El Puente
informiert 2019 EL PUENTE GmbH
Lise-Meitner-Str. 9 31171 Nordstemmen Telefon: +49 (0) 5069 - 34 89 0 Telefax: +49 (0) 5069 - 34 89 28 www.el-puente.de info@el-puente.de
Jahresberich
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Unsere Vision r. e d n a in e t i M s e ist ein fair
Die 10 Grundsätze des Fairen Handels
Inhaltsverzeichnis
Diese Kriterien wurden von der World Fair Trade Organization (WFTO) entwickelt und sind die Grundlage unserer Arbeit:
Chancen für benachteiligte Produzenten
Der Faire Handel steht für nachhaltige Entwicklung und schafft neue Absatzmärkte für wirtschaftlich benachteiligte Kleinproduzenten.
Inhalt Vorwort 1 Volle Fahrt voraus in Sachen Klimaschutz
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Hier oder dort? Mehrwert für Produzent*innen
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20 Jahre lang – Der Pott kocht fair
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Verabschiedung von Stefan Bockemühl
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El Puente GmbH
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Jahresabschluss der El Puente GmbH
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Faire Woche 2019
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El Puente Entwicklungsfonds
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El Puente Projektpartnerausschuss
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El Puente Weltladen und Verein
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Vor 50 Jahren: Richard Bruns blickt zurück auf 1969
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El Puente Stiftung
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Reisebericht: Bei MST in Brasilien
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Reisebericht: Peru
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Versammlungsfreiheit, keine Diskriminierung und Geschlechtergerechtigkeit
Im Fairen Handel darf niemand aufgrund seines Geschlechts, seiner Herkunft, Religion, sexuellen Orientierung oder Krankheit benachteiligt werden.
Transparenz und Rechenschaftspflicht
Gute Arbeitsbedingungen
Faire Handelspraktiken
Aus- und Weiterbildung
Faire Bezahlung
Förderung des Fairen Handels
Keine ausbeuterische Kinderarbeit, keine Zwangsarbeit
Schutz der Umwelt
Der Faire Handel steht für transparente Handelsbeziehungen, die auf Fairness und Respekt beruhen.
Fairhandels-Organisationen streben keine Gewinnmaximierung an und bauen auf langfristige Handelsbeziehungen, die auf Vertrauen und Solidarität beruhen.
Die Preise werden im Fairen Handel im gleichberechtigten Dialog zwischen den Handelspartnern festgelegt.
Der Faire Handel steht für sichere und nicht gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen.
Der Faire Handel fördert vor allem Kleinproduzenten und hilft ihnen, ihre Kompetenzen zu stärken.
Die Organisationen des Fairen Handels setzen sich öffentlich für einen gerechten Welthandel ein und klären über die Ziele des Fairen Handels auf.
El Puente gehört zu den Pionieren der Fairhandels-Bewegung und arbeitet heute mit etwa 140 Handelspartnern in Afrika, Asien und Lateinamerika zusammen. In langjährigen und transparenten Handelspartnerschaften unterstützt El Puente seine Handelspartner durch Fairhandels-Prämien für soziale Projekte. Die Produkte werden in etwa 800 Weltläden in Deutschland und Europa sowie über unseren Online-Shop verkauft. Als Mitglied der World Fair Trade Organization (WFTO) richten wir unsere Arbeit an den zehn Standards des Fairen Handels aus. Unsere Vision ist ein faires Miteinander. Foto Titelseite: Das Segelfrachtschiff Avontuur brachte zum ersten Mal unseren fair gehandelten Kaffee aus Nicaragua allein per Windkraft zu uns. Foto: Verena Brüning
Der Faire Handel lehnt jegliche Art von ausbeuterischer Kinder- und Zwangsarbeit ab.
Der Faire Handel setzt sich für umweltfreundliche Anbaumethoden und Produktionsbedingungen ein.
Das Siegel der World Fair Trade Organization (WFTO) bestätigt, dass El Puente nach den Kriterien des Fairen Handels arbeitet. www.el-puente.de
Liebe Leserinnen, liebe Leser, die Segel gehisst, das Meer im tiefdunklen Blau und der Himmel bestes Wetter verheißend. Das Bild vom Segelschiff „Avontuur“ (niederländisch für Abenteuer) war vermutlich das meist genutzte Foto in unseren Publikationen in diesem Jahr. Dabei steht dieses Bild für so viel mehr, als allein für den „Kaffee Ahoi“. Die Avontuur ist ein herausragendes Leuchtturmprojekt. Ein Symbol, dessen gehisste Segel uns zeigen, dass die Zukunft des Seehandels eine andere sein muss. Das 100 Jahre alte Segelschiff hat durch Windkraft unseren Kaffee aus Nicaragua zu uns gebracht. Die Zukunft des Seetransportes liegt sicherlich nicht in Segelschiffen, sondern in modernen, innovativen Antrieben wie Gas mit Segelunterstützung. Doch die Avontuur erinnert uns daran, dass etwas bewegt werden muss. Und das wird es. Denn die Fridays For Future-Bewegung hat insbesondere im letzten Jahr etwas ins Rollen gebracht, das kaum jemand für
möglich gehalten hätte. An den Themen Nachhaltigkeit und Umweltschutz kommt niemand mehr vorbei. Die Bewegung hat an Fahrt aufgenommen. Gemeinsam zieht man an einem – um im Segeljargon zu bleiben – Tau. Dazu zählt sowohl die Unterstützung solcher herausragenden Initiativen wieder Timbercoast, das gemeinsame Laut-Werden auf Demonstrationen und auch die Verbesserung des (firmen)-eigenen CO2Fußabdruckes. Im Jahr 2019 gab es auch in der Geschäftsstelle bei El Puente einige Veränderungen. Stefan Bockemühl ging in den Ruhestand und ich bin seitdem alleiniger Geschäftsführer, begleitet von einem neuen Team an Abteilungsleiter*innen und vielen engagierten Kolleg*innen, die El Puente in die Zukunft führen. Nicht zuletzt möchte ich all unseren Unterstützer*innen herzlich danken. Nur durch Ihr Engagement für den Fairen Handel sind all die tollen Erfolge möglich!
Martin Moritz Geschäftsführer der El Puente GmbH
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Segelkaffee
Alte Lady: 99 Jahre hat die Avontuur bereits auf dem Buckel, aber der Wind treibt sie nach wie vor zu Höchstleistungen an.
Foto Verena Brüning
Volle Fahrt voraus in Sachen Klimaschutz In der Regel ist der Transport fair gehandelter Produkte gebunden an große Containerschiffe, mit denen die fairen Waren ihren Weg aus Asien, Afrika oder Latein- und Südamerika in die großen europäischen Häfen bringen. Die Containerschifffahrt ist ein schwieriges Nadelöhr für den Fairen Handel, denn bislang ist es für diesen noch nicht möglich mit einer Reederei zu verschiffen, die sich auch dazu bekennt, nach den Kriterien des Fairen Handels zu arbeiten, geschweige denn über Technologien verfügt, die einen sauberen Warentransport ermöglichen. Oder doch?
Mit 99 Jahren und frischem Wind über den Atlantik
Gestemmt: Joscha Wodniczak hat die letzten Säcke des Kaffee Ahoi! von Hand aus dem Bauch des Schiffes entladen.
Ein 99 Jahre alter Frachtsegler, die „Avontuur“, ist seit 2016 wieder über den Atlantik unterwegs und verbindet dabei Kontinente, Handelspartner, Menschen, die sich für eine nachhaltige, zukunftsfähige Welt engagieren. Der Kapitän und Initiator des Projektes Timbercoast, Cornelius Bockermann, hat eine klare Botschaft: „Wir weisen auf die Missstände in der Welthandelsflotte hin und zeigen, dass Waren sauber und emissionsfrei über den Seeweg transportiert werden können.“ Rund 90 % des globalen Welthandels wird derzeit über Container-
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schiffe abgewickelt. Diese sind Haupttransportmittel und gleichzeitig größter Umweltverschmutzer im Transportsektor. Millionen Tonnen CO², Stickoxide, Schwefeldioxid, Feinstaub und Ruß sowie weitere giftige Stoffe emittieren sie so jährlich in die Umwelt und sind dabei kaum an Standards und Regulierungen gebunden. Bockermann und sein Team möchten aber nicht nur Symbol sein, sondern den Segelfrachttransport wiederbeleben und zu einem Wandel in der Schifffahrtindustrie beitragen: ökologisch, sozial, nachhaltig. Im Segelfrachtverkehr sehen sie eine überfällige und notwendige Alternative: „Die Zeiten müssen sich ändern und wir brauchen Klimaschutz, jetzt! Wir brauchen mehr Segelschiffe oder den Bau und die Nutzung moderner 0-Emissionen Fahrzeuge auf dem Wasser“ sagt Ben Decosse von Timbercoast.
Kaffeeimport – einmal anders 2019 haben wir einen Teil unseres Kaffees, genauer gesagt 1t Rohkaffee von Cosatin (Cooperativa de Servicios Agropecuarios Tierra Nueva) in Boaco, Nicaragua, mit der Avontuur nach Deutschland segeln lassen. Fairer Kaffeeimport gehört im Allgemeinen zu unseren
Segelkaffee
Verschifft: Der Kaffee von unserem Handelspartner Cosatin machte sich von Nicaragua aus mit dem Schiff auf den Weg.
Routineaufgaben, aber diesmal war Vieles anders und erforderte neue, kreative Lösungen und viel Zeit. Unsere Partner, die von der Idee des Segelkaffees begeistert waren, schickten ihren Kaffee nicht wie sonst in einem verschlossenen Container auf den Weg. Diesmal mussten die Säcke lose nach La Ceiba in Honduras gebracht und chargenweise verzollt werden. Im Hafen wurden sie von vielen fleißigen Händen verladen und ebenso in Hamburg wieder ausgeladen. Während die Aktion in Hamburg den Charakter eines (wenn auch anstrengenden) Fair Trade Festes hatte und das Entladen mit den vielen im Löschen von Schiffsladung unerfahrenen Landratten nur gerade noch vor Schließung des Zolllagers fertiggestellt werden konnte, arbeitet man in Honduras mit professionellen „Schauerleuten“, die mit dem Be- und Entladen von Schiffen ihren Lebensunterhalt verdienen. „Unbefugte“ Freiwillige haben in La Ceiba keinen Zutritt zum Hafen. Von dort aus ging es Ende März nahezu emissionsfrei über Belize, Veracruz (Mexico), Halifax (Kanada), Horta (Azoren) nach Hamburg, wo die Avontuur nach insgesamt 18.400 Seemeilen am 6. Juli in den Hafen einlief.
Der faire Preis: Muskelkater Joscha Wodniczak, Besnik Terholli und 13 weitere Kolleg*innen von El Puente waren auch schon da und warteten auf das Schiff. An die Tausend 30 kg schweren Kaffeesäcke mussten gebückt und teils auf Knien aus den hinteren Winkeln des Laderaums gezerrt und durch die Luke nach oben geworfen werden, wo die nächste Person in der Menschenkette bereit stand, um Sack für Sack aufzufangen und von Arm zu Arm weiterzugeben und schließlich mit Lastenfahrrädern ins Lager zu fahren. Für die zweihundert 69 kg Säcke stand immerhin ein Seilzug und Sackkarren zur Verfügung. Joscha, der in seinem Arbeitsalltag bei El Puente einen Gabelstapler zur Verfügung hat, konnte es genießen, nach der anstrengenden Arbeit mal so richtig kaputt zu sein! „Man glaubt gar nicht, wie viel Ware in so einem kleinen Segler drin ist! Außer Kaffeesäcken waren da noch Säcke mit Kakao, Kisten mit Gin und Fässer mit Rum.“ Auf die Frage, ob sie das wieder machen würden, antworten Joscha und Besnik entschieden mit „Ja!“ Doch nur Joscha reizt auch die Vorstellung, einmal auf hoher See einmal dabei zu sein. „Mitsegeln und tagelang
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Angepackt: Joscha Wodniczak hat mitgeholfen, die schweren Säcke von Bord des Schiffes zu hieven.
Segelkaffee
Ausgerüstet: Mitarbeiter*innen von El Puente packten tatkräftig bei der Entladung der Avontuur mit an.
nichts anderes sehen als Wasser – und dann all die fernen Länder zu besuchen! – Das würde mich schon reizen.“ Wir bei El Puente haben von und mit dem Segelkaffee viel gelernt und konnten durch die gute Zusammenarbeit mit Café Chavalo den zusätzlichen Aufwand für unsere Partner bei COSATIN verringern, so dass heute alle Beteiligten stolz auf die gemeinsame Leistung sind!
Und die Weltläden? Den Kaffee sucht man in unserem Shop derweil vergeblich. Die 3.300 Tüten „Segelkaffee“ waren bereits nach zwei 2 Monaten restlos ausverkauft und die Rückmeldungen der Weltläden dazu waren ausnahmslos positiv. Viele Weltläden haben besondere Aktionen zum Segelkaffee gemacht, Schaufenster gestaltet und bei den Kund*innen für klimafreundliches Verhalten geworben. „Der Segelkaffee wird häufig als Geschenk gekauft, so ist meine Beobachtung. Die Kunden sagen, dass er etwas ganz Besonderes ist“, so Charlotte Schülzke, aus dem Weltladen Puerto Alegre.
Es gibt noch viel zu tun Eine alltagstaugliche Alternative ist das Segeln für uns als Fair-Handels-Unternehmen mit rund 140 Partnern in
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über 40 Ländern zurzeit jedoch nicht. Während monatelanger Transport unter schwankenden Temperaturen und der Bewegung der Wellen dem Rum aus der Karibik eine besondere Qualität verleihen mag, wäre das für viele unserer Waren eher problematisch. Natürlich ist es unsere Aufgabe, die hochwertigen Produkte, die unsere Partner in aller Welt herstellen, ohne Qualitätseinbußen an unsere Kund*innen weiter zu geben. Auch wollen wir nicht verschweigen, dass die Transportkosten für den Segelkaffee zurzeit um das 3-5fache höher sind, als üblicherweise unsere Transportkosten für Kaffee. Eines ist aber klar: Bei der nächsten Tour der Avontuur ist unser Kaffee wieder mit an Bord! Auch wenn der Segler nur einen kleinen Teil unsere Warentransportes übernehmen kann, wollen wir die Bemühungen um Nachhaltigkeit im Schiffsverkehr tatkräftig unterstützen und uns und andere immer wieder daran erinnern, dass es unsere Aufgabe ist, Alternativen zu entwickeln, mit denen wir dem guten Leben auf dem Planeten Erde näher kommen. Bei Timbercoast feilt man derzeit an der Wirtschaftlichkeit, die ja bekanntlich zur Nachhaltigkeit genauso dazu gehört, wie das Soziale und die Ökologie. So sollen in Zukunft auch Waren von Ost nach
Segelkaffee
Angepackt: Besnik Terholli, Vertriebsleiter von El Puente schulterte die rund 30 kg schweren Kaffeesäcke.
West über den Atlantik geliefert werden, und die Auslastung des Frachtschiffes verbessert werden.
Weichen stellen für die Zukunft der Erde Apropos Erinnern: Am 20.9. haben wir uns mit der gesamten Belegschaft am weltweiten Klimastreik von Fridays for Future beteiligt, um auch die Politiker*innen an ihre Verantwortung zum Klimaschutz zu erinnern. Für einige von El Puente war das die erste Demo überhaupt! Gemeinhin ist bekannt, dass die Industrienationen der westlichen Welt den Großteil der schädlichen CO₂Emissionen verursachen, die Menschen in den Ländern des globalen Südens aber weitaus mehr unter den Folgen des Klimawandels leiden. Dies erleben wir im täglichen Kontakt mit unseren Handelspartnern in aller Welt. Wir von El Puente sehen uns als Pioniere des Fairen Handels und dazu gehört nachhaltiges Handeln, genauso wie fairer Umgang mit Mensch und Natur. Wir spüren aber auch die Grenzen des eigenen Engagements und fordern von der Politik bessere eine deutliche Weichenstellung für nachhaltiges und faires Handeln! Und damit sind wir nicht allein! Weltweit wurde in 160 Staaten demonstriert, allein in
Deutschland gingen laut Tagesschau 1,4 Mio Menschen, mit der Forderung nach wirksamem Klimaschutz auf dies Straßen. In Hildesheim waren ca. 4.000 bei der Demo – und wir mittendrin! Besonders beeindruckt hat uns die unglaubliche Energie der Schüler*innen, die die Demo organisiert hatten und mit kräftigen Parolen lautstark die Erwachsenen zum Handeln aufforderten. Diese Bewegung macht Mut und stärkt auch unser jahrzehntelanges Engagement für eine andere, eine faire, eine zukunftsfähige Welt.
