11. - 17. Januar 2012 / Nr. 298 / 8. Jahrgang / Preis Deutschland 1,80 €
www.epochtimes.de
Den Himmel ins Büro holen Seite 4
König, Poet, Musiker, Kriegsherr Seite 9
Kommt der „Russische Frühling“? Seite 6
Kann Materie schneller als Licht sein? Unter bestimmten Bedingungen ist es anscheinend möglich, mit Lichtgeschwindigkeit und noch schneller zu reisen.
Was wir brauchen
mehr auf Seite 10
EPOCH TIMES LÄDT EIN:
F OTO : J O H A N N E S E I S E L E /A F P/ G E T T Y I M A G E S
Zum 40. Geburtstag des Opernmagazins „orpheus“ zu einem Festvortrag über „Musik und Heilung“ der Ärztin Lin Gui aus Taiwan am 25.01., 19:30 Berlin, Ort auf Anfrage im Epoch Times-Büro 030-26395312 Leserbrief@epochtimes.de oder 030-6146840 orpheusoper@t-online
Was wir brauchen, ist Aufrichtigkeit, Besonnenheit und kluge Repräsentanz der besten Werte unserer Nation. Sie sollen durch ihr Staatsoberhaupt in seinem Amt vertreten werden. Ferdinand von Preußen, der jüngste Bruder von Friedrich II., ließ das Schloss Bellevue von Michael Philipp Boumann von 1785 bis 1786 errichten. Der 300. Geburtstag von Friedrich dem Großen wird am 24. Januar 2012 gefeiert. Siehe Seite 2 und 9.
Lasst es mehr als nur einen Traum sein Einmal im Jahr veranstaltet eine deutschgeprägte Kleinstadt in Namibia ein ungewöhnliches und engagiertes Festival: Die Swakopmunder Musikwoche. mehr auf Seite 12
Durch Deutschlands Politiker muss ein Ruck gehen
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undespräsident Roman Herzog hat am 26. April 1997 seine berühmte „RuckRede“ gehalten. Sie war an Verantwortliche und Bürger in allen Bereichen gerichtet. Er begründete damit die Tradition der jährlichen Berliner Reden.
zu haben. Vorteilssuche des Einzelnen zulasten der Gemeinschaft ist geradezu ein Volkssport geworden. Wie weit sind wir gekommen, wenn derjenige als clever gilt, der das soziale Netz am besten für sich auszunutzen weiß, der Steuern am geschicktesten hinterzieht oder der Subventionen am intelligentesten abzockt? Und jeder rechtfertigt Wir zitieren Roman Herzog „Mit dem rituellen Ruf nach dem sein Verhalten mit dem Hinweis Staat geht ein – wie ich finde – ge- auf die anderen, die es – angeblich fährlicher Verlust an Gemeinsinn – ja auch so machen.“ einher. Wer hohe Steuern zahlt, meint allzu leicht, damit seine Richard von Weizsäcker Verpfl ichtungen gegenüber der am 27. Mai 1989 Gemeinschaft abschließend erfüllt „Die genannten Beispiele zeigen,
was unsere Verfassung kann und was sie nicht kann. Sie schützt die Würde des Menschen und die Grundrechte. Sie organisiert unser Zusammenleben mit seinen Konflikten und in der Gewissheit neuer Entwicklungen macht sie friedlichen Wandel möglich. Ob wir aber die Fähigkeit dazu haben, das garantiert die Verfassung nicht. Leben müssen wir selbst. Wir sind es, die die neuen Herausforderungen erkennen und mit ihnen fertig werden müssen, zumal mit solchen, die vor vierzig Jahren niemand vorhersehen konnte. Die Verfassung ist weder
Orakel noch Motor der gesellschaftlichen Entwicklung. Sie lebt von Voraussetzungen, die sie selbst nicht schaffen oder erneuern kann. Dazu gehören auch die allgemeinen ethischen Überzeugungen. Wir selbst müssen wissen, was wir dürfen und wollen.“ Horst Köhler am 4. Dezember 2009 „Liebe Gäste, Sie alle dienen in der einen oder anderen Weise unserer Gemeinschaft. Und darum freut es mich sehr, dass ich Ihnen heute, am Tag des Ehrenamts, den Ver-
dienstorden der Bundesrepublik Deutschland überreichen darf. Er soll ein sichtbares Zeichen des Dankes und der Anerkennung sein für das, was Sie zum Wohl unserer Gemeinschaft über viele Jahre leisten. Gewiss sagt der eine oder die andere unter Ihnen ‚Eigentlich ist doch selbstverständlich, was ich da tue‘. Ich habe das oft gehört. Und gewiss kennen Sie alle noch viele andere, deren Verdienste ebenso groß sind und die eine solche Ehrung ebenfalls verdient hätten. Das stimmt alles. Ich möchte Sie aber trotzdem ermutigen, Ihren Orden stolz zu
tragen, wann immer es geht und angemessen ist. Seien Sie Vorbilder, ermutigen Sie andere dazu, sich einzubringen und haben Sie weiterhin viel Freude an Ihrem eigenen Engagement! Das wäre mein größter Wunsch.“
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Deutschland
The Epoch Times Deutschland / 11. - 17. Januar 2012 / Nr. 298
Frieden – weil sie ihn wollten
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er Westfälische Kongress ist ein Lehrstück für Frie„ densverhandlungen.“ Vor dem Friedensschluss tagten Hunderte Gesandte der Kriegsparteien fünf Jahre lang in Münster und Osnabrück. „Einen solchen Kongress hatte es in der Neuzeit zuvor nicht gegeben“, führt Dr. Dr. Guido Braun vom Institut für Geschichtswissenschaft der Universität Bonn weiter aus. Mehr als ein halbes Jahrhundert lang erschloss die „Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte e.V.“ in Bonn die über ganz Europa verstreuten Dokumente und ermöglichte damit einzigartige Einblicke in die Vorbereitung des Westfälischen Friedens. Ende des 2011 lief die Förderung für dieses Langzeitprojekt aus. Die beteiligten Historiker wollen die Friedensforschung nun in allgemeiner Form weiterführen. Seit 1957 wurden die über ganz Europa verstreuten Dokumente zum Westfälischen Friedenskongress von der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte e.V. in der Arbeitsstelle der Universität Bonn an der Argelanderstraße 59 gesammelt und aufbereitet. 54 Jahre erfolgreiche Forschung zu den „Acta Pacis Westphalicae“ Die Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste förderte ab Ende der 1970er-Jahre das Projekt zur „Acta Pacis Westphalicae“, das Ende 2011 nach 54 Jahren erfolgreicher Forschung auslief. Professor Dr. Konrad Repgen hat das Vorhaben konzipiert und bis Ende 2002 als Herausgeber betreut. Anfang 2003 übernahm Professor Dr. Maximilian Lanzinner die Leitung der Arbeitsstelle. „Dieses wichtige Langzeitprojekt zur Erschließung der Akten hat der Fachwelt überhaupt erst den Zugang zu den Quellen ermöglicht“, erläutert Professor Lanzinner. „Die Wissenschaft wird noch lange von den Ergebnissen profitieren.“ Die 41 beteiligten Historiker trugen auf ihren Archivreisen im In- und Ausland Material aus insgesamt 157 Bibliotheken und Archiven in ganz Europa zusammen und prüften die Dokumente. 1962 erschien der erste Band der „Acta Pacis Westphalicae“, einer kritischen Edition zu den Akten des Westfälischen Friedenskongresses. Inzwischen liegen 45 Bände mit fast 32.000 Seiten vor. „Die Originalüberlieferungen der Quellentexte sind
nun in den Bänden nachzulesen und durch detaillierte Kommentare erschlossen“, sagt Dr. Maria-Elisabeth Brunert, Geschäftsführerin der Arbeitsstelle der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte.
Lanzinner. Aber vielleicht auf Hier wurde der Friedensschlüsse oder VerhandWestfälische Frieden lungen? besiegelt im Rathaus „Wir haben einen Grundstock von Münster, einem geliefert, aber es gibt noch viel der schönsten Profanzu tun“, äußert Professor Lanbauten der Gotik. zinner. „Wir suchen nun nach Wegen, dieses erfolgreiche Projekt im Sinne einer allgemeinen Berittene Boten waren mit den Depeschen monatelang historischen Friedensforschung zum 15. bis 19. Jahrhundert weiunterwegs Die Dokumente geben Einblicke, terzuführen“, fügt der Bonner warum sich die Friedensverhand- Historiker hinzu. lungen über fünf Jahre hinzogen. „Für die damaligen Verhältnisse Der Dreißigjährige Krieg war das nicht so ungewöhnlich“, und Preußens stellt Dr. Braun fest, der im Rah- militärische Rüstung men seiner Promotion selbst zwei Anlässlich eines Gesprächs mit Bände der Editionsausgabe be- der Epoch Times über Preußens arbeitete. „Es mussten erst Ver- Friedrich den Großen, der am fahrensformen und diplomatische 24. Januar 300. Geburtstag hat Instrumente für die Konferenzen (siehe Seite 9), ging der Historierarbeitet werden.“ ker und Publizist Professor Arnulf Ein weiterer Grund waren die Baring auf die Entwicklung Preudamaligen Kommunikationsmit- ßens zur Militärmacht ein: „Der tel. Die Gesandten standen mit- eigentliche Aufstieg Preußens tels berittener Boten mit ihren beginnt ja, weil man im DreißigHerrschern in Kontakt. „Ein jährigen Krieg erst fast weggerollt Brief zum spanischen König hin wird durch die Schweden, durch und zurück brauchte inklusive die Österreicher, durch alle mögBeratungen etwa zwei bis drei lichen Kräfte, Polen und Russen, Monate“, berichtet der Historiker. die mit Begehrlichkeit auf diesen Außerdem klagten die Gesandten Raum schauten, und dass im über schlechte Unterkünfte und Grunde dieses Gebiet schutzlos widrige Umstände in den auf ei- war. Es hatte keine natürlichen nen solchen Verhandlungsmara- Grenzen, sodass im Havelland thon zunächst nicht vorbereiteten zwei Drittel der Bevölkerung Städten. Münster hatte damals umgekommen sind und die Ortnur etwa 10.500 Einwohner, Os- schaften alle zerstört waren. nabrück deutlich weniger. Und der Große Kurfürst, der Durch die Erschließung der ja noch an die Macht gekommen Dokumente zum Westfälischen ist während des Dreißigjährigen Frieden hat sich das Bild der Krieges, sagte sich natürlich, was Historiker vom Kongress gewan- ja auch völlig verständlich war: delt. „Im Gegensatz zu früheren ‚So können wir nicht weitermaMeinungen zeigte sich, dass die chen, wir müssen eine eigene Delegierten trotz der Länge des Streitmacht aufbauen, mit der Kongresses sehr rasch und zielge- wir uns dieser äußeren Einflüsse richtet verhandelten“, erklärt Pro- erwehren können, wenn’s drauf fessor Lanzinner. Auch die Mär ankommt.‘ Das ist der Beginn des von der Ohnmacht des Reiches militärischen Aufbaus Brandenbestätigte sich nach Durchsicht burgs und später Preußens, der der Akten nicht – gleichberech- dann von seinen Nachfolgern tigte Partner verhandelten auf fortgesetzt worden ist. Aber das war ja ein kleines Augenhöhe. „Das jahrelange Ringen um Frieden lohnte sich: Land mit vier Millionen EinwohDas Ergebnis des Kongresses nern, das schließlich im Verhältsorgte immerhin rund 150 Jahre nis zur Bevölkerungszahl die für stabile politische Verhältnisse größte Armee hatte. Das ist heutin Europa“, fügt der Historiker zutage lange verfemt worden als hinzu. Sie schafften es, weil sie ein völlig übertriebener militäes wollten. rischer Ehrgeiz, aber ich glaube nicht, dass dieser übertrieben war. In diesen offenen Landschaften Die Akten werden ohne feste Grenzen, ohne klare nun digitalisiert Bis Ende 2012 sollen die Akten der geopolitische Vorgegebenheiten Edition mithilfe der Förderung wäre es wahrscheinlich von andedurch die Deutsche Forschungs- ren besetzt worden. Also musste gemeinschaft in Kooperation mit man sich hier gewaltig anstrender Bayerischen Staatsbibliothek gen, auch militärisch, um aus dievollständig digitalisiert werden. sem Sandkasten, in dem nun mal „Die Nutzung dieses Fundus wird Brandenburg sein Zentrum hatte, dann noch einfacher, weil die ein uneinnehmbares Gebiet zu Volltextsuche möglich ist“, betont machen.“ (idw / rls) Dr. Brunert. „Mit einem einzigen Mausklick kann man dann zum Beispiel sehen, welche Akten zu einem bestimmten Tag vorliegen – unser Geschichtsbild wird dadurch noch umfassender.“ Der Westfälische Friedenskongress ist auch ein guter AnIn Wittstock an der Dosse befindet sich im Turm der Alten Bischofsburg das Museum des Dreißigjährigen Krieges. Es wurde satz, um aus der Geschichte für am 24. September 1998 nach einer dreijährigen Restaurierung und Rekonstruktion der Burganlage eröffnet. Das Museum dodie Gegenwart zu lernen. „Allerkumentiert die Ursachen, den Verlauf, die unmittelbaren Ergebnisse und Folgen sowie die Nachwirkungen des Krieges, wobei dings lassen sich die Verhältnissich die Ausstellung in sieben thematische Ebenen – „Mythen und Wahrheiten“, „Die Ursachen des Krieges“, „Lebensfreude und se aus dem 17. Jahrhundert nicht Lebensmut“, „Das Leben in der Armee“, „Technik und Mensch im Krieg“, „Die Schlacht“ und „Der langersehnte Friede“ – gliedert. so einfach auf moderne Kriege Museen Alte Bischofsburg Museum des Dreißigjährigen Krieges: Amtshof 1- 5, 16909 Wittstock/Dosse übertragen“, erwähnt Professor
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Impressum Chefredakteurin Renate Lilge-Stodieck Art Direction Szilvia Akbar, Mihai Bejan (Beratung) Verantwortliche redakteure Renate Lilge-Stodieck (Deutschland), Sebastian Menke (International), Detlef Kossakowski (Wissen), Caroline Chen (Feuilleton), Anke Wang (The Epoch Life) Layout Iris Lindenmaier, Johanna Loebig-Winnefeld, Dima Suchin redaktionelle Übersetzer Eckehard Kunkel, Franz Vogel, Eyline Martini Verlag und redaktion Epoch Times Europe gGmbH, Kurfürstenstraße 79, 10787 Berlin Tel.: +49(0)30/26395312/13, Fax: +49(0)30/31999684 E-Mail Chefredaktion@EpochTimes.de
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F oto : E r i c h W e s tend a r p/ p i x e l i o . de
Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) hatte verheerende Folgen für die Bevölkerung. Der Konflikt um die Vorherrschaft in Europa und die Religion endete schließlich mit einem fünf Jahre dauernden Westfälischen Friedenskongress.
Deutschland
The Epoch Times Deutschland / 11. - 17. Januar 2012 / Nr. 298
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Mobbing ist ein Gruppenphänomen D
as Tuscheln hinter vorgehaltener Hand, die vielsagenden Blicke, die nichtssagenden Mienen, wenn Kollegen den Raum betreten. Ob es Tatsachen sind oder nur Vermutungen, die den Arbeitsalltag in Betrieben belasten, sie stören das seelische Gleichgewicht. Mobbing nennt man sie seit einigen Jahren, sie greifen epidemisch um sich wie Burn-out und Depressionen. Kein Grund, sich darüber lustig zu machen, sondern sehr wohl ein Grund, ihr Auftreten zu untersuchen. Wie Jens Eisermann und Elisabetta De Costanzo vom Arbeitsbereich Wirtschafts- und Sozialpsychologie der Freien Universität Berlin jetzt erstmals empirisch belegten, beruht die Wahrnehmung von Mobbing nicht allein auf der subjektiven Einschätzung einzelner Personen; es tritt in betroffenen Abteilungen objektivierbar gehäuft auf. Der Führungsstil der Chefs Eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Mobbing spielt den weiteren Ergebnissen zufolge der Führungsstil von Vorgesetzten. So trete das Phänomen seltener in Abteilungen auf, in denen sich die Führungskräfte gesprächsbereit zeigten und Mitarbeiter bei den für
sie relevanten Entscheidungen ein Mitspracherecht hätten. In diesen Abteilungen sei zudem die allgemeine Arbeitszufriedenheit höher. Als unerwartet hoch erwies sich der Studie zufolge die Rate von Depression unter MobbingBetroffenen. So müsse von einem Anstieg der Gefahr für Depression um mehr als das Doppelte ausgegangen werden, wenn Mobbing vorliege, hieß es. Zwar könne auf der Basis dieses Zusammenhanges noch nicht auf eine Wirkrichtung von Mobbing zu Depression geschlossen werden und es gebe weiteren Forschungsbedarf, betonten die Autoren. Dennoch sei es ratsam, bei Anzeichen für Mobbing zu klären, ob Betroffene depressiv seien. Für ihre Studie werteten die Wissenschaftler die Antworten von mehr als 4.300 Beschäftigten zweier Landesbehörden verschiedener Bundesländer aus einer Online-Befragung aus. Die Autoren verglichen für ihre Analyse jene beiden Verfahren, die im deutschsprachigen Raum bei der Erhebung im Zusammenhang mit Mobbing bevorzugt Verwendung finden. In einem der Verfahren werden Teilnehmer gemäß der Methode des sogenannten „Leymann Inventory of Psychic Terrorization“ (LIPT) gefragt, welche unsozialen Verhaltensweisen sie gegenwärtig erleben. Im anderen Verfahren sollen sie angeben, ob sie sich als Mobbing-Opfer einstufen. Eine Auswertung nach der LIPT-Methode ergab, dass jeder fünfte Teilnehmer der Studie von Mobbing betroffen war. Dagegen bezeichneten sich lediglich vier
„Nie bist du ohne Nebendir“, heißt ein Gedicht von Joachim Ringelnatz.
F oto : R e i n h o l d K i s s / p i x e l i o . de
Mobbing ist einer Studie von Organisationspsychologen der Freien Universität Berlin zufolge in Betrieben ein Gruppenphänomen.
Prozent als Mobbing-Opfer. Beim Vergleich der beiden Erhebungsmethoden erwies sich den Ergebnissen zufolge das LIPT-Verfahren als besser geeignet, um die Ursachen und möglichen Folgen von Mobbing zu erkennen. Die Selbsteinstufung allein schätzen die Autoren als weniger gut ge-
eignet ein, sie könne jedoch einer zusätzlichen Überprüfung dienen. EU-weit sind nach Schätzungen der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz etwa zwölf Millionen Menschen von Mobbing betroffen. Trotz seines Ausmaßes wird Mobbing in der wissenschaft-
lichen Literatur bisher noch nicht eindeutig definiert. Probleme ergeben sich auch in der betrieblichen und juristischen Praxis, wenn Mobbing als solches erkannt und dabei beispielsweise die Glaubwürdigkeit Betroffener beurteilt werden muss. Das LIPTVerfahren und die Selbstdeklarati-
on stellen dafür gültige Erhebungsverfahren dar, allerdings sollte nach Einschätzung der Autoren der Studie dem LIPT als der objektiveren Methode der Vorzug gegeben werden. Die Ergebnisse wurden von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin herausgegeben. (idw / rls)
Stress macht Schüler anfällig für Mobbing Prüfungen bedeuten Stress. Das kann positiv sein, denn Stress hat eine aktivierende Wirkung und beflügelt zu Höchstleistungen.
