Nachrichten in digitalen Medien

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Nachrichten in digitalen Medien Darstellung nicht vorhersagbarer Informationen

Sven Ellingen

Matrikelnummer 11050199 Diplom 2008 – Hauptthema

Prof. Philipp Heidkamp Lehrgebiet Interface Design KĂśln Internationl School of Design


Inhalt

5

1.

Einleitung

8

2.

Nachrichten

12

2.1

Nachrichten allgemein

2.1.1

13

Funktion und Aufgabe

13

2.1.2

Motivation

14

2.1.3

Selektionskriterien a) Formale Reize b) Inhaltliche Reize c) Soziales Umfeld

15 16 16 17

2.1.4

Zusammenfassung und Folgerungen

17

2.2

Nachrichten in digitalen Medien

18

2.2.1

Zug채nglichkeit

18

2.2.2

Multimedialit채t

20

2.2.3

Interaktivit채t

20

2.3

Rolle der Form bei der Vermittlung von Nachrichten

23

2.3.1

23

2.3.2

Gestaltungsmittel

24

2.3.4

Trennung von Form und Inhalt

25

2.3.5

Systemisches Design

26

2.4

Verwandte Arbeiten

27

2.4.1

Hierarchie

28

2.4.2

Ort

30

3.

2.4.3

Zeit

33

Exkurs: Technischer Hintergrund

35

3.1

Austausch von Daten und Informationsobjekten

37

3.1.1

Feeds

37

3.1.2

APIs

38

3.2

Inhaltliche Analyse

40

3.3

Und weiter?

42

Nachrichten gestalten?


4.

Entwurf

43

4.1

Konzept

4.1.1

Problemstellung und Intention

4.1.2

Wirkungsr채ume und Ber체hrungspunkte

4.2

Vorgehensweise

47

4.3

Ausarbeitungen

49

4.3.1

49 49 54 63

4.3.2

Verarbeitung

4.3.3

Themenbezogene Betrachtung

4.4

Funktionsbeschreibung

Selektion a) Chronologische Anordnung b) Form und Inhalt? c) Beziehungen

45

45

46

69

73

75

5.

Schluss

83

5.1 5.2 5.3

Quellen

Einschr채nkungen Ausblick Fazit

85 86 87

89

93

Digitale Dokumentation und Versicherung

94

Weiterf체hrende Links

6


01


Einleitung

8


9

Einleitung


1.1  Problem und Fragestellung

Im Gegensatz zu traditionellen medialen Kanälen wie der Zeitung oder dem Fernsehen sind Nachrichten in digitalen Medien nicht statisch, sondern dynamisch. Die Dynamik liegt dabei in dem Umstand begründet, dass Form und Inhalt hier von einander getrennt sind. Während etwa eine Tageszeitung eine einmal entworfene, in sich geschlossene Komposition darstellt, sind Nachrichten in digitalen Medien – wie dem World Wide Web – flüchtig und somit nicht an eine spezifische Art der Darstellung oder einen bestimmten Kontext gebunden. Die formale Aufbereitung kann hier also nicht länger zwangsläufig eine Synthese mit dem zu kommunizierenden Inhalt eingehen und dessen Vermittlung konnotativ unterstützen. Dieser Umstand – also die Trennung von Form und Inhalt – ist gleichermaßen Herausforderung und Chance. So gilt es schließlich, Design-Systeme zu entwickeln, in denen aus einem Vokabular und syntaktischer Regeln eine Art visuelle Sprache entsteht. Eine vorangestellte inhaltliche Analyse, kann in einem solchen System entscheidend dazu beitragen, bei der Vermittlung von Nachrichten eine dem jeweiligen Inhalt angemessene formale Aufbereitung zu finden.

1.2  Aufbau der Arbeit

Zu Beginn erfolgt eine Annäherung an das Thema Nachrichten – zuerst allgemeiner Art und anschließend unter Berücksichtigung der Besonderheiten und Implikationen der digitalen Medien. Verwandte Arbeiten werden weiter im Hinblick auf spezifische Fragestellungen zur Organisation von Nachrichten analysiert. Dieses theoretische Grundgerüst dient schließlich als Ausgangspunkt für die Entwicklung eines Konzeptes, welches mittels verschiedener Vorschläge ausgearbeitet wird. Zuletzt werden diese in einem prototypischen Interface zusammengefasst und zugänglich gemacht.

10


02


Nachrichten

12


2.1  Nachrichten allgemein Wenn die Aufbereitung und Darstellung von Nachrichten reflektiert wird, ist es zunächst wichtig, sich mit diesem Gegenstand vertraut zu machen. Welche Rollen spielen Massenmedien und Nachrichten in einer Gesellschaft; welche Funktion haben sie? Aus welcher Motivation und auf welche Weise verfolgen und konsumieren wir die Nachrichten? Eine Annäherung an diese Fragen soll zu einem grundlegenden Verständnis des Themas führen. Die gewonnen Erkenntnisse sind schließlich Ausgangspunkt für das zu entwickelnde Konzept, spätere Entscheidungen im Designprozess erfolgen unter Berufung auf eben diese.

2.1.1  Funktion und Aufgabe Die älteste und wichtigste Aufgabe der Massenmedien besteht in komplexen Gesellschaften darin, zu informieren. Nachrichten dienen der Kommunikation: sie ermöglichen den Austausch von Fakten und Meinungen zwischen den einzelnen Mitgliedern und Institutionen einer Gesellschaft (Früh, 1980, S. 16). Nachrichten – und hierbei spielt das Medium eine untergeordnete Rolle – sind Konversation. Sie sollen allen Individuen und Gruppierungen der Gesellschaft eine Stimme verleihen und Probleme und Missstände in den Fokus des öffentlichen Interesses und der Diskussion rücken. Dabei ist es wichtig, dass komplexe und vielschichtige Sachverhalte entsprechend umfassend und differenziert beleuchtet werden. Nur so erlangt der Bürger die Möglichkeit, gesellschaftliche Zusammenhänge zu durchdringen und die Berichterstattung der Medien – nach kritischer Abwägung einer möglichst großen Zahl relevanter Fakten – zur Grundlage seiner Entscheidungen zu machen (ebd.). Ein weitreichendes Medienangebot allein reicht jedoch nicht: die Bürger müssen dieses Informationsangebot auch nutzen können und wollen. Es muss also leicht zugänglich, attraktiv und verständlich sein. Um zu erreichen, dass Leser sich den Nachrichten zuwenden und sie schließlich auch verstehen, müssen demnach Angebote geschaffen werden, »die einen komplexen thematischen Zusammenhang formal am reizvollsten und zugleich am verständlichsten darstellen« (Früh, 1980, S. 17). Die formale Beschaffenheit bezieht sich dabei sowohl auf die strukturellen Eigenschaften eines Textes (Verständlichkeit, Lesbarkeit, Aufbau, Stil) als auch auf die Art der Darstellung (Typografie, Layout, und so weiter).

13 Nachrichten


2.1.2  Motivation Im folgenden gilt es zu beleuchten, aus welcher Motivation die Bürger sich schließlich den Nachrichten zuwenden. Eine wesentliche Rolle spielt hierbei das Bedürfnis, als verantwortungsbewusster Bürger das Wissen zu erlangen, an unserer lokalen, nationalen und globalen Gemeinschaft zu partizipieren (vgl. Schudson, 1995, S. 14; Graber, 1988, S. 100). Aber auch die Gewohnheit spielt als Beweggrund eine wesentliche Rolle: das morgendliche Zeitungslesen oder die 20-Uhr-Nachrichten im Fernsehen gehören zu wiederkehrenden Handlungsmustern, die oft fest in den Alltag integriert sind. Eine schon etwas ältere amerikanische Studie zum Zeitungslesen sei hier als Beispiel erwähnt: Es wurde beobachtet, was regelmäßige Zeitungsleser taten, als während eines Streiks die gewohnte Tageszeitung nicht zur Frühstückslektüre zur Verfügung stand. Da von den Befragten zuvor eindeutig die Information als entscheidende Funktion der Zeitung angeführt wurde, wäre zu erwarten gewesen, dass die Leser auf ein anderes Medium (Radio oder Fernsehen) ausweichen. Tatsächlich aber haben viele von ihnen stattdessen noch einmal die Zeitung vom Vortag gelesen. Das Zeitungslesen geschieht also habituell, es wird getan, weil es Gewohnheit ist, es zu tun (Schön, 1999, S. 210). Ein anderer, greifbarerer Antrieb besteht darin, ein konkretes Bedürfnis befriedigen zu wollen. Der Rezipient verfolgt in diesem Fall ein bestimmtes Ziel, das durch das Konsumieren der Nachrichten befriedigt werden kann (beispielsweise das Abrufen von Aktienkursen). Für die Aufbereitung und Darstellung impliziert diese Perspektive, dass sowohl Form als auch Inhalt optimal gewählt werden können, sobald das jeweilige Ziel bekannt ist (Watters & Shepherd, 1997). Obwohl dieses Szenario in der Konzeption von Nachrichtenangeboten bedacht werden sollte, erscheinen andere Motivationen bedeutsamer. Watters & Shepherd (ebd.) formulieren hierzu treffend:

» News reading / gathering is more than a task of getting information; it is a task for which the ›getting‹ is part of the reward. « Das Lesen der Nachrichten erfolgt eben doch zumeist losgelöst von einem bestimmten Bedarf. Der Prozess des Lesens beziehungsweise Konsumierens an

14


sich ist vordergründig. So verfolgen wir die Nachrichten häufig schlicht zum persönlichen Vergnügen, zur Unterhaltung. Der US-amerikanische Soziologe und Medienwissenschaftler Stephenson formuliert hierzu die »Play Theory of Newsreading«. Folgende Eigenschaften lassen seiner Theorie nach das Lesen einer Zeitung dem Vergnügen (»play«) zuordnen: Es bestehe keinerlei Verpflichtung, sondern erfolge freiwillig. Weiter lese man eine Meldung in einem und eine andere im nächsten Moment – ohne dass zwischen beiden eine Beziehung besteht. Schließlich stünden die Nachrichten auch nicht zwangsläufig in Bezug zum alltäglichen Leben des Lesers: »it (news reading) is a temporary interlude, satisfying in itself and ending there« (Stephenson, 1988, S. 150). Hickethier (1999, S. 136) legt schließlich am Beispiel der Fernsehnachrichten dar, dass sich das Informationsinteresse darin erschöpfe, zu erfahren, dass »nichts Bedeutsames passiert sei« Es gehe den Rezipienten weniger um die wirkliche Auseinandersetzung mit Themen des Weltgeschehens, sondern vielmehr um »das Gefühl, informiert zu sein«. Information ist hier offenbar nicht so zu verstehen, »dass man nachher etwas weiss, was man vorher nicht gewusst hat, sondern dass die Gratifikation für den Leser im Leseakt selbst liegt, in einer offensichtlich lustvollen Qualität des Lesens selbst« (Schön, 1999, S. 210). So liest man beispielsweise die Tageszeitung und gewinnt die Gratifikation daraus, »dass man erfährt, dass die eigene Lebenswelt noch immer die des Vortages ist« (ebd.). Und dabei, so Schön (ebd.) weiter, ist nicht das Ergebnis spezifisch lustvoll, »sondern der Vollzug dieser Erfahrung«.

2.1.3  Selektionskriterien Nach den unterschiedlichen Motiven, aus denen Rezipienten sich den Nachrichten zuwenden, soll nun betrachtet werden, auf welche Weise sie dies tun. Bei stetig wachsendem Informationsaufkommen wird der Zwang zur Selektion immer größer und die Frage nach den Selektionskriterien der Leser immer bedeutsamer (Donsbach, 1992, S. 25). Die Wahrnehmungs- und Aufnahmekapazitäten der Menschen sind begrenzt, weshalb die Faktoren, die über die selektive Zuwendung bestimmen, von besonderem Interesse sind. Graber (1988, S. 97) vergleicht das Überfliegen von Zeitungsseiten mit dem Betrachten einer vorbeiziehenden Landschaft aus einem Zugfenster, wobei man ebenfalls nur bei bestimmten Schlüsselreizen (»cues«) seine Aufmerksamkeit erhöht (Donsbach, 1992, S. 27). Drei Arten solcher Schlüsselreize beobachtet Graber (1988, S. 97): formale, durch das Medium bestimmte Reize (»cues by the media«), Reize durch Schlüsselwörter im Inhalt (»cues related to key words«) und solche, die durch das soziale Umfeld entstehen (»cues from the social environment«).

15

Nachrichten

Die hier verwandte Literatur bezieht sich vor allem auf die Nutzung traditioneller Medien (Print und TV). Untersuchungen zeigen jedoch, dass sich Motivation und Nutzungsverhalten von Nachrichten in digitalen Medien nicht wesentlich von diesen unterscheiden. Dies ist nicht weiter verwunderlich, adaptieren die digitalen Medien doch immer noch weithin die traditionellen Kanäle. Ausführliche Untersuchungen zu dieser Fragestellung finden sich zum Beispiel bei Lin et al., 2005, S. 221ff.


a.   Formale Reize Zunächst wird die Aufmerksamkeit des Rezipienten durch formale Reize gesteuert. Hierzu gehören sowohl Typografie und Layout, als auch andere durch das Medium vorgegebene Faktoren (zum Beispiel bei einer Zeitung die Nähe zur Titelseite). Je wichtiger ein Artikel ist, desto prominenter seine Darstellung: Überschriften werden entsprechend größer und fetter typografiert; die Platzierung erfolgt an besonderer Stelle (zum Beispiel der Titelseite). Auch über Bilder und das Verhältnis zwischen Text und Bild wird die Wahrnehmung des Lesers wesentlich beeinflusst. Die formalen Schlüsselreize spielen für diese Arbeit eine besondere Rolle und werden im weiteren Verlauf noch ausführlich behandelt (siehe Kapitel 3.1.3).

b.   Inhaltliche Reize Zweites Selektionskriterium sind Reize inhaltlicher Art. Beim Überfliegen der Inhalte werden Schlüsselwörter in Überschriften und den ersten Absätzen ausgemacht, die darüber entscheiden, ob ein Artikel als interessant und lesenswert eingestuft wird. Hierbei spielt die Apperzeption eine Rolle: diese Theorie beschreibt den Umstand, das wir nur dasjenige wahrnehmen, zu dem wir bereits einen bestimmten Bezug oder eine Vorstellung haben (Wurman, 2001, S. 258; Stephenson, 1988, S. 149). Nicht nur als Selektionskriterium spielt die Apperzeption eine Rolle, sondern auch bei der anschließenden Verarbeitung der Information. Denn die Integration neuer Informationen in bereits vorhandene Wissensstrukturen hat aufgrund der stärkeren Vernetzung auch großen Einfluss auf die Behaltensleistung (Khazaeli, 2005, S. 113). Wurman (2001, S. 257) erklärt:

» You only learn something relative to something you understand  «. Das man in einem frühen Wahrnehmungsstadium bereits Schlüsselwörter ausmachen und zur Grundlage einer späteren Selektionsentscheidung machen kann, erklärt, »warum Rezipienten von bestimmten Artikeln angezogen werden und sich bei anderen nicht einmal mehr an die Überschrift erinnern können, obwohl es höchst unwahrscheinlich ist, dass diese Artikel überhaupt nicht in ihr Blickfeld gerieten« (Donsbach, 1992, S. 27). 16


c.  Soziales Umfeld Schließlich steuert auch das soziale Umfeld unsere Selektion von Nachrichten. Wenn wir das Gefühl haben, ein Thema zu erkennen, das zuvor in den Fokus der Konversation unter Freunden und Kollegen geraten war, wenden wir uns einem Artikel eher zu. Ebenso erhöhen solche Themen die Aufmerksamkeit, die wir bereits in der Öffentlichkeit als kontrovers diskutiert wahrgenommen haben (Graber, 1988, S. 99). Hinter diesen Selektionskriterien steht die Überlegung, dass das, was unser Umfeld für wichtig hält, auch für uns persönlich relevant ist. Weiter spielt auch die Empfehlung durch unsere persönlichen Kontakte eine wesentliche Rolle (Graber, 1988, S. 99). Diese Art persönlicher Empfehlung war stets ein wichtiges Selektionskriterium – und die digitalen Medien begünstigen diese Form der »Mundpropaganda« in besonderem Maße. So können beispielsweise Hinweise auf interessante Artikel oder Videos in Form von Links unmittelbar – per E-Mail, Instant Message, Blog und so weiter – an das eigene Netzwerk sozialer Kontakte verteilt werden. Insbesondere jüngere Mediennutzer machen von diesen Möglichkeiten starken Gebrauch, und würden zunehmend den professionellen Filter der Redaktion durch einen sozialen ersetzen (Stelter, 2008). So wird ein Teilnehmer einer im Dezember 2007 durchgeführten Studie zum Nutzungsverhalten von Medien im US-Wahlkampf mit den Worten zitiert (ebd.):

» If the news is that important, it will find me.  « Schließlich, so stellt Graber (1988, S. 99) in ihrer Studie fest, verläuft das Scannen der Informationen weder besonders sorgfältig noch systematisch. Auch solche Informationen, die für den Leser eigentlich von substantiellem Interesse sind, gehen häufig verloren, je mehr es zu selektieren gibt. Dieser Verlust wird jedoch in Kauf genommen, da die Motivation, über das Weltgeschehen informiert zu werden, im Vergleich zu anderen Motivationen nicht sehr ausgeprägt ist (ebd.).

