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18. 03. 2013 #27

Fern beziehung

Nadia Qani k채mpft f체r zu Hause. Das ist Deutschland. Und Kabul.



Editorial

Zwangsvernetzt

Die werden in der Regel vom Bund ­finanziert, sitzen überwiegend in ­Berlin, drucken schicke Flyer und sind bei den Organisationen, die sie vertreten sollen, völlig unbekannt. Das sind die Gemeinsamkeiten. Meine Lieblingsorganisation dieser Art ist übrigens die mit sechs Stellen besetzte Koordinationsstelle „Männer in Kitas“. Die Selbsthilfegruppen haben eine Servicestelle, die Bürgerstiftungen gleich zwei. Dass sie ausnahmslos aufopferungsvolle Arbeit leisten, steht außer Frage. Nach der Wirkung fragen wir lieber nicht. Nehmen wir die ­„Aktion zusammen wachsen“ – ein vom Familienministerium

geschaffenes Konstrukt, das dem Heer von Patenschafts- und Mentoring­ projekten eine Heimat geben soll. ­Resultat des Millionengrabes: Auch nach Jahren ist der dringend notwendige Wissenstransfer in diesem Engagementbereich nicht spürbar vorangekommen. Vergessen wir die Zwangsbeglückung! Netzwerke sind nur brauchbar, wenn sie von unten wachsen. Wenn sie von jenen gewünscht und initiiert sind, die vor Ort die Arbeit leisten. Andernfalls sind sie nicht mehr als Arbeitsbeschaffung für Profis der Sozialbranche. Dann doch lieber ungeregelt. Uwe Amrhein ist Herausgeber von Enter. Diesen Beitrag kommentieren

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Titelfoto: Gaby Gerster

Alles geregelt in Deutschland: Dafür sind wir bekannt in der Welt – wie die Schweiz für teure Uhren, England für schlechtes Wetter und Italien für bizarre Politiker. Alles geregelt in Deutschland: Das hat uns nach vorne gebracht. Wertarbeit und Zuverlässigkeit sind nun mal im Wildwuchs nicht zu haben. Alles geregelt in Deutschland: Damit auch beim Bürgerengagement alles schön in Reih’ und Glied bleibt und Querdenker nicht zu quer denken, haben wir Service- und Koordinierungsstellen erfunden.


Weltbeweger

Weltbeweger


Teilen statt besitzen – das ist die Idee hinter einer der ganz großen Bewegungen, die derzeit überall auf der Welt Anhänger findet. Was als Carsharing oder Klamottentausch-Party begann, dem haben vier Weltbewegerinnen aus Halle einen neuen Dreh gegeben. Bei TAAK, der Tauschakademie Halle (Saale), treffen sich Interessierte und geben Wissen und Können weiter. Jeder kann einen Workshop anbieten – egal, ob es um Rhetorik für Fortgeschrittene geht oder ein spezielles Strickmuster. Das Ganze ist kostenlos, aber nicht umsonst. Diesen Beitrag kommentieren

http://weltbeweger.de/toro/resource/html#!entity.1494 www.taak-halle.de

Foto: TAAK

Weltbeweger


News

News Gemeinnützigkeitsentbürokratisierungsgesetz Wort des Monats

Das 43 Zeichen lange Wortungetüm bezeichnet ein Gesetz, das im Ehrenamt vieles vereinfacht und am 1. Februar 2013 vom Bundestag beschlossen wurde. Die Übungsleiterpauschale wird von 2.100 auf 2.400 Euro angehoben, die Ehrenamtspauschale von 500 auf 720 Euro. Und auch die Haftung von Ehrenamtlichen bei der zweckwidrigen Verwendung von Spendengeldern wird entschärft. Das war überfällig!