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ber was, wenn der Stress zu viel wird? Dann wirkt er lähmend auf uns. Nicht selten sind Prüfungs- und Versagensängste die Folge. Etwa ein Fünftel aller Kinder und Jugendlichen sind davon betroffen. Sie können sich im Zuge der Prüfungsvorbereitung nur schlecht den Lernstoff merken oder leiden an Denkblockaden und Sprachhemmungen in der konkreten Prüfungssituati-
An z e i g e
on. In der Regel verschwinden Prüfungs- und Versagensängste nicht mit dem Abschluss der Schul- und Berufsausbildung. Ständig ist man mit Leistungsund Bewertungssituationen konfrontiert – sei es bei einem Bewerbungsgespräch, einer beruflichen Präsentation oder bei einer privaten Aufführung vor Publikum. Frühzeitige Interventionen sind also empfehlenswert.
Opfer von sogenanntem CyberMobbing geworden. Webseiten wie „I share gossip“ machen es in der Anonymität des Netzes leicht, Gerüchte und Verleumdungen über Mitschüler zu streuen. Über soziale Netzwerke wie Facebook oder schülerVZ lassen sich die Profile anderer einfach ausspähen. Obgleich viele der Täter „nur Spaß“ machen wollen, ist Mobbing und Stalking kein Kavaliersdelikt Mobbing und Stalking und sollte nicht verharmlost Wie fängt es an? Mobbing ist in werden. Denn Mobbing kann Schulen keine Seltenheit. Doch für die Betroffenen schwerwiewas früher auf dem Schulhof gende Folgen haben. Diese reigeschah, verlagert sich zuneh- chen von Niedergeschlagenheit, mend ins Internet. Laut einer Lernschwierigkeiten, Isolation aktuellen Studie im Auftrag bis hin zu Schlafstörungen und der Techniker Krankenkasse ist körperlichen Beschwerden wie jeder dritte Jugendliche bereits Bauch- oder Kopfschmerzen.
Auch tragen Mobbing-Opfer vermehrt Selbstmordgedanken mit sich. Wichtig bei der Prävention von Mobbing und Stalking ist, den Schülern typische Verhaltensmuster aufzuzeigen. Ich hab so einen Hass Wie mit Aggressionen umgehen? Ärger, Wut, Neid und Eifersucht sind Emotionen, die zum Leben gehören, wie auch die Erfahrung von Kränkung und Demütigung. Jeder kennt diese Erfahrungen – zumindest in Ansätzen. Wie aber damit umgehen? In sich hineinfressen und Gewaltfantasien kreieren oder in Aggressionen umsetzen? Beides ist problematisch und kann zu ernsthaften sozialen Konsequenzen führen. In vielerlei Hinsicht hat das
Internet die Kommunikation vereinfacht – direkte Kontakte per E-Mail verkürzen lange Wege, Bewertungen in Foren und Blogs helfen bei der Entscheidungsfindung und über Soziale Netzwerke lässt sich Kontakt zu ansonsten längst vergessenen Bekannten aufrechterhalten – doch es gibt auch Schattenseiten. Eine davon bekommen derzeit vor allem Schüler und junge Erwachsene zu spüren: Das Internet-Mobbing oder Cyber-Bullying. Online nimmt Mobbing ganz neue Dimensionen an. Gehässigkeiten, die sonst auf dem Schulhof die Runde gemacht haben, sind jetzt in kürzester Zeit überall verfügbar. Statt nach wenigen Tagen wieder vergessen zu werden, bleiben sie auf unbestimmte Zeit
online und provozieren so regelmäßig neue Mobbing-Attacken, die sich für die Betroffenen zu einem unerträglichen Ausmaß addieren. Doch was tun gegen die anonymen Angriffe aus dem Netz? Hier gilt wie in Betrieben, dass man miteinander im Gespräch bleibt: Eltern mit Kindern, Lehrer mit Schülern, Schüler direkt miteinander, Schule oder Arbeitsumfeld, alles ist Lebenszeit. Und Internetzeit ist keine direkte Begegnung. Es ist Zeit, sich auch Hilfe zu holen, Trennungen aufzuheben die inneren und die äußeren -, erkennbar zu sein, aufrichtig zu sein und sich weder zum Opfer noch zum Täter machen zu lassen. (rls)
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Innovation
The Epoch Times Deutschland / 11. - 17. Januar 2012 / Nr. 298
Den Himmel ins Büro holen Platine 288 Leuchtdioden, kurz LEDs“, sagt Dr.-Ing. Matthias Bues, Abteilungsleiter am IAO. „Die Platine wird an der Decke befestigt. Eine mattweiße Diffusorfolie, die etwa 30 Zentimeter unter den LEDs angebracht ist, sorgt dafür, dass man die einzelnen Leuchtpunkte als solche nicht wahrnimmt. Vielmehr leuchtet die Fläche homogen.“ Um das benötigte Lichtspektrum zu erhalten, verwenden die Forscher rote, blaue, grüne und weiße Britta Widmann LEDs. Durch diese Kombination lassen sich über 16 Millionen Farben darstellen. Die weißen er Wind treibt die Wolken Leuchtdioden sorgen zudem für schnell über den Himmel, Energieeffizienz: Sie sind noch das Licht ändert sich stän- stromsparender als die bunten. dig. Was uns draußen das Gefühl von Weite und Freiheit vermittelt, Bewölkter Himmel holen Forscher des Stuttgarter erwünscht Fraunhofer-Instituts für Arbeits- Der Hauptschwerpunkt der Entwirtschaft und Organisation IAO wicklung des virtuellen Himmels nun auch in die Gebäude: Eine lag darin, die Lichtverhältnisse an Lichtdecke, die sich über den ge- einem bewölkten Tag nachzubilsamten Raum erstreckt, ahmt die den. Dazu haben die Forscher zuLichtverhältnisse nach, die vor- nächst das natürliche Licht genau beiziehende Wolken erzeugen – untersucht. In welcher Art und und vermittelt den Menschen den wie schnell ändert sich das SpekEindruck, draußen zu sitzen. trum des Lichts, wenn die WolDie Lichtdecke, die die Fraun- ken ziehen? „Mithilfe der LEDs hofer-Forscher gemeinsam mit ih- ahmen wir diese Dynamik nach. ren Kollegen der LEiDs GmbH Dabei soll der Nutzer die Ändeentwickelt haben, setzt sich aus rungen nicht direkt wahrneh50 mal 50 Zentimeter großen men – das würde eventuell von Kacheln zusammen. „In jeder der Arbeit ablenken. Dennoch Kachel befinden sich auf einer soll sich das Licht ausreichend än-
Arbeiten unter freiem Himmel – das klingt verlockend, lässt sich aber meist schwer umsetzen. Eine dynamische Lichtdecke holt den Himmel nun ins Büro und sorgt für eine angenehme Arbeitsatmosphäre.
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Die dynamische Lichtdecke vermittelt dem Büroangestellten das Gefühl, unter freiem Himmel zu arbeiten.
dern, um die Wachheit und die Konzentration zu fördern“, sagt Bues. Eine Vorstudie zeigte bereits, dass Nutzer diese dynamische Lichtführung als sehr angenehm empfinden: Bei der Studie arbeiteten zehn Probanden vier Tage lang unter einer 30 mal 60 Zentimeter großen Leuchte. Am ersten Tag leuchtete die Lampe statisch, am zweiten Tag änderte
sich das Licht langsam und am leuchtet der „Himmel“ mit einer dritten schnell. Am vierten Tag Stärke von über 3.000 Lux. Werkonnten die Testpersonen sich te von 500 bis 1.000 Lux reichen eine Beleuchtungsart aussuchen: jedoch vollkommen aus, diese 80 Prozent entschieden sich für Lichtstärken empfinden Nutzer die schnelle Dynamik. als angenehm. Mittlerweile gibt es bereits Auf der Messe CeBIT vom 6. einen Prototyp des „Virtual bis 10. März in Hannover stelSky“ – auf einer Fläche von 34 len die Forscher am FraunhoferQuadratmetern mit insgesamt Gemeinschaftsstand in Halle 9, 34.560 LEDs. Bei voller Leistung Stand E 02 einen 2,8 mal 2,8
Meter großen virtuellen Himmel vor. Erste Anfragen zu der neuartigen Beleuchtung gibt es bereits, hauptsächlich für Konferenzräume. Momentan kostet „Virtual Sky“ etwa 1.000 Euro pro Quadratmeter, mit fallender Tendenz: Denn je mehr Stückzahlen produziert werden, desto kostengünstiger werden die einzelnen Lichtdecken.
Lösung können Zeitaufnahmen automatisiert ohne zusätzlichen Personalaufwand sogar an mehreren Arbeitsplätzen parallel erfolgen. Entscheidend ist die höhere Genauigkeit und Objektivität des Systems“, sagt Woitag. Bei ihrer Lösung setzen der Forscher und sein Team auf Inertialsensoren, die die Beschleunigungen und Drehraten der Arme und Hände Genau und objektiv „Mit der bisherigen Stoppuhr- in den drei Achsen X, Y und Z Methode lassen sich von einem ermitteln. Im Gegensatz zu andeProzessorganisator, je nach Si- ren Bewegungserfassungssystemen tuation, maximal fünf Personen wie etwa GPS funktioniert die ingleichzeitig erfassen. Mit unserer ertiale Messtechnik ohne weitere
Infrastruktur, die Inertialsensoren können Positionen von Objekten im Raum selbstständig erkennen. „Darüber hinaus muss unsere Lösung nicht aufwendig kalibriert werden. Ein Tool zum einmaligen Einlernen der Messpunkte direkt am Montagearbeitsplatz genügt“, erklärt Woitag. Eine PC-Applikation komplettiert das System. Die Software berechnet und rekonstruiert die Bewegungsabläufe auf Basis der Sensordaten. Sie zerlegt die Abläufe in Bewegungsabschnitte und bestimmt die zugehörigen Zeiten. Derzeit können die Ärmlinge für logistische und fertigungstechnische Montageaufgaben an Sitzarbeitsplätzen verwendet werden. Im nächsten Schritt wollen die Magdeburger Forscher das System so auslegen, dass sich auch Montagevorgänge analysieren lassen, bei denen ein Werker steht oder sich im Raum bewegt. Geplant ist außerdem, mithilfe der Inertialsensoren Körperhaltungen zu bestimmen und somit zu prüfen, wie ergonomisch ein Arbeitsplatz gestaltet ist.
Stoppuhr im Ärmel
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erkzeuge greifen, Bauteile montieren, bestücken, zusammenfügen und verschrauben, Komponenten lackieren, Maschinen bedienen – unzählige Arbeitsschritte sind erforderlich, bevor ein Produkt verpackt und ausgeliefert werden kann. Doch wie viel Zeit benötigen die Mitarbeiter für die einzelnen Arbeitsschritte? Wie lange dauert der manuelle Montageprozess? Um konkurrenzfähig zu bleiben, müssen Unternehmen in der industri-
uctive Red
Überfluss minimieren Um die einzelnen Vorgänge zu analysieren, ist das Erfassen von Ablaufzeiten für sie unerlässlich. So können sie beispielsweise weite Greifwege, ungünstig platzierte Bauteile, zu häufige Werkzeugwechsel oder uneinheitliche und überflüssige Bewegungen identifizieren, die zu Zeitverlusten führen und einen effizienten Produktionsprozess verhindern. Um manuelle Montagevorgänge effizient zu gestalten, erfassen Prüfer die Dauer der Arbeitsschritte bisher meist manuell – ein fehleranfälliger Vorgang. Bislang wird diese Aufgabe meist von Personen durchgeführt, die mit der Stoppuhr oder mit digitalen Zeitboards hinter den Mitarbeitern stehen, um die Dauer jeder einzelnen Bewegung zu ermitteln. Allerdings ist diese Vorgehensweise nicht objektiv, fehlerträchtig und für alle Beteiligten mit Nachteilen
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verbunden: Für die Angestellten ist der Stressfaktor hoch, möglicherweise führen sie die Tätigkeiten nicht in ihrer üblichen Geschwindigkeit durch. Die Unternehmen müssen einen hohen personellen Aufwand betreiben und dementsprechend hohe Kosten tragen. Der Bedarf an exakteren, automatisierten und preiswerten Lösungen ist daher groß. Ein solches System haben jetzt die Forscher des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF im Auftrag des Magdeburger Ingenieurbüros DR. GRUENDLER® entwickelt. Das Messgerät im Ärmel „Drei in einen Ärmel integrierte streichholzschachtelgroße Sensoren nehmen die Bewegungen von Hand und Arm präzise auf und messen Beginn und Ende der einzelnen Arbeitsschritte“, erläutert Martin Woitag, Wissenschaftler am IFF in Magdeburg. Das kann beispielsweise Hinlangen, Greifen, Vorrichten, Fügen, Prüfen oder Loslassen sein. Die miteinander
verketteten Sensormodule befinden sich auf Höhe des Ober- und Unterarms sowie an der Hand. Der Mitarbeiter muss sich lediglich die beiden Ärmlinge überstreifen. Wie eine zweite Haut liegen sie eng, aber dennoch bequem an und beeinträchtigen den Beschäftigten nicht.
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Innovation
The Epoch Times Deutschland / 11. - 17. Januar 2012 / Nr. 298
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Folienbeschichtung aus Molke verlängern die Haltbarkeit von Lebensmitteln und die Molkeproteinschicht lässt sich biologisch abbauen. Die Forschungsergebnisse sind vielversprechend. „Es ist uns gelungen, eine Formulierung aus Molkeprotein als Basis für die Folienbeschichtung zu gewinnen. Und wir haben einen Prozess entwickelt, mit dem sich die Multifunktionsfolien im industriellen Maßstab wirtschaftlich herstellen lassen“, resümiert b abgepackter Camem- Markus Schmid vom Fraunhoferbert oder eingeschweiß- Institut für Verfahrenstechnik ter Leberkäse: Ohne die und Verpackung IVV in Freising. richtige Verpackung geht heute nichts mehr. Die Lebensmittel Barriereeigenschaft gefragt müssen geschützt werden – vor Aber lässt sich aus Molke überSauerstoff, Wasserdampf und haupt eine Barriereschicht ferchemischen sowie biologischen tigen? Zunächst haben die IVVEinflüssen. Und natürlich sollen Wissenschaftler Süß- und Sauersie möglichst lange frisch blei- molke aufgereinigt und hochreine ben. Oft schützen transparen- Molkeprotein-Isolate hergestellt. te Mehrschichtfolien Nahrung Um geeignete Proteine mit hervor externen Einflüssen. Damit ausragenden filmbildenden Eimöglichst wenig Sauerstoff an genschaften zu erhalten, haben sie das Nahrungsmittel gelangt, unterschiedliche Modifikationswerden häufig petrochemisch wege geprüft. Damit die gewonbasierte und teure Polymere wie nenen Proteine den gewünschten Ethylen-Vinylalkohol-Copolymer mechanischen Beanspruchungen (EVOH) als Barrierematerial ver- standhalten, wurden sie mit verwendet. schiedenen, ebenfalls biobasierten Weichmachern und anderen Zusätzen in unterschiedlichen KonBedarf: zentrationen formuliert. „Diese Fläche des Bodensees Die Gesellschaft für Verpackungs- Zusätze sind allesamt zugelassene marktforschung schätzt, dass im Substanzen“, sagt Schmid. Jahr 2014 in Deutschland mehr Die Suche nach der optimaals 640 Quadratkilometer an len Formulierung gestaltete sich Verbundmaterialien mit EVOH für die Freisinger Forscher aufals Sauerstoff barriere-Schicht wendig: Verwendet man beiproduziert und verbraucht wer- spielsweise zu viele Weichmacher, den – das entspricht in etwa der sinkt die Barriereeigenschaft geFläche des Bodensees. Da liegt es genüber Wasserdampf und Sauauf der Hand, ein nachhaltiges erstoff – das Lebensmittel wäre Verpackungsmaterial zu entwi- nicht ausreichend geschützt. Am ckeln, das Ökonomie mit Ökolo- Ende haben die Freisinger aber gie verbindet. In dem EU-Projekt nicht nur die optimale Formu„Wheylayer“ nutzen Forscher Mol- lierung entwickelt, sondern auch keprotein statt petrochemisch ba- das entsprechende Verfahren, um sierter Kunststoffe, was auch ein im industriellen Maßstab wirtwirtschaftliches Verfahren ist, mit schaftlich Molkeproteinfilme auf dem sich Multifunktionsfolien in- Kunststofffolien aufzubringen dustriell herstellen lassen. und diese durch andere TechDie in der Molke natürlich nologien mit anderen Folien zu vorkommenden Inhaltsstoffe verbinden.
Fertigprodukte erfreuen sich einer wachsenden Beliebtheit. Geschützt werden die Lebensmittel meist durch Folien, die auf fossilen Rohstoffen basieren. Forscher haben jetzt ein Biomaterial aus Molkeprotein entwickelt.
F oto : F r a u nh o fer I VV
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Mit Molkeprotein beschichtete Folien verbessern die Barrierewirkung und die Nachhaltigkeit einer Verpackung.
Die in der Molke natürlich vorkommenden Inhaltsstoffe verlängern die Haltbarkeit von Lebensmitteln und die Molkeproteinschicht lässt sich biologisch abbauen.
