Engadin Kulturguide - Literatur

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Engadin

Engadiner Kulturgut und -schaffen liegt uns am Herzen und verdient unser Engagement. Das Team von Gammeter Media freut sich daher besonders, dass es erneut möglich war, die Produktion des Kulturguides mit einheimischen Kräften im Engadin zu bewerkstelligen. Schön, wenn diese Extraportion Engadiner Engagement Ihr Lesevergnügen noch erhöht.

Ein Produkt der Passaport AG/Transhelvetica. Herausgeber: Engadin Tourismus AG, engadin.ch — Produktion, Konzept & Text : Transhelvetica, transhelvetica.ch, Jon & Pia Bollmann, Stephanie Elmer, Claudia Walder, Claudius Wirz, Adrian Stokar, Dr. Mirella Carbone — Korrektorat: Claudia Walder — Layout: Anna Sarcletti — Bilder: Falls nicht speziell erwähnt, von Engadin Tourismus AG und Partnern zur Verfügung gestellt. — Druck: Gammeter Media, St. Moritz — Copyright: All rights reserved. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Tourismusorganisation Engadin Tourismus AG und unter Angabe der Quelle.

Quellen S. 6 & 7: Jessica Zuan – aus Launa da pavagls, Chasa Editura Rumantscha, 2023; Übersetzung: Claire Hauser Pult – aus Launa da pavagls/Dochtwolle, Edition Howeg, Herbst 2024. Göri Klainguti – Übersetzung: Göri Klainguti. Rut Plouda – aus Verd s-chür, Chasa Editura Rumantscha, 2020; Übersetzung: Claire Hauser Pult – aus Moosgrün, Edition Bücherlese, 2021. Dumenic Andry – aus Sablun, Chasa Editura Rumantscha, 2017; Übersetzung: Claire Hauser Pult & Chasper Pult – aus Sand/Sablun, Edition Howeg, 2019.

Liebe Gäste

Seit jeher zieht das Engadin Schriftstellerinnen und Literaten, Intellektuelle und kreative Geister an.

Im neuen Kulturguide stellen wir einige dieser Autorinnen und Autoren vor, die hier ihre Werke geschaffen oder sich von unserer Gegend haben inspirieren lassen. Und wir geben eine Fülle von Tipps für Literaturinteressierte in all unseren Regionen und darüber hinaus.

Jetzt wünschen wir Ihnen, dass unser Engadin Sie genauso inspiriert wie verzaubert.

Ihre Engadinerinnen und Engadiner

Inhalt

Cover: Erika Mann vor dem Haus Jäger in Sils, Bild: Annemarie Schwarzenbach

Literaturtipp: Adrian Stokar, Dem Süden verschwistert, Rotpunktverlag, 2013. Ein literarisches Wanderbuch zum Engadin zwischen Zuoz, Maloja und Berninapass, mit zahlreichen Fotos und Wanderrouten.

AUS DEM TAL

Interview mit Romana Ganzoni

Sprache voller Poesie

Interview mit Tim Krohn

DICHTER & DENKER ZU GAST

Max Frisch

Annemarie Schwarzenbach

Hermann Hesse

Thomas Mann

Friedrich Nietzsche

LITERATUR ERLEBEN

Literaturkarte

Literarisches in den Regionen

Day Trips

Unter diesem Code finden Sie aktuelle Literatur- und Kulturevents im Engadin.

«Die Geschichten finden mich.»

Interview mit Romana Ganzoni, AUTORIN

Geboren und aufgewachsen in Scuol, hat die Engadiner Autorin Romana Ganzoni in Zürich studiert und ein Jahr in London verbracht. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Celerina und arbeitet, wie sie in einem SRF-Interview einst sagte, am liebsten am Esstisch an ihren Texten. Die ehemalige Gymnasiallehrerin widmet sich seit 2013 hauptberuflich dem Schreiben, nachdem sie sich in der Midlife-Crisis –die laut Ganzoni wie «Brösmeli ide Strumpfhose» sei – fragte, was sie einst auf dem Sterbebett bereuen würde. Die Antwort, die sie für sich fand: nicht veröffentlicht zu haben. Romana Ganzonis Geschichten spielen oft an Orten, die sie kennt und die ihr etwas bedeuten, aber sie spiegeln keine heilen Welten. Die Autorin schreibt sowohl auf Deutsch wie auf Rumantsch; erschienen sind neben Romanen auch Erzählungen, Gedichte, Essays, Kommentare und Kolumnen aus ihrer Feder. Unter den zahlreichen Preisen, die sie dafür erhalten hat, ist auch der Bündner Literaturpreis 2020.

romanaganzoni.ch, rotpunktverlag.ch, diogenes.ch

Die Schweizer Autorin Romana Ganzoni ist in mehr als einer Landessprache heimisch: Sie schreibt ihre Geschichten, Gedichte und Erzählungen in Deutsch und Rumantsch.

Dafür hat sie 2020 den Bündner Literaturpreis erhalten. Heute lebt und arbeitet sie in Celerina.

Romana Ganzoni, Sie schreiben auf Deutsch und Rumantsch (Vallader und Puter) – schreiben Sie in den beiden Sprachen anders? Ich schreibe in beiden Sprachen so unbekümmert wie möglich drauflos und vertraue darauf, dass das erste Wort, der jeweilige Anfangssatz, der Ort, der sich aufdrängt, die Figur, der ich nachspüre oder nachrenne, Stil, Rhythmus und Vokabular mit Umsicht wählen. Das Romanische, das etwa 20 Prozent meiner Texte ausmacht, erlaubt mir in der Regel mehr Lyrik und auch etwas schärfere, explizitere, wohl auch politischere Prosa-Passagen, vielleicht, weil ich mich in einer kleinen, fast familiären Gemeinschaft bewege.

Welche Rolle spielt das Engadin für Sie als Autorin – als Schreibort, als Inspirationsort, als Kulisse … oder als Herkunftsort ihrer Protagonisten? Das ist eine schwierige Frage, sie klingt

für mich fast, als würde ich nach dem Bezug zu meinen Ohren oder zu meiner Nase gefragt. Die Landschaft ist ein Teil von mir. Manchmal sage ich zum Spass: Schau, der Hügel da, der Bach dort, das bin ich. Ich bin im Unterengadin geboren und aufgewachsen, ich lebe und schreibe im Oberengadin, manchmal auch in Städten, dieses Jahr sind es Hamburg und Paris, meine Eltern und Vorfahren waren Bündner und Bündnerinnen, mein Mann und unsere drei Kinder sind Engadiner. Wir reden vor allem Puter und Bündnerdeutsch miteinander, aber auch andere Sprachen. Das alles prägt. Aber wie genau? Niemand kann das sagen. Künstlerisch reagiere ich wohl stärker auf Menschen und ihre Geschichten, auf Literatur und bildende Kunst als auf Landschaft. Das ist aber nur die bewusste Schiene. Was sonst noch alles passiert beim Schreiben, bleibt ein Geheimnis. Zum Glück!

Für Maler ist es das Licht, welches das Oberengadin ganz speziell macht, was ist es für eine Schriftstellerin? Spielt das Terrain, die Geografie eine Rolle? Das Terrain der Herkunft, zusammen mit allen Berührungen und allem, was ich gesehen, gehört, gelesen, gerochen, gekostet, empfunden und erlebt habe, sowie mein Charakter und meine Interessen prägen mein Schreiben wohl mehr als die Geografie, abgesehen von den Passstrassen, die sind für einen Bergmenschen zentral. Ist der Pass zu oder offen? Kann ich weggehen, wenn ich denn möchte? Oder zurückkommen. Ich habe eine intensive, fast schon identitätsstiftende Beziehung zu einzelnen Pässen, vor allem zum Flüela und zum Albula.

Ich würde meine Figuren niemals an einen Ort schicken, den ich nicht sehr genau kenne. Sie würden es mir übelnehmen, und dann wäre der Text erledigt.

Sie schreiben in einem Text, Sie hätten manchmal Angst, dass die Geschichten an Ihnen vorbeigehen, Sie vergessen. Finden die Geschichten Sie oder Sie die Geschichten? Was für eine tolle Frage! Vielen Dank. Ich sage natürlich: Die Geschichten finden mich. Weil ich daran glauben möchte.

Sie haben im Rahmen eines Schreibprojekts mit jungen Geflüchteten Gedichte veröffentlicht. Hat sich Ihr Verständnis von Heimat dabei verändert? Die jungen Menschen haben den Heimatbegriff neu geprägt und mich verändert, stärker, als ich es je für möglich gehalten hätte. Es war eine der beglückendsten Begegnungen in meinem Leben.

Sie haben 2020 den Bündner Literaturpreis erhalten. Was bedeutet die Auszeichnung für

Sie? Die öffentliche Anerkennung meiner Arbeit hat mich sehr bewegt und motiviert. Wie wäre es ohne Preise, Verlage, Lesungen? Ich bewundere Kreative, die mit keinem oder wenig Echo weitermachen und ihrer Passion kompromisslos folgen. Wäre ich auch so, wenn kein Mensch sich für meine Texte interessieren würde? Hoffentlich.

Welches ist Ihr Engadiner «Lieblingsplätzchen»?

Ich liebe die Clemgia-Schlucht zwischen Scuol und S-charl.

Recherchieren Sie die einzelnen Handlungsorte vor dem Schreiben? Oder wählen Sie Orte, die Sie schon in- und auswendig kennen?

Gibt es etwas, das Sie schon lange mal in einem Interview sagen wollten? Ich durfte hier schon so viel sagen, dass es den Leserinnen und Lesern bestimmt reicht. Abschliessend herzliche Grüsse, cordials salüds, cordiels salüds.

Sprache voller Poesie

Vier aktuelle romanische Stimmen aus dem Tal

«Minalvas»

Testas decapitedas. Nüvlas pendentas.

Üna chavlüra spessa d’ün alv asper. Launa da pavagls u lammezza d’cuschin.

Ün let dasper l’ova, am di eau, inua cha‘ls pros sun bletschs e l’ajer stigl. U forsa, chi so, ün nom ch’eau d’he let, scrit cun rispli süllas arains d’üna pittüra.

Wollgräser

Abgetrennte Köpfe. Hängende Wolken. Ein dichter Haarschopf von rohem Weiss. Dochtwolle oder sanftes Kissen.

Ein Bett am Wasser, sage ich mir, wo die Wiesen nass sind und die Luft dünn. Vielleicht auch, wer weiss, ein Name, den ich gelesen habe, mit Bleistift geschrieben auf die Rückseite eines Gemäldes.

Jessica Zuan 1984 geboren, im Oberengadin aufgewachsen. Lebt und arbeitet in Barcelona. Veröffentlicht auf Puter und ist Co-Redaktorin der romanischen Zeitschrift La Litteratura. Hat 2024 den Bündner Literaturpreis erhalten.

«La curagia»
Ch’ella perda sia plazza.

Be ‘na merda

La rimplazza

Nempe’l tip

Cun nom zip.

Dr Schuabändel

Dr Bändel sait truurig: «Du ganz tumma Gsell, I schäma mi schuurig, häsch jetz mini Stell, weg Dina’n Intriga – isch das an Verdruss –muess i jetz usstiiga, Du Schissrisverschluss.»

Göri Klainguti Geboren 1945 in Pontresina. Über Jahre Sekundar- und Reallehrer in Samedan & Zuoz. Schreibt im Oberengadiner Idiom Puter und malt. Führt daneben einen Bauernhof. Gilt als einer der bedeutendsten Engadiner Schriftsteller der Gegenwart.

