L&D-REPORT 2019
BENCHMARK: WO STEHT IHRE PERSONALENTWICKLUNG?
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LIEBE LESERIN, LIEBER LESER, Sie feiern gerade mit uns eine Premiere: Vor sich haben Sie die erste Ausgabe unseres L&D-Reports – ein Benchmark für alle, die im Bereich Personalentwicklung tätig sind, ihre Tätigkeit lieben, im Arbeitsalltag mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert werden, Neues wagen und daran glauben, dass Unternehmen und Organisationen vor allem dann zukunftsträchtig sind, wenn sie in die Entwicklung ihrer Mitarbeiter investieren. Wir von kursfinder.de wissen, dass Personalentwickler und Personaler einen bedeutenden Anteil der Nutzer unseres Portals ausmachen. Sie suchen tagtäglich bei uns nach passenden Kursen und Inhouse-Schulungen für ihre Kollegen. Sie rufen uns an, wenn sie Unterstützung beim Finden der richtigen Weiterbildung brauchen. Wir kommunizieren via E-Mail mit ihnen und helfen mit Tipps aus. Im Austausch erfahren wir immer wieder, womit Sie als Personalentwickler zu tun haben. Wir merken, wie wichtig Ihr Job ist, wie schwer er aber manchmal auch sein kann. Wir sehen, wie hoch manche Hürden sind, und spüren, wie groß Ihr Wille ist, diese dennoch zu meistern. Das Herzblut, das Sie tagtäglich in Ihr Unternehmen oder Ihre Organisation stecken, um eine Lernkultur zu fördern und zu etablieren, ist beeindruckend – und war für uns ausschlaggebend für diesen Report. Uns interessierte: Was haben gut funktionierende PE-Abteilungen gemeinsam? Was lässt sich von ihnen abschauen? Wie gehen sie mit Herausforderungen um? Was können wir für alle in der Personalentwicklung Tätigen tun, um ihnen im Alltag Unterstützung zu bieten? Wir haben uns bei Personalentwicklern umgehört, sie angesprochen und befragt. In unseren Umfrageergebnissen sind wir auf interessante Zusammenhänge zwischen erfolgreicher Lernkultur und Parametern wie Mitarbeiterzufriedenheit und Haltung des Managements gestoßen. Wir haben gesehen, wie kreativ deutsche Personalentwicklungsabteilungen werden, wenn das Budget knapp ist. Und wir haben festgestellt, dass es gar nicht so leicht ist, Erfolgsfaktoren für eine Entwicklungsmaßnahme heranzuziehen. All das und noch mehr erfahren Sie in den Ergebnissen unserer Umfrage ab Seite 11. Die Kernaussagen unserer Befragung haben wir für Sie auf den Seiten 32 und 33 zusammengefasst. Darüber hinaus haben wir uns mit Personalentwicklern unterhalten, die bereits erfolgreich eine Lernkultur in ihrem Unternehmen etabliert haben und diese
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weiter ausbauen. Wir hoffen, dass Ihnen diese Best-Practises Inspirationen liefern und zeigen, dass Sie auf einem guten Weg sind. Vielen Dank an dieser Stelle an alle PE-Experten, die sich die Zeit genommen haben, um ihr Wissen mit uns und somit auch mit Ihnen zu teilen. Wir hoffen, dass Sie aus unserem L&D-Report ein bisschen etwas für Ihre Arbeit mitnehmen können und freuen uns über Anregungen und Feedback. Viel Spaß beim Stöbern und Lesen!
Vanessa Schäfer Redakteurin
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INHALT 05 I NDIVIDUALITÄT + WEITERBILDUNG = UNTERNEHMENSERFOLG
Personalentwickler gewähren Einblicke in ihre Lernkulturen
11 B ENCHMARK: L&D-UMFRAGE 2019 – DIE ERGEBNISSE
Profis aus den Personalentwicklungsabteilungen berichten über ihre Weiterbildungsbudgets, Herausforderungen und Mitarbeiterzufriedenheit
34 W O HÄNGT DIE MESSLATTE FÜR WEITERBILDUNG? RoI, Feedback, Vergleiche: Wie Unternehmen Trainingserfolge bewerten
37 AUSBILDUNG, FERTIG, LOS!
Fachkräftesicherung – die Rolle von Azubis in der Personalentwicklung
40 W ISSENSVERMITTLUNG VON MITARBEITERN FÜR MITARBEITER Social Learning hat viele Facetten – ein Blick hinter die Kulissen
44 LEARNING AT WORK WEEK: PERSONALENTWICKLUNG MIT MODERNEN METHODEN Ihr Weg zur innovativen Lernkultur
47 Ü BER UNS / IMPRESSUM kursfinder.de stellt sich vor
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INDIVIDUALITÄT + WEITERBILDUNG = UNTERNEHMENSERFOLG
Personalentwickler gewähren Einblicke in ihre Lernkulturen
Der Schlüssel für Unternehmenserfolg hat einen Namen: Lernkultur. Lebenslanges Lernen ist zum Credo geworden ist. Mit Weiterbildungen werben Unternehmen und Organisationen in ihren Stellenanzeigen. Die Frage nach Entwicklungsmöglichkeiten gehört oft zu den ersten, die in Vorstellungsgesprächen fallen. Welches Seminar die persönliche Karriere voranbringen kann, spielt im Mitarbeitergespräch eine Rolle. Der Begriff „Lernkultur” sollte eigentlich im Leitbild jedes Unternehmens und jeder Organisation auftauchen – und doch bezeichnen gerade einmal 6 von 10 Personalentwickler ihre Un-
ternehmenskultur als eine Kultur des Lernens. Hohe Arbeitsauslastung, mangelnde Veränderungsbereitschaft, Leistungsdruck und das Management werden in der L&D-Umfrage als Lernkultur-Bremse angeführt – Neugier, individuelle Angebote, Führungskräfte als Vorbilder und Aufstiegschancen als Motor. Wie also kann Lernkultur in Unternehmen und Organisationen stattfinden? Um das herauszufinden, haben wir hinter die Kulissen deutscher Unternehmen geschaut, die eine Lernkultur pflegen – und dabei entdeckt: Lernkultur ist bunt. Sie sieht in jedem Unternehmen anders aus. L&D-REPORT 2019 | 5
JEDER SO, WIE ER ES BRAUCHT Alle Mitarbeiter die Lernkultur mitgestalten lassen, ist das Aushängeschild von Speexx. Das Münchner Unternehmen trägt mit seinen Online-Sprachtrainings nicht nur zur Weiterentwicklung seiner Kunden bei. Die Motivation zu lernen ist auch in den eigenen Reihen enorm. „Es gibt bei uns keine Top-DownLernkultur, aber auch nicht streng Bottom-Up. Sie kommt aus allen Richtungen und ist lebendig”, beschreibt L&D-Manager Tim Darling. Das liegt mitunter daran, dass bei Speexx jeder Mitarbeiter so lernen kann, wie er am besten lernt: Der eine bevorzugt es in der Gruppe zu lernen, der andere sitzt lieber alleine vorm Computer und macht Aufgaben, wiederum andere bevorzugen ihre eigenen Endgeräte und eignen sich Wissen am liebsten beim Pendeln zur Arbeit an. All diesen verschiedenen Bedürfnissen gerecht zu werden, sieht Tim Darling nicht als Herausforderung an, sondern als seinen Job: ein System zu schaffen, das die Eigenmotivation der Mitarbeiter in eine effektive individuelle Lernerfahrung kanalisiert.
Unser Credo ist, Führungskräfte zu Personalentwicklern zu machen. — Antje Bauer / REGIOCOM CONSULT Das Gießkannenprinzip hat in Lernkulturen längst ausgedient. „Der One-Size-Fits-All-Ansatz ist oft demotivierend. Lernen funktioniert am besten, wenn der einzelne ein echtes und berechtigtes Interesse am Thema hat”, führt der L&D-Manager weiter aus. In den vierteljährlichen Mitarbeitergesprächen geht es bei Speexx also nicht nur um Zufriedenheit und Ziele, sondern zugleich um Lernbedürfnisse und -wünsche – fachlich wie medial. Auf der Basis werden den Mitarbeitern Inhalte in der Online-Akademie bereitgestellt und Workshops veranstaltet. „Unsere Online-Akademie fragt lediglich: Was möch6 | L&D-REPORT 2019
test du heute lernen?”, so Darling. Die Suchfunktion lasse es zu, dass die Mitarbeiter schnell und einfach Lerninhalte zum gewünschten Thema finden. Das lässt sich im Alltag leicht umsetzen. Die Arbeitszeit leidet unter dem Lernen nicht. „Ganz im Gegenteil: Die Einführung von Microlearning hat uns geholfen, einen Lernrahmen zu schaffen, der Just-in-Time- und On-Demand-Schulungen mit großer Wirkung ermöglicht”, betont der L&D-Manager.