Eine Weltneuheit So entstehen Mehrschichtstrukturen mit Barrierefunktionen, die in flexiblen, transparenten Lebensmittelverpackungen eingesetzt werden. „Am IVV haben wir erstmals einen solchen Mehrschichtaufbau im Rolle-zuRolle-Verfahren realisiert – eine Weltneuheit“, erklärt Schmid. Unternehmen, die künftig auf Molkeproteine umsteigen wollen, müssen ihre Anlagen nur geringfügig umrüsten. Das entsprechende Patent ist eingereicht. Die IVV-Forscher sind von der Zukunft der Molkeproteine als alternatives Verpackungsmaterial so überzeugt, dass sie ein eigenes Projekt initiiert haben, das einen
Schritt weiter geht: Denn laut einer Umfrage der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM) steigt nicht nur die Nachfrage nach Folienverbunden, sondern auch der Bedarf an Verbunden, die sich durch Wärme verformen lassen. Deren Volumen wird sich in Deutschland aufgrund der steigenden Nachfrage an Fertigprodukten in Schalen von 76.497 Tonnen im Jahr 2009 auf 93.158 Tonnen im Jahr 2014 erhöhen.
tein basierende Barriereschicht zu ersetzen. Auch diese alternative Anwendung schont die Ressourcen und verringert außerdem den Eintrag von Kohlendioxid in die Atmosphäre. Die Verbraucher freut es zu sehen, wie kontinuierlicher öffentlicher Druck zu Nachhaltigkeit und innovativer Kreativität beiträgt – neben kräftigen Fördermitteln aus Steuermitteln für die forschenden Gesellschaften oder Unternehmen. Gefragt am Ende der Kette ist dann jedoch wieder ein umweltbewusstes Es lohnt sich Die Wissenschaftler arbeiten mit Kaufverhalten der EndverbrauHochdruck daran, in thermoge- cher. (idw / rls) formten Verbunden die EVOHSchicht durch eine auf Molkepro-
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Kommt der „Russische Frühling“? W
inston Churchill tat den berühmten Ausspruch, „Russland ist ein Rätsel, das ein in ein Mysterium gehülltes Rätsel ist“, oder mit einem deutschen Sprichwort ausgedrückt: ein Buch mit sieben Sigeln. Die Quelle der Verwirrung über Russland liegt darin, dass Leute, die glücklich genug sind, an viel menschlicher regierten Orten zu leben, den offensichtlichen Widerstand des Landes gegenüber aufgeklärten Ideen – wie kritisches Denken, Menschenrechte, Kompetenz und Ehrlichkeit im öffentlichen Sektor sowie Demokratie – beinahe unmöglich begreifen können. Wie kann eine Gesellschaft, die das einfühlsame Genie von Anton Pawlowitsch Tschechow hervorbrachte, despotische Führer wie Vladimir Putin bis ins 21. Jahrhundert hinein tolerieren? Die Antwort liegt in Russlands fast unvorstellbar schrecklicher Geschichte. Russen sind immer als Sklaven des Staates oder einfach als schlichtes Kanonenfutter für ein militärisches oder politisches Unglück nach dem anderen behandelt worden. Die Geschichte der Erniedrigungen kommt zu einem Ende Aber möglicherweise – eben nur möglicherweise – wird jetzt die Geschichte von Erniedrigungen überwunden. Schließlich sind die Russen vielleicht jetzt bereit, darauf zu bestehen, vom Staat mit
Respekt und Würde behandelt zu werden. Seit der Erholung von der Finanzkrise von 1998 wuchs in Russland ständig die Spannung zwischen Wohlstand und sturer kindischer Politik. Hohe Ölpreise bedeuteten, dass es der russischen Wirtschaft relativ gut ging. Zum gleichen Zeitpunkt gaben die politischen Führer zu verstehen, dass das russische Volk von der Politik fernbleiben sollte. Größtenteils kamen die Russen dem nach. Aber eine Folge von Ereignissen hat in bedeutungsvoller öffentlicher Unruhe kulminiert. Vladimir Putin, ehemaliger Präsident, jetziger Premierminister und bald wieder (falls er das plant) Präsident, schaffte es recht leicht, die Verfassung in der Weise ändern zu lassen, dass die Amtszeit der Präsidentschaft von vier auf sechs Jahre ausgedehnt wurde. Die Russen haben sich auch mit einer in die Länge gezogenen Farce abzufinden, ob es Putin oder der aktuelle Präsident Dmitri Medwedew sein wird, der bei der Präsidentschaftswahl 2012 kandidieren wird. Viele Beobachter hofften, dass dies ein wirklicher politischer Kampf wäre, der aber in seinem Ausmaß beschränkt war. Jene Hoffnungen wurden im September vom verblüffenden Eingeständnis zerschlagen, dass Putin und Medwedew vereinbart hatten, dass Putin wieder Präsident werden würde. Russische Politik hat sich – zynisch ausgedrückt – einmal mehr als leeres politisches Theater entpuppt. Im Gefolge der Enthüllung, wie Putin die Russen vollständig
wiederholt den Slogan: „Wir existieren.“ Wie schockierend traurig und trotzdem verständlich (man bedenke, dies ist Russland), dass Leute öffentlich beteuern müssen: „Wir existieren.“
FOTO: NATALIA KOLESNIKOVA/AFP/GETTY IMAGES
Janet Keeping
Obgleich der Winter Russland in seinem eisernen Griff hält, kommt unweigerlich der Frühling, der Schnee und Eis schmelzen lässt.
genarrt hatte, wurden die Parlamentswahlen diesen Monat früher abgehalten. Dabei wurden Behauptungen von weit verbreiteten Betrügereien durch handfeste Beweise bestätigt. Aber statt der üblichen Resignation haben sich Zehntausende von Russen diesem Missbrauch widersetzt und gingen auf die Straße. Die Proteste fanden nicht nur in Moskau und St. Petersburg statt, sondern bezeichnenderweise auch in kleineren Städten im ganzen Land. Eine zentrale Forderung ist die Annullierung der parlamentarischen Wahlergebnisse. Da die Regierung nicht wie gefordert reagierte, haben am 24. Dezember
größere Proteste stattgefunden. Werden weitere Proteste stattfinden? Und wenn, werden konkrete Reformen folgen? Niemand weiß das, aber einiges in der Sprache der Protestierenden weist darauf hin, denn sie zeigt, dass die tieferen Botschaften der Modernität schließlich in einer beträchtlichen Anzahl von Russen Widerhall fanden. Zum Beispiel wurde von einem russischen Journalist berichtet, der am 10. Dezember gesagt haben soll, dass die Proteste „ein Beweis für die Existenz des Bürgertums und des Mittelstandes sind und dass dieses Land nicht verloren ist.“ Tatsächlich riefen einige Protestierende in Moskau
Wie schockierend traurig und trotzdem verständlich (man bedenke, dies ist Russland), dass Leute öffentlich beteuern müssen: „Wir existieren.“
„Leben wie Kröten und Ratten“ Alexey Navalny entwickelte sich im Verlauf des letzten Jahres zum charismatischen Oppositionsführer – obwohl einige glauben, dass er ein beunruhigender Nationalist sei. Er wurde kurzzeitig für einen geringfügigen Konflikt mit der Polizei inhaftiert und konnte deshalb nicht bei der Demonstration am 10. Dezember dabei sein. Aber über seinen Blog gab er Folgendes bekannt: „Die einzige Waffe, die Ihr braucht, ist Selbstachtung und diese ist die mächtigste … Sie ... überredeten uns für eine Zeit lang, dass der einzige Weg zu Stabilität und Wirtschaftswachstum darin bestehe, wie Kröten und Ratten zu leben, das Leben stummer Tiere zu führen.“ Aber: „Wir sind keine Tiere und wir sind keine Sklaven. Wir haben unsere Stimme und wir haben die Stärke, das geltend zu machen.“ Russen sind keine Kröten, keine Ratten und keine doofe Tiere. Sie sind Menschen mit Würde. Wenn genug Russen standhaft diese selbstverständliche Wahrheit ausdrücken, mag der russische Staat zum ersten Mal gezwungen sein, zu erkennen, dass er die Pflicht hat, ihnen zu dienen. Das wäre ein tiefgreifender erster Schritt zur Demokratie. Janet Keeping ist Anwältin und Vorsitzende der Sheldon Chumir Foundation für Ethik in der Menschenführung.
Neun Kommentare über die Kommunistische Partei Chinas
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Das Buch „Die Neun Kommentare“ trägt zur Auflösung der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) bei und verändert China. Die preisgekrönte Epoch Times-Serie beschreibt die wahre Geschichte und das Wesen der KPCh. Sie erscheint hier als Fortsetzungsbericht.
Kommentar Drei Fortsetzung Landesweit wurden mindestens zwanzig Millionen Bewohner ländlicher Gegenden zu Grundbesitzern, reichen Bauern, Reaktionären oder schlechten Elementen abgestempelt. Diese nunmehr aus der Gesellschaft Ausgestoßenen erlitten Diskriminierung, Erniedrigung und den Verlust aller Bürgerrechte. Nachdem die Landreformkampagne entlegene Regionen und die Dörfer der Minderheiten erreicht hatte, breitete sich ebenfalls die Organisationsstruktur der KPCh mit großer Geschwindigkeit aus. Parteikomitees auf Kreisebene und Parteivertretungen in den Dörfern verbreiteten sich in ganz China. Die Ortsgruppen waren das Sprachrohr zur Weitergabe der Instruktionen des Zentralkomitees der KPCh und standen an der Front des Klassenkampfes, indem
sie die Bauern dazu aufhetzten, sich gegen ihre Grundbesitzer zu erheben. Etwa 100.000 Grundbesitzer kamen während dieser Bewegung ums Leben. In manchen Regionen haben die KPCh und die Bauern ganze Familien von Grundbesitzern ohne Rücksicht auf Geschlecht und Alter getötet, um auf diese Weise die Grundbesitzerklasse vollständig auszurotten. Unterdessen startete die KPCh ihre erste Propagandawelle auf dem Land und verkündete, „der Vorsitzende Mao ist der großartige Retter des Volkes“ und „nur die Kommunistische Partei kann China retten“. Während der Landreform hat es die Politik mit Parolen wie „Ernte ohne zu arbeiten“, „Mit Gewalt und Zwang Vermögen erlangen“ oder „Tun, was man tun will“, ermöglicht, dass ein Teil der Bauern viele Vorteile erlangte. Es gab nicht wenige arme Bauern, die meinten, der Kommunistischen Partei für diese „Wohltat“ Dank zu schulden. Ohne zu zweifeln akzeptierten sie daher die Propaganda der KPCh, dass die Partei dem Volk diene.
BRIEFE AN DIE REDAKTION
Für die Bauern, die ein Stück Land erhalten hatten, waren die guten Tage von „Das Land den Bauern“ bald vorüber. Kaum zwei Jahre später zielte die KPCh mit einer Folge von Bewegungen auf die Bauern: „Gruppe gegenseitiger Hilfe“, „Kommune der unteren Stufe“, „Fortgeschrittene Kommune“ und „Volkskommune“. Mit einer Propaganda gleich wilden Trommelschlägen wurden die Bauern unter dem Vorwurf „Frauen mit gebundenen Füßen“ Jahr für Jahr angetrieben, den Sozialismus im Laufschritt zu verwirklichen. Indem Getreide, Wolle und Speiseöl einem staatlichen An- und Verkaufsmonopol unterstellt wurden, waren die wichtigsten Agrarprodukte vom Austausch auf dem Markt ausgeschlossen. Außerdem führte die KPCh ein System zur Einwohnererfassung ein, wodurch die Bauern daran gehindert wurden, zum Arbeiten oder Leben in die Städte zu gehen. Denjenigen, die ihren Wohnort in ländlichen Gebieten angemeldet hatten, war es nicht erlaubt, Getreide in staatlichen
Läden zu kaufen und ihre Kinder waren von der Schulbildung in den Städten ausgeschlossen. Kinder von Bauern konnten nur Bauern bleiben, wodurch 360 Millionen Menschen auf dem Land Anfang der Fünfzigerjahre zu Bürgern zweiter Klasse degradiert wurden. Ab 1978 wurde unter dem Motto „ein Teil der Bevölkerung kann zuerst reich werden“, anstelle des Systems der Volkskommunen, das „System der vertragsgebundenen Verantwortlichkeit auf der Basis der Haushalte“3 eingeführt. Aber das Einkommen und der soziale Status der 900 Millionen Bauern hatten sich nur in den ersten fünf Jahren ein wenig verbessert. Durch das drastische Ungleichgewicht der Preise zwischen den Agrar- und Industrieprodukten in den Folgejahren verfielen sie bald wieder in Armut. Die Einkommensschere zwischen der städtischen und ländlichen Bevölkerung klaffte noch weiter auseinander und die wirtschaftliche Kluft hatte sich vergrößert. Auf dem Land waren manche Menschen wieder zu Grundbesitzern
und wohlhabenden Bauern geworden. Daten der Xinhua Nachrichtenagentur, dem Sprachrohr der KPCh, zeigen, dass seit 1997 die Erträge der wichtigsten Getreideanbaugebiete und die Einkommen der meisten ländlichen Haushalte nicht zugenommen haben bzw. in einigen Fällen sogar zurückgegangen sind. Das heißt, der Gewinn der Bauern aus der Agrarproduktion hat nicht wirklich zugenommen. Das Verhältnis von städtischen zu ländlichen Einkommen hat sich von 1,8:1 in den 80er-Jahren auf 3,1:1 in der Gegenwart vergrößert. 3.2. Reform von Industrie und Handel – Die Beseitigung der kapitalistischen Klasse Eine andere Klasse, die die KPCh auslöschen wollte, war die nationale Bourgeoisie, die in den Städten und Gemeinden über das Kapital verfügte.
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Chin.: Jia Ting Chen Bao Zhi
Bitte senden Sie die Briefe an leserbriefe@epochtimes.de Epoch Times Europe GmbH, Kurfürstenstraße 79, 10787 Berlin Tel.: +49 (0) 30 / 263 95 312 / 13, Fax: +49 (0) 30 / 319 99 684
109.096.106 MENSCHEN haben mit dem Stichtag 7. Januar 2012 ihre Austrittserklärung auf der Webseite http://quitccp.org veröffentlicht.
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m 18. November 2004 veröffentlichte „The Epoch Times“ erstmals die Neun Kommentare über die Kommunistische Partei Chinas (KPCh). Darin werden die Geschichte und das Wesen der KPCh dokumentiert und analysiert. Seitdem erklären täglich rund 25.000 Chinesen ihren Austritt aus der KPCh, dem Kommunistischen Jugendverband und den Jungen Pionieren. Die per Telefon, Fax oder E-Mail erklärten Austritte werden von drei „Tuidang“ (Austritts-) Centern gesammelt und im Internet auf http://quitccp. org veröffentlicht.
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The Epoch Times Deutschland / 11. - 17. Januar 2012 / Nr. 298
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US-Pakistanische Allianz beeinträchtigt Richard Javad
Eine alte Partnerschaft Seit Jahrzehnten ist Pakistan die Basis für Amerikas strategische Pläne in Süd- und Zentralasien. Während des Kalten Kriegs konnte Islamabad der sowjetischen Expansionspolitik am stärksten entgegenwirken. In den 1980er-Jahren half Pakistans unablässige Zusammenarbeit den Amerikanern sehr, die Sowjets aus Afghanistan zu verdrängen. Aufgrund dieser engen strategischen Partnerschaft sah Amerika über Pakistans wachsendes Atomprogramm und A.Q. Khans Dummheiten auf dem ganzen Kontinent hinweg. Nach dem Kalten Krieg ließ Pakistans fortlaufende Schlüsselrolle in Amerikas regionalen Plänen keinerlei ernsthafte rhetorische oder diplomatische Kritik zu. Mit General Pervez Musharrafs militärischer Machtübernahme des Landes endete, zumindest vorläufig, ein Zeitalter der instabilen und korrupten Zivilpolitik. Musharraf vertrat eigentlich nur die Ausrichtung des pakistanischen politischen Systems: die unnachgiebige Vorherrschaft eines allgemein verehrten militärischen Establishments, das sich als Wächter des pakistanischen Staates sieht und sich hauptsächlich gegen Indiens Bestrebungen wendet, die als Expansionspolitik empfunden werden. Das Militär bleibt das Rückgrat des pakistanischen Staates und übt Einfluss auf alle wichtigen Regierungsorgane aus – hauptsächlich im Bereich von Außenpolitik und Innerer Sicherheit. Es erhält rund ein Viertel des Haushaltsbudgets und hat schon immer verhindert, dass Zivilpolitiker das politische System des Landes oder das Fundament der Außenpolitik verändern. Als der ehemalige Premierminister Nawaz Sharif daran dachte, die Beziehungen mit Indien zu normalisieren, wurde er durch einen Staatsstreich aus seinem Amt getrieben. Das Militär re-
Foto: ASIF HASSAN/AFP/Getty Images
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ährend die Vereinigten Staaten die unbeständige Situation in Afghanistan stabilisieren, im Irak langfristig strategisch präsent bleiben und Irans nukleare Ambitionen einschränken möchten, müssen sie sich allmählich auf eine gefährliche und folgenreiche Entfremdung ihres langfristigen strategischen Verbündeten Pakistan einstellen. Da die Unzufriedenheit in der pakistanischen politischen Elite und die Wut auf Amerika im Volk stark zunehmen, steht Washington kurz davor, einen weiteren lebenswichtigen Verbündeten zu verlieren. Nach einem Jahrzehnt entgegenkommender und untertäniger Partnerschaft, die auch mit einer weit verbreiteten Korruption und schweren Wirtschaftskrise verbunden war, könnte die pakistanische Führung das gleiche Schicksal ereilen wie andere gescheiterte pro-amerikanische Regierungen im Nahen Osten, von Irans Schah 1979 bis zu den arabischen Autokraten in Ägypten und Tunesien 2011. Aber Pakistan ist außerordentlich wichtig, nicht nur wegen seiner Größe, geopolitischen Lage und mächtigen Armee, sondern auch, weil es eines der stärksten Atomwaffenarsenale der Welt besitzt.
Nach der unabgesprochenen Gefangennahme von Osama Bin Laden auf pakistanischem Boden erhitzen sich die Gemüter vieler Pakistanis.
agierte auch schnell, als es seinen Botschafter in Washington, Husain Haqqani, ersetzte. Angeblich bereitete er einen Plan für einen von den Vereinigten Staaten unterstützten „Staatsstreich“ gegen das Establishment vor. Präsident Zardaris Pläne, die Wirtschaftsbeziehungen mit Indien zu verbessern, könnten ihm ein ähnliches Schicksal einbringen. Nach dem 11. September verbesserten sich die pakistanisch-amerikanischen Beziehungen wieder. Die dringenden strategischen Erfordernisse im Bereich von Sicherheit und Geheimdiensttätigkeit aufgrund des sogenannten Globalen Krieges gegen den Terror führten dazu, dass die Grundlage für eine weitere tiefgehende Zusammenarbeit geschaffen wurde. Am Anfang schienen beide Länder einen gemeinsamen Feind zu haben: fundamentalistische Bewegungen und extremistische Organisationen. Beide wurden von genau denselben „Freiheitskämpfern“ bedroht, die sie während der sowjetischen Besetzung Afghanistans finanziert und unterstützt hatten – vom Frankensteinmonster, das sie selbst erschaffen hatten. Doch genau deswegen kam es zu einigen Krisen, die Pakistan und sein Bündnis mit Amerika zunehmend belasten. Ein nützliches Bündnis Die Vereinigten Staaten und Pakistan haben sehr unterschiedliche strategische Interessen. Obwohl Washingtons Hauptinteresse darin besteht, die extremistischen Elemente in der Region zu beseitigen und ein stabiles, formbares und demokratisches Afghanistan zu schaffen, konzentrierte sich Islamabad darauf, ein Gegengewicht zu Indiens Aufstieg zu bilden. Pakistan ist bestrebt, weiterhin von seinem Bündnis mit den Vereinigten Staaten zu profitieren; es erhielt im letzten Jahrzehnt etwa 20 Milliarden USDollar an militärischer Hilfe und verstärkte seinen strategischen Einfluss in Afghanistan. Washington scheint dieses entscheidende Sicherheitsdilemma übersehen zu haben, das
von Anfang an durch Pakistans strategische Planung verursacht wurde. Die zugrunde liegende amerikanische Annahme ging davon aus, dass Pakistan mit Washingtons andauernder Hilfe und politischer Unterstützung zufrieden wäre, auch wenn der Kampf gegen extremistische Elemente ausgeweitet und teurer werden würde. Aber im Laufe der Jahre wurden die zugrunde liegenden Unterschiede unvermeidbar deutlich. Washington konnte Pakistans doppeltes Spiel nicht länger hinnehmen; denn einerseits sorgte es für die Ausbildung und Finanzierung der Taliban und anderer aufständischer Pashtun-Streitkräfte, während es andererseits Amerikas Ziele in Afghanistan unterstützte. Amerikas Gefühl, verraten worden zu sein, verstärkte sich noch, als entdeckt wurde, dass sein Feind Nummer eins, Osama bin Laden, seit Jahren in der Nähe von Pakistans Elitemilitärakademie gewohnt hatte. Nicht nur der Aufenthaltsort von Osama wurde nicht weitergeleitet; auch sein Leben verlief jahrelang unbeeinträchtigt, obwohl Amerika andauernd und verzweifelt versuchte, den Al Kaida-Chef endlich zu fassen. Es überrascht kaum, dass Washington annahm, dass das pakistanische Militär die ganze Zeit den schlimmsten Abtrünnigen der Welt sowie andere extremistische Gruppen schützte. Dieses Gefühl drückte sich stark in Admiral Mike Mullens flammenden Reden vor dem amerikanischen Senat aus, als er sagte, Pakistan nutze den „Extremismus als ein Instrument der Politik“ und das tödliche Haqqani-Netz sei „in Wirklichkeit ein Arm von Pakistans Inlandsgeheimdienst“. Die amerikanische Außenministerin Hillary Clinton drückte ebenfalls Washingtons tiefes Gefühl der Empörung aus und warnte Islamabad, dass „niemand in irgendeiner Weise daran zweifeln sollte, dass dies so nicht weitergehen dürfe, ohne einen sehr hohen Preis dafür zu bezahlen“. Es verwundert daher nicht, dass Präsident Obama den Befehl
zu Osamas Tötung gab, ohne seine pakistanischen Kollegen auch nur zu informieren. Aber Amerikas einseitige Aktion auf pakistanischem Boden, die eine klare Übertretung der Souveränität dieses Landes darstellte, empörte verständlicherweise das pakistanische Establishment. Seitdem haben sich die bilateralen Beziehungen schnell verschlechtert. Größere geopolitische Veränderungen In den letzten Jahren verbesserte sich das Verhältnis zwischen Teheran und Islamabad zunehmend, was sich in einer steigenden Zahl von bilateralen Vereinbarungen und diplomatischen Beziehungen auf höchster Ebene ausdrückte.