Illustrationen
Portrait: Pierre-Abraham
Rochat
Buch:

«La punt»

E cagiò l’En cun si’aua e l’uffant chi cuorra sur la punt da lain cuernada via, e’s ferma pro ün dals cuccars. La punt as metta planin in movimaint, lura adüna plü svelt e va eir ella cull’aua da l’En vers la storta gronda, e davo la storta, là es il mar. Inchün cloma, l’uffant as volva, la punt as ferma e tuorna subit a lö. Be l’En va inavant.

Die Brücke

Und unten das Wasser des Inns und das Kind, das über die gedeckte Holzbrücke rennt und bei einem der Gucklöcher anhält. Die Brücke setzt sich langsam in Bewegung, dann immer schneller und dann fliesst auch sie mit dem Wasser des Inns hin zur grossen Flussschlaufe, und hinter der Schlaufe,  dort ist das Meer. Jemand ruft, das Kind dreht sich um, die Brücke bleibt stehen und kehrt sofort an ihren Platz zurück. Nur der Inn fliesst weiter.

Rut Plouda Geboren 1948 in Tarasp, schreibt Gedichte und Kurzprosa im Unterengadiner Idiom Vallader. Lebt in Ftan und verfasst regelmässig Beiträge für das rätoromanische Radio. Wurde für ihr Werk mehrfach ausgezeichnet.

«patria»

patria es là

ingio chi’t crajan teis nom da bella prüma e cha tü nun hast da persvader custab per custab chi til dà e chi’t dà

Heimat

Heimat ist da, wo sie dir deinen Namen glauben, von Anbeginn, wo du nicht Buchstabe um Buchstabe überzeugen musst, dass es ihn gibt, dass es dich gibt

Dumenic Andry 1960 geboren, aufgewachsen in Ramosch. Romanistikstudium in Zürich. Schreibt in Vallader Gedichte und Prosa, wurde mehrfach ausgezeichnet. Lebt als Übersetzer&Lektor in Zuoz und verfasst Beiträge fürs rätoromanische TV/Radio RTR.

Interesse daran, Romanisch zu lernen?

Die Chesa Planta Samedan führt Sprach- und Kulturwochen im Oberengadiner Idiom Puter durch. Infos und Anmeldung: chesaplanta.ch/cuors

«Calonder ist mein besseres Ich.»

Interview mit Tim Krohn, AUTOR

Gian Maria Calonder alias Tim Krohn

Mit einem Namen wie Gian Maria Calonder kann man ja fast nur Bündner Geschichten schreiben. Allerdings versteckt sich hinter dem Pseudonym der vielfach ausgezeichnete Autor Tim Krohn. Mit zwei Jahren in die Schweiz gekommen, ist er im Kanton Glarus aufgewachsen und hat danach lange in der Stadt Zürich gelebt. Heute schreibt er in seiner neuen Heimat, der ans Unterengadin angrenzenden Val Müstair, wo er auch andere ruhesuchende Kreative in seiner Chasa Parli empfängt. Neben Romanen wie «Quatemberkinder» und «Vrenelis Gärtli» verfasst er Theaterstücke, Hörspiele und – eben – Krimis. Seine siebenteilige Buch-Reihe um Polizist Massimo Capaul, die unter dem romanisch klingenden Pseudonym im Kampa-Verlag erschienen ist, spielt entsprechend auch im Engadin, wo der Protagonist nicht nur in die atemberaubende Landschaft, sondern auch in komplexe Sozialstrukturen geworfen wird. Und dabei immer wieder über Tote stolpert, die selten eines natürlichen Todes gestorben sind.

Von Opern über Hörspiele und Romane bis zu Krimis: der in der Val Müstair wohnhafte Autor

Tim Krohn ist vielseitig begabt.

Kürzlich hat er, als Gian Maria Calonder, seine Krimi-Reihe um den Polizisten Massimo Capaul abgeschlossen – diese spielt im Engadin und den angrenzenden Tälern.

Tim Krohn, Sie sind als Autor in unterschiedlichen Genres erfolgreich unterwegs. Weshalb braucht es für die Krimis ein eigenes Pseudonym? Das Pseudonym hatte zwei Gründe. Zum einen war ich noch bei einem anderen Verlag unter Vertrag, der keine weiteren Bücher unter dem Namen Tim Krohn wollte. Dann ist es Teil des Spiels mit dem Genre der sogenannten Destinationskrimis, dass man einen Autorennamen aus der Region wählt.

Wie unterschiedlich sind Tim Krohn und Gian Maria Calonder? Calonder ist mein besseres Ich. Er hat einen freundlichen Blick auf alle Menschen, egal wie böse, und verliert nie seinen Humor.

Weshalb haben Sie sich fürs Engadin als Kulisse für die Capaul-Krimis entschieden? timkrohn.ch, kampaverlag.ch, chasa-parli.ch

Die Krimis spielen im ganzen Engadin und auch in den Seitentälern. Weiter wollte ich mich nicht entfernen, es ist eine schöne, überschaubare Gegend mit wunderbaren Abgründen – wörtlich wie bildlich gesprochen.

Wie recherchieren Sie die einzelnen Handlungsorte? Ich recherchiere vor dem Schreiben, während des Schreibens und nach dem Schreiben. Vor dem Schreiben versuche ich, die ganz grundlegenden Schauplätze kennenzulernen, oft entscheiden ganz kleine Details über den Verlauf einer Handlung: Steht da und da eine Strassenlaterne, wann geht sie an, wann geht sie aus? Während des Schreibens hole ich nach, was ich davor versäumt habe. Nach dem Schreiben klopfe ich alles nochmals ab, denn ein einzelner Fehler kann genügen, dass die ganze Handlung unglaubwürdig wird.

Sie werden in einem Artikel zitiert: «… so, wie der Calonder sich den Capaul vorstellt – so wäre ich wohl auch ganz gern.» Was mögen Sie an ihm? Na ja, sowas sagt man wohl, weil es schön klingt. Aber tatsächlich mag ich an Capaul seinen tiefen Glauben an die Menschheit, seine Naivität, die nicht Gutgläubigkeit ist, sondern die Bereitschaft, die Welt mit den unverstellten Augen eines klugen Kindes zu sehen, und – na ja, sein Aussehen. So grossäugig, lockig und jung wäre ich auch gern.

Wie ist die Figur Massimo Capaul entstanden? Als ich den Verleger fragte, wie die Hauptfigur sein müsse, damit der Krimi erfolgreich sei, sagte er: männlich, alt, versoffen und verfressen. Unglücklich und verheiratet. Das mögen die Leserinnen am liebsten, weil sie fantasieren können, diese arme verlorene Seele zu retten. Ich machte die Figur jung, asketisch und beziehungsge-

hemmt. Immerhin männlich. Der Verleger schluckte leer, und wir konnten beide nicht recht begreifen, wieso der erste Band über ein Jahr auf der Bestsellerliste stand.

Die Capaul-Reihe ist mit sieben Bänden abgeschlossen. Sind bereits neue Krimis in Planung? Ich weiss gar nicht so recht, ob sie abgeschlossen ist. Respektive war sie schon nach sechs Bänden zu Ende – und dann eben doch nicht. Jedenfalls erscheint im Juni ein neuer Krimi, voluminös, literarisch, mit einem neuen Kommissar. Und doch spielt auch hier Capaul eine nicht unwesentliche Rolle. Mehr verrate ich noch nicht. Doch, eines: Schauplatz ist das verwunschene, kaum bekannte Dörfchen Pigna. Ob das noch im Engadin liegt oder schon ausserhalb, ist umstritten.

Sie sagen in einem Interview, dass das KrimiSchreiben nicht gut für Sie ist, aber Spass macht? Ja, so ist es. Auch in den Krimis suche ich nach dem Guten im Menschen, möchte Bücher schreiben, die nähren und uns weiterführen. Aber im Kontext von Mord und Totschlag ist das doppelt harte Arbeit. Spass macht die Strenge des Genres, die es umso leichter macht, mit Klischees zu spielen und die LeserInnen zu foppen.

Gibt es etwas, das Sie schon lange mal in einem Interview sagen wollten? Ja, und ich konnte nie, bis eben jetzt. Ich sattle um. Ich habe für die Engadiner Musikerin Martina Linn einige Songtexte geschrieben, und das hat so viel Freude gemacht, dass ich auch für mich selber Songs geschrieben habe, nun gehen wir gemeinsam auf die Bühne. Und planen je ein Album. Beide werden «Skinny Songs» heissen. Ein grosses Abenteuer, und wer weiss, vielleicht eine neue Karriere.

Max Frisch

Max Frisch bleibt ohne Höhenangst.

«Es scheint, daß es vor allem die wirklichen Taten sind, die unserem Gedächtnis am leichtesten entfallen; nur die Welt, da sie ja nichts weiß von meinen Nicht-Taten, erinnert sich mit Vorliebe an meine Taten, die mich eigentlich bloß langweilen. Die Versuchung, seine paar Taten aufzubauschen im Guten oder Bösen, kommt aus dieser Langeweile.

Ich kann es nicht mehr hören, daß ich das und das getan habe, ob schändlich oder rühmlich. Nur als unvergeßbare Zukunft, selbst wenn ich sie in die Vergangenheit verlege als Erfindung, als Hirngespinst, langweilt mein Leben mich nicht – als Hirngespinst: wenn ich den Mann am Kesch über die Wächte gestoßen hätte …»

Auszug – Max Frisch, «Mein Name sei Gantenbein», Suhrkamp, 1964, S. 64

Kletterpartie auf den Piz Kesch

Max Frisch liess sich kaum je von schwierigen Situationen einschüchtern. Auch in den Bergen nicht. Wenn er einen Alpengipfel erklimmen wollte und eine Felswand im Weg stand, kletterte er diese hoch. Offenbar ohne Schwindel oder Höhenangst.

Text ADRIAN STOKAR

Ein zentrales Thema in Max Frischs literarischem Schaffen ist die Frage nach der Identität. In Mein Name sei Gantenbein erinnert sich der Ich-Erzähler an eine Begegnung während eines Diensturlaubs auf dem Piz Kesch. An einem Tag im Frühling des Jahres 1942 steigt er auf den markanten Berg oberhalb von Madulain. Mutterseelenalleine, so meint er, findet er sich frühmorgens unter dem Gipfelkreuz wieder. Er ruht sich aus, legt sich hin, döst weg. Aber sein Nickerchen wird von einem «Grüssi!» unterbrochen. Ein Deutscher! Mitten im Krieg. Hier oben. Mit Feldstecher. Und Landkarte. Aber sind

Max Frisch bei der Rast auf einer Bergtour.

Die Chamanna d’Es-cha ist Ausgangspunkt für die Besteigung des Piz Kesch.

Landkarten nicht konfisziert worden? In der Geografie kennt er sich aus, Bernina, Rosatsch, Palü sind ihm geläufig. Ein Liebhaber des Engadins? Wohl eher ein Spion. Es entspinnt sich ein harmlos-freundliches Gespräch. Der Deutsche lässt Gantenbein durch den Feldstecher gucken, der Soldat offeriert Veltliner aus der Feldflasche. Zum Abschied überreicht der Gast Gantenbein einen Apfel. Der Kanonier beobachtet, wie der Deutsche ins Tal hinuntersteigt. Er legt sich nochmals hin und als er aufwacht, hat er den Gedanken, dass er den Mann über den Felsen gestossen habe. Beim Abstieg stellt er sich vor, wie der Deutsche das Couloir hinuntergerutscht wäre, seinen Kopf an einem Stein aufgeschlagen und er ihn mit zerschmettertem Schädel auf einem Schneefeld gefunden hätte. Aber eben, er hat es nicht getan. Hätte er ihn hinuntergeschubst, hätte sich seine Biografie verändern können, wäre er vielleicht ein anderer geworden.