WISSENSVERMITTLUNG HÄPPCHENWEISE Auf dem Weg zur Personalentwicklung 4.0: In dieser Umstellungsphase befindet sich gerade der Dienstleister für verbrauchsabhängige Heiz- und Wasserkostenabrechnung BRUNATA-METRONA. Personalleiterin Brigitte Fritz berichtet enthusiastisch über die Einführung des E-Learnings im Unternehmen, mit dem sich die bisherige Lernkultur verändert. „Der Mitarbeiter bekommt kleine Lern-Nuggets und Wiederholungs-Nuggets – Wissensvermittlung häppchenweise”, freut sich die Personalleiterin darüber, dass die Mitarbeiter des Piloten so positiv auf die neue Lernlandschaft reagieren. Mit dem Roll-out des E-Learnings wird es bei BRUNATA-METRONA einen Lernraum geben, in den sich die Mitarbeiter zurückziehen können. Lernen transparent zu machen und den Kollegen Zeit dafür einzuräumen hält Brigitte Fritz für immens wichtig: „Zu zeigen: Man darf am Rechner sitzen und nicht ständig arbeiten, sondern auch etwas lernen. Oder man darf sogar in einen anderen Raum gehen und da lernen und sich mit anderen austauschen.” Haben klassische Präsenzseminare ausgedient? Nein! Seminare und E-Learning-Kurse ergänzen sich. Beides hat seine speziellen Vorteile. Durch die geschickte Kombination bleiben mehr Inhalte bei den Teilnehmern hängen – die Wissensvermittlung wird nachhaltiger. An Seminaren schätzt Brigitte Fritz neben der fachlichen auch die persönliche Komponente: „Die Mitarbeiterinnen und Mit-
arbeiter tauschen sich untereinander aus und erarbeiten Lösungen gemeinsam. Durch das Feedback im Team lernen sie, sich und ihre Leistung besser einzuschätzen.”
MEHR EIGENVERANTWORTUNG UND SELBSTORGANISATION Weiterbildung im Wandel: Selbstorganisiertes Lernen und Eigenverantwortung gewinnen in Unternehmen mit Lernkultur an Bedeutung. „Wir verlangen da echt viel von unseren Kollegen, was das angeht, aber bisher bekommen wir bestätigt, dass es der richtige Weg ist”, bilanziert Antje Bauer vom IT- und Servicedienstleister regiocom SE. Selbstgeschneiderte E-Learnings sind dort seit Kurzem über die Mitarbeiterplattform W1R abrufbar – nur einer von vielen Wegen zu einer noch stärkeren Lernkultur, die über 20 Standorte hinweg gar nicht so leicht zu pflegen ist. 5000 Mitarbeiter lassen sich kaum alle individuell schulen. „Wenn wir eine größere Gruppe an Mitarbeitern haben, die das gleiche Ziel verfolgen und die gleichen Aufgaben zu bewerkstelligen haben, versuchen wir immer, Gruppen zu bilden, gerne auch von verschiedenen Standorten und aus unterschiedlichen Bereichen”, erklärt Antje Bauer. So ist das Programm FIT – Führungskräfte im Training entstanden. Der gemeinsame direkte Austausch über die Herausforderungen im Arbeitsalltag, über die Bedürfnisse sowie Hilfestellungen stehen dabei im Vordergrund. Die Personalentwicklung ist bei diesem Austausch dabei, moderiert, hört zu und stellt im Anschluss individuelle Ausbildungsinhalte zusammen.
Jeder Mangel an Ressourcen ist nur eine weitere Herausforderung, die uns zu mehr Kreativität zwingt. — Tim Darling / SPEEXX
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Das Beispiel zeigt eins: Die Rolle der Personalentwickler hat sich im Laufe der letzten Jahre stark gewandelt. „Vom Seminarverwalter zum Gestalter”, fasst es Antje Bauer zusammen. Seit zehn Jahren ist sie im regiocom-Unternehmensverbund in der Personalentwicklung tätig. Das Bild von PE sei damals ganz deutlich gewesen: „Wir suchen Seminare für Kollegen, organisieren das und das war’s.” Die wahren Bedürfnisse haben nur Antje Bauer und ihre Kollegin erkannt: „Es geht gar nicht darum, ein Seminar zu organisieren, sondern darum, herauszufinden, warum und was für ein Seminar ein Kollege überhaupt möchte. Was sind die Hintergründe? Wir haben immer mehr hingeschaut: Was brauchen die Mitarbeiter eigentlich? Und haben dann angefangen, eigenständig Konzepte und Programme zu entwickeln, die zu unserem operativen Geschäft passen.”
SUPPORT DER UNTERNEHMENSSPITZE Mit dem Faktor Ressourcen haben die großen Lernkulturen genauso zu kämpfen wie die kleinen. Mehr Zeit und Budget würde die Arbeit der Personalentwicklung vereinfachen. Doch inzwischen haben sich einige Low-Budget-Methoden etabliert: interne Trainer, Lunch-Roulette, Mitarbeiter schulen Mitarbeiter, unternehmensinterne Webinare – Personalentwickler zeigen sich kreativ. Eine Lernkultur kann allerdings nicht ohne die Unterstützung des Managements funktionieren: Die Unternehmensspitze muss die Wichtigkeit von Weiterbildung erkennen. „Ich wünsche mir eine Kultur, in der die Führungskräfte Vorbild sind, vorleben, was wir vermitteln. Dass sie ihr Team, das hinter ihnen steht, weiterentwickeln und kooperativ mit uns zusammenarbeiten. Unser Credo ist, Führungskräfte zu Personalentwicklern zu machen, weil sie die Bedürfnisse ihres Teams viel besser kennen als wir”, hat PE-Leiterin Antje Bauer eine klare Vorstellung, wohin der Weg gehen soll. Die L&D-Umfrage zeigt jedoch, dass Personalentwickler Geduld haben müssen: In einem Drittel aller Unternehmen und Organisationen legt die Unternehmensspitze keinen
oder nicht ausreichend Wert auf PE – unabhängig von der Betriebsgröße. Hier schätzt sich Lisa Anders besonders glücklich. Die profil² Personalmanagement GmbH gehört zu einer insgesamt 50-köpfigen Unternehmensgruppe. „Und wir haben eine eigene Personalentwicklung. Das ist in vielen anderen mittelständischen Unternehmen nicht gegeben. Da macht die Buchhaltung nebenher das Thema Personal mit”, weiß sie aus ihrer Tätigkeit als PE-Beraterin für andere Unternehmen. Personalkonzepte, Mitarbeitergespräche, Entwicklungspläne – das sei bei vielen Mittelständlern Fehlanzeige.
Da wir Qualitätsführer sein wollen, stellen wir sicher, dass unsere Mitarbeiter immer auf dem neuesten Stand mit ihrem Wissen sind. — Brigitte Fritz / BRUNATA-METRONA
PERSÖNLICHER AUSTAUSCH UND FEEDBACK Bei der profil² Personalmanagement GmbH sieht das anders aus: Schon beim Onboarding werden die Mitarbeiter von der Personalentwicklung an die Hand genommen und mit verschiedenen Tools und Medien vertraut gemacht: ein internes Unternehmens-Wikipedia, Video-Tutorials, Präsentationen – am Computer können die Mitarbeiter mit wenigen Klicks viel Wissen abrufen. Trainings und Coachings ergänzen das digitale Angebot. In diesem Mix sieht Lisa Anders einen guten Nährboden für die Lernkultur: einerseits dem Mitarbeiter das Wissen komprimiert über verschiedene Medien zur Verfügung zu stellen, andererseits ihn persönlich zu begleiten. „Das heißt auch, das Ganze praktisch auszuprobieren und Feedback zu bekommen, eine aktive Feedbackkultur zu gestalten und den persönlichen Austausch zu pflegen”, so Anders. L&D-REPORT 2019 | 9
Austausch ist das Markenzeichen einer Lernkultur. In allen Unternehmen, in denen Personalentwicklung einen hohen Stellenwert hat, wird der Austausch untereinander gefördert. „Der Austausch bringt ja erst die Nachhaltigkeit. Wir versuchen das Wissen, das die Mitarbeiter durch Weiterbildung gewonnen haben, im Unternehmen zu sichern und zu halten – unabhängig von den Mitarbeitern, die gerade angestellt sind”, erläutert die PE-Leiterin. Sämtliches Wissen ist in der Unternehmensgruppe transparent und für jedermann zugänglich. Das entziehe dem Individuum zugleich die Macht, sagt Lisa Anders, und stärke den Teamgeist.