2.1.4  Zusammenfassung und Folgerungen Zusammenfassend lässt sich zunächst festhalten, dass die formale Aufbereitung wesentlichen Einfluss auf Attraktivität und Verständlichkeit des Medienangebots hat. Diese fällt auf inhaltlicher Ebene in den journalistischen

17

Nachrichten


Aufgabenbereich, auf Seiten der Darstellung – und in digitalen Medien: der Interaktion – in die Kompetenz von Designern. Weiter ist hinsichtlich der Motivation festzustellen, dass die Zuwendung zu Nachrichten weniger das konkrete Informationsbedürfnis zum Ziel hat, sondern vielmehr darin besteht, ein allgemeines Gefühl des »Informiertseins« zu erreichen. Das Konsumieren von Nachrichten fällt also viel eher in den Bereich des persönlichen Vergnügens, der lustvollen Unterhaltung, als dass es eine zielorientierte, der Arbeit gleichkommende Tätigkeit ist. Sowohl Inhalt als auch Design müssen den sich daraus ergebenden Anforderungen Rechnung tragen. Eine starke visuelle Wirkung und das Herstellen spannender, neuer Zusammenhänge und Bezüge scheinen somit bedeutsamer für die Akzeptanz eines Angebotes als dessen Effizienz und Zielstrebigkeit. Zudem ist klar geworden, welche Rolle formale und inhaltliche Reize bei der Selektion von Nachrichten spielen. Fraglich ist, inwiefern inhaltliche Auslösereize stärker mit formalen Faktoren korrelieren können. Wie lassen sich bestimmte Schlüsselwörter und Kernaussagen formal hervorheben, so dass für den Leser relevante Inhalte visuell erfassbar und somit schneller zugänglich und leichter verständlich werden? Schließlich erklärt das Modell der Apperzeption auch, warum sich letztlich jeder Leser jeweils anderen Informationsobjekten zuwendet. So entstehen nicht vorhersagbare, individuelle Lesepfade – durch Aufbau und Gestaltung kann ein Angebot dieses Leseverhalten begünstigen oder erschweren. Inwiefern in digitalen Medien auf die hier formulierten Erkenntnisse und Fragestellungen eingegangen werden kann und welche Besonderheiten es dabei gibt, wird im folgenden betrachtet.

2.2  Nachrichten in digitalen Medien Nachdem die Reflektionen zum Thema Nachrichten bis hierhin im wesentlichen allgemeiner Natur und medienunabhängig waren, soll nun auf die Besonderheiten von Nachrichten in digitalen Medien – vor allem dem World Wide Web – eingegangen werden. Insbesondere die Punkte Zugänglichkeit, Multimedialität und Interaktivität sind hier bedeutsam.

2.2.1   Zugänglichkeit Eine Besonderheit von Nachrichten in digitalen Medien ist gewiss die einfache Zugänglichkeit. Eine überwältigende Anzahl von Angeboten kann

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– zumeist kostenlos – abgerufen werden. Theoretisch kann auf jede veröffentlichte Meldung zugegriffen werden, unabhängig von Standort und Tageszeit. Neben allen etablierten Anbietern wie Nachrichtendiensten (zum Beispiel AP und Reuters), Tageszeitungen und Fernsehsendern positionieren sich auch zunehmend Blogs in der Online-Nachrichtenlandschaft. Dabei nähern sich beispielsweise Politik-Blogs wie The Huffington Post [01] in Qualität, Arbeitsweise und redaktionellen Strukturen immer mehr konventionellen Anbietern von Nachrichten an. Auch die jüngst geschlossene Partnerschaft zwischen washingtonpost.com [02] und TechCrunch [03], einem der führenden Technologie-Blogs, zeigt beispielhaft auf, wie die Grenzen zwischen dem klassischen Journalismus der Printmedien und den Publikationsformen der neuen Medien durchlässiger werden. So speist die Washington Post ihre Technologie-Rubrik online zukünftig unter anderem mit Inhalten des 2005 gegründeten Sparten-Blogs. Mit dieser zunehmenden medialen Abdeckung gewinnen Fragen nach Selektionskriterien und Filtern an Bedeutung. Auch sehen sich etablierte Anbieter von Nachrichten einer immer größeren Konkurrenz gegenüber, weshalb es für sie gilt, ihren vorhandenen Vertrauensvorteil auch in digitalen Medien durch innovative und zeitgemäße Angebote aufrecht zu erhalten. Weiter ist die Unmittelbarkeit wesentliches Merkmal von Nachrichten im Internet. Meldungen lassen sich quasi in Echtzeit verfolgen. Beiträge können redaktionell ausgebaut und verändert werden, sobald neue Erkenntnisse in einer Angelegenheit bekannt werden. Hinzu kommt, dass in digitalen Medien die Inhalte in Datenbanken gespeichert sind, die meist öffentlich zugänglich gemacht werden. So kann beispielsweise die New York Times auf ihrer Website [04] das gesamte Archiv von über elf Millionen Artikeln (seit 1851) zur Verfügung stellen – mit relativ geringem technischen und wirtschaftlichen Aufwand. Die digitalen Medien eröffnen darüber hinaus neue Möglichkeiten der Distribution. Während Fernsehen und Radio traditionell den »Push«-Medien zugerechnet werden, wird das World Wide Web immer noch weitgehend als »Pull«Medium verstanden: Der Nutzer muss selbst aktiv werden, eine bestimmte Seite aufrufen und nachsehen, ob neue Nachrichten zur Verfügung stehen. So genannte Feeds eröffnen hier neue Nutzungsmöglichkeiten: Spezielle Programme (Feed-Reader) fragen in kurzen Intervallen automatisch die Inhalte von zuvor angegeben Web-Angeboten ab. Sobald neue Inhalte vorliegen, werden diese abgerufen und dem Benutzer angezeigt. Auf diese Weise wird das World Wide Web aus Sicht des Nutzers als »Push«-Medium wahrgenommen. Darüber hinaus ermöglichen solche Feeds auch den Austausch zwischen mehreren WebAngeboten. Die Inhalte können über ein standardisiertes Austauschformat

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problemlos in anderer Form und verändertem Kontext ausgegeben werden. Die Probleme und Herausforderungen, die mit der Trennung von Form und Inhalt einhergehen, sind Kernproblem dieser Arbeit und werden im Kapitel 2.3.4 detailliert behandelt.

2.2.2  Multimedialität Das World Wide Web ermöglicht zudem die multimediale Aufbereitung von Inhalten: Nachrichten können umfassend mit begleitendem Bild-, Video- und Tonmaterial angereichert werden. Verschiedene Informationstiefen und Nutzungsmuster lassen sich mit den unterschiedlichen Medien bedienen. Einen Überblick über das Weltgeschehen kann beispielsweise ein schneller Videozusammenschnitt liefern, komplexe Sachverhalte lassen sich anhand (interaktiver) Infografiken erfahren. Zusatz- und Hintergrundinformationen sind bestenfalls nur einen Klick weit entfernt; Stimmungen können per Fotogalerien transportiert werden – und so weiter.

2.2.3  Interaktivität Und vor allem ist es der Grad an Interaktivität, in dem digitale Medien sich wesentlich von klassischen Kanälen wie Printmedien, Fernsehen oder Radio unterscheiden. Sowohl Darstellung als auch Inhalte eines Web-Angebotes lassen sich meist an die persönlichen Interessen und Lesegewohnheiten anpassen. Inhalte können zudem kopiert, verlinkt (referenziert), kommentiert, editiert, weiterempfohlen, bewertet werden, und so weiter. Adaptive Interfaces erlauben es, auf die Bedürfnisse jedes Benutzers einzugehen und mit ihm in einen Dialog zu treten (Abb. 2.1).

Abb. 2.1  BBC–Website Das Web-Angebot der britischen Rundfunkanstalt BBC erlaubt es den Benutzern, das Interface auf ihre persönlichen Interessen und Vorlieben anzupassen.


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Zieht man die zuvor gewonnenen Erkenntnisse zur Motivation und zum Nutzungsverhalten von Nachrichtenkonsumenten in Betracht, wird klar, dass vor allem die Ansätze und Modelle der Information Interaction fßr den Umgang mit Nachrichten in digitalen Medien bedeutsam sind. Die Zuwendung zu Nachrichten beginnt eben in den seltensten Fällen mit einem konkreten Informationsbedßrfnis, das als Anfrage an ein System formuliert werden kann und dann die gewßnschten Ergebnisse liefert. Spielerische Exploration und individuelle Lesepfade sind viel stärkere Attribute beim Konsum von Nachrichten: insbesondere das Medium Web kann zunehmend diesen Erwartungen mit innovativen interaktiven Angeboten entsprechen.

Abb. 2.2 Verortete Nachrichten Die ÂťWorld NewsÂŤ der Nachrichtenagentur Reuters vom 15. Juni 2008, in Relation zu drei

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Die Trennung von Form und Inhalt, von Darstellung und Gegenstand ist hier Voraussetzung. Nur wenn Form und Inhalt entkoppelt sind, lassen sich beispielsweise Artikel besonders prominent darstellen, je näher die beschriebenen Ereignisse zum Standort des Betrachters liegen (Abb. 2.2). Der mit einer solchen Flexibilität einhergehende Kontrollverlust stellt neue Herausforderungen an das Design und fordert die Entwicklung von Systemen, die auf unterschiedliche Zustände und Kontexte eingehen kĂśnnen. Längst lassen sich nicht mehr strikt alle denkbaren Szenarien antizipieren, gefordert sind vielmehr Design-Systeme. SchlieĂ&#x;lich verlagert sich in solchen Umgebungen der Schwerpunkt weg vom Interface – hin zur Information selbst (morville, 2005, S. 59). Man spricht hier von Human Information Interaction – im Gegensatz zum klassischen Begriff der Human Computer Interaction.

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verschiedenen Orten. Derjenige Ort, der in der Meldungen am häufigsten genannt wird, dient als Grundlage der Entfernungsberechnung. Je geringer die Distanz zwischen Ort und Standpunkt des Betrachters, desto heller wird die Meldung angezeigt.

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2.3  Rolle der Form bei der Vermittlung von Nachrichten In diesem Kapitel soll zunächst reflektiert werden, welche Rolle die Form bei der Vermittlung von Nachrichten spielt. Weiter soll aufgezeigt werden, welche formalen Mittel zur Verfügung stehen, um den Inhalt einer Nachricht bestmöglich zu kommunizieren. Schließlich werden Herausforderungen für die Gestaltung aufgezeigt, die in digitalen Medien durch die Trennung von Form und Inhalt bedingt sind.

2.3.1   Nachrichten gestalten? Nachrichten sind Kommunikation und bedürfen daher derselben gestalterischen Zuwendung wie alle anderen Inhalte, die in irgendeiner Weise an einen Rezipienten adressiert sind (zum Beispiel ein Filmplakat). Es ist eben – auch im Fall von Nachrichten – nicht nur entscheidend, was (Inhalt), sondern auch wie (Form) kommuniziert wird. So ist es die klassische Aufgabe der Rhetorik, »als richtig Erkanntes, inhaltlich Relevantes in der bestmöglichen Form zum Ausdruck bringen« (Gerstner, 2001, S. 132). Stehen Form und Inhalt in einem Missverhältnis zueinander, kann die Kommunikation fehlschlagen oder erst gar nicht stattfinden. Auch das beste Medienangebot verfehlt seinen Zweck, wenn es von den Lesern nicht angenommen wird. »Die beste Medienaussage ist«, laut Früh (1980, S. 17), »folglich diejenige, die einen komplexen thematischen Zusammenhang formal am reizvollsten und zugleich am verständlichsten darstellt«. Grundsätzlich tritt die visuelle Gestaltung bei der Vermittlung eher in den Hintergrund. So soll eine seriöse und unverfälschte Berichterstattung suggeriert werden. Gleichwohl ist auch dieser visuelle Ausdruck ganz bewusst gestaltet. Eine etablierte Tageszeitung ist in der Wahl dieser Gestaltungsmittel eher leise und informativ – im Gegensatz dazu wählt beispielsweise die Boulevardpresse eine laute Inszenierung. Und dennoch: die Form spricht unausweichlich immer mit – jede Gestaltung interpretiert, sie kann niemals neutral sein, eben so wenig wie die Sprache neutral sein kann (Willberg, 2000, S. 51).

23 Nachrichten


2.3.2 Gestaltungsmittel Die zur Verfügung stehenden Gestaltungsmittel bestehen traditionell aus Typografie und Layout. Weitere Elemente sind Bilder, Informationsgrafiken oder Piktogramme. In digitalen Medien werden diese um die räumliche und zeitliche Dimension sowie die Ebene der Interaktion ergänzt. Mittels grafischer Variablen wie Größe, Form und so weiter werden diese Elemente zueinander in Beziehung gesetzt und Hierarchien hergestellt. Bei der Vermittlung von Nachrichten spielen zunächst Mikro- und Makrotypografie eine wesentliche Rolle. Die Schrift transportiert dabei nicht nur die Inhalte, sondern gibt diesen auch unweigerlich einen bestimmten Ausdruck, eine Anmutung (Gerstner, 2001, S. 133). Es geht dabei darum, den Inhalten mit Hilfe der Form, des visuellen Ausdrucks »ein Höchstmass an Plastizität« zu verleihen (ebd.). Insbesondere, so Gerstner (ebd.) weiter, trifft dies für solche Texte zu, »die nicht mehr gelesen, sondern gesehen werden; die ins Auge springen: Überschriften, Titel; Schlagworte, so die zutreffende Bezeichnung.« Die makrotypografische Gestaltung – also das Zusammenspiel der verschiedenen Elemente – hat dann zum Ziel, den Lesern ein attraktives visuelles Angebot zu unterbreiten, das ihre Aufmerksamkeit erregt und es ihnen erlaubt, sich noch vor dem eigentlichen Lesebeginn zu orientieren. Weiter sind Fotos und Grafiken große Attraktoren und haben wesentlichen, steuernden Einfluss auf die Aufmerksamkeit des Lesers (Garcia, 1991, S. 25). Sie können Stimmungen transportieren und zum Einstieg in die Lektüre motivieren. Fotos dienen dazu, Ereignisse zu belegen, sie suggerieren einen Wahrheitsgehalt. Informationsgrafiken als journalistische Darstellungsform sind mitunter in der Lage, Sachverhalte besser zu erklären als Worte dies vermögen. In jedem Fall aber können sie Texte begleiten, somit den Leseanreiz erhöhen und die Verständnis- und Erinnerungsleistung verbessern. Fraglich ist jedoch, welche Bilder wir finden können, um komplexe Ereignisse und abstrakte Ideen zu veranschaulichen. Welchen Mehrwert beziehungsweise welche Aussagekraft besitzen Symbolfotos? Weitere Einstiegspunkte sind durch unterschiedliche Textqualitäten gegeben. So ist neben der Ebene der Darstellung auch die strukturelle Aufbereitung des Inhalts wesentlich. Zentrales Element eines solchen »Textdesigns« sind dabei die Überschriften. Sie stellen das Bindeglied zwischen dem Seitenlayout und dem Artikel dar (Blum & Bucher, 1998, S. 29). Überschriften sind Attraktoren und dienen dem Leser zur Orientierung. Gleichzeitig sollen ihnen bereits

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die entscheidenden Hinweise auf den folgenden Text entnommen werden können. Weitere solche Elemente sind Zwischentitel, Dachzeile, Vorspann und so weiter. Hierbei gilt es, ebenso wie bei der visuellen Gestaltung, durch Klarheit und Verständlichkeit dem Leser die Information bestmöglich zu vermitteln. In digitalen Medien kommen zu diesen Gestaltungsmitteln noch die räumliche und die zeitliche Dimension hinzu. So können Elemente auf verschiedenen Ebenen im Raum angeordnet sein und formale Parameter sich über die Zeit verändern. Inwiefern diese Gestaltungsmittel in Bezug auf Nachrichten tatsächlich ausgeschöpft werden können, um letztlich eine Synthese zwischen Form und Inhalt zu erwirken, soll im Folgenden betrachtet werden.