Das «Ich» in der Kleiderprobe

Der Ich-Erzähler, der vielleicht Gantenbein heisst, sagt, dass er Geschichten anprobiere wie Kleider. Er denkt sich verschiedene Lebensverläufe aus, prüft, was geschehen wäre, wenn. Treibt ein Spiel mit fiktiven Realitäten. Nach der Kesch-Episode fragt er sich, wie sich das tatsächlich gelebte Leben zu der erzählten Lebensgeschichte verhält. Und damit nähern wir uns dem Kern vieler Bücher von Max Frisch. Wir erinnern uns an den ersten Satz von Stiller: «Ich bin nicht Stiller!», sagt Stiller. Frisch versteht es auch, diese individuelle Sicht auf eine kollektive Ebene zu übertragen. Gantenbein nimmt den Apfel und beisst hinein. Der klassische Sündenfall. Der Soldat weiss, dass der Deutsche ein Feind ist, aber er tut nichts. Noch Jahrzehnte später wird über die Rolle der Schweiz während des Zweiten Weltkriegs debattiert. Max Frisch beweist, dass er ein hervorragender Seismograf mentaler Befindlichkeiten gewesen ist.

Zitate aus «Mein Name sei Gantenbein» von Max Frisch, Suhrkamp, 1964; «Stiller» von Max Frisch, Suhrkamp, 1954

Was Max Frisch heute wohl empfehlen würde

Wanderung

Ausgangspunkt ist Madulain. Der Wanderweg führt via Alphütte Es-cha Dadour zur Es-cha-Hütte (SAC, bewirtet, 2594 m ü.M.). Gebirgstaugliche können hochsteigen zur Keschlücke (3008 m ü.M.). Von der SAC-Hütte geht’s weiter zur Fuorcla Gualdana und über die Alp d’Alvra zur Albulapassstrasse. Von dort entweder auf dem Wanderweg zurück ins Tal oder mit dem Bus (Haltestelle beim Parkplatz) zurück nach La Punt. Dauer ca. 6 Stunden (mit Keschlücke 8 Stunden) bzw. 4,5 Stunden (mit Bus). Fahrplan: busalpin.ch

Kunst

Madulain

Zeitgenössische Kunst gibt es in der Galerie Stalla Madulain zu sehen. Die junge Crew ist gut vernetzt mit der hiesigen Kunstszene, die bis ins Unterengadin und zuweilen nach Zürich reicht. stallamadulain.ch

Zuoz

Die Galerie Tschudi ist Garantin für qualitativ herausragende zeitgenössische Kunst: vom Engadiner Kosmopoliten Not Vital über den Schweizer Shootingstar Julian Charrière bis zu etablierten Meistern wie Richard Long, Carl Andre und Callum Innes. galerie-tschudi.ch

Kulinarik

Der Italiener Paolo Casanova in der Stüva Colani in Madulain ist einer der interessantesten Köche der Region. Von Gault Millau gibt’s hierfür 17 Punkte und die Auszeichnung zum «Green Chef of the Year». Der Koch verbringt täglich mindestens zwei Stunden in der Natur und sammelt Essbares und Kräuter für seine Küche. Versuchen Sie mittags als Vorspeise den Fingerfood. hotelchesacolani.com

Buchempfehlungen

Mein Name sei Gantenbein

Montauk

Mehr Tipps? engadin.ch

Max Frisch – Neben «Stiller» und «Homo Faber» der dritte der sogenannten drei grossen Romane des Schweizer Autors. suhrkamp.de

Max Frisch – Das Buch gab wegen seiner schonungslosen Selbstbespiegelung des Erzählers über ein Wochenende in Montauk und der kaum verfremdeten Darstellung der weiblichen Hauptfigur «Lynn« zu reden. Später waren «Lynn» und Frisch ein Paar. Sie wanderten oft im Engadin. «Lynn» hatte auf einer dieser Wanderungen ein sich mystisch anfühlendes Erlebnis, die Zeit schien für ein paar Minuten still zu stehen. suhrkamp.de

Max Frisch — 17

Annemarie Schwarzenbach

Marianne
Breslauer
Annemarie Schwarzenbach und ihr Hund Doktor auf dem Piz Lunghin (um 1936).

«Das Engadin liegt auf 1800 Meter Höhe, das ist aber weniger entscheidend als seine deutliche Hinwendung zum Süden, es liegt doch schon jenseits der höchsten Erhebungen und öffnet sich mit sichtlicher Bereitwilligkeit gegen die italienischen Landschaften. Ja, gerade die Verbindung von südlichem Licht und nordischer Herbheit gibt ihm jenen schwer zu fassenden und einzigartigen Reiz.»

Auszug – Annemarie Schwarzenbach, «Was nicht im Baedeker steht. Schweiz Ost und Süd», Piper Verlag, 1932

Nicht von dieser Welt: Die imposante Engadiner Bergwelt spiegelt sich im Lunghinsee.

Das glückliche Hochtal

Annemarie Schwarzenbach ist bekannt für ihr rastloses Leben und ihre Reisen. In Sils Baselgia fand sie – zumindest zeitweise – einen Ruhepol.

Text CLAUDIA WALDER

Ein Geist so frei und weit wie der Himmel über dem Engadin, eine Sprache so klar wie das Engadiner Licht. Annemarie Schwarzenbach war eine Suchende, eine Nomadin, die im Engadin so etwas wie eine Heimat fand. Geboren am 23. Mai in Zürich, wuchs sie als Tochter des wohlhabenden Seidenfabrikanten Alfred Schwarzenbach auf einem Landgut in Horgen auf, besuchte aber später ein Töchterinstitut im Unterengadin und machte die Matura in Chur. Ihre Doktorarbeit, mit der sie nach einem Geschichtsstudium in Zürich und Paris mit nur 23 Jahren promovierte, handelte vom Oberengadin, wo auch ihre posthum veröffentlichte Novelle «Eine Frau zu sehen» spielt.

Therese Giehse und Erika Mann in Sils, fotografiert von Annemarie Schwarzenbach.

Bekannt, berühmt, ja vielleicht sogar berüchtigt scheint die Schweizer Autorin heute vor allem für ihren Lebenswandel, lesbisch, drogensüchtig, eine Kultfigur der Boheme, die sich durch ihren kompromisslosen Antifaschismus mit der hitlerfreundlichen Familie zerstritt, mehrere Selbstmordversuche überlebte. Zeitgenossen beschreiben ihre androgyne Schönheit, aber auch ihre Rastlosigkeit, das Fernweh, das sie durch Europa sowie in den Orient, in die USA und nach Afrika bis in den Kongo zog. Besonders die Fahrt 1939 mit der Reisejournalistin Ella Maillart in einem Ford Deluxe Cabrio von Genf nach Afghanistan wird oft erwähnt, ruft vielleicht ein romantisches, heute auch nostalgisches Bild vom Reisen und von Abenteuern in die Vorstellung. Aber Annemarie Schwarzenbach war mehr als eine Reisende, sie war Schriftstellerin und Fotografin, dokumentierte ihre Reisen in zahlreichen Berichten und mit tausenden Fotografien. Ihr Blick, ihre Aufmerksamkeit galt nicht den Sehenswürdigkeiten und glitzernden Fassaden, ihr Ziel war es, wie sie selbst schreibt, «das Innere der Länder kennenzulernen und sie aufrichtig zu lieben, um sie für andere Menschen beschreiben zu können».

Im Engadin scheint die «unheilbar Reisende» einen Ruhepol gefunden zu haben. In Sils Baselgia bezog sie 1935 das Haus Jäger, empfing dort Freunde, fotografierte sie auch, und erkundete die Berge mit ihrem Hund «Doktor». Auch am Skifahren fand sie gefallen, war dabei vermutlich ebenso unerschrocken wie auf ihren Reisen; jedenfalls berichtet Thomas Mann, dass sie nach einem Sturz die Verabredung zum Tee absagen musste. Zwar trieb sie das Fernweh auch aus dem Bündner Hochtal fort, aber immer wieder kehrte sie ins Engadin zurück. In Sils Baselgia hatte Annemarie Schwarzenbach im September 1942 jedoch auch jenen Fahrradunfall, an dessen Folgen sie zwei Monate später, und nach einer Fehlbehandlung für einen angeblichen schizophrenen Schub, mit nur 34 Jahren verstarb.

Was Annemarie Schwarzenbach heute wohl empfehlen würde

Kulinarik

Sonne geniessen «… und manchmal sass ich mehrere Stunden vor einer Hütte in der Sonne, geblendet vom beinahe sommerlichen Strahlen und vom unerhörten Blau des Himmels, der sich weit und leuchtend über das Tal wölbte», schreibt Annemarie Schwarzenbach in «Eine Frau zu sehen». Zum Beispiel im Restaurant Lagrev können es Gäste der Ich-Erzählerin gleichtun. lagrev.ch

Tee im Grandhotel

Wer in die Atmosphäre der Grandhotels eintauchen will, in der «Eine Frau zu sehen» spielt, begibt sich für den Afternoon Tea ins «Le Grand Hall & Terrasse», die grosse

Halle im Badrutt’s Palace, in St. Moritz. Und wer weiss, vielleicht trifft man im Hotellift ja auf die eigene Muse … badruttspalace.com

Wanderung

Von Maloja aus schlängelt sich der Weg über ca. 4 Kilometer rund 680 Höhenmeter die Steilflanke hinauf bis zum Lunghinsee. Wer dabei hin und wieder anhält, um zu Atem zu kommen, kann die Aussicht über die Engadiner Seenplatte umso besser geniessen. Wer will, kann am See vorbei auf den Lunghinpass oder auf den Gipfel des Piz Lunghin wandern – allerdings gilt der Weg ab dem See als Alpinwanderweg.

Kunst & Kultur

Sils Baselgia ist eine der beiden Kernsiedlungen von Sils. Den Namen «Baselgia» verdankt es der spätgotischen Kirche San Lurench, die 1356 erstmals erwähnt wird. Spaziert man am mit Sgraffiti verzierten Haus Castelmur-Salis vorbei, findet man gegenüber das Haus Jäger, wo eine Gedenktafel an dessen berühmte Bewohnerin erinnert. Einen Besuch wert ist auch das von Annemarie Schwarzenbach fotografierte Maiensäss Grevasalvas, das zu Sils gehört.

Buchempfehlungen

Eine Frau zu sehen

Annemarie Schwarzenbach – Im Fahrstuhl eines Grandhotels im Engadin trifft die Ich-Erzählerin auf eine schöne Fremde und verliebt sich. Ihr

Aufenthalt in den Bergen wird von dieser Begegnung bestimmt, vom Verlangen, das sie weckt.

keinundaber.ch

Das glückliche Tal Annemarie Schwarzenbach – Der autobiografische Roman ist das wohl bekannteste Buch der Autorin. Es spielt in einem persischen Hochtal und erzählt

von Liebe und Einsamkeit, von Selbstfindung und Drogensucht, von Sehnsucht und Freiheit und vom Schreiben selbst. kampaverlag.ch

Hermann Hesse

Die Enkel Eva und Silver besuchen ihren Grossvater Hermann Hesse in Sils (Juli 1950).
Bild –Isa Hesse

Lej Nair

Hinter strengem Felsenriegel

Den die Weidenrosen mildern, Dehnt sich dunkeln Wassers Spiegel, Wolken, Wald und Berg zu schildern.

Schwarze Bläue, kühle Feuchte

Füllt die Mulde satt, ihr Schweigen

Scheint vom See hinauf zur Leuchte Frischen Gipfelschnees zu steigen.

