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10. März 2011 06

! h c I : t i e z n e st a F ur

z l a i z e p S r e ns

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Ă„n de rn Si e das Nah e li eg e n dste


DIE GROSSE GUTTENBERG UMFRAGE

Hier Teilnehmen.


Uwe Amrhein

Editorial

Foto: Stiftung Bürgermut.

O’zapft

Schwer was los in Oberbayern. Die einen sagen OlympJA, die andern wollen NOlympia. Es scheint, als hätten sich Befürworter und Gegner der Münchener Bewerbung um die Winterspiele 2018 bei der Wahl ihrer Schlachtrufe abgestimmt. Jetzt zeichnet sich auch der Griff zu den gleichen Waffen ab. Die Gegner der Spiele haben ihr Bürgerbegehren schon gestartet. Nun hat vor einigen Tagen Münchens OB Christian Ude angekündigt, selbst ein Bürgerbegehren für die OlympiaBewerbung zu initiieren. Man wolle, so Ude, seitens der Stadt die Olympiafans entsprechend mobilisieren. Der gute Mann verwechselt etwas. Bierfässer auf der Wies’n lassen sich anstechen, und darin ist Ude unbe-

is!

stritten kompetent. Bei Bürgern geht das nicht. Die laufen entweder von allein los, oder eben nicht. Holzhammer schwingen hilft da wenig. Keine Frage: Eine Bürgerbewegung für die Spiele ist nicht weniger legitim als eine Protestbewegung dagegen. ProInitiativen sind immer gut. Allerdings haben Politik und Verwaltung dabei nichts zu suchen. Udes Ankündigung offenbart zwei gravierende Haltungsfehler: Erstens glaubt er, eine Bürgerbewegung pro Olympia käme ohne sein Mitwirken nicht zustande, geschweige denn wäre es erfolgreich. Damit unterschätzt er die Bürgergesellschaft und zeigt den klassischen Reflex der politischen Altherrenmannschaft. Zweitens schadet er dem eigenen Ansinnen: Eine Bürgerbewegung lebt von ihrer Authentizität. Politisch ferngesteuert kann sie nur verlieren. Als Sportfans aus dem preußischen Flachland sagen wir gerne OlympJA. Aber lasst das mal die Leute machen. Uwe Amrhein ist Herausgeber von ENTER. 7


Politik, Kultur, B체rgerrechte. Qualit채tsjournalismus kann man kaufen. www.spredder.de


Trends

Foto: privat

Entertainer der woche Ingo Wellenreuther CDU Bundestagsabgeordneter. Macht sich derzeit für eine Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung stark. Schönheitsfehler: Auf seiner eigenen Website findet sich kein Inhalt, der älter als 10 Wochen ist. Vielleicht liegt

es daran, dass er in der Vergangenheit mit Statements auffiel, die heute äußerst unpopulär sind: So bezeichnete er Volksentscheide im Bundestag als „primitives Verfahren“. 9


Trends

Zahlen, Zitate, Fakten

Zitat der woche Kai Diekmann

„Der Sturz des Verteidigungsministers markiert eine Zäsur: Die beängstigende Entfremdung zwischen Regierten und Regierenden, zwischen der Bevölkerung und der Politik...“ Kai Diekmann, Chefredakteur der BILD-Zeitung, interpretiert zu Guttenbergs Sturz.

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Zahlen, Zitate, Fakten

Trends

map der woche Libyen

Der iranische Internet-Aktivist „@Arasmus“ wertet Twitter-Nachrichten über die Kämpfe in Libyen aus und speist sie in eine Google-Landkarte ein. Jeder kann sich so über die aktuellen Entwicklungen infor-

mieren. Zusätzlich stellt er Audio-Berichte zu den Ereignissen online: http://maps.google.com/maps/…

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http://audioboo.fm/feb17voices.

Eine wirklich beeindruckende Arbeit!

Foto: Google

zahl der woche verweigerung

freiwillige Wehrdienstleistende konnten zum 1. März gewonnen werden. Angeschrieben wurden im Vorfeld 160.000 junge Männer. Ob das Modell Freiwilligenarmee funktionieren wird?