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www.bundestag.de

Clubkinder

Die Mitglieder des Hamburger Vereins Clubkinder lieben Musik, Tanzen und verstehen was von Kunst. Das Besondere: Die hippen Konzerte, Partys und Lesungen, die sie zusammen mit der Agentur flutlotsen veranstalten, kommen sozialen Projekten in der Hafenstadt zugute. Besonders eingeschlagen ist das „Klanglabor“, eine Konzertreihe, bei der Nachwuchskünstlern ihre ersten Auftritte ermöglicht werden.

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www.clubkinder.de www.flutlotsen.de

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News

Shitstorm

Am 19. Februar 2013 ging „GovData“, das Datenportal von Bund und Ländern, im Testbetrieb online. Eigentlich soll es das Versprechen einlösen, die von der Verwaltung erhobenen Daten offenzulegen und Bürgern, Forschung und Wirtschaft zur Verfügung zu stellen.Der Berater Christian Heise ist einer von derzeit rund 500 Netz-Aktivisten, die mit der „Not your GovData-Erklärung“ die Gestalt der Seite kritisieren und fordern, eine für alle zugängliche Plattform mit ­offenen ­Lizenzen zu schaffen. Wollen Sie in Sachen Offene Daten und Transparenz auf dem ­Laufenden bleiben, sollten Sie diesen ­Twitterern folgen: @christianheise, @anked, @Lorz, @ddie, @pudo. Diesen Beitrag kommentieren

1.267.366 Zahl des Monats

So viele Menschen unterzeichneten bislang die Europäische Bürgerinitiative „Right2Water“. Sie fordern eine funktionierende Wasser- und Abwasserwirtschaft als öffentliche Dienstleistung für alle Menschen. Es ist die erste Europäische Bürgerinitiative, bei der die Marke von einer Million Unterschriften überschritten wurde. Nun muss sich die Europäische Kommission mit dem Anliegen befassen. www.right2water.eu/de Diesen Beitrag kommentieren

Transfer-Markt Ein dänisches Sozialunternehmen macht vor, wie man Engagement und geschäftlichen Erfolg verbindet. Henrik Smedegaard Mortensen und Niels Bonefeld vermieten, verkaufen und reparieren Räder in Kopenhagen. Gleichzeitig sammeln die beiden Räder in Dänemark und bringen diese zusammen mit ihrem handwerklichen Know-how nach Mozambique, wo sie in Partnerwerkstätten auf Vordermann gebracht werden. Als billiges und zuverlässiges Transportmittel sind sie dort die Grundlage für die lokale Wirtschaft. Das Ganze heißt Baisikeli, was Fahrrad auf Suaheli bedeutet. Wann kommt die Idee nach Deutschland? www.baisikeli.dk Diesen Beitrag kommentieren 5

Foto: CC BY-NC-ND 2.0 / Sean Bluemink / Flickr / Baisikeli / privat

www.govdata.de http://not-your-govdata.de/


Titel

Gut ausgebildet, mehrsprachig, vernetzt, zu Hause in verschiedenen Kulturen – das sind nicht nur Attribute für moderne Job-Nomaden. Immer mehr Migranten nutzen ihr Potenzial für die neue Heimat. Und für die alte.

Text: Henrik Flor, Katharina Stöckl

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der neue Jetset


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Nadia Qani erkl채rt bei einem Vortrag Sch체lern, wie sich Afghanistan in den vergangenen 40 Jahren ver채ndert hat


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Managerin des Jahres Name:.............. Wohnt:............. Wurzeln:........... Aktionsradius:..... Rekordverdächtig:.. Verfassung:........