Talwärts mit verschlafenem Rieseln

Träge Wasserfäden schleichen, Über Schlamm und braunen Kieseln Alte Baumgerippe bleichen.

Arve starrt und Lärche schattet, Selbst der Wind, noch eben rege, Zögert jetzt und sucht ermattet, Wo er sich zur Ruhe lege.

Auszug – Hermann Hesse, «Engadiner Erlebnisse», Hrsg. Volker Michels, Insel Verlag, 2013, S. 147

Der Lej Nair ist bei mystischer Herbststimmung am schönsten und hat Hermann Hesse zu seinem Gedicht inspiriert.

Engadiner Lebensstufen

Im Oberengadin fand Hermann Hesse eine Heimat auf Zeit. Die Landschaft berührte ihn tief – und zieht sich wie ein feiner Lebensfaden durch seine Biografie.

Text STEPHANIE ELMER

Einmal schrieb Hermann Hesse: «Gesehen habe ich viele Landschaften und gefallen haben mir beinahe alle, aber zu schicksalhaft mir zugedachten, mich tief und nachhaltig ansprechenden, allmählich zu kleinen zweiten Heimatländern aufblühenden wurden mir nur ganz wenige, und wohl die schönste, am stärksten auf mich wirkende von diesen Landschaften ist das obere Engadin.» Hermann Hesse und das Engadin, das Engadin und Hermann Hesse – es ist eine lange, jahrzehnte dauernde Liebe, eine tiefe Verbundenheit, die der Schriftsteller gegenüber dem Oberengadin empfand. «Ich spürte, dass diese Berge und Seen, diese Baum- und Blumenwelt mir mehr zu sagen habe, als bei diesem ersten Anblick voll aufzunehmen und mir anzueignen möglich sei, dass es mich irgend einmal hierher zurückziehen würde, dass dieses so strenge wie formenreiche, so ernste wie harmonische Hochtal mich angehe, mir etwas Wertvolles zu geben oder etwas

von mir zu fordern habe», schrieb er in demselben Text, in Engadiner Erlebnisse, einem Rundbrief an Freunde. Wie ein roter Faden schlängelt sich das Hochtal durch seine Erzählungen, steht dabei auch sinnbildlich für seinen Lebensfaden – seine «Lebensstufen», wie er es ausdrückt.

Schmetterlinge und Erinnerungen

Es ist in seiner Jugendzeit, als Hermann Hesse das erste Mal ins Engadin wandert, über den Albulapass läuft er, im Hochsommer, durch das Engadin und Bergell, bis an den Comersee. Damals macht er in Preda Halt, im Text «Sommerreise» hält er die Erlebnisse fest, erzählt von den ihm bizarr und peinlich anmutenden Schmetterlingsjägern. Eines Nachts schliesst er sich ihnen doch an. Es wird seine schönste Nacht in Preda, das Schauspiel der Natur, der Sterne, es berührt ihn tief, und als er Jahre später als Greis – «meine Spaziergänge reichen nicht mehr weit» – im Wagen die Orte seiner Jugend besuchen möchte und durch Preda fährt, dann schmerzen ihn die Erinnerungen. Er beschreibt «ein Gefühl von Unzufriedenheit und Reue über manche Strecken meines Lebens» und fährt weiter.

Engadiner Jahre

Zwischen diesen beiden Erlebnissen in Preda, zwischen dem Jugendlichen und dem in die Jahre gekommenen Schriftsteller, mittlerweile Nobelpreisträger, wurde ihm das Engadin zu einem Zuhause. Kam er als begnadeter Skifahrer und Wanderer oft aus sportlichen Gründen ins Engadin, verbrachte er zwischen 1949 und 1961 jeweils einen Sommermonat in Sils Maria – auch weil es seiner Frau Ninon in der Tessiner Wahlheimat in dieser Zeit zu heiss wurde. Hier, in der Sommerfrische, traf er sich mit anderen Schriftstellern, mit Thomas Mann etwa, hier wanderte er in seinen geliebten Bergen, schrieb an seinen Gedichten und Texten, am Manuskript von Narziss und Goldmund etwa. Im Engadin schuf Hermann Hesse Erinnerungen und wandelte zwischen ihnen. Später schrieb er: «Und so ist es überall, wohin ich in dieser Gegend komme, es blickt mich überall das Ehemals und mein eigenes Gesicht und Wesen an, das einst dieselben Bilder vor Augen hatte (…). Oh, was für ein geheimnisvoller Rhythmus von Gedanken und Vergessen spielt in unseren Seelen …»

Was Herman Hesse heute wohl empfehlen würde

Wanderungen

Maloja

Hermann Hesse liebte das Wandern und er liebte Maloja. In seinen Texten gibt er den atemberaubenden Naturschauspielen immer wieder einen festen Platz. Die beiden kleinen Bergseen Lägh da Cavloc und Lägh da Bitabergh oberhalb von Maloja sind Poesie in Naturform. schweizer-wanderwege.ch

Corviglia

Die Aussicht von Corviglia ist Balsam für die Seele. Das muss schon Hesse gewusst haben, der «Hausberg» von St. Moritz findet sich immer wieder in seinen Texten. Obwohl auf der Corviglia vor 150 Jahren die Geschichte des Wintertourismus begann, ist der Berg auch im Sommer ein beliebtes Ausflugsziel für Naturfreunde. mountains.ch

Mehr Tipps? engadin.ch

Kultur

Hermann Hesse liebte die Natur, aber auch kulturelle Begegnungen hatten während den Sommermonaten einen hohen Stellenwert für ihn. Ein Ort, der dies perfekt verbindet, ist die Halbinsel Chastè im Silsersee. Im Juli finden dort die WasserzeichenKonzerte open-air auf dem Wasserfloss statt. sils.ch/wasserzeichen

Hotel Sonne Fextal

22 Jahre lang verbrachte Hermann Hesse jeweils einige Sommerwochen im Engadin und wohnte meist im Hotel Walshaus Sils. Von dort aus unternham er auch selbst im hohen Alter noch zusammen mit seiner Frau Ninon Dolbin Wanderungen, etwa gerne ins nahe und fast autofreie Fextal zum Restaurant Sonne. hotel-sonne-fex.ch

Buchempfehlungen

Engadiner Erlebnisse

Hermann Hesse – Der Herausgeber Volker Michels hat verschiedene Texte und Briefe von Hermann Hesse aus und über das Engadin unter dem Titel «Engadiner

Erlebnisse» in Buchform zusammengefasst. Und auch Zeichnungen und Aquarelle von Hermann Hesse miteinbezogen suhrkamp.de

Narziss und Goldmund

Hermann Hesse – Als «des Nachts stiller Arbeiter über dem Manuskript des Goldmund» beschrieb sich der Nobelpreisträger einst in seinen Erinnerungen an

die Engadiner Zeit. Entstanden ist damals «Narziss und Goldmund» – bis heute einer der grossen Literaturklassiker von Hermann Hesse. suhrkamp.de

Hermann Hesse Engadiner Erlebnisse

Ein Haus voller Geschichte(n)

Seit seiner Entstehung ist das Hotel Waldhaus in Sils Treffpunkt von Intellektuellen und Literatinnen.

Bis heute wird die Kultur im Hause sorgfältig gepflegt, finden regelmässig Lesungen und Literaturfestivals statt. In der imposanten Hotelhalle überträgt sich bei der genussvollen Buch- oder Zeitungslektüre unversehens das Gefühl der Geschichte auf die Gäste.

Kultureller Leuchtturm im Engadin

Die Gästeliste des Hotels Waldhaus Sils liest sich wie ein Who-is-who der Literaturgeschichte der letzten hundert Jahre. Kaum ein Literat, kaum eine Autorin, denen das historische Hotel hoch über dem beschaulichen Engadiner Dorf nicht einmal als Rückzugsort diente. Es mag die Lage in dem ruhigen Kiefernwald oberhalb von Sils-Maria sein, die besonders zum Nachdenken und Arbeiten anregt. Oder der verwunschene Blick auf den Silser See auf der einen und den Silvaplaner See auf der anderen Seite. Vielleicht auch die Nähe zum mondänen St. Moritz und doch mit genügend Abstand zum grossen Rummel. Oder es ist schlicht die behagliche Atmosphäre des Hauses, das seit seiner Gründung von derselben Familie geführt wird. Auf alle Fälle sind hier Thomas Mann und seine Familie genauso abgestiegen, wie Hermann Hesse, der zwar über die nächtliche Orchestermusik schimpfte, aber die Gastfreundschaft des Hotels schätzte. In den 1950er-Jahren waren Elsa Morante und Alberto Moravia mit ihren zwei Siamkatzen zu Gast. Erich Kästner war hier und Donna Leon ebenso. Alexander Kluge gehört genauso zu den Stammgästen wie Theodor W. Adorno einer war. Das Waldhaus funktioniert heute auch als Gastgeber der jährlichen Silser Hesse-Tage, veranstaltet selbst ein vielfältiges Kulturprogramm und verfügt inzwischen sogar über eine eigene Stifung, die dafür sorgt, dass das geschichtsträchtige Haus auch in Zukunft eine der erste Adresse für Kultur im Engadin bleibt. waldhaus-sils.ch

Eine Auswahl der Stationen von 1908 bis heute:

Nach zweieinhalb Jahren Bauzeit Eröffnung durch Josef und Amalie Giger-Nigg.

Einstieg der 3. Generation als Direktionsehepaar.

1908 1950 2010 1918

Mit Claudio und Patrick Dietrich übernimmt die 5. Generation die Hotelleitung.

Die Leitung geht an die 2. Generation.

Übernahme durch die 4. Generation.

2019

Herausgabe einer Geschichtensammlung zum 111. Jubiläum.

Thomas Mann

ETH-Bibliothek Zürich, Thomas Mann Archiv

Thomas Mann beim Winterspaziergang im Engadin, 1931/32, Fotograf: Unbekannt,

«Sils, Sonnabend den 25 VII. 36 Wolken, Nebel, Südwind. (…)

1/12 12 mit K. spazieren auf Chasté, wunderschöne Wege über dem See. An der Südspitze bei der Bank Gedenktafel für Nietzsche mit den O Mensch, gib acht-Versen. Heftete ein paar eben gepflückte dunkelrote Alpenblumen zu den Tannenzweigen, die man an den Seiten der Tafel befestigt (…)

1 Uhr Lunch, danach Zeitungen (…)

Die Lage in Spanien sehr böse. Der Fall von Madrid scheint unvermeidlich. Militär-Diktatur, vielleicht Rückkehr des Königs dürfte folgen? Rückwirkungen auf Frankreich? – Unruhig geruht. Zum Thee nach Sils Maria, Hanselmann. Unwohl im Magen. Zum ‹Waldhaus› hinauf und von da schöner Spaziergang an der Lehne über dem See. Nach Hause zurückgekehrt, Briefe diktiert (…)

Diner 8 Uhr. Danach im Salon. Von Golo zu den Damen hinübergeholt: Vorlesung der ‹Damengesellschaft›, die sehr amüsierte. Wein und Lindenblütenthee.»

Auszug – Thomas Mann, «Tagebücher 1935–1936», Hrsg. Peter de Mendelssohn, S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main, 1978, S. 338

Das Spiel des Winterlichts mit dem Schnee sorgt für speziell magische Stimmungen im Fextal.

Knarzende Holzdielen, bitterer Ernst

Wenn man sich die Aufenthaltsorte von Thomas Mann vor Augen führt, könnte man denken, er habe stets in einem Grandhotel logiert. Auch im Engadin. Die Hotels wurden zu Bühnen, auf denen Mann seine Romanfiguren auftreten liess.

