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3. November 2011 18

Geld oder Leben?


Weltbeweger

FREE money day

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Foto (auch Seite 2+3): CC BY 2.0 / DonMacca / Flickr

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„Sharing is common cent“ lautete das eingängige Motto des “Free Money Day”, der am 15. September in Sydney und in 40 anderen Orten rund um die Welt stattfand. Die Idee der Initiatoren vom Post Growth Institute: Man schenkt wildfremden Menschen eine Münze oder einen Geldschein und kommt auf diese Weise ins Gespräch über die Rolle von Geld, Alternativen dazu, Finanzkrisen und Utopien. Der Beschenkte soll das Geld an jemand anderen weitergeben und sich austauschen. Am Ende hatten nicht nur 3.000 A$ den Besitzer gewechselt, sondern auch jede Menge Ideen. www.freemoneyday.org 5


Kolumne

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wir protestPoser

Geschenkt, dass jetzt die großen Parteien die kampierenden Aktivisten – auch gegen deren Willen – umarmen. Seit dem Atomausstieg im Frühjahr wissen wir, wie schnell und bereitwillig jahrzehntealte Glaubenssätze über Bord geworfen werden können, wenn nur ein paar Prozentpunkte in der Sonntagsumfrage damit gut gemacht werden. Der angenehme Nebeneffekt für die Politik: Vom eigenen Anteil an Schuldenkrise und Bankenmacht wird nicht mehr gesprochen. Doch wie kommt es, dass so viele von uns plötzlich wahlweise für die Zerschlagung, Verstaatlichung oder min-

Alle lieben Occupy. Noch nie lief eine Bewegung Gefahr, so schnell totgekuschelt zu werden. Dabei sind unsere Sympathien für die Kapitalismuskritiker vor allem eines: verlogen.

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destens Regulierung von Banken votieren, und das ganze Finanzsystem als gierig, gefährlich und unberechenbar verdammen? Kurz zur Erinnerung: Die privaten Haushalte hierzulande besitzen 27 Millionen Wertpapierdepots. Die Hälfte des angelegten Vermögens in Höhe von 783 Milliarden Euro steckt in Investmentfonds. Jahrelang hat man selbst die satten Renditen eingefahren, die Wertpapiere, mitunter aber auch Leerverkäufe und Finanzwetten eingebracht haben. Jetzt schmelzen die Erträge, und das, was mir die Fondsmanager überweisen, zahle ich als

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Steuerzahler wieder für Rettungsschirme und Bankenstützung. Das Spiel funktioniert nicht mehr. Und was macht man dann? Man zieht sich wahlweise in den Schmollwinkel zurück und bunkert krisenfestes Edelmetall oder applaudiert den Protestierern. Eines ist dabei sicher: So schön wie früher wird’s nimmer mehr! Uwe Amrhein ist Herausgeber von Enter.

Wulffmorgenthaler

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Heldin Dass die Schauspielerin Katy Karrenbauer Nehmerqualitäten hat, wissen wir nicht erst seit dem Dschungelcamp. 2009 meldete sie Privatinsolvenz an, nachdem sie die üppigen Gagen aus „Hinter Gittern“ verspekuliert hatte. Von einer halben Million Euro Schulden war die Rede. Sie übernahm kleine Synchronrollen, fing an, den Schuldenberg abzutragen. Inzwischen hat Hollywood angeklopft. Im neuen Film von Tom Tykwer wird sie an der Seite von Tom Hanks und Halle Berry zu sehen sein. Auch als sie ganz unten war, engagierte sie sich für die Initiative „Delphine und Kindertherapie“ und als Botschafterin des Kinderhospizes Sonnenhof.

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Foto: imago

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Regiogeld: top oder flop? e l s s ö l h C s m o r – n e g in l g Cre

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Rund 30 Gruppen befassen sich in Deutschland derzeit mit lokalen Währungen. Das Prinzip: Man tauscht Euro gegen Chiemgauer, Sterntaler oder den Tauber-Franken. In Geschäften oder für Dienstleistungen bezahlt man dann statt mit Euro mit der lokalen Währung. Der Effekt: Gekauft wird vor Ort, und das Geld bleibt in der Region. Was die einen als Grundstein regionaler Wirtschaftskreisläufe feiern, halten viele Ökonomen für nichts anderes als lokalen Protektionismus mit immensem Verwaltungsaufwand. Was ist Ihre Meinung? Diskutieren Sie hier mit.