Vielfältiges Engagement für Nachhaltigkeit Bereits in der letztjährigen Ausgabe von „El Puente informiert“ haben wir ausführlich über unsere vielfältigen Maßnahmen von der Regenwassernutzung über die Photovoltaikanlage bis hin zur Wiederverwendung ausrangierter Kartons als Füllmaterial und den CO₂-Ausgleich für den Standort in Nordstemmen berichtet. 0-Emissions-Transport bleibt leider weiterhin auf unserer Liste der unerledigten Aufgaben zur Rettung der Erde. Mehr unter www.el-puente.de/nachhaltigkeit
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Wertschöpfung
Erfahren: Bevor die Kakaobohnen zu Schokolade werden, durchlaufen sie bei den Kakaobäuer*innen bereits mehrere Verarbeitungsschritte.
Hier oder dort? Mehrwert für Produzent*innen Namenlos in aller Munde Über Produkte, die zu 100 % im Herkunftsland hergestellt und dort auch fertig verpackt werden, wird im Fairen Handel gerade viel geredet, nachgefragt, geschrieben, diskutiert und entwickelt. Eine griffige Bezeichnung haben wir dafür noch nicht, und so wird hier immer wieder von „Produkten mit (mehr) Wertschöpfung im Herkunftsland“ gesprochen. Bereits mehr als 100 verschiedene Artikel finden sich in unserem Sortiment und es werden immer mehr! 100? Moment mal. Die allermeisten unserer Waren sind von Anfang bis Ende im Herkunftsland gefertigt, denn bei Kunsthandwerk ist das eine Selbstverständlichkeit! Im Fairen Handel geht es seit über 40 Jahren darum, Lebens- und Arbeitsbedingungen insbesondere im globalen Süden zu verbessern und dazu beizutragen, dass Menschen in diesen Ländern aus eigener Kraft einen angemessenen Lebensunterhalt erreichen und selbstbestimmt leben können. Das gilt bei der Herstellung und Vermarktung von Handwerksprodukten genauso wie bei Lebensmitteln.
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Hier oder dort – was steckt dahinter? Hinter dem „hier oder dort“ steht eine andere Frage, nämlich: wie geht`s ganz fair? Wie schaffen wir es, nach und nach ALLE Arbeitsschritte und Handelsstufen in der Wertschöpfungskette so zu gestalten, dass sie rundum fair sind? Dass also Unternehmen und Organisationen dahinterstehen, die den Fairen Handel aus eigener Überzeugung vertreten, fair denken und die eigene Tätigkeit immer weiter in diese Richtung entwickeln? Noch fairer, noch umweltverträglicher, noch nachhaltiger? Wir sind nicht allein auf der Welt, und so ergeben sich immer wieder neue Möglichkeiten: neue Partner tauchen auf, neue Kooperationen werden möglich. Es werden neue Materialien entwickelt oder verfügbar, Techniken erfunden oder wiederentdeckt, Geräte und Maschinen werden angeschafft. Personen qualifizieren sich weiter und neue Stellen werden geschaffen. Was gestern nicht ging, wird vielleicht übermorgen verwirklicht werden können. Produktentwicklungsgeschichten handeln deshalb oft vom Suchen, Lernen und Investieren. Daran arbeiten wir in der fairen Handelspartnerschaft zusammen!
Wertschöpfung
Lecker: Aus guten Zutaten kreiert Ana Margarita Villegas von Color Cacao Schokoladenspezialitäten.
Die kritische Betrachtung der Wertschöpfungskette und die bewusste Verlagerung von Produktionsschritten in die Herkunftsländer und an Fair-Handels-Unternehmen ist ein notwendiger nächster Schritt auf dem Weg hin zu einer lückenlosen fairen Wertschöpfungskette.
Hohe Ansprüche an die faire Produktentwicklung Lebensmittel und Handwerksprodukte sind in unterschiedlicher Weise betroffen: Gemeinsam mit Handwerksproduzent*innen suchen wir immer wieder nach möglichst nachhaltigen und fairen Bezugsquellen für Rohstoffe, die am Anfang des handwerklichen Fertigungsprozesses stehen. Können Materialien wie Leder, Metalle, Holz oder Baumwolle von Unternehmen oder Kooperativen bezogen werden, denen faires Wirtschaften und Umweltschutz ebenso am Herzen liegen wie uns, ist das ein weiterer Schritt, zur komplett fairen Wertschöpfungskette. Produzent*innen im Lebensmittelbereich hingegen verfügen meist über eigene Rohstoffe aus fairer und nachhaltiger Erzeugung. Bei der Aufbereitung, Verarbeitung, Mischung mit anderen Zutaten, Haltbarmachung
und Verpackung bis zum fertigen Produkt sind sie jedoch oft auf andere Akteure angewiesen. Diese weiteren Verarbeitungsschritte im Sinne des Fairen Handels zu gestalten, ist die Herausforderung der „Wertschöpfung im Herkunftsland“. Neben der Umsetzung der FairhandelsPrinzipien sind dabei noch weitere z.B. technische Anforderungen zu erfüllen: Angaben auf den Etiketten müssen den europäischen Vorschriften und den Erwartungen der Verbraucher*innen in Deutschland genügen. Auch die Exportvorschriften des Herkunftslandes müssen selbstverständlich eingehalten werden. Verpackungen müssen das Produkt auf der langen Reise bis in den Weltladen sicher vor schädlichen Einwirkungen schützen. So ist Weiterentwicklung der Produkte hin zu fairem Mehrwert immer ein gemeinsamer Lernprozess, in dem Kommunikation eine sehr große Rolle spielt, wo Fehler gemacht werden, und Kompromisse eingegangen werden müssen.
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Wertschöpfung
Mehr für Südafrika: Die Produzent*innen von Turqle Trading stellen direkt vor Ort verschiedene Soßen, Dips und Gewürze her.
Pralinen aus Kolumbien
Sozial: Rain Morgan von Turqle Trading schafft gute Arbeitsplätze in Südafrika.
Felix Gies, der bei El Puente in der Einkaufsabteilung für eine ganze Reihe von Food-Produkten zuständig ist, freut sich zum Beispiel über die Pralinen von Color Cacao aus Kolumbien. „Das ist einfach ein sehr hochwertiges Produkt“, sagt er und bezieht sich dabei nicht nur auf die Pralinen selbst, sondern meint auch die aufwendige, farbig bedruckte und mit goldener Schrift versehene Verpackung, die vor Ort aus Abfällen der Zuckerindustrie hergestellt wurde. Die junge Unternehmensgründerin, die die Kunst der Schokoladenherstellung in Frankreich lernte, beschäftigt in ihrem Betrieb zehn überwiegend alleinerziehende Frauen, für die es sonst sehr schwierig ist, eine gute Arbeit zu finden und das Einkommen für ein eigenständiges Leben zu verdienen. Neben dem Kakao werden Zucker, Milchpulver und weitere Zutaten aus Kolumbien verwendet. Die geballte Kompetenz in dem kleinen Team hat Felix bei seinem Besuch vor Ort besonders beeindruckt. „Sie arbeiten hochprofessionell und haben ein unglaubliches Wissen über Kakaoverarbeitung. Es ist nicht so, dass das allein bei der Chefin liegen würde.“ Auch was das Marketing angeht, ist das Unternehmen sehr rührig. Ihre Pralinenkompositionen werden inzwischen auch mehrfach als Firmengeschenke in Kolumbien eingesetzt.
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Kompetenz macht attraktiv und unabhängig Wein, Sesamriegel, Quinoa-Bratlinge, Maniok-Chips, Brotaufstriche, Hummus, Saucen und Gewürzmischungen, Kokosmilch, Curry-Paste, Pralinen und Nougattaler und bald auch Schokoriegel: Wir sind stolz auf die steigende Anzahl von Food-Produkten, die im Herkunftsland von unseren Handelspartnern erzeugt, abgefüllt, etikettiert werden und fertig verpackt bei uns ankommen. Mehr Wertschöpfung in den Herkunftsländern der Rohstoffe schafft und sichert Arbeitsplätze, stärkt die lokale Wirtschaft und lässt mehr Menschen vom Fairen Handel profitieren. Für einige unserer Handelspartner wie Fair Trade Lebanon oder Turqle Trading in Südafrika entspricht das genau ihrer Zielsetzung. In den Kleinunternehmen und Produzent*innengruppen, die für und mit Turqle arbeiten sind mittlerweile 680 Personen eingebunden. Rain Morgan, Gründerin des engagierten FairhandelsUnternehmens, antwortet auf die Frage nach ihrer Motivation: „Wir haben ein massives Problem mit der Jugendarbeitslosigkeit. In Südafrika sind mehr als die Hälfte der jungen Menschen arbeitslos! Wir brauchen eine neue Form des Unternehmertums - eine, die ein ganz-
Wertschöpfung
Eine runde Sache: Die Nougattaler aus Südafrika sind unser 100stes Lebensmittel mit Wertschöpfung im Herkunftsland.
heitliches soziales Wachstum gewährleistet. Unsere Ziele: Faire Wertschöpfungsketten von den Bäuer*innen bis zu den Konsument*innen, gesunde Sozialunternehmen, widerstandsfähige Industrien und florierende Gemeinschaften.“
fältig und mit viel Erfahrung, damit die „Rohware“ nicht an Qualität verliert oder gar verdirbt. Den Wert dieser Arbeitsschritte sollten wir nicht vergessen! Anbau und Qualität sind entscheidend, hier fängt das Endprodukt an und ohne gute Rohstoffe geht es auch nicht weiter!
Landwirtschaftliche Kooperativen werden durch eigene Weiterverarbeitung oft attraktiver für den eigenen Nachwuchs, wenn sie neben dem Anbau und Vertrieb von Rohstoffen auch in der Weiterverarbeitung, Produktentwicklung und im Marketing Arbeitsplätze anbieten können. Mit eigenen, hochverarbeiteten Produkten auf den Markt zu gehen, stärkt das Selbstbewusstsein der Produzent*innen und erhöht die Chancen, sich weitere, attraktive Märkte zu erschließen, auch unabhängig von der Nische des exportorientierten Fairen Handels.
Der Wert des Rohstoffs Den Begriff „Rohstoff“ mag Felix eigentlich nicht. „Auch landwirtschaftliche Erzeugnisse werden von unseren Partnerorganisationen nicht völlig unbearbeitet auf den Weg nach Europa geschickt.“ Rohkaffee wurde nach der Ernte bereits geschält, fermentiert, gewaschen und getrocknet. Auch Kakaobohnen haben schon viele Aufbereitungsschritte hinter sich. Tee kommt immer als fertig genießbares Produkt nach Europa. Das alles geht nicht irgendwie, sondern sorg-
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Wertschöpfung
Getestet: Alberto Verdecia, Export Manager von der Kooperative Red Ecolsierra verkostet mit El Puente Mitarbeiter*innen neue Kaffeekompositionen.
Herkunftskaffee Im kommenden Jahr wird El Puente zwei Kaffees ins Sortiment aufnehmen, die bereits bei Red Ecolsierra in Kolumbien geröstet, teilweise gemahlen und verpackt wurden. Für die Kooperative der Kaffeebäuer*innen in der Sierra Santa Marta ist das an sich nichts Neues. Schon lange beschäftigen sie einen Röstmeister, verfügen über ein eigenes Kaffeelabor. Sie vertreiben ihre eigene Kaffeemarke „Tima Café“ in den Supermärkten Kolumbiens. Felix Gies, der die Kooperative besucht hat, weiß aber auch, dass die Kolumbianer*innen den Kaffee gerne sehr mild trinken. Es musste also gemeinsam mit El Puente eine Röstung kreiert werden, die dem aktuellen deutschen Geschmack entspricht, damit die neue Sorte hier eine Chance hat.
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Weltläden, die unseren Cubita im Sortiment haben – möglicherweise der erste „Herkunftslandkaffee“ in Deutschland überhaupt – wissen das genau. Dieser Kaffee, den wir seit über 20 Jahren als verkaufsfertiges Produkt aus Kuba importieren, hat seine Liebhaber*innen. Die meisten Kund*innen greifen aber lieber zu einer der vielen, bei Niehoff gerösteten Sorten. Fairer Handel ist vielleicht selten perfekt. Wir bei El Puente wollen dazu beitragen, dass er dynamisch und lebendig bleibt, Ansprüche erfüllt, Möglichkeiten schafft, auf Entwicklungen reagiert und nicht zuletzt selbst Anstöße geben!
Der Pott kocht fair
Zahlreich: 30 Städte aus dem Ruhrpott beteiligen sich heute an der erfolgreichen Kampagne.
20 Jahre lang – Der Pott kocht fair Die Städtekaffee-Initiative „Der Pott kocht fair“ konnte in diesem Jahr auf eine 20-jährige Geschichte zurückblicken. Und auch die anderen Zahlen rund um die faire Kampagne können sich sehen lassen. 850.000 Tüten und damit umgerechnet 215 Tonnen fair gehandelter Kaffee gingen seitdem in 30 Städten über die Ladentheken. Wenn das kein Grund zum Feiern ist. Und das taten die Verantwortlichen der Kampagne. Das Netzwerk Faire Metropole Ruhr hat den Präsidenten der KaffeeKooperative Red Ecolsierra aus Kolumbien eingeladen. Yinson de Jesus Aboleda Rodriguez berichtete aus erster Hand, welche Bedeutung der Faire Handel und die Pottkaffee-Kampagne für seine Heimatregion haben. Zwei Wochen lang besuchte er kommunale Akteur*innen, Schulen und Politiker*innen. Die Anfänge dieser Initiative gehen bis ins Jahr 1999 zurück. Damals war es die lokale Agenda-21-Bewegungen, die die Nachhaltigkeit auf der lokalen Ebene gefördert hat. Schnell war in Gelsenkirchen die Idee des fairen Städtekaffees geboren. Von Anfang an mit dabei war Martin Müller, Mitinitiator der Initiative. Heute ist er Geschäftsführer der Weltläden-Basis Gelsenkirchen und Mitarbeiter bei El Puente. „Als 1999 mit
dem Gelsenkirchenkaffee der erste faire Städtekaffee auf den Markt kam, erreichte uns schnell auch die Nachfrage von anderen Städten. Daraus wurde die Initiative: Der Pott kocht fair“, erklärt Martin Müller. Heute werden die Kaffees der Kampagne an zahlreichen Stellen im ganzen Ruhrpott verkauft: Ob Bottrop, Dortmund, Gladbeck oder Werne. Vom Weltladen, über die Tourist-Info bis hin zu Bioläden. Zudem wurde die Idee ins Rheinland exportiert, wo es unter dem Namen „Die rheinische Affäre“ fairen Bio-Kaffee zu kaufen gibt.
Auch Lust einen Städtekaffee ins Leben zu rufen? Es ist gar nicht schwer. Allein das Etikett muss in Zusammenarbeit mit der Stadt oder anderen Verantwortlichen gestaltet werden. Die Klebeetiketten werden von El Puente gedruckt und schon kann der eigene Städtekaffee abgerufen werden. Dabei sind keinerlei Mindestmengen abzunehmen. Denn es gelten die üblichen Verpackungseinheiten. Schon in wenigen Wochen steht der eigene Städtekaffee im Regal. Bei Fragen weden Sie sich gerne an vertrieb@el-puente.de
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Ideenreich: Martin Müller hat den Pottkaffee vor 20 Jahre mit ins Leben gerufen.
El Puente GmbH
Abschied: Nach 30 Jahren verabschiedet sich Stefan Bockemühl in den Ruhestand. Martin Moritz wird alleiniger Geschäftsführer.