Die Manns gastierten gerne in guten Häusern, etwa im Chantarella oberhalb von St. Moritz, im Suvretta House in Champfèr und im La Margna sowie im Waldhaus in Sils. Der Schriftsteller, der im Urlaub gerne schrieb und sich zuweilen ein Schreibpult ins Zimmer stellen liess, hatte reichlich Anschauungsmaterial, um das Treiben gehobener Gäste zu studieren. Vor diesem Hintergrund erstaunt es kaum, dass die Parkette von Hotelhallen immer wieder zu Bühnen wurden, auf denen er seine Romanfiguren auftreten liess. In Der Tod in Venedig (1911), Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull (beendet 1954) und Der Zauberberg (1924) dienen Hotels oder ein Sanatorium denn auch als Kulisse. Bemerkenswerterweise spielen die Handlungen dieser Bücher in der Zeit bis 1918,

Text ADRIAN STOKAR
Treffen von Thomas Mann und Hermann Hesse in St. Moritz.

dem Ende des Ersten Weltkriegs. Das Thema ist das Bürgertum und dessen Zerfall. Die Epoche des Fin de siècle, die im Oberengadin von der internationalen Hautevolee in schicken Hotels gefeiert wurde, sah Thomas Mann kritisch. Er glaubte darin den Untergang des Bürgertums eingeschrieben. Zu viel Zivilisation, zu wenig Kultur. In den Betrachtungen eines Unpolitischen schreibt er: «Die internationale Zivilisation lebt fort, ja, so wie sie vor Anbruch der großen Heimsuchung lebte, so lebt sie noch heute alle Tage. Sie trägt in St. Moritz bei ihren Sportbelustigungen die tollen Kostüme der letzten Friedenszeit zur Schau …» Noch am 14. August 1914 schrieb er seinem Verleger Samuel Fischer, selbst oft Gast im Engadin: «Diese Friedenswelt, die jetzt mit so erschüttertem Getöse zusammengestürzt ist, – hatten wir alle sie nicht im Grunde genommen satt? War sie nicht faulig geworden vor lauter Komfort?»

Desillusion

In der Folge verschwanden die Hoteldielen als Bühne. Und nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wäre Mann, wenn schon nicht Kultur, so wenigstens ein letztes Quäntchen Zivilisation lieb gewesen. Der Erste Weltkrieg war in seinen Augen noch ein Machtkampf über Grundprinzipien gesellschaftlicher Lebensformen. Mehr als zwanzig Jahre später verstand er die Politik nicht mehr, da niemand sich effektiv gegen den Krieg zu wehren verstand. In Sils Maria schreibt er am 20.8.1938 ins Tagebuch: «Die unfaßliche Unfähigkeit der politischen Convenienz, bei Zeiten das Notwendige zu tun und die völlig seltsame Bereitschaft, in der vertrauten Münze des Krieges 100 mal so hoch zu zahlen als man bei etwas mehr Mut zum Außergewöhnlichen hätte zahlen müssen.»

Zitate aus «Betrachtungen eines Unpolitischen», Thomas Mann, S. Fischer Verlage, 1918; «Tagebücher 1937–1939», Thomas Mann, S. Fischer Verlage, 2003.

Was Thomas Mann heute wohl empfehlen würde

Wanderung

Stimmige Wanderung ins Fextal: vom Ausgangspunkt Hotel Waldhaus in Sils Maria den Fahrweg in Richtung Val Fex weitergehen. In Vaüglia die Strasse rechterhand verlassen und dem Wegweiser nach Muott’Ota folgen. Über den Bergrücken wandern (bis 2458 m ü.M., im Winter mit Schneeschuhen), dann den Abstieg nach Alp da Segl nehmen, über Hotel Fex, Hotel Sonne, Chesa Pool und den Schluchtweg zurück nach Sils Maria.

Dauer: 5,5 Stunden.

Genuss

Kaffeehaus Hanselmann Egal ob bei Schneegestöber oder Sonnenschein, die heisse Schokolade bei Hanselmann in St. Moritz ist ein Winter-Klassiker. Aber auch im Sommer lohnt sich ein Besuch der exquisiten Konditorei.

Fritz Hanselmann war Oberbäcker im KulmHotel, bevor er 1894 seine eigene Bäckerei gründete, die rasch berühmte Gäste wie die persische Kaiserin Soraya oder Ägyptens König Farouk begeisterte. hanselmann.ch

Waldhaus-Bibliothek Wer nicht selbst schon Gast im Hotel Waldhaus ist, gönnt sich einen Nachmittagstee in der Hotelhalle, blättert dort in der Zeitung oder wechselt in die stimmige Bibliothek, um ein Buch zu lesen. waldhaus-sils.ch

Kultur

Die Kirche in Fex-Crasta lohnt einen Ausflug. Vermutlich wurde der Bau im Jahre 1500 errichtet, die Apsis datiert von 1506. Berühmt sind die Fresken mit Gottvater, den Gekreuzigten und einer Taube, für die wohl oberitalienische Wandermaler verantwortlich sind. engadin.ch/fex-crasta

Buchempfehlungen

Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull

Thomas Mann – Manns vergnügte Parodie eines klassischen Bildungsund Entwicklungsromans. fischerverlage.de

Tagebuchsammlung

Die Tagebücher des Nobelpreisträgers sind in 10 Bänden als Taschenbücher lieferbar. In den erhaltenen Journalen von 1918-1921 und ab 1933 bis zum Tod 1955 verbindet Thomas Mann alltägliche Beobachtungen mit dem Weltgeschehen und schreibt so «den Roman eines Lebens». fischerverlage.de

Thomas Mann

Friedrich Nietzsche

Das heutige Nietzsche-Haus in einer Aufnahme aus den 1890er-Jahren.

Sils-Maria.

Hier sass ich, wartend, wartend, — doch auf Nichts, Jenseits von Gut und Böse, bald des Lichts Geniessend, bald des Schattens, ganz nur Spiel, Ganz See, ganz Mittag, ganz Zeit ohne Ziel.

Da, plötzlich, Freundin! wurde Eins zu Zwei — — Und Zarathustra gieng an mir vorbei …

Auszug – Die Fröhliche Wissenschaft, Anhang 13

In den Gedenkstein auf der Halbinsel Chastè wurde das «Nachtwandlerlied» aus Nietzsches «Also sprach Zarathustra» eingraviert.

Friedrich Nietzsche und sein Sils

Einer der grössten Philosophen unserer Zeit hat im Engadiner Dorf wichtige und für sein Werk prägende Monate verbracht.

1844 in Röcken in der ehemaligen preussischen Provinz Sachsen geboren und in Naumburg aufgewachsen, studierte Friedrich Nietzsche in Bonn und Leipzig klassische Philologie und wurde mit 24 Jahren als ausserordentlicher Professor an die Universität Basel berufen. Bereits zehn Jahre später, 1879, musste er aus gesundheitlichen Gründen seine Professur niederlegen. Von nun an suchte er nach Orten, deren Klima sich günstig auf seine Leiden auswirken sollte. So entdeckte er Anfang Juli 1881 Sils im Oberengadin: «Hier», schrieb er, «ist mir bei weitem am wohlsten auf Erden.» In dem trockenen, sonnenreichen Klima der Hochebene fand der wetterfühlige Denker Bedingungen vor, von denen er sich Linderung für seine migräneartigen, oft mit Erbrechen einhergehenden Kopfschmerzen erhoffte. Ein strenger Tagesplan regelte nicht nur

Text DR. MIRELLA CARBONE

Sicht vom Zarathustra-Stein auf den Silvaplanersee.

Arbeits- und Essenszeiten, sondern sah auch «täglich 5 – 7 Stunden Bewegung», ausgedehnte Spaziergänge in der Umgebung vor, bei denen sich zugleich die mitgeführten Notizbücher füllten. Schon dieser erste Aufenthalt beschenkte Nietzsche mit einem Schlüsselgedanken, der seinem weiteren Philosophieren eine neue Richtung gab: dem «Gedanken der ewigen Wiederkunft», der «Grundconception» zu seinem Hauptwerk «Also sprach Zarathustra».

Von 1883 bis 1888 folgten sechs weitere Sommeraufenthalte in Sils, immer im Hause der Familie Durisch, die ihm ein bescheidenes Zimmer im 1. Stock vermietete. Die Wirtsleute, so Nietzsche 1883, «sind so gut gegen mich und freuen sich meiner Wiederkehr.» Seiner empfindlichen Augen wegen liess er die weissen Wände seines Zimmers dunkelgrün tapezieren, «aber es ist und bleibt kalt und sehr niedrig.» Der Denker wünschte sich genug Geld, um sich im Oberengadin «eine Art ideale Hundehütte zu baun (…), ein Holzhaus mit 2 Räumen, (…) auf einer Halbinsel, die in den Silser See hineingeht.»

Sein Mittagstisch im Silser Hotel Alpenrose eröffnete dem Philosophen ab 1884 geselligen Kontakt zu einem Kreis kultivierter Damen, der sich in den folgenden Sommern fortsetzte. Nietzsches Umgang mit den Einheimischen beschränkte sich hingegen weitgehend auf seine Wirtsleute, den Pfarrer und den Dorfschullehrer. Am 20. September 1888 verliess er zum letzten Mal Sils, jenen Ort, dem – wie Nietzsche in «Ecce homo» schrieb – «meine Dankbarkeit das Geschenk eines unsterblichen Namens machen will». Der geistige Zusammenbruch Anfang Januar 1889 setzte seinem aktiven Leben ein jähes Ende.

In Sils ist ein wichtiger Teil von Nietzsches Werk entstanden, u.a. das zweite und Entwürfe zum dritten Buch von «Also sprach Zarathustra», «Jenseits von Gut und Böse», «Zur Genealogie der Moral», die «Götzendämmerung» und «Der Antichrist».

Was Friedrich Nietzsche heute wohl empfehlen würde

Wanderungen

Halbinsel Chastè

Den Gedanken, die nicht erwandert sind, solle man misstrauen, meinte Nietzsche. Er wanderte ausführlich durch die weiten Landschaften des Engadins. Einer seiner Lieblingswege führte ihn zur Halbinsel Chastè (ca. 30 Minuten ab Sils Maria), von wo ein schöner Blick über den Silsersee bis Maloja geht. Zu Ehren des Dichters wurde dort in seinem Todesjahr ein Gedenkstein errichtet, auf dem das «Nachtwandlerlied» aus «Zarathustra» eingraviert ist. engadin.ch/gedenkstein

Um den Silvaplanersee

Auf einer Wanderung am Silvaplanersee ereilte Nietzsche ein Gedankenblitz, der die Grundlage für sein berühmtes Werk «Zarathustra» werden sollte. Dies genau bei einem pyramidenförmigen Steinblock, der auch heute noch dort steht.