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TAUBER FRANKEN 11


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verschenkt

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Foto: Karl Rabeder

Weiter, höher, schneller – erfolgreiche Menschen haben in der Regel klar definierte Ziele. Auch Unternehmer Karl Rabeder surfte auf einer steilen Erfolgskurve. Mit 42 Jahren hatte er genug vom Leben im Hamsterrad. Er verkaufte seinen 400-Mann-Betrieb und seine fünf Segelflieger, verloste seine Villa und lebt heute von 1000 Euro im Monat. Sein neues Unternehmen heißt My-MicroCredit. Es ist eine Mikrokreditplattform, die auf der ganzen Welt nachhaltige Projekte fördert. www.rabeder.com www.mymicrocredit.org


Geordneter Widerstand


Gammesfeld hat 530 Einwohner, einen Gasthof, einen EDEKA und die kleinste Bank Deutschlands. Seit 40 Jahren kämpft Fritz Vogt mit seiner„Rebellenbank“ erfolgreich gegen die Macht der Großen. Ein Besuch im gallischen Dorf der Bankenwirtschaft. Text: Henrik Flor, Fotos: Thomas Geiger


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Die kleinste Bank Deutschlands findet auf 25 Quadratmetern PVC-Boden Platz. Hier stehen der Kundentresen, der Tisch mit der Adler-Schreibmaschine, die alten Aktenschränke mit den Rollläden, die mechanische Rechenmaschine, der graue Ostertag-Geldschrank. Die beiden erst kürzlich angeschafften Computer wirken deplatziert.

Geordneter Widerstand

Peter Breiter ist der einzige feste Mitarbeiter der Bank, ein sportlicher Enddreißiger im Wollpullover. Er bucht Überweisungen mit der elektrischen Kontierungsmaschine, als der nächste Kunde kommt. „Servus Willi, wie immer 300?“, fragt Breiter jovial, und ohne auf eine Antwort zu warten, redet er weiter: „Ich schau mal schnell ins Konto, ob sich ein Auszug lohnt.“ Das Ambiente verströmt den Behörden-Charme der Sechziger. Doch was hier täglich geschieht, ist das Gegenteil von bieder. Hinter den geklöppelten Gardinen der kleinsten Bank Deutschlands geht es nicht um Stil-, sondern um Systemkritik. Hier ist die Rebellion real, über die Bankenkritiker nur reden. Die Raiffeisenbank Gammesfeld liegt im Niemandsland zwischen Bayern und Baden-Württemberg. Der effiziente Ein-Mann-Betrieb regelt seit über 120 Jahren die Geldgeschäfte der 530 Dorfbewohner. Es ist die letzte unabhängige Dorfbank, die ganz nach der Ursprungsidee von Friedrich Wilhelm Raiffeisen arbeitet. Das Geld bleibt im Dorf und wird von Menschen verwaltet, die jeder persönlich kennt, denen man vertraut. Das Angebot der Kleinstbank beschränkt sich auf Girokonto, Sparkonto und Kredit. Jeder bekommt hier dieselben Konditionen. Die Kreditzinsen liegen bei 3,5 Prozent, aufs Sparbuch gibt

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Fritz Vogt. Mehr als 40 Jahre lang leitete er die kleinste Bank Deutschlands.


Fotos: Daniela Haug/asiffilmmatters

Geordneter Widerstand

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es 2 Prozent. Alle wichtigen Entscheidungen treffen die 270 Genossenschaftler aus dem Dorf. Sie wollen keine aufwendige Technik anschaffen. 50.000 Euro würde eine vollvernetzte Bank im Jahr kosten. Deshalb kommt die Schreibmaschine zum Einsatz, gibt es kein Online-Banking und auch keinen Geldautomaten. Für die einen ist Gammesfeld ein kurioses Biotop in Zeiten globaler Finanzströme, für die anderen ein Beispiel ehrlicher lokaler Geldverwaltung.

ein bisschen weniger rebellisch ist, aber genauso für die Raiffeisenidee lebt. Breiter arbeitete zuvor zwölf Jahre im nahen Rothenburg als Bankkaufmann. Heute braucht er keinen Anzug mehr für die Arbeit. Visitenkarten will er keine. Da müsste seine offizielle Funktion, „Geschäftsführender Vorstand“, draufstehen, und das käme dem einzigen Angestellten der Bank zu aufgeblasen vor. Von den Leuten im Dorf, sagt er, wisse er mehr als Bürgermeister und Pfarrer zusammen.

Raiffeisenblut in den Adern

Die historische Einrichtung der Bank hat sich längst zum wichtigen Marketinginstrument für die rebellischen Botschaften entwickelt. Wenn ein Kamerateam kommt, dann wegen der antiquarischen Rechenmaschine und der Schreibmaschine. Für Vogt und Breiter die Gelegenheit, ihr ungetrübtes Genossenschaftsideal an den Mann zu bringen. Eine Masche, die zieht. Die Gammesfelder selbst machen wenig Aufhebens um ihre Bank. „Wir sind froh, dass wir selbstständig sind. So soll es bleiben“, meint die weißhaarige Frau, die auf ihr Fahrrad gestützt, die Dorfstraße entlangkommt.