WEITERENTWICKLUNG STÄRKT DIE LOYALITÄT Ist eine Lernkultur Teil der Unternehmenskultur, wächst die Loyalität der Mitarbeiter, die Fluktuation ist geringer. Bei Weber Automotive schlagen nicht wenige den Karrierepfad „Vom Auszubildenden zur Führungskraft” ein. Ein Weg, der nur durch permanente Weiterentwicklung möglich ist. Susanne Gutemann, Referentin Personal- und Organisationsentwicklung des Automobilzulieferers, und ihre Kollegin sind selbst ausgebildete Trainer – und somit ganz nah dran an der Belegschaft. Inhouse-Seminare, entweder durch eigene oder externe Trainer, sind die bevorzugte Weiterbildungsform des Unternehmens – einerseits, weil individueller geschult, andererseits, weil so kostengünstiger gearbeitet werden kann. Ein erfolgreiches Programm zur Führungskräfteentwicklung, das sich über mehrere Module erstreckt, hat sich bei Weber Automotive bereits etabliert. Derzeit wird an einem Nachfolgeprogramm gearbeitet: „Es geht darum, Nachwuchsführungs- und Nachwuchsfachkräfte in den eigenen Reihen zu identifizieren”, berichtet Susanne Gutemann. Bisher war das Aufgabe der Führungskräfte. Mit Unterstützung der Personalentwicklung soll hier in Zukunft strategischer vorgegangen werden.
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Als Zulieferer ist das Unternehmen stark von der Automobilbranche abhängig und Schwankungen unterlegen. Dennoch gibt es bei Weber Automotive kein Jahr ohne Personalentwicklung. „Wir hatten eine Zeit, in der Teile der Produktion stillstanden. Die Zeit haben wir produktiv genutzt und enorm viele Aus- und Weiterbildungen für unsere Mitarbeiter organisiert. Natürlich lässt sich unsere Lernkultur noch ausbauen. Aber ich glaube, dass wir uns bereits deutlich verbessert haben. Unsere Mitarbeiter sind diejenigen, die unsere Produktion am Laufen halten und unser Geld verdienen. Deshalb müssen wir in ihre Entwicklung investieren”, weiß Susanne Gutemann, wie der Schlüssel für Unternehmenserfolg heißt: Lernkultur – und die sollte in Zeiten des lebenslangen Lernens Teil jeder Unternehmenskultur sein.
L&D-UMFRAGE 2019 – DIE ERGEBNISSE
Profis aus den Personalentwicklungsabteilungen berichten über ihre Weiterbildungsbudgets, ihre größten Herausforderungen und ihre Mitarbeiterzufriedenheit
Lebenslanges Lernen ist für alle Unternehmen, die am Markt mithalten möchten, der Schlüssel zum Erfolg. Ihr Kapital sind ihre Mitarbeiter: Deren Talente zu fördern, ihr Wissen stets up-to-date zu halten, ist das Geheimnis erfolgreicher Unternehmen und Organisationen. Deshalb haben wir 175 Experten aus den Personal- und Personalentwicklungsabteilungen deutscher Einrichtungen befragt, um zu erfahren, ob sie eine Lernkultur pflegen und wie sie vorgehen, um bestmöglich in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter zu investieren. Personalentwicklung findet sowohl in Unternehmen der freien Wirtschaft als auch im Öffentlichen Dienst statt. Für unsere Befragung haben wir bewusst Teilnehmer aus
beiden Segmenten gewählt, um einen Querschnitt zu erhalten. Durch persönliche direkte Ansprache über das Business-Netzwerk XING konnten wir die meisten Personalentwickler und Personaler für unsere Umfrage gewinnen. Weitere kamen durch die Ansprache auf unserem Messestand auf der Zukunft Personal Europe in Köln im Herbst 2018 sowie zielgruppenfokussierte Anzeigenschaltungen hinzu. Das Ziel dieser Erhebung ist es, Sie mit den Ergebnissen dabei zu unterstützen, Ihre Arbeit in der Personalentwicklung mit der anderer zu vergleichen, Herausforderungen zu entdecken, Inspirationen für eine Lernkultur zu finden und Trends zu erkennen, die das Jahr 2019 im Bereich Personalentwicklung prägen. L&D-REPORT 2019 | 11
WIE VIELE MITARBEITER ARBEITEN IN IHREM UNTERNEHMEN?
4+5+152826814 4%
<10
14%
>10.000
5%
10–49
8%
15%
5.000–10.000
50–249
26%
28%
1.000–4.999
250–999
WIE HAT SICH IHR JAHRESUMSATZ IM VERGLEICH ZUM VORJAHR ENTWICKELT? 64%
Er ist gestiegen.
Er ist gesunken.
Er ist gleich geblieben.
Ich weiß es nicht.
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10% 14% 12%
WIE VIELE TAGE FÜR EINE BERUFSSPEZIFISCHE WEITERBILDUNG ERHÄLT EIN MITARBEITER BEI IHNEN IM JAHR? 47%
11%
13%
14%
11% 2%
<3 Tage
3–5 Tage
6–8 Tage
1%
9–12 Tage
1%
> 12 Tage
keine Regelung vorhanden
Sonstiges
individuell, nach Bedarf
WIE HOCH IST ETWA IHR JÄHRLICHES WEITERBILDUNGSBUDGET PRO MITARBEITER? 100% 90% 80%
63%
70% 60% 50% 40% 30% 20% 10%
6%
10%
7%
3%
7%
2%
2%
0% < 500 Euro
500–1.000 Euro
1.001–1.500 Euro
1.501–2.000 mehr als 2.000 Euro Euro
nicht festgelegt
individuell, nach Bedarf
Sonstiges
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WAS GLAUBEN SIE: WIE WIRD SICH IHR WEITERBILDUNGSBUDGET 2019 ÄNDERN?
45+42+13 13%
45%
Ich vermute, dass das Budget geringer wird.
Ich vermute, dass das Budget ansteigen wird.
42%
Ich vermute, dass das Budget gleich bleibt.
BERÜCKSICHTIGT IHRE UNTERNEHMENSSPITZE BERUFLICHE WEITERBILDUNG?
33++Q6749 6+Q94L2 4+Q96 L 20+ L57+Q43L29 20%
49%
29%
2%
Ja, sie engagiert sich aktiv für L&D.
Ja, sie berücksichtigt L&D.
Sie könnte mehr Wert auf L&D legen.
L&D spielt für sie keine Rolle.
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In Unternehmen mit gesunkenem Jahresumsatz herrscht nur halb so oft eine Lernkultur wie in anderen Unternehmen.
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WIE ZUFRIEDEN SIND IHRE MITARBEITER LAUT IHRER AKTUELLEN MITARBEITERUMFRAGE?
8+53+10227 27%
8%
Wir haben keine (standardisierten) Mitarbeiterumfragen
sehr zufrieden
53%
zufrieden
2%
überhaupt nicht zufrieden
10%
nicht sehr zufrieden
WIE LANGE BLEIBEN IHRE MITARBEITER DURCHSCHNITTLICH IM UNTERNEHMEN? < 6 Monate 6 Monate–1 Jahr
0% 1%
1 Jahr–3 Jahre
12% 22%
3–5 Jahre
29%
5–10 Jahre
20%
10–15 Jahre
> 15 Jahre
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16%
IN WELCHEN BEREICHEN SETZEN SIE WEITERBILDUNGSSCHWERPUNKTE? Kundenservice/ Vertrieb Projektmanagement
Management/ Führung
Kommunikation
Unternehmensanalyse und Organisationsentwicklung
Softwareentwicklung und Systemadministration Compliance
AUF WELCHE ART VON WEITERBILDUNG GREIFT IHR UNTERNEHMEN BEI DER SCHULUNG VON MITARBEITERN AM HÄUFIGSTEN ZURÜCK? 41%
Inhouse-Schulungen von externen Anbietern
29%
Inhouse-Schulungen durch interne Akademie
15% offene Präsenzseminare
10% E-Learning/ Fernkurse/ Blended Learning
3%
2%
individuelles Coaching/Learning on the Job
Konferenzen
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In Unternehmen mit gestiegenem Jahresumsatz geben zwei Drittel der Mitarbeiter in der aktuellen Mitarbeiterumfrage an, zufrieden oder sehr zufrieden zu sein.
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WAS SIND DIE GRÖSSTEN HERAUSFORDERUNGEN FÜR IHRE ABTEILUNG IN BEZUG AUF WEITERBILDUNGEN? die Arbeitsauslastung der Mitarbeiter in unserem Unternehmen/wenig Zeit für Weiterbildung
begrenztes Budget
€ begrenzte Ressourcen im Bereich HR/Personalentwicklung
alle Mitarbeiter in unserem Unternehmen in unser Weiterbildungsprogramm einzubeziehen
unsere L&D-Ziele an die Unternehmensstrategie anzupassen
WIE MESSEN SIE DEN ERFOLG EINER WEITERBILDUNG? anhand des Feedbacks des Mitarbeiters
0%
Wir messen den Erfolg einer Weiterbildung nicht
11%
anhand des Feedbacks des Abteilungsleiters/ direkten Vorgesetzten des Mitarbeiters
8%
Sonstiges
8%
anhand einer besseren Mitarbeiterbindung
68%
3%
anhand der Anzahl der Mitarbeiter, die eine Weiterbildung besuchen
1%
anhand interner Beförderungen
1%
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GLAUBEN SIE, DASS WEITERBILDUNGSPROGRAMME UNTERNEHMEN EINEN WETTBEWERBSVORTEIL VERSCHAFFEN? 2%
Nein
98%
Ja
GLAUBT IHR MANAGEMENT, DASS IHR WEITERBILDUNGSPROGRAMM DEM UNTERNEHMEN EINEN WETTBEWERBSVORTEIL VERSCHAFFT?
