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Joanna Wozny
Frei von im Vorhinein festgelegten Konzepten wohnt dem Schaffen von Joanna Wozny äußerste Präzision inne, die sich im Reichtum der Klangfarben ebenso wie im Umgang mit ihnen zeigt. Ihren Interpret*innen verlangt sie dabei oftmals nahezu Unmögliches ab, doch gerade in diesen gescheiterten Realisierungen etwa eines Multiphonic-Klangs oder Tönen in höchsten Lagen liegt für sie der Reiz begründet. Nach wiederholter Vorstellung entwickelt sie den weiteren Verlauf in feinen Veränderungen des Ausgangsmaterials und tastet sich so erneut an das bereits Gehörte heran, um es aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten zu können. Aus diesen rein musikalischen Überlegungen schafft Wozny stringente Werke, die oft von fein ziselierten Tönen an der Schwelle der Hörbarkeit geprägt sind, aber ebenso geballte, wenn auch durch die „Unmöglichkeit der Realisierung“ gebundene Energie entwickeln.
like little ... sunderings (2016) [AUFNAHME] (link) für Flöte, Klarinette, Saxophon, Klavier, Violine, Violoncello, Kontrabass, Zuspielungen UA: 20.05.2016, tage neuer musik graz, Schallfeld Ensemble
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like little ... sunderings wurde 2016 für die tage neuer musik graz komponiert, die unter dem Motto „Musik und Sprache“ standen. Das Stück beschäftigt sich u.a. mit dem akustischen Erscheinungsbild von Sprache, das auf zwei Klangebenen entfaltet wird: 1. elektronische Transformation der Sprachanteile (Filterung, Verzerrung) Sprache als Geräusch 2. geflüsterte Sprache, reduziert zu einzelnen Zischlauten, „aufgelöst“ im tief gefilterten weißen Rauschen der Elektronik Geräusch als (mögliche) Sprache
Die elektronische Zuspielung dient dabei als klanglicher Verknüpfungspunkt der beiden Bereiche, indem es sowohl als Träger bzw. Hintergrund der stark verfremdeten Sprachmomente fungiert, als auch einen Bestandteil der Klänge selbst bildet.
Inside Piece (2019) für Klavier zu vier Händen UA: 18.11.2019, Festival „Wien Modern“, Mathilde Hoursiangou u.a. (Klavier)
Inside-Piece für Klavier zu vier Händen entstand 2019 für das von Mathilde Hoursiangou initiierte Projekt „Saiten-Tasten“. Vorgabe war eine Studie mit „Innenraum-Klängen“ des Klaviers. In meinem Stück habe ich versucht, eine möglichst große klangliche Vielfalt zu erzielen: zum einen durch Variation in der Klangerzeugung, zum anderen durch starke Differenzierung der Ereignisse in Hinblick auf Ihre Dauer, Dynamik, den Kontext ihres Auftretens (einzeln oder in Gruppe/n) und ihren Geräuschanteil. Dem Disparaten wird ein Prinzip der Periodizität entgegengestellt.
Lacunae (2015) für fünf Stimmen UA: 24.04.2015, Wittener Tage für neue Kammermusik, Neue Vocalsolisten Stuttgart
Lacunae ... Lückenhaftigkeit, Auslassung Semantik als EINE der möglichen Ausformungen der Sprache.
Die menschliche Stimme enthoben ihres humanen Zusammenhangs –als Artefakt, „Dekoration“ (sofern möglich).
Ein Zeichen hebt sich von der Oberfläche ab durch seine Gestalt, die meist semantisch verknüpft ist.
Fragmentarisierung, kein Anspruch auf Unbedingtheit; Pluralität möglicher Welten. Das Unvollständige als Bedeutungsträger lässt mehrere Ebenen des Verständnisses zu, da das Offene mehr Assoziationen hervorruft als das Geschlossene, klar Abgegrenzte.
Zergliederung der Sprache bis hin zu einzelnen Lauten
„Die gesprochene, hin auf Einzelteile gesprochene Schrift. Die Schrift –Die Heilung“ (Thomas Kling)