Verabschiedung von Stefan Bockemühl
„Für mich ist dies ein Abschied mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Aber dem Fairen Handel bleibe ich in jedem Fall treu.“ Stefan Bockemühl
Die El Puente GmbH ist die OrganisaMit dieser Arbeit werden weit über 100 tion, die die konkreten HandelsaktivitäHandelspartner in rund 50 Ländern der ten in der El Puente Familie übernimmt. Welt in ihrer Arbeit unterstützt. Der Kontakt mit den Partnern, die Produktentwicklung, die Qualitätskontrolle, Neben Stefan Bockemühl verlässt auch der Vertrieb an die Weltläden, Groß- und unsere langjährige Buchhalterin Sigrid Endkunden sowie die ÖffentlichkeitsarHage-Kolan El Puente und tritt damit beit finden hier ebenfalls in die „Über 30 Jahre, wie ein altes Ehepaar, wostatt. Was es zweite Phase ihin diesem Jahr bei es viele gar nicht so lange schaffen, wie rer Altersteilzeit Neues gab in geht das, werden sich manche fragen. Nun ein. Sie hat für der El Puente ja wir hatten die gleichen Ziele, in unserer nunmehr 30 JahUnterschiedlichkeit.“ GmbH, erfahre die BuchhalMartin Moritz, in seiner Abschiedsrede für Stefan tung bei El Puren Sie hier. ente abgewickelt, war Ausbilderin Verabschiedung und wichtige Ansprechpartnerin. Als von Stefan Bockemühl Team arbeitet El Puente damit weiter am Nach über 30 Jahren verabschiedet sich Generationenwechsel. unser Geschäftsführer Stefan Bockemühl in die zweite Phase seiner AltersMartin Moritz hat die alleinige Geteilzeit. Damit „Du hast die Idee des Fairen Handels mit schäftsführung scheidet er aus Leidenschaft vorangetrieben. Viele Kunden ü b e r n o m m e n . dem aktiven Ar- hast Du davon überzeugt, dass es besser U n t e r s t ü t z t beitsleben aus. ist, fair gehandelte Produkte zu kaufen als wird er dabei In den vergangevon einer neukonventionelle.“ nen Jahrzehnten en Struktur von Richard Bruns in seiner Abschiedsrede für Stefan. hat Stefan Bockemühl gemeinsam mit Martin Moritz Abteilungsleiter*innen und weiteren das Unternehmen durch teils schwere engagierten Kolleg*innen. Dieses Team Zeiten geleitet. Heute zählt El Puente möchte die Vision von einem fairen Mitzu den erfolgreichsten Fairhandels-Häueinander weiter in die Zukunft führen. sern in Europa. Die Organisation hat heute 60 Mitarbeiter*innen und einen Jahresumsatz von 10 Millionen Euro.
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El Puente GmbH
Martin Moritz, Geschäftsführung
Generationswechsel bei El Puente Ende Juni vor 50 Jahren wurde der Arbeitskreis gegründet, der wenige Jahre später den El Puente Verein ins Leben rief. Gleichzeitig war es Ende Juni 2019 wirklich soweit: Stefan Bockmühl, Urgestein des Fairen Handels, Geschichtenerzähler, Kaffee-Liebhaber und Hausmeister, hängte sein Geschäftsführer-Amt nach über 30 Jahren an den Nagel. Das bedeutet für Stefan und das gesamte Team von El Puente Bewegung und Veränderung. Auch Sigrid HageKolan verlässt zum 1. Juli El Puente und tritt in die wohlverdiente Altersteilzeit ein. Sie hat für nunmehr 30 Jahre die Buchhaltung bei El Puente abgewickelt, war Ausbilderin und wichtige Ansprechpartnerin. Als Team arbeiten wir damit weiter am Generationenwechsel. Denn eine neue Riege ist angetreten, um bei den Fair Trade Pionieren mehr Verantwortung zu übernehmen. Martin Moritz ist nun alleiniger Geschäftsführer. Dabei arbeitet er mit einer tollen Belegschaft zu-
Gesa Petersen, Leiterin Einkauf Thilo Rau, Vertriebsleiter Außendienst
Nina Labode, Grundsatz
Besnik Terholli, Vertriebsleiter Innendienst Rafael Ocheduska, Leiter Lager und Logistik
Steffen Gnauck, Finanz- und Personalwesen sammen und wird direkt von Abteilungsleiter*innen, einem Buchhalter und einer Grundsatzreferentin unterstützt.
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El Puente GmbH Genussvoll: Seit diesem Jahr ergänzen die feinen Datteltrüffel aus dem Libanon unser Sortiment.
El Puente: Was uns bewegt hat Willkommen: Ulrich Blanke betreut die Weltläden im Süden Deutschlands.
Nachbarschaftlich: René Alders ist Ansprechpartner für die niederländischen Weltläden.
Neue Kollegen im Außendienst Wir freuen uns in diesem Jahr zwei neue Kollegen im El Puente Vertriebsteam willkommen heißen zu können. Ulrich Blanke und René Alders. Mit beiden haben wir Kollegen gefunden, die bereits seit Langem im Fairen Handel tätig sind. Ulrich Blanke wird ab sofort die Außendienst-Betreuung der Weltläden in Baden-Württemberg, Hessen PLZ 6, Rheinland-Pfalz und Saarland übernehmen. René Alders ist für die niederländischen Weltläden, die Wereldwinkels zuständiger Ansprechpartner.
Auszubildende Als einer der wichtigsten Ausbildungsbetriebe in der Region freuen wir uns, dass auch in diesem Jahr wieder junge Kolleg*innen erfolgreich ihre Prüfung abgelegt haben. Drei Auszubildende im Bereich Groß- und Außenhandel und drei Auszubildende im Bereich Lagerlogistik haben ihr Zertifikat zum Abschluss der Ausbildung erhalten.
Produktneuheiten Lebensmittel
In diesem Jahr konnten wir unser bestehendes Sortiment mit besonderen Leckereien bereichern. Eine Neuheit im Bereich der Confiserie ist Malban. Die feine Süßigkeit hat im Libanon eine lange Tradition. Zudem ergänzen seit diesem Jahr feinste Datteltrüffel unser Confiserie-Sortiment. Sie beweisen, dass
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Gutes nicht viel braucht. Denn jeweils nur zwei Zutaten machen die DattelTrüffel zu einem Geschmackserlebnis. Die kleinen Kugeln werden zu 100 % in Ägypten vom Bio-Pionier SEKEM gefertigt. Mit dem neuen Weltgebetstags-Kaffee sind wir eine Kooperation mit dem Weltgebetstags-Komitee eingegangen. Dieser eigens für diesen Anlass kreierte Kaffee wird in der Demokratischen Republik Kongo angebaut und ist ein bio-fairer Kaffee und Botschafter starker Frauen. Für jedes Kilo Weltgebetstagskaffee, der über die Ladentheke geht, fließt 1 € an die Projekte des Deutschen Weltgebetstagskomitees.
Kunsthandwerk
Wellnesssortiment Viele neue Produkte in passenden Linien bereichern seit diesem Jahr unser Kunsthandwerkssortiment. Übersichtlich fassen die Produktwelten Themen wie Kids, Fashion oder Wellness zusammen. Das umfangreiche Sortiment für Bad und Wohlbefinden hat eine besondere Entstehungsgeschichte, die bis zu uns ins niedersächsische Nordstemmen führt. Im Februar 2018 kamen Designer*innen und Produktentwickler*innen aus verschiedenen Teilen der Welt bei El Puente zusammen, um gemeinsam Produkte zu einem Thema zu entwickeln: Wellness. Unter professioneller Anleitung von Kees Bronk, Design-Berater aus den Nieder-
El Puente GmbH
Entspannend: Die Bad- und Wellnessprodukte sind eine neue Linie im El Puente Sortiment.
landen, und unserer Mitarbeiter*innen entwickelten sie neue Gestaltungs-Ideen rund um das Thema Wellness. El Puente hat sich bewusst dazu entschieden, die Designer*innen hier vor Ort zu schulen. Denn ein wichtiges Prinzip im Fairen Handel ist die Förderung von Fähigkeiten und Weiterbildungen. „Es ist immer häufiger gängige Praxis, als Importeur Designs einfach vorzugeben. Uns ist es jedoch wichtig, Arbeitsplätze im Bereich Design zu schaffen und zu erhalten“, so Martin Moritz, Geschäftsführer der El Puente GmbH. „Auf diese Weise können die Kunsthandwerker*innen in allen Schritten vor Ort Produkte herstellen, die auf dem europäischen Markt Bestand haben.“ Ergebnis ist eine tolle Linie mit Seifenschalen, Kulturbeuteln und Bad-Organizern.
Veranstaltungen und Messen Die Bildungsarbeit ist seit jeher ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit. Auch in diesem Jahr haben wir Seminare und Workshops veranstaltet, Messen besucht und Vorträge gehalten. Im März und Oktober luden wir zum Zukunft der Weltläden-Regionaltreffen. Spannende Inputs und Workshops zu Themen rund um den Fairen Handel und die Ladenorganisation erwarteten die Anwesenden. Im November besuchte uns eine Gewürzsommeliére und informierte die Gäste über Herkunft, Verarbeitung und
Qualität von Gewürzen. Ebenso besuchten wir im Jahresverlauf verschiedene Messen, wie die Fair Handeln in Stuttgart, das Weltladentreffen Ost und natürlich auch die Weltladen Fachtage.
Weltgebetstag Seit vielen Jahren kommen wir anlässlich des Weltgebetstags mit neuen Handelspartnern ins Gespräch und nehmen ihre Produkte ins Sortiment auf. So auch in diesem Jahr, als Slowenien das fokussierte Land der Aktion war. Dieser Weltgebetstag war für uns besonders: Zwar bietet El Puente seit vielen Jahren, wenn möglich, Produkte aus den im Fokus stehenden Ländern an, ausgenommen waren jedoch bis jetzt Länder im globalen Norden. 2019 bot El Puente nun erstmals Produkte aus Slowenien an. Der Hintergrund: Die World Fair Trade Organization (WFTO) hat entschieden, ihren Standard auf NordProduzenten auszuweiten. Nun liegt der Fokus allgemein auf „ökonomisch marginalisierten Produzenten“, die durch den Fairen Handel unterstützt werden. El Puente begrüßt diese Entscheidung. Mit den neuen Handelspartnerschaften, die wir in Slowenien geschlossen haben, haben wir Verbindungen zu inspirierenden kleinen Unternehmen geknüpft und haben hochwertige Kräutertees und BärlauchPestos angeboten. Die Tees sind so gut angenommen worden, dass wir sie auch weiterhin im Sortiment haben.
15
Jahresabschluss
Alle fürs Klima: El Puente solidarisiert sich mit der Fridays for Future-Bewegung
Jahresabschluss der El Puente GmbH Im vergangenen Geschäftsjahr erwirtschafteten wir einen Umsatz von über 10 Millionen Euro. Dabei sind diese Zahlen besonders relevant für unsere Handelspartner. Denn von jedem verkauften Produkt profitieren Kleinbäuer*innen und Produzent*innen im globalen Süden. Wichtig ist es uns natürlich unseren Partnern faire Preise zu zahlen. Gleichzeitig wollen wir mitunter entstehende Gewinne verantwortungsvoll einsetzen. Diese werden unter anderem in die Verbesserung unseres ökologischen Fußabdrucks investiert. Die Veränderungen des Klimas spüren unsere Handelspartner schon lange. Lange Trockenzeiten, Starkregen, Stürme und Pflanzenkrankheiten machen
es den Produzent*innen schwer. Fast alle bauen ihre Produkte unter ökologischen Kriterien an. Sie suchen vereint Wege, um diesen spürbaren Folgen des Klimawandels etwas entgegenzusetzen. So betreiben viele unserer Partner zum Beispiel eigene Pflanzenzuchtstationen, in denen Pflanzen heranwachsen, die resistenter sind gegenüber Krankheiten und extremen Wetterphänomenen. Für unsere Partner, für uns und unseren Planeten engagieren wir uns darum auch in Sachen Nachhaltigkeit. So gleichen wir unseren CO₂-Fußabdruck für den Standort Nordstemmen aus, benutzen ausschließlich Ökostrom, eine eigene Regenwasserauffanganlage und realisieren immer neue Ideen, um unseren Ausstoß so gut es geht zu verrin-
Umsatzentwicklung der letzten Jahre (in T€)
11.000 10.500
10.000
10.220
10.040
10.135
10.250
18/19
19/20
10.000 9.345
9.500 9.000 8.500 8.000 14/15
16
15/16
16/17
17/18
Jahresabschluss
Kosten und Ertrag 2016/17
Zum Vorjahr
Zum Vorjahr
2018/19
Zum Vorjahr
Anteil
2019/20 Vorschau
Zum Vorjahr
10.040.000
-2%
9.472.000
-6%
10.195.000
8%
100%
10.250.000
1%
Rohgewinn
3.380.000
-8%
3.065.000
-9%
3.700.000
21%
36%
3.590.000
-3%
Personal
1.740.000
5%
1.855.000
7%
1.900.000
2%
19%
1.880.000
-1%
Zinsen Betrieb
44.000
76%
28.000
-36%
45.000
61%
0%
30.000
-33%
Zinsen für Immobilien
16.000
7%
13.000
-19%
10.000
-23%
0%
7.000
-30%
Werbung
188.000
-53%
292.000
55%
281.000
-4%
3%
280.000
0%
Versand
404.000
9%
403.000
0%
459.000
14%
5%
480.000
5%
Spenden
42.000
-68%
7.000
-83%
4.000
-43%
0%
10.000
150%
Andere Kosten
871.000
23%
721.000
-17%
758.000
5%
7%
753.000
-1%
Kosten gesamt
3.305.000
0%
3.319.000
3.457.000
4%
34%
3.440.000
0%
Gesamterlös
Betriebsergebnis
75.000
2017/18
0%
-254.000
243.000
150.000
Vermögen 30.06.2017
Zum Vorjahr
30.06.2018
Zum Vorjahr
30.06.2019
Zum Vorjahr
Anteil
Warenlager
3.665.000
6%
3.709.000
6%
3.960.000
7%
43%
Immobilien
2.291.000
-4%
2.210.000
-4%
2.381.000
8%
26%
Betriebs- und Geschäftsausstattung
303.000
-7%
317.000
-7%
292.000
-8%
3%
Forderungen an Kunden
520.000
-15%
523.000
-15%
501.000
-4%
5%
Vorf inanzierungen an Handelspartner
760.000
-39%
1.180.000
-39%
838.000
-29%
9%
Sonstiges
1.655.000
-10%
1.494.000
-10%
1.301.000
-13%
14%
Aktiva
9.194.000
Zum Vorjahr
Anteil
9.433.000
9.273.000
Herkunft 30.06.2017
Zum Vorjahr
30.06.2018
Zum Vorjahr
30.06.2019
Eigenkapital
6.044.000
4%
5.656.000
4%
5.899.000
4%
64%
Private Darlehen
1.080.000
2%
1.085.000
2%
1.218.000
12%
13%
498.000
-17%
5%
Immobilienkredite von Banken
-16%
603.000
-16%
0
0%
599.000
0%
0
Verbindlichkeiten an Lieferanten
250.000
43%
293.000
43%
317.000
8%
3%
Betriebliche Alterssicherung
639.000
79%
895.000
79%
1.036.000
16%
11%
Sonstiges
462.000
-39%
302.000
-39%
305.000
1%
3%
kurzfristige Kredite von Banken
Passiva
719.000
9.194.000
9.433.000
9.273.000
17
0%
Jahresabschluss
Veggie: Einer von vielen Schritten zur Minimierung unserer CO2-Bilanz ist die Einführung des Veggie-Fridays in unserer Kantine.
gern. So haben wir in diesem Jahr den Veggieday eingeführt. Jeden Freitag gibt es nur vegetarische Menüs in unserer Kantine. Auch damit wollen wir unseren CO₂-Fußabdruck weiter reduzieren. Darüber hinaus versuchen auch wir unsere Stimme zu erheben und ein Statement gegen die aktuelle Klimapolitik zu setzen. So haben wir die Forderungen von Entrepreneurs For Future unterzeichnet und uns am großen Klimastreik im September beteiligt. Wir schlossen unseren Standort und gingen mit allen Mitarbeiter*innen zur Fridays For Future-Demonstration in Hildesheim – zusammen mit über 4.000 anderen Demonstrierenden.