10%
30%
Nein
Ich weiÃ&#x; es nicht
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60%
Ja
WIE FORMELL WIRD IN IHREM UNTERNEHMEN KOMPETENZFESTSTELLUNG BETRIEBEN? 16% 4%
Sonstiges*
7%
Der Arbeitnehmer beurteilt seine eigenen Fähigkeiten.
Die Unternehmensführung beurteilt die Kompetenz der Mitarbeiter.
4%
Die Personalabteilung beurteilt die Kompetenz der Mitarbeiter.
69%
Der direkte Vorgesetzte des Arbeitnehmers beurteilt dessen Kompetenz.
Ein Kompetenzmodell ist bei uns noch in Arbeit.
Es gibt bei uns kein Kompetenzmanagement.
Arbeitnehmer und Vorgesetzter beurMittels Eignungs- teilen die Kompetenz diagnostik. Kompetenzen gemeinsam.
Durch 360°-Feedback.
*SONSTIGES
werden im jährlichen Wir nutzen Mitarbeitergespräch eine Mischung aus beurteilt.
Fremd- und Selbstbild.
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In Unternehmen mit steigendem Weiterbildungsbudget glauben drei von vier Managern, dass ein Weiterbildungsprogramm dem Unternehmen Wettbewerbsvorteile verschafft.
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FINDET IN IHREM UNTERNEHMEN SOCIAL LEARNING STATT? Ja
30% 70%
Nein
Training on the Job
Dokumentationen allgemein zugänglich abgelegt
internes Wiki
WIE FINDET IN IHREM UNTERNEHMEN SOCIAL LEARNING STATT?
gegenseitige Einarbeitung und Refresher-Trainings
Communities of Practice
am Problem und mit Unterstützung durch Vorgesetzte und L&D nach dem Prinzip 70/20/10
ActionReview
internes Kollaborationstool
gar nicht PEER Netzwerktreffen COACHING After-
Patenmodelle während des Onboardings
Job-Shadowing
Reflecting kollegiale Team Fallberatung
Team-Learning
Aufgaben und Austausch in Lerngruppen
Einarbeitung durch Mentor Inhouse-Schulungen durch Mitarbeiter
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WIE HAT SICH DER QUALIFIZIERUNGSAUFWAND BEI NEU EINGESTELLTEN MITARBEITERN IN DEN VERGANGENEN JAHREN ENTWICKELT? 2%
Er hat ein wenig abgenommen.
1%
Er hat stark abgenommen.
27%
Er hat stark zugenommen.
29%
Er ist gleich geblieben.
41%
Er hat ein wenig zugenommen.
WIE SICHER SIND SIE, DASS IHR UNTERNEHMEN ÜBER TALENTE VERFÜGT, UM DEN ZUKÜNFTIGEN ERFOLG IHRES UNTERNEHMENS SICHERZUSTELLEN?
57++Q43L 6++Q94L 33++Q67L 46+ 48+ 48%
46%
6%
sehr
geht so
überhaupt nicht
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In Unternehmen mit steigendem Weiterbildungsbudget ist die Fluktuation geringer. L&D-REPORT 2019 | 25
WAS IST DIE BESTE LOW-BUDGETINITIATIVE, DIE SIE IN BEZUG AUF PERSONALENTWICKLUNG UMGESETZT HABEN?
offene Fehlerkultur
Best Practise
Reflecting Teams
Etablierung eines Pools der Veränderer, die sich regelmäßig treffen und austauschen sowie gemeinsam Themen weiterentwickeln
Daraus entstehen Wissensvideos für andere Kollegen
LERNAPPS
internes Mentoring
Lunch-Roulette
Krönung des Mitarbeiters für gute Leistung pro Monat
unternehmensinterne Webinare
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interne Trainings durch kompetente Mitarbeiter
Personalentwickler sind selbst Trainer
Einarbeitung wird in
Videos festgehalten:
interne Dozenten
zu Lunch & Zugang E-LearningLearns Plattform
Multiplikatoren
TA L E N T KO NFERENZEN, U M TA L E N T E Z U IDENTIFIZIEREN
BÜNDELUNG DER WEITERBILDUNGSBEDARFE Reverse
Spend your Talent: Wissensvermittlung von Kollegen an Kollegen
Coaching
Learning on the Job
internes Mentoring
WÜRDEN SIE IHRE UNTERNEHMENSKULTUR ALS KULTUR DES LERNENS BESCHREIBEN? 7%
Nein, dazuzulernen hat für unsere Mitarbeiter keine Priorität.
5%
Ja, unsere Mitarbeiter gehen im Lernen voll auf.
36%
Unsere Mitarbeiter haben weder eine positive noch eine negative Einstellung zum Lernen.
52%
Ja, unsere Mitarbeiter schätzen es dazuzulernen.
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WAS FÖRDERT DIE LERNKULTUR UND -BEREITSCHAFT IN IHREM UNTERNEHMEN?
klare Zielvereinbarungen
Fehlerkultur: Fehler dürfen gemacht werden unterschiedliche das Management lebt es vor Lernmöglichkeiten
Ermutigung durch Vorgesetzte
negative Erfahrungen Möglichkeit, Erlerntes am Arbeitsplatz umsetzen zu können
junge Mitarbeiter von der Uni, deren Lernmodus auf die anderen abstrahlt
neue, zeitgemäße Tools und Inhalte
Lernende Organisation als Unternehmensziel
Aufstiegschancen
Perspektiven für die Karriere
sichtbar machen
positive Einstellung des Managements zur aufgewendeten Lernzeit
Betriebsvereinbarung zur Förderung für berufliche Weiterqualifikation
Bereitschaft von top down schaffen
Werbung durch Management
regelmäßige Entwicklungsgespräche
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WAS BREMST DIE LERNKULTUR UND -BEREITSCHAFT IN IHREM UNTERNEHMEN? hohe Arbeitsauslastung der Mitarbeiter mangelnde Veränderungsbereitschaft Umsatz und Gewinn stehen im Vordergrund starre Strukturen und Hierarchien fehlende Ziele Leistungsdruck Budget Ressourcen Top-Management, das Wichtigkeit nicht erkennt sparsame Management-Einstellung mangelnde Priorität, die dem Lernen zugeschrieben wird keine innovativen Neuerungen in Bezug auf Lernformate Geschwindigkeit der Veränderung lange Betriebszugehörigkeit hohes Durchschnittsalter der Belegschaft fehlende PE-Kompetenz bei den Führungskräften nicht vorhandene Lernkultur nicht wahrgenommene ermöglichbare Lern- und Lehrmöglichkeiten fehlende Eigeninitiative und Motivation der Mitarbeiter keine spürbare Belohnung für Lernfortschritt bequeme Führungskräfte und Mitarbeiter der Stellenwert von HR als administrative Abteilung permanente Kurswechsel der Unternehmensführung viel zu wenig digitale Lernmöglichkeiten mangelndes Wissen der Führungskräfte, was es neben Trainings noch gibt falsche Führung fehlende individuelle PE vor Ort unzufriedene Mitarbeiter organisatorische Hürden Führungskräfte, die sich selbst nicht weiterbilden
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WIE VIELE AUSZUBILDENDE BILDET IHR UNTERNEHMEN GERADE AUS?
33++Q67L 18+ 33++Q67L 11+ 33++Q67L 12+ 33++Q67L 27+ 33++Q67L 12+ 33++Q67L 7+ 33++Q67L 8+ 33++Q67L 5+ 27%
18%
11%
12%
1–10
11–30
31–50
51–100
5%
12%
7%
8%
101–200
> 200
Wir haben aktuell keine Auszubildenden.
Wir sind kein Ausbildungsbetrieb.
NUTZEN SIE LEHRSTELLEN ALS RECRUITINGINSTRUMENT? Ja Nein
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63% 37%
GLAUBEN SIE, DASS DANK EINER GUTEN AUSBILDUNGSSTRATEGIE DER WEITERBILDUNGSBEDARF SPÄTER GERINGER IST? 60%
Nein
40+60
40%
Ja
WELCHE ROLLE SPIELEN AUSZUBILDENDE BEI IHRER L&D-STRATEGIE? Azubis sollen von Anfang an an
Auszubildende werden übernommen und steigen ab diesem Zeitpunkt in die Bedarfsanalyse des L&D mit ein.
Auszubildende sind eine eigene Target-Group innerhalb des L&D.
Die gleiche wie jeder andere Arbeitnehmer auch.
Nachwuchssicherung Sie sind die Zukunft des Unternehmens und haben eine sehr lange Einarbeitungszeit. Sie kennen das Unternehmen nach der Ausbildung am besten.
keine
Wir bilden junge Leute gezielt aus, um unseren Mitarbeiterstamm kontinuierlich zu erweitern.