Nadia Qani Frankfurt/M. Afghanistan 11:40 Flugstunde Kommt auch mit 4 Stunden Schlaf aus Hört nicht auf zu träumen

Nadia Qanis zweites Leben beginnt auf 16 Quadratmetern Deutschland. Bett, Spind, Tisch, zwei Stühle und eine Duschkabine haben Platz - im Zimmer des Frankfurter „Hotel Splendid“, das so gar nichts Strahlendes hat. Es ist nicht mehr als eine heruntergekommene Unterkunft für Asylbewerber, die überteuert an die Stadt vermietet und dann sich selbst überlassen wurde. Qani spricht kein Deutsch, ein paar Habseligkeiten hat sie auf ihre abenteuerliche Flucht mitnehmen können, die sie von Kabul über Pakistan und London schließlich nach Frankfurt führte, wo ihr Mann bereits auf sie wartete. Es ist 1980. In Afghanistan herrscht Bürgerkrieg, niemand ist mehr sicher, ein falsches Wort kann Misstrauen erregen, zu Denunziation und Verschleppung führen. Qani und ihr Mann waren politisch aktiv in einer der vielen Splittergruppen, links und demokratisch. Sie gingen auf Demos, skandierten Parolen, druckten Flugblätter. Die Situation

wurde immer unübersichtlicher, wer sich nicht dem Marionettenregime der Sowjets anschließen wollte, griff zu den Waffen – oder ging.

„Ich bin eine Deutsche aus Afghanistan.“ 32 Jahre nach ihrer persönlichen Stunde null im Süden Frankfurts ist Qani in Deutschland angekommen. Sie ist Inhaberin eines ambulanten Pflegedienstes, beschäftigt 44 Mitarbeiter aus 13 Nationen, ist kommunalpolitisch für die SPD aktiv, Gründungsmitglied eines Unternehmerinnen-Netzwerkes und des Vereins ZAN zum Schutz der Rechte afghanischer Frauen. Dank der Höhen und Tiefen, die sie erlebt hat, ist sie zum Vorbild geworden für andere Frauen und Männer aus Afghanistan, die sich in Deutschland ein neues Leben aufbauen. Sie selbst bringt es auf eine ganz einfache Formel: „Ich bin eine Deutsche aus Afghanistan.“ 9


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In Afghanistan war Qani auf dem besten Weg, eine steile Karriere im Wirtschaftsministerium zu machen, in Frankfurt geht sie erst einmal putzen, lernt Schritt für Schritt die Sprache. Sie bringt zwei Söhne zur Welt, wenig später zerbricht die Ehe. Sie beginnt zu trinken, stürzt ab. Eine Freundin hilft ihr aus dem Tal, setzt sie wieder aufs Gleis. Ihr Pflegedienst wächst und wächst – das Konzept, kultursensibel zu arbeiten, also pflegebedürftige Menschen entsprechend ihres Hintergrunds zu betreuen, kommt an.

„Die Frauen wünschen sich jemanden, der genauso wie sie noch einmal ganz von vorne anfangen musste.“ Trotz der zwölf Stunden, die sie jeden Tag in ihrer Firma verbringt, möchte sie etwas von der Unterstützung zurückgeben, die sie selbst erfahren hatte: an Frauen, die wie sie ihre ­Heimat Afghanistan verlassen haben und nun versuchen, in Deutschland Fuß zu fassen.

„Die Frauen wünschen sich jemanden, der ihre Sprache spricht, ihre Kultur kennt und genau wie sie noch einmal ganz von vorne anfangen musste“, weiß Qani, „90 Prozent von ihnen sind traumatisiert. Sie kennen so etwas wie Frieden gar nicht.“ Seit inzwischen 13 Jahren bietet der von ihr gegründete Verein ZAN Sprechstunden für afghanische Frauen an. Auch die Behörden schicken regelmäßig afghanische Migrantinnen zu Qani. Sie arbeitet in zwei Richtungen, versteht es, auf der einen Seite den Afghaninnen den Start in ein völlig neues Leben zu erleichtern und auf der anderen Seite, Verwaltungsmitarbeiter, Arbeitgeber oder Lehrer für die Situation afghanischer Migranten in Deutschland zu sensibilisieren. Der Schlüssel zu einem Neustart in Deutschland war für sie schon immer ein Job, und so nutzt sie ihr inzwischen weit verzweigtes Netzwerk, um möglichst viele Afghanen in Arbeit zu bringen: „Einmal besuchte mich ein afghanischer Künstler, der keinen Job finden konnte. Dann hat sich herausgestellt, dass er sehr gut