Seit über 40 Jahren „schafft“ – oder besser: kämpft – hier Fritz Vogt, in der dritten Generation. Früher war er hauptamtlicher Vorstand, jetzt hilft er regelmäßig aus, beim Kontieren, Buchen, Ablegen. „In meinen Adern fließt Raiffeisenblut“, sagt er. Und er meint damit den Genossenschaftsgedanken in Reinkultur. Für den beinharten Systemkritiker bedeutet Kapitalism u s s ch l i cht Au s b e u t u n g. D i e Finanz- und Schuldenkrise sind für ihn die zwingenden Konsequenzen aus der Gier der Großbanken. Vogt hat das Kunststück vollbracht, seine Bank und seine Ideale ins 21. Jahrhundert zu retten. Keiner Auseinandersetzung ist er dabei aus dem Weg gegangen. Mit Peter Breiter hat er 2008 einen Nachfolger gefunden, der zwar 18

Wenn Vogt aus den Kampfzeiten berichtet, müssen die Überweisungsaufträge warten. Der heute 80-Jährige mit den buschigen Augenbrauen und den wachen Augen erzählt leidenschaftlich von den nicht enden wollenden Auseinandersetzungen mit der 18


Deutschen Zentral-Genossenschaftsbank (DZ) und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). 1970 fingen die Volksbanken an, die kleinen Raiffeisenbanken zu schlucken. Der Druck auf die Unabhängigen stieg. Dazu zählt Vogt die Einführung des Vier-Augen-Prinzips für bestimmte Bankgeschäfte. Für ihn war das nichts anderes als die Abwicklung kleiner Raiffeisenbanken durch die kalte Küche. Schließlich konnte sich kaum eine Dorfbank einen zweiten Mitarbeiter leisten. Vogt klagte, verlor in drei Instanzen, betrieb die Bank jahrelang ohne Genehmigung, zog vors Bundesverwaltungsgericht, riskierte eine Gefängnisstrafe von drei Jahren – und gewann schließlich. Bis 1990 zog sich das Verfahren. „Geordneten Widerstand“, nennt er das und grinst.

gegen die Finanzbürokratie nur mit der Rückendeckung des Dorfes. In den Mitgliederversammlungen verstanden die Dorfbewohner, was auf dem Spiel stand. Vor allem aber gilt hier noch ein Gesetz, das in der Finanzwirtschaft ganz und gar aus der Mode gekommen ist: Man vertraut sich. Und in den Zeiten, wo sich Banken und ganze Staaten im großen Stil verspekulieren, ist man hier froh über die „sichere Bank im Ort“. „Bei mir ist nie a Mark kaputtgegange“, schwört Vogt. Einen einzigen Kreditausfall gab es – und das war natürlich ein Zugereister. Willi Vogel, der betagte Nachbar von gegenüber, kommt auf einen Gehstock gestützt über die Dorfstraße. Für ihn war immer klar, dass er die Bank unterstützt: „Wir schaffen hier noch wie Raiffeisen, wollen keinen großen Gewinn erwirtschaften.“

„Bei mir ist nie a Mark kaputtgegange“

Wer es mit der BaFin aufgenommen hat, der knickt auch beim Bankräuber nicht ein

Trotz der höchstrichterlichen Genehmigung, die Bank als Ein-Mann-Betrieb führen zu dürfen, gibt es bei jedem Vorstandswechsel Ärger mit der BaFin. Der neben- und der ehrenamtliche Vorstand der Bank sollen dann ihre Kompetenz in Sachen Bankgeschäft nachweisen. Für Vogt und seinen Nachfolger Breiter nichts als Zermürbungstaktik. „Störende Einheiten“ seien sie für die Großen. Gelingen konnten die Siege

Die Vogt‘sche Beharrlichkeit bewährt sich auch in ganz anderen Kämpfen. 2006 passte ein bewaffneter Räuber Vogts Frau ab, schlug sie nieder und nahm später ihn als Geisel. In der Bank wollte ihn der Räuber zum Öffnen des Tresors zwingen. Vogt verhandelte anderthalb Stunden mit dem Gangster, bis dieser aufgab und verschwand. Das Geld seiner Kunden wollte er nicht hergeben. Wer es mit der DZ und der BaFin 19