Die sollen zukünftigem Mitarbeitermangel entgegenwirken und ein Gegengewicht zu alteingesessenen Mitarbeitern in Bezug auf Kultur und Klima darstellen.
Sie werden in spezifische Einarbeitung und Weiterbildung miteinbezogen.
Unser Auszubildenden-Programm ist sehr stark ausgebaut. Sie sind Wissensträger von interdisziplinärem Wissen.
PE gewöhnt werden.
Sie verdeutlichen die Werte der neuen Generation und lassen Rückschlüsse auf Entwicklungspotentiale und zukünftige Ausrichtungen der L&D-Strategie zu.
Top-Azubis erhalten eine Weiterbildungsgarantie und werden direkt in das Nachwuchsführungsprogramm aufgenommen.
Azubis bringen frischen Wind und die neuesten Themen ins Unternehmen. Sie sind essentiell wichtig.
Wir reviewen unsere Ausbildung ständig.
Ausbildung hat bei uns einen hohen Stellenwert.
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SCHLÜSSELAUSSAGEN DER L&D-UMFRAGE 2019 Welche Kernthesen lassen sich aus den Ergebnissen unserer Befragung ziehen? 175 Personalentwickler sind in der L&D-Umfrage zu Wort gekommen. Ihre Antworten geben Rückschlüsse auf die Personalentwicklung deutscher Unternehmen und Organisationen – und lassen sich grob in sechs Schlüsselaussagen packen:
1. EINE LERNKULTUR VERBESSERT DIE GESAMTE ORGANISATION Starke Lernkulturen finden sich dort, wo Führungskräfte und Management eine befürwortende Haltung gegenüber Personalentwicklung einnehmen. Das hat einen schönen Nebeneffekt: Die Unterstützung der Unternehmensspitze wirkt sich zugleich positiv auf die Mitarbeiterzufriedenheit aus.
2. FÜHRUNGSKRÄFTETRAININGS NEHMEN POLE-POSITION EIN Unabhängig von der Branche legen Unternehmen und Organisationen einen deutlichen Schwerpunkt auf die Führungskräfteentwicklung. Allerdings: In den Unternehmen, deren Umsatz im vergangenen Geschäftsjahr gewachsen ist und die ihre Unternehmenskultur als Lernkultur bezeichnen, führen Kommunikationstrainings die Liste der Weiterbildungsschwerpunkte an. Gut ausgebildete Führungskräfte sind schließlich nicht alles – wenn die Kommunikation im Unternehmen nicht stimmt.
3. MANGELNDE RESSOURCEN SIND DIE GRÖSSTE HERAUSFORDERUNG Personalentwickler nennen begrenzte Ressourcen, sowohl in Sachen Budget als auch was die Teamgröße im Bereich PE anbelangt, als die größte Herausforderung, der sie bei ihrer Arbeit gegenüberstehen. Die Mehrheit der Unternehmen und Organisationen mit gestiegenem Jahresumsatz und mehr Weiterbildungsbudget stellen da keine Ausnahme dar.
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4. IN MITARBEITER ZU INVESTIEREN ZAHLT SICH AUS Unternehmen und Organisationen, die ihren Mitarbeitern eine unterdurchschnittliche Anzahl an Schulungstagen anbieten und geringere Budgets für Weiterbildung zur Verfügung haben, berichten häufiger von einer geringeren Mitarbeiterbindung und Mitarbeiterzufriedenheit. In eine Lernkultur zu investieren zahlt sich also gleich doppelt aus: Die Mitarbeiter sind zufrieden und fühlen sich dem Unternehmen mehr verbunden.
5. AUSZUBILDENDE SCHAFFEN SICHERHEIT Unternehmen und Organisationen, die Auszubildende beschäftigen, haben weniger Angst vor der Zukunft. Gegenüber den nicht-ausbildenden Betrieben sind sie sich in Zeiten von Fachkräftemangel sicherer, über Talente zu verfügen, um den zukünftigen Erfolg des Unternehmens sicherzustellen.
6. WEITERBILDUNG MUSS NICHT TEUER SEIN Budget macht vieles einfacher. Ist es knapp, stecken Personalentwickler jedoch nicht die Köpfe in den Sand. Sie werden kreativ und bedienen sich an Low-Budget-Methoden wie Open Space, Reverse Coaching und Lunch & Learns.
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WO HÄNGT DIE MESSLATTE FÜR WEITERBILDUNG?
RoI, Feedback, Vergleiche: Wie Unternehmen Trainingserfolge bewerten Woran machen wir den Erfolg eines Unternehmens fest? Am Gewinn. Wie messen wir den Erfolg eines Marathonläufers? An der Zeit. Woran erkennen wir erfolgreiche Menschen? An ihrem Kontostand. Doch wie lässt sich der Erfolg von Weiterbildung messen? Mit dieser Frage tun sich Unternehmen und Organisationen schwer. Zahlt sich das Budget, das in die Entwicklung der Mitarbeiter investiert wird, am Ende auch aus? Die meisten Personalentwickler zucken mit den Schultern. KPIs gibt es nur wenige. Den Erfolg von Weiterbildungen in einer Excel-Tabelle festzuhalten, scheint vielen kein sinnvolles Instrument. 68% der Personalentwickler verlassen sich laut L&D-Umfrage eher auf die 34 | L&D-REPORT 2019
Rückmeldung des geschulten Mitarbeiters. Andere ziehen den Eindruck der Führungskraft hinzu und versuchen sich so ein Bild zu machen.
ERWARTUNGSABGLEICH NACH SEMINARBESUCH Wer bei BRUNATA-METRONA auf externe Seminare geht, setzt sich zuvor mit einem Vorbereitungsbogen auseinander. Er enthält Fragen wie „Welche Erwartungen haben Sie an das Seminar?” oder „Welche Zielsetzungen verfolgen Sie mit Hilfe des Seminars?” Ein ähnlicher Bogen erwartet die Mitarbeiter
nach dem Seminarbesuch. „Wie war das Seminar?” oder „Was möchten Sie davon umsetzen?” lautet dann die Fragestellung. „Aber auch die Führungskraft wird im Nachgang befragt, ob sich seit der Schulung Veränderungen bemerkbar machen”, erläutert Personalleiterin Brigitte Fritz. Der letzte Schritt sei besonders wichtig, „um die Führungskraft mit in die Verantwortung zu ziehen, denn nur gemeinsam, wenn Teammitglieder auch die Möglichkeit bekommen, ihre PS auf die Straße zu bringen, ist Weiterentwicklung möglich.”
Es gibt so viele positive Nebeneffekte beim Lernen, die wir nicht so leicht messen können. — Tim Darling / SPEEXX
Ähnlich verhält es sich beim Automobilzulieferer Weber Automotive GmbH. Eine Wirksamkeitsprüfung soll den Erfolg einer Weiterbildung greifbar machen. „Meist führt der Unterweisende diese Prüfung durch, bei Soft Skills oder Führungsthemen ist es in der Regel der Vorgesetzte”, gibt Susanne Gutemann, Referentin Personal- und Organisationsentwicklung, Einblicke in ihr Unternehmen. Im Schulungsplaner jedes Mitarbeiters wird die Wirksamkeit individuell eingepflegt. Bei einem „nicht wirksam” werde zusammen mit dem Mitarbeiter überlegt, woran das liegen mag und ob eine weitere Schulung Sinn macht. „Woran wir aber leichter Erfolg erkennen, ist die Zufriedenheit der Mitarbeiter”, sagt sie. „Wenn wir merken, dass die Stimmung gut ist, in Mitarbeitergesprächen überwiegend positiv gesprochen wird, dann sehen wir darin, dass wir die Führungskraft erfolgreich ausgebildet haben”, so Susanne Gutemann.
VERGLEICH MIT KOLLEGEN Im Handwerk scheint der Erfolg einer Weiterbildung leichter messbar zu sein – dann, wenn ein neues Produkt erzeugt, eingesetzt oder installiert werden muss. „Da kann man ja sehen, wie lange der Monteur braucht, um das zu programmieren, installieren oder verarbeiten”, stellt Dirk Abel, Geschäftsführer der DEKTRO Abel GmbH, eine pragmatische Methode der Erfolgsmessung vor. „Meistens doppeln wir, das heißt, wir haben zwei Monteure und können so vergleichen: Wie lange braucht der eine, wie lange der andere?” Eine Coaching-Ausbildung sei für jeden Chef von Vorteil. Denn gerade so eine Situation erfordere Fingerspitzengefühl. „Sie müssen die verschiedenen Sprachen kennen, mit denen Sie Ihre Mitarbeiter ansprechen können”, veranschaulicht Dirk Abel. Beim einen, der zu langsam ist, reiche ein „Schwing mal die Hufe und beeil dich” als Ansporn, beim anderen seien eher die Samthandschuhe gefragt: „Schau mal, wir haben hier eine Vorgabezeit. Was fehlt dir noch dazu? Wie können wir dich noch unterstützen? Sollen wir das noch mal zusammen üben?”
