darum, „sich der Arbeiterklasse am Arbeitsplatz anschließen“ zu können, wie marxistische Feministinnen bisweilen formuliert haben. Lohnarbeit mag eine Notwendigkeit sein, sie kann aber keine politische Strategie sein.12
Wie diese doppelte Ablehnung von Arbeit letztlich mit der Forderung nach „Lohn für Hausarbeit“ zusammenpassen soll, bleibt vielleicht einer der nicht ganz aufzulösenden Widersprüche der Kampagne, die nichtsdestotrotz als bedeutendes Diskussionsforum für eine feministische Ökonomiekritik fungierte. Deren Ambivalenzen blieben den Protagonistinnen selbst nicht verborgen: Die Herausforderung der Frauenbewegung liegt darin, Kampfformen zu finden, die, während sie die Frau vom Haus befreien, auf der einen Seite eine doppelte Knechtschaft der Frau vermeiden und auf der anderen Seite eine weitere Stufe der Kontrolle und Disziplinierung durch das Kapital verhindern. Das ist für die Frauenbewegung letztlich die Trennungslinie zwischen Reformismus und revolutionärer Politik.13
Alte und neue Texte Theorien entstehen oder reagieren wie politische Bewegungen auf gesellschaftliche Verhältnisse, die sie reflektieren und verändern wollen. Diese Historizität sichtbar zu machen, bedeutet nicht, der Gegenwart den (theoretischen) Sieg über das Vergangene zu attestieren. Im Gegenteil, die Reflexion der Geschichte der politischen Bewegungen ist für uns der Versuch einer Aktualisierung der relevanten Fragestellungen für heute. Sich selbst in Bezug zu einer Geschichte zu wissen, bedeutet 12 Siehe „Die Reproduktion der Arbeitskraft im globalen Kapitalismus“ in diesem Band. 13 Mariarosa Dalla Costa, Die Produktivität der Passivität, 295.
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zumindest potenziell, nicht immer wieder das Rad neu erfinden zu müssen, sondern auf bestimmten Erfahrungen, Erkenntnissen und Kritiken aufbauen zu können. Die Lektüre gerade der frühen Texte Federicis verdeutlicht, wie klar bestimmte queerfeministische Kritiken bereits in den 1970er Jahren formuliert werden konnten. So steht beispielsweise in Counter-Planning from the kitchen, ein Text, der in diesem Band ebenfalls erstmals ins Deutsche übersetzt wurde: Es gehört zum Wesen kapitalistischer Ideologie, die Familie als „private Welt“ zu glorifizieren, als letzten Freiraum, wo Männer und Frauen ihre „Seelen am Leben erhalten“, und es ist auch kein Wunder, dass sich diese Ideologie heute, in Zeiten der „Krise“, der „Austerität“ und der „Not“, bei den kapitalistischen Planern neuer Beliebtheit erfreut. […] Diese Ideologie, die die Familie (oder die Community) der Fabrik entgegenstellt, so wie sie auch das Private dem Öffentlichen und die produktive der unproduktiven Arbeit entgegenstellt, ist funktional für unsere Versklavung an den Haushalt, die in Abwesenheit eines Lohnes stets als Akt der Liebe erschienen ist. Diese Ideologie ist tief in der kapitalistischen Arbeitsteilung verankert, wie sie in der Organisation der Kernfamilie mit am deutlichsten zum Ausdruck kommt. Die Art und Weise, auf die das Lohnverhältnis die soziale Funktion der Familie mystifiziert hat, verlängert den Mechanismus, durch den das Kapital die Lohnarbeit und die Unterordnung unserer gesellschaftlichen Beziehungen unter den „Cash Nexus“ betrieben hat.