Umsatzanteile nach Kundengruppen (Vorjahreswerte in Klammern)
74%
Weltläden und Aktionsgruppen (73,5)
8% Großverbraucher (8) 3% Fairhandels-Organisationen Ausland (2,5) 2,5% Verbraucher (3,5) 2,5% Online Portale (2) 10% Großhandel sonstige (11)
Umsatzanteile nach Warengruppen (Vorjahreswerte in Klammern)
18 Snacks 9,5% (9,5)
Mahlzeit 12% (13,5)
Jahresabschluss
Umsatzanteile nach Kundengruppen (Vorjahreswerte in Klammern)
74%
Weltläden und Aktionsgruppen (73,5)
8% Großverbraucher (8) 3% Fairhandels-Organisationen Ausland (2,5) 2,5% Verbraucher (3,5) 2,5% Online Portale (2) 10% Großhandel sonstige (11)
Umsatzanteile nach Warengruppen (Vorjahreswerte in Klammern) Snacks 9,5% (9,5) Wellness
Mahlzeit 12% (13,5)
3,5% (2,5)
Getränke
Schmuck 3% (3)
Tee 4% (4)
Spiel und Freizeit 10% (9) Textilien
4% (4)
Kaffee 34% (34,5)
4% (4)
Wohnen 16% (16)
Großhandelsumsatz
(Vorjahreswerte in Klammern) Handwerk 37% (33) Kaffee 34% (33) Lebensmittel 29% (34)
Wareneinsatz 63% (67)
(Vorjahreswerte in Klammern)
Rohgewinn 37% (33) (Vorjahreswerte in Klammern)
Waren 46% (44)
Wareneinsatz
Bezugskosten 17% (21)
aus Lebensmitteln
Rohgewinn
37% (33)
aus Kaffee
63% (67) 9% (4)
9% (12)
aus Handwerksprodukten
19
19% (17)
Faire Woche
13.09.19. zig-346
faire-woche-berlin-leip-
Diskutiert: Zum Auftakt der Fairen Woche stand Marthe von KOPAKAMA mit anderen Fairhandels-Vertreter*innen auf dem Podium.
Bild: Forum Fairer Handel/ Jörg Farys
Faire Woche 2019 Geschlechtergerechtigkeit – Gleiche Chancen durch Fairen Handel Ich bin Unternehmerin. Ich bin Gestalterin. Ich bin Macherin. Diese Statements waren auf den Plakaten der Fairen Woche 2019 zu lesen. Sie stehen unter dem Bild von Frauen, die Stärke, Selbstbewusstsein und Freude ausstrahlen. Frauen, die zeigen sollen, dass Geschlechtergerechtigkeit und Chancengleichheit möglich, aber heute noch immer nicht selbstverständlich sind. Das Thema der diesjährigen Fairen Woche hat Geschlechtergerechtigkeit in den Fokus gestellt. „Gleiche Chancen durch Fairen Handel“ war der Leitspruch, der klarstellen sollte, dass der Faire Handel sich dafür einsetzt, dass Menschen aufgrund ihres Geschlechts nicht diskriminiert werden dürfen.
Armut ist weiblich Sowohl im globalen Norden als auch im globalen Süden herrscht noch immer Geschlechterungerechtigkeit. Ungleiche Bezahlung oder der geringere Anteil von Frauen in Führungspositionen sind nur einige Beispiele aus Deutschland. Im globalen Süden stehen Frauen und Mädchen ebenfalls vor Herausforderungen. Mädchen wird der Zugang zu Schulen und damit wichtiger Bildung oft verwehrt, denn eine Investition in Jungen lohnt sich aus Sicht vieler Familien oft
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mehr. Frauen haben meist weniger Zugang zu Krediten, Land oder Produktionsmitteln. Sie werden dabei entweder durch das Gesetz diskriminiert, das ihnen im Vergleich zu Männern weniger zuspricht oder ihnen werden Chancen verwehrt, obwohl sie ihnen rechtlich zustehen. Weltweit sind 70 % der von Armut betroffenen Menschen weiblich. Sie sind oft Opfer häuslicher Gewalt und Unterdrückung, arbeiten in ausbeuterischen Verhältnissen und haben nur wenig Mitspracherecht. Auf diese Problematik hat die Faire Woche in diesem Jahr aufmerksam gemacht.
Starke Frauen zu Gast in Deutschland Aus diesem Grund haben wir in diesem Jahr eine besondere Frau für die Rundreise zur Fairen Woche eingeladen. Marthe Uwiherewenimana ist Vorstandsvorsitzende der Kaffee-Kooperative KOPAKAMA in Ruanda und erklärte während der zweiwöchigen Rundreise vom 11. bis zum 23. September wie Geschlechtergerechtigkeit bei KOPAKAMA gelebt wird. Viele der Mitglieder der Kooperative sind Frauen. Sie bewirtschaften das Land und besitzen es auch – etwas das nicht selbstverständlich ist. Erst seit dem Jahr
Faire Woche
Präsentiert: Marthe Uwiherewenimana erklärte zur Fairen Woche wie Geschlechtergerechtigkeit bei KOPAKAMA gelebt wird.
2000 dürfen sie das Land offiziell selbst besitzen und es auch an ihre Kinder weitervererben. Dies blieb bis dahin laut Gesetz nur Männern vorbehalten. Eines von vielen Gesetzen, das im Laufe der letzten Jahrzehnte geändert wurde, wie Marthe erklärte. Marthe weiß aus eigener Erfahrung wie wichtig Chancengleichheit und Geschlechtergerechtigkeit im Leben der Kaffeebäuer*innen sind. Die 58-jährige Mutter von 11 Kindern ist neben ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit als Vorstandsvorsitzende auch als Schulleiterin einer Grundschule tätig und war lange im Stadtparlament aktiv. Bei ihren Vorträgen zu KOPAKAMA wird deutlich, mit wieviel Leidenschaft sie sich für die Kaffeebäuer*innen und für Chancengleichheit einsetzt. „Die Förderung von Frauen ist sehr wichtig, um ihnen die gleichen Chancen wie Männern zu geben“, erklärt Marthe. „Auf den Kaffeeplantagen in Ruanda hatten die Männer die Entscheidungsgewalt. Nach dem Genozid waren viele Frauen auf sich gestellt, da ihre Männer umkamen oder inhaftiert wurden. Dadurch wurden viele Plantagen aufgegeben. Die Frauen wurden aber ermutigt, selbst die Initiative zu ergreifen und sich den neuen Möglichkeiten bewusst zu werden.“
Chancengleichheit bei KOPAKAMA Innerhalb der Kooperative wurde nach dem Genozid die Gruppe „Ejoheza“ gegründet. Eine Gruppe von Frauen, die gemeinsam etwa 1,5 Hektar Land bewirtschaften. Für die Frauen bedeutete der Ertrag der Ernte zum ersten Mal ein eigenes Einkommen zu haben, über das sie selbst frei entscheiden konnten. Die Gruppe besteht bis heute und hat die Frauen geeint. Sie unterstützen sich gegenseitig und helfen einander bei der Doppelbelastung durch die Bewirtschaftung der gemeinsamen und eigenen Kaffee-Plantage und der Arbeit im Haushalt. Mit dem Erlös aus dem Verkauf des Kaffees können die Frauen Schulgebühren für ihre Kinder bezahlen und Medikamente oder Haushaltswaren kaufen. Neben der Chancengleichheit in der Kaffee-Kooperative, setzt sich KOPAKAMA auch in der Schulbildung für Chancengleichheit ein. Zahlreiche Stipendien wurden durch KOPAKAMA ins Leben gerufen. So gibt es ein Stipendium, das Mädchen ermöglicht, in technischen Schulen zu lernen. Ein Bereich, der auch bei uns in Deutschland, meist von Jungen dominiert ist. Die Mädchen sollen es sich selbst zutrauen, alles lernen zu können und damit über ihren zugedachten Rollen hinauswachsen.
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Faire Woche
Starke Frauen: In Ruanda sind Frauen in Führungspositionen keine Seltenheit. So sind mehr als 60% der Mitglieder im Parlament weiblich.
Ein Vorbild für Deutschland
Marthe Uwiherewenimana von KOPAKAMA ist eine eindrucksvolle Frau, die sich mit viel Erfahrung und Empathie für Frauen in der Kaffee-Kooperative einsetzt.
Während der Fairen Woche in Deutschland besuchte Marthe acht Städte und neun Veranstaltungen. Dabei wurde sie von Venuste Kubwimana begleitet, der für sie übersetzte und sie auf der Reise unterstützte. Von der Berliner Auftaktveranstaltung ging die Reise über Leipzig, Berlin, Hamburg, Mainz, Köln sowie Trier schließlich nach Hildesheim und Nordstemmen. Dabei wurden Events wie der Ruanda-Tag in Trier, der Fair-TradeKongress in Köln und die Eröffnung der Hildesheimer Eine-Welt-Woche besucht. Zu weiteren zentralen Veranstaltungen wurden Weltläden aus den Regionen Berlin, Leipzig, Hamburg, Mainz und Köln eingeladen. Mit dabei war auch Dolores Cruz Benitez. Sie war Gast der GEPA zur gemeinsamen Rundreise. Sie ist Produzent*innenvertreterin der von Frauen geführten Kaffee-Kooperative APROLMA aus Honduras. Zusammen mit Marthe bildeten sie ein powervolles Team. Sie informierten die Weltläden über ihre Arbeit in den Kooperativen
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und ermutigten Frauen in Podiumsdiskussionen für ihre Rechte zu kämpfen. Beide setzten ein Statement für mehr Beteiligung in Entscheidungsprozessen von Frauen. Etwas, das vor allem jüngere Besucher*innen inspirierte. Dolores konnte deutlich machen, wie sich die Machtverhältnisse in Familien zum Positiven verschieben, wenn Frauen ein Mitspracherecht erhalten. Und Marthe sprach u. a. von den erfolgreichen Veränderungen in der Gesellschaft durch eine gesetzlich vorgeschriebene Frauenquote, in etwa so wie sie in Ruanda 2003 eingeführt wurde. Das ruandische Parlament wird heute mit 61,3 Prozent von Frauen geführt. Die Frauenquote für das Parlament liegt bei 30 Prozent und auch in Bereichen der Wirtschaft seien Quoten festgelegt, erklärte Marthe. Auf die Frage, was sie Frauen in Deutschland raten würde, antwortet Marthe selbstbewusst: „Hört nicht auf zu fragen! Fordert Frauenquoten und protestiert dafür! Es ist möglich!“
Entwicklungsfonds
Im Gespräch: Vikas Kumar betreut die sozialen Projekte von Tara.
El Puente Entwicklungsfonds Langfristige Zusammenarbeit, Mehrpreiszahlungen und zinsfreie Vorfinanzierung sind die Grundpfeiler auf denen die Partnerschaft zwischen El Puente und über 140 Handelspartnern weltweit aufgebaut ist. Viel kann auf diesem Weg erreicht werden und dennoch gibt es bei unseren Partnern Projekte, die nicht mit den Einnahmen aus dem Fairen Handel allein finanziert werden können. Um solche besonderen Maßnahmen zu unterstützen, wurde der El Puente Entwicklungsfonds als Teil des El Puente Vereins gegründet. Im Folgenden sind die Projekte aufgeführt, die im Jahr 2019 unterstützt wurden.
Projektnummer 28 b Tara Lerncenter in Indien Der Entwicklungsfonds unterstützt kontinuierlich das Lernzentrum von unserem Handelspartner Tara, von dem wir verschiedene Kunsthandwerksprodukte wie Schmuck, Aufbewahrungsdosen oder Weihnachtsdeko erhalten. Das Learning Center liegt in Firozabad, im Norden Indiens. Das Bildungsprogramm richtet sich an die Kinder des Arbeiter*innenbezirks. „Bildung spielt in unserem Leben eine zentrale Rolle. Sie hilft uns zu sozialen und verantwortungsvollen Menschen in der Gesellschaft heranzuwachsen. Genauso lehrt sie uns über unsere Rechte und Verant-
wortlichkeiten. Darum ist Bildung für die Entwicklung jeglicher Gesellschaft von zentraler Bedeutung“, erklärt Vikas Kumar, der die sozialen Projekte der Fairhandels-Organisation betreut. Eine eigens beauftragte Studie lieferte ein erschreckendes Ergebnis. Von 550 Kindern in der Region, besuchten knapp 150 keine Schule. Die Gründe dafür waren auf der einen Seite die desaströse finanzielle Situation der Familien, aber auch die Einstellung der Eltern, die Bildung für unwichtig hielten. Mit ihrem Bildungsprogramm rund um das Community Center in Firozabad will Tara Abhilfe schaffen. Die jahrelange Arbeit trägt bereits Früchte und bietet besonders benachteiligten Kindern in der Region eine Perspektive. Insbesondere Mädchen, die oft kaum Chancen auf eine entsprechende Bildung haben, profitieren von dem Engagement Taras. Das Angebot für die Kinder ist kostenlos. Ebenso werden Materialien wie Schulranzen, Brotdosen und Wasserflaschen an die Kinder ausgegeben. Spende von 10.128,00 €
Projektnummer 28 c Gemeinnützige Projekte in Indien Unser Handelspartner Tara aus Indien betreibt zahlreiche Projekte, die eine positive Entwicklung einer ganzen Gemeinschaft vorantreiben. Diese Gemein-
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Entwicklungsfonds
Bessere Bildung: Besonders Mädchen profitieren vom Bildungsangebot des Learning Centers.
schaftsprojekte beinhalten verschiedene Themen, vom Wasserschutz über Mikrokredite und Gesundheitsvorsorge bis hin zu Weiterbildung und Umweltschutz ist Tara auf zahlreichen Ebenen aktiv, um den Menschen bessere Lebensbedingungen zu ermöglichen. Eine Spende des Entwicklungsfonds unterstützte eben diese Projekte. Spende von 2.856,38 €
Projektnummer 3.12. Fair Trade Advocacy Office In diesem Jahr ging auch eine Spende an das Fair Trade Advocacy Office in Brüssel. Das Büro ist eine gemeinschaftliche Initiative von Fairtrade International und WFTO Europa. Seine Rolle ist die Koordination von Lobby- und Kampagnenarbeit zum Fairen Handel, um auf diese Weise den Fairen Handel zu stärken und die Situation der Produzent*innen in den Ländern des globalen Südens zu verbessern. Spende von 3.000 €
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Projektnummer 2.30 b Messeteilnahme von KTS In den Jahren 2018 und 2019 hat KTS aus Nepal an der Ambiente in Frankfurt teilgenommen und plant dies auch für das kommende Jahr. Die Messe für Wohnaccessoires ist eine der bedeutendsten ihrer Art in Europa. Diese Teilnahme, die durch die Unterstützung des El Puente Entwicklungsfonds möglich wurde, hat der nepalesischen Fairhandels-Organisation bereits viele neue Kontakte vermittelt. Besonderes Interesse gab es an Produkten aus Bananenfasern. Mit dem Mehrverkauf dieser Produkte gibt es die Möglichkeit zahlreiche Produzent*innen zu unterstützten. Neue Aufträge helfen verlässliche Arbeitsaufträge übers Jahr zu vermitteln. Von der kontinuierlichen Teilnahme an der Ambiente für mehrere Jahre verspricht sich KTS neue, langfristige Partnerschaften und damit eine bessere Zukunftsperspektive für die Kunsthandwerker*innen in Nepal. Spende von 2.759 €
Entwicklungsfonds
Bildung für Alle: Das Learning Center von Tara können die Kinder der Region kostenlos besuchen.
