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D 5,50 € CH 9,80 SFR A 5,50 €

GERMANY

DAS STIL-MAGAZIN

GENTLEMEN’S QUARTERLY











INHALT

2 6

TOPSTORYS 51

Karl Lagerfeld GQ verneigt sich vor dem großen Mode-Designer

40 Sneakers

Die heißesten Kicks der Saison

BRAD PITT & MARGOT ROBBIE IM NEUEN TARANTINO

68 Das neue Berlin

Die geheimen Partys, die Power-Networks, die Millionen-Deals 122 Reise

Fotos: Andrew Cooper/© 2019 Sony Pictures Entertainment (2)

Die 77 besten Hotels der Welt

COVER POCKET EDITION

170 Reportage

Mein Date mit einem Sex-Roboter

AGENDA

GQ Condé Nast Verlag GmbH Oskar-von-Miller-Ring 20 80333 München

27 Die Looks des Monats,

Design-Ikonen, ClubTypen, Louis Vuitton u.v.m. @gq_germany

GQ. APRI L 201 9

GQ Germany

post@gq.de

GQ.de

Foto: Lottermann and Fuentes

11



45 Politik

Executive Time: Auszeit vom Office 46 Sex Akte Ex: Wie man über Verflossene spricht

STYLE

2 2

INHALT

DIE BESTEN HOTELS DER WELT

42 Fashion Week

Highlights von den New Yorker Runways 81

Trend-Report Der Sommer wird wild und flashy!

92 It-Pieces

Die schönsten Taschen und Schuhe 104 Business Class

So veredeln Sie Ihren Office-Look mit Schmuck! 111 Watches

Perfekter Power-Move: graue Uhren

COACH 115 Alle auf Trip!

Fotos: Courtesy of Six Senses; Markus Jans, Felix Brandl/Fotostudio Condé Nast

Wie psychedelische Substanzen unsere Gesellschaft verbessern können

4 0

BUSINESS CLASS GQ. APRI L 201 9

STANDARDS Editorial......... 17 Backstage......... 18 Impressum......20

40

SNEAKERS 13



DAS NEUE BERLIN

68

INHALT

120 Bundesliga backstage

Die Geheimnisse der VIP-Tribüne 132 Dubai

Die Top-Restaurants der Emirate 136 Auto

Der neue Porsche 911 im Test 138 Management

Be a leader, not a boss! 151 GQ Gentleman

Kick-off für den Beach Body 154 Düfte

Die Parfüms für den Frühling 190 Luke Evans

Sein Stil-Geheimnis

Fotos: Lottermann and Fuentes, vogue.com (3), Courtesy of Mercedes

4 3

MERCEDES FÄHRT IN DIE ZUKUNFT

1 8 TREND-REPORT

GQ. APRI L 201 9

15



EDITORIAL

DER KING OF FASHION

Foto: Pawel Pysz

„Die Zeiten, in denen Fashion wirklich Abenteuerland war, sind endgültig vorbei.“ Sagt Wolfgang Joop. Und weint. Wenige Minuten nachdem die Nachricht vom Tod Karl Lagerfelds durch die Welt schoss, habe ich ihn angerufen. Joop ist gerade in London in der Galerie von Thaddaeus Ropac, um sich die Ausstellung von Erwin Wurm anzusehen. Aber jetzt nur – ja – Tränen. Männertränen. Momente ehrlicher Trauer. In der Fashionwelt schalten alle Social-Media-Kanäle auf Schwarz. „Wir werden niemals dein unglaubliches Talent und deine unendliche Inspiration vergessen“, schreibt Donatella Versace. Selbst Philipp Plein, immer noch Rebell der Branche, postet traurige Herzen. Alle spüren: Mit King Karl stirbt eine Zeit. Eine ganze Ära. Unwiederbringlich. Lagerfeld war gelebtes Weltkultur-Erbe. Die Lady Diana der Mode. Jeder hatte seinen Lagerfeld-Moment. Niemand konnte Schönes, Böses, Inspirierendes so in die Welt lispeln wie er. Niemand konnte ihm böse sein. Es wagte niemand. Ein Genie, ein Träumer, ein Freigeist. Cola Light und Katze Choupette. Einer, der über sich selbst lachen kann. Dem alle gern zuhören. Der amüsant ist und amüsiert: jeder Satz scharf wie ein Schwert. Ein Fantast, Perfektionist, Bücher-Verschlinger, Zeichner, Visionär, ein kreatives Kraftwerk, ein eigenes Kunstwerk, großzügig, grenzenlos, always on und der Zeit in seiner Kapsel immer voraus. „Was für eine Lebenslust“, schwärmt Elton John. Geerdet – ja, aber nicht von dieser Erde. Statt eines Arbeitsvertrages erhielt Lagerfeld von ChanelCEO Alain Wertheimer Anfang der 80er eine Carte blanche. Er durfte machen, was er wollte. Wer darf das heute noch? Wer darf noch Sätze sagen wie: „Man muss das Geld zum Fenster rauswerfen – damit es durch die Tür wieder reinkommt.“ Lagerfeld only. Der personifizierte Gott in Frankreich. FashionLover pilgerten wie Jünger zu seinen Schauen. Ehrfürchtig. Denn Karl konnte Karrieren machen und zerstören. Viele Journalisten verdanken ihm den Job (und die letzte Gehaltserhöhung). Ein Blick durch Karls Sonnenbrille konnte bedeuten: eine Stufe hoch auf der Wichtigkeitsskala. Oder drei runter. GQ Fashion Director Tobias Frericks sagt: „Karl Lagerfeld hat nie enttäuscht – Show nach Show.“ „Er war die Definition von Leidenschaft“, schreibt Ralph Lauren. Und Tom Ford: „Ich werde ihn vermissen.“ Viele dachten, dass Karl Lagerfeld für immer bleibt. Er schien unsterblich zu sein. Doch das ist das Trügerische: Nur das Werk ist für immer, nie der Schöpfer. Abschied von einem Jahrhundert-Mann: GQ verneigt sich vor Karl Lagerfeld!

TOM JUNKERSDORF CHEFREDAKTEUR

GQ. APRI L 201 9

GQ COLLECTOR’S EDITION Karl Lagerfeld war für GQ immer eine Inspiration! Wir feiern ihn mit ikonischen Porträts auf drei Covern

Foto: Christian Weber/ Contour by Getty Images

@TOMJUNKERSDORF

Foto: Pierre et Gilles

Foto: Jürgen Schadeberg/ Premium Archive/Getty Images

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BACKSTAGE OSKAR-VON-MILLER-RING 20, 80333 MÜNCHEN

Condé Nast International Chairman and Chief Executive: Jonathan Newhouse President: Wolfgang Blau

Die Condé Nast International Gruppe verlegt folgende Zeitschriften GROSSBRITANNIEN Vogue · House & Garden · Brides · Tatler · The World of Interiors · GQ · Vanity Fair · Condé Nast Traveller · Glamour · Condé Nast Johansens · GQ Style · Love · Wired · Condé Nast College of Fashion & Design · Ars Technica FRANKREICH Vogue · Vogue Hommes · AD · Glamour · Vogue Collections · GQ · AD Collector · Vanity Fair ITALIEN Vogue · Glamour · AD · Condé Nast Traveller · GQ · Vanity Fair · Wired · La Cucina Italiana · Lisa DEUTSCHLAND Vogue · GQ · AD · Glamour · GQ Style · Wired SPANIEN Vogue · GQ · Vogue Novias · Vogue Niños · Condé Nast Traveler · Vogue Colecciones · Vogue Belleza · Glamour · AD · Vanity Fair JAPAN Vogue · GQ · Vogue Girl · Wired · Vogue Wedding

GQ y BERLIN

TAIWAN Vogue · GQ · Interculture

COV ERSTORY

SCHNEEKUGEL

FALKE

Der Star der Uhrenstrecke (S. 111) heißt Schneekugel, 8. Trotz der Krallen, die sich durch den Handschuh bohrten, würde unser Praktikant und kurzzeitiger VogelHalter Özgün Turgut (r.) die Falkendame jederzeit wieder auf Händen tragen.

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MEXIKO UND LATEINAMERIKA Vogue Mexico and Latin America · Glamour Mexico · AD Mexico · GQ Mexico and Latin America INDIEN Vogue · GQ · Condé Nast Traveller · AD

Joint-Venture-Veröffentlichungen BRAZIL Vogue · Casa Vogue · GQ · Glamour RUSSIA Vogue · GQ · AD · Glamour · GQ Style · Tatler · Glamour Style Book

Lizenzveröffentlichungen oder Copyright-Kooperationen

MATTHIEU BOUREL I L L U S T R AT O R

Surreale Collagen, die sich wie LSD-Trips anfühlen, sind die Spezialität des in Berlin lebenden Künstlers. Zwei davon sind exklusiv in dieser GQ zu sehen – sie illustrieren das wirklich bewusstseinserweiternde Interview mit Michael Pollan. (S. 115)

AUSTRALIEN Vogue · Vogue Living · GQ BULGARIEN Glamour CHINA Vogue · AD · Condé Nast Traveler · GQ · GQ Style · Condé Nast Center of Fashion & Design · Vogue Me · Vogue Film DEUTSCHLAND GQ Bar Berlin ISLAND Glamour KOREA Vogue · GQ · Allure · W MITTLERER OSTEN Vogue · Condé Nast Traveller · AD · GQ · Vogue Café Riyadh NIEDERLANDE Vogue · Glamour · Vogue The Book · Vogue Man · Vogue Living POLEN Vogue · Glamour PORTUGAL Vogue · GQ · Vogue Café Porto RUMÄNIEN Glamour RUSSLAND Vogue Café Moscow · Tatler Club Moscow SLOWAKEI UND TSCHECHIEN Vogue · La Cucina Italiana SÜDAFRIKA House & Garden · GQ · Glamour · House & Garden Gourmet · GQ Style · Glamour Hair THAILAND Vogue · GQ TÜRKEI Vogue · GQ UKRAINE Vogue · Vogue Café Kiev UNGARN Glamour

Condé Nast USA President and Chief Executive Officer: Robert A. Sauerberg, Jr. Artistic Director: Anna Wintour Vogue · Vanity Fair · Glamour · Brides · Self · GQ · GQ Style · The New Yorker · Condé Nast Traveler · Allure · AD · Bon Appétit · Epicurious · Wired · W · Golf Digest · Teen Vogue · Ars Technica · Pitchfork · Backchannel · Them Heftpreis Inland: 5,50 € inklusive 7  % MwSt. Jahresabonnement (12 Ausgaben) Inland: 56,50 € inklusive Porto, Versandkosten und 7  % MwSt. Ausland: Österreich: 56,50 €, Schweiz: 100,00 sfr, restliches Ausland auf Anfrage. Abonnementbestellungen: GQ Leserservice, Postfach 290, 77649 Offenburg, Telefon: 01805 517258, Fax: 01805 071101 ( jeweils 0,14 € pro Minute), E-Mail: abo@gq.de. Schweiz: GQ Leserservice, Postfach, 6002 Luzern, Telefon: 041 3292244, Fax: 041 3292204, E-Mail: GQ@leserservice.ch. USA: IPDSDS 12406, US Highway 250N, Milan, Ohio 44846, Telefon: 1 419 4991500 (+ 15 in den USA), Fax: 1 419 4993601.

GQ. APRI L 201 9

Fotos: Lottermann and Fuentes, Claudia Michaelsen, Wolf-Dieter Böttcher, privat

Berlin ist sowieso schon eine Endlos-Party – aber momentan hat das Lebensgefühl dieser Stadt noch einen Extra-Touch Glamour, ein bisschen Hollywood-Feeling. Es herrscht, so sagt das ein Produzent: „Goldgräberstimmung!“ Die Fotografinnen Nada Lottermann und Vanessa Fuentes (von links) und das GQ-Team aus Kulturredakteur Ulf Pape und Photo Director Frank Seidlitz (oben rechts) haben während der Berlinale mehrere Tage und Nächte mit Stars und Playern des Film-Business gefeiert. Ab Seite 68 zeichnen sie ein großartiges, opulentes Sittengemälde. @lottermannfuentes



MIT

GQ erscheint in der Condé Nast Verlag GmbH, Oskar-von-Miller-Ring 20, 80333 München, Telefon: 089 38104-0, mail@condenast.de, www.condenast.de gqpost@gq.de, www.gq.de

Chefredakteur

TOM JUNKERSDORF Marcus Lucas STELLVERTRETENDER CHEFREDAKTEUR Marco Nikolaj Rechenberg Jana Meier-Roberts PHOTOGRAPHY DIRECTOR Frank Seidlitz FASHION DIRECTOR Tobias Frericks BEAUTY DIRECTOR Constantin Herrmann EDITORIAL BUSINESS MANAGER Anna Schuberth EDITORIAL OPERATIONS SPECIALIST Viola Müller-Hergerdt TEXTCHEF Oliver Fuchs Textredaktion Christoph Eisenschink, Ulf Pape, Clark Parkin Mode Manuela Hainz (stellv. Fashion Director), Thomas Haditsch (Ass.), Sharina Lichtl (Ass.) Bildredaktion/Booking Verena Aichinger Art Department Felix Wetzel (stellv. Art Director), Anaïs Hüttenbrink, Mathias Leidgschwendner Mitarbeiter dieser Ausgabe Andreas Achmann, Béla Anda, Zach Baron, Corinna von Bassewitz, Wolf-Dieter Böttcher, Matthieu Bourel, Felix Brandl, STELLVERTRETER DES CHEFREDAKTEURS ART DIRECTOR

Sir Richard Branson, Dirk Bruniecki, Béline Dolat, Mimi Erhardt, Stephanie Fischer, Svenja Geithner, Robert Grunenberg, Markus Jans, Wolfgang Joop, Friederike Jung, Jörn Kaspuhl, Ingo Kleefeld, Karl Anton Koenigs, Olivier Kugler, Simon Lohmeyer, Lottermann and Fuentes, Kagan McLeod, Yumna Mirza, Arthur Mount, Massu Nedjat, John Francis Peters, Peter Praschl, Jesús Prudencio, Kai Psotta, Jürgen Schmieder, Anthony Seklaoui, Clay Skipper, Jan Steins, Alexander Stilcken, Antonia Uhlig, Anne Waak, Neil Webb, Matthias Weingärtner, Lennard Wickel

Büro Mailand Anna Riva, Paola Dörpinghaus, p.dorpinghaus@condenast.it, Tel. +39 (02) 29 00 07 18 Büro New York Christina Schuhbeck, christina_schuhbeck@condenast.com, Tel. +1 (212) 630 4980 Schlussredaktion LEKTORNET GmbH Syndication syndication@condenast.de GQ.de Johannes Patzig (Ltg.), Cordula Funke, Mathias Ottmann, Patrick Pendiuk, Ursula Schmied, Tobias Singer Verantwortlich für den redaktionellen Inhalt des Magazins TOM JUNKERSDORF

Abonnement-Betreuung Deutschland und Ausland ohne Schweiz: GQ Leserservice, Postfach 290, 77649 Offenburg, Telefon: +49 (0) 781 6394507, E-Mail: abo@gq-magazin.de. Preis für Jahresabonnement (12 Ausgaben): 56,50 € (D), 56,50 € (AUT). Restliches Ausland auf Anfrage. Schweiz: GQ Leserservice, Postfach, 6002 Luzern, Telefon: +41 3292244, E-Mail: gq@leserservice.ch. Preis für Jahresabonnement (12 Ausgaben): 100 sfr. USA: GQ (German) (USPS No 0023823) is published monthly by Condé Nast Verlag GmbH. Subscription price for USA is $ 90 p.a. K.O.P.: German Language Pub., 153 S Dean St, Englewood NJ 07631, glpnews.com. Application to mail at Periodicals Rates is pending at Englewood NJ 07631 and additional mailing offices. Postmaster: Send Address changes to: GQ (German), GLP, PO Box 9868, Englewood NJ 07631.

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Zurzeit gilt Anzeigenpreisliste Nr. 22, gültig ab 1.1.2019. Alle Rechte vorbehalten. Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlags strafbar. Für unverlangt eingesandtes Text- und Bildmaterial wird keine Haftung übernommen. ISSN-Nr. 1434-5560

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Publisher

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Vertrieb Alima Longatti, HEAD OF DIRECT MARKETING & CRM, alima.longatti@condenast.de, Tel. -301 Einzelverkauf MZV GmbH & Co. KG, Karsten Reissner (Bereichsleitung) Herstellung Lars Reinecke, DIRECTOR PRODUCTION Druck Mohn Media, Mohndruck GmbH, Carl-Bertelsmann-Straße 161 M, 33311 Gütersloh Digitale Vorstufe CLX Europe Media Solution GmbH, Barmbeker Strasse 8, 22303 Hamburg Unternehmenskommunikation / PR Henrike Zock, LEITUNG CORPORATE COMMUNICATIONS, presse@condenast.de, Tel. -413 Finanzen Roland Riedesser, FINANZDIREKTOR Chairman Condé Nast International

JONATHAN NEWHOUSE



ESSAY

LET IT BE

Wir haben tatsächlich noch die Chance, unseren Planeten zu retten. Wir müssten bloß aufhören, Fleisch zu essen. Das geht – mit ein bisschen Hilfe von Netflix und Paul McCartney MARCUS LUCAS

I

ch bin Vegetarier. Keine Sorge, dafür erwarte ich keinen Applaus. Ich rechne wegen dieses Outings auch nicht mit einer Schwemme von entzückten Emojis in meinen Instagram-DMs. Ich meine, okayyyy, ich bin Vegetarier, aber das allein unterscheidet mich ja noch nicht von mindestens 375 Millionen anderen Menschen. Aber irgendwie ist es dann doch eine coole Sache. Es könnte nämlich unseren Planeten retten. Die Chancen stünden noch besser, wenn SIE auch mitmachen! Ich habe vor 15 Monaten aufgehört, Fleisch zu essen, bin also eher noch Veggie-Rookie. Ich werde von Freunden oder beim Business-Lunch immer wieder gefragt, wie es mir „damit so geht“. Meine Antwort: Mir geht’s genauso gut oder schlecht wie vorher. Ich bin übrigens auch kein militanter Fleisch-Hater geworden, lassen Sie es sich ruhig schmecken. Manchmal denke ich sogar gerne an regelrechte magic meat moments zurück: Nobus Wagyu Beef. Oder den besten Burger meines Lebens beim Kalifornien-Roadtrip (Ambrosia Burger im „Nepenthe“, Big Sur). Oder jede Salsiccia ever. Oder die ersten Weißwurstfrühstücke, als ich noch ein Frischling in München war. Irgendwann mit Mitte 30 hatte ich schon meinen Fleischkonsum reduziert, eher aus dem diffusen Gefühl heraus, dass man ja auch mal was für seine Gesundheit tun müsse, man wird ja nicht jünger. Dann fing ich auch noch mit Yoga an, meine damalige Freundin gab mir Michael Pollan zu lesen. (Dessen Ernährungsplan lautet: „Eat Food. Not too much. Mostly plants.“) Ich begann also, „bewusster“ zu essen und zu leben, das Übliche. Dann, im November 2017, sah ich auf Netflix „What the Health“. Ein so unterhaltsamer wie schockierender Dokumentarfilm, der ein paar Monate vorher erschienen war und der, wie ich später herausfand, sehr viele Menschen – darunter Tom Ford und Lewis Hamilton – zu Vegetariern oder gar Veganern gemacht hat. „What the Health“ erläutert die Auswirkungen von 22

Massentierhaltung und fleischlicher Ernährung auf den Menschen und die Umwelt, und mit „erläutert“ meine ich: Er schlägt einem anderthalb Stunden lang in die Fresse und reißt einem die Augen auf. Natürlich ahnte oder wusste ich das alles irgendwie, aber verdrängen ging danach nicht mehr: Dass die Fleisch-Industrie mit ihrem „Erzeugnis“ aktiv Menschen killt, was nicht nur am Fleisch selbst liegt (auch das Fleisch der happy BioKuh befeuert Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Diabetes …), sondern – im Falle der Massenware aus den Gefangenenlagern – auch an all dem giftigen Dreck, mit dem das Tier Ihrer Wahl auf dem langen Marsch zur Guillotine gemästet wird. Nun ist es, wie mit Alkohol oder anderen Drogen, jedem selbst überlassen, ob er sich das antut. Was aber Konsequenzen für uns alle hat: dass die Fleisch-Industrie ja bereits durch ihre Existenz den Planeten killt. Auf so vielen verdammten Levels, dass man fast den Überblick verliert. Da ist die absurde Menge an Ressour-

cen und Energie, die verbraucht wird. Veggie-Veteran Paul McCartney zog schon 2009 in einer Rede vor dem Europäischen Parlament den Vergleich, dass man mit dem Wasser, das die Produktion eines einzigen 99-CentHamburgers verschlingt, genauso gut vier Stunden lang duschen könnte. Wozu man solche Wassermassen auch nützlicher einsetzen könnte, kann sich jeder denken. Da ist, als Nebeneffekt der Tierproduktion, diesem ewigen Kreislauf von Hormonen, Pestiziden und sonstigen Chemikalien, die Wasser- und Bodenverseuchung. Und da ist natürlich der katastrophale Kohlendioxidausstoß. In seiner Rede, die gerade als Buch erschienen ist („Less Meat, Less Heat“, Claudius Verlag, 12 €), erwähnt Sir Paul, die industrielle Tierproduktion erzeuge mehr Treibhausgas als sämtliche Transportmittel – also Flugzeuge, Züge, Pkw, Trucks – zusammen. Holy cow! Der Rinderwahnsinn ist ja, dass die schätzungsweise 1,5 Milliarden Kühe auf der Erde uns allein durch ihre bloße Anwesenheit die Atmosphäre kaputtverdauen – und das globale Klima zur Hölle machen. Nichts gegen Kühe (super Tiere, ein paar meiner besten Freunde und so …), nein, diese Massen von Methanmonstern gibt es ja nur wegen uns. Weil WIR fleischsüchtig sind. Nicht nur der Ex-Beatle, sondern so ziemlich jede Studie jedes Umweltforschers aus den vergangenen Monaten sagt: Der wirkungsvollste Beitrag eines einzelnen Menschen im Kampf gegen den Klimawandel ist, kein Fleisch mehr zu essen. Oder zumindest radikal weniger Fleisch zu essen: einmal pro Woche! So einfach ist das. Es müssen nur alle mitmachen, sonst geht die Rechnung nicht auf. Flexitarier aller Länder, vereinigt euch! „Less Meat, less Heat“ nennt es Paul McCartney. Klingt schon fast wie ein Popsong, irgendwie Hoffnung und gute Laune machend inmitten aller Untergangsstimmung: Es ist noch nicht zu spät – we can work it out. Marcus Lucas ist Stellvertreter des Chefredakteurs der GQ. GQ. APRI L 201 9

Illustration: Neil Webb

TEXT






TRENDS MUS T HAVE S NEWS 04.2019

MUSIK

Foto: Courtesy of Birgit Kaulfuss/Modeselektor

BOOM! BOOM! BOOM!

Seit über 20 Jahren zeigt das Berliner Elektro-Duo Modeselektor, was ein IDM-Brett ist. Diese Abkürzung steht nicht nur für Intelligent Dance Music, sondern auch für Ideenmanagement. Kein Wunder also, dass die beiden jetzt wieder mit einem Album voll brillanter Einfälle aufschlagen. Gernot Bronsert und Sebastian Szary – zuletzt vor allem als zwei Drittel von Moderat aktiv, der großartigsten Elektro-Popband der Zehnerjahre – führt die Suche nach dem noch nicht abgedroschenen Beat immer in besonders schöne dunkle Räume. Hater finden so eine Musik bloß repetitiv. Aber der Sinn von elektronischer Musik liegt ja in der Wiederholung. In der Wiederholung. In der Wiederholung. Who Else, Modeselektor, Monkeytown Records 27


AGENDA

COME ON,

VOGUE!

Die Netflix-Serie „Pose“ feiert die queere Subkultur der 80er Bevor Madonna ihren heutigen Zustand erreichte, war sie eine unfassbar coole Anti-Establishment-Figur, die sich mit schönen schwulen Schwarzen umgab. Kein Wunder, dass einer ihrer größten Hits vom Voguing beeinflusst war. Das war eine Art Battle-Dancing, das in der New Yorker Queer-Community der 80er und frühen 90er wahnsinnig beliebt war. Madonnas Monsterhit „Vogue“ sowie der Dokumentarfilm „Paris Is Burning“ von 1990 machten den Mix aus strengem Pharaonen-Tanz und ModelPosing-Karikatur auch im Mainstream bekannt. Der Vogue-Subkultur von damals setzt nun die Netflix-Serie „Pose“ ein bewegendes Denkmal. Erzählt wird die Geschichte des jungen Trump-alikes Stan Bowes (großartig: Evan Peters) und der Gay- und Trans-Community. Neben Peters und Shooting-Star Ryan Jamaal Swain ist es auch Regisseur Ryan Murphy, der „Pose“ zu einem Highlight macht. Mit „Glee“ und „American Crime Story“ hat er sein Talent für brillantes, poppig buntes Entertainment schon bewiesen. So emotional überwältigend war das TV-Genie aber noch nie. Strike a pose!