Und 1975 leitete Federici ihren pogrammatischen Text Lohn für Hausarbeit mit folgenden Worten ein: Sie nennen es Liebe. Wir nennen es unbezahlte Arbeit. Sie nennen es Frigidität. Wir nennen es Schwänzen. Jede Fehlgeburt ist ein Arbeitsunfall. Homosexualität und Heterosexualität sind beides Arbeitsbedingungen […]
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aber die Homosexualität ist Arbeiterkontrolle über die Produktion, nicht das Ende der Arbeit.14
Mit einer queerfeministischen Perspektive teilen diese Texte von Federici zwei zentrale Erkenntnisse: Erstens, dass Geschlecht nicht Ausdruck von Natur, sondern eines sozialen Herrschaftsverhältnisses ist, in dem es beständig neu reproduziert werden muss; zweitens, dass auch Sexualität und Liebe keine universellen vorgesellschaftlichen Wahrheiten repräsentieren, sondern umkämpfte Terrains darstellen. Dementsprechend beschreibt Federici 1975 das Ziel der Kampagne „Lohn für Hausarbeit“ als Denaturalisierung und Desidentifikation: Es ist die Forderung, durch die unsere Natur endet und unser Kampf beginnt; denn Lohn für Hausarbeit zu verlangen, bedeutet, diese Arbeit als Ausdruck unserer Natur abzulehnen und damit eben die Rolle abzulehnen, die der Kapitalismus für uns erfunden hat.15
Während Natur als Ideologie enttarnt wird, die den gesellschaftlichen Charakter des Geschlechts im Allgemeinen, den Arbeitscharakter weiblicher Tätigkeit im Besonderen verschleiert, wird die Wirklichkeit des Geschlechts zugleich als beständiger und mühsamer Herstellungsprozess entschleiert, der zudem immer fehlerhaft bleibt: Wie natürlich es ist, eine Hausfrau zu sein, zeigt sich daran, dass es mindestens 20 Jahre Sozialisation braucht, ein tagtägliches, von einer unbezahlten Mutter durchgeführtes Training, um eine Frau für diese Rolle vorzubereiten und sie davon zu überzeugen, dass Kinder und ein Ehemann das Beste sind, was sie vom Leben erwarten kann. Dennoch gelingt es kaum: Egal wie gut wir trainiert wurden – nur wenige Frauen fühlen sich nicht betrogen, wenn
14 Silvia Federici, Wages Against Housework, in: Revolution at Point Zero. Housework, Reproduction and Feminist Struggle, Common Notions 2012, S. 14. 15 Ebd. S. 16.
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der Hochzeitstag vorbei ist und sie sich vor einer schmutzigen Spüle wieder finden.16
Diese Formulierungen erinnern sehr an jene für den Queerfeminismus so zentralen Begriffe Judith Butlers, welche die Natur des Geschlechts (Sein) als Effekt eines an Normen ausgerichteten Prozesses performativer Wiederholung (Tun) entziffern, der gerade weil er nie zur Ruhe kommen kann immer auch anfällig für Fehler und damit offen für Subversion bleibt. Queerfeministische Theorien unterschiedlicher Art haben die frühere Analyse materialistischer Feministinnen weiter vertieft, indem sie auch das biologische Geschlecht denaturalisierten und zeigten, dass auch der materielle Körper nicht frei von Normen ist. Schwarze und lesbische Feministinnen haben zudem auf die Diversität und Widersprüchlichkeit dieser Normen hingewiesen. Doch zur gleichen Zeit ist in dieser Weiterentwicklung auch ein Wissen um den weiteren gesellschaftlichen Entstehungskontext dieser Normen verloren gegangen, ein Wissen um den Zusammenhang mit den ökonomischen Verhältnissen der Reproduktion. Und genau dieser Zusammenhang wurde von den materialistischen Feministinnen der 1970er Jahre zwar vereinfachend aber deutlich formuliert: Dieser Betrug, der unter dem Namen Liebe und Heirat zeichnet, geht uns alle an – auch, wenn wir nicht verheiratet sind. Denn von dem Zeitpunkt an, da Hausarbeit vollständig naturalisiert und sexualisiert ist und zu einem weiblichen Attribut wird, werden wir alle als Frauen dadurch charakterisiert. Wenn es natürlich ist, bestimmte Dinge zu tun, dann wird von allen Frauen erwartet, sie zu tun und dies sogar zu mögen.17
Geschlecht – darin sind sich queerer und materialistischer Feminismus einig – ist nicht natürlich. Geschlecht wird gemacht. Aber dieses ‚machen‘ (doing) – das ist die materialistische Ergänzung – ist zugleich ein ‚arbeiten‘ (working) in einem engeren Sinn. Es folgt den Anforderungen binärer Arbeitsverhältnisse, 16 Ebd. S. 15. 17 Ebd. S. 16.