2.3.4  Trennung von Form und Inhalt Bei der Vermittlung von Nachrichten steht das Zusammenspiel zwischen Form und Inhalt in direkter Abhängigkeit zur Zeit, die zwischen dem Ereignis und der Berichterstattung liegt. Einer Agenturmeldung, die wenige Minuten nach einem Ereignis über den Nachrichten-Ticker geht, widerfährt keine besondere Gestaltung: stattdessen gibt es eine immer gleiche Vorlage, mittels derer jede Meldung – unabhängig von ihrer Natur und ihrem Ausmaß – dargestellt wird. Bei der anschließenden Aufbereitung in einer Tageszeitung ist bereits mehr Zeit vergangen, möglicherweise wurden Bilder gewählt, die eine Stimmung kommunizieren, oder eine Informationsgrafik verwendet, um einen Sachverhalt visuell zugänglich zu machen. Entsprechend elaborierter kann die Synthese aus Form und Inhalt dann bei Nachrichtenmagazinen mit wöchentlichem oder gar monatlichem Publikationszyklus ausfallen. In digitalen Medien ist die Trennung von Form und Inhalt aber nicht allein den Produktionsbedingungen geschuldet (im Sinne von »es geht eben nicht anders«), sondern ist vielmehr Wesensmerkmal des Mediums. Denn digitale Medien sind im Gegensatz zu den traditionellen Medien nicht statisch, sondern dynamisch. Die Titelseite einer Zeitung ist eine in sich abgeschlossene Komposition, die in genau dieser Form bestehen bleibt. In dynamischen Medien wie dem World Wide Web hingegen sind die Inhalte flüchtig: sie können in anderen Kontexten und Kombinationen erscheinen oder sich in ihrem Wert verändern. Sie sind nicht länger an eine einmal definierte Form oder einen bestimmten physikalischen Träger gebunden. So kann einerseits die Gestaltung auf unterschiedliche Zustände reagieren und formale Parameter entsprechend

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anpassen. Auf der anderen Seite aber stellt der Umstand, dass eine Synthese aus Form und Inhalt nicht länger gewährleistet ist, eine große, neue Herausforderung an das Design. Skopec (2004, S. 153) erklärt hierzu: »Layouts ohne vorbestimmte Inhalte können mit diesen kaum eine Verbindung eingehen und deren Vermittlung konnotativ unterstützen. Sie bleiben zwangsläufig eher neutral und übernehmen hauptsächlich Aufgaben der Datenorganisation, Benutzerführung und Distribution. Die Trennung von Inhalt und Form bewirkt also eine komplett eigene Art der Kommunikation, bei der die Form kein direkter Teil der Botschaft mehr ist. Die automatisierte Distribution von Dokumenten wird so zur vorrangigen Distribution von Informationen, die zu diesem Zweck in stark standardisierter Form aufbereitet sein müssen. Solche neutralisierten Informationen lassen sich zwar sehr einfach verbreiten, ihnen fehlt jedoch ein eigenständiges Erscheinungsbild«. Im Bezug auf Aufbereitung und Distribution von Nachrichten lässt sich dies besonders gut nachvollziehen, spielen hier doch Austauschformate, Redak­ tionssysteme und Datenbanken eine wesentliche Rolle. Inhalt und Form sind hier oft gänzlich entkoppelt, der visuelle Ausdruck beschränkt sich auf die Zuweisung einiger weniger Gestaltungsvorlagen. Austauschformate stellen Informationen mitunter in völlig neue Kontexte, die sich der gestalterischen Einflussnahme des Anbieters entziehen (siehe hierzu auch Kapitel 3, Exkurs).

2.3.5  Systemisches Design Wenn Inhalte also nicht länger in eine fest definierte Komposition eingebettet beziehungsweise nicht länger an eine spezifische, singuläre Form gebunden sind, bedarf es neuer Design-Strategien. So muss in Klassen statt Instanzen gedacht werden; nicht der einzelne visuelle Ausdruck ist entscheidend, sondern das ihm zugrunde liegende Prinzip. Khazaeli (2005, S. 244) spricht hier von einem systemischen Design. Eine interaktive Informationsanwendung lässt sich als ein solches System auffassen. Sie sei eben kein »einmaliger, künstlerischer Entwurf, in welchem die Elemente innerhalb der … grafischen oder typografischen Komposition eingefangen bleiben. … Der visuellen Gestaltung in einem Informationssystem geht die Konzeption desselben, die Definition seiner Elemente und die Entwicklung seiner Regeln voraus« (ebd.). Die Notwendigkeit eines solchen systemischen Designs ergibt sich aus der Dynamik der digitalen Medien: Information verändern sich hier stetig in ihrem Wert über die Zeit und in Relation zu anderen Informationseinheiten.

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Weiter können Interesse und Intention des Lesers nicht antizipiert werden und sind abhängig vom jeweiligen Zustand des Systems, vom Kontext. Noch einmal: es ist nicht nur unmöglich, sondern auch nicht Ziel, in diesem Zusammenhang eine singuläre Design-Lösung zu finden. Stattdessen gilt es, »Programme für Lösungen zu entwerfen« (Gerstner, 1963, S. 21). Wie lassen sich also Nachrichten gestalten, deren Inhalt zum Zeitpunkt des Designs unbekannt ist? In einem systemischen Design gilt es, hierzu folglich ein Vokabular und syntaktische Regeln zu formulieren, aus denen schließlich eine visuelle Sprache entsteht.

2.4  Verwandte Arbeiten Anhand einiger verwandter Arbeiten sollen verschiedene Möglichkeiten zur Organisation und Darstellung von Nachrichten aufgezeigt und analysiert werden. Die Auswahl beschränkt sich dabei auf solche Angebote, die primär dem Bedürfnis nach einem generellen Nachrichtenüberblick entsprechen wollen. Der erste und wichtigste Schritt bei der Transformation von Daten zu Informationen ist deren Organisation (Shedroff, 1999). Welche Möglichkeiten gibt es also im Hinblick auf die Darstellung von Nachrichten, diese zu organisieren? Wie lassen sich beispielsweise die Meldungen eines Tages sinnvoll anordnen? Die Möglichkeiten der Organisation sind dabei endlich – Wurman (2001, S. 40) und Shedroff (1999) beschreiben fünf respektive sieben verschiedene Organisationsprinzipien: namentlich Ort, Alphabet, Zeit, Katego-

27 Nachrichten


rie, Hierarchie (bzw. Kontinuum) sowie Zahlensysteme und Zufall. Fast alle Anordnungen – besonders im Fall von Nachrichten – sind darüber hinaus verschachtelte, multiple Organisationen (Shedroff, 1999). So werden zum Beispiel Nachrichten erst in verschiedene Kategorien unterteilt und innerhalb diesen dann hierarchisch (zum Beispiel ihrer Wichtigkeit nach) angeordnet.

2.4.1   Hierarchie Die hierarchische Anordnung von Nachrichten ist die am weitesten verbreitete und wichtigste. Diejenigen Meldungen sollen prominent dargestellt werden, die von besonderer Bedeutung sind. So sind die wichtigsten Themen leicht zu überblicken und schnell erfassbar. Traditionell ist es die Aufgabe einer Redaktion, eine solche Gewichtung herzustellen. Sie nimmt dem Leser die Arbeit ab (die er wohl auch gar nicht selbst leisten könnte) zu ermessen, welche Nachrichten mehr und welche weniger bedeutsam sind. In digitalen Medien ergeben sich jedoch auch andere Möglichkeiten, Nachrichten innerhalb eines solchen Kontinuums anzuordnen. Computergenerierte Angebote wie Google News [05] operieren ohne jeden redaktionellen Eingriff: mehrere tausend Nachrichtenquellen werden fortlaufend abgefragt, ähnliche Beiträge erkannt und gruppiert. Mittels verschiedener Algorithmen wird ermittelt, welche Themen gerade aktuell sind und medial am häufigsten aufgegriffen werden – die daraus resultierende Hierarchie wird zur Organisation der Nachrichten verwendet: »Specifically, freshness – measurable from the age of the articles, and global editorial interest – measurable from the number of original articles published worldwide on the subject, are used to infer the importance of a story at a given time« (Bharat, 2003, S. 9). Ein erklärter Vorteil solcher Dienste

ist, dass Leser auch mit solchen Quellen in Berührung kommen, die sie sonst nicht konsultieren würden und dadurch möglicherweise andere Sichtweisen erfahren. Wie hilfreich diese Perspektive tatsächlich ist, sei dahingestellt. Zumindest aber lässt sich recht zuverlässig ablesen, wie die Medien bestimmte Themen abdecken. Das Projekt Newsmap [06] von Marcos Weskamp aus dem Jahr 2004 macht diese, durch die Google-News-Algorithmen ermittelte Gewichtung sichtbar (Abb. 2.3). Mittels eines Treemap-Algorithmus wird jedem Thema eine bestimmte Fläche zugewiesen – je größer diese ist, desto mehr Quellen berichten über das Ereignis; über den Helligkeitswert wird das Alter der Meldung kodiert. Diese Art der Darstellung bietet einen interessanten Überblick und verdeutlicht auch, wie sich die Berichterstattung der Medien von Land zu Land unterscheidet.

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Abb. 2.3  Newsmap Das Projekt Newsmap von Marcos Weskamp visualisiert die Daten von Google News.

29 Nachrichten


Für die Ermittlung der Wichtigkeit spielt zunehmend auch die Auswertung von Benutzerdaten eine wesentliche Rolle. In digitalen Medien lässt sich beispielsweise feststellen, wie viele Leser einen Beitrag gelesen, empfohlen oder in anderem Kontext zitiert haben. Diese Daten werden ausgewertet und dazu verwendet, Artikel gemäß ihrer Popularität zu gewichten. Wie im Kapitel 2.1.3 beschrieben, haben solche sozialen Komponenten bei der Selektion von Nachrichten traditionell einen hohen Stellenwert. Als zusätzliches Organisationsprinzip sind auf diese Weise ermittelte Hierarchien deshalb bereits in vielen Angeboten zu finden (»Meist gelesene Artikel«, »most emailed articles« und so weiter). Weiter finden sich aber auch zunehmend Angebote, die solche über Interaktion der Benutzer entstandenen Empfehlungen zu ihrem zentralen Organisationsprinzip erheben. Insbesondere Digg [07] und Reddit [08] seien hier als populäre Beispiele erwähnt. Beide Angebote lassen die Nutzer darüber entscheiden, welche Beiträge wichtig sind und somit prominent dargestellt werden sollen – verschiedene Algorithmen sollen helfen, Missbrauch zu vermeiden. Interessant ist hier vor allem, wie diese auf Popularität und Empfehlung basierenden Hierarchien dazu beitragen, dass die populärsten Nachrichten auch für die relevantesten gehalten werden. Wir scheinen in dieser Hinsicht oft blind auf die Intelligenz des Kollektivs zu vertrauen, und das daraus abgeleitete Popularitäts-Kontinuum beeinflusst nicht nur die Zugänglichkeit von Information, sondern eben auch unsere Achtung vor dieser (Morville, 2005, S. 151). Denn die Verfügbarkeit von Informationen beeinflusst nachweislich deren wahrgenommene Qualität (Masum & Zhang, 2004). Barabási (2003, S. 86) beschreibt diesen Verstärkereffekt als »preferential attachment«: »Webpages with more links are more likely to be linked to again, … Network evolution is governed by the subtle yet unforgiving law of preferential attachment. Guided by it, we unconsciously add links at a higher rate to those nodes that are already heavily linked«.

2.4.2   Ort Ein anderes Prinzip zur Organisation von Nachrichten ist deren Verortung. Hierzu wird ermittelt, welcher Ort für die jeweilige Meldung relevant ist, um diese dann ihrer geographischen Lage nach anzuordnen. Eine solche Verortung bietet sich beispielsweise bei lokalen Nachrichten an. Das uneingeschränkt große Interesse an Berichten aus der unmittelbaren Umgebung wird in Projekten wie chicagocrime.org [09] aufgegriffen. Das vom Programmierer und Journalisten Adrian Holovaty im Mai 2005 ins Leben gerufene Projekt kartiert

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alle Meldungen über Verbrechen in Chicago. Inzwischen findet das Projekt seine erfolgreiche Fortsetzung in dem im Januar 2008 vorgestellten Angebot EveryBlock [10]. Hier wird eine Vielzahl von Daten akquiriert,anschließend auf verschiedene Art visualisiert und zugänglich gemacht (Abb. 2.4) Aber auch bei kleinen Kartenmaßstäben kann die örtliche Anordnung von Nachrichten sinnvoll sein. Projekte wie Buzztracker [11] von Craig Mod (Abb. 2.5) zeigen, wie eine Verortung des Weltgeschehens mitunter zu neuen Perspektiven und Einsichten führen kann. NewsWorldMap [12] schließlich verwendet ebenfalls eine Weltkarte als Interface für Nachrichten. Jedoch werden hier nicht die jeweiligen Meldungen entsprechend ihrer Verortung dargestellt, sondern der Nutzer kann einen beliebigen Ort auf der Welt (inklusive verschiedener Maßstäbe beziehungsweise Zoom-Stufen) anwählen und bekommt daraufhin diejenigen Nachrichten angezeigt, die in Bezug zu diesem Ort stehen.

31 Nachrichten


Fraglich ist, wie präzise so komplexe Inhalte wie Nachrichten tatsächlich einem Ort zugewiesen werden können. Wird der Ort der Meldung verwendet, oder der Ort, an dem sich das Ereignis begeben hat? Wie genau ist dieser zu ermitteln? Welche Verzerrungen können auftreten? Bei vielen Nachrichten sind zudem mehrere Schauplätze – oft Kontinente übergreifend – involviert. Und schließlich muss hinterfragt werden, inwiefern der Ort überhaupt eine Aussagekraft besitzt: bei Fusionen global agierender Unternehmen oder bestimmten Einzelschicksalen spielt beispielsweise der Ort des Geschehens eine eher untergeordnete Rolle.

W Abb. 2.4  EveryBlock Für bisher drei Städte werden behördliche Daten, Meldungen und verortete Fotos zu einem steten Strom von Lokalnachrichten gebündelt und auf verschiedene Weise zugänglich gemacht.

X Abb. 2.5  Buzztracker Buzztracker verortet das globale Nachrichtengehen. Über ein Archiv sind tägliche Momentaufnahmen verfügbar.

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2.4.3   Zeit Die chronologische Organisation von Nachrichten stellt eine weitere Möglichkeit dar. Hier kommen vor allem zwei Aspekte zum Tragen: zum einen spielt die Zeit beim Handeln mit Informationen eine wesentliche Rolle. Die unmittelbare Verfügbarkeit von Meldungen ist essentiell – Nachrichtenagenturen messen sich an der Geschwindigkeit, mit der ein Ereignis aufgegriffen wird. Neben diesem Aspekt der in nahezu Echtzeit verfügbaren Nachrichten, kann eine zeitliche Anordnung auch Trends und Entwicklungen sichtbar machen, die auf anderem Weg nur sehr viel schwerer erfahrbar wären. Nachrichten bieten sich zur chronologischen Organisation an, da das Datum der Veröffentlichung integraler Bestandteil einer jeden Meldung ist und somit immer zur Verfügung steht (im Gegensatz zum Ort, der nicht derart präzise bestimmt werden kann). Schließlich ist die Zeit ein leicht verständliches Konstrukt, um Veränderung zu beobachten und Vergleiche zu ziehen (Wurman, 2001, S. 41).

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Abb. 2.6  Digg Stacks Eine von fünf interessanten Visualisierungen des Social-Bookmarking-Services digg.com.


Ähnlich wie bei der örtlichen ist auch bei der zeitlichen Organisation der Maßstab entscheidend. Ist das gewählte Zeitfenster klein, kann ein Dienst die Qualität eines Nachrichtentickers haben. So werden wenige Meldungen angezeigt, die – je nach Anwendung – im Minuten- oder gar Sekundentakt wechseln. In der Welt der Finanzmärkte sind solche Systeme besonders gefragt. Hier gelten Nachrichten mitunter schon nach wenigen Minuten als veraltet (Böttcher, 2008, S. 64). Folglich werden dann auch neue Interaktionsparadigmen notwendig, um diesen Strom von Nachrichten erfassen und verarbeiten zu können. »Push«-Dienste bieten sich hier an: sobald eine neue Meldung vorliegt, wird dies dem Benutzer erkenntlich gemacht, ohne dass dieser dazu eine Anfrage formulieren muss. Wird der dargestellte Zeitraum entsprechend über Stunden, Tage oder gar Wochen vergrößert, ermöglicht es eine chronologische Anordnung, Veränderungen, Trends und Entwicklungen auszumachen. Es lässt sich beobachten, wie sich die Meldungen über ein bestimmtes Ereignis häufen und die Erkenntnisse immer erschöpfender werden. Vergleicht man beispielsweise, wie oft ein bestimmter Ort oder eine bestimmte Person in den Nachrichten erwähnt wurde, mit dem entsprechenden Wert des Vortages, lässt sich unter Umständen eine Aussage über die Brisanz einer Meldung treffen. Ein solcher Ansatz wurde in der im Jahr 2004 vorgestellten Arbeit In The News [13] des in San Francisco ansässigen Designbüros Stamen verfolgt. Sich noch entwickelnde Themen der Nachrichten wurden hier entlang eines Zeitstrahls dargestellt. Später wurde dieses Projekt in ähnlicher Form, aber mit anderem Inhalt fortgesetzt: Digg Stacks [14] arrangiert die aktuellen Einträge des zuvor erwähnten Web-Angebotes Digg ebenfalls auf einer Zeitachse. Jedes Mal, wenn ein Eintrag durch Interaktion der Nutzer an Popularität gewinnt, kann der Betrachter dies (nahezu) in Echtzeit durch stetig wachsende Balken verfolgen. Wie sinnvoll eine vorrangig chronologische Anordnung ist, hängt gewiss von der Art der Nachrichten und insbesondere des Publikationszyklus ab. Weiter stellt sich die Frage, wie lange ein Bericht überhaupt relevant ist. Um die Entwicklungen eines Ereignisses verfolgen zu können, bedarf es außerdem relativ ausgeklügelter Strategien, um ausmachen zu können, dass unterschiedliche Meldungen über das gleiche Ereignis berichten.