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schreiben kann. Ich vermittelte ihn an einen Freund bei der Deutschen Welle, für die er noch immer arbeitet“, freut sich Qani. Auch für die afghanischen Frauen ist der Job der Beginn, die neue Heimat kennenzulernen, mit Deutschen in Kontakt zu kommen, neue Perspektiven kennenzulernen.

erfolgreich ein Unternehmen leitet und sich engagiert.“ Doch die meisten seien stolz darauf, wie positiv Qanis Engagement in Deutschland aufgenommen werde und wie viele Auszeichnungen, darunter das Bundesverdienstkreuz, sie inzwischen erhalten hat.

„Manche sind damit überfordert, dass eine allein stehende Frau erfolgreich ein Unternehmen leitet und sich engagiert.“

Kritik versteht Qani, eine Frau mit schier ­unerschütterlicher Nehmerqualität, stets als Antrieb. Eine Situation hingegen warf die erfolgreiche Geschäftsfrau vollkommen aus der Bahn: Eines Tages greift eine Frau die Deutsch-Afghanin auf offener Straße an, beschimpft und tritt sie. Ein traumatisches Erlebnis. Aber selbst dieser Vorfall habe auch etwas Gutes gehabt. Durch die anschließende Therapie, sei sie gezwungen gewesen, alte Traumata anzugehen, die sie seit ihrer Flucht aus Afghanistan verfolgten: „Es durfte alles raus. Heute fühle ich mich befreiter als vorher.“ Dennoch: Seit der Attacke hat sie noch immer Angst , wenn sie spät von der Arbeit nach Hause kommt, kann im Dunkeln nicht einschlafen.

Doch nicht jeder ist auf ihr Engagement gut zu sprechen. Gerade aus der eigenen Community kommt Gegenwind. Drohbriefe und Beschimpfungen haben Qani schon viele erreicht, meist von Frauen: „Ich bin eine geschiedene Frau, alleinerziehend. Wie kann ich da anderen Frauen helfen, die noch verheiratet sind, fragen sich viele Afghanen. Manche sind damit überfordert, dass eine allein stehende Frau

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Qanis Verein ZAN engagiert sich nicht nur für Afghaninnen, die in Deutschland leben. Er unterstützt auch Qanis ehemalige Schule in Kabul, die nach der Machtübernahme durch die Taliban zerstört wurde. Das Jumhoriat Lycée habe ihr viele Türen geöffnet, den Spaß am Lernen geweckt. In Deutschland hält sie daher regelmäßig Vorträge an Schulen und organisiert Musikveranstaltungen, deren Erlöse an ZAN gehen. Es ist Geld, das hilft, den Wiederaufbau des Mädchengymnasiums zu unterstützen. Regelmäßig fließt auch Geld an drei Gruppen von Schülerinnen in verschiedenen afghanischen Provinzen. Jeweils 20 Mädchen werden von zuverlässigen Kontaktpersonen unterstützt, Schulmaterialien und -gelder bezahlt. Den Geldtransfer übernimmt eine gute Freundin, die bei der GIZ arbeitet und regelmäßig in Afghanistan ist. Gerade heute, da es Frauen zunehmend schwerer in Afghanistan haben, sei es wichtig, betont Qani, den Mädchen einen guten Start ins Leben zu geben und sie bestmöglich auf die Zukunft vorzubereiten.