Höhenklima

Der Philosoph Nietzsche galt als überaus orts- und klimasensibel. Wie ein Seismometer registrierte er geografische und meteorologische Einflüsse auf sein Befinden, führte Buch über die Wetterverhältnisse vor Ort und legte Klimatabellen an. Bestimmt hat er auch eine der seit 1863 im Dorf installierten Messstationen konsultiert. Die letzte Messsäule dieser Art aus 1910 steht noch heute vor dem Nietzsche-Haus. sils.ch

Kulinarik

Obwohl er in Sils meist in seinem Zimmer im heutigen Nietzsche-Haus wohnte, übernachtete der Dichter 1883 im Hotel Edelweiss und speiste dort auch ab und zu. Den prachtvollen Jugendstilsaal gab es damals zwar noch nicht, aber ein Dinner in dem stimmungsvollen Ambiente ist auf alle Fälle ein Erlebnis. hotel-edelweiss.ch

Buchempfehlungen

Ursprung während seiner Zeit im Engadin nahm und mit dem er Philosophiegeschichte geschrieben hat. reclam.de

Ecce Homo Wie man wird, was man ist. Autobiografisches Werk, an dem Friedrich Nietzsche von 1888 bis zu seinem Zusammenbruch 1889 gearbeitet hat. Er polemisiert darin heftig gegen Moral, Seele, Geist, freien Willen und Gott. dtv.de Mehr Tipps? engadin.ch

Also sprach Zarathustra Ein Buch für Alle und Keinen. Friedrich Nietzsches wichtigstes Werk, das seinen

Wirkungsstätte eines grossen Denkers

Sieben Sommer hat Friedrich Nietzsche in Sils Maria verbracht. Seit 1960 ist das Haus, in dem der Philosoph gewohnt und sein Werk «Also sprach Zarathustra» begonnen hat, als Museum öffentlich zugänglich. Zu besuchen gibt es Nietzsches Originalzimmer, eine permanente Sammlung und wechselnde Ausstellungen.

Ein dem Denken gewidmetes Haus

Das ca. 200 Jahre alte Haus im Herzen von Sils Maria, in dem der Philosoph sieben Sommer verbrachte (1881 und 1883 bis 1888), blieb auch nach Friedrich Nietzsches Aufenthalten lange in Privatbesitz. Erst 1959 gründete eine Gruppe von Förderern, die den kulturhistorischen Wert des Hauses erkannte und es einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen wollte, die «Stiftung Nietzsche-Haus in Sils Maria». Diese kaufte das Haus, liess es sorgfältig renovieren und eröffnete dort im August 1960 ein Museum.

Das Konzept der Stiftung, die bis heute Trägerin des Hauses ist, ist ein dreifaches: Zum einen informiert eine umfangreiche Ausstellung über Leben und Werk des Philosophen. Zum anderen ist das Haus auch eine Wohn-, Arbeitsund Forschungsstätte. Die Stiftung bietet geistig und kulturell regen Menschen die Möglichkeit eines Wohnund Studienaufenthaltes, mit dem Ziel, das lebendige Gespräch unter den Forschenden zu fördern. Ausserdem führt die Stiftung regelmässig Ausstellungen zeitgenössischer Kunst mit regionalem und / oder Nietzsche-Bezug im Haus durch. nietzschehaus.ch

Eine Auswahl der Stationen von 1800 bis heute:

Ab Anfang

Das Haus gehört der Familie Durisch, die im Erdgeschoss einen Gemischtwarenladen betreibt.

Anfang 20. Jh.

Das Haus wird zeitweilig vom benachbarten Hotel als Personalhaus genützt.

1960 ab 1881

Eröffnung als Museum zum 60. Todestag Nietzsches.

Friedrich Nietzsche mietet sieben Sommer lang ein Zimmer im 1. Stock.

1959

Kauf durch die neugegründete «Stiftung Nietzsche-Haus in Sils Maria» und Renovation.

2021

Umfassend erneuerte Präsentation über Leben und Werk von Friedrich Nietzsche.

Literatur erleben

Immer wieder hat es Schreibende und kreative Köpfe ins Engadin gezogen. In der ganzen Länge, von Maloja bis S-chanf, finden sich Orte, wo Literatur geschehen ist, wo grosse Autorinnen und Autoren sich begegnet sind und noch immer begegnen, wo eine grandiose Landschaft gleichzeitig als Inspiration und als Labor funktioniert. Wir haben einige dieser ikonischen Werke, literarischen Institutionen und Persönlichkeiten verortet.

Diavolezza

1 Theater im Zuoz Globe

2 Max Frisch

3 Hermann Hesse

4 Chesa Planta Samedan

5 Laudinella-Bibliothek St. Moritz

6 Annemarie Schwarzenbach

7 Friedrich Nietzsche

8 Nietzsche-Haus Sils

9 Hotel Waldhaus Sils

10 Thomas Mann

Rausch der Verwandlung

Lej da Silvaplauna
Lej da Segl

Seenregion

In den leichten Wogen der Seen fliessen die Geschichten

förmiger Granitblock den Namen «Zarathustra-Stein».

Am Inn

In der malerischen Natur mit ihren glitzernden Seen, die von hohen Bergen eingerahmt werden, liessen sich schon viele Literaten nieder. Sie fanden Ruhe und Inspiration für ihre Bücher.

Mehr zu den Dörfern erfahren? Zwei Rundgänge in Maloja und Sils: engadin.ch/dorffuehrungen i

Mehr auf : engadin.ch/maloja engadin.ch/sils engadin.ch/silvaplana

Bänkli zum

Lesen & Weilen

Am Wasserfall Surlej Vom Parkplatz «Surlej Brücke» sind es dreissig Minuten zu Fuss bis zum Aussichtsbänkli, wo der Wasserfall Surlej braust und sich der Blick über den Silvaplanersee weitet. Friedrich Nietzsche sah während eines Spaziergangs an dessen Ufer sein Hauptwerk «Also sprach Zarathustra» vor sich. Deshalb trägt dort, wo das Wasser in den See fällt, ein pyramiden-

Während der Inn an einem vorbei rauscht, geniesst man die Aussicht auf den SurlejWald und den Corvatsch oder vertieft sich in die Zeilen von Robert Musil, der in «Der Mann ohne Eigenschaften» unter anderem über den Inn und das Engadin philosophiert. Vom Parkplatz Champfèr sind es knapp fünf Minuten bis zur Aussichtsbank «Champfèr Brücke».

Literarische Orte & Events

Silser Hesse-Tage Kein Sommer im Engadin ohne Hesse-Tage. Vom 14. bis 16. Juni finden sie zum Thema «Kraftquelle Natur» statt. Dabei tauchen alle Freunde von Hermann Hesse und die, die es noch werden wollen, in seine Weltanschauung ein. engadin.ch/sils

MALOJA
SILS ST.MORITZ
PONTRESINA
SAMEDAN
ZUOZ
SILVAPLANA

Silser Kunst- und LiteraTourtage

«Auf den Spuren der Wiener Moderne im Oberengadin – Psychoanalyse, Literatur und Kunst» heisst das Thema der diesjährigen Silser Kunst- und LiteraTourtage im August und es verspricht Tiefgang. So werden nicht nur die Werke von Sigmund Freud und Arthur Schnitzler besprochen, sondern auch die kreative Verbindung von Kunst und Psychologie bei Menschen mit Demenz aufgezeigt.

Nietzsche-Kolloquium

Die seit 1978 stattfindenden Silser Nietzsche-Kolloquien regen zur kritischen Reflexion und Diskussion über den Autor, sein Werk und dessen Wirkung an. Wer an der diesjährigen Ausführung zum Thema «Warum ich so klug bin» im September nicht teilnehmen kann, taucht in der Bibliothek des Nietzsche-Hauses in die Werke des Autoren ein. nietzschehaus.ch

Origen Commedia

Die Stiftung «Origen» hat schon viele Projekte iniziiert und erfolgreich durchgeführt, auch die

Origen Commedia Truppe. Sie macht diesen Juli auf dem Dorfplatz von Silvaplana Halt und sorgt mit humorvollem, mehrsprachigem und geistreichem Programm für Unterhaltung.

Bibliothek Maloja

Die öffentliche Bibliothek in Maloja ist sicherlich nicht die grösste, aber eine, die auffällt. Denn auf dem bronze-gelbfarbenen Erweiterungsbau haben sich Bergeller Künstler mit ihren Zitaten verewigt.

Kulturbüro

Die Führungen des Kulturbüro Sils/Segl (KUBUS) bringen den Gästen Sils und seine Künstler näher. kubus-sils.ch

Krimigeschichten

In «Tod in Sils Maria» lässt der Berner Krimiautor Ulrich Knellwolf die Leichen unauffällig aus den Hotels entfernen, um dem Skispass in Sils Maria zu frönen. Der Lesesaal des Waldhauses eignet sich bestens zur Lektüre der bösen Geschichten.

Wanderungen

Mit Dürrenmatt und Kraus ins Fextal

Nicht nur Thomas Mann war vom Fextal fasziniert, auch der österreichische Schriftsteller Karl Kraus verewigte es in seinem Gedicht «Fahrt ins Fextal». Und Friedrich Dürrenmatt setzte in «Turmbau. Stoffe IV–IX» dem Hotel Sonne Fex ein literarisches Denkmal. Neben dem Rundweg über Muott’Ota ist die vierstündige Wanderung vom Nietzsche-Haus zum Aussichtspunkt Marmoré über den Bergsee Lej Sgrischus und den Piz Chüern ins romantische Fextal eine panoramareiche Alternative, das Tal zu erkunden.

Mit Gianna in Sils Maria

Auf dem Märchenweg «Senda da Gianna» folgt man der mutigen Ziegenhirtin Gianna. Sie muss den jungen Feriengast Karl suchen, der sich im Wald von God Laret verirrt hat. Der zweistündige Rundweg startet beim Restaurant Alpenrose in Sils Maria.

Ferienhaus von Anne Frank Gleich neben dem Waldhaus ins Sils liegt die Villa Spitzer, heute Villa Laret. Hier verbrachte Anne Frank 1935 und 1936 ihre Ferien bei ihrer wohlhabenden Pariser Tante Olga Spitzer. Mehr Tipps? engadin.ch/de/kunst-kultur

Herzregion

In den lieblichen Dörfern werden Märchen wahr

Die drei Dörfer Bever, Samedan und Celerina sind voller Kontraste: Hier trifft sportlich auf verträumt und buntes Treiben auf Gemütlichkeit. Dazwischen finden sich auserlesene Schätze der Literatur.

Bänkli zum

Lesen & Weilen

Sitzbänkli befindet. Wer hungrig von der Lektüre wird, schlendert zum Ochsebrugg-Beizli, wo es eine Kleinigkeit zur Stärkung gibt.

Literarische

Orte & Events

Der Bücherschrank

Mehr zu den Dörfern erfahren?

Durch Celerina, Samedan und Bever spazieren: engadin.ch/dorffuehrungen i

Mehr auf : engadin.ch/celerina engadin.ch/samedan engadin.ch/bever

Sagen im Wald

Im Stazerwald soll einst ein böser Drache gehaust haben, heute laden zwischen den Arven zahlreiche Bänkli zum Verweilen ein. Wer die Augen schliesst, spürt den leichten Wind die Wangen streicheln.

Verwunschene Landschaft

Von der Kirche San Gian in Celerina sind es zirka 20 Minuten zu Fuss bis zum Ochsenbrüggli, wo sich das

Im Gebiet Punt da Schlattein, unweit vom Cresta Palace, wo einst auch Arthur Schnitzler residierte und hin und her gerissen war zwischen seinen beiden Liebschaften, steht ein Bücherschrank. Ob sich dort auch das «Fräulein Else» versteckt?