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Exkurs: Technischer Hintergrund

Der fol-

gende Exkurs soll einen Überblick über die technischen Möglichkeiten verschaffen, auf die im Rahmen dieser Arbeit Bezug genommen wird. Zunächst wird auf unterschiedliche Austauschformate eingegangen und anschliessend eine Einführung in die computergestützte Analyse von Inhalten gegeben. 36


3.1  Austausch von Daten und Informationsobjekten Die meisten Anbieter vom Nachrichten im World Wide Web machen ihre Inhalte heute – auch über das eigene Web-Angebot hinaus – mittels verschiedener Austauschformate zugänglich. Designer und Entwickler profitieren von solchen Austauschformaten, indem sie alternative Zugänge schaffen oder durch die Kombination unterschiedlicher Inhalte zu innovativen Lösungen gelangen. Die selben Inhalte können in verändertem Kontext oder durch andere Darstellung zu neuen Einsichten führen. Für die Benutzer ist diese Situation vorteilhaft, da sie selbst entscheiden können, auf welche Weise sie die Nachrichten konsumieren. So lassen sich beispielsweise Nachrichten verschiedener Anbieter in darauf spezialisierten Anwendungen (beispielsweise Feed-Reader) sammeln oder auf mobilen Endgeräten abrufen. Die Anbieter schließlich profitieren von einer größeren Reichweite.

3.1.1   Feeds Ein wichtiges, inzwischen weit verbreitetes Austauschformat sind so genannte Web feeds – auch bekannt als News-Feeds oder RSS-Feeds. Ein solcher Feed ist im wesentlichen eine offen zugängliche, maschinenlesbare Liste der in einem gewissen Zeitraum veröffentlichten Inhalte einer Website. Andere Anwendungen können dann in periodischen Abständen auf diese Liste zugreifen und sie auswerten. So kann etwa ein Benutzer, der einen solchen Feed verwendet, automatisch von einer Applikation benachrichtigt werden, sobald neue Inhalte zur Verfügung stehen (Brandt, 2006, S. 1). Der Benutzer hat so die Möglichkeit eine Vielzahl von Websites zu verfolgen, ohne jede einzelne explizit aufzurufen. Der auf diese Weise entstehende Wandel des World Wide Webs vom reinen Pull- zum Push-Medium wurde bereits zuvor thematisiert. Feeds stellen ein einfaches und robustes Medium dar, über das Daten und Informationseinheiten ausgetauscht werden können. Die Inhalte folgen hier dem jeweils gleichen Aufbau und liegen in semi-strukturierter Form vor: so

37 Exkurs: Technischer Hintergrund


sind zumeist Titel, Datum, Quelle, Autor und so weiter enthalten. Aber auch Bild, Ton und Video werden zunehmend über Feeds verbreitet. Weiter finden Feeds auch Verwendung, um eigenständige Mikro-Inhalte zu veröffentlichen: aktuelle Wetterinformationen, Erdbebendaten oder Sturmwarnungen sind nur einige Beispiele. Sowohl die Erstellung als auch die Verarbeitung von Feeds ist aufgrund der einfachen Beschaffenheit des Formats trivial. Allerdings sind die Möglichkeiten, mit Feeds zu arbeiten, entsprechend limitiert.

3.1.2   APIs Sollen komplexere Aufgaben gelöst werden, sind andere Arten des Datenaustauschs besser geeignet. So genannte Application Programming Interfaces (API), ermöglichen es, komplexe Anfragen zu formulieren und daraufhin entsprechende Inhalte geliefert zu bekommen. Unter einer API wird im Kontext dieser Arbeit vor allem die Schnittstelle zu einem Web-Angebot verstanden. Über diese Schnittstelle werden dann Inhalte und Funktionen dieses Angebotes zugänglich gemacht. Der Zugriff auf Inhalte lässt sich hier wesentlich feiner steuern, so dass in unserem Fall nicht nur die letzten Nachrichten eines Anbieters abgerufen werden können (wie sie ein Feed typischerweise zur Verfügung stellt), sondern zum Beispiel alle Nachrichten aus einem bestimmten Zeitraum, deren Überschrift einen gegebenen Begriff enthalten und zu denen Bildmaterial vorliegt. Außerdem ist der Austausch von Daten über eine API bidirektional: über diese Schnittstelle wird eine Anfrage entgegengenommen, um daraufhin die gewünschten Inhalte oder Formate zurück zu liefern. Im Gegensatz dazu erfolgt der Datenaustausch über Feeds nur in eine Richtung. Während nahezu jeder ernstzunehmende Anbieter von Nachrichten im World Wide Web seine Inhalte inzwischen in Form von Feeds zugänglich macht, finden sich zum Zeitpunkt dieser Arbeit nur sehr wenige APIs, die den Zugriff auf Nachrichten-Inhalte ermöglichen: Daylife [15] sammelt Inhalte (Text und Bild) von mehreren tausend Quellen weltweit und erlaubt den präzisen Zugriff auf diese. Seit Anfang Mai 2008 stellt Reuters mit Spotlight [16] eine API zur Verfügung, die jede Meldung der Nachrichtenagentur vollumfänglich zugänglich macht: neben dem Volltext der Artikel stehen auch Foto- und Videomaterial bereit. Beide Anbieter bieten ihre Inhalte hochstrukturiert und mit ausführlichen Metadaten an, worauf im nächsten Abschnitt näher eingegangen wird.

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But the aid restrictions go far b group. Muktar Farah, deputy he ed Nations Office for the Coord manitarian Affairs in Zimbabwe that millions of people had lost because of what he called “the humanitarian space.” Zimbabw Robert Mugabe, speaking on Tu United Nations food conferenc cused nongovernmental organ terfering in politics and conten West had conspired “to cripple


beyond any one ead of the Unitdination of Hue, said Tuesday t assistance e shrinking of we’s president, uesday at a ce in Rome, acnizations of innded that the e Zimbabwe’s

3.2  Inhaltliche Analyse Im vorigen Abschnitt wurden die Möglichkeiten beschrieben, über Austauschformate an Daten und Informationsobjekte aus dem Nachrichten-Bereich zu gelangen. Nun soll darauf eingegangen werden, welche Möglichkeiten der inhaltlichen Analyse zur Verfügung stehen, um die zuvor gewonnen Daten besser verarbeiten zu können. Kernfrage dieser Arbeit ist, inwiefern Form und Inhalt auch bei der Darstellung von Nachrichten eine Synthese eingehen können. In einem systemischen Design ist die inhaltliche Analyse Voraussetzung für eine adäquate Darstellung der jeweiligen Informationseinheit. Erst wenn bekannt ist, wovon eine Meldung berichtet, kann ein System diese Faktoren bei der Darstellung mit einbeziehen. Zur Gewinnung von präzisen, beschreibenden Metadaten kommt zunehmend die computergestützte Verarbeitung natürlicher Sprache zum Einsatz. Auch unter dem Begriff Natural Language Processing (NLP) bekannt, stellt diese ein komplexes informationslinguistisches Problem dar, die zum Ziel hat, natürliche Sprache maschinenlesbar und letztlich -verständlich zu machen. Da für diese Arbeit in besonderem Maße von mittels NLP gewonnenen Metadaten Gebrauch gemacht wird, soll trotz der Komplexität des Forschungsfelds ein kurzer Einblick in die Vorgehensweise gegeben werden. Anhand eines vereinfachten Ablaufs sollen die unterschiedlichen Arbeitsschritte kurz erläutert werden. In einem ersten Schritt werden Schriftzeichen (arabisch, lateinisch, kyrillisch, usw.) und Sprache eines Textes identifiziert. Liegt der Text bereits als solcher extrahiert vor (ohne in ein Layout oder in eine Dokumenten- bzw. Seitenstruktur eingebettet zu sein), erfolgt anschließend die Erkennung der einzelnen Wörter. Die Wörter werden durch Trennzeichen (Leer- und Satzzeichen) ausgemacht. Stoppworte (»der«, »die«, »und«, »oder«, usw.) geben in den seltensten Fällen Aufschluss über das Thema eines Textes. Sie werden deshalb erkannt und von der weiteren Analyse ausgeschlossen.

Abb. 3.1  Inhaltliche Analyse Beispielhaftes

Ergebnis

einer

inhaltlichen

Analyse durch Open Calais. Aussagen über eine Person werden ebenso erkannt wie Zitate. Eigennamen werden identifiziert und kategorisiert.

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Während sich beispielsweise eine einfache Extraktion von Schlagwörtern im wesentlichen auf diese ersten Arbeitsschritte beschränkt, beginnt im Rahmen von NLP hier die eigentliche Herausforderung. So werden im Text gefundene Eigennamen (»Barack Obama«, »United Nations«) als solche identifiziert, der Name als Ganzes indexiert und der betreffenden Person oder Institution zugeordnet (Stock, 2007, S. 100). Die Erkennung von Eigennamen (entities) ist für die Arbeit besonders bedeutsam, da sie wesentliche, für das Thema einer Meldung relevante Eckdaten liefert. Weiterer zentraler Schritt ist die morphologische Analyse: Hier können Suffixe abgetrennt und Stammformen gebildet werden (zum Beispiel »retrieval« auf »retriev«) und dann mit Hilfe von Wörterbüchern beziehungsweise Regeln die Grundformen (Lexeme) ermittelt werden, so dass anschließend »retriev« auf »to retrieve« abgebildet werden kann (ebd.). Weiter werden Homonyme und Synonyme erkannt und zusammengefasst. Begriffe, die sich aus mehreren Worten zusammensetzen, müssen als ein Begriff erfasst werden: Im Deutschen seltener, kommen Komposita der Form »grid systems«, »design patterns« und so weiter im Englischen sehr häufig vor. Außerdem werden im Text enthaltene zusammengesetzte Wörter zerlegt und die sinnvollen Bestandteile ebenso indiziert: »Wellensittichfutter« auf »Wellensittich«, »Sittich«, »Sittichfutter« und »Futter«, nicht aber auf »Welle« (ebd.). Nach der Analyse des Kontexts bereits identifizierter Begriffe gilt es schließlich, Kernaussagen und unvollständige Ausdrücke eines Textes aufzulösen. So können beispielsweise Zitate ihrem Autor zugeordnet werden. Auch muss zum Beispiel in den zwei Sätzen »Maria Schrader ist Schauspielerin. Sie spielt die Medea.« das »sie« dem Eigennamen »Maria Schrader« zugeordnet werden (Stock, 2007, S. 101). Um schließlich auf die Ergebnisse einer solchen Textanalyse zurückgreifen zu können, stehen verschiedene Softwarelösungen und Web-Services zur Verfügung. Letztere kommen in dieser Arbeit zum Einsatz. Mit ihrer Hilfe lassen sich ganze Texte oder Passagen an eine API übermitteln und unmittelbar die Ergebnisse eines hochentwickelten NLP zurückgewinnen. Ein solcher WebService wurde Anfang 2008 von der Nachrichtenagentur Reuters vorgestellt: Open Calais [17], das vorerst auf die englische Sprache beschränkt ist, unterzieht jedes beliebige Textdokument einer solchen linguistischen Analyse und liefert die Ergebnisse unmittelbar zurück. Und auch der im vorigen Abschnitt vorgestellte Nachrichtenanbieter Daylife liefert bereits auf entsprechende Weise gewonnene Metadaten mit jedem Artikel aus. Während sich Daylife noch darauf beschränkt, Personen, Orte und Organisationen in einem Text als solche zu identifizieren, liefert der Open-Calais-Dienst bereits wesentlich präzisere Ergebnisse. Auch wenn NLP letztlich wohl niemals dazu in der Lage sein wird,

41 Exkurs: Technischer Hintergrund


unsere hochkomplexe, vielschichtige und oft uneindeutige Sprache vollständig in maschinenverständliche, strukturierte Einheiten zu zerlegen, so sind selbst die zum jetzigen Stand noch rudimentär erscheinenden Ergebnisse zumindest eine wertvolle Ergänzung zum Text an sich und den von Menschen erstellten Metadaten. Die Geschwindigkeit, mit der die Technik auf diesem Gebiet fortschreitet ist darüber hinaus enorm. Beschränkte sich die Identifizierung von Eigennamen vor wenigen Monaten noch auf einige wenige Bereiche, ist Open Calais zum Stand dieser Arbeit (Juni 2008) bereits in der Lage, in über 30 Kategorien Eigennamen (entities) und in noch einmal ebenso vielen Bereichen Ereignisse und faktisches Wissen zu extrahieren. Interessant ist dabei vor allem auch, dass diese Technologie frei zugänglich ist.

3.3  Und weiter? An dieser Stelle stellt sich die Frage, inwiefern all diese frei verfügbaren Informationseinheiten und die entsprechenden Metadaten für die Nutzer zu einem Mehrwert werden können. Was haben die Menschen davon, wenn Maschinen ihre Sprache verstehen? Sicherlich bergen die unter dem von Tim Berners-Lee geprägten Schlagwort Semantic Web skizzierten Szenarien eine große Faszination. So könnten Maschinen uns in Zukunft womöglich wesentlich besser verstehen und unsere Intentionen erkennen. Informationen ließen sich durch intelligente Suchagenten gemäß unseren Interessen und Absichten auffinden und darstellen. Zusammenhänge komplexer gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Systeme würden transparent und erfahrbar gemacht. Doch bei allem Fortschritt liegt Morville (2005, S. 54) sicherlich richtig in seiner Behauptung: »computers aren’t even close to extracting or understanding or visually representing meaning.« So lange Menschen primär die Sprache zur Kommunikation verwenden, werden wohl alle Anstrengungen, Maschinen das Verstehen dieser beizubringen, stets fehlerbehaftet bleiben (ebd.). Und dennoch: selbst die rudimentärsten Ansätze können bereits helfen, Menschen die Bedeutung von Informationseinheiten besser zu vermitteln. Der Fokus dieser Arbeit liegt also weniger auf fernen Semantic-Web-Szenarien, sondern richtet sich vielmehr auf die konkrete Frage, welcher Nutzen heute aus den oben beschriebenen Technologien gezogen werden kann. Was lässt sich anstellen mit dieser riesigen Menge an Informationseinheiten, die nahezu frei abrufbar, kombinierbar und darstellbar sind? Wie können Designer, die mit der Entwicklung und Gestaltung von Designsystemen befasst sind, von einer solchen informationslinguistischen Analyse profitieren? 42


04


Entwurf Die bisherigen theoretischen Betrachtungen dienen dem nun folgenden praktischen Teil als Grundlage. Hier soll ausgehend von den gewonnen Erkenntnissen und aufgeworfenen Fragestellungen zunächst ein Konzept formuliert werden. Dem schlieĂ&#x;t sich die Ausarbeitung der einzelnen Punkte an. Zuletzt werden die vielversprechendsten Varianten in einem Interface zusammengefasst und zugänglich gemacht. 44


4.1  Konzept

4.1.1  Problemstellung und Intention Aus den zuvor gewonnen Einsichten und Erkenntnissen ergibt sich folgende Aufgabenstellung: —  Es soll ein Angebot geschaffen werden, dass dem Benutzer einen generellen Überblick über das aktuelle Nachrichten geschehen gibt. Diese Motivation scheint am bedeutsamsten und besser dazu geeignet, neue Darstellungsformen anzubieten, als beispielsweise der zielgerichtete Abruf ganz bestimmter Informationen, da hier die spielerische, explorative Komponente im Vordergrund steht. —  Die zu verarbeitenden Nachrichten werden des weiteren auf Agenturmeldungen eingegrenzt. Wie aufgezeigt, ist die dem Inhalt angepasste Darstellung von Nachrichten stets eine Funktion der Zeit, die zwischen dem Ereignis, über das berichtet wird, und dessen Verwertung liegt. Es erscheint deshalb sinnvoll, ganz am Anfang dieser Verwertungskette, also bei den »schnellsten« Nachrichten anzusetzen. Diese sind in Agenturmeldungen auszumachen: Hier vergehen oft wenige Minuten zwischen dem Ereignis und der Meldung, so dass unter normalen Umständen keinerlei Möglichkeit besteht, diese in besonderem Maße aufzubereiten. Ein systemisches Design kann hier wertvolle Arbeit leisten: sowohl für Redakteure, die ihre Informationen aus Agenturmeldungen beziehen, als auch für die Leser selbst, die sich direkt für diese relativ »rohe« und unmittelbare Form der Berichterstattung interessieren. —  Um den zeitlichen Faktor weiter zu betonen wird ein chronologisches Organisationsprinzip verwendet. —  Inhaltliche Faktoren sollen Einfluss auf Parameter der Darstellung haben, um die Aussagekraft der präsentierten Meldungen zu erhöhen, für den Leser Relevantes schneller visuell erfassbar und Beziehungen zwischen einzelnen Nachrichten transparent zu machen. Die Form soll sich also aus dem Inhalt ergeben.

45 Entwurf


Anhand dieses Gerüstes sollen im Folgenden jeweils verschiedene Optionen abgewägt und schließlich konkrete Vorschläge unterbreitet werden, die dann über ein prototypisch umgesetztes Interface zugänglich gemacht werden.