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Trends

Zahlen, Zitate, Fakten

Liste der Woche Wahlrechtsranking Wer darf zur Wahl gehen? Wie viele Stimmen kann er vergeben? Nach welchem System wird ausgezählt? Und wie lange bleiben Politiker an der Macht? Entlang dieser Fragen hat der Verein „Mehr Demokratie!“ einen Index für kommunale Wahlen gebildet. Er verrät, welche Länder am besten den Willen der Bevölkerung repräsentieren. Hier die Top Five des Rankings. www.mehr-demokratie.de

1. Hamburg: 56 Punkte 2. Bremen: 56 3. Mecklenburg-Vorpommern: 55 4. Sachsen-Anhalt: 54 5. Brandenburg: 53 Cartoon der Woche Wulffmorgenthaler

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Zahlen, Zitate, Fakten

Trends

update der woche Der Bürger wird zum 18. Sachverständigen

3. Februar 2011 01

der Bundestag kappt seine verbindung zum Bürge r

daS O F F l i n e pa r la M e nt

Foto: Google

Lange hat das Gerangel um eine echte Bürgerbeteiligung an der Arbeit der sog. Internet-Enquete gedauert.

Enter berichtete von Anfang an über den Machtpoker im Bundestag. Der öffentliche Druck auf die Bundestagsverwaltung wurde inzwischen so groß, dass die Beteiligungssoftware „Adhocracy“ tatsächlich aufgesetzt werden konnte. Unter der Domain www.enquetebeteiligung.de ist nun der „18. Sachverständige“, also die Netzcommunity, mit im Boot. Allerdings: Betrieben wir die Seite nicht vom Bundestag, sondern vom Verein Liquid Democracy „im Auftrag“ der Internet-Enquete. Engagierte Bürger scheint dies nicht zu stören. Sie stellten bislang 121 Vorschläge ein, die nun diskutiert werden. Einmal mehr zeigt sich, welche Wirkung eine kritische Netzöffentlichkeit entwickeln kann – wenn sie wie in diesem Fall geschlossen auftritt.

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Titel

Projekt Ich

! h c I Text: Sebastian Esser, Henrik Flor

Reue, Einkehr und Selbstaufopferung sind die Ideale der christlichen Fastenzeit, die gestern begonnen hat. Die vierzig Tage vor Ostern symbolisieren die Zeit, die Jesus in der W端ste verbrachte, und den Versuchungen der Teufels widerstand. Aber was bedeuten diese Dinge heute? Teufel, Opfer, fasten? 14


Projekt Ich

Titel

Während einige Menschen angeblich auf Schokolade, Bier, Fritten oder Klatsch verzichten, nutzen andere die Zeit, um die Routinen des Alltags zu hinterfragen. Wie führe ich ein besseres Leben? Den eigenen Ansprüchen an einen verantwortungsvollen Umgang mit anderen Menschen und mit der Natur zu genügen ist oft schwer. Fasten könnte also bedeuten: Einkehr, Besinnung, Inventur. Wer sich engagiert und für andere einsetzt, vergisst manchmal die wichtigste Unternehmung: Das Projekt Ich. ENTER berichtet in dieser Woche über Menschen, die sich solche gründlichen Fragen gestellt und ungewöhnliche Ideen entwickelt haben.

Prinzessinnen im Kartoffelbeet Pflanzen Sie gemeinsam Gemüse – auch mitten in der Stadt Gemüse anbauen mitten in der Stadt ist inzwischen ein weltweite Bewegung. Ursprünglich soll die Idee aus Kuba stammen, hat sich aber über die USA bis zu uns durchgesetzt. Mitten in Berlin-Kreuzberg gibt es zum Beispiel den “Prinessinnengarten”, 2009 gegründet von Robert Shaw und Marco Clausen, ein grüner Fleck in der Nähe des Moritzplatzes, in Mitten des Großstadtverkehrs, wo Leute aus der Nachbarschaft Bio-Gemüse anbauen. Das Besondere: Die Pflanzen stecken in Kisten, Säcken oder Getränkepackungen, der gesamte Garten ist mobil. Sobald das Gelände, das die Groß-

stadtgärtner nutzen, wie geplant an einen Investor verkauft wird, ziehen 15


Titel

auch Kartoffeln, Möhren und Kräuter mit um. Alle arbeiten und essen hier gemeinsam. Das Miteinander unterscheidet den Prinzessinnen- von einem Schrebergarten.