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aufgenommen hat, der konnte nicht vor einem einfachen Gangster kapitulieren. Die Raiffeisenbank Gammesfeld ist die letzte ihrer Art. Jahrelang hieß es auch für die Genossenschaftsbanken: fusionieren, Synergien erschließen, den Betrieb professionalisieren und optimieren. Von den 1.571 genossenschaftlich organisierten Banken, die es noch 1970 in Baden-Württemberg gab, sind 232 geblieben. Die in Gammesfeld steht nicht im Verdacht, jemals „systemrelevant“ zu werden. Ihr gelingt etwas, woran die Marketingexperten der großen Banken regelmäßig scheitern: Vertrauen schaffen. Doch auch der Wall dieses gallischen Dorfes zeigt erste Risse. Hinter vorgehaltener Hand verrät eine Kundin, die gerade mit ihrem Geländewagen auf den Parkplatz der Bank rauscht: „Viele haben auch bei einer anderen Bank noch ein Konto. Da geht’s mit den Überweisungen ein bisschen schneller. Und als Selbstständige brauche ich das Online-Banking.“ An diesem Oktober-Tag schaut Fritz Vogt mal wieder rein, um Peter Breiter beim Buchen der Überweisungen zur Hand zu gehen. Und wenn wieder einmal ein Journalist etwas genauer wissen will, was es mit Deutschlands kleinster Bank auf sich hat, heißt es am Ende: „Heute gehen die Überweisungen nicht mehr raus!“ 20

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Peter Breiter f端hrt heute die Bank, in der ohne die AdlerSchreibmaschine und Durchschlagpapier nach wie vor nichts geht.


Auch die Ă–ffnungszeiten haben hier Tradition. Kurz vor 14 Uhr stehen die Kunden schon mal Schlange.



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Cityboy

„Mich erstaunt die Apathie der meisten Menschen” Geraint Anderson hat als Investmentbanker in der Londoner City ein Vermögen gemacht. Als er die Bankenkultur nicht mehr ertrug, begann er unter dem Pseudonym „Cityboy“ in einer Zeitungskolumne über unseriöse Finanztricks, obszöne Boni und rauschende Partys zu schreiben. Mit dem Buch „Cityboy“ outete er sich und verließ das Finanzgeschäft. Mit Enter sprach er über die aktuelle Krise. Interview: Henrik Flor In Ihrem Buch “Cityboy“ beschreiben Sie, wie in London eine von Gier und Kokain getriebene Banker-Kaste die Welt mitten in die Finanzkrise, die ab 2007 ihren Verlauf nahm, steuert. Was hat sich seitdem geändert? Hat man dazu gelernt?

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Wer ist verantwortlich für die aktuelle Krise? Der einzelne Investment-Banker? Die Finanz-Unternehmen? Politiker, die den Markt nicht stärker regulieren? Wenn es um die Suche nach einem Schuldigen geht, so kann man zum einen auf die Zentralbanken zeigen, die die Zinsen zu stark gesenkt haben, aber auch die Regulierungsbehörden und Politiker, die es zugelassen haben, dass wir uns wieder in einer Krise befinden. Die wahren Schuldigen jedoch sind die Banker (vor allem die Jungs, die im Bereich Strukturierte Finanzierungen und Hypotheken gesicherte Wertpapiere arbeiten). Sie haben ganz bewusst die Welt mit toxischen Krediten in Höhe von Billionen von Dollar infiziert. Wenn die Finanzkrise ein Massaker wäre, dann hätten die Zentralbanken nur die Munition geliefert und die Regulierungsbehörden und Politiker waren einfach nur schlechte Polizisten. Die Banker waren diejenigen, die tatsächlich geschossen haben! Was halten Sie von Occupy? Ich finde die Bewegung großartig. Wäre ich in London gewesen, wäre ich mit zur Börse marschiert. Ich verstehe die politische Apathie der meisten Leute

Foto: Jiri Rezac / VISUM

Nicht viel! Es wurde viel über eine stärkere Regulierung geredet, umgesetzt wurde aber nicht viel… Und natürlich sind Gier und Rücksichtslosigkeit nach wie vor die prägenden Eigenschaften der meisten Leute, die im Finanzdistrikt ihre Geschäfte machen. Es hieß, die Risiko-Kontrollen in den Banken seien verbessert worden und dann hören wir, dass ein UBS-Trader Milliarden verspekuliert hat. Angeblich soll das Leben auf der „Square

Mile“ nicht mehr ganz so spaßig sein … und das nicht nur, weil ich dort nicht mehr arbeite.