„NEBENEFFEKTE SIND SCHWER MESSBAR” Aber es gibt durchaus noch andere Methoden der Erfolgsmessung, mit denen deutsche Unternehmen und Organisationen arbeiten. Sie gehen weg von Kennzahlen wie Return of Investment (RoI). Beim Online-Sprachtraininganbieter Speexx heißt eine Kennziffer Vertrauen. „Ich denke, wir in der PE sind gut beraten, zu messen, was messbar ist, und andernfalls darauf zu vertrauen, dass hervorragende Lerninhalte – ob E-Learning, Workshops vor Ort oder was auch immer – positive Auswirkungen haben werden”, findet L&D-Manager Tim Darling klare Worte. Einige Nebeneffekte seien einfach schwer zu messen. „Wie messen wir etwa Motivation? Wir könnten Tage damit verbringen, KPIs zusammenzustellen und irgendwie versuchen, einen L&D-REPORT 2019 | 35
Rahmen zu schaffen, um den Erfolg zu messen, aber ist das ein konstruktiver Einsatz von Energie und Ressourcen? Soll ich versuchen, den Erfolg eines Workshops in eine Kalkulationstabelle aufzunehmen oder in einem Tortendiagramm einzufangen, damit ich die Manager davon überzeugen kann, dass Lernen etwas Gutes ist? Oder investiere ich meine Zeit lieber in das nächste Trainingsprogramm, weil ich weiß, dass sich alles schnell wandelt und wir den Entwicklungen einen Schritt voraus sein müssen? Kurz gesagt – und das ist nur meine persönliche Meinung – Qualität und Agilität sind wichtiger als das Messen von Auswirkungen”, plädiert Tim Darling dafür, keine wertvolle Zeit in schwer messbare Dinge zu stecken.
ZUFRIEDENHEIT ALS ERFOLGSMASS?! Weshalb muss Erfolg also überhaupt immer mit etwas beziffert werden? „Menschen, die erfolgreich an einem Workshop teilnehmen, lächeln eher bei der Arbeit. Können wir das messen? Nicht wirklich. Aber wir wissen, dass es passiert”, so Tim Darling. Vielleicht lässt sich Weiterbildungserfolg ganz anders festmachen als an KPIs: etwa am zufriedenen Gesichtsausdruck der Mitarbeiter, wenn sie von einer Weiterbildung zurückkommen, sagen, dass sie einiges dazugelernt haben, das sie jetzt gerne in der Praxis umsetzen wollen und dann die Möglichkeit erhalten, genau diesen Weg einzuschlagen. Vielleicht kann der Lohn von Investment ja wirklich ein Lächeln sein …
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AUSBILDUNG, FERTIG, LOS!
Fachkräftesicherung – die Rolle von Azubis in der Personalentwicklung Lehrjahre sind keine Herrenjahre – in Zeiten von Fachkräftemangel und demografischem Wandel relativiert sich diese Redensart zunehmend. Viele Unternehmen und Organisationen haben inzwischen damit zu kämpfen, offene Lehrstellen zu besetzen. Werden die Ausbildungsplätze schließlich vergeben, liegt den Einrichtungen viel daran, dass sich die Azubis wohlfühlen und sie bestmöglich ausgebildet werden: zur eigenen Fachkräftesicherung. Zwei von drei Unternehmen nutzen laut L&D-Umfrage Lehrstellen bewusst als Recruiting-Instrument.
Die Investition in unsere jüngsten Mitarbeiter ist ein wichtiger Bestandteil des Aufbaus unserer Talent-Pipeline. — Tim Darling / SPEEXX
Bei BRUNATA-METRONA wirbt die Personalabteilung mit einer hohen Übernahmequote für Auszubildende. Sie liegt bei fast 100 Prozent. „Das ist unser Verkaufsschlager”, erläutert Personalleiterin Brigitte Fritz. Auszubildende haben bei dem Dienstleister L&D-REPORT 2019 | 37
für verbrauchsabhängige Heiz- und Wasserkostenabrechnung einen enorm hohen Stellenwert. „Das sind unsere Nachwuchskräfte. Wir bilden in erster Linie aus, weil wir die Kräfte selbst brauchen”, betont Brigitte Fritz. Deshalb spielen die Auszubildenden mit ihrem Eintritt ins Unternehmen bereits eine Rolle in der Personalentwicklung. Reflexionsworkshops gehören gleichermaßen dazu wie Produkt- oder Geräteschulungen. „Aber auch an Kursen wie ,Kommunikation mit schwierigen Kunden’ nehmen sie teil”, veranschaulicht die BRUNATA-Personalleiterin, dass Azubis in der PE genauso wie andere Angestellte berücksichtigt werden – besonders im letzten Ausbildungsjahr, wenn feststeht, in welcher Abteilung es nach dem Abschluss weitergeht. Die BRUNATA-Azubis sind zudem das Aushängeschild, wenn es darum geht, jungen Menschen das Unternehmen als Arbeitgeber zu präsentieren. So werden die Auszubildenden nicht nur mit Präsentationstechniken vertraut gemacht, um auf Job-Messen selbstbewusst und professionell aufzutreten. Sie werden ferner zu IHK-Scouts ausgebildet: An Schulen informieren sie über ihr Berufsbild, halten Vorträge über ihre Ausbildung und geben angehenden Schulabsolventen dadurch einen Eindruck, wie das Arbeitsleben aussieht.
RAUM, UM DEN RICHTIGEN PLATZ ZU FINDEN Über den Ausbildungsrahmenplan hinaus gehen auch die Trainings, die die regiocom consult GmbH für ihre Auszubildenden anbietet. Hier unterstützt die Personalentwicklung die Ausbildungsverantwortlichen. „Auszubildende werden von uns etwa in Soft Skills, in ihren sozialen Kompetenzen, trainiert”, nennt Antje Bauer, Leiterin der Personalentwicklung, ein Beispiel. Auf gut ausgebildete Nachwuchskräfte legt man sowohl beim Service-Center als auch in der IT großen Wert. Denn regiocom consult bildet für den Eigenbedarf aus. „Auszubildende haben bei 38 | L&D-REPORT 2019
uns die Möglichkeit, sehr breit ins Unternehmen einzutauchen und vieles auszuprobieren, um für sich den richtigen Platz bei uns zu finden”, so Antje Bauer.
VOM AZUBI ZUM OBERMONTEUR Mehr als jeder andere setzt das Handwerk auf den Nachwuchs. Das Elektrounternehmen DEKTRO Abel GmbH hat zeitnah damit begonnen, mehr Ausbildungsplätze bereitzustellen, um den langfristigen Fachkräftebedarf decken zu können. „Wir haben bereits 2011 unsere Ausbildungsquote um 50 Prozent erhöht”, zeigt sich Geschäftsführer Dirk Abel stolz auf diese Zahl: Von 101 Mitarbeitern sind 15 in der Lehre. Aufgrund des akuten Fachkräftebedarfs habe man die letzten zehn Jahre die Lehrlinge übernehmen müssen. Doch inzwischen kündigen sich bei dem Spezialisten für Elektrotechnik andere Zeiten an. Dirk Abel verrät: „Es trudeln bei uns wieder einige Initiativbewerbungen ein, sogar von richtig guten Kandidaten, so dass wir ab kommenden Jahr endlich wieder auswählen können.”
Wenn wir unseren Mitarbeitern so viel Perspektive bei uns bieten, dann gehen sie in der Regel nicht. — Dirk Abel /
DEKTRO ABEL
Wer sich während der Ausbildung gut anstellt, hat bei DEKTRO Abel dennoch gute Zukunftsaussichten. Qualifizierte Nachwuchskräfte bekommen die Möglichkeit, in das interne Personalentwicklungsprogramm „Vom Azubi zum Obermonteur” aufgenommen zu werden. Dafür können sich die Mitarbeiter bewerben, sobald sie nach ihrer dreieinhalbjährigen Ausbildung zum Elektrotechniker zwei Jahre Praxiserfahrung im Betrieb gesammelt haben. Wird der junge Mitarbeiter
im Programm aufgenommen, bekommt er in den nächsten fünf Jahren sämtliche Schulungen, die notwendig sind, um als Obermonteur zu arbeiten: Rhetorik-, Projektleitungs- und Führungsseminare gehören gleichermaßen dazu wie technische Seminare. „In einer Zwischenprüfung muss der Mitarbeiter in einem Live-Projekt zeigen, dass er das Gelernte auch anwenden kann. Damit hat er die Stufe zum selbstständigen Monteur erreicht”, erläutert Dirk Abel und fährt fort, „am Ende darf er das Gelernte in einem Abschlussprojekt zeigen. Das ist der finale Schritt zum Obermonteur.” Dass eine so gut ausgebildete junge Fachkraft das Weite suchen und ihr Wissen in einem anderen Handwerksbetrieb einbringen könnte, sieht der Geschäftsführer von DEKTRO Abel nicht als Risiko an. Der einstige Azubi muss sich nach Abschluss des PE-Programms nicht verpflichten. „Er darf gehen, wann er will. Aber wenn wir unseren Mitarbeitern so viel Perspektive bei uns bieten, dann gehen sie in der Regel nicht”, weiß Dirk Abel aus Erfahrung.