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„Ich bin es gewohnt, aus dem Nichts etwas zu schaffen.“ Qanis Engagement ist nicht generalstabsmäßig organisiert. Sie hilft, wo sie kann, gibt, wenn Geld da ist, berät, auch wenn sie sich eigentlich um die Firma kümmern müsste und organisiert auch schon mal einen Protestmarsch, wenn sie Wut im Bauch hat. Wie damals, als die ­Taliban die in Afghanistan lebenden Hindus dazu zwangen, ein Band zu tragen, um sie als Nicht-Muslime kenntlich zu machen. „Es war wie damals, als die Nationalsozialisten Juden zwangen, den gelben Stern zu tragen.“ Zusammen mit den Grünen-Politikern Daniel Cohn-Bendit und Joschka Fischer stellte sie kurzerhand eine Demonstration in Frankfurt auf die Beine. Eine Rückkehr nach Afghanistan ist unter den jetzigen Umständen zu einem unerfüllbaren Traum geworden, und die Sorge um die Zukunft des Landes begleitet sie auch in


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Deutschland: „Ich frage mich, wie die Situation der Frauen in Afghanistan aussehen wird, wenn 2014 die ausländischen Truppen weitgehend abgezogen sind.“ Ihre bittere Prognose: „Die Frauen werden vielleicht in 100 Jahren wieder so frei durch die Straßen laufen können wie vor 40 Jahren.“ Doch sie ergänzt schnell: „Mein Traum ist es, in Kabul ein Frauenhaus zu eröffnen, einen Zufluchtsort, an dem Frauen ihr Leben selbstbestimmt meistern. Ich stelle mir einen integrierten Kindergarten vor, eine Werkstatt und Räume für Weiterbildungen.“ Zweifel an der Realisierbarkeit ihres Traums hat Qani nicht. Es sei weniger eine Frage des Ob, denn eine Frage des Wie und Wann. Aus dem Nichts etwas schaffen, das ist sie gewohnt.

www.zanev.de www.nadia-qani.de http://weltbeweger.de/

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Name:.............. Sergey Yenin Wohnt:............. Warschau/Berlin Wurzeln:........... Weißrussland Aktionsradius:..... 1:10 Flugstunden Rekordverdächtig: . organisiert in Europas letzter Diktatur eine Gay-Parade Verfassung:........ desillusioniert

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Es gehört einiges dazu, mit gerade einmal 18 Jahren sich lieber von der Universität werfen zu lassen, als beim Geheimdienst als Spitzel anzuheuern. Das ist die typische Alternative unter Diktator Lukaschenko, vor die diejenigen gestellt wurden, die bei den Studentenprotesten 2007 mitgemischt haben. Für Yenin war es ein Erweckungsmoment, der ihn nur darin bestätigte, etwas verändern zu müssen. Er ging nach Warschau, studierte weiter und machte sich von dort aus für die Rechte von Schwulen und Lesben in Weißrussland stark. Er gründete das Bündnis GayBelarus, organisierte die Parade „Minsk Pride 2010“ und diverse andere Events. Eine enge Kooperation via Internet mit den Aktivisten in Weißrussland und regelmäßige Besuche vor Ort waren selbstverständlicher Teil des Engagements.

Stiftungen, die eine NGO-Industrie finan­ zierten, die sich in weiten Teilen nur bereichere. Yenin wollte keine Kompromisse ­eingehen, mit staatlichen Stellen kooperieren, seine Forderungen verwässern. Obwohl er viel bewegt hat, ist er inzwischen überzeugt, dass ein Engagement für Freiheitsrechte in Weißrussland vollkommen sinnlos ist. Die Repression sei noch effizienter geworden, die Bevölkerung habe in Sowjetzeiten eine ausgeprägte Untertanenmentalität kultiviert, niemand zeige Bereitschaft sich für eine Veränderung im Land einzusetzen. Sämtliche Mitstreiter haben inzwischen das Land verlassen. Auch bei schwulen Weißrussen sieht er keine Unterstützung. Sie wollen sich nicht zeigen, nach außen eine heterosexuelle Fassade wahren und im Privaten ihr Glück finden.