4.1.2  Wirkungsräume und Berührungspunkte Bevor also einige Vorschläge zur Darstellung von und Interaktion mit Nachrichten in digitalen Medien aufgezeigt und reflektiert werden, soll auf mögliche Wirkungsräume und Berührungspunkte eingegangen werden. Unterschiedliche räumliche Situationen, in denen wir mit Nachrichten in Berührung kommen, stellen jeweils andere Herausforderungen an deren Design. So differieren etwa die Wirkungsräume mobiler Systeme von denen am Arbeitsplatz, Zuhause oder Angeboten im öffentlichem Raum hinsichtlich äußerer Einflüsse, technischer Restriktionen, der Lernbereitschaft des Nutzers oder auch der erforderlichen Zielstrebigkeit des Interfaces (Skopec, 2004, S. 118ff). Dem rasanten technologischen Fortschritt zum Trotz erfordern mobile Endgeräte vor allem aufgrund der technischen Einschränkungen besondere Strategien. Kleinere Bildschirmgrößen und verringerte Rechenleistung sind hier als Hauptfaktoren anzuführen. Am Arbeitsplatz und Zuhause hingegen müssen ganz andere Szenarien und Kontexte berücksichtigt werden. Hier treffen wir neben wesentlich stärker kontrollierbaren Umgebungen vor allem auch auf elaboriertere Technologie und eine größere Experimentierfreudigkeit der Nutzer (ebd.). Im öffentlichen Raum spielen indes entsprechend andere Einflussfaktoren eine Rolle. Doch ist es eben nicht Ziel dieser Arbeit, eine ganz konkrete Anwendung zu entwickeln. Vielmehr soll der Versuch unternommen werden, ein möglichst allgemein gültiges, systemisches Design zu erarbeiten, welches in vielerlei Situationen und Wirkungsräumen positiven Einfluss nehmen kann und somit hilft, dem Leser die Selektion und Verarbeitung von Nachrichten zu erleichtern. Deshalb erfolgt an dieser Stelle bewusst keine Festlegung auf ein bestimmtes Szenario oder einen spezifischen Wirkungsraum. Auch wenn sich im folgenden ausmachen lässt, dass einige Lösungen eher in diesem und andere eher in jenem Anwendungsszenario mit Nachrichten vorteilhaft seien könnten 46


4.2   Vorgehensweise Um überhaupt unterschiedliche Varianten erstellen, testen und daraufhin im Designprozess Entscheidungen fällen zu können, muss zunächst eine Umgebung geschaffen werden, in der mit tatsächlichen Nachrichten gearbeitet werden kann. Hierzu ist es erforderlich, ein Programm zu schreiben, welches erlaubt, auf verschiedene APIs zuzugreifen, um die gewünschten Daten und Informationseinheiten zu beziehen. Eine solche Programmierleistung fällt an dieser Stelle zweifellos in den Aufgabenbereich des Interfacedesigners. Funktionierender Code – auch wenn er noch so fragmentarisch und skizzenhaft ist – lässt sich in diesem Designprozess durch kein anderes Werkzeug ersetzen. Das weitere Vorgehen ist infolgedessen geprägt durch einen ständigen Wechsel zwischen unterschiedlichen Werkzeugen und Methoden: Skizzen (sowohl analog als auch digital), Programmierung von Prototypen und die grafische Ausarbeitung von Entwürfen spielen die wesentliche Rolle. Das technische Gerüst, welches die erforderlichen Daten bereitstellt besteht dabei konkret aus folgenden Bausteinen (Abb. 4.1): —  Eine PHP-Applikation zum Zugriff auf die von Reuters angebotene SpotlightAPI. Diese verarbeitet auch die jeder Meldung beigefügten Ergebnisse der durch Open Calais gewonnen informationslinguistischen Analyse. —  Eine PHP-Applikation zum Zugriff auf DayPI/Daylife, einer API für Nachrichten, die aus mehreren tausend Quellen aggregierte Informationen zur Verfügung stellt. Auch hier können die Ergebnisse einer inhaltlichen Analyse zu jeder Informationseinheit angefordert werden. —  Eine Reihe von Hilfsfunktionen (PHP), die bei Bedarf verschiedene Transformationen und Umrechnungen vollziehen können. —  Eine XHTML/CSS/Javascript-Lösung, um verschiedener Darstellungen und Interaktionsszenarien zu skizzieren. Diese Komponenten bieten ausreichende Möglichkeiten, in kurzer Zeit unterschiedliche Varianten zu erzeugen und zu evaluieren. Außerdem können relativ schnell interaktive Prototypen erstellt werden, die es erlauben, Interaktionsszenarien tatsächlich erfahrbar zu machen und somit unvergleichlich besser testen zu können als in statischen Entwürfen. Die im weiteren Verlauf gezeigten Abbildungen sind zum Großteil Momentaufnahmen aus dieser mit realen Daten arbeitenden und sich daher ständig verändernden Anwendung. 47 Entwurf

Abb. 4.1  Aufbau Zugriff auf diverse Daten und Informationseinheiten und anschließende Überführung in multiple interkative Prototypen zur Evaluierung von Ideen und Entwürfen.


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4.3  Ausarbeitungen

4.3.1   Selektion Der erste Schritt bei der Verarbeitung von Nachrichten ist – wie zuvor ausführlich dargelegt – die Selektion. Um einen Überblick über das aktuelle Nachrichten-Geschehen geben zu können, müssen dem Leser mehrere Artikel zur Auswahl angeboten werden. Kommt hier nun also primär ein chronologisches Organisationsprinzip zum Einsatz, müssen Möglichkeiten untersucht werden, Nachrichten sinnvoll in eine zeitliche Anordnung zu bringen. Weiter spielen absolute und relative Zeitangaben eine Rolle. Auf den Inhalt einer Nachricht Bezug nehmende formale Parameter sollen die Selektion erleichtern und dem Leser den Zugriff auf für ihn Relevantes durch visuelle Attraktoren verbessern. Und letztlich gibt es – sobald eine Auswahl von Meldungen angeboten wird – zumeist auch solche, die in gewisser Weise miteinander verwandt sind, weshalb sich die Frage stellt, wie solche Relationen bereits auf der Ebene der Selektion transparent gemacht werden können.

a.   Chronologische Anordnung Die zeitliche Anordnung von Daten beziehungsweise Informationseinheiten bietet ein leicht verständliches, vertrautes Gerüst. Bei den relativ konstant eintreffenden Agenturmeldungen scheint eine chronologische Organisation besonders geeignet. Meldungen der Nachrichtenagenturen sind »roh«: der entscheidende Schritt der Verarbeitung und Gewichtung durch die Redaktion einer Tageszeitung oder anderer Media-Outlets muss erst noch vollbracht werden. Um diese Rolle der Vorstufe beizubehalten, wird an dieser Stelle keine Gewichtung (im Sinne einer redaktionellen Gewichtung nach Wichtigkeit) der Meldungen vorgenommen. Alle Meldungen gelangen stattdessen gleichberechtigt in das System und werden in chronologischer Reihenfolge dargestellt. Eine häufige und daher für den Nutzer leicht verständliche Art, die zeitliche Organisation von Daten und Informationseinheiten auszudrücken, ist es, die jeweils jüngsten Elemente in einem Layout an prominenter Stelle zu platzieren. Weblogs beispielsweise zeichnen sich dadurch aus, dass die jüngsten Artikel zumeist oben stehen. Auch viele Nachrichten-Anbieter verwenden –

49 Entwurf


zumindest in Teilen – eine solche Anordnung. Ebenso finden wir in E-MailProgrammen oder Feed-Readern die neusten Elemente zumeist oben (respektive unten) im Interface, um sie schnell und eindeutig zugänglich zu machen. Spielt der genaue Zeitpunkt, an dem Daten oder Informationseinheiten veröffentlicht wurden, eine besondere Rolle, so bietet sich unter Umständen ein Zeitstrahl an. Ein solcher Zeitstrahl verwendet Intervalle um einen beliebigen Ausschnitt der Zeit darzustellen. Neben der Möglichkeit, Ereignisse punktgenau zu platzieren, erlaubt er auch, Ereignisse abzubilden, die sich über einen längeren Zeitpunkt erstrecken. Da ein Zeitstrahl in Intervalle eingeteilt ist, lassen sich außerdem Aussagen darüber treffen, ob in einem gewissen Zeitraum besonders viele oder wenige Meldungen veröffentlicht wurden. Bei der Anordnung von Nachrichten geht es in erster Linie darum, die Meldungen zuverlässig in eine Reihenfolge bringen zu können um jederzeit ältere von neueren klar unterscheiden zu können. Der genaue Zeitpunkt der Veröffentlichung spielt bei diesen eine untergeordnete Rolle – ganz im Gegensatz etwa zu Daten zur Rekonstruktion geschichtlicher Ereignisse. Ein Zeitstrahl ist in seiner Ausrichtung meist horizontal, wobei die ältesten Ereignisse links zu finden sind. Je jünger das Ereignis, desto weiter rechts befindet es sich auf der zeitlichen Achse. Um die große Menge an Agenturmeldungen zu organisieren wird eine Zeitstrahl-artige Darstellung verwendet (Abb. 4.2). Die Meldungen werden festen Intervallen zugewiesen. Angefangen ganz rechts, bei der jeweils aktuellen Zeit des Systems (»Now«) wird in Intervallen nach links in die Vergangenheit geschritten. Die Größe der Intervalle ist dabei abhängig von der Anzahl der darzustellenden Meldungen. Werden sehr viele Nachrichten veröffentlicht, bietet sich eine höhere Auflösung (beispielsweise Intervalle von fünf, fünfzehn oder 30 Minuten) an. Sollen entsprechend weniger Nachrichten dargestellt werden, reichen unter Umständen Intervalle von mehreren Stunden oder gar Tagen. Auch eine Verzerrung der Intervallskala ist denkbar. So können beispielsweise die Meldungen der letzten Stunde in 10-Minuten-Schritten angeordnet werden. Darauf folgen stündliche Intervalle, schließlich Tage, Monate und so weiter. Denkbar ist neben einer solchen horizontalen Ausrichtung des Zeitstrahls auch eine vertikale. Wie zuvor bereits erwähnt, wird durch starre Intervalle die Möglichkeit gegeben, die zeitliche Verteilung von Nachrichten transparent zu machen. Diese Intervalle werfen aber auch ein Layout-Problem auf: während bei einem System, das schlicht die jeweils neuste Meldung nach oben setzt, immer eine fixe Anzahl von Meldungen einen gegebenen Platz einnimmt, kann es bei der

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Verwendung von zeitlichen Intervallen vorkommen, dass sehr viele Meldungen in einem Intervall anzuordnen sind oder aber ein anderes Intervall leer bleibt. Wurden beispielsweise in einem bestimmten Zeitraum keine Nachrichten veröffentlicht so bleibt das Intervall ohne Inhalte, aber dennoch in seiner definierten Dimension bestehen, wodurch schließlich insgesamt weniger Meldungen dargestellt werden können. Im Zuge der Organisation von Agenturmeldung scheint dieses Problem allerdings in den seltensten Fällen zuzutreffen da wir es hier mit einem sehr konstanten Fluss von Meldungen zu tun haben. Weiter soll das Alter einer Meldung in der Nachricht selbst codiert werden. In einer Tageszeitung beispielsweise wäre es redundant, jeden Artikel einzeln mit einem Datum zu versehen, da in diesem statischen Medium der Artikel nicht aus dem Kontext der jeweiligen Ausgabe gelöst werden kann. In digitalen Medien hingegen ist es wichtig, das Datum der Veröffentlichung oder einer später erfolgten Aktualisierung stets einzeln auszuweisen. Denn Artikel können hier in immer wieder anderen Kontexten auftauchen und müssen ohne die zeitliche Klammer einer Ausgabe für sich existieren können. Die grundlegendste Art, das Alter einer Meldung anzugeben, ist wohl das absolute Datum (»Mittwoch, 21. Mai 2008, 17:52 Uhr«). In dynamischen Medien bieten sich jedoch noch andere bedeutsame Optionen. So ist es oft hilfreich statt einer absoluten eine Zeitangabe zu verwenden, die relativ zum Zeitpunkt des Abrufs ist: Aussagen wie »Vor wenigen Sekunden«, »Vor 2 Stunden«, »Gestern«, »Vor einem Monat«, helfen dem Leser dabei das Alter einer Meldung schneller einzuordnen und Bezüge leichter zu verstehen. Neben einer solchen versprachlichten Angabe können Ausdrücke der Zeit aber auch grafisch abgebildet werden. So kann beispielsweise eine Meldung über die Zeit verblassen oder kleiner werden, je länger das Datum ihrer Veröffentlichung zurückliegt. Entscheidet man sich für eine solche grafische Darstellung sollten im wesentlichen Größe und Helligkeitswert zur Codierung des Zeitstempels verwendet werden. Nur diese beiden Variablen erlauben es, vom Betrachter zuverlässig in eine Reihenfolge gebracht zu werden. Wenn eine Konvention festlegt, dass ein Element über die Zeit dunkler oder kleiner wird, so lässt sich an jeder Stelle durch den Vergleich mit einem anderen Element eine relativ präzise Aussage darüber treffen, welches das jeweils jüngere Element ist. Eine Variation der Farbe beispielsweise wäre an dieser Stelle völlig ungeeignet, da die Farbe grundsätzlich keine derart ordnende Eigenschaft aufweist.

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Entwurf

Im Umkehrschluss drängt es sich bei der Publikation von Nachrichten im Internet auf, solche relativen Zeitangaben (»Letzter Mittwoch«, etc.) direkt bei der Veröffentlichung in ihre absolute Entsprechung zu übersetzen und diese (vorzugsweise im Text direkt) in entsprechenden Metadaten zu speichern. Erst dadurch wird es schließlich möglich dem Leser später wieder ein leicht verständliches Format zu präsentieren, das relativ zur Zeit des Aufrufes statt zum Zeitpunkt der Veröffentlichung ist. Hierzu existieren einige Überlegungen, die zum Teil bereits in Industrie-Standards berücksichtigt wurden. (Vgl. hierzu Holovaty, 2006; Holovaty, 2006; Ashby-Kuhlman, 2002).


Abb. 4.3 zeigt hierzu eine Variante: der Schriftgrad wird verwendet um das Alter der Meldungen zu kennzeichnen. Dies erscheint jedoch im Kontext der Anwendung fraglich, denn die Lesbarkeit leidet erheblich. Da außerdem der Schriftgrad bestimmter Elemente zu einem späteren Zeitpunkt parametrisiert werden soll, wird die Variation der Größe an dieser Stelle ausgeschlossen, um die Vergleichbarkeit einzelner Elemente gewährleisten zu können. Eine gangbare Lösung in diesem Fall ist aber die Steuerung des Helligkeitswertes des Hintergrunds je nach Alter der Informationseinheiten. Da ohnehin feste zeitliche Intervalle zum Einsatz kommen, bieten sich diese an, neben einer versprachlichten Angabe (»Just now«, etc.) auch mittels einer grafischen Variable über das Alter der enthaltenen Elemente Auskunft zu geben. Darüber hinaus kann dieser Wert in jeder Ansicht verwendet werden, so dass in einer für sich betrachteten Meldung spontan visuell zu erfassen ist, ob die angezeigte Nachricht zum Beispiel erst vor wenigen Minuten veröffentlicht wurde. Wie in einem dynamischen System üblich, verändert sich dieser Wert fortschreitend, da – wie zuvor erklärt – das Alter stets in Relation zur aktuellen Zeit ausgedrückt wird.

Abb. 4.2

Chronologische Organisation

Darstellung von Nachrichten in zeitlichen Intervallen. Die jüngsten Elemente sind rechts angeordnet. Innerhalb eines Intervalls sind die Meldungen untereinander arrangiert.