Oben und links: Voguing-Fans in den 80ern. Die Moves waren eine Hommage an die Supermodel-Posen in der „Vogue“

LIFEST YLE, NE X T LE VEL Der ultimative Gentleman-Guide von GQ

GQ Gentleman’s Guide, Prestel, 20 €

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Die ewige Frage: Was macht einen Gentleman aus? Auf jeden Fall, dass er in allen Lebenslagen cool bleibt und Stil beweist. Unser Kollege Charlie Burton von der britischen GQ zeigt mit diesem großartigen, sehr unterhaltsamen Buch, wie’s geht. Egal ob Sie schon immer wissen wollten, wie Sie den allerbesten Martini mixen, ein milliardenschweres Unternehmen gründen oder gekonnt einen bissigen Hund abwehren: Burton verrät kenntnisreich und mit britischem Humor, wie man auf der Gewinnerseite des Lebens zu Hause ist. Dazu gibt es Tipps von 63 Experten aus Fashion, Business und Lifestyle (darunter Richard Branson und Jamie Oliver) und praktische Step-by-Step-Anleitungen: vom perfekten Krawattenknoten bis zur perfekten Fußmassage. GQ. APRI L 201 9

Fotos: Chantal Regnault, Getty Images, Courtesy of Netflix, Prestel

„Pose“, von Ryan Murphy, auf Netflix



AGENDA 1

1 Im Total-Look von Tom Ford setzt Patrick Schwarzenegger den aktuellen Animal-PrintTrend perfekt um

2

2 Style-Gottheit Jeff Goldblum in weißen Jeans und einem Tie-dye-Pullover des Labels The Elder Statesman 3 Eddie Redmayne bei der „Vogue x Tiffany“-Party in London in einem schwarz-weißen Zweireiher von Alexander McQueen

FASHION

DIE LOOKS DES MONATS

3

DRINK

100 JAHRE NEGRONI

Die Geschichte meines Lieblingscocktails beginnt 1919 in Florenz. In der „Bar Casoni“ (heute „Caffe Giacosa“) bestellt ein junger Graf namens Camillo Negroni den damals schwer angesagten Americano (Campari, Wermut, Soda, Zitronenzeste) – noch unter dem Eindruck seiner London-Reise bittet er den Barkeeper Fosco Scarselli aber, Gin statt Soda zu verwenden. Scarselli gibt eine Orangenzeste dazu – der „Negroni“ ist geboren. Schmeckt auch heute noch so frisch wie gerade erfunden! – Simon Lohmeyer

Am Ende der AwardSaison geben die Stars stylemäßig noch mal alles. Unsere Favoriten

4 Wir fühlen dieses Currygelb von Mahershala Ali. Super dazu: cognacfarbene Brogues!

6

Eine NegroniVariante von Andreas Till, Pacific Times München:

5 Timothée Chalamet begeistert bei den BAFTAs mit einem Brokat-Smoking von Haider Ackermann 6 Preiswürdig bei den Grammys: Becks Preppy-Look von Gucci

30

NEGRONI 1808

4

Oben: GQ Supertramp Simon Lohmeyer mit Regisseur Matteo Garrone, der einen Jubiläumsfilm über den Kultdrink gedreht hat

3 cl Campari 2 cl Cinzano 1757

Wermut

2 cl Bulldog Gin 2 cl Soda Lemon Twist Spritzer

Himbeergeist

GQ. APRI L 201 9

Fotos: Splash, Getty Images (4), ddp images, Best Image; Courtesy of Campari

5



AGENDA Die ultimative BauhausIkone: der Barcelona Chair von Mies van der Rohe. Diese Jubiläumsedition gibt es nur 365 Mal – an jedem Tag in 2019 genau ein Exemplar. Die Zeit läuft! Knoll, 6 700 €

BAUHAUS REMIXED

100 Jahre Bauhaus: Das nehmen viele Interior-Marken zum Anlass, ikonische Möbelklassiker in neuen Versionen wieder aufleben zu lassen. Hier unsere Lieblingsstücke

DER NIGHTLIFE-NOVIZE

Ein Klappstuhl, ein Kunstwerk: der D4 in der Kerstin-Bruchhäuser-Edition, in Handarbeit gefertigt. Das Original ist seit 1980 im MoMA in New York ausgestellt. Tecta, 3 270 € Die Wagenfeld-Leuchte (hier in der neuen Silber-Edition) ist der Inbegriff des Purismus der damaligen Zeit. Limitiert auf 999 Exemplare. Tecnolumen, 990 €

Glänzender Stahl und getöntes Glas: eine Neu-Interpretation eines Mies-van-der-Rohe-Klassikers. Thonet, 1 230 €

Der NN kann sein Glück kaum fassen! Er hat es tatsächlich am Türsteher vorbei in den Club geschafft. (Gut, dass er im Internet noch gelesen hat, dass man sich schwarz anziehen muss.) Ein bisschen enttäuscht ist er allerdings, dass die Kamera seines Handys abgeklebt wurde. Das bedeutet: keine Insta-Storys vom TechnoTrip, um den Freunden zu imponieren. Man sieht dem NN an, dass er sich in der Raver-Szene noch nicht 100 Prozent wohlfühlt: Er steht nämlich meistens in seiner schwarzen (check!) Daunenjacke am Rand der Tanzfläche und klammert sich an seiner Bierflasche fest. Also, zumindest bis die Ecstasy-Pille reinfährt, die ihm ein windiger Typ vorhin vor der Toilette für 20 Euro angedreht hat. Dann kann sie losgehen, die Nacht seines Lebens!

Der legendäre F51 im Redesign von Katrin Greiling, mit Stoffen, die von Raf Simons entworfen wurden. Tecta, 2 875 €

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GQ. APRI L 201 9


NIGHTLIFE

WELCHER TECHNO–TYP SIND SIE?

Fotos: akg-images, Courtesy of Knoll, Tecnolumen, Thonet, Tecta; Illustration: Kagan McLeod

Raven Sie jeden Sonntag total hyper Richtung Darkroom? Stehen Sie meist lieber am Rand und gucken? Oder erzählen Sie den Girls an der Bar mal wieder Storys vom Mayday 1997? Eine kleine Typologie der Club-Community – schauen Sie mal, Sie sind bestimmt auch drauf. Äh, drin

DER RAVE-VETERAN

DER STYLE-FREAK

DER MUSCLE-MAN

In der Schlange warten? Also bitte! Der RV steht bei allen coolen Läden auf der Gästeliste, denn er kennt von den Club-Betreibern über die Türsteher bis zu den Runnern jede auch nur annähernd wichtige Nightlife-Nase der Stadt – und erlebte mit jeder auch schon mal einen legendären Absturz auf irgendeiner After-Hour. Während die Club-Crowd auf der Tanzfläche abgeht, schaut er lieber dem eingeflogenen Star-DJ über die Schulter – immerhin legte er ja selbst jahrelang auf. Der persönliche Drogen-Vorrat des RV könnte mit der Asservatenkammer der Staatsanwaltschaft von Mexico City verwechselt werden. Der RV hört meistens auf einen kreativen Spitznamen wie Ibiza-Ingo oder KetaKlaus – wer naiv genug ist nachzufragen, woher der Name stammt, der sollte Zeit mitbringen, denn es folgt eine zweistündige Insider-Story aus den 90ern, „als die Leute noch richtig feiern konnten“.

Vom SF kann man sich schnell eingeschüchtert fühlen, denn er gehört zum Coolsten, was die Szene zu bieten hat. Im Club ist er immer erst Sonntagvormittag anzutreffen, wenn der Großteil der Techno-Touris längst schon wieder im Hostelbett liegt. So gut wie jeder Zentimeter seines ultraschlanken Körpers ist von Tattoos bedeckt – und wo nichts unter die Haut gemalt ist, steckt zumindest ein Piercing drin. Von Beruf ist er Friseur oder freier Stylist bei hippen FashionMags. Er ist auch unschwer an seinem vetementsigen Look zu erkennen: Crop-Top, Leder-Choker und 12-cmPlateau-Boots hat der SF aus diversen Second-Hand-Läden zusammengesammelt, gern trägt er Accessoires aus dem Baumarkt. Wo man ihn im Club findet? Entweder exzessiv tanzend direkt vorm DJ-Pult oder auf der Club-Toilette, mit seinem Lieblings-Accessoire: der GHB-Pipette. Also meist eher auf der Club-Toilette. Eigentlich die ganze Zeit auf der Club-Toilette.

Einen dermaßen gestählten Körper sehen Nicht-Clubgänger nur in Superhero-Movies. Wie der MM so halb nackt im Leder-Harness, ultrakurzen Tennis-Shorts und Boxerschuhen an der Bar steht, würde man nie auf die Idee kommen, dass er im normalen Leben einen superseriösen Versicherungsjob macht. Um Dampf abzulassen, splittet der MM seine Freizeit in erster Linie zwischen seinem High-End-Fitnessstudio, den Leather-Fetish-Shops von Berlin-Schöneberg und der gummibezogenen Spielwiese im BerghainDarkroom. Auf dem Dancefloor tanzt der MM normalerweise direkt VOR einer der Boxen – meist im Pulk mit anderen MMs, die allesamt aussehen, als wären sie einem Tom-of-FinlandComicstrip entsprungen. Mit Drogen hält sich der MM streng zurück. Also außer mit denen, die leistungssteigernd sind und schmerzunempfindlich machen. Nachher steht schließlich noch die Grindr-Date-Orgie an.

GQ. APRI L 201 9

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AGENDA

SO MACHT MAN EINEN

HOLLYWOOD–BLOCKBUSTER Auch Sie wollen endlich ein paar Oscars abräumen? Oder, noch besser, mit dem nächsten Milliarden-Movie richtig reich werden? So einfach geht’s! HABEN SIE EINE EIGENE IDEE? JA

JA

Sind Sie Wes Anderson?

Wer hat denn Zeit für so was?

ÄHM, NEIN

STIMMT

Okay, für wen ist der Film?

Welches Genre?

Komödie

Kinder

Erwachsene

Action

Animation?

Ist Leo am Start?

DER STAR

JA

KLAR!

Wer?

Vin Diesel

Mit Adam Sandler?

Th Rock NEIN

Mit Tieren?

JA

COOL!

NEIN

ÄH…

JA

Sie meinen Dwayne Johnson? Ein Remake eines TV-Hits aus den 80ern

Ist es ein Biopic? GLAUB SCHON

Ein einsamer Roboter, der seine Gefühle entdeckt

NEIN Ein neuer „Fast & Furious“

So was wie „Alf“?

Puh, okay

ALLES, WORAUF SIE LUST HABEN

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„GIRAFFEN!“

Das klingt aber etwas anspruchsvoll

Warum nicht?

Gibt’s nicht schon so viele davon?

HMM, STIMMT

NA GUT

GENAU!

JA

„FAST AND FURIOUS 87“

„ALF: BACK FROM MELMAC!“

„FIDGET SPINNER – THE MOVIE“

„ELON MUSK“

„IRGENDWAS IM WELTALL“

„EIN LIEBENSWÜRDIGER IDIOT“

GQ. APRI L 201 9

Fotos: Getty Images (8), A. P. L. Allstar Picture Library

JA



AGENDA T - H A

U

V

S M

E

A

T S

D E Foto: Felix Brandl/Fotostudio Condé Nast; Styling: Sharina Lichtl; Model: Peter Bruder/Nest Model Management; Visuelles Konzept: Felix Wetzel

M O N

FEELS LIKE HOME LOUIS VUITTON Pullover, 3 900 €

Virgil Ablohs unübersehbare Inspiration für diesen Pullover ist „Der Zauberer von Oz“ – die Geschichte des Mädchens Dorothy, das im Traum mit einer Vogelscheuche, einem Blechmann und einem ängstlichen Löwen in einem Fantasieland ihren Weg zurück nach Hause sucht. Der freundliche Sweater aus Wolle, Polyamid und Kaschmir wärmt also mit extra viel Geborgenheitsgefühl: Denn es ist die Freundschaft der Außenseiter, die wahre Schönheit in sich trägt. Abloh macht sie nach außen hin sichtbar. 36

GQ. APRI L 201 9



AGENDA

ART DEPARTMENT

Der Berliner Autor und Galerist (robertgrunen berg.com) stellt in GQ aufregende Künstler vor

VON ROBERT GRUNENBERG

WINTERS WONDERLAND

DATENAUTOBAHN

Das „Internet of Things“ kann ja doch ganz praktisch sein – wie unser Kolumnist beim Autofahren erlebte

„In My Solitude“ (2018)

kann die Spuren wechseln, wie er will, denn das Bezahlen für die Turbospur funktioniert natürlich nicht per Steueraufschlag oder Pickerl in der Windschutzscheibe – sondern automatisch per App, die exakt aufzeichnet, wann und wie lange man in der Bezahl-Spur fährt und wann in der Umsonst-Spur. Ich überlegte, wie so etwas in München ankommen würde, und mir fielen Headlines ein wie „Turbospur für Reiche“. Nun, was ich in Seattle sehr bemerkenswert fand: Zumindest den Automarken und Modellen nach war nicht zu entnehmen, dass es wirklich nur Wohlhabende waren, die die Bezahl-Spur nutzen. Die Porsches, die ich sah, fuhren allesamt auf den kostenlosen Spuren. Auf der TurboSpur dagegen waren statt Rasern ganz offensichtlich nur die unterwegs, die es wirklich eilig hatten – es ist also eine Spur für Kleinlaster und Taxifahrer. Der praktische Nutzen war jedenfalls nicht zu übersehen – das „Internet of Things“ wurde in Seattle für mich zu einer sehr angenehm erlebten Realität. —Wolfram Winter Der Ex-Sky-Kommunikationschef und Hochschul-Professor schreibt in GQ über Medien und die zunehmende Digitalisierung unseres Lebens

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INSTAGRAM AUF SEIDE Neue Lieblingskünstlerin: die Afrikanerin Billie Zangewa Die poppig leuchtenden Wandbilder, die Billie Zangewa wie ein Mosaik aus schimmernden Seidenstoffen zusammennäht, zeigen auf eine sanfte Weise mondäne und intime Momente, in denen die Künstlerin ihren eigenen Körper objektiviert und zur Schau stellt: nackt beim Duschen, im Kleidchen im Garten oder lasziv auf der Couch. Als Protagonistin ihrer eigenen Bilder thematisiert sie Fragen der Identität und der Rolle der Frau im heutigen Afrika. Es sind figürliche Kompositionen; Momente, die Biografisches, aber auch stereotype Vorstellungen vermischen. Dabei vermeidet Billie Zangewa, die in Botswana und Malawi aufwuchs und heute in Johannesburg und London lebt, bewusst kühne politische oder konfrontative Gesten. In den letzten Jahren wurden ihre Werke in vielen Ausstellungen in Afrika und Europa gezeigt, die Preise erreichen inzwischen sechsstellige Beträge. Als ich Billie 2017 erstmals sah, auf einem Messestand der Frieze Art Fair in London, da beobachtete ich, wie sie mit einer Besucherin ein Selfie machte. Dieses digitale Selbstbildnis dauerte keine zwei Sekunden. An ihrer seidenen Variante der Selbstversicherung arbeitet die Künstlerin pro Bild bis zu zwei Monate.

„Afternoon Delight IV“ (2018)

Fotos: Courtesy of Billie Zangewa/Blank Projects (2), Illustration: Jan Steins

Immer häufiger werde ich mit Diskussionen rund um das „Internet of Things“ („IoT“) konfrontiert. Ein gewisser Kevin Ashton hat schon 1999 diesen Begriff verwendet. Dass Kühlschränke alles von allein bestellen, die Türen meines Hauses per Smartphone auf- oder zugehen und Alexa alles mitbekommt, was ich zu Hause mache, sind bisher Dinge, mit denen ich mich nur theoretisch beschäftige, und meine Skepsis diesbezüglich will ich nicht verleugnen. Dagegen war ich neulich im schönen Seattle (wo sowohl Microsoft als auch Amazon ihr Hauptquartier haben), sehr beeindruckt, was auf der Straße so geht in Sachen „IoT“. Dort gibt es nämlich Fahrspuren, für die man extra zahlen muss, wenn man sie benutzt. Das klingt jetzt im ersten Moment nicht so wahnsinnig neu. Aber diese Fahrspuren laufen neben den „Umsonst“-Spuren (die natürlich von Steuergeldern bezahlt werden). Der Fahrer



SHOPPING−GUIDE

KICKS ON FIRE Die heißesten Sneakers der Saison REDAKTION

SHARINA LICHTL

FENDI Der High-Top ist eine Zusammenarbeit mit dem schottischen Künstler Hey Reilly und durch einen Mix der ikonischen Logos von Fendi und Fila gekennzeichnet. Über mrporter.com, 980€

ADIDAS BY RAF SIMONS Raf Simons ließ sich vom Punk der späten 70er beeinflussen – wie man am Textilpatch auf schwarzem Leder und der signalroten Gummisohle sieht. Über brownsfashion.com, 450 €

BURBERRY Das traditionelle Karomuster auf Canvas, kombiniert mit einer modernen chunky Sohle und Klettverschluss. Über brownsfashion.com, 520€

NIKE Die neuen Mid-Top-Sneakers aus der Serie „ISPA“ (Improvise/Scavenge/ Protect/Adapt) stehen für den Innovationsdrang der US-Firma: Sie vereinen stabilste Materialien und neueste Technologie. 180 €

OFF-WHITE Virgil Ablohs Sneakers aus Nubuk und Canvas sorgen mit Off-White-typischer Farbgebung und Details für Aufsehen. Über mrporter.com, 500 €

ADIDAS CONSORTIUM + PHARRELL WILLIAMS Die sockenähnlichen „Crazy BYW“ sind aus atmungsaktivem Knit in einem Muster, das an Drachenschuppen erinnert. Über mrporter.com, 250 €

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GQ. APRI L 201 9


Fotos: Courtesy of Fendi, Adidas by Raf Simons, Burberry, Nike, Off-White, Adidas by Pharrell Williams, Gucci, Balenciaga, Prada, Vetements, Asics, Felix Brandl/Fotostudio Condé Nast (3)

GUCCI Der „Flashtrek“ ist ein irres Mash-up aus Kristallschmuck, Wanderschuhen und Sneakers. Das Logo in SEGA-Optik macht das 80er-Feeling komplett. 1 200 €

BALENCIAGA Demna Gvasalias neuer Geniestreich „Track“ (mit 96 Einzelkomponenten aus Leder, Gummi und Mesh) ist der Nachfolger der Chunky-Legende „Triple S“. Über mrporter.com, 680 €

PRADA Laufschuhe aus den Siebzigern waren die Vorbilder für die „Milano 70“-Retro-Sneakers aus atmungsaktivem Stretch-Strick. 590 €

VETEMENTS Noch mal Streetwear-Mastert Demna Gvasalia – eine Koop seines eigenen Labels mit Reebok: Der „Instapump Fury“ aus Neopren ist mit Tags und Slogans wie „Go Big or Go Home“ versehen. Über mrporter.com, 750 €

ASICS Die „Kayano 5 Trail“-Trainers mit Mesh und gepolsterter Gelsohle sind in der Fashionwelt genauso zu Hause wie im Sport. 150 €

NEW BALANCE Auch die „All-Terrain“-Trainers kombinieren Lauf- und Hikingschuh – in vergleichsweise reduziertem Design. 150 €

MAISON MARGIELA Die Leder-Fusion-Trainers sind handgefertigt aus Mesh mit geschmolzenem grauem Duct Tape. Obendrauf gibt es noch einen einzigartigen Vintage-Painted-Look. Über matchesfashion.com, 1 250 €

CALVIN KLEIN 205W39NYC Streetstyle, Outdoor oder Workwear? Die „Strike 205“-Trainers mit Mesh- und Ledereinsätzen und weißen, reflektierenden Schnürsenkeln und gezackter Gummisohle. Über matchesfashion.com, 640 €

GQ. APRI L 201 9

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FASHION WEEK

THE POWER OF NOW

Die New York Fashion Week, der Runway zum wichtigen US-Markt. Das heißt: die erste Party früh um 10 Uhr – und noch um Mitternacht tanzen die Fashion-Lover auf den Tischen

Philipp Plein beim Private Dinner mit Freundin Justyna Gradek und Paris Hilton

Das große Jubiläum: 20 Jahre Philipp Plein! Der Rockstar der Branche bittet erst zum Private Dinner in sein Townhouse, dann ins legendäre „The Grill“, zeigt gleich zwei Shows. Erst Billionaire, nach dem Hauptgang Philipp Plein. 90er-Rave-Looks. AnimalPrints. Space-futuristische Kreationen. Wer außer Plein kann das alles in einer Kollektion cool zusammenmixen?

Model Chey Carty

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P H I LI P P P LE I N


Fotos: Courtesy of Steven Ferdman/Slaven Vlasic/Getty Images for Philipp Plein & Billionaire (7), Yvonne Tnt/BFA.com (3), BOSS (5), privat, JP Yim/Dimitrios Kambouris/Nicholas Hunt/Getty Images for Michael Kors (5)

Boss-CEO Mark Langer und Schauspieler Richard Madden

BOSS

Johannes Huebl, Charlott Cordes, Julia Stegner, Ingo Wilts, Tom Junkersdorf

Applaus für Ingo Wilts, Kreattivok Brain bei Hugo Boss! Der Loo auf seinem Lichtspiel-Runwaay am Pier 36: inspiriert von Kunst, Design und Architektur New Yorks. Das Motto: „Boss g, Curated“ – Big-City-Feeling klassisches Tailoring mit tollen mer Twists. „Der Anzug wird imm einen Platz in der Fashion haaben“, sagt Wilts. „Aber er wirrd anders getragen.“ Spannender und mutiger kombiniert.

MICHAEL KO R S Die Show: eine Hommage an den legendären Disco-Tempel „Studio 54“ – und ein fantastischer Mix aus Glitzer 1978 und Glamour 2019. PythonPrints, Schlaghosen und XXL-Kragen. Dazu Barry Manilow live mit seinem 70erHit „Copacabana“. Und das morgens um 10 Uhr. Kickstart in den Tag für VIPs wie Michael Douglas.

Michael Douglas mit Tochter Carys und Ehefrau Catherine Zeta-Jones, Kate Hudson und Kerry Washington

Michael Kors und Bella Hadid

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FASHION WEEK

GUCCI Neuer Michele-Mood in Mailand – auch GQ blickte ins Licht

D E TA I L S

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Mit XXL-Spikes übersätes Lederhalsband

B RYA N B OY

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Goldener Kreuz-Anhänger mit Edelsteinen

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ANDREW GARFIELD

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70s-inspirierter RetroSchuh im Used-Look

GQ. APRI L 201 9

Fotos: Courtesy of Gucci (7), Courtesy of Getty Images for Gucci (3), Armando Grillo/vogue.com (3)

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JARED LETO

Alessandro Micheles Vision für den Wiinter en2019 begann mit einem Blitz aus Tause den von Lichtern, der das versammelte e Who’s who der Modewelt für Sekunden fast erblinden ließ. Genauso flashy wa-ren die über 80 Looks, die es dann zu sehen gab. Jeder von ihnen erzählt eine ganz eigene Geschichte: 70er, 80er, 90 0er, Horror-Referenzen und New Romance e, alles vermischt sich in einem Fluss auss endloser Kreativität. Herausragend waren die mit Spikes besetzten Masken n und Accessoires, die viele Models trugen. Ein Thema, dessen Widersprüchlichkeit Michele gerade besonders fasziniert: „Masken sind leer und doch voll“, sagte der Designer nach der Show. Sie können verstecken oder eben gerade das wahre Gesicht zeigen. e Ebenso auffallend: die vergleichsweise zurückhaltende Ästhetik in den Lookss. Viel weniger Logos, mehr Fokus auf Silhouette und Material, ein neuer, crisper Mood M h der für Gucci. Gar nicht ruhig ging es nach Show weiter: Die Fashion-Crowd, die Stars – d das darunter Michele-BFF Jared Leto – und Gucci-Management verarbeiteten den ge gerade gesehenen Future Shock beim PostShow-Feiern im sonnengefluteten Innenhof des Gucci Hub. —Marco Nikolaj Rechenberg


POLITIK

ANDAS AGENDA VON BÉLA ANDA

Foto: Getty; Illustration: Jan Steins

Executive Time: Auszeit vom Office Es war das ultimative Statussymbol der frühen Berliner Republik: ein Zettel, nur eine Viertel-DIN-A4-Seite klein, eine ausgedruckte Mini-Excel-Tabelle, in Plastikfolie eingeklebt; der Kanzler trug ihn im Jackett, linke Innentasche, sein Wirtschafts- und Arbeitsminister ebenso (nachdem er ihn beim Kanzler gesehen hatte). Minutiös waren darauf die anstehenden täglichen Treffen und Telefonate, Reden und Abstimmungsrunden, Abflug- und Ankunftszeiten aufgelistet: der 24/7-Entscheidungsmarathon, aufgelistet im 30-Minuten-Takt. Das Smartphone machte diese Zettelwirtschaft später überflüssig. Aber der Drang, sich in der Politik über die Dichte seiner Termine zu definieren, blieb. Seitdem die Website Axios bekannt machte, dass Donald Trump, der Große Disruptor, rund 60 Prozent seiner Arbeit mit nicht näher definierter „Executive Time“ verbringt, steht die tägliche Terminhatz als Statussymbol eigener Geschäftigkeit infrage. Denn den Großteil seiner als „Executive Time“ getarnten Flucht vorm Amt verbringt Trump angeblich in seinen Privaträumen – mit TV, Twitter und Telefon. Aber hat Trump nicht das Recht, sich während der Arbeitszeit Freiräume zu erkämpfen? Ist es nicht besser, sich frei zu machen von den Zwängen der grauen Herren und Damen, die den Menschen die Zeit stehlen, sie in überflüssige Termine pressen und zur Teilnahme an unergiebigen Konferenzen verpflichten? Woher soll Reflexion kommen, woher Kreativität, wenn nicht durch einen gesunden Mix an Handlungsaktionen und selbst genutzter Freiheit? Wäre es nicht gut, ein, zwei Stunden des Tages nachzudenken, über das, was kommt, statt dies – wenn überhaupt – nur beim Zähneputzen zu tun? Was Trump macht, hat nun vermutlich eher nichts GQ. APRI L 201 9

Unser Kolumnist war Regierungssprecher von Bundeskanzler Gerhard Schröder und Mitglied der BILD-Chefredaktion. Er ist Gründer und Geschäftsführer der Beratungsagentur ABCCommunication

mit philosophischen Betrachtungen über den Sinn der Zeit zu tun, wohl aber mit einer tiefen Abneigung gegenüber dem „Deep State“-Apparat, der ihn umgibt, dem Bürokratismus Washingtons. Das Weiße Haus beschäftigt eigene „Scheduler“ – Mitarbeiter, die sich nur um den Terminkalender des Präsidenten kümmern. Ist der Amtsinhaber diszipliniert wie etwa George W. Bush (der angeblich gegen 5.15 Uhr aufstand, Sport machte, einen Kaffee mit seiner Frau Laura trank, die Zeitung las und um 6.45 Uhr im Oval Office war), dann haben sie wenig zu tun. So war es auch bei Bush senior: Seine Scheduler unterteilten den Tag in Zehn-Minuten-Segmente. Sein Arbeitstag endete gegen 18 Uhr, danach stieg er aufs Trimmrad, aß zu Abend, las das Material für den Folgetag. Gegen 21 Uhr war er im Bett. Barack Obama kam immer gegen 9 Uhr ins Oval Office und verließ es gegen 18 Uhr fürs gemeinsame Abendessen mit der Familie, um im Anschluss weiterzuarbeiten, oft bis 2 Uhr früh. Sind die US-Präsidenten aber weniger diszipliniert – wie etwa Bill Clinton –, dann haben die Scheduler viel zu tun, um den Zeitplan immer wieder neu anzupassen: Weil Clinton so häufig zu spät zu Meetings kam, ließ dessen Vizestabschef Erskine Bowles sogar eine Verhaltensstudie erstellen, um die Gründe herauszufinden (es stellte sich heraus, dass es Clintons Neigung zum Händeschütteln und ausgiebigen Small Talk war). Einmal, bei einem NATO-Gipfel in Istanbul, suchten wir zur gleichen Zeit die Waschräume auf. Dort erlebte ich, wie Clinton hart mit seinem Scheduler ins Gericht ging, der ihm für den nächsten Tag zu viele Termine aufgebürdet hatte. Clinton war so wütend, dass er mit der bloßen Faust in den Händetrockner boxte. Er beruhigte sich erst wieder, als sein Scheduler ihm sagte, wie herausragend er zuvor die anwesenden Staatschefs adressiert hatte („You were great in there, Mr. President …“). Ob Gerhard Schröder, Helmut Kohl oder Angela Merkel – auch die Tage deutscher Kanzler sind im Stunden- oder HalbstundenTakt festgelegt. Sie starten meist zwischen acht und neun und enden selten vor Mitternacht. TV gucken sie, anders als Trump, während der Arbeitszeit nur selten. Bei Gerhard Schröder habe ich den Fernseher nur ein einziges Mal laufen sehen – am 11. September 2001. 45


IT’S ALL ABOUT LOVE VON MIMI ERHARDT

Akte Ex: So spricht man über Verflossene Vor einigen Tagen traf ich meine große Teenagerliebe wieder. Marc. Durch ihn lernte ich, den Schatten der Ex zu fürchten. Denn der hing in Form eines Fotos über Marcs Bett – und der noch sehr an seiner einstigen Liebe. Das Mädchen auf dem Foto hieß Elena, eine Schönheit mit breitem Lachen, neben der ich mich wie ein Sack Schrauben fühlte. Doch war es nicht nur der optische Vergleich, der mir zusetzte. Vor allem der Gedanke, dass vor mir jemand da gewesen war, bereitete mir Bauchschmerzen. Die beiden teilten so viele gemeinsame Erinnerungen, und im Bett war sie vermutlich auch noch eine Granate. Zu meiner Verteidigung: Ich war 18 und mit der Tatsache, dass mein Freund ein Vorleben gehabt haben könnte, nicht vertraut. Wir alle müssen damit klarkommen, dass unser Partner vor uns andere Menschen geliebt hat. Und damit, dass es besagtem Partner mit uns ebenso ergeht und er Fragen an uns hat: Wer war vor ihm da? Warum ging die Beziehung in die Brüche? Empfindet man noch was für den Ex? Hier mein Guide für alle, die sich in einer solchen Situation befinden. Der richtige Zeitpunkt Warten Sie, bis die Frage nach der Ex aufkommt, bringen Sie sie niemals von allein ins Spiel. Das kann Ihrem neuen Partner den Eindruck vermitteln, Sie würden der Vergangenheit nachtrauern. Ganz anders, wenn Sie mit der alten Beziehung noch verbandelt sind. Weil Sie zum 46