Seit Jahrzehnten ist Pakistan die Basis für Amerikas strategische Pläne in Südund Zentralasien. Während des Kalten Kriegs konnte Islamabad der sowjetischen Expansionspolitik am stärksten entgegenwirken.
Pakistan verstärkte seine wirtschaftliche Zusammenarbeit mit dem Iran deutlich, und zwar hauptsächlich im Energiesektor. Die vorgeschlagene IPI-Pipeline, die durch Pakistan führt, könnte Irans Position auf den asiatischen Gas- und Energiemärkten enorm stärken. Auf diese Weise könnte Teheran seinen Einfluss in Zentral- und Südasien weiter ausweiten und gleichzeitig die Auswirkungen von Sanktionen
auf die zunehmend schlechter werdende wirtschaftliche Situation des Landes mildern. Trotz des enormen amerikanischen Widerstands hat sich Pakistan dafür entschieden, daran festzuhalten und sogar den Bau seines Teils der IPI-Pipeline zu beschleunigen, die bis 2014 in Betrieb genommen werden soll. Iran könnte jährlich etwa drei Milliarden US-Dollar verdienen, während Pakistan imstande wäre, seinen wachsenden Energiebedarf zu decken. Iran und Pakistan haben ein strategisches Interesse daran, die durchlässigen Grenzen in den unruhigen Gebieten von Belutschistan zu stabilisieren. Denn von dort aus werden aufständische und separatistische Bewegungen in beiden Ländern organisiert. Vor Kurzem konnten die beiden Länder das Zero-PointHandelszentrum im instabilen Taftangebiet des Chagai-Bezirks wieder eröffnen. Sie versuchen damit, die Spannungen an den Grenzen zu verringern und die Wirtschaft zu beleben. Für Pakistans wachsende Wirtschaft erwies sich der Iran auch als ein wichtiger Lieferant von Elektrizität, Energie und sogar ausländischer Hilfe in Krisenzeiten wie der Überschwemmung, als Teile Pakistans verwüstet wurden. Die wachsende amerikanische Umarmung Indiens als ein aufkommendes wirtschaftliches und politisches Machtzentrum verärgerte auch die pakistanischen Behörden. Da sich Amerika zunehmend von wirtschaftlichen Betrachtungen leiten lässt, konnte Islamabad eine qualitative Verbesserung der indisch-amerikanischen Beziehungen erkennen. Außer dem Verkauf amerikanischer Militärausrüstung und der Aussicht auf Hilfe bei der zivilen Nutzung der Kernenergie für Indien unterstütz Präsident Obama auch deutlich die Bitte Neu Dehlis um einen dauerhaften Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Dies verärgerte viele amerikanische Partner in Pakistan, die Indiens wachsenden Einfluss in Afghanistan bereits mit beträchtlicher Besorgnis
beobachteten. Die Amerikaner engagieren sich in Afghanistan nur aus nationalen Gründen. Das Bündnis des Landes mit den Vereinigten Staaten sorgte für beträchtlichen Widerstand beim Volk, der sich aufgrund der immer tödlicheren amerikanischen Drohnen-Angriffe in stark bevölkerten Gebieten noch verstärkt hat. Diese Drohnen-Operationen nahmen unter Obama exponential zu. Die letzte Umfrage des Pew-Instituts ergab, dass nur zwölf Prozent der Pakistaner eine positive Haltung zu Amerika haben. Damit zählt das Land zu den am stärksten antiamerikanisch eingestellten Nationen der Welt. Kürzlich hielten Pakistaner riesige Versammlungen in Lahore und Peshawar ab, in denen sie die Tötung von 24 pakistanischen Soldaten durch NATOStreitkräfte verurteilten und die Unterstützung der Öffentlichkeit für das pakistanische Militär ausdrückten. Etwa 67 Prozent der Pakistaner halten die Vereinigten Staaten für Pakistans „größten Feind“. Es ist auch nicht überraschend, dass das Regime in Islamabad wachsenden Unruhen im Inland gegenübersteht. Harte Zeiten Mit den pakistanischen Taliban und anderen fundamentalistischen Organisationen, die die Anzahl ihrer Operationen gegen militärische und zivile Einrichtungen steigern, wird Pakistan zunehmend von extremistischer Gewalt erschüttert. Am beunruhigendsten ist die Tatsache, dass extremistische Kräfte dazu ermutigt werden könnten, Pakistans Kernwaffenarsenal zu übernehmen. Das Land rutscht in einen chaotischen Zustand ab und einige Analytiker sprechen schon von einem möglicherweise gescheiterten Staat. Das Land kämpft gleichzeitig gegen politische Instabilität, Serien von Bombenanschlägen, Wirtschaftskrise und beispiellose Naturkatastrophen. Schließlich könnte sich das relativ intakte, stabile und fähige pakistanische Militär dafür entscheiden, einzuschreiten und in einem formellen Staatsstreich die Regierung zu übernehmen. In Anbetracht der tiefsitzenden strategischen Ängste Amerikas in dieser Region ist seine andauernde Entfremdung von Pakistan ein gefährlicher Schlag für seine Interessen. Eine weitere Verschlechterung könnte das Ende des Bündnisses bedeuten. Pakistan könnte sich schließlich China, Iran und Russland zuwenden, wenn es meint, seine Partnerschaft mit Washington könne seinen nationalen Interessen schaden. Tatsächlich kann Islamabad bereits darauf wetten, die Vollmitgliedschaft in der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit zu erhalten, die allgemein als asiatisches Gegenstück zur NATO gilt. Wenn sich nicht gerade entscheidende Dinge ändern, könnte Washington in einer sehr unruhigen und hoch strategischen Region leicht einen mächtigen Verbündeten verlieren. Amerikas nächste Schritte können darüber entscheiden, ob es Washington schafft, das zerfallende Bündnis zu retten. Richard Javad Heydarian ist Mitwirkender bei Foreign Policy In Focus und Analytiker auswärtiger Angelegenheiten mit Wohnsitz in Manila.
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FEUILLETON
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Die Geschichte eines tibetischen Tenors Pamela Tsai
N
ew York – Tenor Yuan Qu aus Tibet begeistert nicht nur das Publikum bei Shen Yun-Aufführungen. Carlo Bergonzi, einer der bedeutendsten italienischen Operntenöre prophezeite dem Sänger: „Du wirst hoch aufsteigen!“ Aber trotz seines Talents benötigte der Tenor über zwei Jahrzehnte, um seinen Platz zu finden. Sein tibetischer Name ist Tashi Dorje und bedeutet übersetzt „glückverheißende Vajra“ oder „Buddhas Beschützer“. Aber da er während der Kulturrevolution geboren wurde und 31 Jahre lang unter der chinesischen kommunistischen Herrschaft leben musste, war sein Leben alles andere als Glück verheißend.
Entwurzelung: Von Tibet nach Peking Im Jahr 1975 wurde der neunjährige Yuan Qu zusammen mit über 500 anderen tibetischen Kindern, die von chinesischen Beamten ausgewählt wurden, nach Peking zur zwangsweisen systematischen „Umerziehung“ verschickt. „In den Jahren, als ich in Peking war, durfte ich keinen Brief an meine Eltern schreiben oder mit ihnen telefonieren“, erzählte er. Es
war für ihn als Neunjährigen sehr hart, von seinen Eltern und seiner Kultur entfernt zu sein und mit dem Zug und Bus über Zehntausende Kilometer transportiert zu werden. Der junge Yuan Qu wurde in Peking in die Schule geschickt und lebte bei einer Pflegefamilie. „Wir durften kein Tibetisch sprechen. Sie sagten, wir sollten die tibetische Kultur vergessen. Sie meinten, unsere tibetische Religion und Kultur sei abergläubisch und nutzlos.“
Einst wurde er mit Gewalt von seiner Familie und seiner Kultur getrennt, heute hat Yuan Qu als Solist in der von Exilchinesen begründeten Kulturgala „Shen Yun“ seine künstlerische Heimat gefunden.
„O sole Mio“ und die Entstehung eines Wunsches Eines Tages hörte Yuan Qu zufällig eine Kassette von Pavarotti. Dies war ein seltener Glücksfall. Diese Kassette stammte aus der privaten Sammlung eines Lehrers, der während Maos „Anti-Rechtsbewegung“ verfolgt worden war. Diese Musik wurde während der Kulturrevolution als „schlechter Einfluss vom kapitalistischen Westen“ diffamiert. Der Klang von Pavarottis „O Sole Mio“ traf den neunjährigen tibetischen Jungen wie ein Blitzschlag und entzündete in ihm ein Feuer der Liebe zu dieser Musik. „Ich war sofort ergriffen. Diese Kassette spielte eine entscheidende Rolle in meinem Leben“, so Yuan Qu rückblickend. Er musste nach Abschluss der Schule Medizin studieren. Wiederholt appellierte er an die chinesischen kommunistischen Behörden, dass er sein Studium wechseln wolle. Die Parteikader bestraften ihn, weil er nicht zufrieden war mit dem Schicksal, das von der Partei arrangiert wurde. Nachdem er promoviert hatte, wurde er in eine abgelegene Landschaft in Tibet delegiert.
Enttäuschende Gesangskarriere in China Pavarottis „O Sole Mio“ tönte weiter in Yuan Qus Kopf. „Ich will singen – kennen Sie jemanden, der mich als Sänger ausbilden würde?“ Mithilfe einiger Patienten konnte Yuan Qu endlich seinen Arztposten verlassen und seiner Liebe zur Musik nachgehen. Er sang beim Kunstensemble Chamdo in Osttibet vor und wurde aufgenommen. Später wurde er zum Studium am chinesischen Musikkonservatorium zugelassen und fünf Jahre im Fach Oper ausgebildet. Er wollte Opern singen, doch die Partei billigte diese Kunstform nicht. „Sie sind ein Tibeter und sollten tibetische Volksmusik singen. Hören Sie auf,
FOTO: THE EPOCH TIMES
Tenor Yuan Qu aus Tibet musste viele Hindernisse überwinden, bis er endlich das tun durfte, wovon er schon immer träumte: Belcanto singen!
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er Form nach ist „The Nightingales“ eine musikalische Komödie. Denn in welchem anderen Rahmen ließe sich die in diesem Stück angelegte Tragik besser verdeutlichen und ertragen? Knüppeldick kommt es für das Ehepaar Beatrice (Naemi Priegel) und Charles (Jasper Vogt). Nach einem bewegten Leben auf den Brettern, die die Welt bedeuten, setzt sich in ihnen immer stärker die Erkenntnis durch, aus dem einstigen Scheinwerferlicht ins Rentenabseits geraten zu sein. Und da ein Unglück selten allein kommt, ist ihnen ihre Liebe zeitgleich abhandengekommen ... Eine explosive Konstellation Und auch auf Respekt und Zuneigung ihres Sohnes Jack (Leon van Leeuwenberg) können sie nicht zählen, bei dem sie sich für die Dauer des Stückes unangemeldet einquartiert haben. Denn schon sind sie wieder da, die alten Wunden, die das frühere familiäre Miteinander
Stimmungsvolle Songs Der größte Trumpf jedoch ist die Musik, mit der Quilter die Nachkriegszeit wieder aufleben lässt. Ohrwürmer von Noel Coward, Cole Porter, George Gershwin und vielen anderen, die – kaum haben sie in der Erinnerung der Showbizz-Profis auf der Bühne Gestalt angenommen – sogleich am Flügel musikalisch ins Leben zurückgerufen werden. Denn singen können sie alle. Bis auf den Butler Graham (Thomas Pohn), der jedoch mit seinem ausgleichenden Wesen und seiner feinen englischen Art über andere
Fähigkeiten und Vorzüge verfügt und so in einer Atmosphäre der überdrehten Exaltiertheit den ruhenden Pol bildet. Niemand kann erahnen, zu welchen Verrücktheiten es ohne seinen moderaten Einsatz noch kommen würde. Insgesamt eine herzerwärmende Inszenierung von Horst Johanning, spritzig und witzig und doch mit Tiefgang. Ein Glanzstück des Boulevards.
Edoardo Costadura ist neuer Lehrstuhlinhaber für Romanische Literaturwissenschaft an der Universität Jena.
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einen Eltern war es sehr wichtig, dass ihre Kinder „ Europa von früh auf kennenlernen“, sagt Prof. Dr. Edoardo Costadura. Und so zog der gebürtige Italiener seit frühester Jugend beständig um: Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg – und dies in permanentem Wechsel bis in die Gegenwart. Diese hat nun den Europäer an die Friedrich-Schiller-Universität Jena geführt, wo er gerade zum Lehrstuhlinhaber für Romanische Literaturwissenschaft (Französisch und Italienisch) ernannt worden ist.
turwissenschaftler auch in seine Jenaer Tätigkeit einbringen, denn Costadura arbeitet gerne vergleichend. Bereits in seiner Promotion, die er 1995 in Paris beendete, analysierte er die gegenläufigen Modelle des französischen und italienischen Neoklassizismus nach dem Ersten Weltkrieg. Auch seine 2002 in Jena beendete Habilitation über den „Edelmann am Schreibpult“ ist vergleichend angelegt. Darin untersucht er das Selbstverständnis adliger Literaten zwischen Renaissance und Revolution, um dem Typus des „literarischen Dilettanten“ auf die Spur zu kommen.
Adlige Autoren unter der Lupe „Die Aristokraten sind Autoren, die sich zwangsläufig als Dilettanten verstehen“, sagt der Ein Forscher, Wissenschaftler mit deutlicher Sympathie. Sie hatten einen freider Vergleiche liebt Und diese Weltoffenheit wird eren Zugang zum Schreiben als der heute 49-jährige Litera- hauptberufliche Literaten, nicht
i „The Nightingales“ sind noch bis zum 19. Februar, täglich außer montags, im „contra kreis theater“ in Bonn zu sehen. www.contra-kreis-theater.de
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Bernd und Cecilie Kregel
der Nightingales verursacht hat. Und neue kommen hinzu. Dabei kämpft Junggeselle Jack gleich noch an anderer Beziehungsfront: Denn als Pianist im Showbusiness kann und will er die ihm von seiner Gesangskollegin Maggie (Elisabeth Ebner) entgegengebrachten Gefühle nicht erwidern. So traurig kann Leben sein. Es sei denn, es würde gewürzt mit einer Prise Humor sowie einem Schuss unerwarteter Situationskomik. Doch Peter Quilter wäre nicht einer der meistgespielten jungen Autoren der Welt, hätte er nicht noch weitere Überraschungseffekte in sein Stück eingebaut. Und die beruhen auf dem charmanten Milieu der englischen Metropole London in der Mitte des letzten Jahrhunderts, wie sie sich in den Kostümen (Anja Saafan), der Dekorationsmalerei (Manfred Dimon) bis in die Choreografie (Elke Berges) des Stückes hinein zeigt.
Hoffnung auf ein neues China Der Tenor glaubt, dass Shen Yun der beste Ort für ihn und seine Stimme sei. „Hier kümmert sich keiner um die eigene Selbstbestätigung oder um persönlichen Ruhm und Gewinn. Jeder bemüht sich mit ganzem Herzen, sein Bestes für das Publikum zu geben.“ Yuan Qu meint, dass das „Beste“, was das Publikum erlebt, mit Worten nicht beschrieben werden kann. „Ganz gleich wo und wann, es gibt viele Menschen, die von Shen Yun zu Tränen gerührt werden.“ Yuan Qu ist optimistisch: Er glaubt, dass er in nicht allzu ferner Zukunft mit Shen Yun auf Tournee durch China gehen und auch in seinem Heimatland singen wird. Er vertraut darauf, dass sich seine tiefe Liebe für das tibetische Volk und die dortige Kultur erfüllen wird.
Ein italienischer Europäer mit einer Vorliebe für Dilettanten
Familienkrach am Flügel Dass die Zeit doch keine Wunden heilt, zeigt Autor Peter Quilter mit seinem Stück „The Nightingales“, das derzeit im Bonner „contra kreis theater“ seine Uraufführung erlebt.
so entartete Kunst wie Belcanto und Opern gut zu finden“, drohten die Kommunisten. Sie haben über alle Kunst- und Kulturorganisationen in China die Kontrolle. Mithilfe von einem tibetischen Freund in Großbritannien konnte Yuan Qu im Jahr 1997 China verlassen, um in der Folge am 34. Internationalen Gesangswettbewerb Francisco Viñas im spanischen Barcelona teilzunehmen. Ab 2003 trat er regelmäßig bei Konzerten in der Arena di Verona in Italien auf. Diese Arena hat Platz für mehr als 15.000 Zuhörer und gab Yuan Qu das Gefühl von Zuhause. „Dort zu singen, ist wie in der unermesslichen Weite des tibetischen Plateaus entlang des Himalaya“, schwärmt der Tenor.
Professor Dr. Edoardo Costadura, neuer RomanistikProfessor der Universität Jena.
zuletzt, weil der Codex ihres Standes es ihnen untersagte, als Berufsschriftsteller aufzutreten. „Denn als Adliger durfte man sich nicht mit Tinte beschmutzen“, erklärt Prof. Costadura. Zu ihrem Ende kommt diese Geschichte mit François-René de Chateaubriand (1768-1848), der als letzter schreibender Edelmann gelten darf. Zugleich war er der erste Aristokrat, der eine institutionalisierte Autorenrolle übernehmen musste. Dem französischen Romantiker will sich der Literaturwissenschaftler in Jena weiterhin widmen. An der textkritischen Edition von Chateaubriands Memoiren arbeitet Costadura bereits. Nun will er die Wirkung der italienischen Literatur auf sein Werk analysieren. Der französisch-italienische Kulturtransfer im Zeitalter der Romantik gehört ebenso zu Costaduras Forschungsschwerpunkten wie literarisches Übersetzen oder die französische und italienische Lyrik des 20. Jahrhunderts. Auf die Arbeit mit den Jenaer Studenten freut sich Costadura besonders, denn die Lehre ist für ihn „genauso komplex und herausfordernd wie die Forschung“. Auch wenn er bei der Vielfalt der romanischen Literatur in fast 1.000 Jahren, die er in Jena abdeckt, selbst immer wieder auf Neues treffen dürfte, so ist dem sympathischen Europäer doch nichts an eigenem Dilettantismus gelegen. (idw / rf)
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König, Poet, Musiker, Feldherr Friedrich den Großen zu seinem 300. Geburtstag ein Jahr lang in Berlin und Potsdam mit Ausstellungen und Veranstaltungen zu feiern, geschieht das nur, um Touristen anzulocken?