Projektnummer 1.26 Wiederaufbau in Wupperthal Das Jahr 2018 endete bei unseren Handelspartner Wupperthal in Südafrika mit einer Katastrophe. Ein Brand brach in dem kleinen südafrikanischen Dorf Wupperthal aus, der ein Großteil des historischen Stadtkerns und mit ihm viele Wohnhäuser zerstörte. Die Lagerräume der Rotbuschtee-Kooperative Wupperthal, die auswärts liegenden Felder und auch die Station für die Pflanzenaufzucht sind glücklicherweise vom Feuer verschont geblieben. Doch auch vier Kooperativen-Mitglieder haben ihre Häuser verloren. Durch die Beteiligung zahlreicher Weltläden an einer Spendenaktion konnten wir eine finanzielle Nothilfe an unseren Partner zum Wiederaufbau der Häuser weiterleiten. Vielen Dank für das entgegengebrachte Vertrauen! Spende von 1.650 €
Zerstört: Große Teile des südafrikanischen Dorfes Wupperthal fielen den Flammen zum Opfer.
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PPA
Besprochen: Mit dem Team von COOTAP klärten Felix Gies und Dr. Isolde Steinbrecher alle Fragen zur Struktur und Arbeit des Reisproduzenten.
El Puente Projektpartnerausschuss Der Projektpartnerausschuss, kurz PPA genannt, ist ein Gremium des El Puente e.V. und hat von Beginn an die Aufgabe, Handelspartner für die El Puente GmbH auf die Kriterien des Fairen Handels zu überprüfen und zu bestätigen. Die Mitglieder setzen sich zur Hälfte aus engagierten Personen aus dem El Puente e.V. sowie aus Weltläden zusammen. Das Gremium wird von der Geschäftsführung, der Grundsatzreferentin und je nach Bedarf von Mitarbeiter*innen aus der Einkaufabteilung der El Puente GmbH mit Informationen versorgt.
Veränderungen in der und Anwesenheit des PPA
Geprüft: Qualitätsmanagerin Dr. Isolde Steinbrecher schaut sich den Reis genau an.
Im PPA konzentrieren wir uns auf die Partnerorganisationen oder potentiellen Handelspartner, die über keine externe Anerkennung verfügen, und somit unter das IMS, das Interne Monitoring System von El Puente fallen. Die Konformität dieser Handelspartner mit den Kriterien des Fairen Handels wird im PPA unter die Lupe genommen und diskutiert. Dann kann die El PuenteHandelspartnerschaft vom Gremium bewilligt oder bestätigt werden. Ob es sich nun um eine sehr junge, eine sehr kleine Produzent*innenorganisation oder um ein Unternehmen handelt, dass seinen Schwerpunkt beispielsweise im Biobereich hat und soziales Engagement
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und faires Wirtschaften damit verbindet: immer wieder gibt es gute Gründe dafür, dass ein Handelspartner (noch) keine eigene Anerkennung im Fairen Handel hat. Alle Handelspartner, die ebenfalls Mitglied der World Fair Trade Organization (WFTO) sind, unterliegen dem gleichen Überprüfungssystem wie El Puente. Eine eigene Anerkennung ihrer Fairhandels-Aktivitäten durch den PPA ist damit nicht erforderlich. Gleiches gilt auch für Partnerorganisationen, die über eine anerkannte Fair-Zertifizierung wie Naturland Fair, Fair for Life, Símbolo de Pequenos Productores, oder Fairtrade verfügen.
Eigene Fortbildung Um aktuelle Änderungen im Standard der WFTO besser zu verstehen, uns orientieren und positionieren zu können, haben wir uns 2019 zunächst fortgebildet: Bei einem unserer Treffen haben wir uns den aktuellen Standardvergleich des Forum Fairer Handel von 2018 vorstellen lassen und die Ergebnisse diskutiert. Außerdem haben wir uns im Rahmen einer ausführlichen Schulung mit dem neuen WFTO-Standard und dem Guarantee System der WFTO beschäftigt. Dabei wurden vor allem die Anforderungen an das von WFTO-Mitgliedern geforderte Interne Monitoring System in den Blick genommen. Diese Anfor-
PPA
Biologisch: Alle Kräuter stammen aus ökologischem Anbau oder aus Wildsammlung.
derungen haben sich mit dem neuen Standard der WFTO 4.1 verschärft. Eine Diskussion, wie sich die Rolle des PPA dadurch verändern könnte, wurde angestoßen. Denn der veränderte Rahmen integriert eine Bewertung der Partner auch unabhängig vom PPA in das IMS.
Anerkennung von Handelspartnern Überprüft und bewilligt oder bestätigt haben wir insgesamt fünf Handelspartner. Biodobro und Botanik heißen zwei kleinbäuerliche Betriebe in Slowenien. Die Zusammenarbeit mit ihnen ist durch den Weltgebetstag 2019 entstanden. Von Biodobro stammte das Bärlauchpesto, während Botanik Kräutertees aus eigens angebauten und wild gesammelten Kräutern an El Puente liefert. Gerade der Gründer von Botanik hat uns mit seinem starken und umfassenden Engagement für alternative Strukturen in einer Gegend, die sonst wenig Arbeitsmöglichkeiten für junge Menschen bietet, beeindruckt und überzeugt. Neben dem arbeitsintensiven Kräuteranbau auf kleiner Fläche leistet der kleine Betrieb Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit und strickt an einem Netzwerk mit anderen Akteuren in der Region. Gerade die Förderung alternativer Lebens-, Arbeits- und Wirtschaftsformen ist für uns ein wichtiges Kriterium, wenn es um
die Beurteilung von „Fairem Handel im Norden“ geht. Die beiden slowenischen Handelspartner haben hier eine Pilotfunktion für El Puente. Ein weiterer neuer Partner ist COOTAP in Brasilien, eine Kooperative, die aus der Landlosenbewegung MST hervorgegangen ist, und von der El Puente Reis beziehen wird. Sehr lesenswert ist hierzu der Reisebericht von Einkäufer Felix Gies, zu finden unter den Reiseberichten in dieser El Puente informiert-Ausgabe. Die Zusammenarbeit mit einem weiteren brasilianischen Handelspartner ONCA/SINFO (Guarana) konnten wir bestätigen. Außerdem bewilligte der PPA die Handelspartnerschaft mit Putri Duyung, einer Produzent*innengruppe für Kunsthandwerk in Indonesien, deren Waren wie Tonschalen mit Glasmosaik El Puente über die niederländische Importorganisation Wisnu erhalten hat. In Zukunft wird El Puente die Partnerschaft selbst fortführen.
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Weltladen & Verein
Engagiert: Der Weltladen in Hildesheim verkauft nicht nur fair gehandelte Produkte. Die Bildungsarbeit ist dem Team eine Herzensangelegenheit.
El Puente Weltladen und Verein
Interessiert: Das Ladenteam begrüßt in regelmäßigen Abständen Schüler aus der Region im Weltladen.
Der Verein El Puente e.V. wurde 1972 gegründet und ist damit einer der ältesten entwicklungspolitisch tätigen Vereine Deutschlands. Aus ihm ist die El Puente GmbH hervorgegangen. Seit 1974 betreibt der El Puente Verein vor allem mit ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen einen Weltladen in Hildesheim – den ersten Weltladen Norddeutschlands und einen der sieben Gründerläden des Weltladen Dachverbands. Aber Verein und Laden können nicht nur auf eine bewegte Geschichte zurückblicken – sondern auch auf ein rührige Gegenwart.
sche Kampagnenarbeit sind dort ebenso wichtig, wie der Absatz der Produkte. Die Plakataktion fand zum Weltladentag im Mai statt. Im Zuge dieser Kampagne haben die Ladenmitarbeiter*innen auch Unterschriften gesammelt. Sie wurden an den grünen Bundestagsabgeordneten Ottmar von Holtz weitergeleitet mit der Bitte, sich als Obmann im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung für faire und menschenwürdige Produktionsbedingungen einzusetzen.
Im Schaufenster prangen in fett gedruckten Lettern die Worte: Ist doch so. Apelle haben bisher nicht geholfen. Freiwilligkeit bringt´s nicht. Angeprangert werden hier die Zustände, unter denen Arbeiter*innen Waren produzieren, die wir hier in Deutschland konsumieren. Vor dem Laden lässt ein riesiges, weißes Bodenplakat die Passant*innen inne halten. Jeden Vorbeieilenden konfrontiert es mit Fragen wie: „Ist Ihnen auch wichtig, dass Menschen von Ihrer Arbeit leben können?“ Die Aktion erregt Aufmerksamkeit, trotz des kühlen und regnerischen Wetters. Der El Puente Weltladen in Hildesheim verkauft wie alle Weltläden nicht allein fair gehandelte Produkte. Bildungs- und politi-
Und dies ist nur eine Aktion von vielen, die die rund 20 Mitarbeiter*innen rund um die Ladenleitung Rosita Jung-Concha stemmen. Auch an der Einen-WeltWoche beteiligte sich der Laden. Sowohl zur Eröffnungsveranstaltung als auch an der Ausstellung in der Hildesheimer Andreaspassage, die unter dem Thema „Wasser ist Menschenrecht“ lief. Zur Fairen Woche stellten die Mitarbeiter*innen des Ladens das Thema Geschlechtergerechtigkeit in den Mittelpunkt. Produkte, die von Frauen hergestellt wurden, rückten hier ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Der besondere Höhepunkt war der Besuch von Marthe Uwiheriwenimana. Die Aufsichtsratsvorsitzende der Kaffee-Kooperative Kopakama aus Ruan-
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Engagement durchs ganze Jahr
Weltladen & Verein
Zu Gast: Marthe Uwiheriwenimana aus Ruanda berichtete von den Herausforderungen der Kaffeebäuer*innen.
Die Kaffeebäuer*innen aus Mexiko und Honduras (rechts im Bild) berichtet von ihren wechselvollen Lebensgeschichten.
da war zum „Meet & Greet“ in den Laden gekommen. Dabei war Marthe nicht der einzige internationale Gast im Weltladen. Auch zwei starke Frauen aus Mexiko und Honduras besuchten Hildesheim. Bei einem Vortrag faszinierte vor allem die Kaffeebäuerin Olga Alvarado aus Honduras mit ihrer wechselvollen Lebensgeschichte die Anwesenden. Sie ist Mitglied der Kooperative Combrifol, aus der El Puente den Marcala Kaffee bezieht.
Fridays For Future Über das Jahr empfängt das Ladenteam verschiedenste Besucher*innengruppen.
Der Fairhandels-Berater Hans-Christoph Bill und 18 Weltladen-Mitarbeiter*innen aus dem Norden Deutschlands hatten große Freude beim gegenseitigen Austausch. Auch Schülergruppen, wie von der Elisabeth von Ranzau-Schule besuchen regelmäßig den Weltladen, um mehr über den Fairen Handel zu erfahren. „Auch der Austausch mit der jungen Generation ist uns sehr wichtig“, erklärt Rosita Jung-Concha. „Sie sind sehr interessiert an den Zusammenhängen im Fairen Handel. Andersherum unterstützen auch wir ihre Anliegen. Für uns war es eine Selbstverständlichkeit uns mit der Fridays For Future-Bewegung zu
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Gemeinschaftlich: Zusammen mit der lokalen Initiative HiLand informierte der Weltladen über nachhaltige Produkte.
Weltladen & Verein
Getroffen: Rosita Jung-Concha begrüßte als Leiterin des Weltladen Marthe von Kopakama. solidarisieren und uns auch geschlossen als Ladenteam am großen Klimastreik im September zu beteiligen“, so die gebürtige Chilenin.
Immer was zu tun Aktivitäten wie das Light-Night-Shopping, Faires Frühstück, Verkaufs- und Informationsstände bei unterschiedli-
chen Veranstaltungen, wie dem Fest der Kulturen oder der Bekanntmachung des lokalen Vereins HI-Land gehören ebenso zu den wichtigen Aktivitäten des Ladens. Und das neben all den täglichen Aufgaben die anstehen, wie Ware bestellen und verpacken, Schaufenster dekorieren und die Buchhaltung pflegen. Das Ladenteam arbeitet hart, um seinen Laden immer weiter voran zu bringen.
Alfred Stümpel in Paraguay verstorben Unser Gründungsmitglied Alfred Stümpel ist 1976 mit 27 Jahren nach Paraguay ausgewandert, um in Juan Leon Mallorquin auf der Steyler Missionsstation Bruder Meinrad Magg in dessen Tischlerei zu unterstützen, die er dann in den 80er Jahren übernahm. Mit seiner zupackenden und bescheidenen Art erwarb er sich schnell das Vertrauen der paraguayischen Siedler. Er bildete viele Jugendliche in diesem Handwerk aus und vermittelte ihnen die soliden Grundkenntnisse in diesem Beruf. Er war immer hilfsbereit und verzichtete häufig auf die Entlohnung, wenn seine Mitbürger in Not waren. Beim Bau vieler kirchlicher Projekte und Schulen brachte er seine Erfahrungen ein und trug somit zur Entwicklung der Region bei. Für seine Menschlichkeit wurde er überall geschätzt und mit dem Titel „Don Alfredo“ bedacht. Anfang des Jahres stellte sich bei Alfred Stümpel ein seltener Blutkrebs
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ein. Seine Tochter Sebastiana pflegte ihn bis zu seinem Tod am 25. September. Am Gedenkgottesdienst am 15. Oktober in seinem Heimatort Algermissen nahmen mehrere Wegbegleiter aus den Anfangstagen von El Puente teil und würdigten sein segensreiches Wirken aus seiner christlichen Grundhaltung heraus für die Menschen in Paraguay. El Puente hat einen treuen Freund, die Menschen in Paraguay haben einen Wohltäter verloren.
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Mitgliederversammlung des EL PUENTE Vereins am 17. Mai 2019 Mitgliederzahl: An der Mitgliederversammlung nahmen 23 Vereinsmitglieder teil. 2018 ist die Förderin Edith Wilkens verstorben. Eine Würdigung fand in der EL PUENTE informiert statt. Die Mitgliederkartei wurde von säumigen Zahlern bereinigt, so dass dem EL PUENTE e.V. 171 Mitglieder angehören, 1 weniger als im Vorjahr. Vorstand: Der Vorstand trifft sich jeden 3. Montag im Monat im Laden. Weltladen: Seit 2015 führt der Verein den Weltladen in Eigenregie, der Umsatz 2018 konnte um 10% gegenüber 2017 auf 139.183 Euro gesteigert werden. Im Laden arbeiten 18 Personen, 4 davon sind angestellt, 1 mit 30 Std./Woche. Im letzten Jahr erwirtschaftete der Laden einen Überschuss von 609 €. Er muss sich selbst tragen und darf nicht vom e.V. subventioniert werden. Sigrid Hage-Kolan wird auch im Ruhestand die Buchhaltung für den Verein weiterhin führen. Bericht der Rechnungsprüfer: Georg Poddig hat am 10.05. in Nordstemmen die Kassenprüfung für 2018 durchgeführt, es gab keine Unstimmigkeiten. Aussprache / Perspektiven: Bescheinigungen für Spenden unter 200 Euro sowie für Mitgliedsbeiträge werden nicht mehr ausgestellt. Als Nachweis reicht der Kontoauszug/Überweisungsträger. Dieser ist dem Finanzamt lediglich auf Anforderung vorzulegen. Mitgliedsausweise werden nicht mehr jährlich neu ausgefertigt und verschickt.