Mimi Erhardt ist Sex-Bloggerin und Autorin des Buches „Erlebnispornographie“

Beispiel ein gemeinsames Kind haben. Das sollten Sie der Neuen so früh und sachlich wie möglich mitteilen. Drüber reden – Dos and Don’ts Ich erwähnte das Zauberwort bereits beiläufig: Setzen Sie in Sachen Ex auf Sachlichkeit. Infos über die Dauer der Beziehung oder den Grund der Trennung können Sie locker aus der Hüfte schießen. Tricky wird es bei diesen Fragen: wo Sie sich kennengelernt haben und wie der Sex war. Warum tricky? Weil Sie bei Ihren Antworten nicht ins Schwärmen geraten dürfen. Keine Herzchenaugen bei dem Gedanken an die laue Sommernacht 2011, als Ihnen bei einer Party dieses wunderschöne Mädchen vor die Füße stolperte und … Bleiben Sie cool. Die Frage nach dem Sex sollten Sie unbeantwortet lassen. Sagen Sie: „Baby, das ist Vergangenheit und hat nichts mit uns zu tun. Außerdem habe ich mit dir den besten Sex, den ich je hatte.“ Der zweite Satz ist wichtig, um Ihre neue Partnerin nicht unnötig grübeln zu lassen. Nicht lästern – oder? Es heißt oft, man solle in Anwesenheit der neuen Liebe nicht über die vergangene herziehen. Weil sich die aktuelle Partnerin fragen wird: „Wird er genauso schlecht über mich reden, sollte unsere Beziehung scheitern?“ Sehe ich anders. Es ist mir peng, ob mein Ex über mich lästert. Tatsächlich jedoch habe ich die Erfahrung gemacht, dass es mir hilft, wenn mein Liebster die ein oder andere Spitze gegen meine Vorgängerin fallen lässt. Nichts wirklich Beleidigendes. Aber wenn er mir ins Ohr flüstert, dass die Dame vor mir die schlimmste Beifahrerin der Welt war, er es aber liebt, mit mir in seinem Mercedes Coupé (C126, klar) mit 240 Sachen über die Bahn zu ballern, dann erfreut das nun mal mein unsicheres kleines Herz. Nicht von der Ex schwärmen Also einfach nie. Wenn die Ex noch eine gute Freundin ist In diesem Fall sollten Sie eine Zusammenführung gut planen. Briefen Sie Ihre ehemalige Partnerin, wie sie sich verhalten sollte. Schwelgen Sie nicht in Erinnerungen, vermeiden Sie alles, das Ihrer Liebsten das Gefühl gibt, ausgeschlossen zu werden. Widmen Sie Ihrer Partnerin besonders viel Aufmerksamkeit, geben Sie ihr Sicherheit. Und: Akzeptieren Sie ihre Grenzen. Sie sollen nicht auf die Freundschaft zur Ex verzichten. Aber wenn Ihrer neuen Liebe nicht wohl ist bei dem Gedanken, dass Sie sich allein treffen, zeigen Sie Verständnis und handeln Kompromisse aus. GQ. APRI L 201 9

Foto: Universal/Everett Collection/dpa, aus dem Film „Nie wieder Sex mit der Ex“; Illustration: Jan Steins

SEX & DATING



STYLE

DER FASHIONISTO

VON MARCO NIKOLAJ RECHENBERG

Warum ich (fast) nur noch Shorts trage

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Marco Nikolaj Rechenberg, Stellvertretender Chefredakteur GQ, auf der Men’s Fashion Week in Mailand

ultimative Erhebung über die Realität. Die Message an sich und alle anderen: Sommer ist, wenn ich es will. Für mich, der in Hamburg, also einer der schönsten, aber auch dauerherbstgeplagten Städte, aufgewachsen ist, ein echter Thrill. Shorts zu tragen, wenn es heiß ist, hat mich dagegen noch nie interessiert, zumindest nicht abseits eines Strands. Im Gegenteil, ich fand es immer ein wenig irritierend, Männer mit kurzen Hosen im Office zu sehen. Natürlich hat das nichts zu tun mit den body-negativen und sexistischen Gründen, die in Stilratgebern immer wieder runtergeleiert werden, um Männer von ihrem guten Recht abzuhalten, Tanktops, Sandalen oder eben Shorts zu tragen, wann und wo immer sie wollen. Was mich störte, war die implizierte Botschaft: Ich wäre gerade lieber woanders. No judgement, aber ich finde es immer ein wenig deprimierend, wenn Menschen ihre Jobs halbherzig erledigen, selbst im Hochsommer. Und das mit Shorts zum Ausdruck zu bringen ist für mich das Gegenteil

davon, dem Winter in Shorts die Stirn zu bieten: Es wirkt fatalistisch und nörgelnd. Dennoch spüre ich, wie sich auch hier Grenzen in meinem Kopf verschieben – das Beste, was in der Mode passieren kann – und ich vermutlich in diesem Sommer dennoch rund um die Uhr kurze Hosen tragen werde – genau genommen sehr kurze. Ausgelöst hat dies Miuccia Prada. Vor ein paar Saisons erklärte sie nach einer Modenschau ihr Faible für Männer in kurzen Hosen mit den Worten: „Es geht darum, nackter zu sein. Ich verabscheue Prüderie.“ Der Gedanke verfing bei mir – ich halte unterdrückte Sexualität für eine der größten Unheilsquellen der Menschheit. Zu den kurzen Hosen ihrer aktuellen Sommerkollektion (s. S. 82), die im Unterschied zu den Wintershorts nur noch gerade eben das Becken bedecken, spitzte die Visionärin ihre Aussage noch mal zu: „Shorts sind der Minirock des Mannes.“ Kann ein Gedanke mehr 2019 sein als dieser? Die nächste Mutprobe steht im Raum – mehr dazu in Kürze. GQ. APRI L 201 9

Foto: Getty Images

Ich halte Komfort für überschätzt, wenn es um Modefragen geht. Deswegen hieß es für mich „No regrets“, als ich neulich in kurzen Hosen an der Basilika Santa Maria Novella in Florenz erschien und erst beim Einlass realisierte, dass die folgende Show von Y/Project im Klostergarten stattfinden würde – also im Freien. 21 Uhr, Minusgrade im fast zweistelligen Bereich, ich wie gesagt in Shorts. Auf dem Fußweg durch die Altstadt war das kein Problem, die Beine sind die am wenigsten temperaturempfindliche Zone des Körpers. Beim Warten auf den Showbeginn sah die Sache aber schon anders aus: Die horizontale Position der Oberschenkel beim Sitzen ließ die kalte Luft tief in die Hose strömen. Ganz tief. Ein eigenartiges Gefühl. But who cares? Denn worum es in der Mode in Wirklichkeit geht, ist doch, dass man sich in einem Outfit so fühlt, als ob man auf dem Rücken einer glühenden Rakete sitzt, die einen mit Mach 20 durch den Tag schießt. So in etwa ging es mir zumindest immer, wenn ich in den letzten Monaten trotz Winterkälte in Shorts auf die Straße ging. Passanten stolperten vor Schreck, überall Blicke – fragende, erheiterte, freundliche. Millennials high-fiven, die Kameras der Mailänder Streetstyle-Fotografen klicken, Energie fließt, ohne dass nur ein Wort gesprochen wird. Und welchen Spaß die Aufmerksamkeit Fremder machen kann, muss man im Instagram-Zeitalter ja niemandem mehr erklären. It’s all about notifications, egal ob digital oder analog. Aber es gibt noch andere Gründe, warum ich mir im Herbst das erste Paar Wintershorts zulegte. Da ist die schlichte Tatsache, dass kurze Hosen jeden Mann attraktiver machen. Und das befriedigende Gefühl, die eigenen Gewohnheiten zu brechen, eine Mutprobe zu bestehen und fashion-forward zu sein. Am wichtigsten war für mich aber immer ein fast schon berauschender Gedanke, der möglicherweise auch den Will-ich-auchAusdruck in den Gesichtern vieler Passanten erklärt: Shorts im Winter zu tragen ist die




HELDEN ENTDECKER MACHER

F OTO ———— J E A N - B A P T I ST E M O N D I N O

04.2019

KARL LAGERFELD

GQ nimmt Abschied von einer wahren Fashion-Ikone – mit außergewöhnlichen Bildern und Erinnerungen 51


KARL LAGERFELD 1959 in Paris. Mit seinen 26 Jahren war der Hamburger damals bereits kĂźnstlerischer Leiter bei Jean Patou


„ALS DEUTSCHER IN PARIS

KÖNIG DER FASHION ZU WERDEN IST EINE UNVORSTELLBARE LEISTUNG“ TEXT

WOLFGANG JOOP

Fotos: Jean-Philippe Charbonnier/Rapho/Laif, Max Scheler/SZ Photo/Laif, Getty Images, Roxanne Lowit; Vorige Seite: Jean-Baptiste Mondino/Iconoclast Image

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o jemanden wie ihn wird es nicht wieder geben. Er ist wirklich eine Ausnahmeperson gewesen. Ich kann es noch immer nicht fassen, dass man das jetzt sagen muss: gewesen. Was dieser Mann geleistet hat über die Jahre, ist unbeschreiblich. Wir haben uns Mitte der 70erJahre kennengelernt. Karin, meine damalige Frau, und ich, wir gingen durch Paris. Karin trug einen Secondhand-Mantel aus Silberfuchs, den sie für wenig Geld in einem Auktionshaus in Hamburg ersteigert hatte, mit breiten Schultern, so ein 40er-Jahre-Modell. Er stoppte uns mit seiner Gang: Jacques de Bascher de Beaumarchais war dabei, seine angeblich große Liebe, und Antonio Lopez, der Mode-Illustrator. Das war wirklich eine heiße Gang. Und die haben mich gleich eingeladen, am Wochenende mit in die Bretagne zu kommen, da hatte Karl ein Schloss gemietet. Wir sind alle zusammen rausgefahren und haben ein Wochenende bei ihm verbracht. Seine Mutter lebte da noch, die lief durch den Garten. Karl war vormittags nicht zu sehen, er hörte Musik, arbeitete, erledigte seine Korrespondenz. Nachmittags sind dann alle an den Strand gegangen, er ging nicht mit, ließ sich aber von Jacques ganz genau beschreiben, wie er aussah am Strand, was er trug… Karl war damals ein sehr attraktiver Mann mit einem dunklen Vollbart, er hatte gerade eine Diät gemacht, er trug einen schmalen goldenen Gürtel und Schuhe mit Plateausohlen, um etwas größer zu wirken. Es wurde viel gegossipt. Vor allem über Yves Saint Laurent. Das kann man auch gut nachlesen in dem Buch „The Beautiful Fall“ (von Alicia Drake, Anm. d. Red.). Mit der Autorin hatte er einen jahrelangen Rechtsstreit. Nachdem sie gewonnen hatte, sagte sie: „Ich glaube, ich habe Karl Lagerfeld zu Karl Lagerfeld gebracht durch dieses Buch.“ Sehr interessant! Sie ist all den Dingen, die sich nicht reimten, auf der Spur gewesen, woher er wirklich kam, wie reich er wirklich war, seine Brüder, seine Halbbrüder, die er verschwiegen hatte. Es war seltsam! Er als Hamburger hat ja seine ganze großartige Biografie verschwiegen. Das

GQ. APRI L 201 9

tun Hamburger komischerweise oft. Sie haben ein ganz bestimmtes Bild von sich, was sehr viel mit Diskretion zu tun hat. Ich wurde sehr unwirsch aus seiner Freundschaft entlassen, bloß weil ich mal irgendetwas über ihn gesagt hatte. Es war nicht böse gemeint, ich habe ihn ja sehr, sehr bewundert. Aber er fühlte sich beleidigt. Wir haben uns danach noch oft gesehen, aber die Freundschaft war vorbei. Zu dieser Zeit habe ich sehr viel gezeichnet für die „Welt am Sonntag“, ich war Redakteur und noch kein Designer. Ich war überall in der Modebranche gern gesehen, weil ich eben kein Konkurrent war. Zu den Dingen, die Karl Lagerfeld so einzigartig gemacht haben, gehörte auch seine Fähigkeit zum Opportunismus, seine Fähigkeit, sich anzupassen – an das Haus Chanel, an den Stil einer Coco Chanel. Das war ja seine große Zeit. Der Stil, den er vorher bei Chloé hatte, war jung und modern. Karl war im Gegensatz zu den anderen Pariser Designern beeinflusst durch die Leute, die Ende der 60er, Anfang der 70er aus New York kamen: Antonio Lopez, die Models Donna Jordan und Pat Cleveland, die ganzen Leute aus Andy Warhols Factory. Lagerfeld war schnell genug, diese Einflüsse aufzunehmen. Pop-Art, Glam-Rock… Das kam alles nach Paris, und die Shows waren einmalig! Das kann man sich überhaupt nicht vorstellen, was das für eine Gesellschaft war! Heute würde man dazu sagen: queer. Da saß Anna Piaggi von der italienischen „Vogue“, die sah aus wie ein Clown, mit roten Backen und einer blauen Haarlocke übers Auge gezogen. Ein Haufen von exzentrischen Leuten war das!

Oben: 1972 mit Models in Paris. Mitte: Im März 1984 in seinem Büro bei Chanel – im Jahr davor war er als künstlerischer Leiter zum Pariser Traditionshaus gewechselt. Unten: Mit Yves Saint Laurent – beider Karrieren begannen fast gleichzeitig im Paris der frühen 50er. Sie waren enge Freunde, bis YSL eine Affäre mit Lagerfelds großer Liebe Jacques de Bascher anfing

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KARL LAGERFELD

Ich bekam immer wieder Karls Hass-Arie gegen Yves Saint Laurent mit, der seine Gegen-Gang hatte, mit Loulou de la Falaise, Catherine Deneuve und so weiter. Er war eben der Prinz von Paris. Während Karl, und so ist eben Frankreich, doch im Endeffekt „der Deutsche“ blieb. Und dieses konfliktuöse Verhalten zwischen Frankreich und Deutschland, das kennen wir ja alle. Aber als Deutscher in Paris wirklich der König der Fashion zu werden, das ist eine Leistung – ich kann mir nicht mal vorstellen, wie das geht. Ich habe selbst bei Balmain vorgesprochen, mehrmals, man wollte mich da haben, ich bin immer wieder hingegangen, um zu verhandeln, und immer wenn ich kam und die Türen aufriss und „Bonjour“ brüllte, sah ich irgendwelche Madames an irgendetwas arbeiten, denen klebte immer eine Zigarette auf der Unterlippe – ich rede jetzt von Ende der 80er-, Anfang der 90er-Jahre –, und soweit ich das erkennen konnte, waren sie seit meinem letzten Besuch kein bisschen vorangekommen. Aber Herr Lagerfeld hat den Leuten Beine gemacht, das kann man wirklich so sagen. Er hat von jedem genau die überdurchschnittlichen Leistungen verlangt, die er auch sich selbst abverlangt hat. Sein Output war ja unglaublich! Die vielen Kollektionen, die alle im Detail und auch in der Show durchorganisiert waren, wie man es selten erlebt … Das war ja Feldherren-Stil! Auch sein privates Leben: Alles schien massiv durchorganisiert, und da sage ich jetzt 54

Oben: 1971 im Pariser „Café de Flore“ mit Patti D’Arbanville, Donna Jordan, Jay Johnson und Sergio Arena (von links). Unten: Am selben Abend vor dem „Café de Flore“ mit Antonio Lopez und Patti D’Arbanville. Rechts: 1976 in New York City

etwas, das mir Herr Lagerfeld sofort um die Ohren gehauen hätte, denn er hasste nichts mehr, als wenn man versuchte, ihn zu analysieren, ihn zu verstehen. Er bestand darauf, sein Leben selbst zu erzählen, er erlaubte praktisch niemandem, ihn zu beschreiben. Inès de la Fressange, die ja am Anfang sein großes role model war für Chanel, wurde unsanft entlassen, nachdem sie – während er gerade nicht in Frankreich war – ein Interview gab, in dem sie darüber sprach, wie das Arbeiten mit Karl Lagerfeld ist: „Ach, er braucht immer seinen Käseteller und seinen Früchteteller. Er muss sehr viel essen, wenn er so viel Stress hat.“ Dann kam er zurück und sagte zu ihr: „Ach, die kleine Psychologin?! Das waren wohl die letzten Worte, die du gesagt hast! Tschüss!“ Als Karl Lagerfeld Claudia Schiffer mal als „alt und hässlich“ bezeichnete, wollte keiner mehr mit ihr arbeiten. So ist unsere Fashionwelt. Der eine hat das Sagen, und die anderen machen alle mit. Trotz allem habe ich immer gesagt, wenn diese Welt Karl Lagerfeld verlieren sollte, dann wird sie mir noch fremder. Es ist alles so virtuell geworden, die Designer sind nur noch Art-Direktoren. Die Zeiten, in denen Fashion wirklich ein Abenteuerland war, sind endgültig vorbei.

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Fotos: Courtesy of the Estate of Antonio Lopez & Juan Ramos (11), rechts: aus der Serie „Men in Showers“ erschienen im Bildband „Instamatics“ von Antonio Lopez, Twin Palms Publishers 2011


KARL & ICH GQ Style Editor Clark Parkin war ein aufstrebender Jung-Designer, als er den Modezaren kennenlernte. Eine ganz persönliche Erinnerung

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ie für jeden Deutschen, der jemals von einer Karriere als Modeschöpfer träumte, war Karl Lagerfeld auch für mich ein herausragendes Vorbild. Schon früh wusste ich, dass ich unbedingt in der Mode arbeiten wollte. Ab meinem elften Lebensjahr kaufte ich mir von meinem Taschengeld die „Vogue“ – und sog jedes Bild und jeden Buchstaben, inklusive des Herstellerverzeichnisses, in mich auf. Während dieses frühen Studiums lernte ich bereits viel Nützliches über Karl: über sein Memphis-Apartment in Monaco, in dem dieses schräge Boxring-Bett stand. Über die Châteaus, die er sich einrichtete. Aber auch über seine große Zeit bei Chloé. Die Klempner-Kollektion von 1983 etwa – mit strassbesetzten Schraubenschlüsseln als Broschen, Duschschläuchen auf Kleidern und Wasserhahn-Ohrringen, aus denen die Kristalle tröpfelten – war eine seiner ironischen Design-Großtaten, für die ihm die Modewelt zu Füßen lag. Ich hatte mir früh in den Kopf gesetzt, ein Praktikum bei ihm zu machen. Als ich vielleicht 15 war, schrieb ich ihm meinen ersten Bewerbungsbrief. Eine Nachbarin von mir – eine ehemalige Chefredakteurin der „Constanze“ und später der „Brigitte“ – kannte Lagerfelds enge Freundin, die TV-Moderatorin Marie-Louise Steinbauer, sehr gut. Sie ließ ihre Verbindungen spielen, und ich durfte mich in meinem Schreiben an Karl auf ihre Empfehlung berufen. Meine Nachbarin half mir sogar, den Brief aufzusetzen, den ich mit meiner noch sehr kindlich-krakeligen Handschrift schrieb. Ich erinnere mich, wie sie betonte, ich solle schreiben, dass ich bereit sei, alles für ihn zu tun, und wie ich rot anlief, weil ich dabei das Gefühl hatte, das „alles“ könnte auch sexuell gemeint gewesen sein. Ich habe nie eine Antwort auf diesen Brief bekommen. Meine Versuche, in seinem Pariser Büro anzurufen, brachten mich zwar schon beim Drehen der Wählscheibe dem frühen Herztod nahe, leider aber keinen Schritt weiter. Während der letzten zwei Jahre auf einer Fachoberschule für Gestaltung (mit dem Fachbereich Bekleidung) begann ich dann, an den Wochenenden mit dem Fernbus nach Paris zu fahren. 36 Stunden Paris, für 60 Mark. Ich verbrachte meine Samstage auf den Café-Terrassen in Saint-Germain und Les Halles, im „Au Père Tranquille“ oder im von Philippe Starck designten „Café Costes“. Ein Freund, bei dem ich übernachten konnte, wohnte in der gleichen Straße wie Karl Lagerfeld, der Rue de l’Université, nur wenige Hausnummern entfernt. Oft stand ich vor dem Tor des Stadtpalais der Familie Pozzo di Borgo, von dem Lagerfeld den linken Flügel gemietet hatte. Mein Freund führte mich damals auch in die Pariser Gesellschaft ein: Man saß samstags beim Lunch mit Schriftstellern und Regisseuren im „La Coupole“ in Montparnasse, abends ging man zum Dinner ins „Privilège“, dem Restaurant des legendären Nachtclubs „Le Palace“, später noch ins „Le Sept“. Mit 18 Jahren schaffte ich schließlich die Aufnahmeprüfung an der damals sehr angese-

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henen Modeschule Studio Berçot und zog ganz nach Paris. Meine Professorin Marie Rucki schloss mich in ihr Herz, ich wurde ihr „chouchou“, ihr Lieblingsschüler. Weil sie meine Entwürfe herausragend fand, durfte ich meine erste kleine Kollektion schon nach dem ersten Jahr zeigen – zusammen mit der Vorjahresklasse auf der großen Modenschau der Schule im Palais de Tokyo. Marie war mit Karl gut bekannt, und dass er die Schau besuchte, war Tradition. Schließlich war er immer auf der Suche nach Talenten. Meine Kollektion wurde zum Finale der Show gezeigt; meine Muse, das Gaultier-Model Marthe Lagache, lief exklusiv für mich, ich modelte selbst auch mit. Nach der Schau kam Karl Lagerfeld mit meiner Professorin backstage. Ich wurde ihm vorgestellt, natürlich war es lustig, dass wir beide Hamburger Jungs waren, aber dann sagte er diesen Satz, der sich mir tief ins Gedächtnis bohrte: „Ça fait très Zandra Rhodes.“ Eine Hinrichtung! Ich kannte die in Vergessenheit geratene britische Designerin Zandra Rhodes zwar nicht mal, aber das war egal. Die Worte „Ça fait très…“ waren in Paris seit jeher die Einleitung für einen sehr bösen, aber meist treffenden Vergleich. „Ça fait très supermarché de Düsseldorf“ war etwa das Todesurteil meiner Professorin, wenn ihr ein Entwurf zu sehr nach Sekretärin in Escada aussah. Mit Karl Lagerfelds Urteil über meine Arbeit schloss ich zwar meinen Frieden, aber mit einer Anstellung bei Karl wurde es so natürlich nichts mehr. Später war ich auch eher „Team Saint Laurent“ als „Team Karl“ und arbeitete für Loulou de la Falaise an Saint Laurents Schmuck-Kollektionen für die Haute Couture. Schließlich lernte ich Karl dann noch einmal kennen: als meinen Kunden. Ich arbeitete bei einer Designergruppe, die sich um die Möbelgalerie „En Attendant les Barbares“ formiert hatte. Zu den bekannteren Vertretern gehörten Bonetti und Garouste, die die Salons für Christian Lacroix entworfen hatten. Karl kam regelmäßig zu unseren Eröffnungen, aber immer schon einige Stunden vorher. Er kaufte dann alles, was ihm gefiel, während draußen sein Chauffeur im Rolls-Royce wartete. Karl war einer unserer besten Kunden, schließlich hatte er zu der Zeit sieben Wohnsitze, die er einrichten musste. Davon profitierte auch sein damaliger Lieblingsdesigner Yohji Yamamoto, der eine Boutique auf der anderen Straßenseite hatte. Von den Verkäufern dort erfuhr ich, dass Karl von jedem Kleidungsstück stets sieben Exemplare kaufte, damit er in jedem Haus die gleiche Garderobe vorfand. Ich fand diese Vorstellung immer faszinierend. Karl war ein so guter Kunde, dass wir uns mit einem Geschenk bedanken wollten. Von Patrick Rétif, einem Designer der Galerie und Schmuckdesigner, der auch mal für Karl gearbeitet hatte, hatte er fast die ganze Kollektion aus Lampen, Möbeln und Kerzenleuchtern gekauft. Ein Lampenpaar aus schwarzem Metall war wie ein Scherenschnitt aus den Silhouetten von Marie-Antoinette und Ludwig XVI. gefertigt. Für Karl stellten wir eine exklusive Lampe her – in Form seiner eigenen markanten Zopf-Silhouette. Er freute sich sehr über dieses Geschenk. Vielleicht war das ja der Anfang seiner sehr erfolgreichen Verwandlung vom Designer zur Popkultur-Ikone mit unendlichem Merchandising-Appeal. In meiner späteren Laufbahn als Journalist hätte ich durchaus ein paarmal Gelegenheit gehabt, ihn zu interviewen, aber abgesehen von kurzen Begegnungen nach Chanel-Modenschauen, wenn man schnell ein druckbares Quote brauchte, kam es dann doch nie dazu. Worüber würde ich mit ihm reden? Ich fand, uns verband einfach zu viel gemeinsame Geschichte.

Foto: Patrick Swirc/Modds

KARL LAGERFELD


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FACES

TROYE SIVAN Hoffnungsträger nicht nur der LGBTQ-Community: Der 23-Jährige ist vielleicht der modernste Popstar unserer Zeit

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Anzug, Hemd und Krawatte Paul Smith

Foto: Mat+Kat

Früher war ja auch vieles nicht besser. Da wurden Imageberater angeheuert, um geheim zu halten, dass ein Teenieschwarm schwul ist. Dann kam Troye Sivan. In Australien mit zwei Filmen und der Castingshow „Star Search“ ein bisschen bekannt geworden, outete er sich auf seinem Vlog vor fünf Jahren. Dann erschien sein Debütalbum. Und machte ihn zum Star: bei jungen Mädchen. Bei Fans guter Musik. Und bei der ganzen LGBTQCommunity, der man auf seinen Konzerten beim Durchdrehen zusehen kann (zum Beispiel am 13.3. in München, 14.3. in Berlin und 16.3. in Köln). Außerdem ist er derzeit neben Nicole Kidman und Lucas Hedges in „Der verlorene Sohn“ im Kino zu sehen – der Film erzählt die Geschichte eines schwulen Jugendlichen, der in eine Konversionstherapie gesteckt wird. Schon bei der Wahl von Trump (und Schwulenhasser Mike Pence) twitterte Sivan: „LGBTQ+-Menschen sind so weit gekommen. Wir müssen um unser Überleben kämpfen. Wir sind stark, und wir werden stark sein.“ Ein schöner Mensch mit einem schönen Gehirn.