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die sich in reproduktive und produktive, in Hausarbeit und Außerhausarbeit teilen. Was wir als Geschlechtscharaktere (Karin Hausen) kennen, lässt sich als Subjektivierung einer geschlechtlichen Arbeitsteilung rekonstruieren. Emotionalität und Rationalität, Empfindsamkeit und Härte, Beziehungsund Sachbezogenheit usw. sind Erfordernisse spezifisch ausdifferenzierter Arbeitsbereiche. Die geschlechtlichen Normen, deren performative Wiederholung vergeschlechtlichte Subjekte hervorbringt, entsprechen den Anforderungen der heterosexistischen Arbeitsteilung kapitalistischer Gesellschaften. Aus Perspektive eines materialistischen Feminismus ist die Geschlechternorm so nichts anderes als das Qualifikationsprofil einer Stellenausschreibung; die geschlechtliche Sozialisation eine Berufsausbildung. In diesem Sinne kann Silvia Federici schlussfolgern, dass alle ‚Frauen‘ nach dem Bilde der Hausfrau geschaffen sind (alle ‚Männer‘ entsprechend nach ihrem Gegenbild, dem Außerhausmann). Insofern Geschlechter- und Arbeitsperformance einander überblenden, kann ein materialistischer Queerfeminismus schlussfolgern, dass die Kritik von Geschlechterverhältnissen auch den Widerstand gegen Arbeitsverhältnisse (und ihre Teilung) mit einschließt. Die Parole Undoing Gender beinhaltet somit zugleich die Aufforderung zur Arbeitsniederlegung: Genderstrike. Kitchen Politics – Queerfeministische Interventionen (Bini Adamczak, Mike Laufenberg, Felicita Reuschling, Sarah Speck, Chris Tedjasukmana)
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Infogruppe Bankrott (Hg.)
Occupy Anarchy!
Libertäre Interventionen in eine neue Bewegung 160 Seiten, 9.80 Euro ISBN 978-3-942885-26-3 Mit diesem Buch sind erstmals auf Deutsch ausgewählte Diskussionstexte der US-amerikanischen Occupy-Bewegung verfügbar. Mit Beiträgen u.a. von: Judith Butler, Mike Davis, David Graeber, Gayatri Chakravorty Spivak sowie aus den Projekten Bureau of Public Secrets, Insurgent Notes und Team Colours Collective.
kollektiv sternchen & steine
Begegnungen auf der Trans*fläche
– reflektiert 76 Momente des transnormalen Alltags 128 Seiten, 9.80 Euro ISBN 978-3-942885-12-6 Der Zwang, sich 1nem von 2 Geschlechtern zuordnen zu müssen, bringt reichlich groteske Situationen hervor.
Bini Adamczak
gestern morgen Über die Einsamkeit kommunistischer Gespenster und die Rekonstruktion der Zukunft 2. überarbeitete Auflage 160 Seiten, 12 Euro ISBN 978-3-942885-08-9
„Eine fesselnde Lektüre, die man auch auf dem Sofa und nicht nur fleißig mitexzerpierend am Schreibtisch lesen kann. Ein Kompliment, das man den meisten historischen Arbeiten mit all ihren Sammelfußnoten sicherlich nicht machen kann.“ Jessica Zeller, Gespenster revisited, Jungle World “Dieses Buch sollte man lesen.” Kerstin Stakemeier, testcard bzw. konkret „Den Glauben, die Hoffnungen, Enttäuschungen, Wünsche und Träume – den Zeitgeist – einer Generation ermordeter KommunistInnen macht Adamczak (aus dem Stoff autobiografischer Romane und Erzählungen) in brillanter Weise lebendig.“ Andreas Kranebitter, die Linke.at „Bini Adamczak birgt die Toten des Kommunismus, um ihn neu zu finden.“ Peter Nowak, ND, 12.12.2008 “Ihr Ziel dabei ist, festzumachen, ob es einen Punkt gibt, an dem die Konterrevolution gesiegt hat. Als solche mag die Autorin jene Kräfte verstanden wissen, die den Weg zu einem totalitären Regime geebnet und die progressiven Elemente vernichtet haben. Ihr Vorhaben ist zugleich Trauerarbeit am Kommunismus wie auch die Suche nach dem, was ihn eigentlich ausmacht, um ihn von neuem aufgreifen zu können.” unique 01/08 „Bini Adamczaks Stalinismuskritik auf der Höhe der Zeit.“ Matthias Becker, Trauerarbeit, jw 8,12.2008 “Der Essay ‚Gestern Morgen’ von Bini Adamczak, der zu dem intelligentesten und sprachlich eindringlichsten gehört, was die radikale Linke seit Jahren produziert hat, geht dem Scheitern, dem Traum und den Traumata des roten Oktober auf den Grund, indem, den Faden von hinten aufnehmend, der imaginäre Ur-Sprung des Scheiterns der kommunistischen Emanzipation eruiert wird.” Hendrik Wallat: Kommunistische Trauerarbeit. rote-ruhr-uni.