Die romanische Bücherei

Die «Uniun dals Grischs» setzt sich seit ihrer Gründung im Jahr 1904 für die romanische Sprache und Kultur im Engadin ein. Mit der Bücherei Chesin Manella in Celerina wird das Kulturgut und die romanische Sprache für alle zugänglich. udg.ch

Der Bücherschatz

In der Bibliothek und im Archiv der Chesa Planta Samedan wird eine der grössten und wertvollsten Sammlungen rätoromanischer Manuskripte und Bücher aufbewahrt. Angefangen hat alles mit einer Schenkung des romanischen Schriftstellers Peider Lansel im Jahre 1940. Später kamen kostbare Dokumente wie die Originalpartitur des Calvenfestspiels 1899 von Otto Barblan und die erste ladinische Bibel, gedruckt 1679 in Scuol, hinzu. Am 20. Juli 2024 wird am Literaturtag «favella bella» (die schöne Sprache) der romanischen Sprache eine Feier gewidmet. chesaplanta.ch

Menschen & Erinnerungen

Der Freund von Nietzsche

Der Philosoph und Arzt Paul Rée war ein enger Freund von Friedrich Nietzsche, bis eine Frau kam und die Freundschaft in die Brüche ging. 1901 stürzte Rée bei der Charnadüra-Schlucht in Celerina zu Tode. Eine Gedenktafel bei der Schlucht erinnert an ihn.

Der Sprachforscher Zaccaria Pallioppi wurde in Celerina geboren und auf dem Friedhof San Gian begraben. Dazwischen hat er einiges gemacht: Er war Landammann, Grossrat, Friedensrichter und Sprachforscher. 1857 begründete er beispielsweise die erste allgemein anerkannte Orthografie der oberengadinischen Sprache.

Die Märchenerzählerin Nann’Engel war eine berühmte Märchenerzählerin, die im 19. Jahrhundert in Bever lebte. Ein Bilderzyklus von Otto Braschler gedenkt am Schulhaus Culögnas ihrer Märchen.

Wo sich der Kreis schliesst

In Hans Boeschs «Der Kreis» wird Bever zum Schauplatz. Denn hier in einem Gasthof erzählen sich Freunde und Bekannte Geschichten, die sich kreisförmig von Bever ausgehend über das Engadin, die Schweiz und über den gesamten Globus dehnen. Und der Kreis schliesst sich stets in Bever.

Am Stazersee

Arthur Schnitzler war verliebt am Stazersee und Songwriter Curdin Nicolay aus Bever singt von ihm. Seine humorvollen Geschichten bleiben einem im Ohr und begleiten einem auf dem Spaziergang rund um den Lai da Staz.

Wanderungen

Im Märchental

Zwischen Bever und Spinas versammeln sich Feen, Elfen und Trolle und erzählen ihre Geschichten. Neben den Erzählungen, die von Engadiner Autorinnen geschrieben wurden, begegnen einem entlang des 4,5 Kilometer langen Märchenwegs riesige Skulpturen lokaler Kunstschaffenden. maerliweg.ch

Im Reich der Wunderblumen

«Las Trais Fluors» heisst nicht nur der Märchenweg in Celerina, sondern auch die drei majestätischen Felszacken, die im Wandergebiet Marguns wie versteinerte Nadeln in den Himmel ragen. Von der Bergstation Marguns führt der Weg begleitet von den Erzählungen der Schweizer Schriftstellerin Sina Semadeni-Bezzola nach Celerina.

Mehr Tipps? engadin.ch/de/kunst-kultur

Pontresina

Gletscher- und Bergsteigerdorf mit Auftritt in der Weltliteratur

PONTRESINA

Das legendäre Bergsteigerdorf Pontresina befindet sich nah am Berninamassiv. Seine berühmte Dorfpromenade mit den alpinen Grandhotels aus der Belle Époque lädt zum gemütlichen Flanieren ein.

Schöne Bänkli & Leseplätze

Sonnenplateau Crast‘Ota Oberhalb von Pontresina, auf dem Weg zum unteren Schafberg, lässt sich die Panoramaaussicht ins Val Roseg und auf die umliegenden Berggipfel geniessen. Erreichbar zu Fuss ab dem Dorfzentrum in 30 Minuten.

Bernina» schilderte er das dämonische Leben des berühmten Gemsjägers Gian Marchet Colani. Bei Montebello, Nähe Bahnübergang, gibt es einen Gedenkstein für den Autor.

Ruhe pur

Das Val Roseg in alpiner Ruhezone bezaubert durch den idyllischen, wohlriechenden Wald und den rauschenden Rosegbach. Unzählige Bänklein säumen den 7 km langen Weg bis zum Hotel Restaurant Roseg Gletscher.

Literarische Orte & Events

Für Bergfans

Mehr zum Dorf erfahren? Im Sommer finden jeden Mittwoch kostenlose Dorfführungen statt. engadin.ch/dorffuehrungen

Mehr auf : engadin.ch/pontresina

In guter Nachbarschaft

Der Winterthurer Schriftsteller Jakob Christoph Heer (1859–1925) war in Pontresina ein häufiger Gast. In seinem Roman «König der

Im Museum Alpin lockt die SAC-Bibliothek mit Werken über die Entstehung des Alpinismus, mit aktuellen Führern und Zeitschriften zum Wandern, Klettern, zu Hoch- und Skitouren und weiteren bergsportlichen Aktivitäten. engadin.ch/museumalpin

SILVAPLANA
SAMEDAN ZUOZ

Inspirationsquelle

Die stimmig eingerichtete und liebevoll kuratierte

Bibliothek des neuen Hotels Maistra 160 verfügt über rund 900 Titel und ist eine Quelle der Inspiration. Hotelgäste können hier alle Facetten des Engadins zwischen zwei Buchdeckeln kennenlernen. In der Bibliothek finden auch Buchpräsentationen, Lesungen und die hochkarätige Gesprächsreihe «Maistra spricht ...» statt. maistra160.ch

Gebannt zuhören

Wer sich gerne von Märchen, Geschichten und Poesie verzaubern lässt, ist beim Märchenund Geschichtenfestival Klapperlapapp goldrichtig. Die besten Geschichtenerzähler der Schweiz bringen auf der Konzertbühne im Taiswald zahlreiche Kinderaugen zum Leuchten. klapperlapapp.ch

Kulturagenda

Auf Cultura Pontresina findet man alle Kulturveranstaltungen in Pontresina. So etwa auch die Begegnung mit einheimischen Literaten und ihren unterhaltsamen Beobachtungen zur Pontresiner Zeitgeschichte im Pöstlikeller des Hotels Maistra 160 am 15. November 2024. cultura-pontresina.ch

Hörend zum Gletscher Einen literarischen Leckerbissen bietet die LiteraTOUR vom Bahnhof Morteratsch zum Morteratschgletscher. Die fesselnden Audiotexte können mittels QR-Code bei den 16 Informationsstellen entlang des Weges angehört werden. In den Geschichten werden Anekdoten, Gedichte und Tour-Berichte aus verschiedensten Zeitepochen vorgetragen.

Verewigt im Buch

Getäuschte Gesellschaft

Stefan Zweig war oft zu Gast im Hotel Walther, wo er sich wohl für seinen Roman «Rausch der Verwandlung» hat inspirieren lassen. Die Hauptfigur Christine wird von Verwandten nach Pontresina in ein feudales Hotel eingeladen, wo sie vorgibt, die reiche Nichte Christiane van Boolen zu sein, und das gesellschaftliche Leben geniesst.

Wanderungen

Geistreiche Wanderung

Auf dem Philosophenweg am Muottas Muragl kann man sich von den Zitaten geistreicher Persönlichkeiten wie Meta von Salis, Annemarie Schwarzenbach oder Erich Kästner inspirieren lassen. Der 2 km lange Rundweg war bisher eine reine Winterwanderung. Aufgrund seiner Beliebtheit wurde der Philosophenweg auf den Sommer adaptiert und ist seit Juni 2022 – inklusive neuem Routenverlauf – als Sommerwanderung geöffnet.

Kinderwanderungen

Für Kinder gibt es in und um Pontresina herum vier Themenwege, die jeweils anhand eines Kinderbüchleins mit der ganzen Familie erwandert werden können. Die Büchlein sind erhältlich bei der Infostelle.

Das Geheimversteck am Piz Languard 1963 hat Ian Fleming in seinem JamesBond-Roman «Im Geheimdienst ihrer Majestät» Pontresina ein Denkmal gesetzt. Die Haupthandlung spielt nämlich im Bergversteck von Bösewicht Blofeld, das sich am Piz Languard befinden soll. Fleming gab ihm im Buch den Fantasienamen «Piz Gloria». Mehr Tipps? engadin.ch/de/kunst-kultur

Plaiv

Der Inn bringt Poesie in die Dörfer

Die vier Dörfer sind zwar nicht gross, aber sie bewahren Schätze der rätoromanischen Sprache und Kultur in ihrem Herzen. Wer dem Inn und den Wäldern lauscht, wird die Poesie, die sie erzählen, hören.

Mehr zu den Dörfern erfahren?

Auf einer Führung in eines der vier Dörfer eintauchen: engadin.ch/dorffuehrungen i

Mehr auf : engadin.ch/lapunt engadin.ch/madulain engadin.ch/zuoz engadin.ch/s-chanf

Bänkli zum Lesen & Weilen

Musikalische Ruine

Vom Bahnhof Madulain aus sind es gerade mal 15 Minuten bis zur Ruine Guardaval. Hier befindet sich eine Sitzbank mit Aussicht übers Hochtal und hier findet am 28. Juli 2024 auch ein Konzert von Martina Linn statt. Die Musikerin aus La Punt vertonte in ihrem neuen CD-Buch «In tschercha da stizis» Gedichte von rätoromanischen Autoren, geboren zwischen 1824 und 1984.

Darunter sind auch Texte von Arthur Caflisch aus Zuoz. Entstanden ist eine wundervoll musikalische Hommage an die rätoromanische Sprache. martinalinn.com

Waldgalerie

Der Wald «God Fainchs» liegt oberhalb des Dorfplatzes La Punt Chamues-ch. Auf dem Aussichtsbänkli zwischen Arven und Lärchen taucht man in den Wald, sein Flüstern und seinen Duft ein. Auch die Waldgalerie, in der Kunstschaffende ihre Werke zeigen, wurde hier eingerichtet. Ab Juli wird Nina Froriep, die im Engadin geboren wurde und heute in New York lebt, ihre Fotografien zeigen.

Literarische Orte & Events

Globe Theater

«All the world’s a stage», sagte William Shakespeare einst

und das Zitat ziert nun den Eingang zum Zuoz Globe, dem Zuozer Theater beim Lyceum Alpinum. Hier blicken die Zuschauer erhöht und umgeben von Engadiner Lärchenholz auf das Schauspiel der Shakespeare Company oder im Herbst 2024 auf die Slam Poeten der Uniun dals Grischs. lyceum-alpinum.ch

Kulturarchiv

1096 Laufmeter

Archivalien, verpackt in Schachteln oder Mappen, von Fotografien über Architekturpläne bis zu Handschriften, Zeitungen und Bücher – das bewahrt das Kulturarchiv Oberengadin auf. Ab Sommer 2024 wird das Archiv in die Chesa Planta in Zuoz einziehen und dort öffentlich zugänglich sein. kulturarchivzuoz.ch

Bücherschatz

Der Bücherschatz im Foyer der Chesa Comünela in La Punt-Chamuesch ist eine offene Literatur-Schatzkiste für Gäste und Einheimische. Es darf ausgeliehen und geschenkt werden!

La Suosta

Der Engadiner Jacques Guidon hat nicht nur Dramen, Erzählungen und Satiren auf Rätoromanisch verfasst, er war auch Maler. In der Galerie La Suosta in Madulain sind seine Werke ausgestellt. lasuosta.ch

Musikalische Sprache

Am Chapella Open Air vom 2. bis 4. August 2024 schwebt über der Kirchenruine St. Nikolaus und Ulrich in Chapella eine Klangwolke. Dann wird auch der rätoromanischen Sprache eine Bühne geboten. chapella.ch

Gedichte aus der Ferne

Die dichtende Schwalbe Jesscia Zuan lebt schon lange in Barcelona, aufgewachsen ist sie aber in Sils Maria und La Punt Chamues-ch. Das Engadin liess sie jedoch nie los und sie kehrt immer wieder hierhin zurück. Ihre Gedanken an die Heimat fasst sie auf Rätoromanisch in wundervolle Gedichte. Für den neusten Lyrikband «Launa da pavagls» erhält Jessica Zuan den Bündner Literaturpreis 2024.