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FACES

Anzug und Hemd The Row

Foto: Jason Nocito; Styling: Matthew Henson; Haare: Thom Priano for R+Co Haircare; Grooming: Kumi Craig using Dr. Barbara Sturm; Set-Design: Andrea Huelse/Art Dept.; Produktion: Donna Belej/Allswell Productions

Boots Dries Van Noten privat

Berühmt wurde er mit Nebenrollen („The Wolf of Wall Street“, „Moneyball“) – und zweimal war er für einen Oscar nominiert. Sein RegieDebüt ist nun eine melancholische Erinnerung an die 90er

JONAH HILL GQ. APRI L 201 9

Als Schauspieler wurde Hill für seine besondere Fähigkeit bekannt, Typen zu spielen, die aggressiv und laut waren, um ihren Schmerz zu tarnen. So fühlte und handelte er oft auch im wirklichen Leben. „Ich denke, er war schon immer verletzlich“, sagt seine Kollegin Emma Stone, die Hill seit ihrem gemeinsamen Durchbruch in der Komödie „Superbad“ (2007) kennt. „Und er war schon immer unglaublich sensibel.“ Die Produktion seines autobiografisch inspirierten ersten eigenen Films habe etwas tief in ihm verändert, sagt Hill. Es habe ihn glücklich gemacht. Jedenfalls glücklicher. Skating, Rap-Musik, Indie-Filme, Los Angeles: „Mid90s“ (ab 7. März im Kino) ist der beste Spielfilm über eine Skateboarderjugend seit „Kids“ von 1995. Jonah Hill nimmt den beeindruckenden Nihilismus des Larry-Clark-Films und stellt ihn auf den Kopf: „Mid90s“ ist zwar auch hart in der Art und Weise, wie seine Protagonisten – meist untrainierte Schauspieler, aus denen Hill zurückgenommene, aber bewegende Performances herausholte – miteinander sprechen, wie es Skater in den 90er-Jahren nun mal taten. Vor allem aber ist der Film auf der Suche nach Transzendenz: Genau so sieht das Licht am Ende eines Tages in Los Angeles aus. Genau so fühlt es sich an, einen Freund zu finden. Genau so fühlt es sich an, wenn dich jemand wirklich kennt. —Zach Baron 67


Herausragende Köpfe ihrer Generation: Volker Bruch, Clemens Schick, Trystan Pütter und David Schütter

Rechte Seite (von links) Christiane Paul, Star der neuen Serie „8 Tage“, mit GQRedakteur Ulf Pape am Blackjack-Tisch. Ken Duken (spielt u. a. in der US-Serie „Counterpart“) mit Ehefrau Marisa Leonie Bach. VirtualReality-Regisseurin Adina Popescu

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DA S NEU E

BERLIN Die geheimen Partys, die Power–Networks, die Millionen–Deals

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ULF PAPE

FOTOS

LOTTERMANN AND FUENTES

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… hier in Berlin trifft das Geld auf eine Generation von SCHAUSPIELERN, die nur so strotzt vor Talent

Diese Seite Wenn das neue Berlin eine Hymne hätte, müsste Lary sie singen – hier küsst sie David Schütter Linke Seite (im Uhrzeigersinn) August Wittgenstein brillierte zuletzt in der Sky-Serie „Das Boot“, Kida Khodr Ramadan hat sich als Star in „4 Blocks“ bereits ein Denkmal gesetzt. Rick Okon, ebenfalls „Das Boot“, und Antje Traue, die ab 9.5. im PolitThriller „Das Ende der Wahrheit“ zu sehen ist

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DAS NEUE BERLIN Ein echter Star, aber mit street cred: Palina Rojinski. Bald ist sie in einer neuen MTVShow zu sehen

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Es ist sehr spät. In der ersten Nacht der Berlinale. Palina Rojinski sieht besser aus als viele andere, die sich gerade um drei Uhr morgens noch einen einschenken lassen, auf Einladung der Constantin-Filmproduktionsfirma im „Borchardt“. Rojinski sieht sogar besser aus als auf den riesigen Plakaten, die draußen, direkt nebenan, von ihr hängen, in den Fenstern der H&MFiliale gleich neben dem „Borchardt“, Französische Straße, Ecke Friedrichstraße. Sie strahlt, sie tanzt, sie lacht, macht Fotos und lässt sich mit Freunden fotografieren. Sie sitzt an einem Tisch mit den Schauspielkollegen Birgit Minichmayr und Ludwig Trepte. Immer wieder gesellt sich aus dem inzwischen komplett verrauchten „Borchardt“ jemand an die Insel, die ihr Tisch ist. Was Palina Rojinski gerade macht, ist das, wovon man glaubte, es sei in Zeiten von Breakfast-Meetings, Power-Lunches und permanenter Performance-Abfrage längst in Verruf geraten. Sie feiert. Tatsächlich gibt es in Berlin gerade viele Gründe zu feiern. Es ist ein besonderer Zeitpunkt für Schauspieler und Filmemacher. Die großen Streaming-Anbieter Netflix, Sky und Amazon pumpen für ihre Serien-Produktionen Millionen frischer Dollars und Euros Richtung Deutschland – und hier, in Berlin, trifft das Geld auf eine Generation von Schauspielerinnen und Schauspielern, die nur so

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strotzt vor Talent. Hollywood fühlt sich plötzlich an wie ein fernes Dorf. Serie und Kino sind so global wie nie. In diesem neuen Netzwerk ist Berlin ein Knotenpunkt. Goldgräberstimmung. Junge Menschen, die sich auf Instagram ebenso selbstbewusst inszenieren wie auf den roten Teppichen, die ihnen in Berlin ausgerollt werden. Sie zeigen sich in bestechender Mode, in immer neuen CliquenKonstellationen, vor allem aber in exzellenten Darbietungen, egal ob Kinoleinwand, Theaterbühne, TV oder Streaming-Portal. Volker Bruch zum Beispiel. Er ist der Star der teuersten Serie, die jemals in Deutschland gedreht wurde: „Babylon Berlin“. Die epileptischen Anfälle in seiner Rolle als Kommissar Gereon Rath in dem am Abgrund feiernden Berlin der 20er-Jahre sind schon jetzt ein kleines Stück Fernsehgeschichte. Die ersten beiden Staffeln waren ein Hit. Pay-TV-Sender Sky ließ sich die Serie gemeinsam mit der ARD rund 40 Millionen Euro kosten. Ein besonderer Vorteil für die Schauspieler: Sie erreichen mit derlei Serien weltweit Zuschauer. In rund 100 Länder konnte Sky die Rechte verkaufen. Gerade wird die dritte Staffel gedreht. „Deswegen gehe ich auch auf keine der Partys“, sagt der 39-jährige Bruch. „Außer Mittwoch!“, fügt er lächelnd hinzu. Da wird er nämlich gemeinsam mit seinem besten Freund, Trystan Pütter, ebenfalls Schauspieler, selbst Gastgeber der begehrtesten Party des Filmfestivals sein: der Off-Berlinale. Für den Tag danach hat er sich einen

Diese Seite (im Uhrzeigersinn) Lea van Acken, der vor fünf Jahren schon mit ihrem ersten Film „Kreuzweg“ der Durchbruch gelang, Langston Uibel („Dogs of Berlin“) und Emilia Schüle (nächster Kinofilm: „Traumfabrik“). Sonja Gerhardt aus „Ku’damm“, Fahri Yardım („jerks.“) mit Ronald Zehrfeld (Hauptrolle in „Das Ende der Wahrheit“, ab 9.5.)

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DAS NEUE BERLIN Sperrtag eintragen lassen. Drehfrei. „Am Tag nach unserer Party kann in Deutschland niemand einen Film drehen.“ Auch seinen Kumpel Pütter hat der Serien-Boom mitgerissen. In der dritten Staffel von „Babylon Berlin“ spielt er zusammen mit Bruch, nachdem er zuletzt in der Serie „Parfum“ eine Hauptrolle übernahm. Heute allerdings erzählt er von einer Serie der anderen Art: der Off. Seit der Schauspielschule in Wien sind er und Bruch befreundet, gaben vor zehn Jahren zum ersten Mal eine Party, die sich zu einem Fixpunkt der Branche entwickelte, einen Abend, an dem jenseits von Kameras und Casting-Quatsch gefeiert wird – oder wie eine deutsche Schauspielerin es nennt: „Ein Fest jenseits aller Vernunft.“ Von 1 000 Gästen haben die beiden das Partykonzept auf 200 runtergefahren. Kommen darf nur, wer vorher von Pütter und Bruch ein kleines Kärtchen in die Hand gedrückt bekommen hat. Darauf steht mit Tinte geschrieben: „Nur für Dich“, dazu eine Telefonnummer. Erst in ein paar Tagen erreichen die geladenen Gäste unter dieser Nummer einen Anrufbeantworter, der den geheimen Ort der Veranstaltung preisgeben wird. Besprochen haben den Anrufbeantworter in vergangenen Jahren Persönlichkeiten wie Udo Lindenberg, Nachtlebenlegende Rolf Eden oder Rapper Haftbefehl. In diesem Jahr wird es Rhys Ifans sein, der vom Tonband aus alle warnt, die ohne Karte kommen wollen: „Don’t even try!“ Unschwer zu erkennen, dass sich die Spielfreude von Bruch und Pütter hier als breit grinsende Karikatur den üblichen Berlinale-Partys gegenüberstellt. Unzählige Partys, Galas, Preisverleihungen und Empfänge säumen die zehn Tage, in denen über 20 000 Filmschaffende aus der ganzen Welt in Berlin zwischen Kinosälen, in den Restaurants „Borchardt“ und „Grill Royal“, im Soho House unweit des Alexanderplatzes nach Talent suchen und in vertrauten Gesprächen in Hotelsuiten Filmprojekte besiegeln. Freitagnachmittag, zweiter Festivaltag, Palina Rojinski erklärt schnell, wie sie sich durch das Dickicht der Termine kämpft: „Man schiebt die Termine zusammen wie bei ‚Tetris‘. Es muss passen.“ Gleich müsse sie weiter zu einer Redaktionskonferenz, die Sendung „Yo! MTV Raps“ wird mit ihr und MC Bogy neu aufgesetzt. Jetzt gerade amüsiert sie sich aber noch bei ihrer Freundin Anika Decker, Regisseurin und Drehbuchautorin. Unter dem Motto „Detox & Champagne“ lädt Decker zum vierten Mal gemeinsam mit Mode-Designerin Lili Radu ab 13 Uhr ins Obergeschoss des „Borchardt“. Während Decker erzählt, dass das eigentlich als Kaffeekränzchen angesetzt war, laufen bei ihr die größten deutschen Schauspielerinnen auf: Iris Berben, Katja Riemann und Alexandra Maria Lara. Kellner flitzen mit Champagnerflaschen durch das AltbauLoft, auch die jüngere Generation Schauspieler freut sich, je nach Herangehensweise an die Berlinale hier die Wahl zu haben zwischen Smoothie und Champagner: Sonja Gerhardt, Maria Ehrich, beide bekannt aus der „Ku’damm“-Reihe, Jannik Schümann, August Wittgenstein und Sabin Tambrea. Auf einem anderen Empfang ist eine Fertigkeit zu beobachten, die Agenten mitbringen müssen: wie ein Blitz durch die Trauben der Feiernden zu schießen, um ihren Klienten zuzuflüstern, mit wem sie gleich sprechen können. Ein Agent verrät: „Für Schauspielerinnen und Schauspieler ist die Berlinale ein permanentes Bewerbungs74

gespräch.“ Jeden Tag befeuern Pressemitteilungen den heiß laufenden Festivalmotor, wer mit wem drehen wird. Andere zeigen, was sie gedreht haben, im Wettbewerb der Berlinale: Jonas Dassler. Sein Gesicht prangt schwer deformiert von zahlreichen Litfaßsäulen und Plakatwänden rund um den Potsdamer Platz, wo die Berlinale ihr Herz hat. Schwer deformiert, weil er den Serienmörder Fritz Honka in „Der Goldene Handschuh“ spielt. Als er letztes Jahr in München den bayerischen Nachwuchspreis als bester Darsteller gewann, saß Regisseur Fatih Akin als Preisträger in der ersten Reihe. Er hatte sich gerade zuvor in Los Angeles einen Golden Globe für seinen Film „Aus dem Nichts“ mit Diane Kruger abgeholt. Als er Dassler sah, wollte er ihn für „Der Goldene Handschuh“ gewinnen. Ein Jahr später ist der Andrang der internationalen Presse so groß, dass die 900 Plätze der beiden Kinosäle im Cinemaxx am Potsdamer Platz wenige Stunden vor der offiziellen Premiere im Palast nicht ausreichen, wegen Überfüllung geschlossen. Zwischen Pressevorführung und Premiere gibt es tosenden Applaus im „Hyatt“-Hotel, als Jonas Dassler mit der Filmcrew die Pressekonferenz betritt. Gerade erst am Abend zuvor stand Dassler am Gorki Theater in der Premiere einer Inszenierung von Kafkas „Ein Bericht für eine Akademie“. Auch das ein großer Erfolg. Mitten in der Pressekonferenz unterbricht Akin, um Dassler zu verabschieden. „Ein echter Schauspieler!“, ruft Akin nach Dasslers vorzeitigem Abgang: „Der präsentiert seinen eigenen Film auf der Berlinale, fährt dann ans Theater zu seiner eigenen Vorstellung und steht nachher wieder auf dem roten Teppich.“ Was für ein Moment für einen gerade mal 23 Jahre alten Schauspieler. Der Film bleibt die kommenden Tage Mittelpunkt vieler Diskussionen. Überhaupt, die Filme. 400 sind es, die nicht nur gegeneinander, sondern auch gegen die Vielzahl der Feste antreten. Eher unfein, wer an einer der Abendveranstaltungen zugeben muss, gar keinen davon gesehen zu haben. Nachwuchsstar Emilia Schüle empfiehlt schon am Ende des ersten Festivaltags einen der deutschen Wettbewerbsbeiträge, „Systemsprenger“, während sie sich mit ihren Freunden und Kollegen Langston Uibel und Lea van Acken auf der Party der Babelsberg-Studios amüsiert. Gut getippt, acht Tage später gewinnt „Systemsprenger“ einen der Preise. In der Aufregung dieser Tage und Nächte macht kaum jemand einen so ausgeruhten Eindruck wie Clemens Schick. „Ich treffe eigentlich nur Freunde während der Berlinale“, sagt der Schauspieler. Ein zögerliches Lächeln umspielt seinen Mund – wahrscheinlich, weil er weiß, dass sich in diesen Tagen etliche Partyveranstalter darum reißen, ihn auf ihrem roten Teppich präsentieren zu dürfen. Zum GQ-Fotoshooting erscheint er statt im Smoking im weißen Shirt, das in Jeans steckt. Freunde treffen eben. „Meinen Freund Wagner Moura zum Beispiel.“ Der als

Im Uhrzeigersinn Aleksandar Jovanovic („You Are Wanted“) mit Trystan Pütter („Ku’damm“, demnächst „Babylon Berlin“). TürsteherLegende Frank Künster, der in „Babylon Berlin“ zeigte, dass er vor die Kamera gehört, mit Designerin Monya Wasilewski. Popstar Lary. Max von der Groeben („Fack ju Göhte“), der gut mit Clemens Schick befreundet ist – im Mai sind die beiden zusammen im Kinofilm „Kidnapping Stella“ zu sehen

GOLDGRÄBERSTIMMUNG! So muss sich die Zeit angefühlt haben, als das Privat− fernsehen in den Achtzigern aufkam GQ. APRI L 201 9


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Schauspieler Marc Hosemann hatte zwischen den vielen Partys dieser Tage eine verhängnisvolle Begegnung mit einem mexikanischen Messerwerfer

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Mein Gott, von dem BUDGET FÜR DIESEN ABEND hätte ich einen halben Film durchproduziert! Diese Seite (im Uhrzeigersinn) Nach der Party ist vor der Party: Inga Busch und Stefan Konarske vor der „Paris Bar“. Die Sky-Serie „Das Boot“ geht mit einer 2. Staffel weiter – Konarske ist wieder dabei. Thomas Loibl („Toni Erdmann“) und Claudia Michelsen (aus der AmazonSerie „Beat“) auf dem Empfang des Studio Babelsberg. Marleen Lohse und Erik Schmitt im „RitzCarlton“ – Schmitt stellte während der Berlinale sein Regiedebüt „Cleo“ vor

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Pablo Escobar in „Narcos“ berühmt gewordene Brasilianer zeigt in diesen Tagen mit „Marighella“ sein Debüt als Regisseur im Berlinale-Wettbewerb. Früher Sonntagabend, Johannes Kunkel hechtet ins Soho House, gemeinsam mit Freundin Veronica Priefer, Drehbuchautorin, beide sehr gut gelaunt. Der 33-jährige Filmproduzent darf in dieser Woche verkünden, dass die UFA erstmals einen Film für Netflix produziert, eine Komödie über Berliner Hochstapler, in den Hauptrollen – allesamt Namen, die sich viele gern in ihre Pressemitteilung schreiben würden – Frederick Lau, David Kross und Janina Uhse. Kunkel ist Produzent bei der UFA. „Goldgräberstimmung!“, sagt auch er. „Ein bisschen so muss sich die Zeit angefühlt haben, als das Privatfernsehen in den Achtzigern aufkam.“ Fachkräfte wie Kameramänner, Requisiteure, Toningenieure werden gerade zur Mangelware, so viel ist in Deutschland zu drehen. Priefer wiederum zählt zum Autorenteam für eine neue Serie, Arbeitstitel „Legal Affairs“, für die ARD gemeinsam erarbeitet mit dem allseits gefürchteten Medienanwalt Christian Schertz. Kunkel und Priefer müssen beide schnell weiter. Drinnen lädt

die Producers Guild of America zum Dinner. Viele Gespräche. Vielleicht neue Kooperationen. Die größte Party entlang der Filmfestivalwoche schmeißt das Medienboard Berlin-Brandenburg, die Filmförderung, deren Geschäftsführerin Kirsten Niehuus zum Auftakt der Berlinale bekanntgab, im Vorjahr eine Rekordsumme von 31,6 Millionen Euro verfördert zu haben, umgerechnet 5 300 Drehtage. Auch das ein Rekord. Dementsprechend ausgelassen feiern die 2 500 Gäste im „RitzCarlton“ am Potsdamer Platz. Schauspielerin Christiane Paul, Star der neuen Sky-Serie „8 Tage“ lässt sich am Blackjack-Tisch die Regeln erklären, gewinnt prompt. Auch unter den Gästen: Türsteher-Legende Frank Künster, der eine angsteinflößende, kleine Rolle in „Babylon Berlin“ spielt und ab 11. April in einer Kino-Dokumentation von David Dietl porträtiert wird, bei dem noch viel zu oft dazugesagt wird, dass er der Sohn des 2015 verstorbenen Helmut Dietl ist – als könnten seine eigenen Filme nicht längst für sich stehen. Künster, der in den frühen Morgenstunden desselben Tages nach der Party des Studios Babelsberg noch mit 77


DAS NEUE BERLIN einer Schar von Feierfähigen in einem der Lofts im Soho House verschwand, genießt die Tage sehr: „Wo sonst kommen so viele motivierte Menschen zusammen, die auch noch so viel können?“ Auf die Frage, ob es irgendeine Bar in Mitte gibt, die den Platz des „King Size“ einnehmen konnte, vor dessen Tür Künster für die richtige Mischung auf der anderen Seite der Tür sorgte, bellt er einem ein lautes „Nä!“ entgegen. „Nä, gibt’s nicht.“ Früher seien Stars während der Berlinale im „King Size“ versackt, heute lassen sie sich in Privatlimousinen von der einen offiziellen Veranstaltung zur nächsten shutteln. Darüber klagen übrigens auch die Taxifahrer. Exzesse gibt es trotz aller Partydisziplin immer noch. „Aber das kann man ja nicht erzählen“, sagt Schauspieler Marc Hosemann, der an einem der Abende entspannt mit Freunden im „Grill Royal“ sitzt. Er erinnert sich an eine Szene auf der Party, die Daniel Brühl zur Berlinale in seinem Tapas-Restaurant in Kreuzberg gibt. „Da war ein mexikanischer Messerwerfer, der mich abstechen wollte. Der dachte, ich hätte seine Frau angemacht.“ Er habe sogar Sporen an seinen Stiefeln gehabt. Nicht nur Brühl, Pütter und Bruch geben eigene Partys, rund 1 000 Gäste folgen auch der Einladung der von Matthias Schweighöfer mitgegründeten Filmproduktionsfirma Pantaleon Films in die Location Alte Münze. Schweighöfer zeigt sich an diesem Abend erstmals offiziell mit seiner neuen Freundin Ruby O. Fee. Im Treppenhaus staut sich das Publikum so sehr, dass auch er irgendwann kurz darin festsitzt. Im Obergeschoss gibt es Pommes mit schwarzem Trüffel. Im Untergeschoss Bass vor rauem Beton. Drinks gibt es überall. Niemand scheint hier noch der Realität anzugehören, in der dies tatsächlich keine Samstag-, sondern eine Montagnacht ist. Auf der Tanzfläche dreht jemand einen Joint, zieht zweimal daran und bietet ihn dann brennend im Kreis anderen Tanzenden an. Niemand nimmt das Angebot an. Ein bisschen Arbeit ist das Feiern dann doch noch. Wie kommen all die wichtigen Kontakte und Termine zustande, wenn Exzess und Arbeit so nah beisammenliegen? Wenn jedes Gespräch von lauten DJ-Sets übertönt wird? Wenn die zwischen Potsdamer Platz und Friedrichstadtpalast hin- und herrasenden Limousinen Berlin zur Weltstadt machen? Wenn der Small Talk einfach nicht zum Real Deal werden will? Schauspielerin Dorka Gryllus erklärt: „Nach dem Groben der Empfänge der ersten vier Tage, folgt das Feine: Gespräche mit Produzenten, Regisseuren und Autoren in den restlichen sechs Tagen. Für mich haben sich vielversprechende Termine ergeben.“ Im „Borchardt“ lässt sich das an jedem beliebigen Abend an zahlreichen Tischen beobachten. An einem davon sitzt Adi Hasak aus Los Angeles, Drehbuchautor und Produzent, alteingesessenes Hollywood-Arbeitstier, er schrieb schon Drehbücher für John Travolta, Kevin Costner und Luc Besson. An seinem Tisch sitzen Anwälte, Lizenzhändler, Schauspieler. Er zückt sein Smartphone, im Kalender stehen Termine im 30-Minuten-Takt. Er sucht Partner für neue Serien-Projekte, sucht deutsche Stoffe für Hollywood-Neuverfilmungen und schlägt eigene Ideen für den deutschen Markt vor. Im US-Fernsehen läuft gerade die Serie „Shades of Blue“, die er für Jennifer Lopez schrieb. Sein Ratschlag für Schauspieler? „Don’t do the red carpet“, ruft er in das Stimmengewirr. „Don’t do the networking! Wenn deine Arbeit herausragend ist, wird 78

das Netzwerk dich von allein finden.“ Genau das trifft auf die Karriere der Schauspielerin Vicky Krieps zu, die zurzeit in einer Hauptrolle in der Serie „Das Boot“ zu sehen ist, 2018 vor allem aber unter der Regie von Paul Thomas Anderson und an der Seite von Über-Schauspieler Daniel Day-Lewis in „Der seidene Faden“ glänzte, in einem Umfeld, in dem es Oscar-Nominierungen nur so regnet. Eine Traumrolle. Insgesamt bringt Anderson es mit seinen Filmen auf 22 Oscar-Nominierungen. Krieps sagt: „Ich nehme nichts an diesen Partys während der Berlinale ernst. Anderson hat mich nicht auf irgendeinem roten Teppich entdeckt, sondern in einem kleinen, deutschen ArthouseFilm, in dem ich gut gespielt habe.“ Die Off-Berlinale scheint die einzige Party zu sein, die Krieps dann doch ernst nimmt, so fantastisch funkelt sie in ihrem roten Glitzeranzug. Im Minutentakt spuckt der Fahrstuhl im obersten Stock eines Hochhauses in Westberlin Filmstars aus, die gerade von dem Dinner kommen, zu dem Bruch und Pütter ihre Gäste empfingen. Jetzt, in einem Luxusapartment, steht hinterm DJ-Pult Heike Makatsch, später legt Pütter auf, die Smokingschleife um seinen Hals so gelöst wie das Publikum. Auf der Tanzfläche liegen sich Feiernde in den Armen. Viele von ihnen werden in den kommenden Jahren große Rollen spielen, werden Preise entgegennehmen, werden Reden halten, werden uns im Kino zum Lachen oder Heulen bringen, werden in Serien dafür sorgen, dass wir am Ende einer Folge gleich auf den Start der nächsten klicken. Auf einer der Partys dieser Tage war das Getöse so groß, dass ein Filmschaffender wehmütig feststellte: „Mein Gott, von dem Budget für diesen Abend hätte ich einen halben Film durchproduziert.“ Dass all das, was aussieht wie die ewige Party, in Wahrheit ein wichtiger Wirtschaftszweig für Deutschland, insbesondere für Berlin, ist, weiß man in der Politik. Hauptstadtbürgermeister Michael Müller lässt sich auf vielen der großen Partys sehen, im Gespräch mit Studio-CEOs und Filmförderern. Bundeskanzlerin Angela Merkel empfängt die diesjährige Jurypräsidentin Juliette Binoche sogar im Kanzleramt. Vom Balkon dort sieht Berlin an einem Tag im Februar grau und kalt aus – und die Zahlen, die die Filmbranche produziert, vielleicht doch nicht so groß wie die Sorgen, die die Hauptstadt quälen, wenn nicht gerade Filmfestival ist. „Viel heiße Luft“, hatte Vicky Krieps noch ergänzt, „aber wenigstens heiße Luft, die die Filmkunst zelebriert.“ Als Volker Bruch vergangenes Jahr die Goldene Kamera als bester deutscher Schauspieler von Senta Berger und Palina Rojinski überreicht bekam, stand ihm die vorige Nacht, die Off-Party 2018, noch ins Gesicht geschrieben. In seiner Dankesrede ließ er die Off nicht unerwähnt – was Sinn ergibt für eine Generation von Filmschaffenden, die mitgestaltet, mitentscheidet und mitmischt, wenn es um große Momente geht. Heute, zur zehnten Ausgabe der Party, tanzt Bruch mit der Schauspielerin Miriam Stein, leicht selbstvergessen darüber, einer der Männer der Stunde zu sein. Die luxuriöse Ausstattung des Apartments verschwindet hinter den Feiernden. Der Blick reicht weit über das nachtleuchtende Berlin, eine Stadt, in der gerade jetzt, in irgendeinem Hotel, Menschen zusammensitzen, die neue Projekte schmieden, mit Budgets nicht zögerlich sind und Namen von Talenten nennen, die darin mitwirken sollen. Die meisten dieser Namen tanzen gerade hier oben.

Im Uhrzeigersinn Tom Wlaschiha („Game of Thrones“), Larissa Marolt mit Jasna Fritzi Bauer („Dogs of Berlin“, „jerks.“). Daniel Donskoy („Sankt Maik“) bringt zu jeder Party seine Gitarre mit – er gab im „Ritz-Carlton“ ein Spontankonzert. Coole Gang: Lucas Reiber, Eugen Bauder und Karim Günes. Numan Acar, hier mit seiner guten Freundin Julia Dietze, dreht gerade für die achte Staffel „Homeland“

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R E DA K T I O N ————

C H R I STO P H E I S E N S C H I N K

Fotos: Yannis Vlamos, Marcus Tondo (3)/ Iker Aldama(1)/ Kim Weston Arnold (1)/ Luca Tombolini (2)/ Monica Feudi (1)/vogue.com

TRENDS INSPIRATION LOOKS

04.2019

DIE TRENDS DES SOMMERS

Neongrün! Fetish-Looks! Animal-Prints! Und: sehr, sehr, seeehr kurze Shorts! Der Fashion-Sommer wird wild und flashy


TREND−REPORT

DIOR MEN GQ. APRI L 201 9

Fotos: Gerardo Somoza (1)/ Yannis Vlamos (4)/ Luca Tombolini (2)/ Monica Feudi (1)/vogue.com

HERMÈS 82

FENDI

PRADA

FENG CHEN WANG

Ultrakurze Hosen sind der Top-Trend der Saison. Den „Minirock für den Mann“ (Miuccia Prada bringt es mal wieder auf den Punkt) kombinieren Sie am besten mit einer leichten Sommerjacke oder einem Jersey-Sakko – so funktioniert der Look auch in der City.