Null Euro Kaufen Sie Nicht ein – einen ganzen Tag lang Der “Buy Nothing Day” findet inzwi-

Projekt Ich

Die konsumkritische Aktion gehört zu den Projekten der kanadischen “Adbusters”, die auch eine gleichnamige Zeitschrift herausgibt. In den Anfangsjahren ging es darin hauptsächlich um Werbung und ihre Wirkung auf den Kosum westlicher Gesellschaften. Heute beschäftigen sich die Macher auch mit internationaler Politik und sozialen Themen. Eine weitere erfolgreiche AdbustersKampagne: die Digital Detox Week, eine Art digitale Diät. Sieben Tage lang verzichten die Teilnehmer auf elektronische Kommunikation mit dem Ziel, bewusster zu leben.

Die Antwort kennst nur Du Stellen Sie sich selbst ungewöhnliche Fragen

26th november 2010 schen jedes Jahr in Dutzenden Ländern statt. Die Idee: 24 Stunden lang kaufen die Teilnehmer rein gar nichts. 16

Die beiden Schweizer Roman Tschäppeler und Mikael Krogerus haben das “Fragebuch” herausgegeben – eine Sammlung mit provozierenden, erheiternden und entlarvenden Fragen, die Sie sich stellen sollten. Und denen Sie sich stellen sollten. Das Fragebuch ist ein Notizbuch mit Platz für eigene Einträge. Woran glauben Sie? Wer glaubt an sie? Welcher Film hat Ihnen als Kind Angst bereitet? Was haben Sie von Ihrer Mutter gelernt? Haben Sie öfter jemanden verlassen als Sie ver-


Projekt Ich

Titel

lassen wurden? Wie erklären Sie sich das? Ihre Antworten werden Sie überraschen.

Wegschmeißen Besitzen Sie weniger Dinge Kelly Sutton ist der Gründer der internationalen Minimalisten-Bewegung Cult of Less (http://cultofless.com). Auf seiner Website listet er die wenigen Gegenstände auf, die er gerade besitzt. Sutton arbeitet für die Plattform blip.tv in New York und hat das weltweit größte von Studierenden betriebenen Blog, HackCollege (http://hackcollege.com), initiiert. Enter hat mit ihm gesprochen. Wie viele Dinge besitzen Sie aktuell? Mein ganzer Besitz passt in zwei Koffer und zwei Boxen. Das ist die ideale Menge, um zu reisen und wenn man umzieht. Und um Verlust oder Diebstahl muss ich mir auch keine Sorgen machen, weil die meisten Dinge, die ich besitze, digital sind. Was ist der Reiz daran, mit wenigen Dingen auszukommen? Der Reiz besteht darin, sich keine Gedanken über materiellen Besitz machen zu müssen. Es ist einfach viel weniger Stress. Und auch Reisen wird so viel einfacher. Ich habe gerade in Berlin auf der Transmediale einen Vortrag gehalten. Teil der Präsentation war, dass ich alles, was ich besitze, für das Wochenende in Berlin mitgebracht habe.

Hat dieser Cult of Less auch etwas mit Nachhaltigkeit zu tun? Zu Beginn war Nachhaltigkeit nicht Teil meiner Motivation. Aber es ist natürlich ein Effekt dieses Minimalismus‘. Im Zentrum stand aber, dass der Besitz von vielen Dingen schlicht und einfach belastet. Letztlich ist es so viel einfacher nachhaltig zu leben, wenn man auch persönlich davon profitiert. Alles begann mit einer Website. Was passierte dann? Das Projekt startete als persönliche Initiative, und ich bin immer noch erstaunt, was für einen Nerv ich damit 17


Titel

auf der ganzen Welt getroffen habe. Die weltweite Aufmerksamkeit in den letzten Monaten war unglaublich. Haben Sie und Ihre Mitstreiter denn eine Chance gegen die allgegenwärtige Konsum-Orientierung? Ich habe kein Problem mit Konsum. Ich bin ja selbst nach wie vor Konsument – allerdings inzwischen ein sehr bewusster. Ich kaufe nur noch Dinge, die ich wirklich brauche.