DIREKTER DRAHT ZU DEN FACHEXPERTEN Kritische Talente auf dem heutigen Arbeitsmarkt zu finden und zu halten sieht der On-
line-Sprachtraininganbieter Speexx als große Herausforderung. „Die Investition in unsere jüngsten Mitarbeiter ist deshalb ein wichtiger Bestandteil des Aufbaus unserer Talent-Pipeline”, betont L&D-Manager Tim Darling. Ein speziell für Auszubildende konzipiertes Programm unterstützt die Speexx-Azubis unter anderem dabei, ihre Karriereziele zu gestalten und ihre Karrierepfade im Unternehmen zu präsentieren. „Wichtige Säulen des Programms sind: der Zugang zu Fachexperten innerhalb der Organisation, das Schaffen von Vernetzungsmöglichkeiten, persönliches Mentoring und regelmäßige Treffen mit dem Programmleiter zur Bewertung der Wirksamkeit des Programms”, führt Tim Darling weiter aus. Das Programm hat einen schönen Nebeneffekt: Es vermittelt den Auszubildenden unterbewusst die Werte und Arbeitsethik des Unternehmens – und zwar von Anfang an. Auszubildende wachsen in vielen Unternehmen und Organisationen heutzutage vom ersten Arbeitstag an ins lebenslange Lernen hinein. Lehrjahre sind zwar auch 2019 keine Herrenjahre. Der Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften legt jedoch einen guten Grundstein für eine angenehme, solide Ausbildung mit Entwicklungspotenzialen und Perspektiven, wie es sie für kaum eine andere Generation je auf dem Arbeitsmarkt gegeben hat – nicht selten mit Übernahmegarantie bereits beim Unterzeichnen des Ausbildungsvertrages.
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WISSENSVERMITTLUNG VON MITARBEITERN FÜR MITARBEITER
Social Learning hat viele Facetten – ein Blick hinter die Kulissen
Job-Shadowing, Communities of Practice, unternehmensinterne Chat-Gruppen – immer mehr rückt eine andere Form der Wissensgewinnung in den Fokus der Arbeitswelt. Sie hat mit klassischen Trainings nicht viel zu tun, kommt oftmals mit überschaubarem Budget aus und fußt auf sozialer Interaktion. Die Rede ist von Social Learning, das über individuelles Lernen oder reine Lerngruppen hinausgeht. In drei von zehn Unternehmen ist Social Learning laut L&D-Umfrage bereits angekommen. Wie es letztendlich in den einzelnen Einrichtungen praktiziert wird, könnte unterschiedlicher jedoch kaum sein. Denn: Den einen Weg des Sozialen Lernens gibt es nicht, Social Learning hat viele Pfade. 40 | L&D-REPORT 2019
Die einfachste Form, die sich in Unternehmen und Organisationen problemlos umsetzen lässt, basiert auf der Schulung eines Mitarbeiters, der anschließend sein Wissen innerhalb des Unternehmens verbreitet. „Wenn das Wissen für andere Mitarbeiter interessant ist, kommt es oft vor, dass intern dieses Wissen an die Kollegen im Rahmen einer kleinen Schulung weitergegeben wird”, erläutert Susanne Gutemann, Referentin Personal- und Organisationsentwicklung des Automobilzulieferers Weber Automotive GmbH. Im Elektrotechnikbetrieb DEKTRO Abel GmbH sieht man in dieser Methode eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten. „Die Kollegen lernen etwas dazu und die geschulten Kollegen ver-
innerlichen ihr Wissen durch das Vorbereiten und Wiedergeben besser, setzen sich mit dem Thema durch das Nachhaken und Fragen der Kollegen noch mal ganz anders auseinander”, schätzt Geschäftsführer Dirk Abel diese Form der Wissensteilung besonders.
werden, um Wissen festzuhalten: „Die kann sich jeder Mitarbeiter im Selbststudium anschauen.”
VORRUHESTÄNDLER ALS COACHES IM EINSATZ
Welchen Stellenwert der soziale Aspekt beim Wissensgewinn einnimmt, ist den meisten L&D-Abteilungen deutscher Unternehmen bekannt. „Für viele ist es erst der Austausch, der die Lernerfahrung in einen Kontext setzt. Es ist, als wenn man den Knochen das Fleisch hinzufügt”, versinnbildlicht Tim Darling von Speexx. Als Anbieter von Online-Sprachtrainings ist das Unternehmen auch intern im Bereich Social Learning digital unterwegs. Eine dynamische, umfassende Online-Akademie steht den Mitarbeitern in München und an allen anderen Standorten zur Verfügung. Und zwar gleich doppelt: Jeder Mitarbeiter hat die Möglichkeit, sein Know-how über die Akademie mit seinen Kollegen zu teilen. Jeder Mitarbeiter kann über die Akademie Wissen von seinen Kollegen erwerben. „Wir veranstalten wirklich tolle Workshops: von Körpersprache über Pitching und Programmierung bis hin zu Scrum. Alles hausgemacht. Workshops der Mitarbeiter, von den Mitarbeitern für die Mitarbeiter”, so Darling.
Diese Social-Learning-Methode kann auch auf individueller Ebene stattfinden, wenn es um Spezialisten- oder Führungsrollen geht. Wie das aussehen kann, verrät Lisa Anders. Sie leitet die Personalentwicklung der profil² Personalmanagement GmbH, die ihre Mitarbeiter im Vorruhestand als nebentätig beschäftigte Coaches im Unternehmen einsetzt. „Die Expertise von Mitarbeitern zu haben, die 20 oder 30 Jahre im Berufsleben stehen, und die dieses Wissen mit jüngeren Mitarbeitern teilen, das geht über unser normales Mentorenprogramm hinaus. Denn die Kollegen sprechen dann wirklich aus Erfahrung”, hält Lisa Anders das für einen gelungenen Weg, jüngere Mitarbeiter individuell, fach- und unternehmensspezifisch in ihrer Rolle zu schulen. Doch damit hört Social Learning bei profil² Personalmanagement nicht auf. Knapp 50 Mitarbeiter sind dort beschäftigt, aber in Sachen Personalentwicklung zeigt sich der Mittelständler innovativer als manches Großunternehmen. Ein internes Unternehmens-Wiki, in dem das gesamte Wissen aus dem Unternehmen in verschiedene Kategorien eingeteilt zu finden ist und über das sich ausgetauscht werden kann, steht den Mitarbeitern gleichermaßen zur Verfügung wie eine Art Skype. „Unsere Mitarbeiter haben dort ein Profil hinterlegt und können miteinander chatten und telefonieren”, geht die Personalentwicklerin auf ein Tool ein, das den Wissensaustausch und die Kommunikation innerhalb der Belegschaft – über drei Standorte verteilt – vereinfacht. Worauf die aufgeweckte Personalentwicklerin zudem stolz ist, sind die Tutorials – Anleitungen im Videoformat – die intern gedreht
„AUSTAUSCH SCHAFFT KONTEXT FÜR LERNERFAHRUNG”
Unserer Erfahrung nach hat der Austausch unter den Kollegen neben dem Lernen den größten Mehrwert für die Personalentwicklung. — Antje Bauer /
REGIOCOM CONSULT
Auf manch ein Unternehmen wirkt eine interne Online-Akademie zur Personalentwicklung noch wie Zukunftsmusik. Was fehlt, ist oft ein passendes Learning Management L&D-REPORT 2019 | 41
System (LMS). An so einem wird gerade bei BRUNATA-METRONA gefeilt. Hier will man weg von analoger Personalentwicklung und stattdessen den Mitarbeiterin mit E-Learning mehr Flexibilität, mehr Selbstverantwortung und vor allem besser dosierbare Lerneinheiten einräumen. Lernen am Puls der Zeit. Auf klassische Trainings oder Side-by-SideCoachings von Kollegen will man jedoch auch in Zukunft nicht verzichten. „Das zahlt auf so viele verschiedene Konten ein: Vernetzung, Kollegen besser kennenlernen und auch der Kollege, der sein Wissen weitergibt, übernimmt Verantwortung und wächst damit – das sind für mich Vorzüge, die kein E-Learning ersetzen kann”, veranschaulicht Personalleiterin Brigitte Fritz von BRUNATAMETRONA.