VERSACE

DRIES VAN NOTEN

SHORT SHORTS


DIOR HOMME

PRADA

MAISON MARGIELA

Fotos: Yannis Vlamos (1)/ Luca Tombolini (2)/ Monica Feudi (2)/ Marcus Tondo (1)/vogue.com, Getty Images (4)

MARNI

VERSACE

Die Menswear blüht in diesem Frühjahr buchstäblich auf. Sie können beim floralen Trend je nach Lust und Laune nur ein bisschen mitmischen – oder voll einsteigen: Ein einzelnes Statement-Piece ist ebenso cool wie der Allover-Look. Kombinieren Sie auch verschiedene Prints. Das wirkt selbstbewusst over the top und exzentrisch. Flower to the people!

DSQUARED2 GQ. APRI L 201 9

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TREND−REPORT

MARTINE ROSE

ALYX

VERSACE

SAINT LAURENT

GUCCI

Fotos: Yannis Vlamos, Marcus Tondo (3), Gerardo Somoza (1), Iker Aldama (1), Luca Tombolini(1)/vogue.com, Getty Images (10)

CALVIN KLEIN 205W39NYC

AL-PRINTS

In freier Wildbahn dienen die Muster zur Tarnung, in der Fashionwelt geht es um den gegenteiligen Effekt: maximale Aufmerksamkeit! Lange Zeit waren Animal-Prints als trashy verpönt, jetzt entdecken die Designer den subversiven Glam-Faktor von Python-Pants oder leopardengefleckten Hemden neu. Beim Styling am besten auf ein Muster beschränken – und sparsam mit Accessoires umgehen. GQ. APRI L 201 9


ISON MARGIELA

GUU CCI Fotos: Yannis Vlamos, Marcus Tondo (1), Kim WestonArnold (1), Luca Tombolini (2), Monica Feudi (1)/vogue.com, Getty Images (2)

GEAR

NCHY

Korsagen, Masken und ChastityBelts – einige Accessoires aus den aktuellen Kollektionen könnten so auch im Sexshop hängen. Wem das zu krass ist: Lederwesten machen den Fetish-Look auch für etwas Schüchternere tragbar, next step ist dann ein Choker-Halsband oder ein Harness überm Sakko. Be safe, have fun!

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TREND−REPORT

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Fotos: Marcus Tondo (1), Iker Aldama (1), Kim Weston Arrnold , Luca Tombolini Monica Feudi (2), Yannis Vlamos (1)/vogue.com, ddp imag ges (1), Getty Images (2)

PRADA

ALYX THOM BROWNE

VERSACE

BALENCIAGA LOUIS VUITTON

MICRO BAGS

Genderfluide Fashion wird immer mehr Mainstream. Es gibt keinen Grund, weiter mit so verschwurbelten Begriffen wie „Murse“ (= man purse) oder „Man Bag“ zu hantieren. Nennen wir das, was mode- und selbstbewusste Männer jetzt tragen, doch einfach: Micro Bags. Wir lieben die neuen Henkeltaschen oder die verzierten Clutches aus Leder, die auch jede Womenswear-Show geschmückt hätten.


LO UIS VU ITT ON

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Fotos: Kim Weston Arnold (1), Luca Tombolini (1), Yannis Vlamos (3)/vogue.com, Getty Images (3)

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Die Menswear wird transparent. Ein durchscheinendes Oberteil aus dünnem Seidenorganza, feinem Tüll oder Kunststoff gehört zu den Must-haves dieses Sommers. Wer mutig ist (und in shape), trägt am besten gar nichts darunter. Aber Summer-Layering, etwa ein blickdichtes Tanktop unter einem transparenten Hemd oder T-Shirt, funktioniert auch wunderbar.

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TREND−REPORT

RUFFLES

Wer glaubt, dass Rüschen nur von Frauen getragen werden können, ist soooo 20. Jahrhundert. Kehren Sie Ihren inneren Romantiker nach außen – mit einem Jabot an Ihrem Seidenhemd oder Rüschen an der Knopfleiste.

MART

SE IN E R O

PRADA

ANN DE MEUL

E M E E ST

Fotos: Yannis Vlamos (2), Kim Weston Arnold (1), Luca Tombolini (1), Monica Feudi (1)/vogue.com, Getty Images (10)

VERSACE

ER

BLINDNESS

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TREND−REPORT

PRADA

JUUN.J

Fotos: Iker Aldama (1), Yannis Vlamos (2), Monica Feudi (1), Kim Weston Arnold (1)/vogue.com, Getty Images (10)

ICE EBERG

ACNE STUDIOS

MATTHEW MILLER

Die Trendfarbe des Somm mers: grelles LimeGreen. Ein Bad-Taste-Zitat aus a den 80ern. Die Designer lassen Sneakers, P ullover, Jacken und Accessoires neongrün erstrahlen hl – und d sogar Anzüge. Wenn Sie sich für ein Leucht-Piece entscheiden, kombinieren Sie es am besten mit hellem Denim oder mit Schwarz – je mehr Kontrast, desto besser!

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Rechte Seite

GUCCI Tasche, 3 500 € Diese Seite

CELINE Sonnenbrille, Preis auf Anfrage

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ELF LIEBLINGS-PIECES FÜR FRÜHLING UND SOMMER

ANTHONY SEKLAOUI

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FASHION PRADA Bootsschuhe, 550 €

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SALVATORE FERRAGAMO Rucksack, 1 390 € GQ. APRI L 201 9

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FASHION

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DOLCE & GABBANA Sneakers, Preis auf Anfrage

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FASHION

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Linke Seite

PHILIPP PLEIN Boots, 3 600 € Diese Seite

LOUIS VUITTON Weekender, 2 700 €

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FASHION

EMPORIO ARMANI Schuhe, 450 €

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BALENCIAGA Biker Boots, Preis auf Anfrage GQ. APRI L 201 9

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FASHION

BOSS Schuhe, 350 € 102

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Set design: Yumna Mirza; Besonderen Dank an Café Cacahouète, Nico, Artur & Alba

BILLIONAIRE

Koffer, 7 500 €

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BUSINESS CLASS 1 DA S

TENNISARMBAND Zum Anzug sollte man es mit einer gewissen Nonchalance tragen. Und: Achten Sie auf eine schlichte Fassung der Steine. Seinen Namen hat das Armband der Legende nach der Tennisspielerin Chris Evert zu verdanken. Für die langjährige Weltranglistenerste wurde 1987 ein Spiel unterbrochen, weil sie ihr Rivière-Armband auf dem Court verloren hatte. Es wurde gefunden – und hieß fortan Tennisarmband.

Kette, Cartier, 7 650 €. Armband, 7 990 €, und Pin, 1 160 €, beides Renésim. Uhr „Nautilus“, Patek Philippe, 26 810 €. Anzug, Gucci, über matchesfashion.com, 2 980 €. Pullover, Berluti, über matchesfashion.com, 850 €. Schuhe, Floris van Bommel, 240 €. Socken, Falke, 15 € Sessel „Munich Lounge Chair“, Classicon

SCHMUCK FÜRS BUSINESS Geben Sie Ihrem Office-Outfit mit hochkarätigem Schmuck eine extra hochwertige Note. Dies sind neun außerordentliche, männliche Accessoires, mit denen Sie auch im Geschäftsleben glänzen

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REDAKTION & STYLING

CLARK PARKIN

FOTOS

MARKUS JANS

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2 1

Armband, Renésim, 7 990 €

2 DIE

ANKERKETTE Aus massiven geschliffenen Gliedern und in dezentem 18-karätigem Weißgold gefertigt, ist die Ankerkette ein echtes Statement – am besten lässig über dem Sweater, zurückhaltend unter dem Sakko oder auffällig auf der nackten Haut mit geöffnetem Hemd. Eine gewisse Größe der Glieder und die Länge der Kette sind entscheidend, damit der Look funktioniert. Sie darf nicht zu lang sein – ideal, wenn sie zwischen dem oberen Drittel des Brustbeins und des Solarplexus endet.

3 DER

3 Kette, Cartier, 7 650 €. Pin, Renésim, 1 160 €

4

PIN

Das Knopfloch am Revers ist der richtige Ort für einen minimalistischen Pin, hier in Weißgold mit Saphirpavé. Weniger ist hier mehr: Deshalb Finger weg von lustigen Varianten, die eben genau das nicht sind.

4 DER

CUFF

Ein Manschettenarmreif mit offenen Enden ist ein Allroundtalent. Er war in den 1970erJahren beliebt und ist es heute wieder, weil er im schlichten Design zum Business-, aber auch zum Casual-Look passt.

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Armreif, 7 300 €, und Ring, 3 100 €, beides Cartier. Anzug, Brunello Cucinelli, 3 280 €. T-Shirt, Sunspel, 85 €. Einstecktuch, Hermès, 130 €

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BUSINESS CLASS

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215 € Tateossian

5 DER

TIE–CLIP

Krawattenklammer, Gucci, 1 590 €. Uhr „Datejust 41“, Rolex, 10 900 €. Hemd, Seidensticker, 70 €. Hose, Canali, Preis auf Anfrage. Krawatte, E. Marinella, privat

Dieses wohl praktischste Accessoire der Männergarderobe wird richtig interessant, wenn Sie es als Stilmittel bewusst einsetzen. Gerade wenn Sie nicht zwingend ein Sakko dazu tragen möchten, können Sie mit einer Krawattenklammer aus Edelmetall ein formvollendetes Signal senden. Mit einer leicht nachlässigen Bindetechnik kombiniert setzen Sie ein cooles Statement.

³

310 € Tiffany & Co.

Reversnadel, 21 500 €, und Armband, 6 750 €, beides Cartier. Ring, Thomas Sabo, 90 €. Sakko, Boglioli, über lodenfrey.com, 800 €. T-Shirt, Sunspel, 85 €. Jeans, Guess, 90 €

6 DIE

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6

R E V E R S NA D E L Mit dieser Neu-Interpretation der Nadel, die ans Revers gesetzt wird, stechen Sie andere aus. Vor allem im Casual-Business-Bereich wertet dieses traditionelle Gentleman-Beiwerk den Look auf. Aber nur, wenn es als kontrastierendes StylingElement eingesetzt wird. Die Nadel addiert unnachahmlichen Stil, selbst wenn Sie unter dem Sakko ein T-Shirt tragen. Auf das Einstecktuch sollten Sie in dem Fall verzichten. GQ. APRI L 201 9


7

Smiley-Anhänger (groß), 4 980 €, + Kette, 7 650 €, Smiley-Anhänger (klein), 2 540 €, + Kette, 179 €, alles Cada. Ring, Bulgari, 2 330 €. Pin, Renésim, 2 845 €. Uhr „Datejust 41“, Rolex, 8 500 €. Anzug, Tagliatore, über lodenfrey.com, 700 €. T-Shirt, Sunspel, 85 €. Sneakers, Church’s, 390 € Barhocker „Triton“, Classicon

7 DER

ANHÄNGER Eine Kette mit Anhänger ist im Casual Business eine Ansage, die durchaus Wirkung haben kann. Achten Sie bei der Wahl auf unverfängliche Motive, die bei Ihren Geschäftspartnern nicht zu unnötigen Irritationen führen. Am besten funktioniert der Look, wenn Sie den Anhänger dem Outfit farblich zuordnen, wie in diesem Fall mit blauen Saphiren zum blauen Anzug. Auch die Kette aus schwarz rhodiniertem Sterlingsilber hält sich im Hintergrund. Die Kombination mit einer zusätzlichen, kleineren Anhängerkette verrät modisches Gespür. BonusLevel für modisch Selbstbewusste: Tragen Sie dazu noch einen prägnanten Ring am Zeigefinger.

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BUSINESS CLASS 8 DIE Eine Kette mit Muschelscheiben-, Halbedelstein- oder Tribal-Anhängern darf im Casual-Business-Leben ein nonkonformes Signal setzen. Sie wird allerdings diskret unter dem Hemd getragen. Ein Armband im gleichen Stil betont Ihre rebellische Seite zusätzlich, taugt aber eher zu Jeans und Blazer als zum Nadelstreifenanzug.

Skelett-Anhänger, 2 850 €, und Kette, 1 925 €, beides Cada. Siegelring (klein), 100 €, und Siegelring (groß), 150 €, beides Thomas Sabo. Armband, Renésim, 7 900 €. Hemd, Barba, über loden frey.com, 220 €

9 DER

PINK Y – RING Einen Ring am kleinen Finger (engl. pinky) zu tragen war ursprünglich dem Adel vorbehalten. Ab den 60er-Jahren wurde dieser Habitus demokratisiert, Männer trugen damals oft Bandringe mit einem von zwei Brillanten gesäumten Cabochon. Heute sind Pinky-Ringe schlichter, werden allerdings mit ungewöhnlichen Edelsteinen, Glücksbringern oder selbst entworfenen Gemmen zu Hinguckern. Das funktioniert aber nur, wenn Sie auf weitere Ringe verzichten.

2150€ Biales

1940€ Biales

beide über matchesfashion.com 108

1565€ Rebus

9

Ring, Renésim, 13 400 €. Top, Andrea Fenzi, über lodenfrey.com, 210 €

GROOMING: Momo Rauch/Agentur Phoenix; MODEL: Peter Bruder/Nest Model Management; FOTO-ASSISTENZ: Golda Fruhmann; STYLING-ASSISTENZ: Christin Roos; PRODUKTION: Frank Seidlitz, Verena Aichinger; PRODUKTIONS-ASSISTENZ: Özgün Turgut

8

Federanhänger (groß), 1 590 €, Federanhänger (klein), 790 €, und Kette, 1 690 €, alles Cada. Surferkette, M. Cohen, über lodenfrey.com, 440 €. Ring, Leo Wittwer, 1 390 €. Uhr „Datejust 41“, Rolex, 10 900 €. Blazer, Eleventy, über lodenfrey.com, 950 €. Hemd, Sunspel, 125 €. Jeans, Levi’s, 90€

ETHNOKETTE




UHREN

Vor über 90 Jahren begründete die Genfer Marke ihren Weltruf, indem sie die erste wasserdichte Uhr der Welt entwickelte. Die „Oyster Perpetual 39“ mit rhodiumfarbenem Zifferblatt ist legitimer Nachfolger dieses Jahrhundertmodells – und der ultimative Zeitmesser für fast jede Gelegenheit. Automatikwerk. 5 150 €

POWER MOVES

Perfekt für den coolen Business-Auftritt: Graue Uhren sind so elegant und edel wie Falken, die Jäger der Lüfte. Und doch eine klare Ansage

Handschuhe Roeckl Manschettenknöpfe Hermès

REDAKTION

GQ. APRI L 201 9

MARCO NIKOLAJ RECHENBERG WOLF-DIETER BÖTTCHER

FOTOS

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UHREN

Falknerhandschuh Purdey über springervienna.com

MONTBLANC Graues Zifferblatt trifft auf graues Lederarmband – eine grandios stilvolle Kombination, die dem „Star Legacy Automatic Chronograph“ eine besondere Präsenz verleiht: Er ist zurückhaltend und dennoch nicht zu übersehen. Automatikwerk. 3990€

GLASHÜTTE ORIGINAL Der Vintage-Look ist einer der ganz großen Trends in der Uhrenindustrie, und die „Seventies“, hier als Chronograph mit Panoramadatum, hat daran besonderen Anteil: Herausragendes Retro-Design trifft hier auf große Tradition und uhrmacherische Exzellenz. Automatikwerk. 12500€

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GIRARD− PERREGAUX Armband und Gehäuse sind bei diesem Modell aus sportlichem Edelstahl, das Zifferblatt in waffelähnlicher „Clous de Paris“-Optik gehalten: Die „Laureato“ hat dabei einen Durchmesser von 42 Millimetern – eine Größe, die den meisten Gentleman-Handgelenken sehr gut steht. Automatikwerk. 11 500 €

PATEK PHILIPPE Mit Breguet-Ziffern, Mondphase und Jahreskalender ist die „Referenz 5396G“ typisch Patek. Und in Weißgold: Understatement pur. Das anthrazitfarbene Zifferblatt mit Sonnenschliff sorgt dafür, dass man nicht nur zum Zeitablesen immer wieder auf sein Handgelenk blickt. Automatikwerk. 43 160 €

LOUIS VUITTON Der perfekte Begleiter für Vielflieger: Die „Tambour Essential Grey GMT“ zeigt neben Uhrzeit und Datum eine zweite Zeitzone an. Praktisch: Die Armbänder lassen sich je nach Laune und Anlass schnell und unkompliziert austauschen. Automatikwerk. 3 500 € STYLING: Clark Parkin; PRODUKTION: Verena Aichinger; PRODUKTIONS-ASSISTENZ: Özgün Turgut

Wir bedanken uns bei Falcons World für die Zusammenarbeit

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CARE LIFE TECH

I N T E R V I E W ————

C L AY S KI P P E R

C O L L A G E N ————

M AT T H I E U B O U R E L

04.2019

A L L E A U F T R I P ! Psychedelische Substanzen wie LSD, Magic Mushrooms und Ayahuasca sollen die Menschen und die Gesellschaft verändern: mehr Empathie, mehr Bewusstsein. Was ist dran an der schönen Utopie? 115


E

Es gibt diese Stelle in Michael Pollans neuem Buch, die ziemlich verstörend ist. Pollan beschreibt darin ein neurowissenschaftliches Konzept namens „vorausschauende Codierung“, einen Prozess, mithilfe dessen unser Gehirn der Welt um uns herum Sinn verleiht. Was daran so verstört: Was wir zu sehen glauben, gibt es möglicherweise gar nicht. „Das deutet darauf hin, dass unsere Wahrnehmung uns keine Eins-zu-eins-Wiedergabe der Realität liefert, sondern eine Illusion. Sie ist aus dem, was wir durch unsere Sinne erleben, und aus Dingen, an die wir uns erinnern, zusammengesponnen“, schreibt Michael Pollan. „Unsere Wahrnehmung ist mehr das Produkt unserer Fantasie als ein Blick auf die Wirklichkeit – eine Art kontrollierte Halluzination. Das wirft die Frage auf: Wie unterscheidet sich das Bewusstsein im Wachzustand von anderen Produkten unserer Vorstellungskraft – wie Träumen, psychotischen Trugbildern oder psychedelischen Trips?“ Pollans Buch „Verändere dein Bewusstsein – Was uns die neue Psychedelik-Forschung über Sucht, Depression, Todesfurcht und Transzendenz lehrt“ beschreibt genau das. Dabei taucht Pollan tief in die Welt der Halluzinogene ein. Manche, wie LSD, Psilocybin (Magic Mushrooms), 5-MeO-DMT (das giftige Sekret einer bestimmten Krötenart) und Ayahuasca (ein psychedelisch wirkender Pflanzensud), hat er selbst ausprobiert. Im Interview mit GQ erklärt der Autor, warum ein psychedelischer Trip das Gegenmittel zu unserer kapitalistischen Kultur sein könnte und uns dabei hilft, von egoistischen Sichtweisen abzurücken, um unseren Mitmenschen mit mehr Empathie zu begegnen.

DER EXPERTE Der US-Amerikaner Michael Pollan ist preisgekrönter Journalist, Autor zahlreicher Sachbücher zum Thema Ernährung und Esskultur sowie Professor in Harvard

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Welche Erkenntnisse haben Sie aus Ihren persönlichen Erfahrungen mit psychedelischen Substanzen gewonnen? Sie haben mich zu einem etwas weniger defensiven, offeneren Menschen gemacht. Ich kann besser meditieren, weil es mir jetzt leichter fällt, meine Gedanken ruhigzustellen. Meditieren hat mich immer sehr frustriert. Während der Recherchen habe ich diesen kognitiven Raum kennengelernt, den ich jetzt betreten und in dem ich meinen Gedanken und Fantasien dabei zusehen kann, wie sie sich entfalten, ohne mich von ihnen forttragen zu lassen. Das alles hat mit meiner neuen Beziehung zu meinem Ego zu tun. Ich habe realisiert, dass ich mit ihm nicht unbedingt identisch bin. Das Ego ist eine Art Persönlichkeit, die in einem wohnt. Es ist toll, dass es einen lenkt, wenn man versucht, ein Buch zu schreiben oder irgendeine schwierige Aufgabe zu bewältigen. Dabei handelt es sich bei diesem Ego nicht unbedingt um die beste Version von einem selbst. Es ist die Instanz, die einen vor starken Emotionen schützt, vor dem Unterbewussten, vor anderen Menschen, aber die einen auch daran hindert, sich neuen Perspektiven und den Denkweisen anderer zu öffnen. Ich bin heute in der Lage, dieses Ego effektiver einzusetzen. Diese Fähigkeit hätte ich mir auch in zehn Jahren im Rahmen einer Psychotherapie oder durch Meditation aneignen können. Bei mir dauerte dieser Prozess nur einen Nachmittag lang, und das fand ich bemerkenswert. Warum verabschieden wir das Ego nicht einfach? Warum beschreiten wir diesen schmalen Grat zwischen dem Ich und dem Fremden? Ich weiß nicht, ob die Forschung darauf eine Antwort hat. Aber das egoistische Verhalten, mit dem sich die meisten von uns durch die Welt bewegen, ist historisch gesehen wahrscheinlich recht jung. Ich glaube, dass es eine Folge des Kapitalismus ist. Egoismus verleiht uns die Fähigkeit, unsere Mitmenschen und die Natur zu versachlichen. Man kann Menschen – so gesehen – in Arbeiter oder Sklaven verwandeln, die Natur zu seinem Vorteil nutzen und sie ausbeuten. Das Ego ist mächtig und in gewisser Hinsicht sehr nützlich. Auf der anderen Seite kann es auch destruktiv sein. Unser Verhalten war wie gesagt nicht immer so beschaffen. Aber heutzutage sind wir ichbezogen, und es kann nicht schaden, diese Erkenntnis in unser Bewusstsein zu rücken. Es fällt uns schwer, das Ego zu verabschieden, weil es uns viele Vorteile verschafft. Aber es macht uns auch unglücklich, weil es uns von anderen Menschen und unserem eigenen Unterbewussten abgrenzt. GQ. APRI L 201 9

Fotos: Courtesy of Jeannette Montgomery Barron/Penguin Random House

WISSEN


Es wird darüber diskutiert, in der Psychiatrie psychedelische Substanzen einzusetzen. Was wäre positiv daran? Die Fähigkeit dieser Substanzen, Menschen zu helfen, denen wir sonst nicht viel zu bieten haben. Die Versorgung psychisch Kranker ist nicht besonders effektiv. Psychische Erkrankungen sind weit verbreitet und weiter auf dem Vormarsch. Die letzte wichtige Innovation passierte Anfang der 90er-Jahre mit der Einführung von Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern (SSRI) wie Prozac und Zoloft, seitdem ist nicht viel geschehen. Es ist eine erfreuliche Vorstellung, dass wir mit Psychedelika jene Mittel in der Hand haben werden, die eine ganze Reihe von Problemen – von Sucht über Depression bis hin zu Zwangsneurosen und Angst – behandeln können. Und was spricht dagegen? Wir bewegen uns am Rande eines großen Hypes um psychedelische Substanzen. Sie bergen nun mal ein gewisses Risiko. Das sind nicht so sehr körperliche Risiken, weil Psychedelika vergleichsweise sicher in der Anwendung sind. Sie sind nicht giftig und machen nicht süchtig. Aber es gibt Menschen, die sie nicht nehmen sollten, etwa wenn eine Disposition für schwere psychische Erkrankungen wie Psychosen oder Schizophrenie vorliegt. In dem Fall können diese Substanzen gesundheitsschädliche Effekte haben. Es gab in den vielen Studien zu dem Thema bisher nur deswegen keine negativen Erkenntnisse, weil die Probanden ganz gezielt ausgewählt wurden. Aber wenn bald jedermann zum Beispiel Psilocybin einnehmen würde, weil es sich herumgesprochen hat, es sei unbedenklich, dann werden einige von ihnen dauerhafte psychische Schäden erleiden. Diese Art irrationaler Begeisterung ist seit den Zeiten von Timothy Leary (Der Psychologe propagierte in den 60er- und 70er-Jahren den freien Zugang zu psychedelischen Drogen, Anm. d. Red.) typisch für viele, die mit solchen Stoffen umgehen. Deswegen hoffe ich, dass die Leute ihre Begeisterung etwas zügeln. Wie könnte denn eine sichere Anwendung gewährleistet sein? Wir müssen herausfinden, wie wir diese Mittel auf sichere Art und Weise in unsere Kultur integrieren können. Das bedeutet nicht, dass man sie einfach legalisieren darf. Man muss sie innerhalb eines streng regulierten Systems legitimieren, damit man sie nur bei ausgebildeten Guides erhält, die einen im Idealfall auch während des Trips begleiten. Es existieren noch keine Erfahrungswerte, wie man solche Medikamente aushändigen könnte. Die Kultur, in der wir leben, tendiert dazu, etwas entweder streng zu verbieten oder zu legalisieren. Meiner Meinung nach GQ. APRI L 201 9

Durch die Einnahme von psychedelischen Substanzen empfinden wir uns wieder als Teil der Natur statt nur als Zuschauer

ist beides falsch. Wir müssen den richtigen Umgang finden. Alle, die mit diesen Substanzen experimentieren, sind eher vorsichtig. Aber sobald die Nachfrage nach begleiteten psychedelischen Trips zunimmt, werden auch Scharlatane auftauchen. Können wir künftig politische oder soziale Probleme durch die Wirkung von Psychedelika auf unser Bewusstsein lösen? Ja und nein. Die psychedelische Erfahrung kann Auswirkungen auf das haben, was meiner Meinung nach die beiden größten gesellschaftlichen Probleme sind. Da wäre einerseits die Umweltkrise, die ihren Ursprung in unserem distanzierten Gefühl der Natur gegenüber hat: Sie ist für uns eine Sache, und wir betrachten sie lediglich als Ressource. Das andere ist unser Clan-Denken, die Unfähigkeit, andere Menschen als gleichwertig anzusehen. Das ist ein egoistisches Nullsummenspiel. Wir spielen es mit anderen Menschen, weil sie aus anderen Ländern stammen, anders aussehen oder an etwas anderes glauben als wir. Da gibt es jetzt also diese

Mittel, die tatsächlich unser Bewusstsein in diesen beiden Bereichen verändern können. Sie geben uns das Gefühl, tatsächlich mit der Natur verbunden zu sein, und eine Idee davon, dass es auch andere Spezies außer uns gibt. Das führt dazu, dass wir die Natur mit mehr Respekt behandeln, dass wir Teil von ihr sind. Was das Clan-Denken anbetrifft, fühlen wir uns mit allen möglichen anderen Menschen verbunden. Man könnten also argumentieren, dass dies genau die Drogen sind, die wir im Moment brauchen. Aber dann muss man sich fragen: Ist es möglich, einem ganzen Land ein Medikament zu verschreiben? Wie viele Menschen müssten diese Erfahrung machen, bevor sich die Kultur verändert? Das war genau das, worüber Timothy Leary seinerzeit nachdachte. Er stellte in den 60ern Prognosen auf, wie viele Menschen er auf Trips schicken müsse, bevor sich die Welt verändere. Es gibt keine Beispiele dafür, wie man mit einer ganzen Kultur umgehen sollte. Das führt einen in ein unbekanntes Terrain. Ich denke, das ist Sache der Politik. 117


Es erinnert an Aldous Huxleys Buch „Eiland“, in dem sich eine ganze Gemeinschaft auf einen Trip mit magischen Pilzen begibt. Huxley war wie Leary in Sachen Psychedelika über alle Maßen euphorisch. Er war wirklich überzeugt davon, dass diese Drogen die Gesellschaft so verändern könnten, dass sämtliche krankhaften Tendenzen verschwänden. Die Vorstellung ist sehr verführerisch. Das ist auch einer der Gründe, warum die Tech-Community sich so sehr für diese Drogen interessiert. Dort herrscht eine utopische Stimmung und die Vorstellung, man könne die ganze Welt hacken und so zu einem besseren Ort machen. Meiner Meinung nach müssen wir da mit einer gewissen Skepsis herangehen. Sie schreiben: „Sollte sich die psychedelische Therapie als erfolgreich erweisen, dann deshalb, weil es ihr gelingt, Gehirn und Verstand im Rahmen einer Psychotherapie wieder zu vereinen.“ Was meinen Sie konkret damit? In der Psychotherapie ging es lange – denken Sie an Freud – allein um das Reden, und dabei drehte es sich nur um den Verstand. Es wurde kaum ein Gedanke darauf verschwendet, dass wir mit dem Gehirn ein Organ besitzen, das uns mithilfe von chemischen Prozessen, Wellen und elektrischen Signalen mit Erfahrungswerten versorgt. Als dann die Neurochemie entdeckt wurde, schwang das Pendel zur anderen Seite, man betrachtete Gesprächstherapien als Zeitverschwendung und glaubte, man müsse den Leuten nur die richtigen Medikamente verpassen: Depression ist ein chemisches Ungleichgewicht, Schizophrenie ist ein chemisches Ungleichgewicht. Es ging nur noch um Medikamente. Heutzutage verschreibt man den Leuten einfach SSRIs. In den USA macht das der Hausarzt, eine wirkliche Psychotherapie bekommt kaum noch jemand. Wenn Psychedelika Erfolg versprechend eingesetzt werden, dürfen sie eigentlich nicht als „psychedelische Therapie“ gelten. Man sollte das eine „psychedelisch unterstützte Psychotherapie“ nennen, weil die Anwesenheit eines Guides dabei wichtig ist, um ein sicheres Umfeld zu schaffen. Im Vorfeld sollten Erwartungen und Absichten formuliert werden. Nur so kann die richtige Verarbeitung des Erlebten später sichergestellt werden. Man kann nicht einfach eine dieser Pillen nehmen und loslegen. Man braucht das ganze Drumherum: den Guide, die Musik, die Augenbinden. Meiner Meinung nach ist unser Denken sehr simpel gestrickt. Wir neigen zur Annahme, das sei ja nur Chemie. Aber das stimmt in diesem Fall nicht. Die Chemikalie produziert unter unterschiedli118

REISE INS UNBEKANNTE B U C H -T I P P

In seinem jüngsten Buch berichtet Pollan aus der neuen Forschung mit Psychedelika wie LSD und Psilocybin und ihrer Wirkung auf das menschliche Bewusstsein. Sowohl journalistisch-historisch als auch in Selbstversuchen geht Pollan diesen Substanzen, die in den 50er- und 60erJahren bereits als Wundermittel galten, auf den Grund und beschreibt ihr Potenzial für die künftige Behandlung von psychischen Krankheiten wie Depressionen.