Der Teufel in Zuoz «Der Teufel von Mailand» von Martin Suter spielt eigentlich in Sent, verfilmt wurde das Buch aber im Castell in Zuoz. In dessen Studiokino flackert der Film zwar nicht über die Leinwand, dafür lässt es sich auf der Holzterrasse des japanischen Künstlers Tadashi Kawamata bestens den Roman lesen.

Wanderungen

Gedankenwelt im Val Susauna

Gut möglich, dass auch Dr. Clagüra aus Romedi Arquints Erzählung «Eiszeit, Auszeit» einen Spaziergang von Chapella in die Val Susauna unternahm. Auf alle Fälle trifft man auf dieser Naturstrasse auf das Flussrauschen der Vallember, Bärengeschichten und das Veduta Pop-up Susauna, die Wiesenbeiz, in der man in die Gedankenwelt der Romanfigur eintaucht.

Notizen im Val Chamuera

Von La Punt Chamues-ch führt eine zweistündige Wanderung in die Val Chamuera bis zur Alp Serlas. Tipp: Notizbuch einpacken, um auf den Sitzbänken unterwegs die eigenen Gedanken in Worte zu fassen.

Mehr Tipps? engadin.ch/de/kunst-kultur

St. Moritz

In der Alpenmetropole glänzen literarische Juwelen

Sonne Platz nehmen und während der Blick über den St. Moritzersee schweift, den Gedanken nachgehen.

Wo sich die High Society erholt, werden Geschichten geschrieben und aufbewahrt. Und neben allem Glamour finden sich zahlreiche ruhige Orte, um den Lesestoff aus aller Welt zu geniessen.

PONTRESINA

Mehr zum Dorf erfahren? Eine Führung durch die glanzvollste Alpenmetropole der Welt: engadin.ch/dorffuehrungen

Mehr auf : stmoritz.com

Bänkli zum Lesen & Weilen

Höhenflug

Vom Schwimmbad Ovaverva am Lej da l’Ova Cotschna vorbei zum gleichnamigen Piz sind es fast 1000 Höhenmeter. Aber hier wartet die Sitzbank, auf der man glaubt zu fliegen – über die Engadiner Seen und die Schauplätze von Hermann Hesses «Engadiner Erlebnisse».

Seegang

Auf den historischen Carlton-Sitzbänken an der

Literarische Orte & Events

Musikalische Erzählungen

Musiker sind zwar keine Literaten, aber sie erzählen genauso Geschichten, manchmal poetischer, manchmal melancholischer, manchmal surrealer und humorvoller. Zu Letzteren gehören diejenigen von Helge Schneider. Er wird einmal mehr den Abschluss des Festival da Jazz machen, das jeweils im Juli stattfindet. Passend zum Festival ist der Roman «Symphonie für Jazz». Der Deutsche René Schickele, der einst in Chantarella das Skifahren erlernte, erzählt darin die Geschichte eines Paars, das sich im mondänen Leben des Jazz verliert. festivaldajazz.ch

SILVAPLANA

Tauchgang Geschichte

Es war einmal Schulhaus und Feuerwehrdepot. Nun ist es eine moderne Bibliothek, die zum Verweilen und Lesen einlädt. Die Dokumentationsbibliothek ist das Gedächtnis von St. Moritz, hier taucht man in die Geschichte des Ortes ein. biblio-stmoritz.ch

Hotelbibliothek

Seit 1960 sammelt das Hotel Laudinella Bücher und macht die etwa 2000 Titel in seiner Bibliothek für die Öffentlichkeit zugänglich. Hie und da lesen Autoren hier auch aus ihren neuen Kreationen und ab 2025 werden wieder Schreibkurse angeboten. Bis dahin vertieft man sich mit dem Roman «Codewort Laudinella» von Richard Reich in die Hotelgeschichte. laudinella.ch

Lesungen im Hotel

Wenn es draussen kälter wird und die Natur von Grün zu Gelb wechselt, lädt das Suvretta House gleich zu zwei Lesungen ein. Am 12. Oktober erzählt Fabio Lanz einen «Zürich-Krimi» und am 17. Oktober stellt Simone Meier ihr neues Buch «Die Entflammten» vor. suvrettahouse.ch

Bücherladen

Mit einer Papeterie hat vor 100 Jahren alles angefangen. Heute gehören zu Schuler Wega Bücher neben den Schreibwaren auch eine grosse Auswahl an Büchern von und über das Engadin sowie eine vielfältige Sammlung aus der ganzen Welt.

Geschichten aus St. Moritz

Ein Liebesdrama

Die italienische Autorin Rosetta Loy erzählt in «Schokolade bei Hanselmann» eine Liebestragödie während des Zweiten Weltkriegs. Im Cafehaus Hanselmann ein gediegenes Plätzchen suchen und das Herz verlieren.

Von Schönen & Reichen Verena Schoch hat das «Embassy», ein exklusives Uhren- und Juwelengeschäft in St. Moritz, jahrelang geführt. In «Goldenes Kind – Geschichten aus St. Moritz» sind die besten Geschichten der Schönen und Reichen vereint. Ein Lesevergnügen zum Schmunzeln.

Eingemauerte Geheimnisse

Hotel-Pionier Johannes Badrutt war gewieft und ohne ihn wäre St. Moritz ein anderes. Sicherlich hatte er einige Geheimnisse und einige sollte auch die Nachwelt nicht erfahren. Denn bei einem Umbau 1880 liess er wichtige Briefe und Dokumente in eine Säule im Hotel Kulm einmauern. In welche, bleibt geheim, und das Kulm hat viele Säulen.

Wanderungen

Schellenursliweg

Der «Schellen-Ursli», geschrieben von Selina Chönz, ist ein Kinderbuchklassiker. Auf dem Schellenursliweg von Salastrains nach St. Moritz Dorf laden Holzskulpturen sowie Texttafeln dazu ein, sich die Geschichte zu erwandern.

Heidis Blumenweg

Von Chantarella startet ein kurzer Weg, auf dem rund 200 verschiedene Pflanzenarten in Blumeninseln zu entdecken sind. Der Weg endet bei der Heidihütte, die original Alpöhi-Hütte aus der Fernsehadaption (1977) der weltbekannten Heidi-Romane von Johanna Spyri.

Mehr Tipps? engadin.ch/de/kunst-kultur

Day Trips

Vier Ausflüge in benachbarte Talschaften, die mit einem vielfältigen Angebot aus Literatur, Theater und Kultur aufwarten.

1 Bergell

Das Bergtal zwischen Maloja und Chiavenna führt von der Schweiz nach Italien und von hier stammt auch die Künstlerfamilie Giacometti.

Das KulturGasthaus Pontisella in Stampa ist so etwas wie die kulturelle Visitenkarte des Bergells. Im zum stimmungsvollen B&B umgewandelten Palazzo wird ein vielfältiges Kulturprogramm zelebriert. Zum Gebotenen gehören Schreibworkshops, Lesungen, Ausstellungen und Konzerte. pontisella-stampa.ch

In der denkmalgeschützten Villa Garbald in Castasegna befindet sich heute ein Seminarzentrum. Besuchenswert ist die Bibliothek der Familie Garbald, welche Literatur aus dem 17. bis zum 20. Jahrhundert umfasst, mit einem weiten thematischen Spektrum und in vielen Sprachen wie Deutsch, Italienisch, Französisch, Englisch, Rätoromanisch, Griechisch, Lateinisch bis hin zu Sanskrit. Besuch nur auf Voranmeldung. garbald.ch

2 Mulegns

In diesem einmaligen Häuserensemble wird die Kultur der Zuckerbäcker und Reisenden greifbar.

Origen bedeutet auf Rätoromanisch «Ursprung» oder «Original». Die Kulturstiftung gleichen Namens verfolgt verschiedene Projekte, wie beispielsweise die Rettung des architektonisch einmaligen historischen Dorfkerns von Mulegns, um damit Geschichte weiterzuerzählen und dem Ort neues Leben einzuhauchen. Im

Sommer wie im Winter findet rund um Mulegns jeweils ein Kulturfestival der Stiftung

Origen statt mit Theater, Tanz, Musik und Literatur. origen.ch

Das Tal bietet auf 25 km Länge zwischen dem ewigen Eis des Berninagletschers und den palmenverzierten Rebbergen bei Brusio viel Natur und pittoreske Dörfer.

Vom 4. bis 6. Oktober 2024 findet das dem literarischen Schaffen in den vier Landessprachen gewidmete Literaturfestival Lettere dalla Svizzera alla Valposchiavo statt. Während eines Wochenendes wird Poschiavo zum Ort der Begegnung von Ideen und Geschichten aus allen vier Sprachregionen der Schweiz. lettereallavalposchiavo.ch

Schriftsteller und Theaterautor Wolfgang Hildesheimer hat in Poschiavo seine Wahlheimat gefunden. Er war nicht nur Künstler des Wortes, sondern hat auch gemalt und collagiert. Seine Werke sind im Alten Kloster im Borgo von Poschiavo permanent ausgestellt (Besichtigung auf Anfrage). Mehr zu seinem Leben lässt sich auf einem Rundgang erfahren. valposchiavo.ch

Der Historische Verein der Valposchiavo setzt sich mit viel Herzblut für die Dokumentation der Talgeschichte ein. Regelmässig publiziert er wunderbar gestaltete Bücher dazu. ssvp.ch

Die eleganten Engadinerhäuser mit ihren märchenhaften Sgraffiti machen die Dörfer des Unterengadins zu lebendigen Museen der Baukultur des Tals.

In der Kulturgemeinde Sent öffnet die Schreibschule ihr Klassenzimmer für alle, die gerne lesen oder schreiben und Lust haben, sich mit (ihrer) Sprache auseinanderzusetzen. Geleitet werden die Kurse von der Autorin Angelika Overath. schreibschule-sent.ch

Ein malerischer Ort für Fans schöner Bücher ist die Libreria Poesia Clozza in Scuol. Dort finden sich nicht nur Werke in deutscher und romanischer Sprache, sondern werden auch regelmässig Lesungen und Buchpräsentationen veranstaltet. poesia-clozza.ch

Eine kleine Bühne, ein paar Scheinwerfer, hochstehende Kleinkunst – vom Live­Hörspiel bis zur szenischen Lesung, und dazu noch etwas Magie, das ist La Vouta in Lavin. lavouta.ch

Das gemütliche Bistro Staziun im Bahnhof von Lavin bietet Nahrung für Magen und Geist. Etwa in Form von Lesungen und Spoken­Word­Veranstaltungen. staziun-lavin.ch

«Man sagt, ein wenig vorschnell, das Engadin sei das schönste Hochtal der Welt. Solche Urteile sind nun mal anfechtbar und können keine allgemeine Gültigkeit fordern. Aber für viele, und für die allerverschiedensten Leute besitzt diese zugleich warme und harte Landschaft eine, wenn man so will, mysteriöse Anziehungskraft.»

Zitat der Schweizer Reisejournalistin und Autorin Annemarie Schwarzenbach aus dem 1932 erschienenen Buch Was nicht im Baedeker steht. Schweiz Ost und Süd.

Das Coverbild stammt ebenfalls von Annemarie Schwarzenbach. Es zeigt die Schauspielerin und Autorin Erika Mann in Sils um 1936.

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