Geld, mit dem europäische Organisationen Nonprofits in Weißrussland üppig fördern, wollte er nie nehmen. Für grenzenlos naiv hält er das Engagement der EU und westeuropäischer

Yenins desillusioniertes Fazit: Als Einziges bleibe es, anderen Weißrussen zu helfen, das Land zu verlassen.


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der nein-Sager

Einer, der sich nicht kaufen lieĂ&#x;: Sergey Yenin

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Der Journalist Vassilios Vougiatzis hatte genug von den billigen Griechenland-Klischees

der Botschafter Name:............ Vassilios Vougiatzis Wohnt:........... Berlin Wurzeln:......... Griechenland Aktionsradius:... 2:55 Flugstunden Rekordverd채chtig:. dreht mit 5.000 Euro einen Film, der weltweit l채uft Verfassung:...... neugierig, was kommt

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Was tun, wenn man richtig Wut im Bauch hat? Am besten etwas, das dem Aufreger etwas entgegensetzt. Als Vassilios Vougiatzis, Radiojournalist beim Sender Funkhaus Europa, immer wieder mit den gleichen Klischees über faule Griechen und versickernde Milliarden in den Medien konfrontiert wurde, wollte er zeigen, wie das Leben der normalen Leute inzwischen aussieht: das Leben seiner Verwandten und Freunde, die mit 600 bis 800 Euro ihre Familien durchbringen müssen. Seine Kollegin Mosjkan Ehrari kam auf die Idee, gemeinsam nach Griechenland zu fahren und den schwierigen Alltag junger Menschen zu dokumentieren. Geld hatten sie keines für das Projekt und starteten deshalb eine Kampagne auf der Crowdsourcing-Plattform startnext. 72 Unterstützer fand das Projekt. So kamen

über 5.000 Euro zusammen, die in Reisekosten, das Film-Equipment und die Postproduktion investiert wurden. Man wollte nicht lange w ­ arten, sondern loslegen, jetzt, wo es wichtig sei, das „Griechenland zu zeigen, das es eben auch gibt“. Entstanden ist auf diese Weise der Dokumentar-Film „Message from Greece“ – eine Momentaufnahme junger Griechen zwischen Hoffnung, Frustration und dem Traum, woanders sein Glück zu machen. Der Film wurde auf dem Filmfestival von ­Thessaloniki gezeigt. Auch BBC World strahlte den Film mehrfach weltweit aus. Vougiatzis möchte mit dem Film eine Diskussion anstoßen: über die Verhältnisse in der Heimat seiner Eltern und darüber, was uns Solidarität in Europa wert ist. www.message-from-greece.com 17


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Name:................. Jasmina Prpić Wohnt:................ Freiburg i.B. Wurzeln:.............. Bosnien Aktionsradius:........ weltweit Rekordverdächtig: .... kämpft weltweit für Frauenrechte Verfassung: .......... stetig konfliktbereit

Brain drain nennt man es, wenn ein Land ausblutet, die Besten das Land verlassen, weil es Krieg, Unterdrückung oder Hunger unmöglich machen zu bleiben. Die Juristin Jasmina Prpic war als Anwältin in Jugoslawien tätig, hatte danach ein Richteramt inne. 1992, als der ­Vielvölkerstaat zerbrach, flieht sie mit der Familie nach Deutschland. In Freiburg startet sie bei null. Ihre Ausbildung wird nicht anerkannt, sie muss die Sprache von Beginn an lernen, kellnern und putzen, den Bildungsweg von neuem gehen. Über eine Seminararbeit während eines Aufbaustudienganges arbeitet sie sich in die Kriegsverbrechen – vor allem die Massenvergewaltigungen in BosnienHerzegowina ein – und verfolgt intensiv die Arbeit des Haager Kriegsverbrechertribunals. Für Monika Hausers Verein medica mondiale soll sie für drei Monate im Kosovo vergewaltigte Frauen als potenzielle Zeuginnen des Haager Tribunals unterstützen. Nach vier Jahren kehrt sie nach Deutschland zurück, verfasst Aufsätze über Menschenrechtsverletzungen gegenüber Frauen, hält Vorträge auf Konferenzen in der ganzen Welt. Am 6. November 2007 schließlich gründet 18