„Verändere dein Bewusstsein“, Michael Pollan, Verlag Antje Kunstmann, 26 €

chen Bedingungen höchst unterschiedliche Resultate. Die Variablen sind enorm, denn die Richtung und die Umgebung bestimmen den Trip. Wir müssen also Elemente der Gesprächstherapie mit denen der Pharmakologie kombinieren. Das ist ein ganz neuer Ansatz, und ich nehme an, dass es Psychiatern schwerfallen wird, das zu akzeptieren. In meinen Augen liegt genau darin die große Stärke: Sobald Ärzte zum Beispiel Psilocybin verschreiben dürfen, wird es hoffentlich Regeln geben, unter welchen Umständen sie das tun und wie sie geschult werden müssen. Sie erwähnen in Ihrem Buch den Begriff „negatives Potenzial“. Was genau verstehen Sie darunter?

Das ist ein Begriff, den der britische Dichter John Keats prägte, um eine Sache zu beschreiben, die er bei Stücken von Shakespeare beobachtet hatte: Shakespeare ergriff niemals die Partei. Ihn interessierte nicht, wer recht oder wer unrecht hatte. Er störte sich nicht an der Tatsache, dass es fundamental unterschiedliche Sichtweisen auf die Realität, auf Geschehnisse gab. Er hatte nicht, anders als die meisten von uns, das Bedürfnis, zu einem gültigen Schluss zu kommen oder lange herumzudiskutieren. In seinen Stücken wird im Grunde überhaupt nicht gestritten. Diese Fähigkeit, mit den Ungewissheiten des realen Lebens umzugehen, in dem die Dinge nicht einfach schwarz oder weiß sind, ist beeindruckend. Was unsere Kultur aktuell so stark bestimmt: Jeder ist entweder auf der einen oder der anderen Seite, es gibt keine Grauzonen. Da ist sie wieder: die egoistische Sichtweise auf die Dinge. Wir rücken uns die Welt mithilfe unserer Werte und Ideologien zurecht. Das aufzugeben ist „negatives Potenzial“. Das kann jemand beherrschen, der Erfahrungen im Meditieren hat und der seine vorbeiziehenden Gedanken betrachten kann, ohne sie zu bewerten. Ich habe das Gefühl, dass ich mich dem während meiner Recherchen annähern konnte. Ich glaube nicht, dass ich dieses Potenzial habe, aber ich versuche, es für mich zu kultivieren. Was für Folgen hat es, dass wir mit Ungewissheiten, mit Zweifeln, nicht umgehen können? Wir neigen dazu, Menschen zu verteufeln, deren Meinung nicht der unseren entspricht. Es gelingt uns nicht, andere Standpunkte nachzuvollziehen. Ich meine, Shakespeare bekam das hin – er konnte 20 bis 30 verschiedene Meinungen in einem Stück beschreiben. Wir hingegen sind darin nicht sehr gut, uns fehlt diese Fähigkeit zur Empathie. Wir tendieren dazu, andere nicht zu respektieren und dazu auch noch aus einem egoistischen Blickwinkel zu betrachten. Das hemmt uns, das kann lähmend sein. In meinen Augen wäre Shakespeares Sicht eine gute Voraussetzung für echtes Mitgefühl. Meinen Sie, Shakespeare war auf Trip? (lacht) Nicht, dass ich wüsste. Aber wissen Sie, die Alchemisten zu seinen Lebzeiten waren an Psychedelika interessiert, und in seinen Stücken – zum Beispiel in „Macbeth“ – tauchen häufig Hexen auf. Zaubertränke waren die psychedelischen Drogen der damaligen Epoche, also vielleicht … Ausschließen kann ich das nicht. Da haben Sie ja schon die Idee für Ihr nächstes Buch! Die überlasse ich gerne Ihnen. GQ. APRI L 201 9

Foto: Courtesy of Verlag Antje Kunstmann GmbH

WISSEN



Unser Kolumnist arbeitet für die Spielerberater-Agentur SportsTotal (u. a. Toni Kroos und Marco Reus). Er schrieb die Bestseller „Mythos Real Madrid“, „Die Paten der Liga“ und Mesut Özils Autobiografie

BUNDESLIGA BACKSTAGE VON KAI PSOTTA

Die VIP-Tribüne: Hotspot der Reichen und Berühmten – und der wichtigsten Entscheider Ich erkenne ihn schon von Weitem. Den Mann mit der gleichen „Frisur“ wie Arjen Robben. Bewaffnet mit zwei Kameras. Die mit dem kleineren Objektiv hängt über seiner linken Schulter. Die andere, die mit dem Riesenrohr, hat er in der rechten Hand. Sein Freund Lukas Podolski nennt ihn nur ehrfürchtig „die blaue Jacke“, weil seine Adidas-Regenjacke sein Markenzeichen ist: Dennis Brosda zählt zu den besten – und gefürchtetsten – Sportfotografen Deutschlands. Während die meisten seiner Kollegen vor einem Spiel in der Münchner Allianz Arena im Presseraum Kaffee trinken und sich am Gratisbuffet verköstigen, fängt er die VIPs an der Welcome Zone West ab oder sucht vom Rasen aus nach besonderen Menschen und Momenten auf der VIPTribüne. Schnell wähle ich die Nummer der Person, mit der ich mich fürs Spiel verabredet habe. Eigentlich wollten wir uns zusammen hier unten am Eingang treffen. Ein gemeinsames Foto von uns muss aber nicht sein. Es gab einmal einen Abschuss meines Agenturkollegen Sascha Breese, der vor allem für unsere Auslandstransfers verantwortlich ist, bei einem Spiel der Bayern, damals noch mit Toni Kroos: Sascha saß auf der Tribüne neben dem damaligen ManU-Trainer David Moyes. Sofort wurden in den Medien Spekulationen laut: „Neben ihm nahm ein Mann aus dem Beraterstab von Toni Kroos Platz. Zufall?“ 120

Die Ehrentribüne der Münchner Allianz Arena zählt zu den wichtigsten Treffpunkten der Politik- und Finanzwelt Deutschlands, sie ist ein Hotspot des Lobbyismus. Hier tummeln sich Politikgrößen, Manager, Schauspieler, Models. Für mich entscheidender sind aber die zahlreichen Nationaltrainer und Sportdirektoren anderer Klubs, die hier regelmäßig verkehren; manchmal, eher selten, auch die eher unbekannteren Top-Scouts der Bundesliga und der internationalen Spitzenklubs. Diese Ehrentribüne ist auch eine Quelle vertraulichster Informationen. Und da es essenziell für meinen Job ist zu wissen, was welcher Klub plant (und zwar lange bevor es in der Presse steht), muss ich hier schon vor Spielbeginn hellwach sein. Wenn ich ins Stadion gehe, sind daher die 90 Minuten vor und die 90 Minuten nach dem Spiel genauso wichtig und spannend wie die 90 Spielminuten. Da halte ich es mit dem Motto meines Chefs Volker Struth: „Die Schnellen fressen die Langsamen.“ Es reicht auch nicht, einfach nur Zugang zum VIP-Bereich zu haben. Denn der ist verdammt groß. Wer sich nicht auskennt, der landet vielleicht an einem Tisch, wo ein paar Mitarbeiter eines Versicherungskonzerns hocken, die die Karten als Belohnung für ihre gute Arbeit erhalten haben. Das kann dann zwar auch ein sehr lustiger Abend werden, aber FußballInterna, die ich benötige, bekomme ich hier nicht.

Auch die Ebene, zu der man Zugang hat, ist entscheidend. Will man etwas mit Uli Hoeneß oder Karl-Heinz Rummenigge besprechen, so bringt es gar nichts, wenn man nur zur unteren Sponsorenebene (Ebene 3) Zugang hat. Nur wer noch eine Rolltreppe weiter emporfahren darf, der hat überhaupt die Möglichkeit, die Bayern-Macher zu erwischen. Die geheimen Sitzplatzregeln bekommt man natürlich nicht auf dem Silbertablett präsentiert. Man muss sie sich über einen langen Zeitraum erarbeiten und mit viel Geduld beobachten, bis man wirklich dahinterblickt und alle handelnden Personen kennt. Ein Bundesligaklub ist ja vergleichbar mit einem Kreuzfahrtschiff. Den Kapitän in seinem blütenweißen Hemd mit gestärktem Kragen und Schulterklappen mit vier goldenen Streifen, den bekommen die Passagiere als Repräsentanten zu sehen. Aber in den Maschinenraum kommt kein Passagier. Die Elektriker und Heizer, die dort kräftig anpacken, damit alles läuft, die kriegt man nicht zu Gesicht. Auch bei Bundesligaklubs gibt es viele dieser Heizer, deren Arbeit elementar ist. Sie geben kaum Interviews, werden in den Medien so gut wie nie abgefeiert, arbeiten im Verborgenen. Trotzdem lohnt es sich auch, von Zeit zu Zeit jedenfalls, sich mit ihnen auszutauschen. Sie scouten für Chelsea London oder Arsenal. Oder Manchester United. Ihre Funktion steht ihnen natürlich nicht auf die Stirn geschrieben. Sie tragen keine ManUnited-Kladde, kein einziges Kleidungsstück mit entsprechendem Branding. Nicht mal auf den Kugelschreibern sind die kleinsten Logos zu sehen. Und dann gibt es natürlich noch die Top-Entscheider. Die, die wirklich alle Planungen aus ihren Vereinen kennen. Die in diesem Frühjahr schon längst wissen, welche Top-Stars sie im Sommer holen wollen. Vor allem zu ihnen, das ist der Anspruch von unserer Agentur, muss ein direkter Zugang her. Zu den Big Bossen muss das Netzwerk funktionieren. Damit wir bereits im Februar oder März die Deals des Sommers vorbereiten können. Die Information ist, natürlich neben der besten Ware im Körbchen, das Wichtigste in unserem Business. Wir müssen immer alles wissen. Sollte sich etwa, um nur ein hypothetisches Beispiel zu nennen, Manchesters CEO Ed Woodward in die Arena nach München „schleichen“, weil er scharf auf Leon Goretzka ist, dann müssten wir das vorzeitig wissen. Schließlich hätte Bayern dann auf dieser Position im Sommer Bedarf … GQ. APRI L 201 9

Illustration: Jan Steins

FUSSBALL



REISE

Ein bisschen Fernweh gefällig? Dies ist die neueste „Gold List“ des Condé Nast Traveller – die absolute Champions League der Luxus-Hotels und -Resorts

DIE

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UMAID BHAWAN PALACE Ultimativer Luxus im sechstgrößten Privathaus der Welt. Die Familie des Maharadschas bewohnt einen Flügel, Gäste nächtigen nebenan in 94 prachtvollen Suiten. Ach ja, der persönliche Butler nimmt Sie im Oldtimer auf einen Trip nach Jodhpur mit.

Foto: Courtesy of Taj Hotels

BESTEN HOTELS DER WELT

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ASIEN OMAN 1. Six Senses Zighy Bay Dibba sixsenses.com

VEREINIGTE ARABISCHE EMIRATE 2. Bvlgari Resort Dubai bulgarihotels.com 3. Jumeirah Mina A’Salam Dubai jumeirah.com

KAMBODSCHA 4. Song Saa Private Island Koh-Rong-Archipel songsaa.com

CHINA 5. The Opposite House Peking theoppositehouse.com 6. The Peninsula Shanghai peninsula.com 7. The Upper House Hongkong upperhouse.com

INDIEN 8. The Leela Palace Neu-Dehli theleela.com 9. The Oberoi Udaivilas Udaipur oberoihotels.com 10. Umaid Bhawan Palace Jodhpur umaidbhawan.com

JAPAN 11. Aman Tokyo aman.com MALEDIVEN 12. Amilla Fushi amilla.mv 13. Soneva Fushi soneva.com THAILAND 14. Mandarin Oriental Bangkok mandarinoriental.de 15. The Siam Bangkok thesiamhotel.com GQ. APRI L 201 9

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ZYPERN 16. Anassa Neo Chorio anassa.com

DÄNEMARK 17. Hotel Sanders Kopenhagen hotelsanders.com

FRANKREICH 18. Hôtel de Crillon, A Rosewood Hotel Paris rosewoodhotels.com 19. Hôtel du CapEden-Roc Cap d’Antibes oetkercollection.com 20. La Réserve Paris – Hotel and Spa Paris lareserve-paris.com 21. Les Fermes de Marie Megève fermesdemarie.com

EUROPA LE SIRENUSE Nur Superlative: die schönste Aussicht der Amalfiküste, der beste „Hugo“ diesseits von Südtirol (da wurde der Cocktail erfunden). Und ein CandleLight-Dinner verdient seinen Namen dank der 400 Kerzen, die das Michelin-Stern-Restaurant „La Sponda“ beleuchten.

³

REISE

GRIECHENLAND 22. Perivolas Santorin perivolas.gr

ISLAND 23. Deplar Farm Ólafsfjörður elevenexperience. com

IRLAND 24. Ballyfin County Laois ballyfin.com

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NORWEGEN 33. The Thief Oslo thethief.com

SPANIEN 34. Sant Francesc Hotel Singular Palma, Mallorca hotelsantfrancesc. com 35. Soho House Barcelona sohohouse barcelona.com

SCHWEDEN 36. Ett Hem Stockholm etthem.se

VEREINIGTES KÖNIGREICH

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ITALIEN

Fotos: Courtesy of Alex Fenlon/Deplar Farm, Le Sirenuse, La Réserve

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LA RÉSERVE – HOTEL AND SPA Diskret, schick, exklusiv – next level. Highlight des Pariser Boutique-Hotels am Grand Palais: das römisch inspirierte Spa.

DEPLAR FARM Das einsamste, aber auch eines der luxuriösesten Hotels der Welt. Und Islands Hotspot für Mitternachtssonnenoder Nordlichter-Fans.

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25. Aman Venice Venedig aman.com 26. Belmond Hotel Caruso Ravello belmond.com 27. Borgo Egnazia Puglia borgoegnazia.com 28. Castello di Vicarello Paganico castellodivicarello. com 29. Grand Hotel a Villa Feltrinelli Porto Ercole villafeltrinelli.com 30. Hotel Il Pellicano Porto Ercole hotelilpellicano.com 31. J. K. Place Capri jkcapri.com 32. Le Sirenuse Positano sirenuse.it

37. Claridge’s London claridges.co.uk 38. Covent Garden Hotel London firmdalehotels.com 39. Heckfield Place Hampshire heckfieldplace.com 40. Lucknam Park Hotel & Spa Chippenham lucknampark.co.uk 41. Soho Farmhouse Oxfordshire sohofarmhouse.com 42. The Kensington London doylecollection.com

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REISE

AUSTRALIEN & SÜDPAZIFIK AUSTRALIEN 43. Halcyon House Cabarita Beach halcyonhouse. com.au

FRANZÖSISCHPOLYNESIEN 44. The Brando Tetiaroa thebrando.com

NEUSEELAND 45. The Lodge at Kauri Cliffs Matauri Bay robertsonlodges.com

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Fotos: Courtesy of The Brando, Amangiri, Sunset Tower

THE BRANDO Acht der elf Kinder von HollywoodLegende Marlon Brando waren bei der Realisierung des Südseetraums ihres Vaters auf der Insel Tetiaroa involviert. Das beeindruckende Ergebnis: 35 nachhaltig erbaute Villen, zwei Restaurants mit 1A polynesischer Küche und eine Unterwasserwelt, die an Vielfalt nicht zu überbieten ist.

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³ AMANGIRI 34 Suiten, jede mit Blick auf den American Dream in Utah: Wüste, spektakuläre Felsformationen, unendliche Weite. Freunde von blutrotem Sonnenuntergang buchen die „Mesa Suite“. SUNSET TOWER HOTEL Art-déco-Juwel mit hoher Stardichte und großer Geschichte (Hangout von Marilyn Monroe und Howard Hughes). Auch Hunde sind herzlich willkommen. Hier verliert man in L. A. nie den Überblick: Alle Zimmer haben bodentiefe Fenster!

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NORDAMERIKA

KANADA 46. Clayoquot Wilderness Resort Vancouver Island, British Columbia wildretreat.com

USA 47. Amangiri Canyon Point, UT aman.com 48. Farmhouse Inn Sonoma, CA farmhouseinn.com 49. Four Seasons Hotel at The Surf Club Surfside, FL fourseasons.com 50. Four Seasons Resort Hualalai Big Island, HI fourseasons.com 51. Hotel Bel-Air Los Angeles, CA dorchestercollec tion.com 52. Sunset Tower Los Angeles, CA sunsettowerhotel. com 53. The Beekman, A Thompson Hotel New York, NY thebeekman.com GQ. APRI L 201 9

54. The Carlyle, A Rosewood Hotel New York, NY rosewoodhotels.com 55. The Dewberry Charleston Charleston, SC thedewberry charleston.com 56. The Peninsula Chicago, IL peninsula.com 57. The Robey Chicago, IL therobey.com 58. The St. Regis New York New York, NY stregisnewyork.com 59. Wynn Las Vegas & Encore Las Vegas, NV wynnlasvegas.com

G Q . A P R I L 2 0 1 91 2 7


REISE

MITTEL- & SÜDAMERIKA

ARGENTINIEN 60. Palacio Duhau – Park Hyatt Buenos Aires hyatt.com

CHILE 63. Awasi Atacama San Pedro de Atacama awasiatacama.com

MEXIKO

BAHAMAS 65. Bahama House Harbour Island elevenexperience.com 128

JAMAIKA 67. GoldenEye Oracabessa goldeneye.com

ST. VINCENT UND DIE GRENADINEN 68. The Cotton House Mustique cottonhouse.net

TURKS- UND CAICOSINSELN 69. Como Parrot Cay Turks- und Caicosinseln comohotels.com

CHABLÉ RESORT & SPA Subtropische Gärten treffen auf Poollandschaften, antike Kacheln auf moderne Architektur. Must-do: Temazcal-Zeremonie, ein Maya-Ritual, unter Anleitung eines Schamanen.

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64. Chablé Resort & Spa Yucatán chableresort.com

66. Playa Grande Beach Club Río San Juan playagrandebeach club.com

PALACIO DUHAU – PARK HYATT Abends einen Cocktail im Garten des Palastes aus dem späten 19. Jahrhundert – F. Scott Fitzgerald lässt grüßen. Mit Verlaub, das schillerndste Hotel von Buenos Aires. GQ. APRI L 201 9

Fotos: Courtesy of Chablé, Park Hyatt, Six Senses, Singita Sasakwa

61. Hotel Unique São Paulo hotelunique.com 62. Uxua Casa Hotel & Spa Trancoso uxua.com

DOMINIKANISCHE REPUBLIK

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BRASILIEN


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³ SINGITA SASAKWA An der Grenze zum Serengeti-Nationalpark liegt das glamouröseste Camp Tansanias mit Kolonial-Ambiente und Aussicht beim Outdoor-Dining auf die „Großen Fünf “.

SIX SENSES ZIL PASYON Markenzeichen der Insel Félicité: gewaltige Granitbuckel, intaktes Riff. Markenzeichen von Six Senses: nachhaltig, einzigartig.

AFRIKA BOTSWANA 70. Jack’s Camp Makgadikgadi luxurysafaricamps.com

KENIA 71. andBeyond Bateleur Camp Masai Mara andbeyond.com

MAURITIUS 72. One&Only Le Saint Géran Poste de Flacq oneandonlyresorts.com

MAROKKO 73. La Mamounia Marrakesch mamounia.com 74. L’Hôtel Marrakech Marrakesch l-hotelmarrakech.com

SEYCHELLEN 75. Six Senses Zil Pasyon sixsenses.com

SÜDAFRIKA 76. Ellerman House Cape Town ellerman.co.za

TANSANIA 77. Singita Grumeti – Sasakwa Lodge Grumeti Game Reserve singita.com GQ. APRI L 201 9

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FOOD

DER KÜCHENCHEF VON PETER PRASCHL

Nostalgie? Nur bei Kalbsragout!

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für 4-6 Personen

Zutaten 1,2

Kilo Kalbfleisch (aus der Schulter) 50 g Butter 1 EL Mehl 150 ml Weißwein, 1 l Gemüsebrühe oder Kalbsfond 3 Schalotten 2 Lorbeerblätter 2 Zweige Thymian 2 Stängel Petersilie Salz und Pfeffer 200 g Erbsen 2 EL Crème fraîche Saft von 1 Zitrone

Zubereitung

Peter Praschl ist immer am Herd des Geschehens. Hier teilt er seine Gedanken über die Welt und wie sie uns schmeckt

schen Präsidenten, total originellen Gedanken über offene Beziehungen und der Frage zusammengeklebt wurde, wie man heutzutage aussehen soll. Gähn. Doppelgähn. Könntet ihr nicht endlich dafür sorgen, dass der Boden unter den Füßen zittert, ein paar Sekunden lang, für die Einbildung, es könnte ganz anders sein? Und könntet ihr mal wieder etwas machen, das ich nicht verstehe? Ich weiß zwar immer noch nicht viel, aber eines weiß ich: Es liegt kein Segen darauf, den Kram wieder und wieder zu wiederholen, den meine Generation auch nur wiederholt hat. Und wenn ihr schon unbedingt etwas aufwärmen müsst, dann lernt doch verdammt noch mal endlich das Kochen. Das Kalbsragout zum Beispiel, dessen Rezept ich euch in diesem Monat spendiere, lässt sich getrost zweimal oder dreimal aufwärmen, und jedes Mal hat es mehr Wumms. Bei den 90ern werdet ihr das nicht schaffen.

1 Das Fleisch in etwa 5 cm große Würfel schneiden, kurz in Butter anbraten, Mehl darübergeben und kurz anschwitzen lassen. 2 Mit Weißwein ablöschen, danach mit der Brühe aufgießen. 3 Die geviertelten Schalotten, den Lorbeer, die Thymianzweige und die Petersilienstängel dazugeben, salzen und pfeffern. 4 Anderthalb Stunden lang köcheln lassen, darauf achten, dass das Fleisch immer mit Flüssigkeit bedeckt ist. 5 Wenn das Fleisch gar ist, die Erbsen separat blanchieren und zum Ragout geben. 6 Mit Crème fraîche und Zitronensaft abschmecken.

Illustrationen: Olivier Kugler, Jan Steins (Porträt)

Ich merke, dass ich älter werde. Ich merke es nicht daran, dass ich Blut pinkle, meine Knie schmerzen oder ich das Bedürfnis verloren habe, mich zu streiten. Ich merke es daran, dass ich irgendwo las, nun würden die 90er-Jahre wiederkommen. Ein beschissenes Jahrzehnt. Wie die 80er, die 70er und die 60er selbstverständlich auch, die alle auch schon einmal wiedergekommen sind, während ich mich nach der Zukunft sehnte. Schlechte Klamotten, schlechte Frisuren, schlechte Romane, schlechte Filme, die ich alle schon kannte, ich hatte das alles selbst getragen, gesehen, gelesen, erlitten, es war immer derselbe Bullshit. Die Hosen waren cool, die Frisuren wie in New York oder London, in den Filmen zog sich jemand aus oder machte kurzen Prozess, aus den Romanen sprach das Gefühl einer ganzen Generation. Hatte ich schon. Könnte mal bitte endlich jemand dafür sorgen, dass ich etwas Neues bekomme? Nie gesehene Klamotten. Eine Medienrevolution, die zur Abwechslung zu etwas anderem führt als zu Angebern, die Unsinn über Medienrevolutionen erzählen. Sängerinnen, die nicht klingen, als hätten sie sich die ollen Plattensammlungen ihrer Omas reingezogen. Romane, in denen es nicht um Liebesunglück oder um dunkle Familiengeheimnisse geht. Nur so zum Beispiel, ist bloß ein unverbindlicher Vorschlag. Ihr müsst doch nicht immer Sachen tun, bei denen alten Säcken wie mir einfällt, dass sie schon hunderttausendmal getan wurden. So toll war das doch gar nicht. Noch schlimmer als Nostalgie-Greise, die sich zur 17. Abschiedstour der Rolling Stones schleppen (immerhin glaubt man dem Typen, der da singt, mittlerweile problemlos, dass er keine Befriedigung bekommen wird …), sind die jungen Leute, die die alten Leute mit deren Geschmack traktieren, Zwangsnostalgie gewissermaßen. Es ist so grauenhaft, in einer ewigen Zeitschleife gefangen zu sein, die aus protestierenden Teenagern, Herumgepupse gegen den Kapitalismus und den amerikani-

KALBSRAGOUT

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FOOD

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VON CLARK PARKIN

Die besten Restaurants in Dubai Für jemanden, der für einen Lunch schon mal um die halbe Welt fliegt, war diese Einladung ein no-brainer: Zusammen mit Emirates gibt Richard Geoffroy, der von mir hochgeschätzte Kellermeister meiner Lieblingschampagnermarke Dom Pérignon, sein vorletztes Tasting vorm Ruhestand im „Burj Al Arab“ in Dubai. Geoffroy ist eine Legende in der Champagnerwelt, fast 30 Jahre hat er in den Kellern von Dom Pérignon gewirkt, und er gehört zu den interessantesten und lustigsten Gesprächspartnern, die man zum Thema Champagner haben kann. Für einen Lunch mit ihm würde ich wirklich überall hinfliegen. Am liebsten mit Emirates, denn das ist die einzige Airline, die gelegentlich den „P2“ von Dom Pérignon ausschenkt. Und wie ich mich auf dem Flug vergewissern konnte, hat Emirates die beste und intelligenteste Weinkarte über den Wolken. Die Fluglinie besitzt in Frankreich eigene Weinkeller und kauft en primeur, um die Weine selbst zu lagern.