Cityboy

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Ex-Hippie, Ex-Banker, Erfolgsautor: Geraint Anderson

nicht. Banker haben eine Rezession verursacht, die den Leuten die Jobs kostet, in die Insolvenz stürzt, und die meisten Leute in England akzeptieren das einfach. Was mein Blut wirklich zum Kochen bringt: dass diese Banker sich nach wie vor horrende Boni zuschanzen, obwohl sie gar keinen Job mehr hätten, wenn nicht 9 Billionen Dollar in die Bankenrettung gesteckt worden wären. Was bedeutet Ihnen heute Geld? Geld bedeutet für mich Freiheit. Ich kann reisen, wohin ich möchte, und

muss mir – hoffentlich – nicht allzu viel Sorgen über meine Zukunft machen. Das tragische an der modernen Welt ist, dass die meisten jungen Leute viel Zeit, aber kein Geld haben. Wenn sie älter sind, dreht sich das Verhältnis genau um. Mein Traum war es, mit 35 ein bisschen Bares zu haben und jede Menge Zeit, um die Welt zu entdecken. Beim Geld geht es NICHT darum, sich Dinge kaufen zu können, wie Tyler Durden in “Fight Club” sagte. Er brachte die Markt-Logik auf den Punkt: “Wir arbeiten in Jobs, die wir hassen, um uns Mist zu kaufen, den wir nicht brauchen.” 25


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Fundraising

Fundraising-trends Welche Kommunikationskanäle sind die Zukunft des Fundraisings? Was sind vielversprechende Trends? Welches die besten Tools? Enter hat bei Top-Fundraisern nachgefragt.

Thomas Kurmann, Leiter Spendenabteilung bei Ärzte ohne Grenzen: „Eines der zukunftsträchtigen Themen, die uns derzeit beschäftigen: Wie können wir die Motivation von Menschen für karitative Institutionen mittels sozialen Netzwerken noch effektiver nutzen? Wie gelingt es, dass Menschen online selbst aktiv werden und für einen guten Zweck um Spenden werben? Wie erzielen wir auf diese Weise einen Multiplikationseffekt? Ein Tool auf unserer Website macht es jetzt schon ohne großen Aufwand möglich, für Anlassspenden im Freundeskreis zu werben.“ http://www.aerzte-ohne-grenzen.de

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Maik Meid, Fundraiser, Diakonische Stiftung Wittekindshof: „Eine der großen

Herausforderungen für die Zukunft ist es, die junge Generation zu erreichen. Wir überlegen, wie wir heute schon über digitale Medien eine Bindung zu dieser Gruppe aufbauen können. Auszahlen wird sich das vielleicht erst in zehn Jahren, wenn diese Altersgruppe ausreichend Geld verdient und auch bereit ist zu spenden. Darüber hinaus haben wir in einen Spendenshop investiert, der mit vielen Schnittstellen zwischen online und offline Brücken schlägt.“ https://spenden.wittekindshof.de https://www.chancenshop.de


Fundraising

www.2aid.org

Florian Nöll, Gründer, Spendino „Die Digitalisierung der Welt verändert auch die Kommunikation zwischen Spendern und Spendensammlern. Während junge Menschen ganz selbstverständlich eine konsequente Online-Kommunikation erwarten, wandeln die sogenannten Best Ager ihr Mediennutzungsverhalten rasant in Richtung neuer Medien. Das bedeutet, wer als Verein keine Online-Spenden auf seiner Homepage ermöglicht, enttäuscht zunehmend auch seine Stammspender. SMS-Spenden nehmen deutlich zu, Social Media wird relevant, aber nur 2 Prozent der Spenden von Jungspendern werden heute durch einen Brief initiiert. Die E-Mail wird der neue Spendenbrief.“ www.spendino.de

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Fotos (v.l.n.r.); Barbara Sigge, privat, Falco Peters (2aid.org), privat

Anna Vikky, Initiatorin, 2aid.org „Im Fundraising arbeiten wir nach dem Motto ‚Erlebe deine Hilfe‘. Unsere Spender sollen sich ganz konkret vorstellen können, was sie mit ihrem Geld bewirken. Zum Beispiel, dass sie mit 25 Euro fünf Menschen 20 Jahre lang Zugang zu sauberem Trinkwasser ermöglichen. Um den Spendern die Sicherheit zu geben, dass ihr Geld direkt bei den Projekten ankommt, dokumentieren wir den Projektfortschritt zeitnah. Regelmäßig posten wir über Social-Media-Kanäle aktuelle Fotos der laufenden Projekte. Die Unterstützer können quasi live beim Brunnenbau dabei sein. Das zeigt Wirkung: Wir sind zufrieden mit unserem Erfolg.“

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Gewinnen sie diese zwei

Wohin mit dem lieben Geld? Am besten in eins dieser hochwertigen Portemonnaies, die Sie hier gewinnen können! Bei Enter dreht sich in dieser Ausgabe alles ums Thema Geld. Damit Sie demnächst wissen, wohin damit, verlost Enter zwei hochwertige Portemonnaies der „wallet Kollektion“, erhältlich im AvocadoStore.