Die alten Ausweise behalten ihre Gültigkeit. Dieter Peschel hat die EDV-Mitgliederverwaltung übernommen. Neukonzept für den Laden: Optimierung der Warenpräsentation und Raumbeleuchtung Ziel: Umsatzsteigerung und weiter mit Herz arbeiten! Zum Jahresende soll ein neues Kassensystem eingeführt werden. Es ermöglicht ein Warenwirtschaftsprogramm und auch eine Inventur mit Scanner. Entlastung des Vorstands: Der Vorstand wird einstimmig bei 4 Enthaltungen entlastet. Wahl neuer Rechnungsprüfer: Als neue Rechnungsprüfer werden Georg Poddig und Axel Landvoigt einstimmig gewählt. Verschiedenes: Umwandlung der GmbH in eine andere Gesellschaftsform: Am 16.11.2018 fand in Nordstemmen eine Gesellschafterversammlung statt, in der die Gesellschafter den Aufsichtsrat beauftragt haben, die Umwandlung der GmbH in eine Genossenschaft vorzubereiten. Kurt Warmbein und Dieter Peschel, beide vertreten den Verein als Gesellschafter, geben Informationen zu diesem Prozess. Der Vorstand hat sich in seiner Sitzung am 15.4.2019 einstimmig für die Beibehaltung der Stimmrechtsproportionen der Gesellschafter ausgesprochen. Nach einer Umwandlung in eine Genossenschaft blieben die Stimmrechtsproportionen nicht erhalten. Das ist für den Vorstand ein wesentlicher Aspekt, die Risiken höher als die
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Vorteile einzuschätzen. Die beigefügte Aufstellung verdeutlicht die Problematik in der Stimmenverteilung. Bisher hat jeder Gesellschafter bzw. jede Gesellschaftergruppe eine Stimme. Nach einer Umwandlung haben weiterhin die drei Vereinsgesellschafter jeweils eine Stimme, die Gruppe der Einzelgesellschafter aber 56 Stimmen und die Gruppe der Weltläden 40 Stimmen. Anteile zu tauschen oder zu erwerben sind nach dem Gesellschaftsvertrag möglich und wurden auch genutzt. Desweiteren besteht die Sorge, dass die Grundsätze des Vereins, die für die GmbH eine Ankerrolle gespielt haben, nach einer Umwandlung verloren gehen könnten.
Die anwesenden Mitglieder diskutierten das Thema engagiert und viele vertraten den Wunsch, an der bestehenden Gesellschaftsform festzuhalten. Richard Bruns schlägt vor, die Gruppe der Einzelgesellschafter und Weltläden in Genossenschaften umzuwandeln. Die Rechtsform der GmbH bliebe erhalten. Zu- und Abgänge in diesen Gruppen ließen sich leichter abwickeln. Die Weltläden tätigen 10 % der Fairtradeumsätze in Deutschland. Ziel ist, sie zu stärken. Am 23. Juni ist der 50. Gründungstag des Ökumenischen Arbeitskreises Entwicklungshilfe.
Gewinn- und Verlustrechnung 2018: Mitgliedsbeiträge Zweckfreie Spenden Zuschüsse Zinserträge Ertrag ideeller Bereich
4.988,00 € 819,68 € 300,00 € 750,00 € 6.857,68 €
Honorar Versicherungen Werbungskosten Öffentlichkeitsarbeit Reisekosten Bewirtung/Geschenke Verwaltungskosten Sonstige ideelle Kosten Porto 216,66 € Kosten Geldverkehr Abschreibung auf Forderungen Spenden Aufwand ideeller Bereich
200,00 € 48,00 € 376,99 € 667,19 € 1067,90 € 49,02 € 657,01 € 207,10 €
2152,35 € 200,00 € 5.900,52 €
Ergebnis ideeller Bereich
957,16 €
58,30 €
Erträge 7 % Umsatzsteuer 74.582,00 € Erträge 19 % Umsatzsteuer 65.941,83 € Bestandsveränderungen - 1.340,72 € Ertrag Weltladen 139.183,11 € Wareneinkauf 87.695,99 € Lohnkosten/Aufwandsent. 27.831,01 € Zuschüsse Agentur f. Arbeit - 1.500,00 € Erstattung Lohnfortzahlung - 496,24 € Miete Weltladen 18.600,00 € Mietnebenkosten 2.404,65 € Werbungskosten 678,95 € Bürokosten 1.157,54 € Abschreibung 1.316,29 €
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Geldverkehr Kassendifferenz Sonstige Kosten Aufwand Weltladen Jahresergebnis Weltladen
450,77 € 101,39 € 333,27 € 138.573,62 € 609,49 €
Gesamtjahresergebnis e.V. 1.566,65 € Bilanz 2018: Aktiva Sachanlagen: Einrichtung Weltladen Ladenausbau Finanzanlagen: EL PUENTE GmbH Darlehn EP GmbH Umlaufvermögen: Warenbestand Weltladen Forderungen Kasse + Konto Weltladen Mitgliedskonto Spendenkonto Festgeldkonto Summe Aktiva:
1.100,00 € 2.750,00 € 120.000,00 € 60.000,00 € 24.466,95 € 3.605,15 € 17.185,77 € 3.374,02 € 4.103,12 € 41.939,94 € 278.524,95 €
Passiva Eigenkapital 250.303,00 € Entwicklungsfonds 23.970,91 € Sonst. Verbindlichkeiten 4.251,04 € Summe Passiva: 278.524,95 € Entwicklungsfonds Vortrag 1.1.2018 Zugang 2018 Verwendung 2018 Übertrag 31.12.2018
35.839,94 € 18.245,85 € - 30,114,88 € 23.970,91 €
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Weitergegeben: Von der Idee des Fairen Handels ist El PuenteGründer Richard Bruns (mitte) bis heute überzeugt. Ebenso wie die jungen Kollegen Felix Gies (links im Bild) und Besnik Terholli (rechts im Bild). Hier gemeinsam bei einer Fridays For Future-Demo.
Vor 50 Jahren: Richard Bruns blickt zurück auf 1969 „Fairer Handel – Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft“ Wie 1969 alles begann und was die Fridays for Future für den fairen Handel bedeutet! Interview von Thorsten Montag, Vorstandsmitglied des EL PUENTE e.V. mit Richard Bruns Thorsten: Richard, nach meiner Kenntnis bist Du einer der Gründer des Vorläufers des El Puente e.V.. Zurückschauend betrachtet kann man - mit allem gebührenden Respekt Deinen damaligen Mitstreitern gegenüber - sagen: Ohne Dich würde der e.V. und die El Puente-Gruppe heute nicht so erfolgreich da stehen! Gleiches gilt vermutlich für die Gründung des Weltladen-Dachverbandes. Ich würde mich freuen, wenn wir im Laufe unserer Gespräche hierauf näher eingehen. Starten möchte ich aber am heutigen Tag mit dem Beginn der Bewegung, die im Jahre 1969 zur Gründung einer Arbeitsgemeinschaft führte, woraus später der El Puente e.V. hervorging. Erzähl doch mal. Richard: Eigentlich begann es schon im November 1968. Während Rudi Dutschke vom SDS in den Unis „Gegen den Mief von 1000 Jahren unter den Talaren“ provokativ zu Felde zog, setzten sich die kirchlichen Jugendverbände in gemäßigter Form, aber dennoch klar und eindeutig, für überfällige Reformen in Kirche, Staat und Gesellschaft
ein. So fand am 16. November 1968 in der Stadthalle Hannover der ökumenische Jugendkongress der Landeskirche Hannover und der Diözese Hildesheim statt. Im Zentrum stand die Frage nach Gerechtigkeit für die Menschen in der „Dritten Welt“. Der damalige „Entwicklungshilfeminister“ Erhard Eppler musste sich von uns kirchlich engagierten Jugendlichen den Vorwurf gefallen lassen, dass die Bundesregierung zu wenig für die Menschen in den ärmeren Ländern tut. Er gab uns inhaltlich recht und forderte uns auf: „Seid Ihr Jugend Lobby für die Dritte Welt!“ Diese Aussage ist zum Leitspruch meines weiteren Lebens geworden! Ich hatte als Dekanatsführer der katholischen Jugend des Dekanates Dinklar nach Rücksprache mit dem Kirchenkreisjugendpastor des Kirchenkreises Hoheneggelsen eine Busfahrt zum Jugendkongress mit über 40 Jugendlichen organisiert. Von dieser Tagung waren wir so motiviert, dass wir schon auf der Rückfahrt beschlossen, uns intensiver mit dieser Thematik zu befassen. Im Frühjahr 1969 führten wir eine Seminarreihe zum Thema „Probleme der Entwicklungsländer“ abwechselnd in Ottbergen und Nettlingen durch. Zu diesen 5 Abenden
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Angefangen: Die ersten Produkte wurden im Sommer 1972 aus Paraguay importiert. kamen insgesamt 280 Jugendliche aus 14 Dörfern. Die Listen habe ich noch zu Hause. Während wir uns an den ersten 4 Terminen mehr theoretisch durch Referenten über die Lage der Menschen in der Dritten Welt informierten, konnten wir am letzten Abend den Franziskanerbruder Gotthard Röttger gewinnen, der anschaulich und mitreißend über seine Arbeit in Paraguay berichtete. Spontan gründeten wir am 23. Juni 1969 in der damaligen Volksschule Ottbergen den „Ökumenischen Arbeitskreis Entwicklungshilfe – Kirchenkreis Hoheneggelsen – Dekanat Dinklar“, um die Arbeit der Franziskanerbrüder in Paraguay zu unterstützen. Damals war ich Student an der Pädagogischen Hochschule Braunschweig und übernahm die Leitung des Arbeitskreises. Noch im gleichen Jahr haben wir mit einer Ausstellung von Missionsstücken der Franziskanerbrüder aus Paraguay und einer Verkaufsaktion von Erdnüssen in der Hildesheimer Fußgängerzone auf unser Anliegen hingewiesen, die Menschen in Paraguay über die Franziskanerbrüder zu unterstützen. Am 27. Dezember flogen dann Michael Apel, Klaus Möller und Karl Raschke aus unserem Arbeitskreis nach Paraguay, um vor Ort aktiv zu werden. Thorsten: Richard vielen Dank für Deine Ausführungen. Wir alle erleben in diesen Tagen, wie die Jugend der Welt mit der neuen Bewegung „Fridays for Future“ beginnt, die Welt zu verändern. Ihr wart im Jahre 1969 nicht wesentlich älter als die heutigen Initiatoren. Wie fühlst
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Du Dich, wenn Du dies siehst und was bedeutet es für Dich? Richard: Ich bin sehr glücklich, dass die junge Generation sich heute so für den Klimaschutz einsetzt. Ich habe am 29. März in Berlin mit mehreren Tausend Jugendlichen aber auch Eltern und Großeltern demonstriert und hautnah miterlebt, wie Greta Thunberg und 5 Jugendliche aus anderen europäischen Ländern vor dem Brandenburger Tor gemeinsam zum Einsatz für den Klimaschutz und den Erhalt der Umwelt aufriefen. Ich fühlte mich genau 50 Jahre zurückversetzt, als wir als kirchliche Jugendverbände gemeinsam mit der Landjugend, der Gewerkschaftsjugend und dem Kreisjugendring 1969 in Hildesheim zum Hungermarsch und 1970 zum Friedensmarsch aufgerufen haben. Thorsten: Was glaubst Du? Wird diese Bewegung die Menschheit verändern? Und was bedeutet dies Deiner Meinung nach für den fairen Handel im Allgemeinen und El Puente im Besonderen? Richard: Sicherlich! Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Regierenden Getriebene sind. Jahrzehnte haben sie vom Klimaschutz gesprochen, aber die Taten fehlten. Es wurde fast nur heiße Luft produziert! Und die Klimaerwärmung schreitet unaufhaltsam voran, die Gletscher und Polkappen schmelzen, der Meeresspiegel steigt, selbst wir in Deutschland erleben die Hitzewellen und Wasserknappheit. Die Menschen spüren, dass es so nicht weitergehen
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Heute: Aus der Idee von damals ist einer der wichtigsten deutschen Fairhandels-Häuser geworden. kann und dass wir alle gewaltig umsteuern müssen beim Ressourcenverbrauch, aber auch bei unseren Essgewohnheiten. Nur so können wir unseren Kindern und Enkeln eine möglichst lebenswerte Zukunft erhalten! Nicht umsonst haben die GRÜNEN in Deutschland und Österreich Rekordergebnisse eingefahren. Nur sie fahren eine klare Klimapolitik. Für EL PUENTE bedeutet dies, dass die schon vor Jahren eingeschlagene Politik, die Umstellung der von den Produzent*innen erzeugten Lebensmittel finanziell und logistisch zu fördern, absolut richtig ist. Denn der Wasserverbrauch sinkt im Biolandbau drastisch und die Produzent*innen erhalten höhere Preise. Transportwege belasten das Klima. Deshalb wurde exemplarisch der „Kaffee Ahoi“ nahezu emissionsfrei mit dem Segelschiff von Nicaragua nach Hamburg transportiert. Seit diesem Jahr kompensiert EL PUENTE die unvermeidbaren Emissionen in den Bereichen Mobilität, Energie, Versand und Papierverbrauch. Für die von der Klima Kollekte errechneten Emissionen unterstützt EL PUENTE ein Projekt des Handelspartners KCU in Tansania. Im Rahmen dieses Projekts werden energieeffiziente Herde aus Ton gegen einen kleinen, symbolischen Beitrag an Mitglieder der Kaffee-Kooperative und ihre Familie ausgegeben. Denn viele Haushalte betreiben offene Kochstellen mit Feuerholz aus den Wäldern Tansanias. Das führt nicht nur zu einer starken Rauchentwicklung im Haus und häufigen Unfällen,
sondern verbraucht große Mengen an Feuerholz. Die scheinbar simplen Ton-Herde ändern das. Aber auch vor Ort wirkt EL PUENTE nachhaltig um den CO₂-Ausstoß soweit wie möglich zu senken oder die unvermeidbaren Emissionen auszugleichen: In der Zentrale in Nordstemmen wurde eine Wasserauffanganlage installiert, um mit dem aufgefangenen Regenwasser beispielsweise die Toilettenspülung zu betreiben. Photovoltaikanlagen auf dem Dach und der Ökostrom von Naturstrom AG liefern die nötige Energie zur Abwicklung des fairen Handels. Um die Produkte optimal zu schützen und ökologisch sinnvoll zu verpacken werden ausgediente Kartonagen als Füllmaterial verwendet. Die Polsterfolie besteht zu 100% aus biologisch abbaubarer Plastik. Es wird möglichst Papierklebeband eingesetzt. Um Verpackungsmüll zu vermeiden wird immer nach nachhaltigeren Alternativen gesucht. EL PUENTE hat sich selbstverständlich am weltweiten Klimastreik am 20. September beteiligt. Der Weltladen wurde für eine Stunde geschlossen und alle Mitarbeiter*innen aus der Nordstemmer Zentrale waren gemeinsam mit vielen Gleichgesinnten für den Klimastreik in Hildesheim auf der Straße. Thorsten: Richard, vielen Dank für heute. Ich freue mich auf die Fortsetzung unseres Dialogs mit näheren Informationen zu den weiteren Aktivitäten des ökumenischen Arbeitskreises vor 50 Jahren.
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EL PUENTE Stiftung
Geschult: Weltladenmitarbeiter*innen nehmen an Fortbildung teil.
El Puente Stiftung Die El Puente-Stiftung fördert seit 2001 entwicklungspolitische Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit. Damit soll das Bewusstsein der Menschen in Deutschland für die globalen Zusammenhänge unserer Welt und einen fairen Umgang miteinander erweitert werden. Die Förderschwerpunkte liegen zwar bei den Weltläden und Eine-Welt-Gruppen, aber auch Schulen und andere Initiativen, die sich dem Fairen Handel verpflichtet fühlen, werden unterstützt. Der Faire Handel, wie ihn El Puente als führende Fair-Handelsorganisation beispielhaft betreibt, wird auch als Beitrag zur Völkerverständigung und zum friedlichen Miteinander in dieser Welt betrachtet. Besonders vorteilhaft für kleinere Gruppen ist, dass das Antragsverfahren bei der El Puente-Stiftung einfach und unkompliziert ist. 2018 konnten Aktivitäten mit insgesamt gut 8.000 Euro gefördert werden. Ein Teil der 2018 abgerechneten Veranstaltungen wurde bereits im letztjährigen „El Puente informiert“ beschrieben. Dies betrifft das Seminar „Fairer Handel im Detail“ des ökumenischen Informationszentrums in Dresden, die Aktivitäten der Fairtrade Town Steuerungsgruppe Ilmenau, den Messeauftritt des Allerweltsladen e.V. Hannover, eine Veranstaltungsreihe zu Indien und Nepal des Weltladen Wuppertal-Ronsdorf und die
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Veranstaltungsreihe „Fairer Handel in einer sich wandelnden Welt“ des Aktionszentrums 3.Welt in Hamburg. Zusätzlich unterstützte die Stiftung folgende weitere Projekte:
Unübersehbar: Eine Welt in Hildesheim Die Hildesheimer Eine-Welt-Woche ist eine Veranstaltung, die von den am „Runder Tisch Hildesheim Eine Welt“ zusammengeschlossenen Initiativen zum 5. Mal durchgeführt wurde. In diesem Rahmen wurden an unterschiedlichen Orten der Stadt Lesungen, Musik- und Theaterworkshops, Gesprächsrunden und ein Infomarkt organisiert. Höhepunkt war in diesem Jahr die Erstellung eines von Schüler*innen entworfenen Wandbildes, das nun an einem zentral gelegenen Platz in Hildesheim an unsere Verantwortung für die Menschen in anderen Erdteilen erinnert.