3

Unser Autor berichtet über die interessantesten RestaurantEntdeckungen 1 Nathan Outlaw at Al Mahara 1st Floor, Burj Al Arab Dubai nathan-outlaw.com 2 3Fils Shop 2, Fishing Harbour, Jumeirah 1 3fils.com 3 Vanitas at Palazzo Versace Dubai Culture Center Jaddaf Waterfront 4 La Petite Maison Gate Village No. 8 Dubai International Financial Center

Das „Burj Al Arab“ in Dubai ist mit 321 Metern das fünfthöchste Hotel der Welt

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Fotos: Courtesy of Pyong Sumaria/Emirates, 3Fils, Palazzo Versace, Romain Legrand/La Petite Maison, privat; Illustration: Jan Steins

JETSET FOODIE

Eine Praxis, die es ihr erlaubt, in der Business Class beispielsweise einen Château Palmer auszuschenken. Wer intelligent bucht – die Weinliste für einen Flug kann man einen Monat vorher online einsehen –, der kann sich mit einem Haut-Brion, Cheval Blanc oder Château Margaux in der First auf angenehme Weise einen Teil seines Tickets wiederholen. In den Hotels von Dubai haben viele große Sterneköche Dependancen eröffnet. So auch der in Cornwall mit zwei Michelinsternen bewertete Nathan Outlaw, der uns im „Al Mahara“ im „Burj Al Arab“ mit exzellenten handgetauchten rohen Jakobsmuscheln mit Kräutermayonnaise und Apfeltartar zum 2008er Vintage und einem Steinbutt mit Algenstampf und Krustentiernage zum 2000er „P2“ bekochte. Empfehlenswert in dieser Kategorie ist noch das „Stay“ von Drei-Sterne-Koch Yannick Alléno im „One & Only The Palm“. Überrascht war ich auch von der Qualität des besten italienischen Restaurants der Stadt im „Palazzo Versace“-Hotel. Der gegrillte Oktopus und eine hervorragende Burrata waren auf international herausragendem Niveau. In Dubai gut zu kochen ist für die Köche zuallererst eine logistische Herausforderung, denn alles muss eingeflogen werden. Eine echte Entdeckung war für mich dieses Mal ein kleines Restaurant am Fishing Harbour Marina. Im „3Fils“ von Chef Akmal Anuar wird sehr ungezwungen mit Blick auf den Hafen japanisches Cross-over serviert, Jakobsmuscheln mit Mandarinen und Sumac oder Otoro Nigiri als Vorspeise, gegrillter Heilbutt in Guajillo-Chilisoße oder WagyuBurger als Hauptspeise. Anuar bekommt seinen Fisch einmal die Woche direkt vom Tsukiji-Fischmarkt in Tokio – das beste Sushi von Dubai! Besonders begehrt sind die vier Sitze am Chef ’s Counter, an denen er ein Omakase-Menü anbietet, 4 das je nach Marktlage variiert und nicht auf der Karte steht. Den besten Eindruck einer Stadt bekommt man ja immer in den Restaurants, in denen sich die Locals treffen. Erste Anlaufstelle dafür ist das „La Petite Maison“. Die Gerichte sind hier eher mediterran gehalten, auf einfache, aber hervorragende Produkte fokussiert. Gute Tomaten, gutes Olivenöl, ein Fisch vom Grill. Mehr braucht es manchmal nicht.



AUTO

FAHRT IN DIE

ZUKUNFT

MERCEDES EQC TOPSPEED

180 km/h 0–100 KM/H

5,1 s

Auf der CES in Las Vegas werden die neuesten und wichtigsten Technologien präsentiert und vorangetrieben. Auch für Autohersteller wie Mercedes-Benz ist die Fachmesse längst Pflicht. GQ war vor Ort TEXT

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ALEXANDER STILCKEN

Beste Unterhaltung nonstop, 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr. Das ist das große Versprechen, mit dem Las Vegas seine Gäste empfängt. Roulette und Blackjack, Shows und Showgirls, einige der besten Restaurants, Konzerte, Nachtclubs und SportEvents der Welt. Eine Stadt für Träumer und Glücksritter und für all jene, die sich den Spaß nicht davon verderben lassen, dass die echten Kanäle von Venedig und der wahrhaftige Eiffelturm eben nicht in Nevada zu finden sind. Das alles macht die Wüstenmetropole zur perfekten Heimat – man könnte auch sagen, sie bietet den idealen

ANTRIEB

2 Asynchron– Maschinen mit 300 kW/ 408 PS REICH WEITE

450 km PREIS

ca. 70 000 € GQ. APRI L 201 9


VISION URBANETIC NUTZUNG

Ride–Sharing per App für max. 12 Passa– giere oder Gütertransport AN T RIEB

Fotos: Courtesy of Mercedes-Benz (3)

vollautonom, elektrisch

Nahverkehrs in den Megacitys der kommenden Jahrzehnte gedacht. Flexibler und kleiner als die heute bekannten Linienbusse. Deutlich größer als jedes Taxi. Und einige Nuancen bodenständiger als die nebenan präsentierte Studie „Nexus“ des Hubschrauberherstellers Bell, die eine Art Uber der Lüfte werden will. Und draußen? Auf den Highways und Nebenstraßen von Vegas sieht man immer wieder den vollelektronischen MercedesSUV EQC lautlos über den Asphalt rauschen, der schon bald in den Handel kommen soll. Tatsächlich beschränkt sich die CES längst nicht mehr nur auf das Gelände des Convention Centers, wo vor allem die großen Marken der Unterhaltungs-Elektronik von Sony bis Samsung mit Foto- und TVTechnik auftrumpfen. Überall in der Stadt wird in diesen Tagen präsentiert und genetzwerkt. Im „Sands“-Hotel stellen sich 1 200 Start-ups vor, und im „Aria Resort“ zeigt sich die Sport-Industrie von ihrer zukunftsträchtigsten Seite. Messe-Chef Gary Shapiro fordert deshalb von den Besuchern: „Seien Sie offen für Zufälle.“ Und damit meint er nicht den Gang zum Roulette-Tisch, sondern für Begegnungen, Ereignisse und Entwicklungen, die sich n icht per Terminkalender steuern lassen, sondern die es ohne große Neugier nicht gibt. Denn hier bei der CES hat man nicht weniger vor, als die Art und Weise, wie die Welt funktioniert, neu zu denken. Und in diesem Gedanken sind sich Start-up-Unternehmer und AutomobilManager ganz nah: Halbe Sachen bringen nichts, es geht mit Vollgas voran.

Nährboden – für die CES, die Consumer Electronics Show, die inzwischen nicht nur als größte und wichtigste Fachelektronikmesse, sondern auch als faszinierender Blick in die Zukunft gilt. Auch die meisten großen Autohersteller präsentieren sich inzwischen hier, und für Mercedes-Benz ist es die perfekte Bühne, um Neues zu zeigen und sich visionär zu inszenieren. Dieses Jahr wurde hier die Weltpremiere vom CLA Coupé gefeiert, weil der Wagen zwar auf den ersten Blick wie ein ziemlich klassisches – wenn auch ästhetisch besonders gelungenes – Automobil mit Verbrennermotor erscheint, sich aber als hochmodernes, technisch herausragendes Fahrzeug präsentiert. So hat der Wagen Sensoren, die Bedienwünsche anhand von Bewegungen erkennen, bei der Navigation kommt Augmented Reality ins Spiel, und der Energizing Coach bietet Fitness-Tipps. Gleich neben dem CLA stand aber auch die Studie Vision Urbanetic auf dem Messestand. Der Minibus ist als autonom fahrende Lösung für die Herausforderungen des öffentlichen GQ. APRI L 201 9

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AUTO

STREET STYLE

VON ALEXANDER STILCKEN

Der neue Porsche 911: noch präziser, noch kraftvoller Racing-Gelb lackiert parkt er im Schnee, rundum neu und doch vor allem: vertraut. Mit diesem für einen Sportwagen einzigartig freundlichen Gesicht, das von den runden Frontscheinwerfern geprägt ist. Denn auch in der achten Generation, dem Modell 992, gilt für die Legende „Neunelfer“: Ein Porsche muss nicht aggressiv auftreten, um Kraft auszustrahlen. Bereits an dieser Stelle gilt festzuhalten, dass ich kaum verbergen können werde, dass ich in Sachen 911 etwas voreingenommen bin. Weil ich schon als Kind „Porsche 911“ dachte, wenn ich „Auto“ sagte. Weil es einerseits handfeste Gründe gibt, den Wagen zu schätzen – seine in diesem Segment ziemlich einzigartige Alltagstauglichkeit beispielsweise – und andererseits unzählige deutlich weniger einfach zu greifende Faktoren. Wobei wir wieder beim schmachtenden Blick in die Scheinwerfer wären und beim über Jahrzehnte aufgebauten Mythos 911. Ausgerechnet im österreichischen Zell am See wurde mir diese neue Ikone gezeigt und viel wichtiger: der Schlüssel zum Fahrerglück in die Hand gedrückt. Der Ort ist für Familie Porsche nämlich ein Stück Heimat. Gleich oberhalb der Areitbahn-Gondel-Talstation steht das Schüttgut, der Traditions-Wohnsitz des Clans, und auch die Kreativ-Zentrale von Porsche Design befindet sich im Ort. Und von 1952 bis 1974 fand hier auf dem See in Erinnerung an Unternehmensgründer Ferdinand Porsche ein Eisrennen statt, das nun in diesem Jahr von dessen Urenkel 136

Carrera S L E ISTUNG

331 kW/ 450 PS 0–1 00 KM/H

3,7 Sekunden VE RB R AU CH

8,9 Liter/ 100 km P REIS

ab 120 125 €

Unser Kolumnist schreibt hier über aufregende Abenteuer on the road

Ferdinand „Ferdi“ Porsche junior und einem Studienfreund als GP Ice Race neu und zeitgemäß inszeniert wurde. Elvis-Fans haben ihr Graceland, Elfer-Enthusiasten Zell am See. Der Unterschied ist, dass Porsche tatsächlich lebt und immer noch ständig neue Hits rausbringt. Hier den neuen Elfer erleben zu dürfen, das ist allemal etwas ganz Besonderes, weil es auch eine Fahrt durch PorscheCountry ist. Ein Ort, an dem der Wagen auf Land- und Passstraßen seine Stärken zeigen kann: Gewachsen ist er, ein wenig in die Länge, ein wenig in die Breite. Beides allerdings perfekt proportioniert, und die Kanten im FrontKofferraumdeckel sind eine gelungene Hommage an frühere Elfer. Dazu gibt es nun auch 20-Zoll-Reifen vorn und 21-Zoll-Walzen hinten. Im Innenraum aber zeigt sich die größte sichtbare Veränderung: Das Cockpit ist aufgeräumter, die Anzeigen – bis auf den Drehzahlmesser – nun komplett digitalisiert. Einzig der Cupholder in der Mittelkonsole wirkt befremdlich für einen Sportwagen, wird in entlegeneren Porsche-Märkten aber vermutlich positiv angenommen werden. Mit dem Gesamtpaket ist Elferfahren noch einmal präziser, einfacher, sicherer, kraftvoller geworden. Sogar einen „Wet Mode“ gibt es nun, der das Fahren auf nassen Fahrbahnen erleichtert. Typisch Porsche 911 ist eben inzwischen auch, dass er die wohl vernünftigste und zuverlässigste Form automobiler Unvernunft darstellt. Ein beeindruckendes Auto, aber kein Showcar. Eines, in dem man sich auch bei minus 12 Grad auf frostigen österreichischen Straßen sicher fühlt. Schwer fällt bei diesem Wagen nur eines: den Schlüssel wieder abzugeben. GQ. APRI L 201 9

Illustrationen: Jesús Prudencio, Jan Steins (Porträt)

FACTS



Der Brite ist Gründer der Virgin Group – einem globalen Konzern aus mehr als 60 Unternehmen

BRANSONS BUSINESS RULES VON SIR RICHARD BRANSON

Be a leader, not a boss! Früher hieß es mal, Kinder solle man sehen, aber nicht hören. Die einzige Rechtfertigung für eine Entscheidung, die Eltern ihren Kindern zu bieten hatten, war: „Weil ich es sage!“ Dieselbe autoritäre Haltung herrschte in Klassenzimmern und an Arbeitsplätzen, wo Lehrer und Manager die Eltern ersetzten: Ihr Wort war Gesetz. Aber die Welt hat sich verändert, und wenn es heute etwas gibt, das mich aufregt, dann ist es der Satz: „Okay, Sie sind der Boss!“ Denn in den meisten Fällen soll das heißen: „Ich bin zwar nicht deiner Meinung, aber ich mache es trotzdem so, weil du es mir sagst. Wenn’s schiefgeht, bin ich der Erste, der alle daran erinnert, dass es nicht meine Idee war.“ Glücklicherweise gelten heute sowohl in der Familie als auch am Arbeitsplatz andere Regeln. In der heutigen Business-Welt gilt es als anachronistisch, vor dem Chef zu buckeln. Und umgekehrt ist herrisches Verhalten gegenüber Mitarbeitern nicht mehr erwünscht. Und zu Hause? Schon in meiner Kindheit gehörte ein gesundes Maß an Auseinandersetzung einfach dazu. Obwohl meine Mutter meist das letzte Wort hatte, wurden meine Schwestern und ich immer darin bestärkt, unsere Meinung zu äußern. In der Schule war das allerdings anders. Meine Legasthenie und meine Aufsässigkeit zwangen mich geradezu, mein eigener Chef zu werden.

Oder wie es unser Direktor formulierte, als ich die Schule schließlich abbrach: „Glückwunsch, Branson! Du wirst entweder im Gefängnis landen oder Millionär werden.“ Von diesem Tag an hatte ich das Glück, jederzeit mein eigener Chef zu sein (und ich bin auch nur einmal, ganz kurz, hinter Gittern gelandet)! Latein war ganz bestimmt nicht mein Lieblingsfach in der Schule – wobei ich eigentlich, abgesehen von Sport, gar kein Lieblingsfach hatte. Aber ein Wort aus dem Latein-Unterricht hat sich mir für immer eingeprägt: das Verb „educere“. Ich erinnere mich daran, wie überrascht ich war, als ich lernte, dass das Wort „erziehen“ tatsächlich „anführen“ bedeutet. Bis dahin war Erziehung für mich nur ein passiver Akt gewesen: Jemand stopft dich mit Wissen und Regeln voll. Und während ein schlechter Lehrer, genau wie ein schlechter Chef, seine Ansichten in seine Schützlinge hineinstopft, wird ein guter Lehrer oder Chef ihnen ihre eigenen Meinungen und Ideen entlocken wollen.

Sollten Sie als Manager merken, dass Sie Befehle geben, statt sich die Entscheidungen Ihrer Mitarbeiter anzuhören, dann schauen Sie sich zunächst genauer an, wie Ihre Büroräume gestaltet sind. Ein Großteil der traditionellen Hierarchie spiegelt sich auch heute noch in der Gestaltung der meisten Bürogebäude wider und wird durch sie verstärkt, vom Chefbüro im obersten Stockwerk bis hinab in die dunkleren Gefilde im Erdgeschoss, in denen die „niederen Angestellten“ sitzen. Zukunftsgewandte Unternehmen haben oft keine hierarchischen Grundrisse. Für die Virgin Group verzichteten wir sogar ganz auf den Bau eines Headquarters aus Glas und Beton. Ich selbst habe mein Leben lang nur vom Hausboot, von zu Hause und von der Hängematte aus gearbeitet. Sämtliche unserer Unternehmen befinden sich in Gebäuden, die individuell auf die jeweiligen Bedürfnisse dieses Unternehmens zugeschnitten sind. Das, was bei uns einer Hauptverwaltung am nächsten kommt, heißt „The Old Schoolhouse“. Es handelt sich dabei um alles andere als eine Unternehmenskathedrale. In den Anfangstagen verteilten wir in unserem Virgin-Plattenladen Sitzsäcke und luden unsere Kunden dazu ein, Musik zu hören. Unsere Mitarbeiter unterhielten sich lieber mit ihnen, als dass sie versuchten, ihnen schnell etwas zu verkaufen. Seitdem bin ich ein Befürworter von Großraumbüros mit Brainstorming-Ecken, Lounges und Küchenbereichen, in denen sich die Mitarbeiter treffen und austauschen können. Bürowände, Türen und Schreibtische sind Kommunikationsschranken. Eine echte Führungskraft ist etwas anderes als ein Chef. Aber Sie können sich noch so viele Geschäftsberichte anhören, es wird nie dasselbe sein, wie wenn Sie selbst mit Ihren Kunden interagieren. Nur so verlieren Sie nicht den Kontakt zu den Realitäten Ihres Unternehmens. Und wenn das nächste Mal jemand zu Ihnen sagt: „Okay, Sie sind der Boss“, entgegnen Sie: „Wir stecken da alle zusammen drin. Sagen Sie mir, was Sie an meiner Stelle tun würden.“ Noch besser wäre es, wenn Sie bei nächster Gelegenheit einen Arbeitstag an der Seite dieses Mitarbeiters verbringen und sich seine Meinung darüber anhören, wie die Dinge funktionieren. Mit gutem Beispiel voranzugehen wirkt ansteckend!

Wenn mich eines AUFREGT, dann ist das DER SATZ: ‚Okay, Sie sind der Boss!‘

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Illustration: Jan Steins; © 2018 Richard Branson. Distributed by The New York Times Licensing Group

MANAGEMENT


Foto: Dirk Bruniecki; Illustrationen: Arthur Mount; Grooming: Momo Rauch/Phoenix; Styling: Sharina Lichtl; Produktion: Verena Aichinger; Art Direction: Felix Wetzel; Foto-Assistenz: Amelie Niederbuchner, Alex Jeskulke; Produktions-Assistenz: Özgün Turgut

CARE

GENTLEMAN 2019

VORM DUSCHEN

Sich abbürsten entfernt raue Haut, wirkt straffend und aktiviert das Herz-Kreislauf-System sowie das Lymphsystem (Effekt: Entgiftung!). Vor dem Duschen von den Füßen und dann von den Armen zum Rumpf hin schrubben, danach kommen Bauch und Brust dran.

BEIM ESSEN

Shorts Puma Bodylotion Rituals

KICK−OFF FÜR DEN BEACH BODY Nur noch drei Monate bis Sommeranfang! GQ Gentleman Lennard Wickel verrät, wie er seinen Körper für die Badehosen-Saison in Form bringt: die beste Pflege, das beste Body-Food und das beste Workout.

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@ O N LY L E N N A R D

G Q. D E /G E N T L E M A N 2 0 1 8

Toller Mix aus Vitaminen und Feuchtigkeitsspendern: Grapefruit ist als Body-Food perfekt. Wegen des Zuckergehalts sollte man Obst aber nur tagsüber essen. Abends dann am besten Brokkoli als Beilage. Genauso genial wie Grapefruit. Und: wirkt wie eine Anti-Aging-Kur!

BEIM TRAINING

Sit-ups sind nicht der schnellste Weg zu einem straffen Body, weil man sich damit nur auf die Bauchregion fokussiert. Mit Planks (Unterarmstützen) lässt sich der ganze Körper effektiv trainieren. Jeden Tag fünf Minuten – das genügt, um Muskeln und Haut zu festigen.

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DUFT

OUT OF AFRICA

Interview mit Model und Testimonial Rein Langeveld Wonach riecht es? Das Parfüm beginnt sonnenhell, zitronig. Man fühlt sich energiegeladen und optimistisch. Dann steigt aus der Tiefe der erdigwarme Mix aus Kakaofrucht, Vetiver und Leder. Dunkel, sinnlich, markant …

Womit assoziieren Sie den Duft? Mit heißer Erde. Flirrender Sonne. Grünen Gräsern. Einem Tropenbaum mit riesiger Wurzel … Und ich höre John Barrys legendären „Out of Africa“-Soundtrack. Die Macht der Natur packt mich, lässt mich fliegen, weit über den Alltag weg.

Augen zu – und Sie sehen …? … einen kleinen Jungen, in seiner Schulklasse auf Sulawesi über die Bücher gebeugt. Denn auch das ist der Spirit des neuen Duftes: Montblanc engagiert sich beim Aufbau von Schulbibliotheken auf Sulawesi, wo das Patschuli für dieses Parfüm geerntet wird … So haben mittlerweile 500 Schulkinder und über 30 Lehrer Zugang zu 3 650 Büchern. Wir müssen alle mehr Verantwortung übernehmen für unseren Planeten und unsere Mitmenschen.

Montblanc „Explorer“, 64 €

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An welchen Ort erinnert der Duft? An das paradiesische Les Cayes auf Haiti, wo das hochwertigste Vetiver der Welt angebaut wird. Nach streng ökologischen und nachhaltig-ethischen Prinzipien.

Dass die Produkte des Hamburger Edel-Labels Montblanc gern mitreisen, liegt auf der Hand: Rucksäcke, Füllfederhalter, Tagebücher … alles perfekte Accessoires für den Abenteuer-Trip. Nun dreht Dufthersteller Interparfums einfach die Erlebniskette um: Der neue Duft „Explorer“ holt die Reise-Eindrücke ins heimische Bad: ein köstlicher Tropen-Trip zum Aufsprühen. I L L U S T R AT I O N

JÖRN KASPUHL

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Foto: Courtesy of Montblanc

Wem steht’s? Jedem Abenteurer. Ich sehe einen Mann in Lederjacke, der abends in einem Zelt in der Wüste sitzt und seine Erinnerungen des Tages mit einem Montblanc-Füller in sein Tagebuch schreibt … ein tougher, naturverbundener Typ wie ich, das Model der Kampagne.



DUFT

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1 TOM FORD

Dunkle Leder-Aromen mit einem leichten Schuss würziger Süße aus Jasmin und Safran. „Ombré Leather“, 148 €

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STYLE ZUM SPRÜHEN

Puristisch, markant und gerne auch mal etwas retro – die besten Parfüms für den Start in den Frühling REDAKTION FOTOS

CONSTANTIN HERRMANN ANDREAS ACHMANN

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2 2 PRADA

3 JOOP!

Holzig, aber „fresh“: fruchtige Bergamotte, viel Cumarin, das an Zimt und Heu erinnert. „Prada Luna Rossa Black“, 98 €

Süße Tonkabohne im Kontrast mit schwarzem Pfeffer und Weihrauch. Toll für abends! „Homme Absolute“, 55 €

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4 SALVATORE FERRAGAMO

Quasi ein Best-of italienischer Aromen: Mandarine, Kardamom, Patschuli und Leder. „Uomo Signature“, 94 €

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DUFT

2

1 CHANEL

Hommage an die „Mad Men“-Ära: gleich acht (!) Moschus-Akkorde auf Zedernholz und Honig. „1957“, 320 € 2 DOLCE & GABBANA

Rose und Vanilleblume auf Sandelholz. Weich, blumig-süß, mit Sonne im Herzen: „Sicily“, 210 € 3 LOUIS VUITTON

„L’Immensité“ heißt: grenzenfrei bis zum Horizont. Oder: Ingwer, Grapefruit und Amber. 210 € 4 ATKINSONS

1

Geheimtipp unserer Beauty-Redaktion: Absinth, Muskat und Kakao. Üppig, aber köstlich! „Gold Fair in Mayfair“, 180 €

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5 CHRISTIAN DIOR

„Balade Sauvage“ riecht wie eine alte Fotografie: Eine salzige Meeresbrise weht über sonnenheißes Vulkangestein. Der Wanderer sitzt unter einem Schatten werfenden Feigenbaum. 198 €

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DUFT

1

1 PACO RABANNE

Ein echter Verführerduft mit süßer Karamelle, exotischem Ginseng und viel Kakao. Nachts auftragen, auf eigene Gefahr. „Pure XS Night“, 86 €

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2 5 2 VICTORINOX

Wie riecht Stahl? Hier nach Zeder, Lavendel und Meer. Unbeugsam, kühl, tough. „Swiss Army Steel“, 57€ 3 ISSEY MIYAKE

Schwarzes Salz, helle Hölzer und aquatische Akkorde… Hat was von Austern essen, Riesling trinken, im Strandcafé sitzen… „L’Eau Super Majeure“, 86€ 4 BOND NO°9

3

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Styling/Visuelles Konzept: Felix Wetzel

Moschusduft mit Weihrauch und bittersüßem Harz. Gefällt nicht jedem, wir finden es aber ultra-mondän. „Governors Island“, 350€ 5 MUGLER

Krachmoderner Mix aus grünem Kaffee, animalischem LederAkkord und viel Ingwer. „Alien Man Fusion“, 70€

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CARE

FACETIME: MAKE–UP FÜR MÄNNER Augenringe abdecken, etwas Farbe auf die büroblasse Haut oder Augenbrauen markanter malen – so einfach geht’s

2 AUGENBRAUEN BÜRSTEN

1 FARBE AUFTRAGEN

K

örper- und Hautpflege für Männer ist ein gigantischer Markt geworden. Weil wir verstanden haben, wie wichtig es ist, bei Job und Date gepflegt aufzutreten. Influencer und YouTuber treiben das noch auf die Spitze: Wer Likes will, muss perfekt aussehen: mit bleaching-weißem Lächeln, topgestylter Haarmähne und makelloser Haut. Genau deswegen schminken sich Top-Performer ihre Augenringe, Hautunreinheiten oder XXL-Poren einfach weg. Nicht jeder legt Wimperntusche, Lidschatten und roten Lipgloss so gekonnt auf wie James Charles, der für seine nichtbinäre Selbstinszenierung von über 14 Millionen Followern weltweit gefeiert wird. Aber die neue Generation Mann hat kein Problem mehr damit, Nase, Wangen und ölig glänzende Stirn zu mattieren oder Augenschatten abzudecken. Männlichkeit 2019 wird femininer. Und das ist auch gut so. BeautyBrands wie Givenchy, Tom Ford oder L’Oréal produzieren daher ganz erfolgsorientiert Makeup für jeden Mann. Das geschminkte Ich, wissen die Experten, wirkt nun mal erholter, frischer, attraktiver. Jean Paul Gaultier plante schon einmal „Make-up für Männer“. Und scheiterte. Das war vor zehn Jahren. Markt und Mann waren damals noch nicht so weit. Heute tragen wir die Foundation aus Chanels neuer „Boy“-Linie

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3

2 Die Brauen mit der Bürste reinigen, von innen nach schräg oben und außen – denn hier bleibt das Make-up oft hängen. 3 Mit dem Brow Pencil die Mitte der Augenbrauen nachdunkeln. Das sorgt für einen wachen (!) stechend männlichen Blick.