Für die Dame: Das Survival-Kit unter den Geldbeuteln – purse P3. Für den Herrn: die purse P1 mit der besonderen Farbkombination. Teilnahme: Beantworten Sie uns einfach im Enter-Blog in Form eines Kommentars folgende Frage: Was befindet sich zurzeit, außer Geld, in Ihrem Portemonnaie? Oder machen Sie direkt auf unserer Facebook-Seite mit. Teilnahmeschluss ist der 25. November. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Einen herzlichen Dank an unseren Sponsor AvocadoStore! www.AvocadoStore.de Beide Portemonnaies finden Sie auf AvocadoStore.de im Shop von modul3-design.


MARKETING FÜR KLEINE PROJEKTE

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Marketing für kleine Projekte – mit wenig viel erreichen

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MARKETING FÜR KLEINE PROJEKTE

So unterschiedlich gemeinnützige Projekte, Initiativen und Verbände auch sind – eines haben sie in der Regel gemeinsam: Der Enthusiasmus ist groß, aber das Budget klein. Wie gelingt es, mit wenig Geld Unterstützer zu mobilisieren, Spenden zu sammeln und die konkrete Projektarbeit zu leisten? Gemeinnützige Organisationen sollten sich nicht davor scheuen, von dem Wissen zu profitieren, mit dem bereits viele Unternehmen erfolgreich arbeiten. Was bei der Bindung von Kunden funktioniert, lässt sich hervorragend übertragen auf die Kommunikation mit Unterstützern von gemeinnützigen Projekten. Die Enter-Akademie macht vor, wie es geht: Schritt für Schritt in den kommenden Ausgaben. 30


MARKETING FÜR KLEINE PROJEKTE

Akademie

Marketing für das Gute: Einführung in die Pressearbeit – die Basics Die Pressearbeit ist für Projekte das wichtigste Instrument, um Außenwirkung zu erzielen. Bevor man loslegt, sollte man zumindest in groben Zügen eine Strategie entwerfen. Was will ich erreichen? Welches sind meine sogenannten Kommunikationsziele? Möchte ich einfach Aufmerksamkeit, will ich am Ende Spenden einwerben, Unterstützer mobilisieren oder mich für eine öffentliche Förderung in Stellung bringen? Auf dieser Überlegung baut auf, wie ich Lokal- vielleicht auch überregionale und Fachpresse anspreche. Wichtig dabei ist die Einschätzung, wie viele Ressourcen ich zur Verfügung habe. Wer kann das Projekt überzeugend darstellen, wer ist immer erreichbar? Ist dies festgelegt, sollte man sich über die Zielgruppe der Pressearbeit klar werden.

Wen will ich ansprechen? Journalisten. Natürlich sind sie die wichtigste Zielgruppe jeder Pressearbeit. Sie sind die wichtigsten Multiplikatoren und erreichen die eigentliche Zielgruppe: die interessierte Öffentlichkeit. Als Erstes fallen einem sicher die Vertreter der Lokalpresse ein. Diese haben vor Ort die größte Reichweite. Doch sollte man sich nicht damit zufriedengeben, diese Gruppe zu erschließen und zu pflegen. Man kann es mit der richtigen Geschichte auch in der Landesberichterstattung von Öffentlich-Rechtlichen und Privaten schaffen. Engagierte, die ja oft Experten in ihrem Aktionsfeld sind, sind auch gern gesehene Interviewpartner für Radiosender. Auch die Fachpresse sollte man im Auge behalten. Ein Verein, der sich darum kümmert, dass Häuser und Wohnungen von Senioren einbruchsicher werden, kann in der Postille der Polizeigewerkschaft ebenso vorgestellt werden wie im Kundenmagazin von Abus oder der Zeitschrift des Verbandes Wohnungseigentum. Die Liste ist lang. Indirekt erreichen Sie über die Pressearbeit auch Unterstützer, Spender & Sponsoren und nicht zuletzt ist es die Verwaltung, die die Berichterstattung in der Regel genau verfolgt.

