erlassjahr.de Hintergrund: "International Debt Statistics der Weltbank"

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Staatsschulden: International Debt Statistics 2013 der Weltbank: Trends der Staatsschuldenkrise

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Hintergrund – International Debt Statistics 2013 der Weltbank: Trends der Staatsschuldenkrise Erschienen:05.02.2012 erlassjahr.de - Entwicklung braucht Entschuldung Carl-Mosterts-Platz 1 40477 Düsseldorf Tel.: +49 (0) 211 - 46 93 - 196 Fax: +49 (0) 211 - 46 93 – 197 E-Mail: buero@erlassjahr.de Website: www.erlassjahr.de Autor: Jürgen Kaiser V.i.S.d.P Sebastian Bonse Öffentlichkeitsarbeit Tel.: +49 (0) 211 - 46 93 - 211 E-Mail: s.bonse@erlassjahr.de Bildnachweis: Titel: zettberlin / photocase.com

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1. Standardwerk mit neuem Namen Einmal pro Jahr veröffentlicht die Weltbank Zahlen zur Verschuldung von Staaten und Volkswirtschaften außerhalb der OECD – also praktisch aller Entwicklungs- und Schwellenländer, einschließlich der Staaten des ehemaligen Ostblocks. Dieses Datenwerk, das früher mal „World Debt Tables“ hieß, dann in „Global Development Finance“ umgetauft wurde, weil das irgendwie positiver klingt, heißt seit diesem Jahr „International Debt Statstics“. Gegenüber den bisherigen Publikationen hat IDS den Vorteil, dass es über eine wenngleich nicht allzu übersichtliche Suchfunktion ein breites Angebot an Daten im Netz abrufbar macht. Der Nachteil ist, dass das Angebot selbst, auf das man in der virtuellen Druckversion1 zugreifen kann, von Jahr zu Jahr dünner wird. Die besonders interessanten Ländertafeln lieferten früher z.B. sogar Daten zu vertraglich fälligem und tatsächlich gezahltem Schuldendienst einzelner Länder – was eine der wenigen Möglichkeiten war, zeitig wahrzunehmen, wenn Länder in Zahlungsrückstände gerieten. Das ist lange her. Auch deshalb griffen wir bei der Erstellung unserer eigenen Verschuldungsdatenbank2 weniger auf die Weltbank-Quellen zurück, als auf die für einzelne Länder erstellten Schuldentragfähigkeitsanalysen des IWF. Zahlen, die von der westlichen Seite der 19. Straße in Washington den Weg in eine erlassjahr-Publikation gefunden haben, müssen deshalb nicht unbedingt identisch mit denen von der östlichen Seite sein. Erhalten geblieben ist schließlich auch die offenbar unvermeidliche Verspätung: GDF 2013 enthält, wenn nicht für alle dann doch die meisten Länder einigermaßen vollständige Datensätze mit Stand Ende 2011. Demgegenüber kann man in den zu Beginn dieses Jahres erschienenen Länderpapieren des IWF jetzt schon durchaus brauchbare Schätzungen für den Stand Ende-2012 finden. Auch viel weniger umfangreich ist das geworden, was den ersten Band der alten GDF ausgemacht hat, nämlich die Interpretation der wichtigsten Zahlen und Daten aus der Sicht der herausgebenden Institution. Der Teil ist dafür erfreulich sachlich und hat durch die Kürze eigentlich sogar eher gewonnen. 2. Die wichtigsten Trends •

Der Gesamtschuldenstand aller Entwicklungs- und Schwellenländer ist von Ende 2010 bis Ende 2011 von 4.400 Mrd. US-$ auf 4.900 Mrd. US-$ gestiegen. Dabei sind die kurzfristigen Kredite um 18% gestiegen, und die – für uns eigentlich interessanten langfristen (> 1 Jahr Laufzeit) „nur“ um 9%.