Weltläden stärken Das Ökumenische Informationszentrum Dresden führte in Zusammenarbeit mit der F.A.I.R.E. Warenhandels eG ein Wochenendseminar in Pirna durch, an dem 32 Aktive aus 13 Weltläden in Sachsen und anderen ostdeutschen Bundesländern teilnahmen. In einem intensiven Tagungsprogramm tauschten sich die Teilnehmenden über aktuelle Ent-
EL PUENTE Stiftung
Kreativ: Schüler*innen entwickelten das Wandbild-Konzept.
wicklungen im Fairen Handel und Zukunftsperspektiven der Weltladenarbeit aus, beschäftigten sich mit Zielgruppen des Fairen Handels, Sortimentsgestaltung und Handelspartnern. Anhand der Aktivitäten von Libera Terra (Sizilien) ging es um die Frage, was Fairer Handel im Norden bedeuten und bewirken kann. Das kompakte Wochenendseminar ermöglichte engagierten Personen aus weit auseinanderliegenden Weltläden die professionelle Beschäftigung mit relevanten Themen.
Auf dem Weg für saubere Kleidung Im September rückte der Allerweltsladen e.V. in Hannover die internationale Bekleidungsindustrie ins Zentrum der Aufmerksamkeit. An drei Tagen gab es einen öffentlichen Vortrag von Frank Herrmann zur Thema „Fair Fashion – der lange Weg zur sauberen Kleidung“, eine Schulveranstaltung mit dem Autor und Journalisten, der im Rahmen der „Fairen Biketour 2018“ in Hannover Station machte, sowie in und vor dem Weltladen einen Aktionstag zum Thema mit Quiz und Information über die faire Kleidungsherstellung.
Weltcafé eine Veranstaltung über den Produzenten der Quinoa-Produkte Anapqui, Bolivien, durchgeführt. Die Veranstaltung wurd von der peruanischen Musikgruppe Los Kuelpa umrahmt. Im Winterhalbjahr luden die Hildesheimer*innen dann an sechs Samstagen unter der Überschrift „Wer hat die Kokosnuss“ in den Weltladen ein. Die Besucher*innen konnten sich dort über den Fairen Handel und die Verarbeitung von Kokosnüssen bei Biofoods in Sri Lanka informieren und lernten verschiedene Kokosprodukte kennen und nutzen.
Die Anden im Weltladen Die Weltläden in Bad Wildungen und Schneverdingen wurden bei der Durchführung von je einer Vortragsveranstaltung zum Thema „Die Anden“ mit dem Journalistenduo lobOlmo unterstützt. Jutta Ulmer und Michael Wolfsteiner berichteten in ihren Multimedia-Shows über ihre Besuche bei verschiedenen Produzenten des Fairen Handels. Mit 80 bzw. 150 Besucher*innen waren beide Veranstaltungen volle Erfolge.
Kokos und Musik Gleich mehrere Projekte wurden vom Weltladen El Puente in Hildesheim durchgeführt: Im Rahmen der Fairen Woche wurde in Kooperation mit dem
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EL PUENTE Stiftung
Jahresbilanz der EL PUENTE Stiftung 2018 Finanzbericht Jahresbilanz der El Puente Stiftung 2018 Stiftungskapital am 31.12.2017:
625.834,25 €
Zustiftungen und Spenden 2018
2.403,39 €
Zuführung aus den Erträgen 2017
6.130,00 €
Stiftungskapital am 31.12.2018
634.367,64 €
Aufwendungen für den Stiftungszweck: Seminar Zukunftsfähigkeit der Weltläden
500,00 €
Allerweltsladen Hannover: Teilnahme an der FairGoodMesse
500,00 €
Ilmenau wird Fair-Trade-Town: vorbereitende Aktionen Eine Welt Woche in Hildesheim, mit Wandbild nahe Ratsbauhof
Der Stiftungsvorstand dankt allen Zustiftern und Spendern! Weitere Zustiftungen und Spenden sind jederzeit willkommen! Anträge können formlos gestellt werden. Es stehen aber auch einfache Antragsformulare auf der Homepage der El Puente-Stiftung zum Download zur Verfügung. Stiftungskonto bei der Sparkasse Hildesheim: IBAN: DE 31 259 501 30 0000 555 555 Anträge an die Stiftung sind zu richten an: El Puente-Stiftung c/o Kurt Warmbein Körnerstr. 51 31141 Hildesheim Mail: info@el-puente-stiftung.de www.el-puente-stiftung.de
100,00 € 2.706,75 €
Hildesheim: Veranstaltungen zum Thema Kokosnuss
208,94 €
Hildesheim: Förderung eines Pavillon-Zeltes
100,00 €
Ilmenau: Förderung von Aktivitäten zu „Ilmenau wird FairTrade-Town“
374,10 €
Schneverdingen: Veranstaltung mit lobOlmo
210,11 €
Hamburg: Reihe zu „Fairer Handel in einer sich wandelnden Welt“ Hildesheim: Veranstaltung zur Fairen Woche mit Los Kuelap Bad Wildungen: Veranstaltung mit lobOlmo
1.000,00 € 200,00 € 78,84 €
Hannover: Verbrauch von Kleidung - Faire Kleidung
500,00 €
Reihe zur Lepra-Diskriminierung in Nepal
900,00 €
Dresden: Seminar Fairer Handel im Detail
700,00 € 8.078,74 €
Aufwendungen für die Geschäftsführung: Kontoführung, Fahrtkosten und Geschäftsbetrieb Kosten für Internetpräsenz und Homepage
586,58 € 57,36 €
Kapitalanlagen zum 31.12.2018: Darlehen an El Puente-GmbH
330.000,00 €
Umweltbank Nürnberg (Sparbriefe)
30.000,00 €
Nord LB über Sparkasse Hildesheim
240.000,00 €
Energiegenossenschaft Diekholzen
20.000,00 €
Genussrechte Windwärts GmbH
30.000,00 €
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EL PUENTE Stiftung
Bilanz der El Puente-Stiftung 2018 Aktiva: Kapitalanlagen
650.000,00 €
Festgeldkonto Umweltbank
15.452,16 €
Girokonto Sparkasse
17.233,48 €
Girokonto Volksbank
40,95 €
Beteiligung an der El Puente-GmbH
55.700,00 €
Zweckvermögen Bolivien
84.000,00 € 822.426,59 €
Passiva: Stiftungskapital
634.367,64 €
Rücklagen
26.126,98 €
Jahresergebnis
9.978,64 €
Gesellschafteranteile
55.700,00 €
Zweckvermögen Bolivien
96.230,00 €
Verbindlichkeiten
23,33 € 822.426,59 €
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Reisebericht Brasilien
Ausgetauscht: Isolde (links im Bild) und Felix (rechts im Bild) besuchten Copermate in Brasilien.
Reisebericht: Bei MST in Brasilien
Fairer Handel und die MST: Gemeinsame Ziele für ein gutes Leben
Gemeinsam: Copermate ist Teil der brasilianischen Landlosenbewegung Movimiento sem Terra.
Die Zusammenarbeit von Fairem Handel und der Movimiento sem Terra (MST) in Brasilien sehen wir als wichtige und sinnvolle Verbindung, die es zu stärken gilt. Movimiento sem Terra ist die zivilgesellschaftliche Bewegung der Landlosen in Brasilien, die seit über 30 Jahren in Fragen des Landbesitzes aktiv ist. Beide Bewegungen teilen wichtige Werte und haben gemeinsame Ziele. So setzen beide Bewegungen darauf, über den Handel mit Produkten präsent zu sein und sich gleichzeitig für politische Ziele einzusetzen. Sie tragen dazu bei, Menschenrechte zu schützen, damit insbesondere Kleinbäuer*innen und strukturell benachteiligte Produzent*innen besser leben können. Die Landfrage ist auch im Fairen Handel wichtig. Deswegen arbeitet El Puente nicht mit Plantagenbetrieben, sondern mit Kooperativen zusammen. Dadurch können Kleinbäuer*innen ihr eigenes Land für ein Einkommen bewirtschaften. Um unsere Handelspartnerschaften zu stärken, besuchen El Puente Vertreter*innen die Partner und reisten im Mai 2019 nach Brasilien zur MST.
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In Porto Alegre bei der Reiskooperative COOTAP Am Flughafen in Porto Alegre werden die Reisenden von Olavo Tatsuo Makiyama empfangen. Olavo engagiert sich seit 2011 für die MST. Seit 2019 ist er dabei, mit anderen Aktiven ein nationales Exportbüro für MST aufzubauen. In seiner Begleitung brechen Felix und Isolde zu drei Kooperativen auf. Zunächst besuchen sie COOTAP, eine Kooperative, in der sich Produzent*innen der MST im Großraum Porto Alegre zusammengeschlossen haben. Im Hauptsitz mit Büros und angeschlossenem Zwischenlager in der MST Siedlung, dem Assentamento Integracao Gaúcha, wird die Gruppe von Präsident Emerson und weiteren Vertreter*innen von COOTAP empfangen. Die 218 Familien der Siedlung waren früher entweder Lohnarbeiter*innen für Großgrundbesitzer oder hatten überhaupt keinen Bezug zur Landwirtschaft. Als Teil der MST-Bewegung erhielten sie in den 1990er Jahren Land, das zuvor ungenutzt war und der Regierung gehörte. Schnell konzentrierte sich die Kooperative auf den Bio-Anbau, den sie erfolgreich
Reisebericht Brasilien
Im Land: Die Reiskooperative COOTAP verkauft deshalb einen Großteil seiner Produkte an öffentliche Institutionen.
einführte. COOTAP hat außerdem vier Bäckereien gegründet, die mehrheitlich von Frauen geführt werden. Die Kooperative ist basisdemokratisch organisiert. Die Mitglieder sind in Assentamentos genannten Produzent*innengruppen organisiert. Innerhalb der Gruppen gibt es regelmäßige Treffen zur Koordinierung der Aktivitäten, aber auch – wie generell bei der MST üblich – zur politischen Bildung. Die Produzent*innengruppen schicken Vertreter*innen zur jährlichen Hauptversammlung von COOTAP. Dort wird unter anderem das Preismodell für Reis verabschiedet. Die Kooperative, die in 2015 rund 1580 Mitglieder zählte, bietet diesen wichtige Leistungen. So können die Kleinbäuer*innen zu Saisonbeginn Kredite für den Kauf von Material, Saatgut (aus MST-Produktion) oder Benzin aufnehmen und nach der Ernte zurückzahlen. Geholfen hat der Kooperative nach eigener Aussage die Politik der Regierungen Lula da Silva / Dilma Roussef, die Infrastrukturmaßnahmen förderten. Außerdem sorgten sie mit einem Gesetz dafür, dass 30% der Nahrungsmittel in öffentlichen Institutionen, darunter Schulen
und Universitäten, aus Quellen der Landreform oder von Kleinbäuer*innen gekauft werden müssen. COOTAP verkauft deshalb einen Großteil seiner Produkte an öffentliche Institutionen, im letzten Jahr 90 % ihrer Reiseernte.
Unsicherheiten auf Grund der aktuellen politischen Lage Die aktuelle Situation der Kooperative schätzen die Vertreter*innen sehr gemischt ein. Das Jahr 2018 war für COOTAP wirtschaftlich erfolgreich und es wurden viele Verträge für das Jahr 2019 abgeschlossen. Sie sind zuversichtlich, das Vorjahresniveau halten zu können. Die Zukunft ist aber angesichts der Präsidentschaft des rechtsextremen Jair Bolsonaro sehr unsicher. Die Regierung stellt sich öffentlich klar gegen die MST. Deshalb ist es für COOTAP unklar, inwiefern sie künftig noch auf ihren wichtigsten Absatzmarkt setzen können. Mit diesen Informationen und der Absprache, dass ab September 2019 Bio-Langkornreis parboiled bei El Puente erhältlich sein wird, brechen Felix und Isolde auf zur Kooperative BioNatur in Candiota.
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Reisebericht Brasilien
Kennengelernt: BioNatur ist ein Teil der MST und produziert Bio-Saatgut.
Biologisch angebautes Saatgut von BioNatur BioNatur ist kein Handelspartner von El Puente, aber der Besuch gibt weitere Einblicke in die Organisation der MST und die Möglichkeit neue Kooperationen anzudenken. Die Kooperative liegt sehr abgelegen, was zeigt, unter welch schwierigen Umständen die Siedler*innen der MST sich eine Existenz aufbauen mussten. Dabei erscheint es den Reisenden immer wieder beeindruckend, welch hohes Maß an Professionalität innerhalb der letzten 20 Jahren erreicht wurde. Vor Ort berichten Mitarbeiter*innen und Direktor Alceman Afilio Inhaia , dass die Kooperative 1997 von Familien in Candiota und Hulha Negra aufgebaut wurde, die in den späten 1980er Jahren MSTSiedlungen gegründet hatten und dort Landwirtschaft betrieben. Heute vereint die Kooperative 210 Familien. Sie produziert Bio-Saatgut, was für die Mitglieder jedoch meist die zweite oder dritte Einnahmequelle neben anderen Aktivitäten darstellt. Ihr Ziel ist es, durch eine solidarische Saatgut-Produktion eine Ernährungssicherheit für künftige Generationen zu schaffen. Dabei setzen sie sich für den Schutz der Biodiversität ein und kämpfen für ein sozial, ökologisch
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und ökonomisch gerechtes und faires Gesellschaftsmodell. Die Kooperative versorgt die Produzent*innen mit dem Saatgut für die Aussaat, Berater*innen geben Tipps für den richtigen Anbau. In ihren Verkäufen ist BioNatur stark abhängig von Regierungsprogrammen, die Saatgut beziehen, um dieses etwa an Kleinbäuer*innen in Brasilien zu verteilen.
Professionell und solidarisch: Die Mate-Kooperative Copermate Weiter geht die Reise nach Santa Maria do Oeste, wo die Kooperative Copermate ihren Hauptsitz hat. Von Copermate beziehen wir Matetee, die 250g Einheit als fertig verpacktes Produkt. Probleme gab es in der Vergangenheit mit überhöhten Anthrachinon Werten, weshalb wir auch im Detail den Produktionsprozess nachvollziehen müssen. Auch hier bestätigt sich der Eindruck eines hochprofessionell organisierten Partners, der seiner Arbeit dennoch einen solidarischen Ansatz zugrunde legt. Empfangen werden wir von Luis Z. Gomes, Geschäftsführer der Kooperative, von Mitgliedern des Verwaltungsrats und des Direktoriums der Kooperative.
Reisebericht Brasilien
Professionell: Luiz Gomez, Geschäftsführer von COPERMATE legt großen Wert auf Qualität.
Schnell wird deutlich, dass El Puente in den Anfangsjahren der Kooperative eine entscheidende Rolle bei der Professionalisierung und bei dem Ausbau der Exportaktivitäten gespielt hat. Durch einen wichtigen Partner in den USA sowie einem Regierungsprogramm konnte Copermate in den vergangenen Jahren in die Modernisierung der Produktionsanlagen investieren und die Professionalität in Bezug auf Management und Qualitätskontrolle erhöhen. Luis gibt uns eine ausführliche Führung durch die Verarbeitungsanlage und die Pflanzungen eines Mate-Tee-Produzenten. Dabei sprechen sie sowohl über Anbauaspekte als auch über Arbeitsbedingungen. So greift der Produzent bei der Ernte etwa auf Erntehelfer zurück. Im Gegensatz zum brasilianischen Normalfall sind diese aber zumindest mit dem Mindestlohn bei einem Unternehmen angestellt und sozialversichert. Bereichernd von vielen prägenden Gesprächen mit Produzent*innen, Mitarbeiter*innen und Führungspersonal verlassen wir Brasilien. In allen Gesprächen wurde klar, wie zentral der solidarische Ansatz, das gemeinschaftliche Diskutieren, Entscheiden und Handeln bei der MST ist. Mit der konsequenten
Verbindung des Wirtschaftlichen mit dem Politischen ist für uns auch klar, welche Rolle der Faire Handel für die MST spielen kann: Anhand der fair gehandelten Produkte über die wichtige Arbeit der MST zu informieren.