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Akademie

MARKETING FÜR KLEINE PROJEKTE

Verteiler Der Verteiler ist das A und O, das Herzstück jeder nachhaltigen Pressearbeit. Journalisten dürfen nicht nach dem Zufallsprinzip ausgesucht und angesprochen werden. Im ersten Schritt reicht dafür eine Excel-Tabelle oder Outlook. Dann erweitern Sie den Verteiler laufend. Der einzig sinnvolle Weg hierfür ist es, sich ans Telefon zu setzen und die relevanten Medien abzutelefonieren. Sammeln Sie keine info@-Adressen ein, sondern wenigstens die Redaktionsadresse oder noch besser: eine personalisierte E-Mail. Auf diese Weise geht man sicher, dass die Presseinformation auch wirklich auf dem richtigen Schreibtisch landet. Lassen Sie sich dazu noch eine Telefonnummer geben. Dieser Verteiler muss laufend gepflegt werden, das heißt, neue Kontakte eingegeben und bestehende überprüft werden. Machen Sie Notizen zu den einzelnen Journalisten wie etwa spezielle Themen, für die er oder sie sich interessiert, oder die Bereitschaft, zu Auswärtsterminen zu kommen.

Der Klassiker: Pressemitteilung „Die Pressemitteilung ist nach wie vor das wichtigste Instrument in der Pressearbeit. Ganz wichtig beim Verfassen: Journalisten erhalten jeden Tag eine Flut von Pressemitteilungen, Einladungen und anderen Informationen. Sie müssen also herausstechen mit Ihrem Anliegen und sollten auf keine große Fehlertoleranz hoffen. Halten Sie sich vor Augen, dass zur Prüfung, ob eine Pressemitteilung interessant sein könnte, nur wenige Sekunden aufgewendet werden. Überlegen Sie auch, ob Ihr Anliegen eine Pressemitteilung rechtfertigt. Die Betreffzeile. Egal, ob die Pressemitteilung per E-Mail oder Fax verschickt wird – darüber, ob sie überhaupt gelesen wird, entscheidet die Betreffzeile. Hier sollte man versuchen, nicht einfach nur sachlich korrekte Informationen zu liefern, sondern neugierig zu machen. „Batman in Sinsheim!“ weckt mehr Interesse als „Kindergarten-Renovierung abgeschlossen. Eltern überraschen mit Kostümen.“ Lead. Das Interesse, das in der Betreffzeile geweckt wurde, sollte im folgenden Absatz weiter angeheizt werden. Erzählen Sie eine spannende Geschichte, statt nüchterne Fakten aufzulisten. Was ist das Besondere Ihres Anliegens? Was ist für die breite Öffentlichkeit interessant? Gibt es etwas Brisantes?

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MARKETING FÜR KLEINE PROJEKTE

Akademie

Einen Konflikt? Einen Fortschritt oder etwas Anrührendes? Bereits in diesem ersten Absatz sollten 5 der 6 großen „W“ beantwortet werden: Wer? Was? Wann? Wo? Wie? Body. In weiteren Absätzen, die den sogenannten Body bilden, können Sie Hintergrundinformationen geben und das sechste „W“, das „Warum“, auflösen. Wenn es um die Einladung zu einer Veranstaltung geht, bietet es sich an, kompakt die Eckdaten wie Ort und Zeit hervorzuheben. Footer. Vergessen sollte man auf keinen Fall Kontaktdaten für Rückfragen, für die Anmeldungen für eine Veranstaltung oder ähnliches. Auch ein Datum gehört auf jede Pressemitteilung. Stil. Was den Stil betrifft, so sollte man einfach und verständlich formulieren. Gehen Sie nicht zu sehr ins Detail und sorgen Sie mit Zitaten für Lebendigkeit. Länger als eine DIN A4-Seite darf eine Pressemitteilung nur in gut begründeten Ausnahmen werden. Verbreitung. Wenn die Pressemitteilung per E-Mail, Fax oder Post verschickt ist, sollten Sie sie auch auf Ihre Website stellen und unter Umständen auf einigen, der kostenlosen Pressemitteilungsportale im Internet hochladen. Dort werden sie meist gut von Suchmaschinen gefunden. Nachhaken. Wundern Sie sich nicht, wenn keine überwältigende Resonanz auf Ihre Pressemitteilung folgt. Die Gründe hierfür können ganz unterschiedlich sein. Bei Journalisten, die für Ihr Projekt tatsächlich relevant sind, sollten Sie ohne Scheu telefonisch nachhaken. Erkundigen Sie sich freundlich, ob es die Pressemitteilung bis auf den Schreibtisch des Redakteurs geschafft hat. Bieten Sie an, sie nochmals an einen personalisierten E-Mail-Account zu schicken. Machen Sie neugierig, erzählen Sie eine der Geschichten, die Journalisten gerne weiterverarbeiten. Monitoring. Verfolgen oder „monitoren“ Sie den Erfolg ihrer Presseaussendung. Werten Sie die Lokalblätter aus, nutzen Sie Suchmaschinen im Internet, um zu ermitteln, welche Kreise Ihre Neuigkeiten gezogen haben. Einen Ausschnittdienst zu beauftragen, ist kostspielig und lohnt in der Regel nicht.