Das Flötenkonzert Friedrichs des Großen in Sanssouci malte Adolph Menzel 1852; Öl auf Leinwand, 142 × 205 cm; Alte Nationalgalerie, Berlin
Die Ausstellung für ihn zu seinem 300. Geburtstag wird ja im Neuen Palais stattfinden. Das Neue Palais ist verglichen mit Sanssouci, wo er normalerweise wohnte, wenn er in Potsdam war, ein riesiger Kasten und ist bewusst von ihm nach diesem Siebenjährigen Krieg so groß konzipiert worden, weil er unterstreichen wollte: ‚Wir sind keineswegs am Ende, wir leisten uns jetzt ein großes Schloss.‘ Man sieht, dass Friedrich – übrigens schon von Jugend an – dazu neigte, den Ruhm, die Glorie, für erstrebenswert
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ir fragten den Historiker und Publizisten Professor Arnulf Baring. Sehr gegenwartsbezogen antwortete Arnulf Baring, dass es wohl einerseits das Motiv gäbe, dass man sich heutzutage angesichts der etwas kümmerlichen Ausstattung mit Politikern nach Zeiten zurücksehnt, in denen offenbar eindrucksvollere Persönlichkeiten das Leben und das Schicksal der Staaten bestimmt haben. Ein anderes Motiv sei, sozusagen in der Vergangenheit nach Orientierungspunkten zu suchen, wie man damals Probleme bewältigt hat. Das hat man schon durch die Namensgebung andeuten wollen. Sie heißt nämlich „Friederisiko“ – denn, so Baring, „er war ein Mensch, der enorme Risiken eingegangen ist, nicht nur militärisch, sondern der ganze Staat hat ja im Grunde genommen in der Gefahr gestanden, untergebuttert zu werden; von Russland, Österreich und Frankreich gleichzeitig umzingelt zu sein. Dem hatte das kleine Preußen mit seinen vier Millionen Einwohnern gar nichts entgegenzusetzen. Dass er dann gewonnen hat im Siebenjährigen Krieg (1756–1763), das grenzt an ein Wunder und wurde natürlich seinen ungewöhnlichen Fähigkeiten als Feldherr zugeschrieben. Aber Risiken ist er auch in anderer Weise eingegangen.
„Pflicht eines jeden guten Bürgers ist es, dem Vaterland zu dienen. Ich habe mich bemüht, diese Pflicht nach meinen schwachen Kräften und Einsichten zu erfüllen.“
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Friedrich II. von Preußen
Friedrichs Reiterstandbild von C.D. Rauch steht Unter den Linden
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zu halten. Und man muss sich schon wundern, dass wir 300 Jahre später immer noch von ihm reden, von dieser Ruhmsucht, aber auch von den Erfolgen. Es ist ihm gelungen, einen Platz in den Geschichtsbüchern zu bekommen, aber auch zu halten.“ Epoch Times: Er war also nicht nur ein Showstar, sondern er füllte seine Versprechen mit Qualität? Prof. Arnulf Baring: Er war ein vielseitig begabter Mensch, man hat ja von ihm gesagt, dass er, wenn er nicht König geworden wäre, auch ein bedeutender philosophischer Kopf oder auch ein Musiker von Graden hätte sein können. Er ist wahrscheinlich der am vielseitigsten Begabte aller Hohenzollern gewesen. Das ist schon bemerkenswert, zumal wenn man bedenkt, dass er fast ruiniert worden ist durch den besorgten Vater, den Soldatenkönig, – weil dieser die ganzen schöngeistigen Neigungen seines Sohnes nicht billigte – der dieses arme Kind durch körperliche Züchtigungen und auch öffentliche Beleidigungen und Bloßstellungen sehr schwer beschädigt hat. Epoch Times: Trotzdem wurde aus ihm ein sehr engagierter König.
Baring: Es ist tatsächlich erstaunlich, was dieser Mensch aus sich gemacht hat, und das Verblüffende ist, dass er am Ende dem, was sein Vater von ihm erwartet hat, trotz all dieser Umstände und Widerstände, treu geblieben ist. Er hat sogar die Aufgabe, die der Vater ihm übertragen hatte, mit großer Bravour gelöst, nämlich Preußen aufgrund der finanziellen und militärischen Ressourcen, die ihm sein Vater hinterlassen hatte, zu einer Großmacht zu machen. Epoch Times: Es gibt überraschend viel Literatur zu Friedrich in diesen Monaten, gibt es Überraschungen für Sie? Baring: Bei Jürgen Luh kann man anhand der privaten Ausgabenbücher lesen, was Friedrichs Neigungen waren: Seine Lust auf Süßigkeiten, auch auf sehr viel Kaffee und auch auf Kirschen. Die waren seine Leidenschaft. Dieses alles hat man ja früher nicht beachtet, insofern bekommt man jetzt ein sehr viel detaillierteres Bild – auch von seinen Reisegewohnheiten. Er ist ja in einem unglaublichen Umfang unterwegs gewesen. Er kannte auch die Leute, ließ sich von ihnen ansprechen, auch von den Kindern, wenn er über Land fuhr. Man muss,
glaube ich, überhaupt angesichts seiner Person sagen, dass man damals nicht die Monarchie für das Eigentliche hielt, sondern den König. Man arbeitete für den König von Preußen. Übrigens war es üblich, dass sich während der Schlachten alle duzten, auch mit dem König. Danach kehrte man wieder zum Sie zurück. Was ich nicht wusste, war sein auffälliges Verhalten als junger Mann, dass er sogar mit roten Hosen auf Bällen auftrat. Unser Bild von ihm ist ja sehr geprägt vom Alten Fritz, dem verhärmten, kleinen krummen Menschen. Er war aber während langer Zeiten in seinem Leben eine sehr ansehnliche, wenn auch kleine Person. Er war ja gerade mal 1,56 Meter groß, sein Vater war noch kleiner, 1,51 Meter, aber er war ein bedeutender Geist und in seinen Widersprüchen auch ein bemerkenswerter Mensch. Epoch Times: Nach der Wende hatte ich das Gefühl, dass viele westliche Besucher in der Mark Brandenburg nach 1989 eine Art Übersprung über das 20. Jahrhundert gemacht haben in die Zeit der preußischen Monarchie, um so etwas wie ein historisches Heimatgefühl zu finden. Baring: Ja, eindeutig. Das meine ich auch, dass die Deutschen ganz gut daran tun, weil sie keine einfache, sondern auch umstrittene Geschichte haben, wir sind uns ja auch über keines unserer großen historischen Themen einig. Epoch Times: Was sagt uns Friedrich der Große heute? Ich bin der erste Diener meines Staates? Baring: Der Vater von ihm sagte ja noch: „Ich bin Gottes Amtmann auf Erden.“ Das ist eine etwas andere Strukturierung der ganzen Problematik. Ich glaube, dass Friedrich eine sehr eindrucksvolle Figur ist und sehr modern. Das ist mir erst in diesen Monaten aufgegangen, wie er sich schon als Junge diesen Gedanken der Selbstverwirklichung als ein Programm erstellt hat. Und er hat große Fähigkeiten entwickelt, um das propagandistisch unter die Leute zu bringen; das war lange vor dem Medienzeitalter. Epoch Times: Herr Professor Baring, herzlichen Dank für das Gespräch. Das Gespräch führte Renate Lilge-Stodieck
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Kann Materie schneller als Licht sein? Unter bestimmten Bedingungen ist es anscheinend möglich, mit Lichtgeschwindigkeit und noch schneller zu reisen. Ein anschauliches Gedankenexperiment beschreibt ein Szenario, bei dem Menschen in einer Rakete, ohne es zu merken, die „Lichtmauer“ durchbrechen. George Bushell
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as Licht bewegt sich mit einer festen Geschwindigkeit von fast 300.000 Kilometern pro Sekunde. Nach Einsteins Modell der Allgemeinen Relativitätstheorie ist es für Materie nicht möglich, diese Geschwindigkeit zu überschreiten. Laut seiner Theorie würde sich bei dieser Geschwindigkeit Materie in Energie umwandeln. Im September 2012 hat ein internationales Team von Wissenschaftlern jedoch eine Studie veröffentlicht, die zeigt, dass subatomare Partikel theoretisch doch schneller als mit Lichtgeschwindigkeit fliegen könnten und nicht in Energie umgewandelt würden. Messungen, die über einen Zeitraum von drei Jahren aufgezeichnet wurden, zeigen, dass Neutrinos, die von CERN (Der Europäischen Organisation für Kernforschung) nahe Genf nach Gran Sasso in Italien gepumpt wurden, 60 Nanosekunden (60 milliardstel Sekunden) schneller ankamen, als Licht für diesen Weg gebraucht hätte. Ein anschließender Test, der im November veröffentlicht wurde, bestätigte diese Entdeckung. Dr. Pandian vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie schrieb bereits im Jahr 2002: „Es gibt nichts, was Objekte, zwischen denen sehr große Distanzen liegen, davon abhalten könnte, sich relativ zueinander schneller als mit Lichtgeschwindigkeit zu bewegen.“ Weil Neutrinos eine solch winzige Masse besitzen, fliegen manche Neutrinos „relativ“ weit entfernt von anderer Materie (das heißt, ohne von anderen Schwerefeldern beeinflusst zu werden), was sie in die Lage versetzen würde, sich schneller als mit Lichtgeschwindigkeit zu bewegen. Lassen Sie uns ein Gedankenexperiment durchführen, bei dem
Neuen Erkenntnissen zufolge können sich Körper schneller als mit Lichtgeschwindigkeit bewegen, wenn sie fern vom Einfluss durch fremde Schwerefelder sind.
eine Raumfahrermannschaft in eine Rakete mit einem kleinen Raum ohne Fenster gesetzt wird. Lassen Sie uns weiter annehmen, nachdem die Anziehungskraft überwunden ist, würde die Rakete von der Erde aus in einer geraden Linie wegfliegen mit einer Beschleunigung, die dem Gravitationsfeld an der Oberfläche der Erde gleicht. Nachdem das Schwerefeld der Erde verlassen wurde, nimmt die Beschleunigung einen Wert von 9,81 m/s² an, um die Schwerkraft der Erde im Raumschiff zu simulieren. Der Boden der Rakete würde gleichbleibend in Richtung Erde zeigen, sodass die Insassen das Gefühl hätten, sie würden sich immer noch in einem Gebäude auf der Erde befinden. Nach 353 Tagen würde sich die Rakete der Lichtgeschwindigkeit nähern, aber die Zellen in den Körpern der Menschen würden nichts davon bemerken. Alle ihre Moleküle und Atome hätten ein Gefühl, als wenn sie auf der Erde wären, denn der Effekt der Gravi-
tation hätte sich überhaupt nicht geändert. In einem fensterlosen Raum würden die Astronauten nicht bemerken, dass das Sonnenlicht rötlich geworden und eventuell verschwunden ist, weil die Rakete sich mit einer Geschwindigkeit von der Sonne entfernt, die schneller ist als das Licht. Dann wäre das Licht der Sonne nicht mehr in der Lage, die Rakete zu erreichen. Einige Tage später würde die Rakete sich mit einer Geschwindigkeit bewegen, die bereits viel schneller ist als die Lichtgeschwindigkeit – relativ zur Anfangsgeschwindigkeit; und wie Dr. Chou und Kollegen vor Kurzem in einem Artikel im Journal Science erwähnten, würden die Astronauten auch nicht langsamer altern. Sie hatten festgestellt, dass der Alterungsprozess und die Geschwindigkeit von Uhren nur von Änderungen der Gravitation beeinflusst werden und nicht einfach von Änderungen der Geschwindigkeit. Natürlich würden beim Vorbeiflug der Rakete an einem na-
hen kosmischen Objekt dessen Anziehungskräfte nicht erlauben, dass sie die Lichtgeschwindigkeit erreicht, weil sich die Moleküle und Atome der Leute an Bord in Energie umwandeln würden. (In solch einem Fall würde die Rakete nie die Lichtgeschwindigkeit erreichen, weil die Anziehungskräfte viel mehr Energie erfordern würden als zur Verfügung steht.) Lassen Sie uns nun annehmen, die Rakete würde sich um 180 Grad drehen und beginnen, mit 9,81 m/s² zu bremsen. Der Boden der Rakete würde jetzt entgegengesetzt zu Erde gerichtet sein und es würde sich immer noch so anfühlen, als ob man auf der Erde stünde. Nach weiteren 353 Tagen würde das Raumschiff auf null Kilometer pro Stunde abgebremst sein – relativ zur Geschwindigkeit der Erde. Es würde wieder beschleunigen und auf der Hälfte der Flugzeit drehen und bremsen, bis die Crew nach 1.420 Tagen wieder zurück auf der Erde ist. Niemand an Bord hätte irgendwelche Gravitationseffekte
während der Reise empfunden (auch keine Zentrifugalkräfte). Die Lebensbedingungen, hätten sich nicht von denen auf der Erde unterschieden, außer dass die Crew für vier Jahre innerhalb der Kabine eingeschlossen gewesen war. Im Widerspruch zu den vorhergesagten relativistischen Effekten, die bei diesen hohen Geschwindigkeiten auftreten sollten, gibt es anscheinend keinen Grund, warum die Rakete nicht die Lichtgeschwindigkeit überschreiten kann, ohne Einfluss auf den Alterungsprozess der Insassen zu haben und ohne riesige Energien dafür zu verbrauchen. Sicher würde das beschriebene Experiment eine riesige Menge Treibstoff benötigen und wir würden Menschen nie auf solch eine Reise schicken. Aber ein einfacheres Experiment könnte vielleicht funktionieren. Vielleicht könnte man eine kleine Atomuhr und einen Sender unter geringer Beschleunigung in das All schicken. Der relative Abstand zu anderen kosmischen Objekten wäre viel
größer als in dem erwähnten hypothetischen Experiment, was nötig ist, wenn sich ein Objekt fast mit Lichtgeschwindigkeit oder schneller bewegt. Während sich die Uhr von der Erde entfernt, würde die auf der Erde empfangene Zeit (durch den Doppler-Effekt) langsamer und langsamer werden. Wenn die Rakete schließlich relativ zu Erde die Lichtgeschwindigkeit und mehr erreicht, würden wir kein Signal mehr empfangen. Angenommen, die Rakete wäre so programmiert, wieder zu bremsen und angenommen, sie und die Uhr würden das Experiment überstehen, könnten wir auf der Erde wieder das Signal empfangen, weil die Rakete wieder die Lichtgeschwindigkeit (relativ zur Erde) unterschreiten würde. Wenn allerdings keine Signale mehr ankommen (oder die Signale nie ganz verschwinden), könnte man möglicherweise daraus schließen, dass das Reisen mit Lichtgeschwindigkeit oder noch schneller tatsächlich nicht möglich ist.
Biotech-Violine trat erfolgreich gegen Stradivari an Für den Bau guter Saiteninstrumente müssen Hölzer oft jahrelang wachsen und lagern. Nun ist es gelungen mithilfe von Pilzen die mikroskopische Struktur des Holzes zu beeinflussen, was die Klangeigenschaften sehr verbessert.
Ginger Chan
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eigenliebhaber frohlocken bereits: Schon in naher Zukunft könnten sie bereits Besitzer einer eigenen
Fungus-Violine sein, eines Instrumentes mit einem MillionenDollar-Klang, das aber sicher keine Millionen kosten wird. Obwohl „Fungus-Violine“ nicht so von der Zunge geht wie „Stradivari”, zeigte ein Sound-Test, der 2009 vor einer Zuhörerschaft von Experten durchgeführt wurde, dass die Klangqualität einer Violine, die aus einem mit einem Pilz behandelten Holz hergestellt wurde, mit einer Geige wetteifern konnte, die aus den Händen des legendären italienischen Geigenbaumeisters Antonio Stradivari stammte. Die Technologie wurde von Francis Schwarze, Wissenschaftler der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt
Das Holz wurde mit dem Weißfäulnispilz Physisporinus vitreus behandelt, der bestimmte Strukturen im Fichtenholz zerstört, wodurch ein Holz mit sehr guter Tonqualität entsteht. : TO FO
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Strukturen im Fichtenholz zerstört, wodurch ein Material mit hervorragender Tonqualität ent(EMPA), mithilfe des Schweizer steht. Geigenbauers Michael RhonheiBevor aber Musiker die Biotech-Violine in den Händen halmer entwickelt. Francis Schwarze behandelte ten dürfen, müssen die Forscher Holz mit dem Weißfäule-Pilz Phy- den Herstellungsprozess des mit sisporinus vitreus, der bestimmte Pilzen behandelten Holzes für
eine industrielle Produktion standardisieren. Das Projekt erhält Unterstützung: „Mithilfe moderner Wissenschaften die technischen Details von Materialeigenschaften zu beschreiben, finde ich ziemlich interessant“, sagt Walter Fischli, Mitbegründer des biomedizini-
schen Unternehmens Actelion und Hobbygeiger, in einer Pressenachricht. Fischlis Stiftung fördert das Projekt „Pilz-Violinen“. „Meiner Meinung nach wäre es unverzeihlich, ein solch interessantes Projekt – das auf so ideale Weise Geigenbau und Wissenschaft verbindet – wegen Geldmangel eingehen zu lassen“, sagt er. Mit der nun möglichen Unterstützung durch moderne Wissenschaften wird das aus interdisziplinären Spezialisten bestehende Team Daten über die akustische Beschaffenheit verschiedener Holzsorten sammeln und innerhalb der nächsten drei Jahre Methoden entwickeln, um die Aktivität von Pilzen zu messen.
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Tauben sortieren und rechnen wie Primaten Tauben können zählen, sortieren, benutzen Werkzeuge, sind Meister der Orientierung, haben ein episodisches Gedächtnis und die meisten mögen es beim Spielen Risiken einzugehen. Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass die Wissenschaft bisher die Fähigkeiten dieser Vögel stark unterschätzt hat. Neueste Forschungsergebnisse setzen ihre Fähigkeiten mit denen von Primaten gleich, obwohl die Gehirne völlig anders aufgebaut sind.