Grundsätze: Besonders beeindruckt war Felix davon, dass der basis-demokratische Ansatz bei MST voller Überzeugung gelebt wird
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Reisebericht Peru
Gemustert: Juan Vargas strickt Alpaka-Accessoires mit aufwendigen Strickmustern.
Reisebericht: Peru
Kunsthandwerker*innenbesuche in Lima oder: Wie ich hoffte, einem Alpaka zu begegnen, Reisebericht von Nina Labode Als Mitarbeiter*innen der InfoAbteilung begleiten wir unsere Einkaufskolleg*innen von Zeit zu Zeit, um uns direkt mit unseren Handelspartnern und den Produzent*innen austauschen und diese Informationen an die Weltläden und Interessierten weitergeben zu können. So hatte ich die Gelegenheit in diesem Jahr meine Kollegin Miriam zu begleiten und einen Einblick in die Kunsthandwerker*innenszene von Lima zu bekommen.
Kunsthandwerk aus Peru Nachdem ich Peru vor allem mit weiten Berglandschaften verbunden hatte, holte mich Lima mit seinem dichten Verkehr und Smog schnell auf den Boden der Tatsachen zurück. In dieser 10 Millionen Einwohnerstadt, die sowohl am Meer als auch in der Wüste liegt, leben und arbeiten viele Produzent*innen, von denen El Puente Kunsthandwerksprodukte wie Keramik, Alpaka-Strickwaren, Silberschmuck und gestricktes Kinderspielzeug bezieht. Die Kunsthandwerker*innen, die wir auf unserer Reise besuchen, haben meist eine Werkstatt in ihrem Wohnhaus, oft unter dem Dach gelegen. Und in jeder
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dieser Werkstätten arbeitet eine Person, die nach Auftragslage noch einzelne Mitarbeiter*innen beschäftigen kann.
Hinterglasmalerei Amigas
von
Manos
Einer dieser Kunsthandwerker in Lima ist Apolonio Alejandro. Als wir bei seinem Haus ankommen, führt er uns in seine Werkstatt unter dem Dach des Hauses. Das Dach besteht bislang aus Wellblech und der Raum ist zu einer Seite noch offen, aber, dass das Stockwerk überhaupt existiert, sei erstmal die Hauptsache, erläutert uns Apolonio. Wir staunen über die filigran bedruckten und bemalten Glasplatten die in der Werkstatt zum Trocknen ausgelegt sind. Es ist unsere Bestellung, an der er gerade arbeitet. Die Spezialität von Apolonio sind Tabletts in verschiedenen Formen, die ein bemaltes Glasbild zieren. Eine aufwändige Arbeit. Er führt uns durch die verschiedenen Schritte, bis ein solches Tablett fertig ist. Beim Drucken, Bemalen und Einfassen der Glasplatten in einen Holzrahmen hat Apolonio Unterstützung von vier weiteren Personen. Seit 25 Jahren produziert er bereits für unseren Handelspartner Manos Amigas.
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Designt: José Luis Pariona gestaltet Schmuck-Muster mit einem 3D-Drucker.
Die Organisation arbeitet mit 47 einzelnen Produzent*innen und Gruppen zusammen. Sie profitieren von den Aufträgen, dem Marktzugang und gerechteren Preisen. Ähnliche Eindrücke wie bei Apolonio sammeln wir auch bei anderen Kunsthandwerker*innen in Lima. Es sind einzelne Künstler*innen, die in aufwändiger Handarbeit kunstvolle Wohnaccessoires, Schmuck oder andere Accessoires herstellen.
Silberschmuck von Manos Amigas Andernorts treffen wir den jungen Künstler José Luis Pariona in seiner Schmuckwerkstatt. Hier arbeitet er mit vier weiteren Mitarbeiter*innen. Der kleine Werkstattraum ist vollgestopft mit Maschinen. Einen 3D-Drucker hat er sich als letztes Gerät angeschafft, um damit Modelle für seinen Schmuck anzufertigen. Er kreiert seine Designs komplett selbst am Computer und hat für die Erarbeitung der Formen mit dem 3DDrucker eine Weiterbildung gemacht. „Seit ich mit Manos Amigas zusammenarbeite, hat sich für mich und meine Familie viel verbessert. Deshalb konnte ich die neuen Maschinen anschaffen“, erläutert er. „Am meisten Spaß macht mir das
Planen und raus den Mitarbeiter*innen alles zur Verfügung zu stellen, was sie brauchen, um gut arbeiten zu können. Und natürlich die Designs zu entwerfen, denn die Maschinen helfen zwar beim Anpassen der Entwürfe, aber die Designs stammen trotzdem von mir.“
Keramik mit Geschichte von Intercrafts Außerdem treffen wir den Geschäftsführer und vier Kunsthandwerker der Produzent*innengruppe Tawaq im Viertel Ate Vitarte. Ihre Produkte vermarkten sie über CIAP/Intercrafts auch an El Puente. Im Gespräch betonen sie, dass die Designs ihrer Keramikprodukte im Zusammenhang mit ihrer Geschichte gesehen werden müssen. Alle anwesenden Kunsthandwerker sind vor Jahren zur Zeit des Sendero Luminoso vor der Gewalt in den Dörfern der Region Ayacucho nach Lima migriert. Mit den Designs haben sie ihre Geschichte mitgebracht. „Für uns sind sie Teil unserer Kultur“, sagt einer der Künstler. Deswegen legen sie bei ihren Tassen, Ocarinas oder Krippen, viel Wert darauf, die typischen Elemente und Farben beizubehalten. Die verschiedenen Entstehungs-
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Handbemalt: Apolonio Alejandro gestaltet das Glas für seine kunstvollen Tabletts.
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Flexibel: Wenn Augusta Sanchez de Tomas Zeit hat, strickt sie Fingerpuppen für ein eigenes Einkommen. geschichten der Produktgestaltung beeindrucken uns. Es zeigt sich, wie unterschiedlich der Umgang mit dem Thema Design und Innovation bei verschiedenen Kunsthandwerker*innen ist.
Alpaka-Accessoires von Allpa Nachdem wir Keramikund Schmuckproduzent*innen besucht haben, führt uns unsere Reise zu einer Werkstatt, in der die begehrte, weiche und wärmende Alpaka-Wolle verarbeitet wird. Dafür besuchen wir Juan Vargas, der für unseren Handelspartner Allpa Alpaka-Accessoires fertigt. Angekommen müssen wir noch ein kleines Stück zu Fuß gehen, denn hier gibt es keine mit Autos befahrbaren Straßen mehr. Sandige Stufen führen uns bis zu seinem Haus. Auf der Hälfte der Strecke nimmt Juan uns in Empfang. Wir fühlen uns gleich wohl und willkommen. Er nimmt uns mit in seine Werkstatt, die sich in seinem Haus auf zwei Ebenen befindet. Neben der Qualitätssicherung und einem kleinen Lager, sehen wir eine Reihe von Strickmaschinen. Juan erklärt uns, warum er verschiedene Maschinen braucht: Jede hat eine andere Nadel-Stärke und kann damit unterschiedliche Arten und Stärken von Wolle verarbeiten. Es gilt: Je feiner die Nadeln der Strick-
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maschine sind, desto anspruchsvoller ist sie auch zu bedienen. Die Mustervorgaben für die Maschinen werden ebenfalls in der Werkstatt übersetzt. Es sind Lochkarten, die per Hand gelocht werden und die für die Maschine lesbar sind. Auf den Lochkarten kann man bereits das Muster erkennen, das später die Mütze oder der Schal trägt. Als Juan uns demonstriert, wie eine Mütze an der Strickmaschine gestrickt wird, sind wir überrascht, wie viel Handarbeit es trotz der Strickmaschine bedarf. Die Fäden müssen aufwändig eingefädelt werden und auch das Schiffchen wird mit der Hand bewegt. Später sehen wir die Mützen von Juan im Musterraum unseres Handelspartners Allpa, wo wir eine neue Kollektion für den kommenden Winter 2020 zusammenstellen.
Gestrickte Fingerpuppen von Ecco Exe Eine besondere Begegnung in Lima haben wir mit den Frauen von Ecco Exe. Die Räumlichkeiten sind freundlich und überhaupt ist die Stimmung sehr gut. Sechs Frauen, die in den Armenvierteln von Lima leben, sind extra in das Büro gekommen, um uns zu treffen und mit uns zu sprechen. Wir zeigen ihnen eine kurze Präsentation, damit sie mehr über
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Begeistert: Den Mitarbeiter*innen von Ecco Exe gefällt die Produktweltenbroschüre. El Puente erfahren. Die ehrenamtliche Geschäftsführerin Elia Legua Neyra berichtet uns, dass sie nach wie vor mit Frauen zusammenarbeiten, die sich entweder um ihre kleinen Kinder kümmern müssen, die sie aus Sicherheitsgründen nicht alleine lassen können, oder mit Frauen über 35, die es ab diesem Alter sehr schwer haben können noch einen Job zu finden. Auf einmal fühle ich mich sehr alt. „Es gibt sehr viele junge Menschen in Peru“, erläutert Elia. „Sie haben es einfacher einen Job zu finden und sind daher auch keine Zielgruppe für Ecco Exe.“ Eine der Stricker*innen, Augusta Sanchez de Tomas, berichtet uns, das sie seit 20 Jahren für Ecco Exe arbeitet. Mit 37 hat sie angefangen. Sie ist Armadora, das heißt, sie stattet Strickschläuche mit ihren individuellen Merkmalen aus, damit sie zu einem Löwen, einer Schildkröte oder einem Ferkel werden. Sie hat vier Kinder, die noch klein waren, als sie bei Ecco Exe angefangen hat. Damals hat sie immer gestrickt, während die Kinder Hausaufgaben gemacht haben. Heute findet sie nachmittags und abends Zeit, um ein paar Stunden zu stricken. „Ich mag es sehr. Mir gefallen die immer neuen Designs. Wenn ich stricke, dann konzentriere ich mich ganz auf meine Arbeit. Mein Leben ist ruhiger gewor-
den.“ Ihr Mann bekommt nur eine kleine Pension. Deshalb hilft die Arbeit bei Ecco Exe Augusta und ihrer Familie Wasser, Strom und Gas zu bezahlen. An den Fortbildungen bei Ecco Exe nimmt sie auch teil. „Besonders gefällt mir, mich hier im Büro mit meinen Freundinnen zu treffen“, erklärt sie uns. Das Büro von Ecco Exe ist Begegnungsort, Lagerraum und der Ort an dem neue Muster entwickelt werden. Nachdem wir einige neue Muster für El Puente bestellt haben, unter denen auch ein Alpaka ist – so viel darf ich verraten – ist es Zeit sich von den Frauen zu verabschieden. Und auch unsere Peru-Reise neigt sich dem Ende zu. Mit vielen Eindrücken aus kleinen Werkstätten mit vielen kreativen Köpfen, machen wir uns auf den Rückweg – nicht ohne einen Ausflug in die Weiten der wunderschönen peruanischen Berglandschaften. Und einem Alpaka bin ich dort dann auch noch begegnet.
Getroffen: Nina Labode hatte auf ihrer Reise spannende und tierisch-interessante Begegnungen.
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Impressum
Herausgeber:
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Redaktion: Anna-Maria Ritgen, El Puente GmbH Fotos: El Puente GmbH, El Puente e.V., Verena Brüning (Titelseite, S. 2), Dave Schulz (S.14,19), Forum Fairer Handel/Jörg Farys (S. 20) Grafiken: Stephan Eidt (S. 16,17,19) Organigramm: code-x Satz: Designwerkstatt Hildesheim Druck: Gutenberg Beuys Feindruckerei GmbH, 30851 Langenhagen Auflage: 5.000 Exemplare Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion, des Vorstandes oder der Geschäftsführung wieder. Ein großes Dankeschön an alle, die mit ihren Artikeln zur Entstehung dieser Ausgabe von „El Puente informiert“ beigetragen haben.
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Die 10 Grundsätze des Fairen Handels
Inhaltsverzeichnis
Diese Kriterien wurden von der World Fair Trade Organization (WFTO) entwickelt und sind die Grundlage unserer Arbeit:
Chancen für benachteiligte Produzenten
Der Faire Handel steht für nachhaltige Entwicklung und schafft neue Absatzmärkte für wirtschaftlich benachteiligte Kleinproduzenten.
Inhalt Vorwort 1 Volle Fahrt voraus in Sachen Klimaschutz
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Hier oder dort? Mehrwert für Produzent*innen
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20 Jahre lang – Der Pott kocht fair
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Verabschiedung von Stefan Bockemühl
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El Puente GmbH
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Jahresabschluss der El Puente GmbH
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Faire Woche 2019
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El Puente Entwicklungsfonds
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El Puente Projektpartnerausschuss
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El Puente Weltladen und Verein
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Vor 50 Jahren: Richard Bruns blickt zurück auf 1969
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El Puente Stiftung
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Reisebericht: Bei MST in Brasilien
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Reisebericht: Peru
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Versammlungsfreiheit, keine Diskriminierung und Geschlechtergerechtigkeit
Im Fairen Handel darf niemand aufgrund seines Geschlechts, seiner Herkunft, Religion, sexuellen Orientierung oder Krankheit benachteiligt werden.
Transparenz und Rechenschaftspflicht
Gute Arbeitsbedingungen
Faire Handelspraktiken
Aus- und Weiterbildung
Faire Bezahlung
Förderung des Fairen Handels
Keine ausbeuterische Kinderarbeit, keine Zwangsarbeit
Schutz der Umwelt
Der Faire Handel steht für transparente Handelsbeziehungen, die auf Fairness und Respekt beruhen.
Fairhandels-Organisationen streben keine Gewinnmaximierung an und bauen auf langfristige Handelsbeziehungen, die auf Vertrauen und Solidarität beruhen.
Die Preise werden im Fairen Handel im gleichberechtigten Dialog zwischen den Handelspartnern festgelegt.
Der Faire Handel steht für sichere und nicht gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen.
Der Faire Handel fördert vor allem Kleinproduzenten und hilft ihnen, ihre Kompetenzen zu stärken.
Die Organisationen des Fairen Handels setzen sich öffentlich für einen gerechten Welthandel ein und klären über die Ziele des Fairen Handels auf.
El Puente gehört zu den Pionieren der Fairhandels-Bewegung und arbeitet heute mit etwa 140 Handelspartnern in Afrika, Asien und Lateinamerika zusammen. In langjährigen und transparenten Handelspartnerschaften unterstützt El Puente seine Handelspartner durch Fairhandels-Prämien für soziale Projekte. Die Produkte werden in etwa 800 Weltläden in Deutschland und Europa sowie über unseren Online-Shop verkauft. Als Mitglied der World Fair Trade Organization (WFTO) richten wir unsere Arbeit an den zehn Standards des Fairen Handels aus. Unsere Vision ist ein faires Miteinander. Foto Titelseite: Das Segelfrachtschiff Avontuur brachte zum ersten Mal unseren fair gehandelten Kaffee aus Nicaragua allein per Windkraft zu uns. Foto: Verena Brüning
Der Faire Handel lehnt jegliche Art von ausbeuterischer Kinder- und Zwangsarbeit ab.
Der Faire Handel setzt sich für umweltfreundliche Anbaumethoden und Produktionsbedingungen ein.
Das Siegel der World Fair Trade Organization (WFTO) bestätigt, dass El Puente nach den Kriterien des Fairen Handels arbeitet. www.el-puente.de
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