Es geht auch ohne Power Verschmutzen Sie die Umwelt nicht mehr

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Projekt Ich

“Ein New Yorker Gutmensch tut für ein Jahr das, was er immer predigt. Er dreht den Strom ab. Er produziert keinen Müll mehr. Er lässt das Fernsehen, das Taxifahren und das Pizzabestellen. Er verwandelt sich in einen spaziergehenden, fahraddfahrenden, kompostierenden, Bäume-umarmenden, Eisbär-schützenden VorzeigeBürger. Und dabei nimmt er auch seine kleine Tochter und seine einkaufssüchtige, fernsehabhängige und Kaffee-liebende Frau mit.” Das ist die Zusammenfassung des Dokumentarfilms, der gerade über Colin Beavan erschienen ist, den “No Impact Man”. Der Amerikaner lebte ein Jahr lang so, dass er die Umwelt in keinster Weise belastete – und das mitten in Manhatten.


Titel

Projekt Ich

Das Projekt hat inzwischen viele Nachahmer gefunden, denen Beavan mit einer eigenen Initiative und auf seiner Seite (www.noimpactproject.org) mit Rat zur Seite steht. Wer dieses Leben selbst einmal eine Woche lang ausprobieren möchte, dem hilft die Seite mit einer ausführlichen Anleitung, die alle notwendigen Schritte Tag für Tag durchgeht.

Zeitmaschine Lernen Sie etwas über Ihre Zukunft – im Theater

Tiere essen Lesen Sie Literatur, die die Welt ändert Der amerikanische Autor Jonathan Safran Foer hat sich entschieden: Tote Tiere will er nicht mehr essen. Sein Buch ist keine Rechtfertigungsschrift, sondern versammelt in Interviewsequenzen, Undercover-Reportagen, philosophischen Gedanken, literarischen Zitaten, und wissenschaftlichen Studien gute Gründe, um auf Fleisch zu verzichten. Das Ganze gelingt ohne erhobenen Zeigefinger und lange moralische Herleitungen. Buch lesen. Kiepenheuer und Witsch, Gebunden, 400 Seiten, 19,95 EUR

Wie werde ich in 20 Jahren leben, wie in 30 oder 40? Wie wird es mir gehen? Wie werde ich mich verändert haben? Diese Fragen stellte sich Dieter Scholz, als er 1979 in Köln das Altentheater gegründet hat. Die Stücke, die die 64 bis 93-jährigen Schauspieler aufführen, basieren auf den persönlichen Erfahrungen und Erinnerungen der Schauspieler, die inzwischen schon international auf Tour waren. http://www.fwt-koeln.de/content/ index_ger.html 19


Titel

Die KinderKünstler Packen Sie einen KunstKoffer

Projekt Ich

fer, Handkoffer voll beladen mit Malutensilien, fahren feste Haltestellen in sozial schwachen Stadtteilen ab. Dort wird jede Woche zur selben Zeit unter freiem Himmel gemalt, gehämmert, getöpfert und gesägt. www.kunst-koffer.org

Konsumkritik, die Spaß macht Lernen Sie, die Welt zu verändern Utopia ist eine Weltverbesserer-Community mit inzwischen über 50.000 Mitgliedern. Die gemeinsame Vision: der globale Turnaround. Wie das geht? Jeder kann das eigene Konsumverhalten und den Lebensstil in Richtung Nachhaltigkeit verändern. Auf der Online-Plattform finden Utopisten Infos über die grünsten Computer und nachhaltige Unternehmen, Bilder von Urlaubszielen ganz in der Nähe und andere Konsum-Tipps. Irgendwann klopfte eine Lehrerin aus der nahen Grundschule an die Tür von Titus Grabs Atelier in Wiesbaden. Sie hatte vier Kinder mitgebracht, die Unruhe in ihre Klasse brachten, Schwierigkeiten beim Lernen hatten. Grab gab ihnen Mal- und Bastelmaterial und ließ sie einfach machen. Hochkonzentriert und leidenschaftlich legten die Kinder los. Heute sind Titus Grab und seine Mitstreiter in mehreren Städten unterwegs. Die Kunstkof20