„Zweifellos hat der intellektuelle Status von Tauben innerhalb der letzten zwei Dekaden markant zugenommen. Unsere Resultate weisen darauf hin, dass zumindest bezüglich der Fähigkeit zu zählen, Tauben mit Primaten gleichziehen.“
Stephanie Lam Foto: annamartha/pixelio
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rieftauben sind berühmt für ihren guten Orientierungssinn. Selbst wenn die Strecke Hunderte von Kilometern beträgt, finden sie ihren Weg nach Hause. Vergangene Studien haben gezeigt, dass sich Tauben – wenn sie aus unbekannten Regionen nach Hause fliegen – auf „Duftkarten“ verlassen. Eine Studie, die im Journal für Experimentelle Biologie veröffentlicht wurde, liefert Belege, dass sie sich beim Navigieren besser mit dem rechten als mit dem linken Nasenloch orientieren können. Die Forscher folgten 31 Brieftauben mithilfe von GPS. Manchen der Tauben wurde das linke und manchen das rechte Nasenloch verstopft. Die Vögel wurden außerhalb von Pisa aufgezogen und mehr als 40 Kilometer entfernt freigelassen. Laut der Studie stoppten Tauben mit verstopftem rechten Nasenloch auf ihrem Weg nach Hause öfter und erforschten die Rastplätze länger. „Wir nehmen an, dass diese Vögel deswegen öfter halten mussten, um zusätzliche Informationen über ihre Umgebung zu erhalten, weil sie sich nicht mit ihrem Geruchssinn orientieren konnten“, sagte Dr. Anna Gagliardo in einer Pressenachricht. Dieses Verhalten zeigt nicht nur,
Neue Forschungen ergaben, dass Tauben in der Lage sind zu zählen.
dass eine Asymmetrie in der Wahrnehmung und der Verarbeitung von Düften zwischen dem linken und rechen Geruchssystem existiert; es zeigt auch, dass die rechte Nase anscheinend eine wichtige Rolle bei der Verarbeitung von Geruchsinformationen spielt, die nützlich für die Navigation sind. Wie die Navigation über die rechte Nasenöffnung funktioniert, ist genauso unklar, wie die Asymmetrie bei der Verarbeitung von Gerüchen im Gehirn. Es scheint aber, dass Tauben Gerüche aus der Umgebung ihres Taubenschlags speichern und diese nutzen, um aus fernen Regionen nach Hause zu fliegen. Tauben können wie die Affen Zahlen sortieren Zahlen in aufsteigender Reihenfolge zu sortieren, war bis dato eine kognitive Leistung, die einzig Menschen und Primaten zugeschrieben wurde. Laut einer neuen Studie jedoch sollen Tauben ebenfalls dazu in der Lage sein, bestimmte Rechenregeln zu erlernen.
Auf Grundlage des Protokolls einer zentralen Studie der Columbia Universität von 1998, bei der die Psychologen Elizabeth Brannon und Herbert Terrace die Fähigkeit, das Konzept der Ordinalzahlen zu verstehen, bei Rhesusaffen testeten, konnte Forscher von der Universität von Otago in Neuseeland herausfinden, dass Tauben ebenfalls dazu in der Lage sind. Damian Scarf, Harlene Hayne und Michael Colombo trainierten Tauben darauf, Bilder auf Basis der Anzahl der im Bild dargestellten Elemente zu ordnen. Den Vögeln wurden Dutzende von Bilderreihen gezeigt, von denen jede aus drei Bildern bestand, die eine, zwei oder drei Formen beinhalteten. Immer dann, wenn die Bilder in der richtigen aufsteigenden Reihenfolge sortiert wurden, gab es eine Belohnung. Um festzustellen, ob Tauben sich einfach nur Muster merken oder ob sie etwa die Rechenregeln lernen und dieses Wissen dann anwenden, zeigte das Team den Tau-
Das Verhalten der Tauben, bei zugeklebtem rechten Nasenloch zusätzliche Informationen zur Orientierung zu sammeln, zeigt, dass die rechte Seite der Nase anscheinend eine wichtige Rolle für die Navigation spielt.
ben unterschiedliche Bilderpaare mit bis zu neun Elementen. Ungeachtet dessen, ob die Anzahl der Elemente bekannt war (eins bis drei) oder unbekannt (vier bis neun), sortierten die Tauben die Bilder in der richtigen Reihenfolge mit einer Trefferquote, die deutlich größer war als eine durch Zufall verursachte. „Obwohl es offensichtlich ein langer Weg für den Menschen war, bis er zählen konnte“, betonte Hauptautor Scarf in einer Pressenachricht, „zeigt sich, dass Tiere mit einer dem Menschen sehr unähnlichen Gehirnstruktur in der Lage sind, komplexe mathematische Aufgaben, von denen angenommen wurde, dass nur Menschen dazu in der Lage seien, ebenfalls zu lösen.“ „Die Ergebnisse der aktuellen Experimente sind Teil eines wachsenden Forschungsfeldes, das zeigt, dass Vögel über eine Vielzahl von Fähigkeiten verfügen, die früher nur Primaten zugetraut wurden“, wird in dem Bericht weiter erwähnt.
Tauben haben einen Hang zum Spielen Tauben spielen? Zumindest behauptet das ein Wissenschaftler von der Universität von Kentucky in einer Studie, die 2010 veröffentlicht wurde. Laut der Pressenachricht dieser Universität nehmen Tauben ebenso wie Menschen Risiken auf sich, um Preise zu gewinnen. Der Psychologe Thomas Zentall von der Universität von Kentucky arbeitet seit 35 Jahren mit Tauben. Er leitete eine Untersuchung an den Vögeln, um ihre Vorliebe zum Spielen zu testen. Wenn eine Taube nach links pickte, blinkte ein grünes oder ein rotes Licht. Beim roten Licht wurde sie nach zehn Sekunden mit zehn Pressfutter-Pellets belohnt, aber beim grünen Licht gab es nichts. Im Durchschnitt ergab das zwei Pellets pro Versuch. Wenn eine Taube zur rechten Seite pickte, erschien entweder ein blaues oder ein gelbes Licht. Nach beiden Blinksignalen gab es jeweils drei Pellets. „Man könnte denken, dass die Vögel nur die rechte Seite wählten, was aber nicht der Fall war“, sagte Zentall in der Pressenachricht. Laut der Studie wählten die Vögel „zuverlässig die linke Seite“ in der Hoffnung, zehn Pellets zu erhalten, obwohl es wahrscheinlicher war, keine Pellets zu bekommen. Es gab aber, wie bei uns Menschen, manche, die es vorzogen nicht zu spielen. Zentall verglich das Spielverhalten von Tauben mit Lotterien und Spielcasinos, bemerkte aber, dass einige Tauben dieses Verhalten nicht zeigten. „Es ist effizienter, nicht zu spielen und die Wahrscheinlichkeit zu gewinnen ist klein, aber Tauben handeln so wie wir Menschen“, sagte er. Er bemerkte auch, dass es weniger wahrscheinlich ist, dass Vögel spielen, wenn sie schon einmal „Spieler“ waren.
Bis dato waren nur selbstreinigende Fasern bekannt, die zur „Wäsche“ ultraviolettes Licht benötigen. Einer neuen Studie zufolge funktioniert dieser Vorgang bei einer speziellen Beschichtung aus TitaniumDioxid und Stickstoff auch mit Sonnenlicht. David Skoumbourdis
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leidung, die sich selbst reinigt und desinfiziert, ist bereits Realität geworden. Von chinesischen Forschern wurde ein Gewebe entwickelt, aus dem Flecken beseitigt und in dem Bakterien abgetötet werden,
wenn es normalem Sonnenlicht ausgesetzt wird. Die selbstreinigenden Eigenschaften des Gewebes resultieren aus einer Beschichtung mit Nanopartikeln, die sich aus Titanium-Dioxid und Stickstoff zusammensetzen. Titanium-Dioxid ist ein weißes Material, das auch in Produkten wie weißer Farbe, Sonnencreme und bestimmten Nahrungsmitteln Verwendung findet. Titanium-Dioxid ist bekannt für seine Eigenschaft, unter bestimmtem Licht Schmutz abzubauen und Mikroben abzutöten und wird bereits bei Produkten wie selbstreinigenden Fenstern, Böden und Fliesen sowie bei sich selbst desinfizierenden Socken verwendet. Die Forscher Mince Long von der Hubei-Universität für Nationalitäten in China und Deyong
Wu von der Jiao Tong-Universität in Shanghai, gaben bekannt, dass in der Vergangenheit bereits selbstreinigende Baumwollgewebe entwickelt wurden, die sich aber nur unter ultraviolettem Licht reinigen konnten. Das neu entwickelte Gewebe reagiert aber auf direktes Sonnenlicht; das bedeutet, dass sich Wäsche einfach durch das Aufhängen an der Wäscheleine selbst reinigen kann. Bei Bekanntgabe ihrer Studie demonstrierten Long und Wu, wie aus Gewebe, das mit Nanopartikeln beschichtet war, unter Sonnenlicht Orangeadeflecken beseitigt wurden. Außerdem blieb die Beschichtung auch nach dem Waschen und Trocknen intakt. Die Ergebnisse der Studie wurden online im amerikanischen Journal der Chemie-Wissenschaft Applied Materials and Interfaces veröffentlicht.
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Beschichtetes Baumwollgewebe reinigt sich selbst
Eine neu entwickelte Faser mit einer Beschichtung aus Nanopartikeln, die Titaniumoxid und Stickstoff enthalten, reinigt sich unter Sonnenlicht selbst.
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MENSCHEN & MEINUNGEN
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Lasst es mehr als nur einen Traum sein Zehn Kinder kommen aus dem „Arts Performance Center“ (APC) in Tsumeb, im Norden Namibias. Das Projekt der Schweizerin Lis Hidber gibt seit 1993 Straßenkindern und Aids-Waisen eine Perspektive durch umfassende musikalische Ausbildung. Rund 100 Schüler besuchen derzeit das APC. Frau Berker würde gerne noch mehr APC-Kindern eine Teilnahme an der Musikwoche ermöglichen. Doch es fehlt am Geld für Unterkunft und Verpflegung.
Einmal im Jahr veranstaltet eine deutschgeprägte Kleinstadt in Namibia ein ungewöhnliches und engagiertes Festival: Die Swakopmunder Musikwoche. Rosemarie Frühauf
Und die Deutschen organisieren das Ganze ... Christiane Berker leitet die Musikwoche, die mittlerweile von einer Art Verein getragen wird. Die große, graugelockte Dame mit Basecap und MusikwochenShirt strahlt stets Gelassenheit aus. Egal, ob im Kabelsalat ihres improvisierten Büros aus Laptops, dass sich in einem leer stehenden Klassenzimmer ausbreitet, oder im mehrsprachigen Dialog (englisch, deutsch, afrikaans) mit ihren Helfern. Traditionell findet das Treffen kurz vor Weihnachten statt, denn dann sind hier Sommerferien. Die Räume der Namib Primary School sehen etwas abgenutzt aus. Ein Zettel an der Tür ermahnt die Lehrer, ihren Schülern Vorbild zu sein. Frau Berker stolperte als Helferin geradewegs in die Festivalleitung – unter anderem wegen ihres Organisationstalents. Die 52-jährige Diplomp-Pychologin arbeitet sonst im HIV/AIDS-Bereich. Nun bringt sie die Anliegen von rund 250 Personen unter einen Hut: Teilnehmer und Dozenten aus Swakopmund, Südafrika, Deutschland und den USA. Schwarz und Weiß, Alt und Jung musizieren hier gemeinsam unter dem Motto „Der Weg ist das Ziel“. Für eine kleine Gebühr kann sich jeder anmelden. Nur Instrumente und Notenständer muss man selbst mitbringen. Am Ende geben Orchester, Chor und Bigband mit Spannung erwartete Konzerte. Denn Orchestermusik ist im dünn besiedelten Wüstenstaat Namibia fast nie zu hören. Was ein Stadtrundgang erzählt Warum das Festival ausgerechnet hier stattfindet, klärt ein Gang ins Museum von Swakopmund. Als die Deutschen hier landeten, brachten sie neben ihrer Technik und Infrastruktur auch ihre Kultur mit, die ihnen Halt und Identität gab. Zum historischen Hausrat gehörte unverzichtbar ein Klavier. Und neben Uniformen, Handfeuerwaffen, ausgestopften Zebras und Erdmännchen prangt im Museum eine Urkunde, mit der der Deutsche Sängerbund in den 70er-Jahren dem Gesangsverein Swakopmund zum 75-jährigen Bestehen gratulierte.
FOTOS: ROSEMARIE FRÜHAUF
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m Südwesten des afrikanischen Kontinents, am Rand der sengenden Namibwüste, wo antarktische Ströme den Atlantik und starke Winde die Luft kühlen, liegt Swakopmund. Das Küstenstädtchen wurde 1892 von Deutschen gegründet, als Namibia die Kolonie „Deutsch-Südwestafrika“ war. Den Höhepunkt seiner Berühmtheit erreichte es 2006 – als Brad Pitt und Angelina Jolie hier ein halbes Jahr verbrachten. Von der evangelischen Kirchengemeinde gegründet, verbindet die Musikwoche seit 46 Jahren Menschen über ethnische und kulturelle Grenzen hinweg. Und zumindest für ein paar Tage überbrückt sie eine horrende soziale Kluft. Von 9. bis 18. Dezember 2011 fand sie wieder statt und war so erfolgreich wie noch nie.
Hier dabei zu sein, ist alles, finden nicht nur die ChorKinder aus Namibia und Deutschland, sondern auch Dirigent René Giessen.
Heute hängen weihnachtliche Drahtbilder aus LED-Schnüren an den Straßenlaternen, mit Tannenzweigen, Rentieren, Robben und Delphinen. Swakopmund erinnert mit seinen kunterbunten Ladenschildern an eine amerikanische Kleinstadt. Alles ist zubetoniert, sonst stünde man auf staubigem Wüstenboden. Rund 30.000 Einwohner hat das Städtchen und jeder kennt jeden. Zumindest im jeweiligen Umfeld. Und so betreiben „Uschi und Diane“ ein Immobilienbüro unter ihren Vornamen. Der namibische Staat hingegen hat die deutsche Ordnungsliebe übernommen: Offiziell gibt es in Swakopmund keine Obdachlosen. Wer sich bei den Behörden meldet, bekommt auch ohne Einkommen eine Adresse am Stadtrand zugewiesen, in einer Straße mit Straßenlaternen, fließendem Wasser und Toiletten. Rund 6.000 schwarze Menschen wohnen dort derzeit in selbstgebauten Hütten in der Wüste. Das große Abschlusskonzert Der beschauliche Stadtkern Swakopmunds ist am Abend des Abschlusskonzerts wie ausgestorben. Die Deutschen strömen zum Konzert in die Schulaula, die auch „Bank Windhoek Kultur Aula“ heißt. Ein Veranstaltungsort für alle Fälle – mit dem Charme einer Turnhalle mit Nadelfilzboden. Ein Publikum, wie man es von hiesigen Kulturveranstaltungen gewöhnt ist, nur familiärer, enthusiastischer. Für 50 Namibia-Dollar, sprich fünf Euro, kann man heute Namibias einzigem Orchester lauschen. Etwas Brahms, etwas Borodin und „My heart will go on“ auf zwanzig Querflöten. Alle 460 Plätze sind belegt, es gibt sogar eine Warteliste. Das Ergebnis der achttägigen Probenarbeit stellt sich als sensationell heraus und die Freude des vielfarbigen Orchesters ist einfach ansteckend. Auch die professionellen Dozenten sind überaus entspannt und beglückwünschen sich herzlich, denn Konkurrenz gibt es hier nicht.
Zwei kleine Geigerinnen zeigen: Alles, was man braucht, um einander nahe zu sein, ist ein gemeinsames Ziel ...
Alexander Fokkens ist seit Jahren musikalischer Chef der Musikwoche. Der freischaffende Dirigent und Kontrabassist aus Kapstadt lobt besonders die Arbeit, die sein US-amerikanischer Kollege Steven Meier mit der Bigband geleistet hat. Es war Meiers Musikwochen-Debut und Fokkens attestiert ihm: „Heute Abend hat es hier das erste Mal geswingt!“ Sogar „O Fortuna“ klappt Hans-Jochen Stiefel vom Karlsruher Helmholtz-Gymnasium sah auf der Probe aus wie ein Radsportprofi, wenn er den Chor, in der Überzahl weiße Seniorinnen, zu Höchstleistungen anspornte. Nun dirigiert er von einem Podest aus, weil Chor und Orchester gar nicht gemeinsam auf die Bühne passen. Nur mit Unterstützung des ansässigen Mascato Coastal Youth Choir wurde die Aufführung von fünf Stücken aus Carmina Burana möglich. Der Verlag Schott stellte das Notenmaterial kostenlos zur Verfügung, welches unerschwinglich gewesen wäre. Was beim Open Air drei Tage zuvor nach viel Mut klang, hat sich in ernstzunehmenden Orff verwandelt. Alle packen an, um das Stück zu stemmen. Die Dozenten mischen sich unter das Orchester. Fokkens, eben noch Dirigent von zwei saftig-schwungvollen Ungarischen Tänzen, schlägt beim „O Fortuna“ die große Trommel. Und nicht nur die Mitwirkenden, auch das Publikum jubelt. Ein Glücksfall für Namibia Marcellinus Swartbooi, der mitgesungen hat, bringt es auf den Punkt: „Diese Musik kennen wir nur aus Filmen! Dass wir sie jetzt selbst spielen, ist das Größte!“ Und der junge Komponist fügt hinzu, wie gut es Deutschland doch mit den ganzen Profichören habe: „Wenn ich meinen musikalischen Gedanken mal uneingeschränkt freien Lauf lasse, sagt mein Chor mir, das ist zu schwer, das können wir nicht singen.“ Weil er als einheimischer Musiker keine Weiterbildungschancen hat und ständig ausgebremst
Mit ihrem großen Engagement versuchen die Swakopmunder, die Mängel des Namibischen Bildungssystems zu kompensieren, in dem Musikunterricht praktisch nicht stattfindet.