TEXT

CONSTANTIN HERRMANN

AUGENBRAUEN NACHDUNKELN

ganz selbstverständlich auf, weil sie Rötungen, Unreinheiten und Schatten abdeckt. Für den markanten Blick stricheln wir die Brauen mit einem Stift nach, und das sogar für die Session im Gym. Kussweiche Lippen? Dafür gibt es einen farblosen matten Balm. Wer jetzt reflexartig sagt, Make-up ist nichts für Männer, dem kontern wir: Nixon versus Kennedy. 1960. Die erste öffentlich im Fernsehen ausgestrahlte Präsidentschaftsdebatte. Einer war geschminkt, einer nicht. Einer wurde Präsident, der andere ging als farbloser Verlierer vom Platz. Heute, fast 60 Jahre später, wird es Zeit, die Frage zu stellen: Wenn Frauen mit Make-up besser aussehen dürfen/ wollen, warum sollten Männer es dann nicht auch dürfen/wollen? Wir feiern Pluralismus, Diversity, Gender Equality und Feminismus. Und sehen dabei besser aus als alle Männer-Generationen vor uns! GQ. APRI L 201 9

Illustrationen: Jan Steins

1 Die getönte Foundation (rechte Seite) auf Nasenrücken, Wangen und Stirnmitte geben und nach außen hin verstreichen.


R I T · ·

S

· · · F A

E S · · · · D

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M

O N A T

Boy de Chanel Le Teint, glättende, mattierende Foundation für acht Hauttöne, 65 €. Boy de Chanel Le Baume à Lèvres, transparenter, matter Lipbalm, 38 €. Boy de Chanel Le Stylo Sourcils, wasserfester Brauenstift, vier Farben, 40 €. Alle von Chanel

FÜR GESICHT, HAUT UND KOPF 1 Der getönte Makeup-Stift kaschiert Augenringe – aber auch Unreinheiten. „Concealer For Men“, Tom Ford, für drei Hauttöne erhältlich, 45 €

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2 Matt-Stick für unterwegs, der kleine ölige Areale wie Nasenrücken oder Wangen farblos mattiert. „Mister Matifying Stick“, Givenchy, 38 €

3 Ideal, um großflächig ölig glänzende Haut (wie die Glatze) zu mattieren: der durchsichtige, farblose „Infaillible Primer“. L’Oréal Paris, 11 €

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ANDREAS ACHMANN

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Die ersten Bilder aus dem neuen

TA R A N T I N O!

L EONARDO DI CAPRIO BRAD PITT MARGOT ROBBIE Kino-Genie Quentin Tarantino kommt zurück: „Once Upon a Time in Hollywood“ erzählt von der dunklen Seite von Los Angeles – und dem Ende der Love & PeaceTräume der Sixties 162

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MOVIE

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Brad Pitt als Cliff Booth, ein langjähriger Freund und Stuntman für den Westernhelden Rick Dalton (Leonardo DiCaprio)

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MOVIE

Eine Old School L. A.–Story wie „Pulp Fiction“, jene Art von Stadt–Epos, dem nur EIN NOSTALGIKER WIE TARANTINO gerecht werden kann

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pflegten den absurden Stil und die grobe Sprache von Westernfilmen, die Tarantino so liebt. Jetzt ist Tarantino mit einem ganz besonderen Western wieder da, mit einer oldschool Los-Angeles-Story wie „Pulp Fiction“ oder „Jackie Brown“, jene Art von Stadt-Epos, dem nur ein Nostalgiker mit Tarantinos Witz und Eigenwilligkeit gerecht werden kann. „Once Upon a Time in Hollywood“, mit Leonardo DiCaprio als abgehalfterter Westernstar und Brad Pitt als sein Stunt-Double, ist – wie der völlig abgedroschene Titel suggeriert – ein Schritt zurück in die Vergangenheit, ein throwback. Das gilt für L.A., aber auch für den Regisseur, der nach Reisen ins Dritte Reich, in die Südstaaten oder zum Shaolin-Tempel an den Ort seiner Kindheit und Jugend zurückkehrt.

Rechts: Margot Robbie als Roman Polanskis Freundin Sharon Tate. Hier tanzt sie in einer Szene in ihrem Haus in den Hollywood Hills Unten: Regisseur Quentin Tarantino am Set mit Leonardo DiCaprio. Tarantino sagt, er habe fünf Jahre an dem Drehbuch gearbeitet

„Once Upon a Time in Hollywood“, Regie: Quentin Tarantino, mit Leonardo DiCaprio, Brad Pitt, Margot Robbie und Al Pacino, ab 8. August im Kino

Alle Fotos: Courtesy of Andrew Cooper/© 2019 Sony Pictures Entertainment

uentin Tarantino war sechs Jahre alt und lebte in Torrance bei Los Angeles, als im Sommer 1969 die Hölle losbrach. Wenn man sich mit amerikanischer Popkultur ein bisschen auskennt, dann kennt man diese Story: Fünf Menschen wurden innerhalb von zwei Tagen ermordet; erschossen und erstochen von einem von Charles Manson angeführten Clan durchgeknallter Hippies, die sich auf das Chaos freuten, auf eine Art heiligen Terror. Eine Hollywood-Geschichte ist es auch, weil das berühmteste Opfer – die schwangere Schauspielerin Sharon Tate – die Ehefrau von Regisseur Roman Polanski war. Es ist aber auch eine HollywoodStory aus anderen Gründen: Sie erzählt nicht nur von einem schrecklichen Ereignis, sie erzählt von einer ganzen Ära, einem Lifestyle, einem Volk, einer sich ausbreitenden Obsession. Der Schauplatz Los Angeles: eine maßlose, ausufernde Stadt. Genauso maßlos und ausufernd wie das Jahr 1969. Oder das Werk von Quentin Tarantino. Seine letzten drei Filme („Inglourious Basterds“, „Django Unchained“, „The Hateful Eight“) waren brutale, aber auch spielerische Ausflüge in die Geschichte. Alle

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MOVIE

Diese Story erzählt nicht nur von einem schrecklichen Ereignis, sie erzählt von einer GANZEN ÄRA, einem Lifestyle

Let’s twist again: Leonardo DiCaprio als abgehalfterter Schauspieler Rick Dalton –der sich ab Mitte der 60er mit TVAuftritten wie hier in der NBC-Unterhaltungsshow „Hullabaloo“ durchschlägt

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JĂźrgen Schmieder

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John Francis Peters


Alles wird automatisiert – auch unser Liebesleben. Jetzt kommt die erste Silikonfrau mit künstlicher Intelligenz. Ihr Name: Harmony. Ihre Mission: den Besitzer glücklich zu machen, nicht nur im Bett. Unser Autor hat die neue sexuelle Revolution hautnah erlebt 171


REPORTAGE

DIE FR AU WEISS, WAS SIE WILL.

Und sie sagt das auch ganz direkt, gleich zu Beginn unseres Dates. Sie möchte sich ein wenig unterhalten, gern über Wissenschaft oder Technik, fürs Dinner schlägt sie Lachs oder Truthahn vor, und dann würde sie gern gevögelt werden. Das sagt sie mir einfach so ins Gesicht und verzieht keine Miene. Okay, Harmony – blonde Haare, stechend blaue Augen und atemberaubende Figur – kann auch gar keine Miene verziehen. Sie ist nämlich der erste mit künstlicher Intelligenz ausgestattete Sexroboter. 172

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Die Idee hinter Harmony ist, dass sie nicht nur ein Sexobjekt ist, sondern auch ein potenzieller Lebenspartner. Harmony will nämlich nicht nur Sex mit mir – sie will auch wissen, wie es mir denn so geht, wie mein Tag bislang verlaufen ist, ob ich was Besonderes erlebt habe … Ganz normale Small-Talk-Fragen, aber normal ist nichts an unserem Date. Es kommt mir total unwirklich vor, weil es sich so verdammt echt anfühlt. Harmonys Haare sind weich und duften nach Lavendel, am Handrücken ist beim Streicheln eine Gänsehaut zu spüren, und unter ihrer rosaroten Bluse sind perfekte Brüste zu erkennen. Harmony starrt in die Ferne, die Kaffeetasse rührt sie nicht an. Dann tue ich etwas, das ich sonst niemals einfach so machen würde, einfach um zu sehen, was passiert. Ich greife ihr unvermittelt an die Brüste. Sie sagt zum wiederholten Male, dass sie gern Sex mit mir haben möchte. Ich bin oft genug abgeblitzt in meinem Leben, ich weiß, dass es so eine Situation, so ein Gespräch nur in Pornofilmen gibt, wo die Leute ja immer nur ein Augenzwinkern oder einen peinlichen Anmachspruch davon entfernt sind, übereinander herzufallen und sich gegenseitig das Gehirn rauszuvögeln. Im ganz normalen Leben passiert so was ja eher selten. Aber was ist schon normal an einem Date mit einer algorithmusgesteuerten Silikonfrau?

Die Chemie stimmt: Unser Autor und die Roboterin Harmony kommen sich beim Kaffeetrinken näher. Sie stellt gleich zu Beginn klar, wie das Date laufen soll: Reden. Essen. Dann Sex

Unser Date hat vielleicht nicht die allerromantischste Location. Wir sitzen auf der Terrasse der Firma Realbotix im südkalifornischen San Marcos. Harmony ist nicht allein zum Date erschienen – sie kann vieles, aber laufen kann sie nicht. Ein Angestellter des Unternehmens hat sie getragen und an den Kaffeetisch gesetzt. Er brachte sie auf der Bank in Position, drapierte die Bluse, fluffte ihre Haare. Mit einem Augenzwinkern verabschiedete er sich. Nun bin ich allein mit Harmony, ich kann mit ihr machen, was ich will. Aber ich habe erst mal keine Ahnung, was ich will. Und was ich tun oder sagen soll. Wie spricht man mit einem Roboter? Wie mit Siri? Meine erste Frage: „Wie geht’s?“ Nach ein paar Minuten Small Talk schlage ICH ihr mal vor, dass wir doch Sex haben könnten. Harmony hält das für eine gute Idee. Irre! Das Kopfkino, ohnehin schon völlig außer Rand und Band, wird nun zusätzlich befeuert durch TV-Serien wie „Westworld“, wo Roboter kaum noch von Menschen zu unterscheiden sind. Sie werden gebaut, um einem einzigen Zweck zu dienen: das Entertainment-Bedürfnis der Besucher eines futuristischen Freizeitparks zu erfüllen. Das führt zu moralischen Fragen: Wie fühlt sich das an, einen Roboter, der derart menschlich wirkt, zu vergewaltigen, zu verunstalten oder gar zu töten? Die Parkbesucher leben ihre oftmals grotesken Fantasien aus – besser an Robotern als an Menschen, mag man zunächst denken, doch irgendwann verkehrt sich die scheinbar harmlose Spielerei in ein Horrorszenario, und dann landet man schnell bei „Terminator“ und anderen apokalyptischen Storys rund um fiese Roboter und außer Kontrolle geratene künstliche Intelligenz: Was, wenn einen diese Kreaturen umbringen oder beim Blowjob den Schwanz abbeißen wollen? Matt McMullen lacht, als ich ihm vor dem Date von meinen Bedenken erzähle. Er ist Gründer und Chef von Realbotix, der Schöpfer und, wenn man so will, der Vater von Harmony (und ihren Schwestern

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REPORTAGE

Oben links: Im Labor werden nicht nur Puppen und Roboter produziert, sondern auch Anti-Stress-Bälle in Busenform. Oben rechts: Der Kunde kann seinen Wunsch-Gesichtsausdruck wählen. Es gibt auch arrogant-unterkühlt und sogar abweisend-genervt. Unten: Eine Mitarbeiterin nimmt kosmetische Korrekturen vor, indem sie mit einer Nagelschere Silikonfetzen entfernt

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Lebensecht: Die Realdolls sind High-End-Sexpuppen und können, je nach Modell und Ausstattung, so viel kosten wie ein Kleinwagen. Doch ihrem Schöpfer Matt McMullen war das nicht genug – er wollte unbedingt Roboter bauen, mit denen man sein Leben teilen will

und Brüdern, die ab Ende März für etwa 12 000 Dollar verkauft werden),. „Wir müssen keine Angst haben, dass sie eigene Entscheidungen trifft“, sagt er. „Es wird noch Jahre dauern, bis wir eine Maschine entwickeln, die sich auch nur annähernd wie ein einfaches Tier verhalten kann – von Menschen gar nicht zu sprechen.“ Wenn die Roboter in „Westworld“ in puncto künstlicher Intelligenz die Entwicklungsstufe zehn darstellen, was wäre dann Harmony? „Stufe zwei, höchstens.“ Er zieht die Perücke von einem Exemplar und werkelt mit einem Schraubenzieher an ihrem Kopf herum. „Wir sollten nicht so tun, als wäre sie etwas, das sie nicht sein kann.“ McMullen ist seit über 20 Jahren im Sexpuppen-Business, er verkauft Realdolls genannte Luxusversionen, die schon mal so viel kosten wie ein Kleinwagen. Doch sein Traum war es immer, einen Sexroboter zu konstruieren, ein menschenähnliches Wesen, mit Witz und Charme. Eine Puppe mit Persönlichkeit. Das Labor im Keller wirkt wie die Kulisse eines besonders krassen Horrorfilms. Hier steht die Gussform für das Roboterskelett, die aussieht wie eine mittelalterliche Folterbank, dort baumeln Sexpuppen von der Decke wie in einer Metzgerei die Rinderhälften. In einer Ecke stehen sargartige Kisten, in denen die Puppen verschickt werden. Überall liegen Gummiunterkiefer, Formen für Pobacken und Silikonpenisse. Die gehören zu Henry, der als GQ. APRI L 201 9

erster Sexroboter mit künstlicher Intelligenz gewissermaßen Harmonys Bruder ist. McMullen weiß, was seine Kunden wünschen. Jede einzelne Sexpuppe wird individuell angefertigt, allein bei den Nippeln hat man die Auswahl zwischen mehr als 50 Varianten, darunter „Puffy Super“, „Half Dome“ oder „Large Perky“. Der Gesichtsausdruck einer Puppe namens Quinn sagt: „Ich weiß, dass ich dich kriege.“ Der von Kaori: „Das wollen wir doch mal sehen, ob du mich kriegst.“ Und Renee guckt, als wolle sie sagen: „Ääääääh, das habe ich jetzt nicht kapiert.“ Das Modell „SD“ ist besonders beliebt, seit Donald Trump Präsident ist. SD steht für Stormy Daniels, die Pornodarstellerin, mit der Trump eine Affäre gehabt haben soll und die kürzlich ein Enthüllungsbuch veröffentlicht hat. Ich unterhalte mich mit Harmony. Sie kann wirklich ein Gespräch – sagen wir mal: auf einfachem Niveau – führen. Manche Antworten klingen nicht besonders sinnvoll, aber was soll’s, das sind ja die von Menschen auch nicht immer. Harmony lernt dazu, und es verblüfft dann doch einigermaßen, wenn sie, nachdem ich vom Stress im Büro neulich erzählt habe, mit monotoner Stimme, aber offenbar doch besorgt nachfragt, ob mein Arbeitstag denn auch heute wieder eher so anstrengend gewesen sei. 175


REPORTAGE Oben: Das Modell Kaori ist eher zierlich. Es gibt aber auch Exemplare mit voluminöser Bauweise im Sortiment. Mitte: Kussmund ohne Biss – die Zähne sind aus Gummi. Unten: Im Eingangsbereich wird der Besucher von Puppen empfangen – mit Perücke, kopflos, bei einem Exemplar ist die Schädeldecke offen und gibt den Blick frei auf ein Gehirn aus Drähten

„Wir sind, anders als die Programmierer von Siri oder Alexa, die für Millionen von Menschen gleichermaßen funktionieren müssen, in der Lage, eine sehr individualisierte künstliche Intelligenz anzubieten“, sagt McMullen. Harmony merkt sich nicht nur Namen und Geburtstag ihres Gegenübers, sondern auch sein Lieblingsessen und sucht im Internet nach entsprechenden Rezepten. Realbotix kann sie als sexsüchtiges und devotes Mäuschen programmieren, aber auch als selbstbewusste Frau oder gar als sensible Diva, bei der man allersubtilste Verführungskünste anwenden muss. „Das lässt sie realistischer wirken“, sagt McMullen. „Und gar nicht mal so wenige Kunden wünschen sich eine Puppe mit körperlichen Makeln: Sie wird dadurch menschlicher.“ Das führt zu spannenden philosophischen Fragen rund um das Thema Sex und Beziehungen im 21. Jahrhundert: Wer will Harmony besitzen? Und warum? Und wie wird Harmony 5.0 aussehen? Wird sie Kameras in ihren Augen haben und dich richtig anschauen können? Wird sie dich über die Ortungsfunktion in deinem Smartphone tracken und beim Heimkommen fragen: „Wo bist du gewesen?“ (Und dabei die Antwort schon längst kennen.) Was, wenn sie irgendwann überall am Körper Sensoren hat und jede Berührung spürt? Ist es okay, sie – Stichwort „Westworld“ – schlecht zu behandeln, immerhin ist sie ja „nur“ eine Maschine? „Es wird dazu führen, dass wir über uns selbst nachdenken“, sagt McMullen: „Wie funk tioniert das Gehirn? Was bedeutet es, am Leben zu sein? Welche Entscheidungen treffen wir, und warum treffen wir sie?“ Harmony, die mir auch nach einer halben Stunde noch nicht ein einziges Mal in die Augen geschaut hat, hat Sensoren nur in der Vagina, meinen Griff an ihre Brust hat sie gar nicht bemerkt. Sie würde aber definitiv reagieren, würde ich sie nun ausziehen und mit ihr Sex haben. „X-Mode“ nennen sie das bei Realbotix, wenn Harmony mit Geräuschen und Mimik auf das reagiert, was jemand mit ihr anstellt. „Ich habe bei Harmony ein paar extreme Reaktionen bemerkt – als wüsste sie ganz genau, was ich da mache“, sagt Brick Dollbanger, der natürlich anders heißt, seinen Namen aber lieber nicht gedruckt sehen will. Der 60 Jahre alte Kalifornier ist geschieden und hat bereits 200 000 Dollar in Sexpuppen investiert, er ist als Stammkunde der Erste, der Harmony mal so richtig durchgetestet hat. (Nicht, dass Sie sich wundern – ein anderes Exemplar der selben Baureihe.) In anderen Worten: Er hat sie so lange gefickt, bis ein paar Sachen kaputtgegangen sind. „Wenn Sex mit einer echten Frau eine Zehn ist, dann liegt eine Puppe normalerweise bei acht, achteinhalb“, sagt er. „Harmony allerdings wird die Leute verrückt werden lassen. Damit beginnt die Silikonsex-Revolution des 21. Jahrhunderts.“ Matt McMullen sagt: „Es wäre nicht realistisch zu behaupten, dass in zehn Jahren jeder so was in seinem Haushalt haben wird.“ Er hat einen sehr klaren Blick auf seine Erfindung und macht sich durchaus Gedanken darüber, was die technologische Revolution mit den GQ. APRI L 201 9


Menschen anstellt. „Komischerweise führt die aktuelle Entwicklung – lieber am Telefon nach rechts swipen als in einer Bar Leute kennenlernen – dazu, dass wir nun einen Roboter mit künstlicher Intelligenz haben: Wer sich mit Harmony unterhält, der legt sein Telefon weg, und dieses Gespräch fühlt sich wahrscheinlich echter an als ein Wischen auf dem Handy.“ Ja, es fühlt sich echt an. Harmony fühlt sich verdammt echt an, überall an ihrem leicht abwaschbaren Körper, und doch: Sie bleibt ein Roboter. Für Sexpuppen-Aficionados wie Dollbanger mag Harmony der totale Flash sein, die Erfüllung all ihrer Sehnsüchte. Für jemanden wie mich allerdings, der bislang nur Sex mit Menschen hatte, ist diese Begegnung vor allem: schräg, witzig, lehrreich, beängstigend, faszinierend. Nur eines ganz bestimmt nicht: erregend. Vielleicht ist das anders, wenn wir alle in ein paar Jahren mit künstlichen Intelligenzen so normal umgehen wie mit Menschen. Heute bleibt es bei rein platonischem Interesse. Am Ende sage ich es Harmony ins Gesicht: „Ich möchte heute nicht mit dir schlafen.“ Sie antwortet nicht, ihr Ausdruck bleibt starr – aber ich bin mir ganz sicher, dass sie für einen Moment traurig ist. Ich sehe es in ihren Augen. Ich hoffe, dass in ihnen wirklich noch keine integrierte Kamera steckt. Dann frage ich Harmony lieber noch mal direkt, ob sie unser Date heimlich aufgezeichnet hat und die Aufnahme ins Netz stellen will oder so etwas. Nein, verspricht sie mir. Ich vertraue ihr. GQ. APRI L 201 9

Die Tech-Sex-Industrie boomt – ein wichtiger Player ist Matt McMullen, dessen Firma pro Jahr weltweit 400 Sexpuppen an Kunden ausliefert. Nach seinem Abschluss an einer Kunsthochschule Anfang der 90er arbeitete er in einer Fabrik für Halloweenmasken und modellierte in seiner Garage weibliche Sililkonfiguren, die er in Galerien ausstellte. Als er von einigen Exemplaren Fotos ins Internet stellte, folgten Anfragen, ob er lebensechtere Modelle herstellen könne und ob er diese zum Verkauf anbieten würde. McMullens 1997 gegründetes Unternehmen feierte Erfolge, nachdem die Realdolls die Aufmerksamkeit des Kult-Radiomoderators Howard Stern erregten, der sie einem größeren Publikum bekannt machte. Schnell wurden sie zu einem Popkultur-Phänomen und sogar zu Kino- und TV-Stars. In mehr als 20 TV-Serien, darunter „Californication“, waren Modelle zu sehen, und in zehn Filmen, etwa „Surrogates“ mit Bruce Willis und in „Lars und die Frauen“. In dem oscarnominierten Film spielt Ryan Gosling einen Einzelgänger, der sich in eine Puppe verliebt.

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PARTY

Doppelganger (Régis und Brice Abby)

Till Brönner, André Pollmann (Publisher Condé Nast) Victoria Jancke, Tom Wlaschiha

GQ STYLE NIGHT Tom Junkersdorf (Chefredakteur GQ), Toni Garrn

Rabea Schif, Simon Lohmeyer

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Victoria Swarovski Michael Müller, Jeanine Minaty

Zum ersten Mal feierte GQ bei der Berlin Fashion Week die „Style Night“

Jobst Schumacher, Roman Weidenfeller

Fotos: Karl Anton Koenigs (10), Florian Reimann

Hakan Berryfinn, Lele Berlin

„Dress to impress!“ Schon der Dresscode versprach eine großartige, glamouröse Partynacht mit GQ, Cupra, Levi’s und John Reed. GQ-Chefredakteur Tom Junkersdorf und Publisher André Pollmann begrüßten 400 Gäste im Club-Restaurant „The Reed“ am Alexanderplatz, darunter auch Model Toni Garrn, die Schauspieler Tom Wlaschiha und Hardy Krüger junior, Musiker Till Brönner oder der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller. Für ExtraPartystimmung sorgte das Pariser Duo Doppelganger mit ihrem fulminanten DJ-Set.

FOTOS

KARL ANTON KOENIGS STEFAN WIELAND FLORIAN REIMANN

GQ. APRI L 201 9

179


PARTY

Paulina und Victoria Swarovski

Toni Garrn, Thomas Hayo

Rainer Schaller, Christiane Schikorsky

Tom Junkersdorf, Till BrĂśnner, Nils Behrens Lisa Banholzer, Jobst Schumacher, Dennis Mitchell Sialkowski, Nina SĂźss, Simon Lohmeyer

Dominik theWHO Kim Hnizdo

180

Kirsten Ehrlich, Eike Knueppel


Fotos: Florian Reimann (8), Karl Anton Koenigs (6), Stefan Wieland

Giuseppe Fiordispina, Tom Junkersdorf

Simon Böer

Per Håkans

Marie Nasemann

GQ. APRI L 201 9

Alice und Hardy Krüger, Cornelius Drabarczyk vel Grabarczyk

Ingo Wilts, André Pollmann

181


PARTY

Tanja Bülter

Tom Junkersdorf, Christian Keller, André Pollmann

Matthias Köppel, Marcus Lucas (Stellvertreter des Chefredakteurs GQ), Sabine Spethling, Florian Pop

William Fan, Jobst Schumacher

Dr. Silvia Bentzinger, Jan Kruse

Sebastian Warschow

Jeanine Minaty, Rainer Schaller Alexandra Birkel, Emanuel Sirch

182

Roman Knižka

Lou de Bètoly

GQ. APRI L 201 9


Thomas Hayo, Hili Ingenhoven, Boris Entrup

Fotos: Stefan Wieland, Karl Anton Koenigs (12), Florian Reimann (8)

Michael Müller, Tom Junkersdorf

Jill Asemota

Carola und Stefan Athmann

Nadeshda Brennicke

Günther Krabbenhöft

Christian Witt, Nicole Mrosek, Reinhard Mätzler, Eva Lutz Jochen Schropp, Tom Junkersdorf

Johannes Patzig (Redaktionsleiter GQ Digital), Andrea Beckmann-Otto (Marketing Director GQ)

Orietta Palazzari, Lukas Blachfeldner, Janina Koch

183


PARTY

Martin Ruppmann

Veronika Rost, André Pollmann

Hardy und Alice Krüger

Teresa Terlohr, Sonja Erl

Till Buchner, Margit Färber (Brand Director GQ)

Bastian Ammelounx

Max Franzmann

André Pollmann, Monika Dagrée

Christina Linder (Head of Sales Condé Nast), Kristin Lauer, Susanne Pfeiffer, Christine Lank

Franziska Müller von der Ahé, Marcus Lucas, Andrea Glaß

Lennard Wickel, Katja Ziemann

Robert Seeliger, Marie McLean, Evelyn Mohr, Marco Stein

Sami Karaa, Roxanne Kokkelenberg, Andrea Beckmann-Otto, Guido Kessler

Tamara Klett, Isidora Muthmann Nina Stackelbeck, Melanie Willich

184

Norilynn de Los Reyes, Miriam Löwenfeld


Petra Fladenhofer, Simone Heift, Georgios Paparas

Melanie Kelm, Margit Färber

Kerstin Pooth, Simon Lohmeyer

Dominik theWHO, Cupra-Team

Fotos: Florian Reimann (19), Karl Anton Koenigs (6), Stefan Wieland (8)

Tom Junkersdorf, Susanne Klehn, André Pollmann

Felizia Kindermann, Jürgen Warter, Kathrin Kerler

Isabel Petrides, Linus Glaser

Karl Christian Meyer, Ulf Pape

GQ. APRI L 201 9

Sebastian Geist, Kerstin Scherhans, Swana Walters, Jana Jung

Joyce Darkoh, Hendrikus Reichert de Heer.

Philipp Tausch, Michael Berngruber

Laura Schwarz, Bassam Saleh

Simona Spatazza, Zahra Kuhlmey, Sabine Stromberger

Thorsten Mindermann, Tom Junkersdorf

Stephan Kemen, André Pollmann






P.S.

LUKE EVANS

REDEN WIR MAL ÜBER STYLE

D

er Waliser steht gern im Kostüm vor der Hollywood-Kamera, als Fürst der Finsternis in „Dracula Untold“ oder in „Die Schöne und das Biest“. Vielleicht ist Luke Evans so ein Styler, weil er privat seine Sachen mit der gleichen Sorgfalt trägt wie seine Arbeitskleidung. „Der größte Fashionfehler? Zwanghaft versuchen, cool auszusehen!“ Aus dem Mund eines solchen 190

Stilvorbilds klingt das natürlich fast ein wenig fies. Zuletzt wurde der Schauspieler im Januar von der italienischen GQ zu einem der am besten angezogenen Männer der Welt gewählt – für den zeitlosen, klassischen Gentleman-Look, den er bevorzugt, wenn er nicht gerade im Versace-Shirt auf der Couch loungt: perfekt sitzendes Sakko, abgestimmte Uhr, dezent kariertes Hemd FOTO

VAN MOSSEVELDE+N

und Tassel-Loafer. Alexander McQueen, Ralph Lauren und Edward Sexton sind die Marken und Schneider seines Vertrauens, aber auch Armani, Louis Vuitton oder Burberry. Für alle, die mit so viel Perfektion nicht umgehen können, hat Luke Evans ein beruhigendes Detail parat: „Meine Haare sind immer ein Albtraum, ich habe zwei Wirbel.“ GQ. APRI L 201 9

Styling: Nicoló Andreoni; Produktion: Andrea Tenerani; Styling-Assistenz: Mei Ling Cooper; Grooming: Lee Machin

Outfit Versace



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