1 minute read
Ørjan Matre
Ørjan Matre (*1979) studierte Komposition bei Bjørn Kruse, Lasse Thoresen, Olav Anton Thommessen und Henrik Hellstenius an der Norwegischen Musikhochschule in Oslo. Von 2006 bis 2008 war er Composer-in-Residence beim Sinfonieorchester Kristiansand und die Osloer Philharmoniker widmeten ihm in der Spielzeit 2012/13 eine Reihe von Portraitkonzerten. Von seiner künstlerisch eigenständigen Stellung im norwegischen Musikleben zeugen zahlreiche Kompositionsaufträge von renommierten Solisten, Ensembles und Orchestern.
Matre gehört zu einer Generation von norwegischen Komponisten, die schon zu Beginn ihrer Laufbahn große Orchesterbesetzungen für sich entdeckten und erschlossen. Seinen Durchbruch hatte er mit den Vier Miniaturen für Orchester – einer kompositorischen Auseinandersetzung mit dem Spannungsverhältnis zwischen Orchestermusik und der Form der Miniatur, die in der kurzen Geschichte der norwegischen Kunstmusik eine wichtige Stellung einnimmt.
Advertisement
Die Instrumentierung von Atem für Sinfonietta (2007) erinnert entfernt an Gérard Pesson oder das Spätwerk von Gérard Grisey. Wenn Matre andere Werke zitiert, geschieht dies oft in Form von flüchtigen Reminiszenzen – präzise, aber gleichzeitig so behutsam und subtil, dass sie wie Zufallsprodukte erscheinen.
Das Konzept von Händel Mixtapes (2008) basiert auf Zitaten aus Händels Musik, die in Form von (echten oder klanglich nachempfundenen) Samples erklingen, dabei aber immer stärker von Matres orchestralen Zusätzen verfremdet werden. Einen anderen Weg der Sampling-Technik beschreitet er in …but I must have said this before (2010) für Posaune und Ensemble, das eigene Werke des Komponisten zitiert und 2015 vom Ensemble Ernst eingespielt wurde.
In Ørjan Matres Klarinettenkonzert Inside Out (2010) sind deutlich umrissene Elemente hörbar, die auf Atem Bezug nehmen, doch erscheinen sie hier mit größerer Klangfülle und in einem filigranen, durchhörbaren Orchestersatz. Für dieses Werk, von dem 2012 eine Aufnahme mit dem Philharmonischen Orchester Bergen und Rolf Borch (Klarinette) entstand, erhielt Matre den EdvardPreis der Autorengesellschaft TONO.
Ein Ergebnis der Zusammenarbeit mit den Osloer Philharmonikern war das groß angelegte und 2017 eingespielte Konzert für Orchester (2014), in dem das frühere Werk preSage (2013) – ebenfalls für die Philharmoniker komponiert – mit Auszügen aus dem Violinkonzert (2014) verwoben und zu einem mehrsätzigen, abendfüllenden Werk erweitert wird. Umfang und Spieldauer des Stücks führen dabei den Gattungsbegriff „Konzert“ an seine Grenzen, doch auch diesen anspruchsvollen konzeptionellen Ansatz setzt Matre kompositorisch versiert um.
Mit raffinierten Satzstrukturen und gewagten Klangkombinationen sowie durch Verwendung von Zitaten, Instrumenten und Spieltechniken, die etablierte Hörgewohnheiten aufbrechen, stellt Matre sein eigenes Können immer wieder auf die Probe. Gerade die dabei ersichtliche Gewissenhaftigkeit ist es jedoch, die ihm häufige Folgeaufführungen seiner Werke und ein wachsendes internationales Publikum bescheren.