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52


Klib`j_ d`c`kXip jXpj _`k GBB kXi^\k `e efik_ @iXh Ilc`e^ GXb`jkXe gXikp jXpj kf Zlk Dlj_XiiX] j gfn\i >/ \e\i^p d`e`jk\ij cffb `enXi[ fe f`c CXliX 9lj_ m`j`kj 8]^_Xe`jkXe Xe[ li^\j dfi\ jlggfik =8:K9FO1 J\Zli`kp [\m\cfgd\ekj `e 8]^_Xe`jkXe# Ale\ / DXe jkXYj j_fgg\ij `e Kfbpf jki\\k# b`cc`e^ j\m\e @jiX\c`j ifle[ fe Df]Xq j gfc`k`ZXc @iXe k_i\Xk DpXedXi [\e`\j \m`Zk`fej ]ifd ZpZcfe\ i\c`\] ZXdgj Nfijk iX`ejkfidj `e ,' p\Xij _`k jflk_\Xjk :_`eX 9\Xij ilee`e^ YXZb 9\ejfe Xii\jk\[ ]fi j\Zfe[ k`d\ Gfn\i]lc jkfidj jnXdg L%J% D`[n\jk# jgXne kfieX[f\j 9`^ 9ifne Ki`gc\ :ifne [i\Xdj n`ck XnXp ;\jfid\Xlo j ki`gc\ Zifne hl\jk ]f`c\[ X^X`e PXc\ `e Y`^^\jk \ogXej`fe `e e\Xicp ]fli [\ZX[\j Q`kf k_\ ^`Xek b`cc\i jki`b\j X^X`e :XeX[X ZfeZcl[\j :fcfdY`X ]i\\ kiX[\ kXcbj 9`^ 9ifne j Ki`gc\ :ifne [i\Xdj n`ck @dgi\jj`m\ Gfikl^Xc j\k \Xicp dXib\i =Xej ^\k X jfXb`e^ fe ]`ijk e`^_k f] kflieXd\ek :XeX[X jXpj ZfeZcl[\j :fcfdY`X ]i\\ kiX[\ kXcbj :Xj`ef ;i`m\ jZiXkZ_\[ ]ifd 9\cdfek JkXb\j :c`ekfe \e[fij\j FYXdX :c`ekfe YXZb\ij f]]\i jlggfik# `] _\j`kXekcp# kf FYXdX Q`dYXYn\ Zflik fm\ikliej gfc`Z\ YXe fe iXcc`\j @8<8 Z_`\] nXiej X^X`ejk elZc\Xi gcXek XkkXZbj L%E% \emfpj YXZb :fe^f j BXY`cX X^X`ejk InXe[Xe i\Y\cj @iXe [\dXe[j J\Zli`kp :fleZ`c XZk`fe fe @jiX\c k_i\Xk Iljj`X YcXd\j L%J% ]fi ^cfYXc ]`eXeZ`Xc Zi`j`j Iljj`X j D\[m\[\m gc\[^\j ilc\ f] cXn kf nff `em\jkd\ek =8:K9FO1 ;Xk\j `e k_\ gi\j`[\ek`Xc ZXdgX`^e =8:K9FO1 =XZkj XYflk k_\ gi\j`[\ek`Xc ZXe[`[Xk\j Q`dYXYn\ Zflik fm\ikliej gfc`Z\ YXe fe iXcc`\j Dlj_XiiX] jXpj efk i\j`^e`e^ efn Jl[Xe jXpj L^Xe[X i\Y\cj b`cc kiffgj# jkXik nXi EX[Xc jkife^\i k_Xe \m\i X_\X[ f] ]`eXc 9fi^ Y\c`\m\j =\[\i\i ZXe jkfg EX[Xc al^^\ieXlk :_`eX Y\^`ej \Xj`e^ gi\jjli\ fe d\eXZ`e^ hlXb\ cXb\ :_`eX k`^_k\ej effj\ fe \Xik_hlXb\ Zfm\iX^\ Jfd\ :_`eX i\^lcXkfij ZfeZ\ie\[ fe hlXb\ gcXe1 i\gfik :_`eX kf i\m\ij\ jk\i`c`qXk`fe fe hlXb\ gXi\ekj Q`dYXYn\ gfc`Z\ Xii\jk Xefk_\i fggfj`k`fe cXndXb\i <e\i^p d`e`jk\ij jgc`k fe jlYj`[`\j Xj f`c jli^\j =8:K9FO1 Gifk\jkj Xifle[ k_\ ^cfY\ Xj f`c gi`Z\j g`eZ_ Iljj`X j Bl[i`e jXpj E8KF j_flc[ Y\Zfd\ _`jkfip Iljj`X kf lj\ gifg\ikp [XkXYXj\ kf ]`^_k Zfiilgk`fe L%J% li^\j jlYj`[p Zlkj# efk i\^lcXk`fe# kf kXd\ f`c 9`^ 9ifne i\X[p kf ZcX`d Ki`gc\ :ifne# kiX`e\i jXpj 9`^ 9ifne ]Xmfi\[ kf Zfdgc\k\ Ki`gc\ :ifne Q`kf efk i\X[p kf ZfeZ\[\ Ki`gc\ :ifne kf 9`^ 9ifne AfYc\jj iXk\ c\Xgj kf *$(&) p\Xi _`^_ `e DXp F`c qffdj e\Xicp 0 g\iZ\ek _`^_\i kf i\Zfi[ (*0 ;fn ]Xccj *0+%-+ gf`ekj fe afYc\jj iXk\# i\Zfi[ f`c Gfc`Z\ [\kX`e Q`dYXYn\ j KjmXe^`iX` X^X`e D\o`Zf ZXgkli\j L%J% j\o f]]\e[\i fe =9@ nXek\[ c`jk :c`ekfe cXpj gcXej ]fi FYXdX \e[fij\d\ek 9lj`e\jj ZXdgX`^e ^`m`e^ k`ckj kfnXi[j ;\dfZiXkj Le\dgcfpd\ek [XkX# f`c j i\Zfi[ [i`m\ j\cc$f]] CXe[dXib :Xc`]fie`X kXo d\Xjli\ gfglcXi *' p\Xij fe AfYc\jj iXk\ c\Xgj kf *$(&) p\Xi _`^_ `e DXp @EJK8EK M@<N1 AfYc\jj iXk\ jli^\j `e DXp kf ,%, gZk AfYc\jj iXk\ kff _`^_ Ylk ef i\Z\jj`fe1 N_`k\ ?flj\ =8:K9FO1 ZXe[`[Xk\j i\XZk`fe kf _`^_ afYc\jj iXk\j AfYj i\Zfm\ip Xk c\Xjk - dfek_j XnXp F`c qffdj e\Xicp 0 g\iZ\ek _`^_\i kf i\Zfi[ (*0 @EJK8EK M@<N1 :il[\ ifXij 0 _`^_\i kf ]i\j_ g\Xb G_f\e`o cXe[\i jZffgj lg ]`ijk jXdgc\ f] DXij [`ik Gfc`Z\ [\kX`e Q`dYXYn\ j KjmXe^`iX` X^X`e L%J% jXpj Q`dYXYn\ lj\j ]ff[ X`[ Xj n\Xgfe L%E% Yf[`\j nXie f] jl]]\i`e^ fm\i Q`dYXYn\ X`[ YXe @iXh jXpj `k nXekj kf i\jki`Zk dfm\d\ek f] L%J% kiffgj Bli[`j_ ]fiZ\j fi[\i flk @iXh f`c nfib\ij$jfliZ\j @jiX\c kf XkkXZb @iXe lec\jj \ei`Z_d\ek jkfgj1 d`e`jk\i B\epXe ^iflg mfnj kf [\]\e[ FYXdX ]ifd jd\Xij @e[`X nfYYc\j fe ]l\c _`b\j X]k\i Xe^\i# DXcXpj`X ]`id

53 Entwurf

L%J% j`[\jk\gj hl\jk`fej fe @jiX\c` k_i\Xk X^X`ejk @iXe L%J% Zfdd`kk\[ kf [`gcfdXZp fe @iXe elZc\Xi gif^iXd L%J% Zc`dXk\ Y`cc [`\j2 _fg\ ]fi )''0 G\ekX^fe Z_`\] e\Xij 8`i =fiZ\ c\X[\i [\Z`j`fe =Xi\n\ccj# c`kkc\ \cj\ XnX`k 9lj_ `e <lifg\ :8I< nXiej d`cc`fej Xk i`jb X]k\i Q`dYXYn\ X`[ YXe <^pgk [\gcfpj _le[i\[j f] gfc`Z\d\e fe >XqX Yfi[\i :_`eX i\X[p kf \Xj\ gi\jjli\ fe [Xe^\iflj hlXb\ cXb\ :_`eX kf i\m\ij\ jk\i`c`qXk`fe fe hlXb\ gXi\ekj AfYj Zlk ]fi ,k_ jkiX`^_k dfek_# le\dgcfpd\ek iXk\ aldgj @jiX\c` iX`[ fe >XqX cffbj dfi\ c`b\cp1 Fcd\ik Q`dYXYn\ gfc`Z\ YcfZb KjmXe^`iX` ]ifd iXccp G`\iZ\# >Xie\kk c\X[ :\ck`Zj gXjk CXb\ij L9J dXp i\m\Xc L%J% Zc`\ekj eXd\j `e gifY\1 i\gfik 8ZZlj\[ 0$(( dXjk\id`e[ n\cZfd\j [\Xk_ g\eXckp


b.   Form und Inhalt? W Abb. 4.3  Codierung der Zeit Das Alter der Meldung wird mittels einer logarithmischen Funktion in den Schriftgrad übersetzt (Reuters »Top News«, 11. Juni 2008).

Interessante Perspektiven zur Form von Informationen finden sich auch etwa bei Elaine Toms. Unter dem Begriff des Genre wird hier reflektiert, inwiefern insbesondere digitale Dokumente durch visuelle Auslösereize Hinweise über deren Identität und Inhalt liefern können (Vgl. hierzu Toms, 2001).

Nachdem in diesem ersten Schritt zur Selektion von Nachrichten vor allem deren Anordnung bedeutsam ist, folgt der zweite Schritt, in dem der Leser die gezeigten Inhalte auf Schlüsselreize hin untersucht. Blum und Bucher (1998, S. 39) sprechen hier vom »Orientierungskontakt«, während der zuvor beschriebene Schritt als »Aufmerksamkeitskontakt« bezeichnet wird. In dieser Phase der Orientierung sucht der Leser nach inhaltlichen Auslösereizen, die ihn schliesslich dazu bewegen, in die Lektüre einer Meldung einzusteigen. Solche Schlüsselreize, die sich aus dem Inhalt ergeben, findet der Leser zumeist in Bildern, Überschriften oder dem Anleser eines Artikels (Graber, 1988, S. 97). Um das leserseitige Verständnis zu fördern, müssen solche inhaltlichen Schlüsselreize entsprechend aufbereitet und kommuniziert werden. Hier stellt sich allerdings das Problem, dass durch die in digitalen Medien gegebene Trennung von Form und Inhalt diese nur selten eine Synthese eingehen können. Stattdessen werden mehr oder weniger einheitliche Gestaltungsvorlagen verwendet – unabhängig von Inhalt und Art der Meldung. Solche Layouts können mit den Inhalten kaum »eine Verbindung eingehen und deren Vermittlung konnotativ unterstützen« (Skopec, 2004, S. 153). Deshalb gilt es im Folgenden Möglichkeiten aufzuzeigen, wie ausgehend von einer inhaltlichen Analyse die formale Darstellung parametrisiert und somit dem Leser die Selektion von Nachrichten erleichtert werden kann. Lassen sich also gar neue visuelle Ausdrucksformen finden, die als Einstiegspunkte und Selektionskriterien funktionieren können? Haben Nachrichten eine Form? Wie lassen sich komplexe Sachverhalte auf einen bestimmten visuellen Ausdruck reduzieren? Welche inhaltlichen Faktoren gibt es und auf welche formalen Parameter können diese Einfluss nehmen? Lassen sich etwa inhaltliche Faktoren dahingehend übersetzen, dass eine Kurzmeldung über den Trainerwechsel eines FußballBundesligisten unmittelbar zu einer signifikant anderen Darstellung führt als eine Naturkatastrophe mit tausenden Todesopfern? Oder: kann eine Art der Visualisierung gefunden werden, die in der Lage ist, unterschiedliche Arten der Berichterstattung transparent zu machen und somit beispielsweise – ohne einen Text lesen zu müssen – Tonfall, Voreingenommenheit oder politische Ausrichtung eines Artikels bereits visuell erfassen lässt?

54


Lässt sich also gar eine bestimmte Form fin-

Darstellung zu aussagekräftigen Formen und

Doch können Nachrichten auf ein solches Mi-

den, die als Repräsentant für eine Nachrich-

Strukturen. Das Programm Delish (oben links)

niatur-Foto reduziert werden? Wie stark ist die

tenmeldungen dienen kann und somit auf vi-

erlaubt den Zugriff auf beim Web-Angebot del.

Aussagekraft eines automatisch zugewiesenen

sueller Ebene eine Aussage über deren Inhalt

icio.us (oben rechts) abgelegte bookmarks.

»Symbolfotos« für die Selektion von Nachrich-

zulässt? Auch bei einer stark verkleinerten

Anstatt sich dabei auf die rein verbale Ebene

ten? Inwiefern lassen sich Nachrichtenmel-

Darstellung behalten viele Bilder ein markan-

zu beschränken, verwendet die Anwendung

dungen mittels eines spezifischen Bildes, einer

tes visuelles Gefüge. Solche Miniaturansichten

verkleinerte Darstellungen der abgespeicher-

Grafik oder einer Form sinnvoll visualisieren?

oder Thumbnails erleichtern die Selektion be-

ten Websites. Ein simpler aber sehr effektiver

ziehungsweise das Wiederkennen und Finden

Ansatz, der das Erinnern und Auffinden von zu-

erheblich (Khazaeli, 2005, S. 135). Nicht nur im

vor besuchten Websites wesentlich erleichtert.

Bezug auf Bilder sind solche visuellen Auslö-

Augenscheinlich ähnlich: diese Variante von

sereize hilfreich – ebenso führen oftmals auch

Google News bedient sich einer wohl vertrau-

andere Arten von Dokumenten in verkleinerter

ten Thumbnail-Ansicht.

55 Entwurf


Um sich diesem Fragenkomplex anzunähern sollen zunächst diejenigen Faktoren aus dem Inhalt ausgemacht werden, die Einfluss auf die visuelle Form einer Nachricht nehmen können. Hierbei lässt sich zwischen strukturellen und deskriptiven Faktoren unterscheiden: —  Strukturelle Faktoren geben Aufschluss über den Aufbau und die Art einer Meldung. Zu ihnen gehören zum Beispiel das Veröffentlichungsdatum, der Autor, die Textlänge, der Stil, die Lesbarkeit und die Schwierigkeit der verwendeten Sprache. —  Deskriptive Faktoren beschreiben den Inhalt, geben Hinweise darauf, wovon in einer Meldung die Rede ist. Hierzu zählen folglich Kategorien, Schlagworte, Kernaussagen, Ereignisse, Zitate und Eigennamen (also Orte, Personen, Organisationen und so weiter). Weiter gilt es diejenigen formalen Parameter zu finden, die geeignet sind auf den Inhalt einer Nachricht einzugehen. Grafische beziehungsweise typografische Elemente werden durch die Veränderung ihrer grafischen Variablen zueinander in Relation gebracht. Wenn eine Nachricht also wichtiger ist als eine andere, so kann dies beispielsweise durch den verwendeten Schriftgrad der Überschrift zum Ausdruck gebracht werden. Hierauf wurde bereits eingegangen. Interessant ist an dieser Stelle nun vor allem die Frage, inwiefern sich durch Veränderung formaler Parameter tatsächlich visuelle Ausdrücke ergeben, die noch vor dem eigentlichen Lesebeginn eine Aussage über Art und Inhalt einer Nachricht ermöglichen. Hierzu wurden verschiedene Experimente durchgeführt – jeweils im Rahmen einiger gesetzter Konventionen. Die Abbildung <X–Y> zeigt, wie strukturelle Faktoren auf Schriftgrad, Helligkeitswert oder die Beschaffenheit grafischer Elemente Einfluss nehmen können. So werden die Länge einer Meldung und deren Schwierigkeit analysiert und in die Darstellungsebene übersetzt. Die Erarbeitung dieser Experimente scheint dem Designprozess durchaus zuträglich, jedoch zeigt sich, dass die Aussagekraft solcher struktureller Faktoren gering ist. Spontan visuell erfassen zu können, ob eine Meldung lang oder kurz, einfach oder schwer zu lesen ist, kann kaum dazu beitragen, dass man eine Nachricht zur Lektüre selektiert. Viel wichtigere Selektionskriterien sind stattdessen solche, die sich nicht allein aus der Struktur sondern dem Inhalt einer Nachricht bedingen (siehe Kapitel 2.1.3 b.).

56


FYXdX jg\Xbj fe ]Xk_\i_ff[ Xk Z_liZ_

BXiqX` k_i\Xk\ej kf glijl\ d`c`kXekj `ekf GXb`jkXe

9lj_ X[m`j\j LB fe @iXh n`k_[iXnXc

@iXe [\]`Xek `e elZc\Xi ifn

@jiX\c` j\kkc\d\ek Y

@jiX\c f]]\ij aX`c\[ C\YXe\j\ ]fi ?\qYfccX_ jnXg

<L i\X[p kf Yffjk @jiX\c k`\j# nXekj g\XZ\ gif^i\jj

=cff[ nXk\ij i\Z\[\ `e knf cXi^\jk @fnX Z`k`\j

<^pgk j\\j @iXe fe X jli^\ `e 8iXY nfic[

:feZ\ie fm\i [\k\e ^iflgj

D`c`YXe[ YiXe[j Dl^XY\ j ilc\ jX[`jd

=i\\[ AXgXe\j\ Xii`m\j `e @iXe j ZXg`kXc

:fcc\X^l\j Yilj_ f]] _Xi[ ]\\c`e^j Xe[ \dYiXZ\ DZ:X`e

:Xicp =`fi`eX nffj :c`ekfe jlggfik\ij ]fi DZ:X`e

@iXh i\X[`\j ]fiZ\j

=8:K9FO1 ;\Xk_ f] I\lk\ij >XqX ZXd\iXdXe

Jflk_ Bfi\X kf i\m`

9lj_ _\X[j kf 9i`kX`e ]fi cXjk jkfg f] <lifg\ kfli

@fnX j ZXg`kXc jnXd ]cff[nXk\ij

Efik_ AXgXe hlXb\ b`ccj Xk c\Xjk ,# dfi\ d`jj`e^

JgXZ\ j_lkkc\ ;`jZf

So gilt es daher, die deskriptiven Metadaten in Betracht zu ziehen. Auf ganz KiflYc\[ Jflk_ Bfi\Xe gi\j`[\ek ]XZ\j dfi\ I\lk\ij j\\bj Xejn\ij ]ifd @jiX\c fm\i b`cc`e^ jki`b\j elementarer Ebene finden wir hier zunächst Kategorien. Es ist naheliegend sich diese Kategorien nicht nur bei der Organisation sondern auch bei der Darstellung zu Nutze zu machen. So können Sportmeldungen anders aufbereitet werden als Wirtschaftsnachrichten. Auf Ebene der Selektion bietet sich hier etwa eine Farbkodierung an. Tatsächlich aber zeigt sich, dass auch die Verwendung von Kategorien in diesem Zusammenhang ungeeignet ist: um eine Auswahl von Nachrichten einzugrenzen sind Kategorien zwar unerlässlich =la`kjl kf i\jkXik hlXb\$_`k AXgXe Z_`g gcXek `e )$ =8:K9FO1 AXgXe Xe[ \Xik_hlXb\j =8:K9FO1 DZ:X`e X[mfZXk\ :Xicp =`fi`eX * [Xpj – über den Inhalt jeder einzelnen Meldung verraten sie jedoch wenig.