Prpic den Verein Anwältinnen ohne Grenzen, der mit seinen Mitgliedern aus aller Welt ein umfangreiches Wissen über Rechtssysteme, Sprachen und kulturelle Traditionen bündelt. Es ist die erste rein juristische Frauenorganisation, die sich mit der Verletzung von Frauenrechten befasst. Missstände sollen öffentlich gemacht werden und die Ahndung mit juristischen Mitteln – vor allem auf Grundlage der UN-Frauenrechtskonvention (CEDAW) – unterstützt werden. Die Mitglieder des Vereins reisen regelmäßig in ihre Heimatländer, sind dort bestens vernetzt und wissen ganz genau, wen man für welche Informationen ansprechen muss. So kann die häufige Diskrepanz zwischen offizieller Darstellung der Frauenrechtssituation und dem tatsächlichen Alltag überprüft werden. Dabei scheut sich Prpic nicht davor, auch Versäumnisse in Deutschland ins Rampenlicht zu rücken, wenn etwa Frauen mit kleinen Kindern keinen Beruf ausüben können, weil Betreuungsplätze fehlen. So zum Beispiel während ihrer Dankesrede, nachdem ihr der „Preis Frauen Europas“ 2012 überreicht wurde. http://anwaeltinnen-ohne-grenzen.de


Titel

Jasmina Prpic gr체ndete die erste rein juristische Frauenorganisation, die sich mit der Verletzung von Frauenrechten befasst

Die Anw채ltin 19


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Agenda

TIPPS & TERMINE B

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Von A wie Acta bis Z wie Zensur, im neuen Jahrbuch von Netzpolitik findet sich alles, was die Netzpolitik im Jahr 2012 geprägt hat. Die Sammlung netzpolitischer Highlights, Tiefpunkte und zu kurz gekommener Themen sind gedruckt, als PDF oder E-Book erhältlich. https://netzpolitik.org/wp-upload/np_jahresbuch_ download_final.pdf

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Wie eBay, aber sozial und fair - das ist das Konzept von Fairnopoly, dem fairen Tauschhandel im Internet. Die für das Durchstarten des Genossenschaftsprojekts nötigen 100.000 Euro wurden per Crowdfunding weit übertroffen. Im Frühjahr geht es los. http://info.fairnopoly.de/die-idee

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Wo kann man schlemmen und dabei nachhaltig genießen? Die App „GoPure“ verrät, welche Restaurants in der Nähe genbehandelte Lebensmittel verwenden und wo wirklich „bio“ drin ist. Leider bislang nur für Restaurants in den USA. https://itunes.apple.com/de/app/gopure/ id519581692?mt=8

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ettbewerb

Wieder startet der JuniorBotschafter-Wettbewerb von UNICEF. Bewerben können sich Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, die bereits eine Aktion für Kinderrechte erfolgreich umgesetzt haben. Die Gewinner erhalten verschiedene Sach- und Geldpreise. www.younicef.de/juniorbotschafter


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Impressum Herausgeber: Uwe Amrhein Redaktion: Henrik Flor, Katharina Stöckl Gestaltung: Simone Schubert, www.derzweiteblick.org Propststraße 1 10178 Berlin Telefon +49 / 30 - 30 88 16 66 Telefax +49 / 30 - 30 88 16 70 redaktion@entermagazin.de www.entermagazin.de Enter erscheint in Kooperation mit der Stiftung Bürgermut und dem Engagement-Netzwerk www.weltbeweger.de.


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