DIREKTES FEEDBACK IM CHAT Social Learning findet im regiocom-Verbund teils sogar via App statt. Mit der haben die Kollegen Zugriff auf die Mitarbeiterplattform W1R, die Lerninhalte bereithält, so dass jederzeit von überall darauf zugegriffen werden kann. „Wir haben eine studentische Hilfskraft, die mit Unterstützung meines Teams und eines ausgebildeten E-Trainers Lerninhalte erstellt, die wir den Kollegen über diese Plattform zur Verfügung stellen”, erklärt Antje Bauer, die den Bereich Personalentwick-
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lung bei regiocom consult leitet. Die Anwendung steckt noch in den Kinderschuhen: Im Entwicklungsprogramm TALENT19 bekommen seit Februar 33 Mitarbeiter von 14 Standorten Lerninhalte via App vermittelt. Immer wieder findet ein gemeinsamer Austausch, ein Netzwerken und ein gegenseitiger Support statt. Obwohl langjährige Erfahrungswerte noch fehlen, verbucht Antje Bauer die Einführung des Tools schon jetzt als Erfolg. „Wir sehen das im gemeinsamen Chat, in den wir von unseren Talenten eingeladen wurden. Da findet ein richtiger Austausch statt. Hier gibt es Rückmeldungen zu den Lerninhalten, es tauchen Fragen auf. Der Chat wird sehr gut angenommen und gibt uns Feedback”, freut sich Antje Bauer, dass sie und ihr Team am Social Learning ihrer Kollegen auf diese Art teilhaben können. Die Möglichkeiten des Social Learning sind noch lange nicht erschöpft. Denkbar ist alles, was die soziale Interaktion fördert und erlaubt. Viel Budget und Zeit muss es dafür nicht zwangsläufig sein. Vieles an Wissen ist schließlich bereits im Unternehmen und in der Organisation vorhanden. „Wir haben so viel Erfahrung und Expertise in unseren Reihen, es wäre verrückt, wenn wir nicht darauf zurückgreifen und den Austausch fördern”, findet L&D-Manager Tim Darling vom Sprachtraininganbieter Speexx.
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LEARNING AT WORK WEEK: PERSONALENTWICKLUNG MIT MODERNEN METHODEN
Ihr Weg zur innovativen Lernkultur Kein Budget. Keine Ressourcen. Keine Zeit. Die Hürden in der Personalentwicklung scheinen oft unüberwindbar. Doch damit ist Schluss! Die Learning at Work Week bietet Unternehmen und Organisationen die Möglichkeit, ihre Routine aufzumischen und ihre Mitarbeiter weiterzuentwickeln – und das bei überschaubarem Aufwand. In Großbritannien ist dieses PE-Format bereits seit 20 Jahren ein jährlicher Bestandteil in Unternehmen. In der Woche vom 23. bis 27. September 2019 feiert es auch in Deutschland Premiere. Über klassische Formen des innerbetrieblichen Lernens wie Job-Rotation oder Inhouse-Schulungen geht die Learning at Work Week hinaus. Den Ideen sind keine Grenzen gesetzt: Das Beschatten eines Kollegen oder 44 | L&D-REPORT 2019
Managers ist ebenso möglich wie Speed-Dating unter bekannten und unbekannten Kollegen, um sich mit diesen einmal jenseits der Teeküche oder Kantine auszutauschen. Aktionen zum betrieblichen Gesundheitsmanagement sind gleichermaßen denkbar wie Q&As mit dem Geschäftsführer, Knowledge-Sharing-Workshops oder TED-Talks.
FREIWILLIGES ANGEBOT FÜR ARBEITNEHMER Die Learning at Work Week schafft Voraussetzungen für Innovationen, die Fachkräfte für ihre Weiterentwicklung brauchen, aber aufgrund von Zeitmangel oder begrenztem Budget nicht immer erhalten. Wie Jeff Bezos, CEO von Amazon, einst sagte: „Wenn man in einer engen Kiste steckt, muss man erfinderisch sein, um herauszukommen.” Genau hier knüpft die Lernwoche im September an: Arbeitnehmer haben die Möglichkeit, aus den verschiedenen Angeboten zu wählen, und können etwas lernen, was sie persönlich interessiert und für ihre Tätigkeit hilfreich sein kann.
LERNKULTUR SCHAFFEN, LERNKULTUR VERTIEFEN – DARAUF ZIELT DIE AKTIONSWOCHE AB. SIE TRÄGT ZUDEM DAZU BEI: yy die Mitarbeiter zu motivieren yy e igene Talente zu entdecken und aufzubauen yy die gesamte Belegschaft mit ins Boot zu holen yy den Teamgeist zu stärken yy Erfolgserlebnisse zu teilen yy Mitarbeiter aus verschiedenen Unternehmensbereichen zusammenzubringen yy eine umfassendere Sichtweise zu gewinnen, welche Lernmöglichkeiten es gibt yy zu Feedback, Ideen und Perspektiven anzuregen, die die künftige Personalentwicklung beeinflussen yy d ie Sichtweise von Personalentwicklung auf betrieblicher und individueller Ebene zu verbessern
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SO FUNKTIONIERT DIE LEARNING AT WORK WEEK: ie Learning at Work Week steht in GroßbriD tannien jedes Jahr unter einem anderen Motto. 2019 heißt es: „Zukunft gestalten”. yy B ilden Sie eine abteilungsübergreifende Planungsgruppe und sammeln Sie Ideen für Aktivitäten zu diesem Thema. Lifestyle-übergreifende Aktionen, etwa ein Yoga-Angebot oder ein Workshop zu „Gesunde Ernährung”, haben gegenüber berufsbezogenen Aktivitäten den Vorteil, dass dabei ganz unterschiedliche Menschen aus dem Unternehmen zusammenkommen. So können neue Netzwerke entstehen. yy Klären Sie, ob das Unternehmen für die Learning at Work Week Budget bereitstellt. yy Es gibt genügend Aktionen, die sich kostenlos realisieren lassen. Bestimmt schlummert in Ihren Reihen das ein oder andere Talent, das gerne bereit ist, sein Wissen mit den Kollegen zu teilen. yy W enn Sie jemand Externen als Workshopleiter oder Referenten gewinnen wollen, nehmen Sie rechtzeitig Kontakt zu ihm auf. Besprechen Sie Details und legen Sie zeitnah die Konditionen fest.
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yy Promoten Sie die Learning at Work Week in Ihrem Unternehmen und darüber hinaus. Binden Sie Soziale Netzwerke ein, informieren Sie die regionale Presse über Ihr Vorhaben. yy Erstellen Sie einen Zeitplan für die Angebote während der Aktionswoche. Teilen Sie diesen mit der gesamten Belegschaft und erstellen Sie zudem Listen, in die sich die Teilnehmer für die einzelnen Angebote eintragen können. Die Learning at Work Week ist ein freiwilliges Angebot, bei dem die Mitarbeiter selbst entscheiden, ob sie daran teilnehmen wollen, und wenn ja, an welchen Aktionen. yy Genießen Sie die Aktionswoche und halten Sie diese in vielen Bildern fest. Vergessen Sie nicht, anschließend Feedback von Kollegen einzuholen – damit es im kommenden Jahr noch erfolgreicher in die nächste Runde der Learning at Work Week gehen kann. Wollen Sie mehr wissen oder suchen Sie konkreten Input für eine Learning at Work Week in Ihrem Unternehmen? Dann nehmen Sie gerne mit Projektleiterin Vanessa Schäfer, Telefon 0621/4377 4406, E-Mail vanessa. schafer@kursfinder.de, Kontakt auf. Wir freuen uns auf eine gemeinsame Aktionswoche.
ÜBER UNS
kursfinder.de – Deutschlands führendes Portal für Weiterbildungen Hinter unserer Vision „to help everyone in the world find the right education” steckt das Wissen, dass yy Weiterbildung beflügelt: Sie verändert unser Leben! yy der Mensch stets auf der Suche nach Herausforderungen ist: Wachsen wir an ihnen! yy persönliche Weiterentwicklung gut fürs Ego ist: Sie stärkt unser Selbstbewusstsein. yy sich durch Weiterbildung die nächste Sprosse auf der Karriereleiter erklimmen lässt: Steigen wir auf! yy Bildung Menschen verschiedener Kulturen zusammenbringt. Sie öffnet uns neue Horizonte. yy entfaltetes Potential Berge versetzt: Glauben wir an uns! kursfinder.de tut es auch! kursfinder.de – das sind zwölf Köpfe, die eine Vision teilen. Unser Ziel ist es, eine größtmögliche Vielfalt an Weiterbildungen auf unserem Portal zu bündeln. Mit über 25.000 Kursen sind wir auf einem guten Weg dahin. Sie als Personalentwickler können in unseren Angeboten stöbern. Filtern Sie die Kurse nach Ihren Vorstellungen. Vergleichen Sie die, die in die engere Wahl kommen. Und scheuen Sie sich nicht davor, sich bei uns zu melden, wenn es bei der Suche hakt. Zusammen werden wir die Weiterbildung oder das Inhouse-Seminar für Ihre Mitarbeiter finden, das das Potential aus ihnen herauskitzelt, das in ihnen schlummert.
IMPRESSUM HERAUSGEBER:
GESTALTUNG UND L AYOUT:
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