P. Dimitrova, E. Egermann, T. Holert, J. Kastner, J. Schaffer
Regime
Wie Dominanz organisiert und Ausdruck formalisiert wird 128 Seiten, 16,80 Euro ISBN 978-3-942885-11-9 Wie kann der Begriff des Regimes dazu beitragen, die Komplexität von Herrschaft besser zu verstehen?
Hendrik Wallat
Staat oder Revolution
Aspekte und Probleme linker Bolschewismuskritik Hardcover, 288 Seiten, 29,80 Euro ISBN 978-3-942885-17-1 Im Mittelpunkt steht die Darstellung zentraler theoretischer Kritiken von links an Lenin und seinen Genoss*innen: Trotzki, Luxemburg, Gorter, Pannekoek, Rühle, Rocker, Goldman, Steinberg, Korsch, Weil und viele weitere kommen zu Wort. Christian Baron / Britta Steinwachs
Faul, Frech, Dreist
Die Diskriminierung von Erwerbslosigkeit durch BILD-Leser*innen Kritische Wissenschaften – Klassismus 128 Seiten, 14,80 Euro ISBN 978-3-942885-18-8 Die Strategie des Blattes besteht in der Überzeichnung von klassistischen Grundhaltungen, die bestehende Vorurteile über Erwerbslose bedient.
Queen of the Neighbourhood Collective
Revolutionäre Frauen Biografien und Stencils Aus dem Englischen übersetzt von Sebastian Kalicha farb. Broschur, 128 Seiten, 30 Abb., 12,80 Euro ISBN 978-3-942885-05-8
Das Queen of the Neighbourhood Collective versorgt die nach revolutionären Stencils hungrigen Straßen mit neuem feministischen Glanz und macht sich über die Che-Effekte in der westlichen Kulturindustrie lustig. In Schrift und Bild portraitiert werden dreißig Aktivistinnen, Anarchistinnen, Feministinnen, Freiheitskämpferinnen und Visionärinnen: Harriet Tubman, Louise Michel, Vera Zasulich, Emma Goldman, Qiu Jin, Nora Connolly O’Brien, Lucia Sanchez Saornil, Angela Davis, Leila Khaled, Comandante Ramona, Phoolan Devi, Ani Pachen, Anna Mae Aquash, Hannie Schaft, Rosa Luxemburg, Brigitte Mohnhaupt, Lolita Lebron, Djamila Bouhired, Malalai Joya, Vandana Shiva, Olive Morris, Assata Shakur, Sylvia Rivera, Haydée Santamaría, Marie Equi, Mother Jones, Doria Shafik, Ondina Peteani, Whina Cooper und Lucy Parsons. Gesamtpaket Revolutionäre Frauen Je 1 x das Buch (12,80 €), eine Stencil-Card je Motiv (11 x je 0,90 €) und zwei Poster (2 x je 4,80€) inklusive Versand im Inland (1 x 4,90€): Gesamtpreis 37,20 Euro Nur für Direktbesteller*innen: info@edition-assemblage.de
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