Entwicklungschancen und Grenzen „Die Musikwoche hat in den letzen zwei Jahren einen Schub bekommen und wir müssen uns Gedanken machen, wo wir eigentlich hinwollen, denn wir haben nun endgültig die kleine, überschaubare Laienveranstaltung hinter uns gelassen, die wir noch vor fünf Jahren waren“, sagt Frau Berker. Mit der steigenden Professionalisierung wächst auch das verführerische Potenzial, die ganze Sache etwas zu kommerzialisieren. Vielleicht könnte die Musikwoche als Event auch touristisch interessant werden? Namibia ist derzeit hauptsächlich ein SafariReiseziel. Aus diesem Gedanken heraus ist das Namibia Tourism Board zum ersten Mal Sponsor der Musikwoche geworden. Seine Zielsetzung ist, den Tourismus zu nutzen, um die Lebensbedingungen der einheimischen Bevölkerung zu verbessern – genau das macht auch die Musikwoche. Aber wie die Veranstaltung vergrößert werden kann, die die größte Bühne des Städtchens bereits zum Bersten bringt und für dessen Teilnehmer verschiedene Hotels Unterkünfte zur Verfügung stellen, ist eine spannende Frage.
wird, war er schon kurz davor, die Musik ganz aufzugeben. Nach dem Musikwochen-Workshop mit dem deutschen Komponisten und Dirigenten René Giessen, weiß er aber wieder, dass er mit seinen Visionen nicht allein ist. „Ich bin ein ganz neuer Mensch geworden!“, sagt Swartbooi. „Bisher dachte ich immer, dass ich verrückt bin. Aber Der Traum René sagte mir: Verrücktsein ist ei- vom Wüstenkonzert Wie wäre es mit einem Open-Airgentlich normal.“ Event an spektakulärem Ort? Zum Beispiel in der „Mondlandschaft“, Die Sorgen der schwarzen den jahrmillionenalten FelsformaTalente Auch Engelhardt Unaeb hat als tionen der Namibwüste? Der engagierte Vollblutmusiker Solist mitgesungen. Der rastalockige Bariton, dessen Kopfstimme René Giessen hat einige kreative in kraftvollen Alt umbricht, ist als Ideen, die den Swakopmundern Sänger und Komponist ein Lokal- Publicity und Geld bringen könnstar. Gerade wurde er als erster Na- ten. Dies soll vor allem den Kindern, mibier ausgewählt, um im Rahmen denen er Harmonika spielen beigedes Projekts „S.O.U.L.“ (Singers of bracht hat, zugutekommen. GiesUnited Lands) Botschafter des afri- sens Vision ist es, mit Leihinstrukanischen Kontinents zu sein. Mit menten und freiwilligen Dozenten drei anderen Sängern wird er ein ein soziales Musikprojekt ähnlich halbes Jahr durch die USA touren des Jugendsinfonieorchesters von und dort das authentische Liedgut Venezuela aufzubauen. Mit ein seiner Heimat in Workshops und paar prominenten Unterstützern Konzerten vorstellen. aus Deutschland müsste das doch „Wie er lebt, ist unvorstellbar“, realisierbar sein ... meint Christiane Berker. „Ein kleines Zimmer, in dem das Keyboard Am nächsten Morgen müssen die Hälfte des Raums einnimmt. alle früh raus Eigentlich müsste eine Persönlich- Trotz allgemeiner Partystimmung keit wie er von staatlicher Seite ge- zerstreuen sich Musiker und Pufördert werden“, sagt sie. Weil das blikum nach dem Schlussapplaus aber nicht passiert, hätten die Swa- schnell. Kein Wunder, denn eine kopmunder für seine Reise Geld ge- handverlesene Truppe soll morgen sammelt: „Wir hoffen, dass er im früh schon um sieben mit René Ausland neue Impulse bekommt, Giessen zu einem „Wüstensoundaber uns hier erhalten bleibt.“ check“ aufbrechen. Abends werden Für die Musikwoche hat Engel- sie dann das Abschlusskonzert noch hardt, wie ihn alle liebevoll nennen, einmal wiederholen und ausgiebig ein Kindermusical geschrieben. feiern. Beim Gehen entschuldigt sich „Desert Express“ beschreibt den Traum eines kleinen Jungen, der noch der Lichttechniker bei Frau von den Tieren der Wüste lernt, an Berker, denn während Franz Ledas Wohl anderer zu denken. Er hars „Ballsirenenwalzer“ waren auf sieht, wie im Streit um das knappe einmal die Bühnenspots aus- und Wasser ein Elefant mit Pauken und die Notbeleuchtung angegangen. Trompeten beinahe einen Löwen Aber so ein kurzer Stromengpass, tottrampelt. fügt er hinzu, tritt eigentlich bei jeDie Geschichte von Tangelis der Großveranstaltung auf. Frau Berker lächelt gelassen wie Traum wurde mit Kinderchor, Geigenanfängern und Engelhardt immer: „An dieser Leitung hängen als Erzähler unter großem Beifall – wir, das Hotel, zwei Restaurants und Lampenfieber aller Beteiligten und der Weihnachtsmarkt … Ja, – uraufgeführt. das ist Afrika!“
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Kleiner Drachenbeutel aus Taiwan Seite 19
Mode eines großen Grenzgängers Das Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe präsentiert mit „Alexander McQueen. Inspirations“ den Mode-Kosmos eines der einflussreichsten Designer.
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as Metropolitan Museum of Art ehrte den britischen Ausnahmedesigner im Frühsommer 2011 mit einer dreimonatigen Ausstellung. Unter dem Namen „Savage Beauty“ zeigte man dort ungefähr 100 Ensembles und 70 Accessoires von Alexander McQueen. Es wurde eine der erfolgreichsten Schauen in der Geschichte des Museums. Fans seiner Mode setzen sich seitdem dafür ein, dass sie als Wanderausstellung weitergeführt wird. Das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg zieht nach und zeigt nun eine kleine, aber feine Auswahl seines Schaffens. Rund 30 verschiedene Modelle von Alexander McQueen (1969-2010) werden mit Entwürfen anderer Designer, historischer Mode und anderen Medien gegenübergestellt, um die Inspirationsquellen des Modekünstlers zu erforschen. Sie entstanden für sein eigenes Label und für das französische Haute Couture-Haus Givenchy, wo er von 1996 bis 2001 Chefdesigner gewesen war. Alexander McQueen arbeitete einerseits sehr in der Tradition der klassischen Schneiderkunst (seine Ausbildung machte er in der berühmten Londoner Savile Row), andererseits überspannte er Mode vom zweckmäßigen Bekleidungsstück hin zu einem Medium der Kunst, mit dem er komplizierte Gefühle und Ideen transportierte und erlangte dadurch Kultstatus. Meist kreierte er Abendmode, die auf fantastische Weise historische Schnitte und Silhouetten mit dem modernen Lebensgefühl verband. Seine Kleider wirkten deshalb immer zutiefst romantisch, auch wenn er seine Modenschauen mit spektakulären Schockeffekten inszenierte. Aber auch Herrenkollektionen, in die er seine handwerkliche Meisterschaft, genauso wie seine Visionen legte, gehörten zu seinem Schaffen. McQueens Karriere dauerte nur 19 Jahre, er nahm sich im Februar 2010 das Leben. Damals arbeitete er gerade an einer Kollektion, deren fertige Outfits wenige Wochen später in einem Pariser Stadtpalast unter dem inoffziellen Titel „Angels & Demons“ gezeigt wurden. Für die anwesenden Redakteure war es wiederum hart, sich die Schau anzusehen, weil die Kollektion unverkennbar das Leben nach dem Tod thematisierte: Altarbilder und Engelsdarstellungen spielen die Hauptrolle, Gold, Silber und aufwendige Stickereien knüpfen stilistisch an die Drucke nach Renaissancegemälden an. Das Kleid, an dem Alexander McQueen angeblich als Letztes gearbeitet hatte, hat einen Saum mit goldenen Federn. Das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg hat drei der dort gezeigten Modelle angekauft und widmet ihnen in der Ausstellung besondere Aufmerksamkeit. Die virtuose Bearbeitung von Bildvorlagen zu Mustern, die sich am Ende mit dem Schnitt perfekt ergänzen, war ein Markenzeichen von Alexander McQueen. (rf)
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i „Alexander McQueen. Inspirations“ ist noch bis zum 6. Mai 2012 im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg zu sehen. Öffnungszeiten: Di - So 11 - 18 Uhr, Do 11 - 21 Uhr. www.mkg-hamburg.de
Fitness
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Prof. Thomas Angeli mit dem Weltraum-Trainingsgerät.
Fit für den Mars Neues Trainingsgerät für Weltraumaufenthalte wurde beim Mars-500Experiment ausführlich getestet.
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sychischer Druck und soziale Spannungen sind ernste Gefahren für lange Weltraumreisen, daher testet man schon auf der Erde, wie sich Isolation und Eintönigkeit auf verschiedene Personen auswirken. Ein wichtiger Teil des Tagesablaufs ist ein maßgeschneidertes Trainingsprogramm. An der TU Wien wurde daher – in Kooperation mit Sportwissenschaftlerinnen und Sportwissenschaftlern der Universität Wien und Biomedizinerinnen aus Moskau – ein Trainingsgerät entwickelt, das beim Mars-500-Experiment nun ausführlich getestet wurde.
Stärkere Kräfte durch besseres Training „Trainingsgeräte für Weltraumaufenthalte gibt es schon lange, doch die bisher verfügbaren Geräte können Muskelund Knochenschwund nicht vollständig aufhalten“, erklärt Professor Thomas Angeli vom Institut für Konstruktionswissenschaften und Technische Logistik der TU Wien. Nach dem aktuellen Stand der Sportwissenschaft und aufgrund von Erfahrungen aus bisherigen Projekten wurde daher nun ein neues Gerät entwickelt. Es soll beim Training ausreichend hohe Reize setzen, um dem Abbau von Muskeln und Knochen in der Schwerelosigkeit erfolgreich entgegenzuwirken. Möglich ist das durch einen kleinen Elektromotor. Kräfte einfach über
„Unser Krafttraining soll möglichst effizient und zeitsparend sein – schließlich ist die Zeit von Weltraumreisenden wertvoll.“
Gegengewichte aufzubringen, wie das bei den meisten Fitnessgeräten üblich ist, wäre in der Schwerelosigkeit freilich unmöglich. Training und Diagnose Mit unterschiedlichen Übungen können verschiedene Muskelpartien trainiert werden. „Unser Krafttraining soll möglichst effizient und zeitsparend sein – schließlich ist die Zeit von Weltraumreisenden wertvoll“, meint Roman Talla (TU Wien). Das Gerät wird nicht nur zum Training, sondern auch zur Diagnose eingesetzt: Mit unterschiedlichen Messungen kann der Zustand und der Kraftverlauf bestimmter Muskelgruppen beobachtet werden. Auch für Rehabilitation einsetzbar Ob das Gerät tatsächlich demnächst im Weltraum verwendet werden wird, steht noch nicht fest. „Wir würden uns natürlich wünschen, dass unsere Entwicklung auch der Besatzung der Raumstation ISS zugutekommt“, meint Thomas Angeli, „doch die Verhandlungen sind noch nicht abgeschlossen.“ In jedem Fall können ähnliche Geräte aber für Reha-Patientinnen und -patienten Vorteile bringen: Wer lange Zeit im Bett verbringen muss, leidet ebenfalls unter Muskel- und Knochenschwund – Komapatienten noch drastischer als Weltraumreisende im All. (idw / mcd)
Gesundheit
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Lehren über ein langes Leben von einem 256-Jährigen Christine Lin
Seine Liebe für den Wolfsbeerentee gilt als eine seiner gesunden Lebensgewohnheiten, die Li Qing Yun ein langes Leben beschert haben.
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Nachforschungen Dan Buettner ist ein Erforschet der Langlebigkeit und Autor vom Buch „ Die blauen Zonen: Lektionen für ein längeres Leben. Erkenntnisse über Menschen, die am längsten lebten“ (englischer Originaltitel: „The Blue Zones: Lessons for Living Longer From the People Who´ve Lived the Longest“). In seinem Buch und in einem Auftritt auf der amerikanischen Konferenz für Technologie, Unterhaltung und Design (TED talk*) im Jahr 2009 berichtet er über die Lebensweisen von vier verschie-
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m ein besonders langes Leben zu erreichen, hatte der Chinese Li Qing Yun seine eigenen Methoden. Nach aktuellen Forschungsergebnissen decken sich viele der Lebensgewohnheiten von Li Qing Yun in vielen Punkten mit den Lebensgewohnheiten heutiger Menschen in hohem Alter. Laut einer Legende war Li Qing Yun (1677 – 1933) ein chinesischer Arzt, Kräuterexperte, Qigong-Meister und strategischer Berater. Er soll neun Kaiser der Qing-Dynastie überlebt haben. Li widmete sein ganzes Leben dem Studium der Kräuterheilkunde und dem Erforschen der Geheimnisse der Langlebigkeit. Er bereiste verschiedene Provinzen Chinas und Thailands, um Kräuter zu sammeln und Krankheiten zu heilen. Er trank nie Schnaps, rauchte nicht und nahm seine Mahlzeiten zu regelmäßigen Zeiten ein. Er war Vegetarier und trank häufig Wolfsbeerentee. Die Wolfsbeere ist auch unter dem Namen Goji-Beere bekannt. Er ging früh zu Bett und stand früh auf. Wenn er Zeit hatte, saß er aufrecht mit geschlossenen Augen, legte seine Hände in den Schoß und bewegte sich manchmal für ein paar Stunden gar nicht. In seiner Freizeit spielte Li Karten und es gelang ihm meistens, genug Geld zu gewinnen, um seinem Gegner eine Tagesmahlzeit zu bezahlen. Aufgrund seiner Großzügigkeit und seinem überlegten Auftreten war jeder gerne in seiner Gesellschaft. Obwohl man nicht genau weiß, ob Li tatsächlich so lange lebte wie man annimmt, so stimmt das wenige, das wir über seine Gewohnheiten wissen, mit den modernen Studien über Langlebigkeit überein.
Die Gemeinschaft Buettner belegte ebenfalls, dass die Gemeinschaft einen wichtigen Faktor für die Langlebigkeit in den blauen Zonen darstellt. Die typischen Okinawaner haben viele enge Freunde, denen sie alles anvertrauen können. Die HochlandSardinier zeigen älteren Menschen gegenüber Respekt, was im modernen Westen selten geworden ist. Bei den Adventisten steht die Familie an erster Stelle. Ein Gefühl der Zugehörigkeit, gute Freunde und Familie unterstützen ein gesundes Leben. In seinem Buch „Outliers“ (dt. Überflieger) untersucht Malcolm Gladwell eine Gruppe von Italienern, auch Rosetans genannt, die in ein Gebiet westlich von Bangor in Pennsylvania übergesiedelt sind. Sie litten ausnahmslos weit weniger an Herzkrankheiten und lebten generell ein langes, gesundes Leben. Nach eingehenden Untersuchungen fand man heraus, dass ihr Geheimnis weder auf ihren Genen noch auf Diäten beruhte (41 % ihrer Diäten bestand aus Fett). „Die Rosetans haben eine starke, schützende soziale Struktur, die sie vom Druck der modernen Welt isolierte“, schrieb Gladwell. „Die Rosetans waren gesund dank ihrer Umgebung, aufgrund der Welt, die sie für sich selbst geschaffen hatten – ihre kleine Stadt in den Bergen.“
denen Völkern aus verschiedenen Gegenden der Welt. All diese Gruppen – kalifornische Adventisten, Okinawaner, Sardinier und Costa Ricaner – werden verhältnismäßig oft über 100 Jahre alt oder sie leben im Durchschnitt ein Dutzend Jahre länger als der Rest der Welt. Er nennt die Orte, an denen diese Gruppen leben, die „blue zones“ (dt.: die blauen Zonen).
„Halte dein Herz ruhig, sitze wie eine Schildkröte, laufe munter wie eine Taube und schlafe wie ein Hund.“ Li Qing Yun (1677 – 1933)
Laut Buettners Untersuchungen ernähren sich alle Gruppen der blauen Zonen vegetarisch. Die Gruppe der Adventisten in Loma Linda in Kalifornien isst häufig Hülsenfrüchte und grünes Gemüse – wie in der Bibel beschrieben. Hirten, die im Hochland Sardiniens leben, essen ein ungesäuertes Vollkorngetreidebrot, Käse und einen besonderen Wein. Buettner entdeckte, dass kalorienarme Diät das Leben verlängert. Das wurde durch eine Gruppe von älteren Okinawanern belegt, die nach einer konfuzianischen Regel lebt und mit essen aufhört, wenn sie zu 80% satt ist. Vielleicht spielte der Wolfsbeerentee von Li eine entscheidende Rolle in seinem Leben. Nachdem sie die Ge-
schichte von Li gehört hatten, führten Mediziner aus Großbritannien und Frankreich eingehende Forschungen über die Wolfsbeere durch und entdeckten, dass sie ein unbekanntes Vitamin enthält, das Vitamin X oder Schönheitsvitamin genannt wird. Ihre Studien bestätigten, dass die Wolfsbeere die Aufnahme von Fett blockiert, die Produktion neuer Leberzellen fördert, den Blutzucker- und den Cholesterinspiegel senkt und vieles mehr. Die Wolfsbeere spielt darüber hinaus eine Rolle bei der Verjüngung: Sie aktiviert Gehirnzellen und die endokrinen Drüsen; sie fördert die Ausschüttung von Hormonen; sie entfernt im Blut angesammelte Gifte, was eine normale Funktion des Körpergewebes und der Organe begünstigen kann. Meditation Viele Wissenschaftler haben zahlreiche Vorteile einer regelmäßigen Meditation belegt. Neurowissenschaftler der Universität der Medical School of Massachusetts haben zwei Gruppen von stressgeplagten High-Tech-Angestellten gebeten, entweder in einem Zeitraum von acht Wochen regelmäßig zu meditieren oder ihrem normalen Alltag nachzugehen. Laut einem Artikel der Psychology Today von 2003 zeigte das Ergebnis der Meditierenden „ (…) eine ausgeprägte Verschiebung der Aktivität zum linken Frontallappen“. „Diese mentale Verschiebung schwächt den negativen Effekt von Stress, mildert Depressionen und Beklemmungen. Es findet ebenfalls weniger Aktivität im Mandelkern statt, dem Sitz der Angst“, hieß es im Artikel. Meditation wirkt der altersbedingten Schrumpfung des Gehirns entgegen und hebt die allgemeine Stimmung. Neben der Meditation, so fand Buettner heraus, wirkt eine regelmäßig eingeplante Auszeit einem Burn-out entgegen. Die Adventisten in Kalifornien halten sich strikt an ihren 24-Stunden-Sabbat und verbringen die Zeit mit Nachdenken und Gebeten. Sie finden großen Gefallen an ihren sozialen Zirkeln.
Sinnvolles Leben Während seinen Reisen begegnete Buettner immer wieder einem Leitmotiv innerhalb der Gruppen der blauen Zonen: Es gab nirgendwo eine Regelung für den Ruhestand. Es stellte sich heraus, dass das Verrichten alltäglicher Arbeiten, das Leben verlängert. Ein sinnvolles Leben bis in den Lebensabend ist wie ein Mantra für die Okinawaner und Sardinier. In diesen Gruppen traf Buettner hundertjährige Männer und Frauen, die immer noch die Berge hinaufkletterten, Zäune errichteten, fischten und sich um ihre Ur-Ur-Ur-Urenkel kümmerten. Interessanterweise praktizierten diese Hundertjährigen keine besonderen Übungen, wie wir Westler das im Fitnessstudio tun. „Sie leben einfach aktiv ihr Leben, das physische Aktivitäten garantiert“, sagte Buettner. Sie alle laufen, kochen, verrichten ihre Hausarbeit und pflegen ihren Garten selbst.
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Reise
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Swinging Beirut im Aufwind
Am Fuße des schneebedeckten Libanon-Gebirges und eine gute Stunde entfernt von der Tempelanlage Baalbek liegt Beirut.
ten, Sheikhs der Arabischen Liga und Wirtschaftsführer aus den westlichen Industrieländern. Bis hin zu geistlichen Oberhäuptern wie dem russischorthodoxen Patriarchen, der sich bei Gesprächen mit den zahlreichen religiösen Gemeinschaften des Landes in der luxuriös ausgestatteten „Royal Suite“ sicher wie zu Hause fühlte. Bernd Kregel In ganz Beirut wird gebuddelt und gebaut, wird verändert und verschönert. Besonders im Umfeld der orchon bei seiner Eröffnung Beeindruckende Gästeliste thodoxen St. Georgs-Kirche, wo sich vor fünfzig Jahren galt das Und wieder geben sie sich die Klin- Regierung und Stadtverwaltung mit „Phoenicia“ als Vorzeige-Hotel, ke in die Hand, die Stars des Show- ihren Repräsentationsbauten längst doch dann geriet es in den Strudel bizz wie Shakira und Tom Jones, die nicht mehr zu schämen brauchen. des Libanon-Konflikts und versank Musikbands und Sportmannschaf- Selbst wenn hier und da die ausgebesserten Einschussstellen aus anderen Tagen beim aufmerksamen zweiten Blick immer noch erkennbar sind.