>\idXep gc\[^\j _\cg ]fi :_`eX hlXb\ Xj k`\j nXid

Eindeutige, aus dem Inhalt abzuleitende Faktoren lassen sich dagegen in Form von Eigennamen ausmachen. Solche »named entities« stellen die Eckdaten eines Ereignisses dar und geben somit eindeutige Hinweise auf den Inhalt einer Meldung. Gewonnen werden diese – wie im Exkurs beschrieben – aus einer informationslinguistischen Analyse. Die Arten von entities umfassen im 9lj_ jk`cc \og\Zkj j\Zli`kp gXZk n`k_ @iXh GXb`jkXe j J_Xi`] jk`ij ZXcc ]fi Dlj_XiiX] kf Y\ GXb`jkXe kf gXjj fe f`c gi`Z\ i`j\j XlkfdXk`ZXccp wesentlichen Orte, Personen und Organisationen. Sie stellen das »Wo« und _Xe^\[ »Wer« einer Meldung dar. Diese Faktoren sind Ausgangspunkt und sollen in die Darstellungsebene übersetzt werden.

57 Entwurf


Yl`c[`e^ _lik`e^ kXcbj1 I`Z\

@jiX\c j\e[j \emfpj kf Klib\p ]fi Jpi`X kXcbj

K@D<C@E<1 L%J% gi\j`[\ek`Xc m`j`kj kf 9i`kX`e

:_`\] \o\Zlk`m\ f] 8@> \og\Zk\[ kf jk\g [fne1 i\gfik

=8:K9FO $ :fe[fc\\qqX I`Z\ j D`[[c\ <Xjk j_lkkc\ [`gcfdXZp

ek`fej `e :_`eX hlXb\ qfe\1

9lj_ Zfek\dgcXk\j ni`k`e^ _`j d\df`i

:_`eX ]cff[j b`cc ,, Xe[ dfi\ iX`e \og\Zk\[

AXgXe hlXb\ [\Xk_ kfcc 0# j\XiZ_\ij [`^ k_ifl^_ ilYYc\

Dl^XY\ jXpj i\X[p kf _Xe[ gfn\i kf X gXikp ]X`k_]lc

]fi d`c`k`X ZiXZb[fne

=8:K9FO1 @iXh j i\Z\ek j\Zli`kp fg\iXk`fej

@iXh j JX[i dfm\d\ek kf YXZb ZXe[`[Xk\j `e gfccj

=8:K9FO1 D`c`kXip Xe[ Z`m`c`Xe [\Xk_j `e @iXh

Dfi\ k_Xe (, KXc`YXe b`cc\[ `e 8]^_Xe gi`jfe\i _lek

`j\ gfc`Z`\j Xj gifk\jkj dflek

Gffi jX]\kp jkXe[Xi[j YcXd\[ ]fi :_`eX d`e\ YcXjk

Jflk_ Bfi\X i\m`\n`e^ gfc`Zp `e ]XZ\ f] gifk\jkj1 d`e`jk\i

K_i\\ ]fle[ [\X[ Xk AXgXe _fk jgi`e^ i\jfik

dg\[ Yp D`[n\jk\ie

Abb. 4.4  Visualisierung der Textlänge NXk\i ]ifd [Xd `e hlXb\$_`k AXgXe Y\^`ej kf c\Xb

Die Länge des jeweiligen Artikels bestimmt

den Radius der Kreisform – je länger der Text, desto größer der Kreis (Reuters »Top News«, 17. Juni 2008).

@iXe ilc\j flk elZc\Xi _Xck [\jg`k\ gfn\ij f]]\i

Jk\d Z\cc ]`\c[ ^ifnj [\jg`k\ Zfekifm\ijp1 \og\ikj

9`j_fgj Zfe[\de jk\d Z\cc i\j\XiZ_

=8:K9FO1 Nfic[ gfn\ij `eZ\ek`m\j gXZbX^\ kf @iXe

fm\ip i\kliej kf <Xik_

58


Abb. 4.5  Formfindung A

Abbildung 4.5 zeigt unterschiedliche Versuche, einer solchen Formfindung durch Verwendung der Ergebnisse einer inhaltlichen Analyse. Die Unterscheidung zwischen Orten, Personen und Organisationen wird über die Farbe codiert. Die hierzu verwendeten Farben sind arbiträr gewählt, einziges Kriterium ist der Kontrast. So werden Orte grün, Personen pink und Organisationen blau codiert. Je mehr Schauplätze in der Berichterstattung erwähnt werden, desto höher ist der Grünanteil, und so weiter. Wie zu erwarten weisen indes die Wirtschaftsnachrichten einen wesentlich höheren Blauanteil auf als die allgemeinen Meldungen. Auf dieser Ebene lassen sich – wenn auch rudimentär – also bereits Aussagen über den Inhalt einer Nachricht treffen. Um jedoch tatsächlich zu aussagekräftigen und verständlichen visuellen Ausdrücken zu gelangen, ist es unabdingbar, darzulegen, von welcher Person, welchem Ort und welcher Organisation im Artikel die Rede ist.

59 Entwurf


60



Abb. 4.6  Formfindung B

Abb. 4.7  Gewichtete Eigennamen Konkretisierung der Form: Die gewichteten Eigennamen werden im 90°-Winkel zur Überschrift ausgerichtet.

Im nächsten Schritt werden die jeweiligen Namen also entsprechend farbcodiert angezeigt (Abb. 4.6). Entscheidender Vorteil der inhaltlichen Analyse ist dabei, dass diese inhaltlichen Faktoren gewichtet werden können. Die Daten zur Gewichtung werden dabei aus der Häufigkeit der Nennungen abgeleitet. Dabei findet nicht etwa ein einfacher Abgleich von Schlagworten statt – sondern es werden zum Beispiel auch entsprechende Personalpronomen identifiziert und den jeweiligen Namen zugeordnet. Über die Häufigkeit der Nennungen hinaus können auch elaboriertere Gewichtungsalgorithmen eingesetzt werden, die zum Beispiel die Fundstelle mit einbeziehen (Überschrift, erster Absatz, und so weiter). Wird in einer Meldung also vier mal »Florida« und siebzehn mal »Barack Obama« erwähnt, lassen sich diese Werte in die Darstellungsebene übersetzen. Hierzu wird der Schriftgrad verwendet: je häufiger also ein Begriff im Artikel genannt wird, je größer ist dieser typografiert. Bei der Übersetzung dieses Häufigkeitswertes in den Schriftgrad wird statt einer linearen eine logarithmische Funktion verwendet. Dadurch wird erreicht, dass kleine Werte angehoben und große Werte nur noch sehr langsam (bis quasi nicht mehr wahrnehmbar) wachsen. Somit werden die Schriftgrößen einander angenähert, so dass insgesamt ein wesentlich kompakteres Bild entsteht und auch kleine Schriftgrade (also Eigennamen mit wenigen Nennungen) lesbar bleiben. Auf diese Art entstehen Formen, die bereits auf Ebene der Selektion eine Aussage über den zu erwartenden Inhalt erlauben. So lässt sich nicht nur sagen, dass beispielsweise zwei Firmen und eine Person im Zentrum der Berichterstattung stehen, sondern eben auch welche und in welchem Verhältnis diese vorkommen. Komplexe Themen, die relativ ausführlich behandelt werden, involvieren meist viele Protagonisten und Schauplätze – dies kann visuell durch die Verteilung auf der x-Achse erfasst werden (Abb. 4.7). Aus dem Schriftgrad kann weiter auch abgelesen werden, wie lang ein Artikel ist (je ausführlicher und länger eine Meldung ist, desto öfter können sich die genannten Namen wiederholen). Für jeden Artikel entsteht durch die Art der typografischen Organisation und die Konstellation der Eigennamen also eine spezifische, reproduzierbare Gesamtform. Meldungen, die vom selben Ereignis berichten führen daher mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer ähnlichen Form. Diese Art der Darstellung erlaubt bereits auf Ebene der Selektion Nachrichten miteinander zu vergleichen und Hinweise auf deren Struktur und Inhalt zu gewinnen. Schlüsselwörter (entities) dienen als Einstiegspunkte und Auslösereize. Auch wenn etwa in der Überschrift ein bestimmter Begriff nicht erwähnt wird, steht dieser als Einstiegspunkt zur Verfügung. Im Folgenden wird schließlich darauf eingegangen, wie sich eine derartige Art der Darstellung (unter Einbeziehung inhaltlicher Faktoren) positiv auf das Herstellen von Beziehungen zwischen verschiedenen Informationseinheiten auswirkt.

62


c.   Beziehungen Die zunehmende Produktion von Nachrichten – mitunter resultierend aus einer größeren globalen Konnektivität – führt dazu, dass sowohl die Organisation von Nachrichten als auch deren Verwaltung und infolgedessen deren Verständnis an Komplexität gewinnen (Rennison, 1994, S. 1). Um den vollen Umfang einer Meldung verstehen zu können, ist es wichtig die Beziehungen herzustellen und aufzuzeigen, die zwischen einzelnen Nachrichten – oder allgemeiner Informationseinheiten – bestehen. Gegenwärtige InformationsInfrastrukturen haben große Schwierigkeiten, das rasante Wachstum von Nachrichten-Informationen sowie deren Verknüpfungen und Korrelationen zu bewältigen. Gefragt sind folglich intelligente Systeme, die Beziehungen zwischen Nachrichten und Informationseinheiten selbständig herstellen und erfahrbar machen können. Eine inhaltliche Analyse jedes einzelnen Artikels ist hier Vorraussetzung, damit schließlich diese Beziehungen für die Leser transparent werden und sie in die Lage versetzt werden, ein tieferes Verständnis für komplexe Sachverhalte zu erlangen, als jenes, welches sie durch das bloße Betrachten einzelner Nachrichten-Artikel erlangen können (ebd.). Wie diese Beziehungen automatisch erzeugt werden können, zeigt auch der Exkurs – im Folgenden soll vor allem der Frage nachgegangen werden, wie sich diese Beziehungen visualisieren und zugänglich machen lassen. Die Chance, das in einer gegebenen Auswahl von Nachrichtenmeldungen einzelne zueinander in Bezug gebracht werden können, ist sehr hoch. So treten nicht nur verschiedene Organisationen, Orte und Personen immer wieder in unterschiedlichen Kontexten auf. Auch sich noch in der Entwicklung befindliche Ereignisse werden durch mehrere, aufeinander Bezug nehmende Meldungen dokumentiert. Wir unterscheiden zwischen Verwandtschaftsverhältnissen von Artikeln, die verwandt sind, weil sie über das gleiche Ereignis berichten und solchen, die über die beteiligten Parteien in Bezug zueinander stehen – also ähnlich sind.

Iljj`X j D\[m\[\m gc\[^\j ilc\ f] cXn kf nff `em\jkd\ek

=8:K9FO1 ;Xk\j `e k_\ gi\j`[\ek`Xc ZXdgX`^e

=8:K9FO1 =XZkj XYflk k_\ gi\j`[\ek`Xc ZXe[`[Xk\j

Q`dYXYn\ Zflik fm\ikliej gfc`Z\ YXe fe iXcc`\j

Dlj_XiiX] jXpj efk i\j`^e`e^ efn

Jl[Xe jXpj L^Xe[X i\Y\cj b`cc kiffgj# jkXik nXi

EX[Xc jkife^\i k_Xe \m\i X_\X[ f] ]`eXc

9fi^ Y\c`\m\j =\[\i\i ZXe jkfg EX[Xc al^^\ieXlk

:_`eX Y\^`ej \Xj`e^ gi\jjli\ fe d\eXZ`e^ hlXb\ cXb\

:_`eX k`^_k\ej effj\ fe \Xik_hlXb\ Zfm\iX^\

Jfd\ :_`eX i\^lcXkfij ZfeZ\ie\[ fe hlXb\ gcXe1 i\gfik

:_`eX kf i\m\ij\ jk\i`c`qXk`fe fe hlXb\ gXi\ekj

Q`dYXYn\ gfc`Z\ Xii\jk Xefk_\i fggfj`k`fe cXndXb\i

<e\i^p d`e`jk\ij jgc`k fe jlYj`[`\j Xj f`c jli^\j

=8:K9FO1 Gifk\jkj Xifle[ k_\ ^cfY\ Xj f`c gi`Z\j g`eZ_

63 Entwurf

Iljj`X j Bl[i`e jXpj E8KF j_flc[ Y\Zfd\ _`jkfip

Iljj`X kf lj\ gifg\ikp [XkXYXj\ kf ]`^_k Zfiilgk`fe

L%J% li^\j jlYj`[p Zlkj# efk i\^lcXk`fe# kf kXd\ f`c

9`^ 9ifne i\X[p kf ZcX`d Ki`gc\ :ifne# kiX`e\i jXpj

Die Kennzeichnung von Meldungen zum gleichen Ereignis setzt die Themenentdeckung und -verfolgung voraus. So ist davon auszugehen, dass zwei Nachrichten dann das gleiche Thema behandeln, wenn sowohl dieselben »named entities« als auch die restlichen Wörter im Artikel einen hohen Grad an Übereinstimmung aufweisen (Stock, 2007, S. 429). Jedes Ereignis ist einerseits charakterisiert durch eine bestimmte Konstellation von Personen, Orten, Organisationen, und so weiter (»named entities«) und zum anderen durch eine Reihe von Begriffen (»topic terms«) die das Ereignis beschreiben. Während


erstere, die »named entities«, als das »Wer« und »Wo« eines Ereignis verstanden werden können, beziehen sich letztere auf das »was«. Stimmen beide überein, sprechen zwei Meldungen vom selben Ereignis. Behandeln sie verschiedene, aber ähnliche Ereignisse, stimmen entweder »named entities« oder »topic terms« überein – nicht jedoch beide (Kumaran & Allan, 2005, S. 123). Eine Möglichkeit zur Visualisierung von Relationen zwischen chronologisch organisierten Daten und Informationseinheiten stellen so genannte Thread Arcs (Bogendiagramme) dar. Diese wurden in einer Arbeit von Bernard Kerr beschrieben, in der sie zur Strukturierung von E-Mails verwendet werden. Die Elemente werden dazu in gleichen Abständen, chronologisch geordnet auf einer Achse verteilt und ihre Beziehungen durch Verbindungsbögen dargestellt (Kerr, 2003, S. 3). Um die Klarheit der Darstellung zu gewährleisten, sieht Kerr vor, die Bögen abwechselnd ober- und unterhalb der Zeitachse zu ziehen. Um die Darstellung vieler Elemente kompakt zu halten, können die Bögen eine feste Höhe haben und sich somit nur noch vertikal ausdehnen. Auf Ebene der Interaktion können diese Bögen jeweils ein- und ausgeblendet oder farblich ausgezeichnet werden, wenn der Benutzer einzelne Elemente anwählt. Abbildung Y zeigt verschiedene Implementierung solcher Thread Arcs in der Darstellung einer Auswahl von Nachrichten.

Abb. 4.8  Gewichtete Thread-Arcs Alle verwandten Meldungen sind durch einen Bogen miteinander verbunden, die Strichstär-

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wandtheit zweier Artikel ab.

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ke der Bögen leitet sich aus dem Grad der Ver-


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Abb. 4.9 & 4.10  Thread-Arcs Die inhaltlichen Eckdaten jeder Meldung (»named entities«) werden durch Bögen miteinander verbunden. Die Bögen sind farbcodiert, je nachdem, ob es sich um eine Verbindung zwischen Orten, Personen oder Organisationen handelt. Bei vielen darzustellenden Elementen neigt diese Art der Visualisierung dazu, sehr viel Platz in Anspruch zu nehmen. Jedoch können bereits in den Endpunkten der Verbindungen anhand des Bogenmaßes Aussagen darüber getroffen werden, wie weit verwandte Elemente zeitlich entfernt sind, auch ohne dass dazu der komplette Bogen abgebildet werden muss.

67 Entwurf


Abb. 4.11  Gefilterte Artikelliste Wird ein Begriff angewählt, wird er an jeder Fundstelle

hervorgehoben.

Andere,

nicht

von der Auswahl betroffene Artikel sind in ihrem Helligkeitswert zurückgenommen. Die Auswahl kann jederzeit um weitere Begriffe erweitert werden.