Enter stellte Martin Tillich, Redakteur bei Utopia.de, 5 Fragen: Wie passen Verzicht und Lebenslust zusammen? Das Wichtige ist, sich nicht eingeschränkt zu fühlen. Das funktioniert bei Dingen, die man sich gerade erst abgewöhnen möchte, eher schlechter. Der Kopf sagt „nein“, das körperliche Verlangen sagt „ja“. Wer plötzlich zum Vegetarier werden will, wird das Ver-


Projekt Ich

langen nach Fleisch nicht von einem auf den anderen Tag ablegen können. Dann muss man sich vor Augen halten: Ist es wirklich ein Verlust an Lebenslust, wenn ich mit meinem Konsum nicht mehr die Massentierhaltung unterstütze? Wer sich das klar macht, erlebt auf Dauer keinen Verzicht. Wovon brauchen wir weniger – wenn wir mehr Nachhaltigkeit wollen? Da gibt es vieles. Aber ich bleibe beim Thema und antworte konkret: Weniger Fleisch-Konsum wäre eine gute Sache. Wovon brauchen wir mehr? Mehr Menschen, die ihren Konsum politisieren, indem sie sich ganz bewusst für oder gegen bestimmte Firmen und deren Produkte entscheiden. Worauf haben Sie heute schon verzichtet? Unser gesamtes gesellschaftliches Zusammenleben funktioniert ja nur mit persönlichen Einschränkungen. Theoretisch habe ich heute also schon auf vieles verzichtet. Dinge, die ich gemacht oder konsumiert hätte, wenn ich nicht in Abhängigkeit einer Gesellschaft leben würde. Praktisch habe ich heute auf nichts verzichtet, weil wir zum Glück nicht ständig das Gefühl haben, gesellschaftlich eingeschränkt zu sein.

Titel

Worauf könnten Sie trotz aller Gewissensbisse nie verzichten? Auch wenn sich das jetzt sehr asketisch anhört: Mir fällt wirklich keine Sache ein, die ich konsumiere und bei der ich ständig ein schlechtes Gewissen habe.

Bürgersteig-Uni Studieren Sie Hip Hop – auf der StraSSe Es ist der vielleicht ungewöhnlichste Bildungsabschluss, den man derzeit in Deutschland erwerben kann. Gio Di Sera, Berliner mit neapolitanischen Wurzeln, wollte denjenigen Jugendlichen eine Chance geben, die von allen anderen aufgegeben wurden. Sie werden in der StreetUniverCity Berlin in Politik und Geschichte fit gemacht und lernen alles über HipHop und Street Art. Wie heißt es auf der Website: “Es wird die Zeit kommen, da wird so mancher Berliner Unternehmer versuchen, den Street Master nachzuholen, um seine Biografie auf Vordermann zu bringen.” http://www.streetunivercity.de/

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Weltbeweger

Nichts für Frauen

Weltbewegerin der woche

Nichts für Frauen! Es gibt sie immer noch: die klassischen Männerdomänen, etwa bei den technischen Berufen. Doch wie lange noch? Tanja Köhler und Myriam Nürnberger sind dabei, diese Bastionen zu stürmen: Sie bringen junge Mädchen und Frauen aus Führungspositionen zusammen. Und davon haben beide etwas.

Vor knapp vier Jahren starteten die beiden Frauen das erlebnispädagogische Projekt „MbW – Mädchen bewegen WAS!“ WAS steht für wirkungsvoll, ausdauernd und selbstbewusst. Das Konzept: Erfolgreiche Unternehmerinnen helfen jungen Hauptschülerinnen eine konkrete, berufliche Perspektive zu entwickeln und den Weg ins Arbeitsleben erfolgreich anzugehen. „Wir wollen Mädchen große Freundinnen an die Seite stellen“ beschreibt Tanja Köhler ihre Initiative, die sie mit Myriam Nürnberger in Trossingen gründete.