Mit unerwarteter Aufbruchsstimmung, Lebensfreude und aufpoliert zu neuem Glanz empfängt Libanons Hauptstadt ihre Gäste.
mit einem großen Teil der Innenstadt in Schutt und Asche. Wie Phoenix erhob es sich daraus und ist seit der Jahrtausendwende wieder präsent. Nicht nur als stilvolle Hotelanlage, sondern für die Bewohner der libanesischen Hauptstadt zugleich als ein Symbol hoffnungsvoller Zuversicht: „Wenn im ‚Phoenicia‘ das Licht brennt, hat hier alles seine Ordnung.“
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Fasanenstraße 23 10719 Berlin Telefon (030) 882 54 14 geöffnet von: 9.30 - 1.00 Frühstück: 9.30 - 14.00 Küche: 12.00 - 24.00
NichtraucherBereich
Wo die Nacht zum Tage wird Und auch den Menschen sieht man ihr Trauma kaum noch an, das ihnen einst von ideologischen Scharfmachern aus dem In- und Ausland zugefügt wurde. Im Gegenteil! Aus der einstmals umkämpften Stadt ist längst ein über die Stadtgrenzen hinaus bekanntes „Swinging Beirut“ geworden, in dem eine unbändige Lebensfreude die Oberhand gewonnen hat. Eine neue Ausgelassenheit, die bereits tagsüber auf der Promenade der Uferstraße Corniche erkennbar wird. Nach Sonnenuntergang wird die Nacht zum Tage gemacht. Besonders an den Wochenenden, wenn in den Bars und Discos die Post abgeht
und sich die Jugend der Stadt ins Vergnügen stürzt. Zum Beispiel im eleganten „Whisky Mist“, wo neben ausgewählter Designermode auch Damenbekleidung stilvoll zur Schau gestellt wird. Feminine Eleganz in der Modeszene „Wo aber sind diese modischen Kleidungsstücke erhältlich?“ Auf diese Frage scheint Kunstexperte Amine gewartet zu haben. Er kennt sich in der Kulturszene der Stadt bestens aus und versucht als studierter Designer, bei seinen Projektentwürfen für Hotels und Restaurants stets Mode und Architektur unter einen Hut zu bringen. Wie Pilze schießen in der Altstadt – besonders im Viertel von St. Michael – die Studios und Boutiquen aus dem Boden und repräsentieren mit ihren jeweiligen Konzepten und Angeboten völlig unterschiedliche Welten. Zum Beispiel das Modestudio von Elie Saab, der bereits seit seinem 18. Lebensjahr „an die Mode glaubte“, und nicht selten von seinen Freunden als „Modegenie“, ja sogar als „Mode in Person“ verehrt wird. Als libanesische Mode-Ikone dient er dem Ziel – und das zeigt sich besonders in seinen duftig wallenden Brautgewändern – dass sich die Frauen in seinen Kleidern wohlfühlen. Modisch etwas weniger abgehoben geht es zu in der Boutique „Liwan Beirut“ von Lina Audi. Sie versucht, traditionelle Folklore und gegenwär-
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tige Mode miteinander in Einklang zu bringen. Immer wieder findet sie dabei zurück zu den typischen libanesischen Farben Beige, Weiß, Rot und Blau, die sie nach Herzenslust miteinander kombiniert.
Märchengrotten aus der geologischen Wunderkiste Gediegene Esskultur bedarf eines Bewegungsausgleichs in der Natur. Und den bieten die nahe gelegenen Jeita-Grotten, die im Jahr 1958 in einer Karstformation nahe Beirut entdeckt wurden. Seit 1969 sind sie für Besucher geöffnet, für die sich hier die zauberhafte Kulisse einer unwirklich scheinenden Märchenwelt öffnet. Ein gewundener Pfad führt in der oberen Höhle durch ein Gewirr von wachsähnlich aussehenden Stalagmiten und
Beiruts Vorzeige-Designer Elie Saab kreiert Kleider, in denen Frauen sich wohlfühlen. Da er Stars wie Halle Berry mit Eleganz umhüllt, ist er international zu einem ungekrönten König des roten Teppichs geworden.
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Wo in Nahost die Post abgeht: Das NachkriegsBeirut ist neben uralten Kulturstätten ein Fashion-Eldorado.
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pitertempels zu bewundern. So wie er kann sich jeder Reisende auch heute noch die Libanon-Geografie für den Eigenbedarf an nur vier Fingern verdeutlichen. Das jedenfalls behauptet Alain auf der Rückfahrt nach Beirut, der sich als Archäologe besonders gut mit dem kulturellen Erbe des Libanon auskennt: in der gleichen Richtung zum Meer die Küstenregion mit ihren historischen Stalaktiten. Zu Recht fand das Grot- Städten wie Byblos, Tyros und Sidon. tenduo Aufnahme in das Verzeichnis Dazu parallel das Libanon-Gebirge, dahinter die fruchtbare Bekaa-Ebene des UNESCO-Weltnaturerbes.
und schließlich die Höhen des Antilibanon. Zu dieser geografischen Übersichtlichkeit sei in den letzten Jahren auch wieder die politische Überschaubarkeit hinzugekommen. Für ihn Grund genug, um dem kleinen aber feinen Land an der Levante den bisher aufgeschobenen aber längst fälligen Besuch abzustatten. www.libanesische-botschaft.info www.lebanon-tourism.gov.lb
Schneeabenteuer und ANZEIGE Hüttenspaß Hoch hinauf zieht es auch die Wintersportler, die sich angesichts der verQUANTENHEILUNG UND IHRE ANWENDUNG IN DER PRAXIS schneiten Gipfelkämme des LibanonGebirges auf die Serpentinenstraße ins Skigebiet von Faraya begeben. Hier finden sie zwischen 2000 und 2500 Metern alles, was sie für ihr Schneeabenteuer benötigen: Skiausleihe, Skihütten, Restaurants und Nachtklubs. Für Stimmung ist also gesorgt. Geografie an den Fingern abgezählt Nur eine gute Stunde von Beirut entfernt liegt Baalbek. Jene Tempelanlage, mit der einst die Römer ihre politische und kulturelle Überlegenheit demonstrierten. Selbst Kaiser Wilhelm II. ließ es sich nicht nehmen, bei seinem Palästinabesuch vor mehr als einhundert Jahren dem weitläufigen Areal einen Besuch abzustatten und die inzwischen zur Ikone gewordenen sechs mächtigen Säulen des Ju-
304 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag € 17,95 (D), ISBN 978-3-942166-71-3
Gehobene modische Ansprüche Was sich in Beiruts Modeszene im Hintergrund jedoch wirklich abspielt, erklärt Insider Amine hinter vorgehaltener Hand im IF-Laden von Johnny und Soha Farah. „1800 US-Dollar für ein Paar unscheinbare graue Lederschuhe?“ Reiche gebe es genug in Beirut, erklärt er ohne zu zögern auf die mit einem unüberhörbaren Unterton gestellte Frage: „Der eine Teil von ihnen ist markenbewusst und stellt seinen Reichtum mit einschlägigen Namen des Modehimmels in der Öffentlichkeit zur Schau. Ganz im Unterschied zu den ‚trendy rich people‘, die diesen speziellen Laden aufsuchen. Sie geben sich äußerlich zurückhaltend, um nicht aufdringlich zu wirken. Doch finden sie ihrerseits mit Kennerblick sofort heraus, wer mit seinen gehobenen modischen Ansprüchen zu ihnen gehört.“ Einen völlig anderen Blickwinkel hat Karen Chekerdjian im Stadtteil Saifi, der man ihre armenischen Wurzeln sofort anzusehen glaubt. Als Erste auf ihrer Straße eröffnete sie vor Jahren ein Kunstdesigner-Studio, sodass heute viele Menschen aus ihrer Umgebung regelmäßig den Weg zu ihr finden. Denn mit ihren Kunstobjekten, durchweg eigene Kreationen, versucht sie, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen und ist dabei wie kaum jemand sonst im Kunstbetrieb offen für Anregungen und Kritik. Denn sie könne sich durchaus vorstellen, so lässt sie durchblicken, auch in Europa Fuß zu fassen. „Vielleicht sogar in Berlin?“ Diese Vermutung hält sie für ausgesprochen realistisch. So viel Mode und Kunst auf einmal machen hungrig. Amine weiß Rat und empfiehlt „The Porter House“, eines jener stilvollen Restaurants, dessen innenarchitektonischer Entwurf von ihm selbst stammt.
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Ein Plädoyer für den verstärkten Einsatz von placebooptimierter Medizin und die aktive Mithilfe des Patienten in der ärztlichen Praxis.
www.scorpio-verlag.de
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Der Nutzen von Weiterbildung
仁 (Ren) – Wohlwollen, Gutherzigkeit, Herzensgüte
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Chinesische Schriftzeichen
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ichtig, aber nicht immer karrierefördernd: Die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift „Beiträge zur Hochschulforschung“ veröffentlicht Ergebnisse zum Nutzen von Weiterbildung. Weiterbildung wirkt sich nicht kurzfristig, sondern langfristig auf die berufliche Karriere aus. Dies belegen empirische Studien zum Einfluss von Weiterbildung auf den beruflichen Aufstieg und das Einkommen von Hochschulabsolventen. Insbesondere männliche Hochschulabsolventen, die in den ersten Jahren nach Studienabschluss Weiterbildungsmaßnahmen besucht haben, sind fünf Jahre später in Führungspositionen aufgestiegen. Dabei haben Wirtschaftswissenschaftler deutlich größere Chancen als Mathematiker, Informatiker und Bauingenieure. Beschäftigten im öffentlichen Dienst und
Teilzeitbeschäftigten bieten sich weniger Aufstiegsmöglichkeiten. Zu diesem Ergebnis gelangen Kolja Briedis und Torsten Rehn in ihrer Studie über den Einfluss von Weiterbildung auf den beruflichen Aufstieg von Hochschulabsolventen. Kathrin Leuze und Susanne Strauss zeigen, dass vor allem der Studienabschluss das Einkommen in den ersten Jahren beeinflusst. Darüber hinaus können vom Arbeitgeber finanzierte Weiterbildungsmaßnahmen sowie Weiterbildungen, in denen Führungsqualifikationen vermittelt werden, wesentlich zu einem höheren Einkommen beitragen. Weitere Themen sind die Positionierung der deutschen Hochschulen auf dem Markt der Weiterbildungsangebote und der Stellenwert des lebenslangen Lernens im internationalen Vergleich. (idw)
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(ren) ist das chinesische Schriftzeichen für Gutherzigkeit, Wohlwollen, Herzensgüte sowie Humanität. Es ist ein aus zwei Komponenten zusammengesetztes Zeichen: Die linke Komponente 亻symbolisiert den Menschen, wobei alle Schriftzeichen, die 亻beinhalten, vom Wortsinn her das Menschliche hinzufügen. Demgegenüber stellt 二 (er) nicht nur eine Komponente des 仁 dar, sondern ist für sich genommen auch ein eigenständiges Schriftzeichen. 二 hat einerseits die Bedeutung von Erhabenheit, Edelmut oder edler Gesinnung, und zum anderen die Bedeutung vom Irdischen. In seiner Gesamtheit bedeutet das Zeichen 仁 die edle Gesinnung des Menschen als irdisches Wesen wider. 仁 ist die Kernlehre des Konfuzianismus, die in allen Bereichen vorkommt. Die Lehren des Konfuzius ermahnten die Menschen zu Tugenden wie Gutherzigkeit, Rechtschaffenheit, Anstand, Weisheit und Glauben. Die Gutherzigkeit erachteten die damaligen Menschen daher als fast ebenso wichtig wie die Moral, denn die Gutherzigkeit, beziehungsweise das Wohlwollen, wurden als etwas Typisches für den Menschen gesehen. Nicht nur die Gesellschaft sollte sich durch ein stets wohlwollendes Miteinander der Menschen verbessern, sondern auch die Politik durch eine möglichst humane Ausübung. So war man damals der Ansicht, dass nur ein moralischer und gleichzeitig auch gutherziger Mensch als Herrscher würdig sei. (red)
Füllen Sie das Raster so aus, dass in jeder Zeile, in jeder Spalte und in jedem umrandeten 3x3 Quadrat alle Zahlen von 1 bis 9 erscheinen, und zwar so, dass jede Zahl nur einmal vorkommt.
Kulinarisches
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Der kleine Drachenbeutel aus Taiwan
Meilin Klemann
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iao Long Bao, ein mit Schweinefleisch und Hühnerbrühe gefülltes Teigtäschchen, ist eines der Highlights der ShanghaiKüche. Doch in Taipeh auf Taiwan hat es seinen Höhepunkt erreicht. Im Sommer 1948 verlässt der 21-jährige Bingyi Yang sein Heimatland mit einer Fähre Richtung Taiwan. Er wollte den schon 20 Jahre anhaltenden Bürgerkrieg in China hinter sich lassen. In den Jahren 1948 und 1949 sind fast zwei Millionen Menschen aus dem Festland China nach Taiwan geflohen, darunter auch meine
Mutter und ihre Familie. Die meisten waren Anhänger der Kuomintang (der nationalistischen Partei Chiang Kai-sheks), die den chinesischen Bürgerkrieg gegen Mao und seine Kommunisten verloren. Diese große Anzahl Festlandchinesen brachte eine Vielfalt der chinesischen Küche mit sich. Jede Region hat ihre eigenständige Küche mit verschiedenen Kochmethoden, Zutaten und Geschmacksrichtungen. Din Tai Fung fing als kleiner Laden im östlichen Teil Taipehs an, der ausschließlich Speiseöl verkaufte. Ab 1980 gab es dann Öl in Dosen zu kaufen und das Speiseölgeschäft der Familie Yang verlor rasch an Kundschaft. Notgedrungen fingen Bingyi Yang und seine Frau an, die kleinen Teigtäschchen zu verkaufen, die man als „Xiao Long Bao“, kleine DrachenBeutel, kennt. Mein Großvater hatte sein Restaurant schräg gegenüber und ich erinnere mich noch, wie die Menschen damals schon Schlange standen, um die kleinen Köstlichkeiten zu verspeisen. Heute ist Din Tai Fung mit seinen sieben Filialen die erfolgsreichste Restaurantkette Taiwans.
In den Restaurants Din Tai Fung läuft alles wie am Schnürchen. Da man normalerweise bis zu 40 Minuten auf einen freien Tisch warten muss, bemüht sich das Servicepersonal darum, den Gästen die lange Wartezeit einfacher zu machen. Man bekommt während des Wartens schon die Karte und kann dann auch gleich die Bestellung aufgeben. Im Winter gibt es heißen Jasmintee zum Aufwärmen. Das Personal ist immer freundlich und lächelt, zugleich hoch professionell und schnell, ohne je gehetzt zu wirken. Sie sprechen neben Chinesisch auch Englisch und Japanisch und auf den Karten sind diese drei Sprachen vorhanden neben Fotos von jedem Gericht. Sitzt man endlich an seinem Tisch, kommen die bestellten Gerichte innerhalb von Minuten auf den Tisch. Hinter Glas kann man die „Teigtaschen-Küche“ sehen. Dort arbeiten bis zu zehn junge Männer inmitten einer Dampf- und Mehlwolke. Einer rollt den Teig in dünne, runde Teigmäntel aus, ein weiterer legt die Fleisch- / Brühegeleemixtur auf den flachen Teig-
mantel, wiegt das Ganze und schließt ihn mit mehreren Handgriffen. Wie Produkte vom Fließband sind die Xiao Long Bao von Din Tai Fung immer konsistent im Geschmack, schmecken aber trotzdem einzigartig. Zu den Xiao Long Bao, die heiß und dampfend im Bambusdämpfer gebracht werden, wird ein kleines Schälchen mit geraspeltem Ingwer gereicht, worin man Sojasauce, schwarzen Essig und Chiliöl nach Geschmack hinzufügt. Um den Xiao Long Bao zu genießen, muss man geschickt vorgehen. In einer Hand den Löffel, mit der anderen Hand nimmt man eines der Drachen-Beutel mit den Essstäbchen, tunkt diesen erst in seine Saucenmischung und hebt ihn dann über den Löffel. Mit einem ersten Biss beißt man ein kleines Loch in den dünnen Teigmantel. Die heiße Hühnerbrühe fließt in den Löffel, ein paarmal pusten und man nimmt das Ganze in den Mund. Es ist unglaublich, wie so etwas Kleines die Geschmacksnerven erregen kann. Dieses Essen schmeckt wie „Heimat im Bauch“ und ist ein reiner Gaumenschmaus!
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Fundstücke
The Epoch Times Deutschland / 11. - 17. Januar 2012 / Nr. 298
Du bist mein Mond Du bist mein Mond, und ich bin deine Erde; Du sagst, du drehest dich um mich. Ich weiß es nicht, ich weiß nur, daß ich werde In meinen Nächten hell durch dich. Du bist mein Mond, und ich bin deine Erde; Sie sagen, du veränderst dich. Allein, du änderst nur die Lichtgebärde, Und liebst mich unveränderlich.
FOTO: CARL COURT/AFP/GETTY IMAGES
Du bist mein Mond, und ich bin deine Erde; Nur mein Erdschatten hindert dich, die Liebesfackel stets am Sonnenherde Zu zünden in der Nacht für mich. Friedrich Rückert (1788 - 1866)
London – Seit Dezember halten sich in Großbritannien ungewöhnlich warme Temperaturen. Pflaumenbäume blühten schon und die Rosen duften im Regent’s Park. Golfstrom und Klimawandel wirken zusammen.
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FOTO: CHRISTOPHER FURLONG/GETTY IMAGES
iere sind darauf angewiesen, dass sie ihre Verwandten unterscheiden können: sei es, damit sie sich gegenseitig bei Nahrungssuche und Nestbau helfen, oder sei es, damit sie Inzucht vermeiden und somit keine Nachkommen mit Missbildungen bekommen. Die Verhaltensforscher Dr. Tobias Krause und Dr. Barbara Caspers von der Universität Bielefeld haben herausgefunden, dass Singvögel ihren Geruchssinn für soziale Kommunikation benutzen und dadurch Verwandte von Nicht-Verwandten
unterscheiden können. Um zu klären, ob Singvögel Verwandte „erriechen“ können, haben die Bielefelder in einem Experiment Zebrafinken wenige Tage nach dem Schlüpfen in ein Nest mit nicht verwandten anderen Küken gesetzt und darin aufwachsen lassen. Etwa drei Wochen später setzten sie diese „Pflegekinder“ vor zwei verschiedene Nistplätze. Das eine Nest enthielt Material von dem Nest, in dem das jeweilige Küken geschlüpft ist. Es roch also nach der alten Heimstatt des Kükens. Das an-
FOTO: UNIVERSITÄT BIELEFELD
Singvögel erkennen Verwandte am Geruch
„Ich kann Dich gut riechen, Bruder!“: Bielefelder Verhaltensforscher haben das jetzt nachgewiesen.
dere Nest war mit Material markiert, in dem das Küken zusammen mit Nicht-Verwandten aufgezogen wurde. Das Ergebnis: Die Test-Küken verbrachten deutlich mehr Zeit in der Nähe des Nistplatzes, der nach ihren Eltern und Geschwistern roch. In einem anderen Experiment fanden die Forscher heraus, dass Küken ein Heim-Nest mit bekanntem Geruch dann umso stärker bevorzugten, je mehr Geschwister darin gelebt haben. Den Forschern zufolge lassen sich die Ergebnisse auch auf andere Singvögel übertragen. (idw/rls)
Liverpool – Wer vermutet schon einen Schatz von 30.000 Minton-Bodenfliesen in der St. George Hall in Liverpool im Nordwesten Englands? Für eine öffentliche Präsentation des künstlerisch mit Delphinen, Tritonen, Nymphen sowie dem Liverpool-Wappen gestalteten Fußbodens aus dem Jahr 1852 wurden für drei Wochen die hölzernen Abdeckungen entfernt. In den 1860er-Jahren hatte man sie verlegt, um Tanz- und andere Veranstaltungen zu ermöglichen unter Wahrung der kostbaren Fliesen. Geöffnet bis 22. Januar 2012.