Als Gesamtgruppe stehen alle Entwicklungs- und Schwellenländer (natürlich bei riesigen Unterschieden von Land zu Land) erheblich besser da als die Industrieländer. Letztere wiesen ein Verhältnis von Auslandsschulden zum BSP von 127% aus und erstere eines von 22%. Auch die Verschuldung aller Entwicklungs- und Schwellenländer im Verhältnis zu ihren Exporteinnahmen ist stark zurückgegangen: von 129% im Jahr 2000 – also nicht allzu weit unter dem HIPC-Tragfähigkeitsgrenzwert – auf nur noch 64%. Wichtigster Grund dafür war aber nicht etwa ein Rückgang der Verschuldung, sondern starkes Wirtschaftswachstum – mathematisch gesprochen: die Erhöhung des Nenners. In einer netten Übersicht stellt die Weltbank die Auslandsverschuldung ausgewählter G7-Länder neben die ebenfalls ausgewählter Schwellenländer3:

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http://data.worldbank.org/sites/default/files/ids-2013.pdf

2

http://www.erlassjahr.de/die-schuldenkrise/laenderinfo/laenderinformationen.html

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Dabei muss beachtet werden, dass es sich um Brutto-Schulden handelt, d.h. die Forderungen, die die betreffenden Länder an das Ausland haben – und die z.B. bei Deutschland höher sind als die Schulden – werden hier nicht berücksichtigt. 3


Schuldenerlass spielte 2011 auf’s Ganze gesehen fast keine Rolle: Insgesamt nur 4 Mrd. US-$.

Rein mengenmäßig ist die gesamte „Verschuldung der Dritten Welt“ hochkonzentriert in einer Gruppe, die von der WB als „Top10-Borrowers“ beschrieben wird. Siehe die folgende Table 1.3

Stark zurückgegangen sind die Netto-Zuflüsse aus staatlichen Quellen, also Entwicklungshilfe und öffentliche Finanzierungen. Sie gingen von 73 Mrd. US-$ auf rund 30 Mrd. US-$ in 2011 zurück. Leider gibt es hierzu keine Bruttozahlen – also ohne Berücksichtigung der Rückflüsse. da allein die offizielle Entwicklungshilfe 2011 weltweit deutlich über 100 Mrd. US-$ lag, kann leicht geschlossen werden, dass die ungebrochenen Rückflüsse die Hauptursache für die geringe Bedeutung der offiziellen Geber und Gläubiger sind.

Wie schon bei der Auswertung der letzten GDF-Ausgabe im letzten Jahr beschrieben4 (vergleiche die Graphik auf S.4, die hier fortgeschrieben ist), sind die mengenmäßig wichtigsten privaten Zuflüsse sehr volatil. Zugenommen hat in 2011 allein der

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http://www.erlassjahr.de/material-und-publikationen/hintergrund/hintergrund-global-development-finance2012.html 4


gute alte syndizierte Bankkredit, der das wichtigste Instrument bei der Entstehung der Schuldenkrise der 80er Jahre war, dann aber gegenüber den Staatsanleihen an Bedeutung verloren. hat.

Dramatisch zugenommen haben die Auslandsschulden privater Schuldner in Entwicklungs- und Schwellenländern. Da zahlreiche Staaten für Auslandsverbindlichkeiten von Privaten keine verlässlichen Daten bereitstellen, tun die Weltbanker sich mit einem genauen Profil etwas schwer. Sie schätzen aber, dass bei leicht zurückgehender öffentlicher Auslandsverschuldung die Schulden der Privaten auf mittlerweile 2616 Mrd. US-$ angewachsen sind, mehr als das Doppelte des Standes von 2000.

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3. Fazit Aktuell ist Verschuldung in reicheren Ländern eine größere Gefahr als in ärmeren. Wenn deshalb über Lösungen und eine verbesserte Finanzarchitektur nachgedacht wird, geht es nicht um eine entwicklungspolitische Herausforderung im engeren Sinne des Wortes. Vielmehr geht es um die Zähmung und politische Regulierung eines kapitalistischen Systems, in dem das private Kapital sich weltweit ein entscheidendes quantitatives Übergewicht als auch die Fähigkeit zur Regelsetzung erkämpft hat. Wie sich das Verhältnis von öffentlichen und privaten Verbindlichkeiten in einzelnen Länder darstellt, darüber geben die Länderseiten von - nunmehr – International Debt Statistics weiterhin eine brauchbare Auskunft.

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