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#occupy #celebrities In den USA unterstützen auch Prominente die Occupy-Bewegung. Darunter sind die üblichen Verdächtigen wie Michael Moore, Susan Sarandon und Noam Chomsky. Aber auch Musiker wie Tom Morello von Rage Against the Machine oder Kanye West solidarisieren sich. Nicht alle Protestler sind davon begeistert – gehören die Celebrities doch nun wirklich zu den 1 Prozent, gegen deren Macht hier demonstriert wird. 34

#Celebrities


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Filmemacher Michael Moore (links) und Schauspieler Tim Robbins (rechts) besuchten am 5. Oktober 2011 die Protestierer im New Yorker Zuccotti Park.

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Foto: Getty Images

#Celebrities


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#Celebrities


#Celebrities

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Noam Chomsky, Professor am MIT und Linksintellektuelle-Ikone, hielt im Rahmen der “Occupy Boston’s Free School University” eine Vorlesung

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Foto: Boston Globe via Getty Images

auf dem Dewey Square in Boston, 22. Oktober 2011.


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#Celebrities

Die Philosophin und Literaturwissenschaftlern Judith Butler zeigte sich am 24. Oktober 2011 auf dem

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Foto: CC BY-NC-SA 2.0 Susanne Christensen

Washington Square Park in New York.


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#Celebrities

Sänger Kanye West zeigte am 10. Oktober 2011 seine Solidarität mit „Occupy Wall Street” in

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Foto: AFP/Getty Images

New York.


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#Celebrities

Auch Julian Assange nutzte am 15. Oktober 2011 die Gelegenheit und sprach vor der St.

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Foto: imaago UPI/Photo

Pauls Cathedral zu Occupy-Aktivisten.


#Celebrities

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Tom Morello von Rage Against the Machine bei seinem Gig im Zuccotti Park, New York, am

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Foto: CC BY 2.0/David Shankbone

13. Oktober 2011


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#Celebrities

Die Schauspielerin Susan Sarandon bekam am 18. Oktober 2011 eine Jacke der Gewerkschaft Teamsters überreicht. Teamsters demonstrierte zusammen mit Occupy Wall Street vor dem Auktionshaus Sotherby’s, weil dieses gewerkschaftlich organisierte Händler benachteilige.

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Foto: Getty Images

#Celebrities


Agenda

Tipps & Termine W

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03.November - 30. November

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Wofür gibt der Staat Geld aus? Das Projekt OffenerHaushalt.de von Tactical Tools visualisiert den Bundeshaushalt und macht Größenverhältnisse greifbar. Ein gelungenes Stück Datenjournalismus. http://bund.offenerhaushalt.de/

A

bstimmung

Stuttgart, Baden-Württemberg und der Rest des Landes schaut gespannt auf die Volksabstimmung über das Bahnprojekt Stuttgart21. Am 27.11. werden wir wissen, wie es um Volkes Wille steht. www.volksabstimmung2011.de

F undraising - S eminar

Am 8. November zeigt der Pro Fund e.V. in Offenbach, wie „Spenden sammeln - Sponsoren suchen“ funktioniert. Das etablierte Format vermittelt das Wesentliche an einem Nachmittag. Weitere Termine: www.profundev.de

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ettbewerb

Bis zum 30.11. können Projekte und Initiativen ihre Ideen & Erfahrungsberichte einreichen, die sich mit dem Lernen für Demokratie an Schulen und darüber hinaus befasst haben. Der Wettbewerb „Demokratisch Handeln“ findet seit 1990 statt. www.demokratisch-handeln.de

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Gutschein einlösen? So geht‘s! Legen Sie Ihre Produkte in den Warenkorb Klicken Sie im Warenkorb auf „Gutschein einlösen“ Gutschein-Code eingeben oder Ausdrucken und in einem unserer 16 Standorte einlösen. 4011831110390

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Impressum

www.entermagazin.de Die nächste ENTER erscheint am 1. Dezember.

Impressum Herausgeber: Uwe Amrhein Redaktion: Henrik Flor, Sebastian Esser Design: Markus Nowak, Supermarkt Studio Propststraße 1 10178 Berlin Telefon +49 / 30 24 08 31 53 Telefax +49 / 30 88 16 70 redaktion@entermagazin.de www.entermagazin.de Enter erscheint in Kooperation mit der Stiftung Bürgermut.


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