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www.maedchen-bewegen-was.de

Foto: Tanja Köhler

Für ein Wochenende treffen zehn Frauen aus Führungspositionen auf gleich viele Mädchen der 7. Klasse. Bei gemeinsamen Team- und Kletterübungen lernen sie sich kennen und erhal-

ten Einblicke in die Lebenswelt der anderen. Die Mentorinnen geben ihren Patinnen Tipps für den Start ins Berufsleben, erzählen von eigenen Erfahrungen auf dem Weg „nach oben“ und erarbeiten mit ihnen ganz konkrete berufliche Ziele. Das persönliche Engagement der Unternehmerinnen hat Erfolg: Oft wird das große Potenzial der Mädchen hier erstmals entdeckt und eine gezielte Unterstützung angeboten. Ein Nebeneffekt für die Managerinnen: Sie entdecken hier interessante und motivierte Auszubildende für ihre Betriebe. Vier Mädchen haben auf diese Weise bereits eine Ausbildung in der Wachstumsbranche Zerspanungsmechanik begonnen. Von wegen: Das ist nichts für Frauen!


Arbeiterkind.de

Weltbeweger



MARKETING FÜR KLEINE PROJEKTE

Akademie

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Marketing für kleine Projekte – mit wenig viel erreichen

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Akademie

MARKETING FÜR KLEINE PROJEKTE

So unterschiedlich gemeinnützige Projekte, Initiativen und Verbände auch sind – eines haben sie in der Regel gemeinsam: Der Enthusiasmus ist groß, aber das Budget klein. Wie gelingt es, mit wenig Geld Unterstützer zu mobilisieren, Spenden zu sammeln und die konkrete Projektarbeit zu leisten? Gemeinnützige Organisationen sollten sich nicht davor scheuen, von dem Wissen zu profitieren, mit dem bereits viele Unternehmen erfolgreich arbeiten. Was bei der Bindung von Kunden funktioniert, lässt sich hervorragend übertragen auf die Kommunikation mit Unterstützern von gemeinnützigen Projekten. Die Enter-Akademie macht vor, wie es geht: Schritt für Schritt in den kommenden zwölf Ausgaben. 26


MARKETING FÜR KLEINE PROJEKTE

Akademie

Marketing für das Gute: Newsletter Newsletter, also die elektronischen Rundschreiben, sind ein unverzichtbares Instrument, will man Mitglieder auf dem Laufenden halten, neue Unterstützer gewinnen, Spenden generieren oder einfach über die laufende Arbeit informieren. Im besten Fall besitzt Ihr Projekt bereits eine Homepage mit einem Formular, um einen Newsletter zu abonnieren. Trägt sich ein Besucher für Ihren Newsletter ein – das ist so etwas wie ein Hauptgewinn. Von nun an können Sie ihn regelmäßig über Neuigkeiten auf der Website, wichtige Termine und Aktionen informieren und binden ihn dauerhaft an Ihre Website und Ihr Projekt.

Einige wichtige Grundregeln gilt es dabei zu beachten:

• Verschicken Sie den Newsletter nur an Adressaten, die dazu eingewilligt haben. • Geben Sie den Empfängern eine einfache Möglichkeit, sich jederzeit abzumelden. • Der Newsletter muss auch bei besonderen Browser-Einstellungen lesbar sein. • Der Newsletter sollte für den Leser einen Mehrwert haben.