Eine andere Möglichkeit, verwandte Meldungen kenntlich zu machen sind Filter. Anstatt wie bei einer Anfrage an eine Suchmaschine ein gefiltertes Ergebnis zu präsentieren, werden die Filter hier jedoch dazu verwendet, in einer gegebenen Liste von Artikeln bestimmte hervorzuheben, ohne die anderen zu unterschlagen. Die Artikel, die nicht zur Auswahl gehören, werden in ihrer Helligkeit reduziert, so dass diejenigen Artikel, auf die der Filter zutrifft, hervorgehoben werden. Diese Vorgehensweise bietet sich an, um die Darstellung stabil zu halten. Andernfalls würde das Gerüst der chronologischen Organisation (in zeitlichen Intervallen) zerstört. Außerdem bleiben die anderen, nicht vom Filter betroffenen Nachrichten nach wie vor zugänglich, so dass der Filter beispielsweise spontan durch den Benutzer erweitert werden kann, beziehungsweise auch Meldungen abseits der gefilterten Ergebnisse die Aufmerksamkeit des Benutzers erlangen können.

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4.3.2  Verarbeitung Im vorigen Abschnitt wurden Möglichkeiten aufgezeigt und reflektiert, dem Leser die Selektion von Nachrichten zu erleichtern. Steigt der Leser schließlich in die Lektüre eines Artikels ein, so begibt er sich in die Nutzungs- oder Verarbeitungsphase (Blum & Bucher, 1998, S. 39). Ziel ist es hier, dem Leser die Lektüre mittels einer attraktiven, interessanten und übersichtlich gegliederten Textgestaltung zu erleichtern. Bei der Rezeption von Sachtexten ist man bemüht, ein abstraktes Modell von Struktur und Aufbau des Textes zu erlangen. So sucht man beispielsweise nach Kernaussagen, Zitaten, Beispielen oder Belegen, um den Inhalt eines Textes besser überblicken und erfassen zu können. Eine strukturerhellende Gestaltung trägt maßgeblich dazu bei, diesen Verarbeitungsprozess zu erleichtern (Khazaeli, 2005, S. 170). Khazaeli (ebd.) sieht solche »Erschließungshilfen« etwa in listenartigen inhaltlichen Zusammenfassungen oder entsprechenden Hinweisen und Auszeichnungen am Textkorpus selbst. Wie können wir zu einer solchen »strukturerhellenden Gestaltung« kommen? Voraussetzung, um in einem systemischen Design die Struktur eines Textes durch gestalterische Mittel transparent zu machen, ist, diese Struktur überhaupt erst einmal erfassen zu können. So bietet es sich an, Artikel – im Textkorpus selbst – mit entsprechenden semantischen Metadaten auszuzeichnen. Fehlen solche Angaben, kann auf die Ergebnisse einer informationslinguistischen Analyse (NLP, Kapitel Exkurs) zurückgegriffen werden. Hier zeigt sich also einmal mehr die Bedeutung von deskriptiven Metadaten in der Arbeit des Redakteurs. Holovaty (2006) fordert gar einen journalistischen Paradigmenwechsel: Statt wie bisher eine Reihe faktischer Daten und Informationen in eine Story zu verpacken, sollen die verwendeten Bausteine als solche abgespeichert und mitgeführt werden. Auf diese Weise könnte ein System dann auch eine gewisse Eigendynamik entwickeln und selbständig völlig neue Zusammenhänge erzeugen und darstellen. Eine Meldung über ein Erdbeben besteht beispielsweise in ihrem Kern aus einem Ort, der Stärke des Bebens und der Anzahl von Verletzten und Todesopfern. Würden diese Daten in einer Datenbank – mit entsprechender Struktur – mitgeführt, ließe dies etwa sofort Rückschlüsse darüber zu, wann sich die letzte Naturkatastrophe ähnlichen Ausmaßes in dieser Region ereignet hat und so weiter. Die Verfügbarkeit dieser Daten würde also über ihre gliedernde und strukturierende Funktion hinaus völlig neue Möglichkeiten eröffnen, systemübergreifende Zusammenhänge herzustellen.

69 Entwurf


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Abb. 4.12 Schematische Artikel-Ansicht Einzelne Artikel im zeitlichen Nebeneinander. Neuere Artikel stehen rechts. Die Zusammengehörigkeit von Artikeln eines zeitlichen Intervalls wird über den Helligkeitswert der Hintergrundfarbe codiert.

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Konkret werden hier nun die Ergebnisse der inhaltlichen Analyse dazu verwendet, die Struktur des Textes transparent zu machen und zusätzliche Einstiegspunkte zu bieten. Dazu werden auf der einen Seite erneut die entities – also Eigennamen (»Barack Obama«, »Italien«) – sowie auf der anderen Seite faktische Informationen (wie Ereignisse und Zitate) verwendet. So werden die entities aus dem Textfluss extrahiert und zusätzlich in einer Marginalspalte herausgestellt. Weiter werden Zitate als solche kenntlich gemacht und können hervorgehoben werden. Die Fähigkeit, insbesondere lange Texte zu erfassen scheint durch solche gestalterischen Maßnahmen wesentlich begünstigt. Auch haben diese Eigennamen eine Funktion als kognitive Hilfen, die verständnisrelevantes Vorwissen reaktivieren können. Auf der Ebene der Interaktion können über eben diese entities eine Reihe an zusätzlicher Funktionen aufgerufen werden. So sind Zitate im Text ihren Autoren zugeordnet und können durch Interaktion besonders hervorgehoben werden. Weiter bietet es sich auf dieser Ebene der Verarbeitung an, dem Leser Zusatzinformationen bereitzustellen. Hierzu können zum Beispiel eine Erklärung, Fotos und so weiter zu dem jeweiligen Begriff eingeblendet werden. Auch hier profitiert das System von den Ergebnissen der inhaltlichen Analyse: Ein Ort wird als solcher identifiziert und kann folglich auf einer Karte angezeigt werden. Eine Person hingegen hat andere Attribute weshalb entsprechend andere Funktionen bereitgestellt werden.

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Abb. 4.13  Artikel-Ansicht Einzelne Artikel in voller Länge und zeitlichem Nebeneinander. Die Eigennamen dienen hier als Einstiegspunkte. Sie stehen neben dem Textkorpus um diesen frei von störenden Auszeichnungen zu halten (Reuters »World News«, 23. Juni 2008, 13:23 Uhr).

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4.3.3 Themenbezogene Betrachtung Die aus der inhaltlichen Analyse gewonnen entities bieten sich ihrerseits an, einen themenbezogenen Einstieg in die Nachricht zu liefern. So verstehen wir nun diese Eigennamen als Ausgangspunkt der Selektion. Auch für diese Darstellung wird konsequenterweise ein chronologisches Organisationsprinzip verwendet. Über jedem Begriff befindet sich ein Balkendiagramm, welches die Häufigkeit der Nennungen des jeweiligen Begriffes über einen gegebenen Zeitraum abbildet. Die Daten werden hierbei von Daylife bezogen und berücksichtigen ungefähr 5000 internationale Nachrichtenquellen. Konkret wird hier ein Zeitraum von 18 Tagen angezeigt. Der aktuelle Tag befindet sich dabei ganz rechts. Um eine Vergleichbarkeit mehrerer Themen zu gewährleisten, sind alle Werte relativ zum insgesamt höchsten Wert. Diese Art der Darstellung ermöglicht es, Trends und Entwicklungen einzelner Personen, Plätze und Organisationen visuell zu erfassen und als Selektionskriterium miteinzubeziehen. Findet ein Begriff auf einmal verstärkt in den Medien statt, so macht diese Art der Visualisierung dies transparent und führt möglicherweise dazu, dass sich der Leser dem Thema zuwendet. Weiter ist denkbar, das mediale Interesse an bestimmten Themen im Verhältnis zur Presselandschaft einzelner Länder anzuzeigen. So ließe sich die Berichterstattung unterschiedlicher Quellen und Ländern differenziert vergleichen.

73 Entwurf

Y Abb. 4.14 Anordnung Eigennamen Das chronologische Organisationsprinzip übertragen auf eine themenbezogene Darstellung.

X Abb. 4.15

Themen-Trends

Verschiedene Eigennamen werden in ihrem zeitlichen Verlauf dargestellt, dabei kommt wieder die übliche Farbcodierung und Typografie zum Einsatz. Ganz rechts befindet sich der aktuelle Tag, er weist hier einen noch geringen Wert auf, da er sich noch in der Entwicklung befindet. Stand: 22. Juni 2008.


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4.4  Funktionsbeschreibung Die zuvor erarbeiteten Ansätze zur Darstellung und Interaktion werden nun in einem prototypischen Interface zusammengefasst und zugänglich gemacht. Die einzelnen Zustände werden an dieser Stelle noch einmal dargestellt und kurz erläutert. Ein solcher Ablauf hilft vor allem dabei, unterschiedliche Varianten im Designprozess zu testen und zu evaluieren. Die folgenden Abbildungen beschreiben hierzu mögliche Funktionen. Dabei wird in diesem Fall ein Touchscreen verwendet – jedoch sind auch andere Eingabegeräte denkbar. Die verwendete Geste, das Zeigen und Tippen zur Navigation und Selektion, ist wohlvertraut und leicht auf andere Situationen (etwa die Verwendung eines Computers mit Maus) übertragbar.

Abb. 4.16  Ebene der Selektion Der Einstieg in die Nachrichten erfolgt über diese Art der chronologischen Anordnung. Die neusten Meldungen befinden sich rechts. Solche, die im selben zeitlichen Intervall (hier: eine Stunde) veröffentlicht wurden, sind untereinander angeordnet.

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Abb. 4.17  Orientierung Die Konstellation und Gesamtform, der in ein Ereignis involvierten Parteien, dienen dem Leser im ersten Schritt zur Orientierung und Selektion.

77 Entwurf


Abb. 4.18  Zusatzinformationen A Zu jedem angefĂźhrten Eigennamen lassen sich durch Antippen des selbigen Zusatzinformationen anzeigen. Je nachdem, ob es sich um eine Person, einen Ort oder eine Organisation handelt, stehen entsprechend andere Funktionen zur VerfĂźgung. Weiter wird der Begriff aktiviert und als Filterkriterium gesetzt. Alle anderen Instanzen, in denen dieser Begriff genannt wird, werden hervorgehoben. Nicht vom Filter betroffenes wird in der Helligkeit reduziert.

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Abb. 4.19  Zusatzinformationen B So kann etwa tagesaktuelles Bildmaterial zum ausgewählten Begriff eingesehen werden.

79 Entwurf


Abb. 4.20  Selektion Durch Antippen der Überschrift entscheidet man sich schließlich, in die Lektüre der Nachricht einzusteigen.

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Abb. 4.21  Verarbeitung Die in der Übersicht gewählten Filter werden in die Artikel-Ansicht übernommen. Sie helfen dem Leser dabei, die entsprechenden Textpassagen leichter auszumachen und die Struktur einer Nachricht schneller zu erfassen. Auch auf dieser Ebene kann die Auswahl jederzeit verändert oder durch erneutes anwählen aufgehoben werden.

81 Entwurf


Abb. 4.22  Zeitliches Nebeneinander Anstatt – wie sonst üblich – nur entweder die Modi »Selektion« oder »Verarbeitung« zur Verfügung zu stellen, werden hier darüber hinaus alle Artikel in voller Länge und zeitlichem Nebeneinander angeboten. Die Artikel können durch eine einfache Zieh-Bewegung durchgesehen werden.

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05


Schluss

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5.1  Einschränkungen Im Hinblick auf Darstellung und Interaktionsprinzipien ist zu überprüfen, inwiefern eine dreidimensionale Anordnung von Informationseinheiten einen besseren Überblick über diese erlaubt. So könnte die z-Achse als dritte Ebene verwendet werden, um etwa die Gleichzeitigkeit mehrerer Meldungen zu betonen. Neben der dritten räumlichen ist auch die zeitliche Dimension bis hierher unterrepräsentiert. Zwar zieht sich das chronologische Organisationsprinzip als roter Faden durch alle Ansätze, die Veränderung grafischer Variablen über die Zeit wird jedoch nicht unmittelbar wahrnehmbar gemacht. Auch muss darüber nachgedacht werden, ob animierte Übergänge zwischen den hier lediglich fragmentarisch skizzierten Phasen die Orientierung im Interface verbessern können. Um die gezeigten Ansätze tatsächlich in ein Produkt überführen zu können, müssen zudem Wirkungsräume, Berührungspunkte und Szenarien festgelegt werden. Weiter müsste dann über mögliche Schnittstellen zu anderen Diensten und Endgeräten nachgedacht werden.

85 Schluss


Zudem sind die hier gezeigten Ansätze, inhaltliche Faktoren auf formale Parameter zu übertragen, stets abhängig von der Qualität der informationslinguistischen Analyse. Die Faktoren erlauben uns zwar, das »Wer« und »Wo« einer Meldung auszumachen, nicht jedoch – und das ist entscheidend – das »Was«. Unsere Sprache ist schließlich unabdingbar, um abstrakte Ideen zu konstruieren und komplexe Sachverhalte effizient zu kommunizieren. Wenngleich gegenwärtig daran gearbeitet wird, die natürliche Sprache maschinenverständlich zu machen ist fraglich, ob dieses Ziel jemals erreicht werden kann. Aber dennoch: Selbst die in dieser Arbeit verwendete, relativ rudimentäre Bestimmung inhaltlicher Faktoren weist bereits einen Mehrwert gegenüber bisherigen Lösungen auf, in denen diese nicht zur Verfügung stehen. Inwiefern von noch elaborierteren, hochstrukturierten Metadaten profitiert werden kann, bleibt zu prüfen. Die Eingrenzung auf Agenturmeldungen scheint im Rahmen dieser Arbeit immer noch sinnvoll. Jedoch muss auch hier hinterfragt werden, inwiefern diese Art der Berichterstattung für den Leser überhaupt hilfreich ist. Der permanente Strom aus Meldungen lässt den Wunsch nach dem verlangsamenden Element der redaktionellen Aufbereitung und Filterung aufkommen. Schließlich schlagen sich allzu viele oder wenig differenzierte Nachrichten mitunter in Apathie oder gar Widerwillen der Leser nieder (Maldonado, 2007, S. 108). »In solchen Situationen«, beschreibt Maldonado (ebd.) treffend, »werden die Nachrichten – in der Terminologie der Gestalttheorie – nicht mehr als Figuren vor einem Grund wahrgenommen. Alles wird Hintergrund, Hintergrundgeräusch«.

5.2  Ausblick Ausblickend sind Szenarien denkbar, in denen hier entwickelte Vorschläge auch aus anderen Angeboten heraus zugänglich gemacht werden. So ließen sich beispielsweise Artikel aus beliebigen Websites ohne weiteren Entwicklungsaufwand – und vor allem ohne die jeweilige Website verlassen zu müssen – auf die hier vorgestellte Weise aufbereiten. Ist eine inhaltliche Analyse einmal vollzogen, können daraus gewonnene Faktoren zudem auch über das Angebot hinaus in anderen Situationen weiterverwendet werden. So können diese Faktoren nicht nur Einfluss auf formale Parameter der Darstellung haben, sondern auch tatsächlich für den Benutzer erfahrbar und spürbar werden,

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indem sie ein geschlossenes System verlassen und Einfluss auf physikalische Dinge außerhalb des Mediums nehmen. So würden Nachrichten im Wortsinn erfahrbar. Inhaltliche Faktoren könnten hier in taktile oder akustische Reize übersetzt werden.

5.3  Fazit Es scheint in jedem Fall berechtigt, nach neuen Ansätzen zum Umgang mit Nachrichten in digitalen Medien zu suchen. Die Trennung von Form und Inhalt in digitalen Medien stellt eine große Herausforderung – aber gleichermaßen auch eine Chance – für das Design dar. Auf der Suche nach einer dem Inhalt entsprechenden Form wurden hier lediglich einige Ansätze aufgezeigt – vor allem auch um ein Bewusstsein für das Problem und mögliche Lösungsstrategien zu wecken. In einem systemischen Design kann eine inhaltliche Analyse generell einen wertvollen Beitrag dazu leisten, dass inhaltliche Faktoren mit formalen Parametern eine Verbindung eingehen. So werden den Designern Mittel an die Hand gegeben, um zu einer strukturerhellenden Gestaltung zu gelangen, die das leserseitige Verständnis fördert. Bestehende Herangehensweisen, die die Möglichkeiten und Besonderheiten des Mediums weitgehend unbeachtet lassen, müssen in Frage gestellt werden. Die große Herausforderung besteht zukünftig darin, Systeme zu schaffen, denen es gelingt, eine Dynamik zu entfalten, indem sie die zu vermittelnden Inhalte »verstehen« und diese somit um ein vielfaches besser kommunizieren können – anstatt mittels immer gleicher Gestaltungsvorlagen Daten und Informationen lediglich zu organisieren und zu verteilen.

87 Schluss


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Digitale Dokumentation Die Ergebnisse dieser Arbeit sind online unter <http://news.svenellingen.com/> abrufbar.

Versicherung Hiermit versichere ich, dass ich die Arbeit selbstständig angefertigt habe und keine anderen als die angegebenen und bei Zitaten kenntlich gemachten Quellen und Hilfsmittel benutzt habe. KÜln, 24. Juni 2008 Sven Ellingen

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