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Akademie

MARKETING FÜR KLEINE PROJEKTE

Was Sie brauchen: Kleinere Verteiler kann man noch über übliche Mailprogramme wie Outlook managen. Dazu kopiert man die Mail-Adressen einfach in das BCC-Feld. Doch schon bei wenigen hundert Adressaten funktioniert dieses System nicht mehr: Schließlich müssen Sie falsche Adressen manuell bearbeiten ebenso wie neue Abonnenten und diejenigen, die keine Post mehr bekommen möchten. Sie können Ihre Adressaten auch nicht persönlich ansprechen – und noch wichtiger: Sie haben keinerlei Erfolgskontrolle. Es gibt zahlreiche kostenlose Programme, die die genannten Grundfunktionen mehr oder weniger erfüllen. Weit überzeugender sind allerdings professionelle Lösungen, die von sog. Providern angeboten werden. Bis zu einem Volumen von rd. 1.000 Adressaten kann man häufig sogar kostenlos den Service eines Providers nutzen. Hierzu meldet man sich auf dessen Seite ein, kann dort Adresslisten importieren und pflegen, kann mithilfe eines Editors grafisch ansprechende Mails designen und genau kontrollieren, wie viele Empfänger mein Mailing geöffnet haben. Erfolgskontrolle - wann ist ein Mailing erfolgreich? Neben dem persönlichen Feedback, das erhalten, sind einige Kennzahlen wichtig für die Bewertung einer Aussendung. • Wie viele E-Mails konnten zugestellt werden? Wie hoch war die Öffnungsrate? Wo lag die Klickrate? D.h., wie viele Empfänger haben mindestens einen Link in der E-Mail angeklickt? Wie viele Abonnenten haben den Newsletter abbestellt? Welche Elemente muss ein Newsletter enthalten? Das vielleicht wichtigste Element ist nicht die Betreffzeile – die kommt an zweiter Stelle. Das Wichtigste ist der Absender. Dies ist in der Regel der Name Ihrer Organisation. Mit ihm muss der Empfänger eine interessante Gestaltung und Informationen mit konkretem Mehrwert assoziieren. An zweiter Stelle steht dann die Betreffzeile. Diese sollte nicht technisch klingen, sondern auf den Inhalt neugierig machen. Innerhalb der Mail folgen dann die Elemente: • Kopf – hier gehören Logo und der Name der Organisation hin • Ansprache – die kurze persönliche Begrüßung • Inhaltsverzeichnis – alle Meldungen im Überblick

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MARKETING FÜR KLEINE PROJEKTE

Akademie

• Meldungen – die einzelnen Neuigkeiten des Newsletters • Abbestellfunktion – für alle, denen es nicht gefiel • Impressum – analog zur Website die gesetzlich vorgegeschriebenen Angaben Newsletter-Gestaltung Newsletter lassen sich als reine Text-Nachricht verschicken. Dieser ist auf jeden Fall für jedermann lesbar, es wird keine Darstellungsfehler geben, und er ist barrierefrei. Aber er sieht auch ziemlich nüchtern und langweilig aus und fällt gegenüber der „Konkurrenz“ ziemlich ab. Die Alternative sind HTMLNewsletter. Hier kann man Flächen mit Farbe füllen, Logos und Fotos einsetzen, interessante Schriften wählen u.v.m. Diese Form der Nachricht muss nicht jedes Mal komplett neu konzipiert werden: Templates nennen sich Schablonen, die man gering variiert immer wieder mit neuen Inhalten füllen kann. Newsletter-Provider widerum bieten Editoren an, die die Gestaltung von Nachrichten radikal vereinfachen. Häufige Fehler: • Auf der Website ist die Anmeldung zum Newsletter kaum auffindbar. • Es gibt keine komfortable Möglichkeit, sich vom Newsletter abzumelden. • Der Absender und die Betreffzeile machen nicht neugierig. • Die Nachricht selbst ist schlecht aufgebaut, dem Leser fehlt die Orientierung. • Die Verlinkungen funktionieren nicht. Dazu lernen! Beobachten Sie genau, wann besonders viele Menschen Ihren Newsletter öffnen oder wann er besonders viele Spenden eingebracht hat. An welchem Wochentag zu welcher Uhrzeit wurde das Mailing verschickt? Welche Betreffzeile wurde verwendet? Wie war die Mail gestaltet und aufgebaut? Versuchen Sie zu verstehen, was die Kampagne besonders erfolgreich gemacht hat und nutzen Sie dieses Wissen für die kommende Aktion.

Nächste Woche in der Enter-Akademie: Unterstützer gewinnen 29


Poster der Bilder Check Woche

Baden-Württemberg

Im Bogen um Stuttgart

Sie gilt als Schicksalswahl. Und als Gradmesser dafür, ob und wie sich eine lokale Revolte tatsächlich auf eine landesweite Wahl auswirkt. Vor dem Urnengang in Baden-Württemberg lässt sich in der Kommunikation viel falsch machen. Enter war auf Streifzug. Spielt Bürgerbeteiligung in den Kampagnen der Parteien eine Rolle?

Die Union setzt auf Wohlfühlmotive aus der Bildagenturschublade, hier besonders anrührend mit farbigem Quotenkind. Das in der Landeshauptstadt besonders heiße Thema Bürgerbeteiligung lassen Schwabens Schwarze lieber aus. 30


Baden-Württemberg

Bilder Poster der Check Woche

Jawoll, rufen wir da ganz zackig und ergänzen: Islamunterricht stoppen! Grundgesetz abschaffen!

M A ISL Erklär‘ einer die Linke. Warum Wählerfang auf Griechisch, nicht aber auf Portugiesisch oder Spanisch?

N E P P STO NPD

V.i.S.d.P.: Janus Nowak, Postfach 115, 71043 Sindelfingen, E.i.S.

jetzt-npd.info

Die SoziPlakate servieren Fragen. Diese hier wäre dem Wahlvolk möglicherweise auch selbst eingefallen. Immerhin steht so etwas Ähnliches wie eine Antwort im Kleingedruckten. 31


Poster der Bilder Check Woche

Baden-Württemberg

Gibt es eigentlich auch für politische Themen einen Denkmalschutz? Auffällig: Die Grünen zeigen als einzige den Stuttgarter Bahnhof.

Huch! Auch die FDP setzt auf Fragezeichen. Wir hätten da auch mal eine Frage: Haben Genossen und Liberale bei der Werbeagentur Mengenrabatt bekommen?

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Baden-W端rttemberg

Bilder Poster der Check Woche

Also, da gibt es ja gar keine Diskussion f端r die Enter-Redaktion. Klarer Sieger im Poster-Check sind die Piraten. Dieser wundervolle Slogan hat nur einen Fehler: Er ist nicht von uns. 33


Agenda

Tipps & Termine W ahl - O - M at

10. März - 16. März

B a d en - W ürttemberg

Keine Landtagswahl wird mit so viel Spannung erwartet, wie die in Baden-Württemberg am 27. März. Der Wahl-O-Mat hilft dabei, die Partei mit der größten Übereinstimmung mit den eigenen Positionen zu finden. http://www2.wahl-o-mat.de/bw2011/main_app.php

B ürgerbeteiligung

Das Innenministerium hat einen Gesetzentwurf vorbereitet. Er sieht vor, die Mitbestimmung von Bürgern bei großen Infrastrukturprojekten einzuschränken. Der BUND-Initiative „Innenminister zurückpfeifen – Bürger beteiligen!“ kann sich hier jedermann anschließen: http://bewegung.taz.de/organisationen/lobbycontrol/blogeintrag/unterstuetzen-sie-die-bundaktion-zu-mehr-buergerbeteiligung

M

enschenkette

T

ransparenz

Über 40 Kilometer, vom Atomkraftwerk Neckarwestheim zur baden-württembergischen Hauptstadt Stuttgart, soll die Menschenkette reichen. Die Anti-AKW-Initiative “Ausgestrahlt” ruft am 12.3. zu dieser Aktion auf. Den genauen Streckenverlauf gibt es online: http://www.ausgestrahlt.de/?id=905 Für Transparenz im Wissenschaftsbetrieb sorgt die Website Retractionswatch. Dokumentiert werden hier die Fälle, wo wegen Fehlern, Fälschungen oder Plagiaten wissenschaftliche Studien zurückgezogen werden mussten. Spitzenreiter ist aktuell der deutsche Anästhesiologe Joachim Boldt mit 89 Studien. http://retractionwatch.wordpress.com/ 34



Impressum

www.entermagazin.de

Impressum Herausgeber: Uwe Amrhein Redaktion: Henrik Flor Design: Supermarkt Studio PropstraĂ&#x;e 1 10178 Berlin Telefon +49 / 30 24 08 31 53 Telefax +49 / 30 88 16 70 redaktion@entermagazin.de www.entermagazin.de ENTER erscheint in Kooperation mit der Stiftung BĂźrgermut.


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